zehnten systematisch in die Seelen der Menschen eingepflanzt hatte. Aber auch hier blieb noch ein gewaltiges Stück Arbeit zu leisten. Denn trotz aller Abneigung gegenüber dem „preußischen Militarismus“ hatte es in Frankreich weite Kreise gegeben, die die deutsche Kunst verehrten" und die der deutschen Wissenschaft ihre Anerkennung zollten. Einem solchen Publikum klarzumachen, daß etwa die Musik eines Wagner eine ohrenzer¬ reißende Barbarei und die deutsche Technik — weil im Dienst der Zer¬ störung stehend — eine geradezu teuflische Angelegenheit sei, war nicht leicht. Um so höher ist die Leistung der Propaganda zu werten, soweit sie sich in einer ihren Tendenzen feindlichen Atmosphäre durchzusetzen wußte. D. Wertung. Mit dem Nachweis der Wirkungsmacht der französischen Bildpropa¬ ganda und der Abgrenzung ihres Ausmaßes ist bereits die Grenze eines neuen Aufgabenbereichs überschritten, dessen Ziel die W e r t u n g b i 1 d - propagandistischer Methoden darstellt. Beide Sphären, Wirkung und Wertung, überschneiden sich hier um so mehr, als das mei¬ nungsgeladene Bild nicht als sinnlich erfaßbare Einheit an sich und um seiner mehr oder weniger mit den Gesetzen der Ästhetik in Einklang zu bringenden Gestaltung wegen beurteilt werden soll, sondern aus¬ schließlich als WaffeimgeistigenKampfder Nation. Vom Gesichtspunkt seiner Wirkung im Dienst des nationalen Kampfes aus ge¬ sehen, erscheinen andere Wertmaßstäbe als durchaus zweitrangig und untergeordnet. Mit anderen Worten: ihre Anwendung kann nur im Hin¬ blick auf die Wirkungsmacht des politischen Bildes fruchtbare Ergebnisse zeitigen, will man nicht in den Fehler intellektuell-bornierter Kritiker ver¬ gangener Zeiten zurückfallen, die schließlich jede Massenbeeinflussung, weil gezwungenermaßen auf niedrigem geistigen Niveau stehend, als „nicht vornehm“ ablehnten 362. Um zu einer Abgrenzung des zu wertenden Bereichs zu gelangen, sei daran erinnert, daß nicht jeder Bildwitz und nicht jede Scherzkarikatur bewußte und gewollte Propaganda ist. Wir wiesen schon bei der Bespre¬ chung der Witzblätter darauf hin, daß einzelne von diesen — es handelte sich vor allem um die „galanten“ Blätter — auch im Kriege mit wechseln¬ dem Erfolg ihre rein unterhaltende Tendenz beizubehalten suchten. An¬ dererseits entlädt sich die ideenmäßige Spannung zwischen den beiden Polen Führung und Masse durch die publizistischen Organe ja nicht nur von oben nach unten, sondern es findet eine ständige Wechsel¬ wirkung statt, die man mit einem Vergleich aus der Physik recht gut als Wechselstrom mit ständig sich ändernder Richtung bezeichnen könnte. Somit fallen alle Zeichnungen, die ohne jede Modifikationsdyna¬ 9’ 125