42 das Rattern vieler Maschinengewehre, Bündel von Leucht raketen erhellen das Schlachtfeld; langsam sinken die feurigen Kugeln zu Boden. Wir sind Zeugen eines grandiosen Schauspiels! Es ist der Nachtangriff unseres X. Baons in der Richtung auf den Mte. Cengio. Wir erfuhren es erst später. Aber auch weit vor uns blitzt es! Feindliche Scheinwerfer suchen beharrlich das Terrain ab. Plötzlich bleiben ihre Lichtkegel wie gebannt auf einem Terrainstück hängen. Der Feind scheint etwas bemerkt zu haben, denn schon krachen einige Schrapnells über dem beleuchteten Ge lände. Donnerstag, 1. Juni 1916. Korpsreserve am Tonezzaplateau Das an der Tete des Regimentes marschierende IV. Baon erreicht seine, am weitesten im Süden gelegene Kantonie- rungsstation Vallo schon gegen Mitternacht. Die wenigen dort zur Verfügung stehenden Häuser bieten aber nur einem Halbbaon Unterkunft. Die 13. und 14. Komp, muß also im Freien übernachten. Ungefähr zur selben Zeit trifft das hinter dem IV. Baon marschierende III. Baon in Sella ein. Das I. Baon, dessen Abmarsch sich wegen Verstopfung der Straße durch den Regimentstrain bis 10 Uhr abends verzögerte, gelangt erst um 2 Uhr früh in seine Quartiere in Volle. Das an der Queue marschierende II. Baon kann in Via nur eine Kompagnie in Häusern unterbringen, während die restlichen ein Zeltlager beziehen müssen. Die Quartier macher waren angewiesen, der Mannschaft eindringlichst die Gefahren vor Augen zu führen, die ein Zuwiderhandeln gegen das vom Rgtskmdo. festgelegte Verhalten der Unter abteilungen in den Kantonierungsstationen nach sich ziehen kann. Also werden die an der feindwärtigen Seite ge legenen Fenster dicht verhängt, die Maskierung der Zelte, Trainfuhrwerke besorgt. Nur beim Rgmts.-Gefechtstrain, der in einer wasser reichen Mulde zwischen Via und Sella Aufstellung nahm, setzt man sich über diese Notwendigkeiten hinweg. Lager feuer züngeln empor und kurz darauf krepieren schon die ersten schweren Granaten aus der Richtung Priafora in der Nähe des Lagers. Eine heillose Verwirrung entsteht. Alles sucht sich zu decken. Die Pferde entledigen sich ihrer Fesseln und jagen nach allen Richtungen davon. Einigen besonnenen Leuten gelingt es, die Ordnung wieder herzu stellen. Der kommende Morgen sieht den Train wieder aktionsbereit. Es beschleicht uns ein unangenehmes Gefühl, als wir plötzlich selbst in den Lichtkegel eines Scheinwerfers ge raten. Jetzt heißt es, still und unbeweglich an die Berg lehne gedrückt, abwarten, bis derselbe weiterwandert. Weiter geht’s. Wir sind schon ein gutes Stück herab gestiegen. Jetzt nimmt uns der Wald auf. Unter uns blitzen Lichter. Bald marschieren wir an, wie es scheint, verlassenen Häusern einer kleinen Ortschaft vorbei. Wir sind all mählich müde geworden und sehnen uns nach einem stillen Plätzchen. Es verspricht ein schöner Tag zu werden. Friedlich liegt die Hochfläche von Tonezza da, vergoldet von den Strahlen der aufsteigenden Morgensonne. Nichts regt sich! Keine Granate, kein Schrapnell, die die Ruhe des Morgens stören. Heute ist Rasttag. Die Arbeiten bei den Unterabteilungen beschränken sich auf die Reinigung und Instandhaltung der Quartiere und Anlage von Latrinen. Ansonsten darf sich die Mannschaft, soweit ihre Quartiere im Bereiche der feindlichen Sicht liegen, nur hinter den Häusern aufhalten. Diese Einschränkung unterbindet aller dings die Freizügigkeit der Rainer, die ihren Wunsch, mit den Dingen der sie umgebenden näheren Welt in engere Beziehungen zu gelangen, unerfüllt sehen. Das Surren feindlicher Flieger läßt uns plötzlich auf horchen. Fliegeralarm! Ein kleines Geschwader ist ’s und verdammt niedrig fliegen diese Luders! Ihre Bomben sind gefürchtet, denn wenn sie treffen, gibt’s Fetzen! Maje stätisch ziehen die Flieger ihre Kreise und drehen dann ab. Noch lange verfolgen wir ihre Fahrt, bis sie in blauender Ferne verschwinden. Von Volle aus, das vom Feinde vollständig eingesehen ist, genießen wir eine prächtige Fernsicht ins Freddotal. Es ist ein wildromantisches, tief eingeschnittenes Tal, das sich gegen Süden verbreitert. Der bewaldete, talseitige Hang führt im Osten zum stark zerklüfteten Plateaurand und zu den Steilabfällen des Cimone, im Westen zu den Abstürzen des Mte. Tormeno und Mte. Seluggio. Den südlichen Talabschluß bildet die Priafora. Sie wurde bereits in den Vormittagstunden des gestrigen Tages von den Kaiserjägern handstreichartig besetzt und gegen alle späteren Angriffe gehalten. Rückwärts des Einschnittes, den,