Die Poesie. 918 Zweiundvierzigstes Capitel. Die Aesthetik oder die Philosophie -er schönen Kunst. E. Die Poeste. I. Die Kunst der Poesie. 1. Der allgemeine Charakter. Die Poesie ist die redende Kunst. Der Inhalt der redenden Kunst ist die gesammte Welt, die äußere und innere, die wir phantasie gemäß vorstellen. Dadurch ist schon die Stellung bezeichnet, welche die Poesie zu den übrigen Künsten einnimmt: sie vereinigt die beiden ein ander entgegengesetzten Extreme der bildenden Künste und der Musik: sie ist die dritte romantische und zugleich „die allgemeine Kunst, welche jeden Inhalt, der nur überhaupt in die Phantasie einzugehen im Stande ist, in jeder Form gestalten und aussprechen kann, da ihr eigentliches Material die Phantasie selber bleibt, diese allgemeine Grundlage aller besonderen Kunstformen und einzelnen Künste". Das Material der Poesie ist das innere Vorstellen und Anschauen. Diese geistigen Formen sind es, welche die Poesie zu gestalten hat; ihre Ausdrucksweise ist das Wort. „Die redende Kunst hat deswegen in Ansehung ihres Inhalts sowohl als auch der Weise, denselben zu exponiren, ein unermeßliches und weiteres Feld als die übrigen Künste. Jeder Inhalt, alle geistigen und natürlichen Dinge, Begebenheiten, Geschichten, Thaten, Handlungen, innere und äußere Zustände lassen sich in die Poesie hineinziehen und von ihr gestalten." Auch außerhalb der Kunst ist das Vorstellen und Anschauen die geläufigste Form des Bewußtseins, die Sprache die geläufigste Form des Ausdrucks und der Mittheilung. Wie unterscheidet sich die poe tische Vorstellungs- und Auffassungsweise von der prosaischen, das poetische Kunstwerk vom prosaischen, der poetische Ausdruck vom pro saischen? In welche Arten unterscheidet oder wie entwickelt sich das poetische Kunstwerk? Dies sind die drei auszuführenden Hauptpunkte: das poetische Kunstwerk, der poetische Ausdruck und die Gattungen der Poesie.* - Ebendas. S. 220—235. Fischer, Gesch. d, Milos, VIII, N. A. 88