Nr. 969. Sir R. Rodd an Sir Edward Grey.*) Telegramm. Rom, den 26. Juli 1914* Nr. 122. A. 345 nachm. E. 530 nachm. österreichisch-serbischer Konflikt. Meinen Eindrücken nach wird italienische Regierung, selbst wenn Ru߬ land zur Unterstützung Serbiens einschreiten sollte, zu argumentieren versuchen, daß, da Österreich Italien vor Überreichung der Note nicht befragt habe und es durch die Art seines Angriffs auf Serbien Rußland zwangsläufig herausforderte, der im Bündnis vorgesehene casus foederis nicht eintreten würde. Man gibt jedoch zu, daß Deutschland anderer Meinung ist. (Gleichlautend an Botschaften und nach Nisch.) Nr. 970. Der bulgarische Gesandte Radeff, Bukarest, an das Ministerium des Äußern in Sofia.* 2) Bukarest, den 13./26. Juli 1914. Heute hatte ich eine sehr lange Besprechung mit dem Minister der Auswärtigen Angelegenheiten über den serbisch-österreichischen Kon¬ flikt. Er sagte, er sei von der österreichischen Note überrascht gewesen, von der Graf Czernin ihm vor einigen Tagen versichert habe, daß sie erst nach Beendigung der Untersuchung übergeben werden würde. Von der Note selbst sagte der Minister, sie stelle zwei Seiten dar: eine juristi¬ sche und eine politische. „Alle Kulturstaaten,“ erklärte er, „finden es sehr begründet, daß Österreich-Ungarn gerichtliche Sanktionen verlangt, die wegen des Verbrechens von Sarajewo auferlegt werden. Insbesondere werden alle Monarchien Österreich-Ungarn in seinem Wunsche unter¬ stützen, ein an seinen Grenzen einquartiertes Nest der Anarchie, des Terrors und des Betruges auszurotten. Was jedoch die politischen Garan¬ tien betrifft, die die österreichische Note aufzählt, so muß man sehen, ob sie nicht die Souveränität und die Verfassung Serbiens verletzen.“ Der Minister fügte hinzu, e:r habe den serbischen Geschäftsträger ge¬ sehen, dem er dringende Ratschläge zu Vernunft und Nachgiebigkeit ge¬ geben habe. Er habe ihm gesagt, die erste Pflicht des Belgrader Kabi- !) Britische Dokumente I, Nr. i48, S. 168. 2) Bulgarisches Orangebuch Bd. I Nr. 211. Deutsche Übersetzung aus der „Kriegs¬ schuldfrage“ März 1928, S.24i. 557