Quelle gespeist31. Sogar der Propagandadienst des Außenministe¬ riums befaßte sich mit der Herausgabe von Hetzkarikaturen, die — wie man den mehrsprachigen Beischriften entnehmen kann — für das Ausland bestimmt waren. So erschien ein Album mit zwölf Karten nach Zeichnungen von Faivre, Forain, Iribe, Manfredini, Poulbot, Raemaekers, Gus Bofa, Ynglada u. a., bei denen die Beischriften in französischer, eng¬ lischer, portugiesischer, spanischer und deutscher Sprache gehalten waren. Welchen Wert die amtlichen Stellen dem Spottbild beilegten, zeigt die Tatsache, daß man den im Orient dienenden Karikaturisten Alain Saint-Ogan mit der Herausgabe eines Propagandawitzblattes in Athen beauftragte32. Gewisse Karikaturen aus dem Pariser RIRE ROUGE wurden hunderte von Malen in den Zeitungen der ganzen Welt reprodu¬ ziert; in der Schweiz, in Spanien, in den Vereinigten Staaten tauchten sie auf. Deutschland erhob auf diplomatischem Wege verschiedentlich Pro¬ test gegen den Aushang dieses Blattes. C. Zensur. Die in den ersten Kriegstagen über die Presse verhängte militä¬ rische Zensur berührte den lachenden Künstler wenig. Militärische Geheimnisse pflegt man im allgemeinen nicht in Form von Karikaturen an die Öffentlichkeit und damit zur Kenntnis des Feindes zu bringen. Anders wurde es, als Anfang September 1914 diepolitischeZensur ins Leben trat. Vor der Veröffentlichung mußten die druckfertigen Kor¬ rekturbogen der Zeitungen und sonstiger periodischer Druckschriften, also auch der Witzblätter, der Zensur zur Genehmigung eingereicht werden, die vorsichtigerweise lieber zu viel als zu wenig strich. Noch heute legen die «blancs» in der französischen Presse der Kriegsjahre von ihrem strengen Vorgehen Zeugnis ab. Auch sonstige Veröffentlichungen, die irgendwie politischen Charakter trugen, wie Bücher, Postkarten, Plakate, selbst öffentlich ausgestellte Zeichnungen und Gemälde unterstanden der Zensur 33. Zeitungen mit ausgeprägter gruppenpolitischer Färbung hatten am meisten unter ihr zu leiden, 1914 und 1915 vor allem die Blätter L’OEUVRE, LA GUERRE SOCIALE, L’ ACTION FRANC AI SE, LE BONNET ROUGE und der HOMME LIBRE, dem sein Direktor Georges Clemenceau der Zensur zum Trotz zeitweilig den Titel L’HOMME EN- CHAINE gab; 1917 kam noch das JOURNAL DU PEUPLE hinzu. Aber auch die im allgemeinen verschonten Blätter wie das ECHO DE PARIS und der FIGARO kannten Zensurlücken von der Größe einer halben Druckseite, wenn dem Zensor die Veröffentlichung eines Faivre- oder Forainbildes gerade nicht opportun erschien. 2 13