Die Lage in der zweiten Oktoberhälft«. 97 zu schützen. Die hierzu erforderlichen Anordnungen vom 24, Oktober sahen vor, daß Eiserne Division und Deutsche Legion weiterhin die Dünalinie halten sollten. Das Korps Graf Keller hatte zur Übernahme eines Teils der „Bolschewistenfront" eine gemischte Abteilung auf Jakobstadt zu ent¬ senden. Das Korps Wirgolitsch mit einem Bataillon der Deutschen Legion sollte in der Gegend von Radziwilischki an die Stelle der abzutransportieren¬ den Teile des Freikorps Diebitsch treten, der Rest dieses Freikorps und das Freikorps Brandts bei Schauten unter dem Befehl des Kapitäns zur See Siewert versammelt werden. Die Gruppe Plehwe, die sich zur Zeit bei Grobin befand, wurde der Eisernen Division unterstellt. Die Hoffnung, eine Einheitsfront gegen die Sowjets zustande zu bringen, hatte sich als trügerisch erwiesen. An Verhandlungen mit den Letten, durch die man allein die Maffe der eigenen Truppen hätte zum Kampf gegen die Bolschewisten frei bekommen können, war nach den Erfahrungen der Oktober¬ kämpfe nicht zu denken. Daran hätten auch weitere militärische Erfolge, die auf eine Wiederholung des Feldzuges von Wenden hinausgelaufen wären, nichts geändert, es sei denn, daß es gelungen wäre, die Entente zur Aufgabe ihres bisherigen Standpunktes zu veranlassen. Daß die Letten selbst nach¬ geben würden, war mehr als unwahrscheinlich. Die Absetzung des deutsch¬ feindlichen Oberbefehlshabers Semitan und des Kriegsministers Simonson und ihr Ersatz durch den zwar politisch zurückhaltenderen, aber auch militä¬ risch tüchtigeren Oberst Ballod waren im Gegenteil als Ergebnis des Wunsches zu deuten, den Kampf bis zum äußersten, unter Heranziehung der tüch¬ tigen Ballod-Truppen fortzusetzen. Auch auf die zweifellos bestehenden Gegensätze zwischen Letten und Esten war nicht zu rechnen, solange Eng¬ land die Fäden der Baltikumpolitik in Händen hielt. Dazu kam die immer bedrohlicher werdende Versorgungslage. Wenn die Reichsregierung an der Sperrung der Grenze festhielt — und daran war nach der getroffenen Entscheidung ebenfalls nicht zu zweifeln —, mußte in kürzester Frist Mangel an den notwendigsten Bedürfnissen eintreten. Nicht einmal die an sich vielleicht denkbare Sicherstellung der Verpflegung aus dem Lande war von der russischen Intendantur der Westarmee zu erwarten. Die Finanzierung des Bermondt-Unternehmens durch das jetzt zur Ausgabe gelangende, durch die Kurländischen Kronforsten nominell gedeckte Notgeld (Bermondt-Geld) war auf die Dauer unhaltbar, wenn sich die Westarmee nicht militärisch und politisch durchsetzte. Sonst drohte auch von dieser Seite her der Zusammenbruch. Schon jetzt wirkte sich die vom ^teichs- wehrminister in Berlin veranlaßte Beschlagnahme eines großen Teils der dort gedruckten Noten in hohem Maße störend aus. Darstellungen aus den Nachkriegskämpfen deutscher Truppen. Bd. 3. 7 24. Oktober.