44 III. Das Judentum in der deutschen Literatur Vollständige Übersicht Ai^achdem ich die Notwendigkeit der Feststellung jüdischer Herkunft für die Literaturwissenschaft nachgewiesen und auch die Möglichkeit auf gezeigt habe, muß ich nun noch die Forderung stellen, daß die jüdischen Dichter und Schriftsteller in der Geschichte jeder Nationalliteratur auch richtig eingeordnet werden. Man könnte schon hier die Frage auswerfen, ob sie nicht vielleich'^anz fortzulassen wären, da sie im strengsten Sinne ja nicht zum Schrifttum ihrer Gastvölker gehören, ob sie sich auch deren Sprache bedienen, aber das verspüren wir uns auf später. Ich habe immer die reinliche Scheidung erstrebt, aber die Literaturjuden doch viel fach als nicht unwichtige Ieiterscheinungen behandelt, im besonderen auch als Offenbarer der Zeitkrankheiten, und werde das weiter tun. — In zwischen sind nun mein Büchlein „Kritiker und Kritikaster" mit seinem Anhang „Das Judentum in der deutschen Literatur" und auch der Vor trag „Judentum und deutsche Literatur" längst vergriffen, und wenn auch meine „Deutsche Dichtung von Hebbel bis zur Gegenwart" und die große Ausgabe meiner „Geschichte der deutschen Literatur" genaue Angaben über jüdische Dichter und Schriftsteller, und zwar am rechten Orte, haben, so besteht doch die Notwendigkeit, diese einmal wieder für sich zu zeigen, zumal die neueste Entwicklung ihre Zahl sehr vergrößert hat. Selbstverständlich denke ich nicht daran, etwas wie einen neuen Semikürschner zu geben, so weit, wie dieser es tun mußte, kann ich als Literaturhistoriker den Rahmen niemals ziehen. Aber ich möchte das sichere Material über die wichtigeren Erscheinungen hier zusammenstellen und zugleich auf eine Anzahl schwieriger Fälle aufmerksam machen, mit denen sich die Literaturwissenschaft noch gründlich befassen muß, damit zugleich auch die Frage der absoluten Möglichkeit berührend.