Beginn der Einkreisung der Zentralmächte. 
England die beiden Staaten in den Krieg hatte treiben 
wollen und wie es durch militärische Versprechungen, 
—die es freilich nur dem Minister persönlich machte und sich 
hütete, schriftlich festzulegen — den Schwächeren aufreizen und 
zum Weltkrieg verführen wollte. Schauernd erkannte Europa 
jetzt erst die Gefahr, an der es Haarbreit sich vorübergerettet 
hatte — denn weder in Deutschland noch in Frankreich war 
vordem dem Volke bewußt gewesen, daß sie so nahe vor einem 
mörderischen Zusammenstoß standen. Beide Völker waren 
ahnungslos und ahnten nichts von den Wolfsgruben, mit denen 
König Eduards Reisen und Audienzen die europäische Politik 
gespickt hatten. Die Entrüstung brach in beiden Ländern aus. 
die Flamme der englischen Politik am Gebälke des europäischen 
Friedens. Schon damals hätte ein gefährlicher Zufall die 
Welt in Brand setzen können, und nur dem beiderseitigen 
Willen, nicht aber England war es zu verdanken, daß dies Un- 
heil — wie man damals hoffte, vermieden, oder wie wir heute 
wissen — verzögert werden konnte. : 
Auch die Verhandlungen am Tische in Algeciras waren 
noch sehr unruhig. Aber keiner der Vertragschließenden wollte 
nun, da Europa der Gefahr bewußt geworden war, den Frie- 
den leichtfertig mehr opfern. Im wesentlichen waren Deutsch- 
land und Frankreich über die Grundlagen schon einig, ehe sie 
nach Algeciras gingen, vor allem garantierte Frankreich 
Die Erneuerung der franco-russischen Allianz (Zarenbesuch in Cherbonrg am zi. Juli 1909). 
Natürlich wurde jetzt von England her und auch von fran¬ 
zösischer Seite ellig dementiert, aber Jean Jaures, der große 
Sozialistenführer bestätigte mit seiner unantastbaren Autorität 
die Exaktheit jener Behauptungen. 
Nun wußte Deutschland, woher der scharfe Wind wehte, den 
es seit ein paar Jahren überall spürte, wohin es sich wenden 
mochte. Und zum erstenmal empfand es jetzt den Druck des 
eisernen Ringes, der, wie Gerhard Hauptmann so schön sagte, 
ihm um die Brust gelegt wurde und den es zersprengen mußte, 
um nicht aufzuhören zu atmen. Es war ein leises vorahnendes 
Klirren von Waffen in der Welt. Die beiden Armeen hatten 
in jenen Tagen schon Vorsorge getroffen, die englische Flotte 
lag wie zufällig versammelt, und indes die Menschen ahnungs- 
los ihren Geschäften und Werken nachgingen, züngelte schon 
Unteilbar und Untrennbar. I. 
feierlich die Unabhängigkeit und Souveränität des Sultans, 
den Kaiser Wilhelm als freien Herrscher begrüßt hatte sowie 
wirtschaftliche Freiheit, während ihm wieder Überwachungsrechte 
mannigfacher Art eingeräumt wurden. Im einzelnen wurden 
die Diskussionen lebhaft, nie aber geriet der Kongreß in wirk- 
liche Gefahr. Was schließlich als Resultat übrig blieb, war 
eine ziemlich dehnbare Machtbefugnis Frankreichs und des 
benachbarten Spaniens. Der Konflikt war nicht aus der Welt 
geschafft, sondern nur erstickt. Und so wie durch Serbien im 
Osten war nun auch im Westen ein eiterndes Problem ge- 
schaffen, das eines Tages ausgebrannt werden mußte, wenn die 
Diplomatie zögerte, es rechtzeitig auszuschneiden. 
An jenem Beratungstische war zum erstenmal die euro- 
päische Konstellation zutage getreten, die sich dank der gefähr-- 
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