macht, wie ihn Frankreich — wenn überhaupt — so nur selten gesehen hat. Einer der wenigen französischen Künstler, die sich mit seiner Popu¬ larität messen konnten, war Abel Faivre. Abel Fcnivre Wie man Forain den „Mann des FIGARO“ genannt hat, so könnte Abel Faivre der „Mann des ECHO DE PARIS“ heißen. In vier Kriegs¬ jahren hat er als einziger Künstler das große nationalistische Blatt mit seinen meist geistvollen und witzigen Zeichnungen beliefert, die in halbwöchentlichen Abständen auf der Titelseite abgedruckt wurden 153. Zahlenmäßig ist sein Kriegswerk noch umfangreicher als das Forains, hinter dem es in seiner propagandistischen Wirkung jedoch zurückbleibt154. Jules-Abel Faivre wurde am 30. März 1867 in Lyon geboren, wo er die Ecole des Beaux-Arts besuchte; später ging er nach Paris. Als Mit¬ arbeiter des RIRE und anderer Blätter verschaffte er sich einen Namen. Eine Sondernummer der ASSIETTE AU BEURRE über die Ärzte zeigte ihn auf der Höhe seiner Kunst. Von der unterhaltenden Witz- und Scherzzeichnung kam Faivre zur politischen Satire; in seinen Blättern paart sich eine routinierte Technik mit oft überraschenden Ideen und gut formulierten Beischriften. Berühmt wurde seine Zeichnung «Les impatients», die die Ungeduld der in der sicheren Heimat weilenden Zivilisten verspottet: Bequem in seinem Bette liegend, neben sich die Frühstückstafel und in der Hand die Zeitung, seufzt ein wohlgenährter Mann mit saurer Miene: «Comme c’est long!» 155 (Abb. 15.) Eine «legende trouvee» ist auch die Beischrift zu dem Blatt «A la chambre», das am 6. Juli 1915 im ECHO DE PARIS erschien: In den Wandelgängen der Kammer sieht man die erregt dispu¬ tierenden Volksvertreter. Unterschrift: «Sacree union!» Auch Faivre verschmäht es, zu karikieren; die Komik seiner Bilder liegt in der Idee. Aus ihnen spricht weniger die herbe Bitterkeit Forains, als vielmehr eine heitere Ironie, die sich in den Blättern gegen die Deutschen zur beißenden Satire steigert. Wütende oder gemeine Ausfälle, wie wir sie bei Willette, Leandre und auch Forain kennen, gibt es bei Faivre selten. Eines seiner schönsten Blätter positiver Werbung ist das Plakat «On les aura!», das auch im Postkartenformat erschien 156. Willette Eine Reihe wenig erfreulicher Beiträge zum Bilderwerk der französi¬ schen Kriegspropaganda hat der Künstler des Pierrot und des Montmartre, Willette, geliefert. Sie mögen bei einem Teil ihrer Betrachter die ge¬ wünschte Wirkung hervorgerufen haben, aber man kann sich des Ein¬ drucks nicht erwehren, daß sie in ihrer jeder Ästhetik baren, haßerfüllten 62