Ich grüße Meine kampfbewährten, siegerprobten
Truppen, Ich vertraue auf sie und ihre Führer! Ich
vertraue auf Meine Völker, deren beispiellosem Opfer¬
mute Mein innigster väterlicher Dank gebührt.
Den Allmächtigen bitte Ich, daß er Unsere Fahnen
segne und Unsere gerechte Sache in seine gnädige Obhut
nehme. Franz Joseph.“
Wohl noch nie hat ein Monarch sich in ähnlicher
Weise an sein Volk gewendet, am wenigsten der strenge,
verschlossene Kaiser, der jetzt 85 Jahre alt ist und
durch fast sieben Dezennien das Schicksal einer Gro߬
macht in seinen Händen hält. Furchtbare Schläge haben
ihn getroffen, die Nächsten sind ihm alle gewaltsam ent¬
rissen worden, mächtige Wellen der Unzufriedenheit, der
mühsam unterdrückten Empörung brandeten gegen ihn
an. Stürmisches Geschehen stand am Anfang und Ende
dieses langen Lebens. Er aber ging aufrecht durch diese
schäumende Welt. Kaum einer, der ihn je erschüttert
gesehen hat, kaum einer, dem er sein Innerstes er¬
schlossen hätte. Was nach außen hin in Erscheinung trat,
war der letzte, höchste Sinn eines ritterlichen Lebens:
Ehre.
Und nun setzte er seine Unterschrift unter diesen
Aufschrei eines zu Tod getroffenen Herzens! Nun sank¬
tionierte er eine flammende Anklage, dieses Manifest
eines persönlich gekränkten Monarchen, den man schon
längst jenseits alles Persönlichen wähnte!
Wie ein zündender Blitzstrahl trafen seine Worte.
Einerlei, wie viele an den Grenzen standen! Einerlei,
ob jetzt das Ende da war oder nicht! In Galizien und
Polen, in Serbien und Montenegro lagen die Besten zu
Hunderttausenden unter dem Rasen. Nur mit rücksichts¬
loser Tatkraft hatte man neue Armeen aus der Erde
gestampft, sie bewaffnet und ins Feld gestellt. Das
Hinterland litt jetzt schon an Hunger und Entbehrung,
der Mangel an vielem war nicht gering.
Trotzdem trafen die Worte des alten Kaisers mit
einer Wucht, die aus den Herzen der Gleichgültigsten
Funken schlug. Zehn Monate währte schon der Krieg,
aber es war, als hätte er jetzt ein zweitesmal begonnen.
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