Jahrhundertelange Kulturarbeit der kul- turell höher stehenden Deutschen drängt die Slawen langsam zu- rück. Seit dem Dreißig- jährigen Kriege blieb die Grenze zwischen den Völkern die gleiche, um sich in der letzten Zeit wieder zu Ungunsten der deutschen zu ver- schieben. Durch dieses Hin-und Herwogen der Völker entstanden jene Völkerinseln,die derBe- völkerung des Kriegst schauplatzes ihre Be¬ sonderheit verleihen — von den kämpfenden Soldaten der verbün- deten Zentralmächte oft recht unangenehm empfunden. Zu diesen sprach- lichen Verhältnissen tre- ten noch konfessionelle Fragen hinzu. So sehen wir, wie die Juden, zur Zeit der Kreuzzüge aus Mitteleuropa durch blutige Verfolgungen vertrieben, ihre deutschen Dialekte, ihre Sitten und Gebräuche zähe erhalten. Weit über die natürlichen Grenzen ragt nun die Grenze Österreich-Ungarns in das Gebiet der russischen Scholle und vereinigt als reines dynastisches Staatengebilde — als wahres Schutzschild Europas gegen Osten — die Völker, welche so oft gegen den Ansturm aus dem Osten standgehalten haben. Gleich Deutschland hat Österreich-Ungarn sieben Nachbarn, von denen drei Großmächte sind. Dies zeigt am besten die schwierige Politik - ■ -—- sche und militäri- * ° ' sche Lage der Zen- tralmächte. Wie in der Natur hebt sich auch in der Staa¬ tenbildung der ein- tönige, weiträu- mige Osten vom formenreichen We- sten ab. Osterreich- Ungarns Heer war als erster Streiter in diesem Kampfe der Welt beru- fen, dem schein-- bar uuwidersteh- lichen Ansturm moskowitischer Macht standzuhal-- ten. Die Schilde- rung des Kriegs-- schauplatzes wird diesen schweren Kampf besser ver-- Polnischer Bauer. stehen lassen. Das eigentliche Kampfgebiet ist im Verhältnis zur un- geheuren Ausdehnung der russischen Tafel klein. Es reicht vom Karpathenkamm, von der Lyfa Gora, der Weichsel und dem Baltischen Rücken bis zur Flußlinie Dnjepr-Düna. Dies ist ein Gebiet, welches größer ist als die Republik Frankreich. — In südost-nordwestlicher Richtung reichen die Karpathen von Brasso (Kronstadt) bis zur schmalen Furche von Weiß- kirchen, wo sich die Karpathen und Sudeten berühren — ein Teil jenes ungeheuren Gebirgsbogens, der den gewaltigen Einbruch der ungarischen Niederung umspannt. Nach Norden in mehreren Zonen und zahlreichen parallelen Falten zur ost- europäischen Tafel abfallend, ist der Innen- oder Südwest- rand der Karpathen durch den Einbruch der ungarischen Tief- ebene stark gegliedert. Vulkanische Gebirge, die zahlreichen heißen und kalten Mineralquellen der Karpathenländer und die häufigen Erdbeben Ungarns stehen mit dieser Verwerfung in Zusammenhang. Wichtig ist hier der Edelmetallreichtum des ungarischen Erzgebirges. Die Rillen des Nordrandes sind vielfach sanft gerundet und mit üppigem Waldwuchs be- standen, die nur durch zwei lange, aber schmale Klippenzonen unterbrochen ist, welche vom Neutraer Komitat über Zsolna (Sillein)-Neumarkt durch die Zips bis zum Ungvarer Komitat dahinziehen und als Kalkriffe verschiedenster Größe wie ein schmales, rauhes Band in die sonst sanfte Landschaft gelegt sind. Der gesamte Außenrand des Karpathenkammes wird von tertiären Meeresablagerungen begleitet, die durch das Aus- treten von mächtigen Salzstöcken (Bergwerke von Wieliczka usw.) und durch das Vorhandensein von Petroleumquellen (Drohobycz) eine hohe wirtschaftliche Bedeutung haben. Von Wien, dem Berührungspunkt zwischen den Alpen und den Karpathen, streicht der niedrige Bogen der Kleinen und Weißen Karpathen nach Nordost, dem das flache March-Gebirge vorgelagert ist. Vom Marchtal bei Kremsier beginnt der ge- schlossene Bogen der Westbeskiden. Zahlreiche Pässe und mehrere Bahnlinien überschreiten das bis zu 1725 m (Babia- gora) reichende Sandsteingebirge. (Wichtigste Eisenbahnlinie Budapest-Sillein-Oderberg über den Jablunkapaß (551 m). Der russische Kriegsschauplatz.