Der Feldzug von Krakau. fanteriedivisionen auszusetzen. So sehr die Lage der 4. Armee ein längeres Ausharren bei Brzesko erwünscht erscheinen ließ, mußte das Armeeoberkommando doch den vorgebrachten triftigen Gründen Gehör schenken und der Rückverlegung der Gruppe am 24. in den nächsten Verteidigungsabschnitt Bochnia—Muchowka (Straßengabel fünf Kilometer westlich Lipnica) zustimmen. Ohne vom Feind gedrängt zu werden, gelangte das Korps in diese Linie, das Detachement Brauner hinter die Raba nach Dziewin. Ein Versuch der Russen, sich des Überganges bei Ujscie Solne zu be; mächtigen, wurde abgewiesen. Inzwischen nahm das Ringen nördlich der Weichsel mit gesteigerter Heftigkeit seinen Fortgang. Der Nordflügel der 1. und der Ostflügel der 4. Armee erkämpften in zäher Arbeit einige Vorteile, die Gruppe FML. v. A r z erwehrte sich wiederholter gegen ihre ganze Front angesetzter Anstürme und ließ sich dadurch in ihrem Streben, den Angriff weiter vorzutragen, nicht beirren, vermochte aber den entscheidenden Punkt Skaia umsoweniger zu nehmen, als sich der Südflügel der 1. Armee infolge großer Verluste gänzlich zur Rolle der bloßen Verteidigung gegen den andringenden Feind ver; urteilt sah. Am Morgen des 24. machte sich das Eintreffen des russiV schen xxi. Korps auf dem Schlachtfelde der 4. Armee in wütenden Gegenangriffen auf das Korps K r i t e k und das XIV. Korps fühlbar. Die Gruppe N i k i c mußte sich damit begnügen, in hartem Kampfe die Höhen nordöstlich Koszyce zu erstürmen und dadurch die Flanke der 4. Armee zu sichern. Wohl wurden die russischen Angriffe mit großem Verlust für die heranstürmenden Truppen in glänzender Weise abge; wiesen, wohl zeigte der bisherige Schlachtverlaufdie Erringung einer ganzen Reihe gewichtiger Vorteile; der endgültige Sieg war aber nicht erzwungen worden und nicht mehr zu erhoffen, seit der Feind auch Teile der 3. Armee in den Kampf geworfen hatte und damit gerechnet werden mußte, daß die russische Übermacht südlich der Weichsel in fortschreitendem Vor; dringen mehr und mehr in Flanke und Rücken der schwer kämpfenden 4. Armee gelangen werde. Über die rühmenswerte, heldenhafte Haltung des k. u. k. Losonczer Infanterieregiments Nr. 25, welches im Verbände der Gruppe FML. v. A r z eingeteilt war, am 23. und l 24. November 1914 erzählt der Kriegsberichterstatter Kirchlehner auf Grund der Angaben eines Mit; kämpfers im Pester Lloyd vom 30. März 1916 fol¬ gendes: Die Schlacht nördlich Kra- kau tobte nun schon den achten Tag. Die gegen Westen vor- schiebende russische Dampf- walze war zum Stehen ge- bracht worden, aber immer noch mußten die Regimenter der k. und k. 4. und 1. Armee neuerdings an den Feind ge- führt werden. Der Angriffsraum des Kas- saer VI. Korps erstreckte sich beiderseits der von Olkusz ge- gen Opatowiec an der Weichsel hinziehenden- Landstraße, die Truppen waren bis ans gleiche Höhe mit der Festung Krakau vorge- drungen und hatten nun mit der allgemeinen Richtung Jwanowice— Stomniki neuerlich anzugreifen. Ihr Vorrückungsraum wurde durch die Lehmschlucht des Dlubniabaches in zwei Teile gespalten. Westlich der Schlucht schritt die Kassaer 27. Heeresdivision Kosak, östlich der Schlucht die Kassaer Honvöddivision H a d f y zum Angriff auf den uns in starkbewehrten Stellungen erwartenden Feind. Als Schlüssel- punkt der russischen Stellungen galt die Meierhofposition beim Tri- gonometer 349, die weithin das Gelände beherrscht. Sie zu nehmen, darauf waren die Bemühungen der Honveddivision gerichtet. Es war 6 Uhr abends des 23. Novembers 1914. Wir hatten eben im Schulhause von Damice unser einfaches Mittagmahl verzehrt und Stroh für die Ruhestatt zusammengetan, als vom Divisions- kommando Kosak beim Losonczer Regiment Nr. 25 der telephonische Befehl einlangte: „Angriff auf den Meierhof abgewiesen. DieHonv6d- division wird morgen den Angriff wiederholen. Das H./25. Bataillon marschiert nach Maszkow, wo es dem Oberstbrigadier D a u b n e r unter- stellt wird." Das Bataillon wurde alarmiert und rückte um 9 Uhr abends nach seinem Bestimmungsort. Hier gab der Brigadier dem Bataillon die Weisung, daß morgen um 3 Uhr früh der Angriff auf den Meier- Hof ohne Schuß erfolge und daß das Bataillon Gruppenreserve sei. Der Bajonettangriff gelang indessen nicht. Die Bataillone waren in der Dunkelheit rechts und links am Meierhof vorbeigekommen, und ehe man in der stockfinsteren Nacht des Versehens gewahr wurde, spie der Meierhof, den die Russen zu einem gewaltigen Stützpunkt ausgebaut hatten, nach beiden Flanken Feuer, Tod und Verderben in die Reihen der Honveds. Zu gleicher Zeit bestreute die feindliche Artillerie den dahinterliegenden bewaldeten Hang, um das Vorwärtskommen neuer Verstärkungen zu verhindern. Als das Bataillon H a u s k a unter einem Hagel von Schrapnellen den zum Meierhof ansteigenden Hang erklommen hatte, erteilte der im heftigen Feuer das Gefecht leitende Oberstbrigadier dem Bataillon den Befehl, den Waldrand zu besetzen und dort jeden Rückschlag zu verhindern. Blutigrot erhob sich am 24. November die Morgensonne und sie beleuchtete das eisstarrende Totenfeld auf der Höhe 349. Vor den am Waldesrand eingenisteten Losonczern lagen, kaum fünfhundert Schritt entfernt, die Trümmer des zusammengeschossenen Meierhofes. Dort hielt sich noch versteckt eine russische Maschinengewehrabteilung auf, die aus den Ruinen unablässig auf unsere Angriffstruppen feuerte. Es war das Verdienst des Oblt. Reichel, diese verwegene und gefährliche Abteilung durch das Feuer seiner Kompagnie außer Kampf gesetzt zu haben. Mit zunehmendem Tageslicht trat allmählich Ruhe ein. Die Bataillone krampften sich in den Boden fest, wo sie eben hinge- kommen waren und nur die russische Artillerie hielt unsere Stellungen Zusammenfluß der Weichsel und des Dunajec bei Opatowiec.