Dynamit i. Am Isonzo tobt die sechste Schlacht, die siebente, die achte, die neunte, in Südtirol wird um endgültige Stellungen gerungen, der gewaltige Winter von 1916/17 setzt ein — für die einsame Felsenwelt des Kleinen Lagazuoi ist das alles ohne Belang. Hier kämpfen Men¬ schen in ihrem eigenen Bereich einen eigenen Kampf, hier ist alles scharf umgrenzt und auf ein bestimmtes, streng umrissencs Ziel gerichtet: Der Feind sitzt auf dem Felsband, das die ungeheure Wand in ihrer Breite durchzieht, er klebt in der Schlucht unter dem Vorgipfel, während die Kaiserjäger den Vorgipfel selbst und den Grat des ganzen Steinkolosses besetzt halten. Ein volles Jahr ist es im Sommer 1916, daß dieses Ringen mit unbarmherziger Schärfe anhält. Mit einer Hartnäckigkeit, die an Wahnsinn grenzt, versuchen die Alpin!, sich auf die Kammlinie vorzuarbeiten und den östlichen Vorgipfel zu ersteigen; mit der gleichen Aus¬ dauer wehrt der Verteidiger diese Versuche ab. Alle seine Gegenstöße im Sommer und Herbst 1915 hat der zähe Angreifer überdauert; selbst als in der Heu¬ jahrsnacht auf 1916 ein abgesprengter Felsblock von der Größe eines Hauses die Stellungen auf dem Felsband traf, ließ er sich nicht vertreiben. Wie ein Raubtier in den Flanken eines viel größeren Opfers festgekrallt, so hängen die Italiener in der Wand und nähren in sich die Hoffnung, daß den Gegner doch eines Tages die Kraft verlassen werde. Jede Sekunde Leben ist hier bedroht Die Geschütze vom Monte Averau feuern wie auf eine Scheibe. Viele tapfere Männer haben schon den tödlichen Sturz in die Tiefe getan und liegen nun unten in den Geröllhalden, die den Teufelsberg vom Falzaregopaß trennen. Hach all den vergeblichen Versuchen, den Gegner aus der Wand zu verdrängen, reift auch auf dem Klei¬ nen Lagazuoi der Entschluß, es mit dem letzten Mittel 271