III. Die publizistischen Formen als Träger der Bildpropaganda. A. Zeitung. Die französische Tagespresse befand sich beim Beginn des Weltkriegs in einer schwierigen Lage. Auf der einen Seite schnellte das Nachrichtenbedürfnis der Lesermassen mit einem Schlage in die Höhe. Auf der anderen wurde seine Befriedigung durch die ver¬ schiedensten Gründe gehemmt: Die Zensur setzte ein, der Gebrauch von Telegraph und Telephon wurde eingeschränkt, wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit fielen die ohnehin nicht hohen Einnahmen aus den Geschäftsanzeigen völlig aus, das Personal wurde mobilisiert oder aus Sparsamkeitsgründen entlassen, Papiermangel und Transportkrise zwangen zur Verminderung der Seitenzahl 37. Während so die Presse als Informationsorgan Einschränkungen erlitt, wurde sie als Propagandainstrument weiter entwickelt. Sie stand nun nicht mehr wie in früheren Zeiten als unbeteiligter Zuschauer über den Ereignissen, sondern als wehrhafter Kämpfer mitten unter ihnen. Als ideengeladene Waffe des Meinungsstreits mußte ihr die Kari¬ katur doppelt willkommen erscheinen, da sie es gleichzeitig erlaubte, die Lücken im Nachrichtenteil auf geistvolle oder zumindest geistvoll scheinende Art zu füllen. Eine lebendigere Kommentierung kurzer Tages¬ nachrichten als durch den glossierenden Stift des Zeichners ist kaum denk¬ bar. Zeitungen wie der MATIN mit seiner Serie der Spottbilder über die neuesten Wolff-Nachrichten leisteten hier Großes. Mit wenigen Ausnahmen brachten fast alle Blätter Karikaturen. Ein¬ zelne sicherten sich die feste Mitarbeit berühmter Künstler. So er¬ schienen über ein Jahr lang allwöchentlich Forains Zeichnungen im FIGARO, während des ganzen Krieges die von Abel Faivre im ECHO DE PARIS; die Hetzbilder des Holländers Raemaekers fanden im JOUR¬ NAL eine millionenfache Verbreitung, die des Argentiniers Faber im MATIN. Wenn man von einigen pazifistischen und def artistischen Außen¬ seitern absieht, so verwischte die «Union Sacree» die früheren partei¬ politischen Gegensätze innerhalb der französischen Presse. Die Ziel¬ 16