Das Regiment im Weltkriege. Bearbeitet und zusammengestellt von Kauptmann i. d. Evidenz Walter Vogt. Endredaktion Oberstleutnant Keinrich Sauer. o Mohiljsterung. Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. In den ersten Märztagen 1914 erschien den Spalten der ,Kölnischen Zeitung" ein Artikel, der allgemeines Aufsehen erregte, h wenn er als nicht offiziell bezeichnet wurde. Danach sollten die militärischen Rüstungen Rußlands einen solchen Grad erreicht haben, daß eine ausgesprochene feindliche Absicht unverkenn¬ bar schien. Dies wurde, wie die „Kölnische Zeitung" sagte, russischerseits auch gar nicht in Abrede gestellt und diese Erklärung durch die Tatsache gewaltiger Truppenansammlungen gegen Galizien in Wladimir -Wolynsk im Mai, vorgeblich zu Manöverzwecken, ergänzt. Die Er¬ nennung Liman von Sanders zum Kommandanten des 1. Armeekorps in Konstantinopel wurde von Rußland hintertrieben, bei den Ruthenen Galiziens niachte sich eine russisch-orthodoxe Unterminierung der staatlichen Gesinnung bemerkbar, die zahlreiche Prozesse gegen russische Spione nach sich zog. Aber auch in Ostpreußen arbeitete der im Frieden glänzend ausgear¬ beitete russische Spionagedienst in auffallend starker Weise und die Untersuchungen ergaben, daß sogar Festungspläne, so von Pillau und Boyen, verraten worden waren. Im April traf das englische Königspaar zum Besuche in Paris ein, dem dann das Flottenabkommen zwischen England und Rußland nachhinkte, und wenn auch der Leiter der englischen Außenpolitik Sir Edward Grey die Berichte der englischen „Daily Mail", daß England im Falle eines fest¬ ländischen Krieges frei sei, mit Befriedigung durchgehen ließ, so war dies nach dem Pariser Besuch erwiesenermaßen eitle Heuchelei. Auf etwas mehr oder weniger davon aber kam es Albion nie¬ mals in der Geschichte an, wenn es sich darum handelte, in skrupelloser Weise die Maske der Unschuld aufzusetzen. Auch die Begründung Englands, es handle sich um die großen Manöver, mit der es seine am 24. Juli erfolgte Konzentrierung der gesamten Flotte in Portland zu erklären versuchte, war nur ein allzu durchsichtiger Vorwand zur Verschleierung seiner maritimen Rüstung. So standen die Ereignisse im Sommer 1914 und es konnte für den Sehenden keinen Zweifel geben, daß die Stunde, in der die Drachensaat, welche Eduard VII. 1904 ausgestreut hatte, in die Halme schoß, nicht mehr allzufern war. Die Geschichtswissenschaft der Zukunft, wenn die Ereignisse längst Geschichte geworden, wird einwandfrei festzustellen vermögen, daß Österreich nicht grundlos aus deni tiefsten Frieden heraus plötzlich zum Schwerte griff, 10