Häufig wurde ihm die Rolle des Zirkusclowns zugedacht, worauf die aus der englischen Propaganda übernommene Bezeichnung „Clownprinz“ hin¬ weist. Weiterhin sehen die Karikaturisten in ihm gern den Dieb; die erste derartige Zeichnung englischen Ursprungs brachte der MATIN 274. Im Jahr 1916, das die verlustreichen Kämpfe um Verdun sah, steigerte sich die Zahl der Zerrbilder des Kronprinzen. Ein beliebtes Motiv war nun das Gerippe des Todes als sein Freund und Spielpartner. Außer dem Kaiser und dem Kronprinzen waren dem französischen Volk und damit auch den französischen Zeichnerjournalisten die deut¬ schen Staatsmänner und Heerführer vollständig unbekannt. Bethmann- Hollweg, von der Goltz, Tirpitz, Hindenburg, Zeppelin und Kluck waren Neuentdeckungen 275. Sie haben, vielleicht mit Ausnahme Hindenburgs während der letzten Kriegsjahre, in der Bildpropaganda keine Rolle ge¬ spielt. Das karikaturistische Spiegelbild der mit Deutschland verbündeten Staatsoberhäupter wird in anderem Zusammenhang gewürdigt werden. d) Deutschland im Innern. Der Kritik des Deutschtums, wie es sich nach außen offenbarte, stellte die französische Bildpropaganda die Kritik der innerpolitischen Zustände Deutschlands gegenüber. Bedauerliche Mißstände im öffentlichen Leben der deutschen Heimat und die trotz des Burgfriedens mit vermehrter Schärfe eingerissenen parteipolitischen Spannungen waren ebenso viele Angriffspunkte für die Satire des Feindes. Gruppiert man die Spottbilder dieser Kategorie nach ihrem zahlen¬ mäßigen Anteil, so dürften die Schwierigkeiten der deutschen Nahrungs¬ mittelversorgung als Motiv an erster Stelle stehen (vgl. Abb. 3). Schon im ersten Kriegsjahr hoffte man in Frankreich auf eine baldige Aus¬ hungerung Deutschlands. Die GUERRE SOCIALE brachte bereits am 16. August 1914 eine Zeichnung, auf der zwei gierig essende deutsche Gefangene dargestellt sind. Selbst die Hungerqualen deutscher Kinder blieben vom Spott der Karikaturisten nicht verschont. Die durch die anhaltende Verteuerung der Lebenshaltung verschärften Klassengegensätze dürfen als weiteres Motiv der französischen Bildpropaganda nicht unerwähnt bleiben. Hier leisteten ihr die den deut¬ schen sozialistischen Witzblättern entnommenen Elendszeichnungen wert¬ volle Hilfe (vgl. Abb. 9). Auch die tatsächlich vorhandenen oder angeb¬ lichen Stammesgegensätze in Deutschland, vor allem der Zwist Bayern—Preußen, wurden ausgebeutet. Auf einer Karikatur Lucien Meti- vets erklärt man dem Kaiser, daß die Verluste vor Verdun trotz ihrer Größe nicht schwer wögen, da es sich um Bayern handele 276. 96