314 Der Krieg Einnahme der feindlichen Stellungen. Am Südwesthang des dem Campomolon vorgelagerten Coston d'Arstew traf eine 30,5 Zentimeter-Granate die Ecke einer italienischen Baracke, welche als Schlafraum und als Magazin verwendet wurde. Dort fand man 25 Leichen teils auf den Pritschen liegend, teils in einem Knäuel durch den Luftdruck zusammen-- geworfen. Die Holzbaracke war ganz aus den Fugen gehoben, die starke Verschalung abgeblättert. Nach dem Falle des Campomolon verlegte der Erzherzog Thronfolger sein Korps-Hauptquartier in den Hochwald an den Hängen des Plaut, wo bereits aus der Zeit des Stellungskrieges sich ein kleines Barackenlager befand. Zwischen Leno di Terragnolo und Leno di Vallarsa wurde das Col Santomassiv am 18. erreicht, am 19. genommen. Die Bemühungen der Italiener, uns den Weg durch das Vallarsa zu sperren, waren vergeblich gewesen. Um die Pazulhöhe hatte am 18. ein grausiger Kampf getobt, besonders um den Stützpunkt 865. Dann ward der Wider-- stand geringer. Auf den Pazulwänden hatten die Italiener feste Kasernen; die Unseren fanden dort noch an Seilen hängende Geschütze, die man der Infanterie nicht hatte nachbringen können. Mit Meilenarmen griffen unsere Granaten mit Sicherheit den Weg ab, im sogenannten Tal der Namenlosen fanden viele Hunderte ihr Grab. Bei der Malga Chesexle, einer aus Stein erbauten Sennhütte, sammelten sich die Reste und eilten, nachdem sie dort wieder ins Feuer unserer schweren Geschütze geraten waren und an dieser Stelle 300 Mann verloren hatten, die Gebirge hinauf zum Col fanto, zum Pafubio hinüber, über Monte Spil ins Tal und jenseits hinüber auf die Corni Zugua. Vom Monte Testo, einem steilen breiten Rücken, wurden sie im Sturm, der aus der Tiefe zu 2500 Meter ging, geworfen. Der Rückweg der Italiener im Vallarsa glich einer Aus-- lösnng. Einigemale bestimmten sie zur Deckung desselben eine einzelne Kanone, deren Bedienung schoß, bis die Unsern knapp heran waren und sich dann ergab. Zumeist aber ließen die Feinde ihre Geschütze einfach im Stich oder warfen sie in Klüfte. Bei solcher Flucht ist es kein Wunder, daß die Verfolger im Vallarsa 27 Geschütze, darunter 10 schwere erbeuteten, dann ganze Lager von Lebensmitteln, Kleidern, Stiefeln, besonders viele leichte und schwere Helme, Offiziers- pelze und Schlafsäcke, alles englisches Erzeugnis. Die schweren Helme von fast fingerdickem Stahl waren' für jene Patrouillen bestimmt, die aus der Stellung vor- geschickt wurden, um Stacheldrähte zu zerschneiden. Im Vallarsa kamen nun auch die Werke Mattassone und Val-- morbia wieder in unseren Besitz, die man bei Kriegsbeginn geräumt hatte, da sie nicht armiert waren. Die Italiener hatten in ersteres zwei 28 Zentimeter-Haubitzen einmontiert, welche sie beim Rückzug sprengten in das zweite zwei 21 Zenti-- meter-Haubitzen, die intakt gefunden wurden. Unsere Zement-- platten an den beiden Werken waren so fest, daß ihnen auch das stärkste Artilleriefeuer keinen Schaden zugefügt hatte. Die Einnahme des Col fanto von Norden her durch die Lenofchlucht war für unsere Truppen überaus anstrengend; es lag noch tiefer Schnee und die Italiener hatten auch in dieser Gegend zahllose versteckte Stützpunkte erbaut, die man oft erst gewahr wurde, wenn man dicht davor stand. Da mußten sich auch die Soldaten der Ebene als Berg- steiger erweisen. Den Eostoncino, eine vorgelagerte Höhe bezwangen Jnfanterieabteilungen. Jäger waren es wieder, die das Dörfchen Plache am Hange des Col fanto nahmen; sie umzingelten dort eine ganze Kompagnie