PARIS druckte z. B. die Zeichnungen Abel Faivres während des ganzen Krieges auf dem Titelblatt in einer Breite von vier Spalten und in der Höhe von einer halben Seite ab, so daß 35,5%) der Druckseite dem Bilde gehörten. Noch größer waren die Wiedergaben der Blätter Forains im FIGARO, die im Format einer halben Seite erschienen. Daß das JOUR¬ NAL noch einen Schritt weiter ging und seine Karikaturen sogar im Buntdruck brachte, was für eine Tageszeitung immerhin mit erhöhten Kosten verbunden ist, kann als weiterer Versuch zur Wirkungssteigerung angesehen werden. Den Faktoren, die im ideengebenden Pol begründet sind, steht eine andere Gruppe in der aufnehmenden Masse gegenüber. Im Gegensatz zu sonstigen Erzeugnissen der politischen Propaganda kennt das Tendenzbild kaum einen Unterschied in der sozialen Ebene der zu beeinflussenden Masse: die oberen Schichten des Volkes sucht es ebenso zu ergreifen wie die unteren. Vor allem die dynamische Wirkung der Komik ist eine so allgemein menschliche, daß man sich ihr nicht leicht entziehen kann; die Satire ist die stärkste Waffe der Bild¬ propaganda. Aufnahmefähigkeit und Aufnahmebereitschaft für das politische Bild waren in Frankreich, wo nach Beaumarchais «... tout finit par des chansons», besonders stark entwickelt. Dem französi¬ schen Volkscharakter entsprach auf der anderen Seite die lange Tra¬ dition des Witzblatts, das dort in ganz anderem Maß als etwa bei uns volkstümlich ist. Zudem hatte der Krieg das Interesse breitester Massen für die politischen Ereignisse des Tages geweckt und damit der Presse eine Unzahl neuer und aufmerksamer Leser zugeführt, was sich naturgemäß auch auf die in ihnen enthaltenen Tendenzbilder in einer Stei¬ gerung ihrer Wirkungsmöglichkeiten auswirkte. Ein Witzblatt drückte dies einmal unter der Überschrift «La Parisienne et les journaux» aus: Auf dem ersten Bild sieht man eine Frau in ihrem Bett schlafend, vor ihr unge¬ lesene Zeitungen, daneben dieselbe Frau beim Lesen der Blätter: «Avant la guerre, souvent, eile ne les grignotait meme pas — depuis la guerre, eile les devore!» 361 Im späteren Verlauf des Krieges schlug allerdings diese anfängliche Zeitungsfreudigkeit häufig in ihr Gegenteil um: Allzuviel unerfüllte Prophezeiungen und ein ungerechtfertigter Optimismus minderten das Vertrauen des Lesers und waren somit auch der Wirkungskraft des Propa¬ gandabildes abträglich. Die von der Gesamtpropaganda bewirkte und von der Bildpropa¬ ganda unterstützte Umwertung der Anschauungen des französischen Vol¬ kes von deutschem Wesen und deutschen Leistungen war insofern erleich¬ tert, als sie auf Zerrvorstellungen auf bauen konnte, die man seit Jahr¬ 124