398 Seekrieg schaft in Nikolajew gebaut wurde, war gleichfalls nach russischen Angaben 1915 schon dienstbereit. Nur das dritte Schiff dieses Typs, die „I e k a t a r i n a II" die von Vickers bei den Nikolajewer Fabriken und Werften gebaut wurde, war erst 1916 fertig. Sonst konnte die russische Marineverwaltung mit einem größeren Schiffs-- zuwachs in der nächsten Zeit nicht rechnen. Denn das noch im Sommer 1914 bewilligte Schiffsbauprogramm von zwei Linienschiffen, zwei geschützten Kreuzern und sechs Untersee-- booten, das bis 1917 abgewickelt werden sollte, war noch nicht in Angriff genommen und gelangte, wie jetzt feststeht, über-- Haupt nicht zur Ausführung. Veranlaßt durch die Erfahrung des gegenwärtigen Krieges, hatte nämlich die Regierung der Volksvertretung ein anderes Bauprogramm zur Geueh-- migung vorgelegt, das von dem Bau weiterer Linienschiffe ganz absah, dagegen den Bau folgender Schiffe vorschlug: vier geschützte Kreuzer mit großer Geschwindigkeit, drei Kanonenboote, sechs Zerstörer, achtzehn kleinere Torpedo-- fahrzeuge für den Küstenschutz und achtundzwanzig Untersee-- boote. Vorhanden dagegen waren zu Beginn des Krieges drei ältere modernisierte Schlachtschiffe von 12 bis iz 000 Tonnen und zwar „Iwan S l a t 0 u st", „S w j a t i Efstazij" und „Panteleimon" mit je 4 Stück 30,5 Zentimeter-chauptgefchützeu, drei ältere Schlachtschiffe von 11 400 bis iz 500 Tonnen und zwar „Tri S wja t telja", „Ge 0 rgijP 0 bjed 0 n 0 sez" und „Sin 0 p e" init je 4 beziehungsweise 6 Stück 30,5 Zentimeter-Haupt-- geschähen, ferner zwei Panzerkreuzer von 7000 Tonnen, „Kagul" und „Pamjatj--Merkurija", vier uu- geschützte Kreuzer, „Douez", „Terez", „Kubanez" und „Uralez", zwanzig moderne Zerstörer von 24? bis 1100 Tonnen Deplacement, siebzehn Torpedoboote, neun Unterseeboote und ein Unterseekreuzer und Minenschiff. Wie wenig diese immerhin gut verwendbaren Schiffe aus-- genützt wurden, vermag die später folgende Aufzählung der zu verzeichnenden Begebenheiten drastisch zu veranschaulichen. Während die russische Marine im Schwar-- z e n Meer — wenn vom Bau der drei Großkampfschiffe abgesehen wird — einen gewissen Stillstand zeigte, gebärdete man sich um so rühriger in der osmauischen Flotte. Schon seit vier Jahren ging man nämlich in der Türkei daran, unterstützt vom ungemein rührigen Osmanischen F l 0 t t e n v e r e i n, mit größeren Mitteln und in metho-- bischer Weise die Wiedergeburt der Halbmonds-Flotte in Angriff zu nehmen. Im Laufe des vergangenen Jahres sollten zwei mächtige Dreadnoughts, der bei Vickers in England erbaute „R e s ch a d i e" und der in England angekaufte frühere brasilianische „Rio de I a n e i r 0", als „S u l t a n O s m a n", gleichfalls in England gebaut, im Goldenen Horn eintreffen. Mit der Einreihung dieser Schiffe in die Eskadre hätte die ottomanische Flotte nach fast vierzig Jahren wieder eine, zwar numerisch schwache, aber moderne und hochwertige Schlachtschiffdivision erhalten, der zur äußeren Vollkommene heit nur die Homogenität fehlt. Gleichzeitig wurde die Schaf-- fuug und Ergänzung des übrigen Schiffsmaterials angestrebt und die Heranziehung eines auf der Höhe der Zeit stehenden Offizierskorps, die Schulung, Ausbildung und der systematische Ersatz der Schiffsmannschaften, mit Hilfe ausländischer Jnstruktoren begonnen. Dies war seit jeher die schwächste Seite der türkischen Marine, und hier gilt es vor allem, von Grund auf neu zu arbeiten. Dieses kostete