Alpini. Den Gipfel gegen Italic«. des Col santo selbst nebst einer Batterie nahm Oblt. K n 0 b- loch mit zwei Kompagnien; eben hatten die überlebenden 40 Italiener die Geschütze unbrauchbar machen wollen. Im Ctschtal mußten die Italiener am 18. Mai Mori, am 19. Marco räumen, südlich der Zugna Torta wurde in diesen Tagen Kote 1515 erreicht. Lebhafte und erfolgreiche Kämpfe wurden im Räume des Armeuterrarückens geführt, wo die Italiener am 18. sechs vergebliche Angriffe führten und wo am 19. der Sasso alto in die Hände eines unserer Bataillone fiel, das die Feinde auf dem schmalen Felsgrat wütend anfiel und mit Bajonett und Steinblöcken vertrieb. Diese Erfolge südlich der Brenta gegen den linken Flügel der feindlichen Val-Suganagruppe verfehlten nicht, auf deren rechten Flügel nördlich des Flusses einzuwirken. Am 18. begann der Feind die von ihm besetzten Ortschaften niederzubrennen, welches Werk er am 19. fortsetzte. Ein großer Teil von Roncegno, der gegen Borgo gekehrte, wurde so ein Raub der Flammen. Auch in Borgo loderten die Feuersäulen auf. Da keine Zeit zum Abtransport der großen Lebensmittelmagazine war, steckten die Italiener auch sie in Brand. Sonstige Vorräte übergössen sie mit Petroleum. In Roncegno hatten die Italiener ärger als die Russen gehaust. Das Palace-Hotel, ein mit allem Komfort eines modernen Betriebes ausgestattetes Badehotel, in dem italienische Offiziere ihre Quartiere hatten, sah aus, als hätten Kosaken darin gewirtschaftet. Alles zerbrochen, vernichtet, be- schmutzt, die Fußböden aufgerissen, der Festsaal ein Pferdestall, die Möbel verstreut, aus den Teppichen überall Stücke heraus- geschnitten, nutzlos und zwecklos, nur um der Zerstörung willen. — Das Stück befreiten Suganatals wurde auch evakuiert. Man sah, wie die Bevölkerung in Scharen zu Wagen und zu Fuß flußabwärts zog und in der Brentaschlucht ver- schwand, ihrer Heimat gezwungen den Rücken kehrend. Der Rückzug des Feindes nach dem Becken von Borgo begann allgemein zu werben und nahm insbesondere im Maggiotal, wo die Einschließung drohte, den Charakter einer regellosen Flucht an. Alles drängte den starken Stellungen bei Borgo zu. Im Maggiotal ließen die Italiener alles stehen und verbrannten nur ihr Hüttenlager am Ausgang des Tals. Die Mannschaft warf von sich, was Gewicht hatte. Die Unsern drängten nördlich wie südlich der Brenta scharf nach. Die gesamte Artillerie feuerte, was die Geschütze hielten, in die flüchtenden und zurückgehenden Truppen und Wagenkolonnen. Die schweren Geschütze vom Panarotta und Monte Rover donnerten hinab ins Maggiotal und unsere Flieger umschwärmten unablässig die an der Brenta zusammengepreßten Massen von Fuhrwerken und Menschen. Der Feind erlitt schwere Verluste und große Einbußen an Kriegsmaterial. Das in den nächsten Tagen von unseren Arbeiterbataillonen gesammelte herumliegende Material füllte mehr als 30 Eisenbahnwagen. Unsere Verfolgung endete an den Stellungen von Borgo am eigenen rechten Flügel bei Olle, da der Feind noch den Gipfel des Armenterrarückens besetzt hielt. Auf dem Sella- plateau war der Feind völlig zusammengebrochen. Die Ver- nichtnng der Brigade Siena aber konnte dank der erfahrenen Führung und der Tüchtigkeit unserer kriegsgewohnten Truppen mit einem Verluste erkauft werben, der in keinem Verhältnis zu jenem der Italiener stand. Die Säuberung des Sellaplateaus kostete uns einen blutigen Verlust, der mit einer zweistelligen Zahl ausgedrückt lwerden kann. Bei diesem Erfolg wohl das höchste Lob für Führnng'nnd Truppe.