brechen können. Erst als dieser Ansturm nicht kam, schob man allmählich die Linie bis auf den Lasso di Mezzodi vor und nahm den Fedajapaß in Besitz. Der Winter 1915/16 machte erst recht eine Besetzung der Marmolata überflüssig, denn es hätte einer Arbeit von Monaten bedurft, um auch nur einer kleinen Schar den Aufenthalt in solchen Höhen zu sichern. Doch schon der Spätherbst des ersten Kriegsjahres zeigte, daß dieses Wagnis im nächsten Sommer nicht zu umgehen sein würde: Einzelne Skipatrouillen der Italiener erschienen auf dem Gletscher, lagerten bei Nacht in den Fels¬ schrunden des Undici und Dodici, und verschwände# wieder, als ihre mitgebrachten Vorräte aufgezehrt waren. Nun wird es Emst. Kaum weicht die Polarkälte einer normalen Wintertemperatur, kaum sind die Tage so lang, daß man größere Märsche vollführen kann, als der. Auf¬ stieg und die Ausbreitung österreichischer Patrouillen auf dem ganzen Massiv beginnt. Im April 1916 war die Mar¬ molata unbestrittener Besitz des Verteidigers. Vom Gran Vemel im Westen bis zur Punta Serauta im Osten er¬ streckte sich seine Postenkette in einem mächtigen Halb¬ kreis und wurde unter unsäglichen Mühen mit Verpfle¬ gung und Brennstoffen versorgt. Das Leben der tapferen Kaiserschützen, die hier den Krieg ins ewige Eis getragen hatten, war von einer Härte, deren sich kein Polarfahrer vorsehen muß. Die großen Entfernungen der einzelnen Feldwachen untereinander und aller von der Basis auf dem Gran Poz, häufiger Schneefall und grimmige Kälte machten das Dasein zu einer einzigen Qual. Die Träger, aus Mangel an Kräften und wegen der Schwierigkeiten des Geländes auch den Kampftruppen entnommen, drohten oft unter der Last dieses Dienstes zusammenzubrechen. Stundenlang über Eis und Firnschnee, wenn Nebel war, längs den Stangen¬ reihen, die die „Wege" markierten, ging es hinauf zur Vemelscharte, auf den Gipfel selbst, auf die Fessura und Serauta, wo ein paar Kameraden in Eislöchern hausten und sehnsüchtig der Stunde des nächsten „Er¬ eignisses" entgegenträumten, nämlich der Ankunft von Brot, Konserven, Hartspiritus und Nachrichten aus der Heimat. 256