übrigen Balkanstaaten in einem solchen Falle einnehmen würden. Be¬ treffs Bulgariens meint Marquis Pallavicini, es werde, wenn es sich nicht aktiv gegen Serbien beteilige, neutral sein. Auch Rumänien könnte neutral sein, aber der Herr Botschafter meinte, die Haltung dieses Staates werde von den ersten Resultaten des Krieges abhängen. Wenn die Dinge sich noch mehr verwickelten und es zu größeren Komplikationen käme, werde Rumänien sich dem Stärkeren anschließen. Mit anderen Worten, auf diesen Staat könne man nicht voll zählen. Da die Haltung Bulgariens in hohem Grade von derjenigen der Türkei abhänge, habe Marquis Palla¬ vicini schließlich den Großvezier gefragt, welches die Haltung der Kon- stantinopeler Regierung im Falle eines Krieges zwischen Serbien und Österreich sein würde. Prinz Said Ghalim habe ihm auf das katego¬ rischste versichert, die Türkei würde die wohlwollendste Neutralität be¬ wahren, und gegenüber Bulgarien würde sie die größte Korrektheit be¬ obachten. Wenn Bulgarien sich in den Krieg gegen Serbien einmische, werde es von der Türkei nichts zu befürchten haben. Nach einer Erörterung über die Kombination eines Beitrittes der Tür¬ kei zum Dreibünde fährt der Bericht fort: Wieder auf die Beziehungen zu Serbien zurückkommend, fügte Mar¬ quis Pallavicini hinzu, seine Meinung sei die, daß man energisch und radikal handeln solle. Je nach der weiteren Entwicklung der serbisch- österreichischen Beziehungen sei es nicht unmöglich, die Frage der Autonomie Mazedoniens und Albaniens aufzuwerfen. Am erfreulichsten sei es, daß heute Österreich-Ungarn mehr als je auf die vollste moralische und materielle Unterstützung Deutschlands rechnen könne. Hierfür habe es die größten Zusicherungen des Berliner Kabinetts. Auch Italien werde solidarisch mit seinen beiden Verbündeten handeln. (?) Deshalb glaube er, daß Serbien sich beugen werde. So würden auch weitere Verwicklungen vermieden werden. Das werde Rußland den Serben auf erlegen. Ein wenn auch kleines Zeichen in dieser Beziehung sieht Marquis Pallavicini in der Abberufung des serbischen Geschäftsträgers Milan Georgewitsch aus Konstantinopel infolge eines Briefes von ihm an das Blatt „Jeune Ture“, worin er sich gewisse für Österreich durchaus nicht angenehme Ausdrücke erlaubt habe. Baron Wangenheim1), der an dem Tage aus Berlin zurückgekehrt war, sprach mit mir ungefähr in demselben Sinne wie sein österreichi¬ scher Kollege. Er unterstrich, daß, was auch kommen möge, Deutsch¬ land Österreich-Ungarn unbedingt und bis zum äußersten unterstützen werde. Er sagte mir, in Berlin wünsche man das Prestige Österreichs nicht nur wiederhergestellt, sondern auch gestärkt zu sehen. Nach dem Attentat von Sarajewo dürfe die Doppelmonarchie sich nicht nur mit einigen leeren Versicherungen der Belgrader Regierung begnügen. Im *) Deutscher Botschafter in Konstantinopel. 538