72 Unter russischer Flagge. konnte, glaubte er, der Anregung einiger rechtslitauischer Führer stattgeben und diese bei einem geplanten Sturz der links eingestellten Kownoer Regierung unterstützen zu sollen. Er knüpfte zu diesem Zweck Verhand¬ lungen mit anderen Freikorps an. Da diese indessen steh zum Mitmachen nicht entschließen konnten, rückte er auf eigene Faust aus seiner Stellung nördlich von Vausk in die Gegend von ©Heime ab, sah sich dort aber durch das Eingreifen des Generalkommandos gehemmt, das den Kapitän zur See Siewert und den Hauptmann von Schauroth zu ihm entsandte. Inzwischen war dann auch die litauische Regierung von anderer Seite gestürzt und durch eine noch mehr links stehende und englandfreundliche ersetzt worden. Ob das Brandissche Unternehmen Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, läßt sich ' nachträglich nicht entscheiden. Sicher ist nur, daß es als Einzelaktion ohne Unterstützung durch eine politisch und militärisch klar und einheitlich geführte Oberleitung zum Scheitern verurteilt war. In diesem Sinne hatte auch Graf von der Goltz seinen Unterführern auseinandergesetzt, daß die Lage unbedingtes Zusammenhalten der Truppe verlange. Er könne nicht dulden, daß irgend jemand aus dem großen Rahmen herausfalle. Schlechte Elemente, auch aus den Reihen der Unter¬ führer, müßten abgeschoben, jede Propaganda, lettische wie spartakistische, unterdrückt und den Leuten ein neues Ziel gegeben werden. Dieses laute: Errettung des Vaterlandes, Kampf gegen Bolsche¬ wismus und Spartakismus. Als Wege zu diesem Ziel kämen in Frage: Übertritt zur Reichswehr, den er nur empfehlen könne, geschlossener Eintritt in den Arbeitsdienst oder Übertritt zu den Russen, nicht aber die Siedlung, die zur Zeit aussichts¬ los sei. Er wies auf die Schwierigkeiten hin, die dem Bermondt-Unternehmen von allen Seiten, insbesondere von England, drohten, und aus die Verant¬ wortung, die die Führer ihren Leuten gegenüber übernähmen. Es müsse rechtzeitig erkannt werden, wann das Unternehmen aussichtslos und die Rückführung in die Heimat notwendig werde. Letzteres sei auch dann der Fall, wenn die Truppe nur noch die Geschäfte Englands betreiben würde. Eine Anbiederung bei den Letten bezeichnete der Graf als einen „ganz gemeinen Vaterlandsverrat". Für seine eigene Person erklärte Graf von der Goltz, daß er so lange bleiben werde, als die Disziplin bestehe. Die Übernahme der Führung des deutsch-russischen Unternehmens lehnte er ab, weil er sich nicht seinem bisherigen Untergebenen Bermondt unterstellen könne und außerdem sein