Das Vorspiel von Gumbinnen General v. Prittwitz und Gaffron, der Führer der deutschen 8. Armee, dem zu Anfang des Krieges die Aufgabe zufiel, den Osten des Reiches gegen die russischen Massen zu schützen, stand vor einer außerordentlich schweren Aufgabe. DaS Rezept dafür, wie man sie anfassen mußte, hatte uns allerdings unser großer Generalstaböchef, Graf Schliessen, in zahlreichen KriegS- spielen und Aufgaben gelehrt. Immer und immer wieder hatte Graf Schliessen betont: Ein Erfolg ist nur zu erzielen, wenn die deutsche Minderheit in Ostpreußen geschloffen so aufgestellt wird, daß sie den Vorteil des Geländes, nämlich die durch die Masurischen Seen zwangsweise eintretende Trennung des feindlichen Vor¬ marsches benutzt und mit allen Kräften gegen die zuerst in Schlagweite kommende russische Armee die Offensive ergreift. Es liegt eine gewisse Tragik darin, daß die 8. Armee, wenn sie wörtlich nach obigem Rezept unseres genialen Lehrers der Strategie gehandelt hätte, voraussichtlich die gegen Ostpreußen vorgehenden beiden russischen Armeen in zwei energischen Schlägen hätte vernichtend schlagen können. Nehmen wir an, General v. Prittwitz hätte, als er sah, daß die russische Wilnaer Armee früher in Reichweite kommen würde als die Warschauer, nicht nur das XVII., sondern auch das XX. Armeekorps von der Süd¬ grenze Ostpreußens nach Norden herangezogen, den Grenzschutz auf der Südfront nur Landwehr- und Festungstruppen übertragen, sich mit stark gestaffeltem linken Flügel in der etwaigen Linie Angerburg - Gegend nörd¬ lich Insterburg bereitgestellt, und so, den Nordflügel der Wilnaer Armee umfassend, am 20. August angegriffen, so wäre ihm aller Voraussicht nach in kurzer Zeit ein voller Erfolg beschieden gewesen. Rückte dann die russische Warschauer Armee von Süden her über die Grenze vor, so gestaltete sich die Lage für die Deutschen desto günstiger, je weiter diese Armee nach Deutschland hinein vorgerückt war. Die 8. Armee schwenkte nach Südwesten ein, stieß ihr in die rechte Flanke und warf sie in Richtung Thorn gegen die Weichsel.