wohl auch Geld, noch mehr aber Zeit. In dieser Erkenntnis ging der Reform-- plan der türkischen Marineverwaltung vor allem dahin, die 1915/16. Heranbildung des Offizierskorps auf eine neue Grundlage zu stellen und die Schulung der Mannfchaften nach den Er- forderniffen des praktischen Dienstes vorzunehmen. Gleich- wie für die osmanische Landarmee eine deutsche M i l U tär missi 0 n tätig war, wurde die Seemacht anfänglich von einer englischen Marinemission unter Leitung eines britischen Admirals reorganisiert. Als dann zwischen der Türkei und Griechenland im Juni 1914 ein gespanntes Verhältnis wegen der Insel- frage eingetreten war, sah sich Griechenland veranlaßt, zwei starke Linienschiffe von Deutschland zu erwerben, wodurch sich die Türkei zur See bedroht fühlte. Der Krieg zwischen den beiden Mächten schien fast vor der Tür zu stehen. Da sie keine gegenseitigen Landgrenzen haben, konnte die Ent- scheiduug nur zur See erwartet werden, die bei dem damals tatsächlich bestandenen maritimen Kräfteverhältnis kaum zweifelhaft gewesen wäre. Es lag daher den Osmanen viel daran, die beiden vor- erwähnten, in England bestellten Linienpanzerschiffe über-- nehmen und in die Flotte einreihen zu können. Das lag naturgemäß nicht in Englands Sinne. Der „Sultan O s m a n", das größere der beiden Panzerschiffe, lag schon zur Abfahrt bereit, als es die Engländer einfach beschlag-- nahmten. Im Augenblicke seines Auslaufens wäre er ein türkisches Kriegsschiff geworden. Griechenland und die Türkei hätten sich auf ungefähr gleiche Machtmittel stützen können. Da nahm England das Schiff für sich selbst in Anspruch. Die Schiffe waren aber von der in England wenig Kredit genießenden Türkei bereits bezahlt worden und waren daher ihr Eigentum. An die Türkei wäre demnach von Seiten Englands eine Entschädigung, minde-- stens aber der volle Kaufpreis zu zahlen gewesen. Das ist jedoch auch nicht geschehen. Das Völkerrecht fordert aber den Ersatz der infolge einer auf Grund des Kriegsrechtes erfolgten Beschlagnahme irgend eines Materials entstandenen Ver-- luste. DieHandlungsweiseEnglands stellte sich daher als nackter Raub dar. Die Türkei hielt sich bann, wie bekannt, an der „G 0 e b e n" und „B r e s l a u" schadlos. Im übrigen verfügten die Osmanen zu Kriegsbeginn über die ehemals deutschen Schlachtschiffe „Barbarossa Hairebbin" und„T0rgutReis" (ex „Kurfürst Friedrich Wilhelm" und „Weißenburg") von je 10 600 Tonnen Deplacement, armiert mit je 6 Stück 28 Zentimeter-- und 16 kleineren Geschützen, 17 Knoten, 700Mann; ferner über bas alte Panzerfchiff„M e s s u d i e h" (9200 Tonnen, 2 Stück 24 Zentimeter, 12 Stück 15 Zenti- meter), über drei geschützte Kreuzer, 7«eue, 25 ältere Kanonen-- boote, 12 moderne Zerstörer, 21 alte Torpedoboote und 8 Hilfsschiffe, darunter einen Minenleger. * 5 Die Einleitung des Feldzuges Englands und Frankreichs gegen die Türkei gestaltete sich lange Wochen hindurch recht zurückhaltend. Anfang November setzte der Dreiverband nach langen bombastischen Ankündigungen endlich eine Art Blockade der Dardanellen in Szene. Dieses Blockadegeschwader bestand aus dem Riesenpanzerkreuzer „I n d e f a t i g a b l e" als Flaggenschiff des Ober-Befehlshabers der Verbündeten, dem Schwesterschiffe „I n d 0 m i t a b l e", den drei Panzer-- kreuzern „W a r r i 0 r", „Black P r i n c e" und „Duke 0 f Edinburgh", den kleinen Kreuzern „D u b l i n" und „G l 0 n c e st e r" nebst 30 englischen und französischen