282 Der Krieg winterlichen Verhältnissen im Gebirge noch keineswegs an-- gepaßt. Sie trugen noch vielfach Sommermonturen, die Bersaglieri und Alpini ihre Radmäntel, die wenig Schutz gegen Kälte gewähren. Dabei waren unsere Truppen, die zum Teil den strengsten Winter auf den Karpathenhöhen miterlebt hatten, gegen Kälte weniger empfindlich als die Italiener. In den tieferen Lagen kam es zu einer Reihe größerer Kämpfe. Am y. September nachmittags griff der Feind den Tolmeiner Brückenkopf mehrmals heftig an. Er brachte seine 7. Infanteriedivision, eine Alpinigruppe und 2 Bersaglieri- bataillone ins Feuer, sein Angriff scheiterte aber unter schweren Verlusten an unseren Hindernissen. Das italienische Infanterieregiment Nr. 2? allein verlor dabei 1000 Mann. J.n Vrfitgebiete tobte der Kampf den ganzen 55. heftiger als je. Mieter schlug die brave St. Pöltener Landwehr den Angriff zurück und behielt alle Stellungen fest in der Hand; das Vorfeld war mit toten Italienern (über 500) bedeckt. — Auch am 12. und 14. griff der Feind im Flitscher Becken, sowie am Tolmeiner Brückenkopf vergeblich an, an letzterem sogar viermal an einem Tage; von Flitsch her versuchte er am 12. nach Südosten gegen den Javoröek und die Golobar planina vorzustoßen. Abgewiesen wiederholte er den Angriff an den folgenden Tagen nach Heranziehung großer Ver- stärkungen. Am 16. kamen die Italiener am Javoröek und Ravelnikberge nur bis auf 600 Schritt an unsere Drahte Hindernisse heran, am 17., an welchem Tage mehrere Linien hintereinander vorgingen, gelangte der Angriff an einer Stelle, nachdem die zurückflutende erste Linie von der nach- folgenden wieder vorgebracht worden war, bis auf 100 Schritt vor unsere Stellung, um dort unter schwersten Verlusten zusammenzubrechen; am 18. wurden die An-- greiser durch Haubitzpräzisionsfeuer zum Rückzug gezwungen. Auch am Vrsic wurde in diesen Tagen wieder gekämpft. Am 19. September gingen im ganzen Flitscher Becken die Reste der feindlichen Angriffstruppen aus unserem näheren Schußbereich in ihre alten Stellungen zurück; nur die Artillerie feuerte noch weiter. Ein paar am 28. und 29. nochmals gegen den Mrzli vrh und gegen das nördlich Tolmein gelegene Dolje angesetzte Angriffe wurden abge-- schlagen, dann ließ die Kampftätigkeit auch hier nach. Die ganze Aktion am oberen Jsonzo war vollständig gescheitert; sie hatte dem Gegner nur neuerliche vergebliche Verluste eingetragen, Allem Anscheine nach waren die im Feuer gewesenen Truppen energischen Anstrengungen nicht mehr gewachsen und mußten abgelöst werden. Was dem Gegner im September am oberen Jsonzo nicht gelungen war, sollte im Oktober und November durch einen mit Aufgebot aller Kräfte gegen unsere ganze Front gerichteten allgemeinen Ansturm zu erreichen versucht werden, der sich nicht auf die Isouzolinie beschränkte, sondern auch gegen Tirol und Kärnten angesetzt wurde. Die italienischen Machthaber wollten offenbar noch vor Einbruch des Winters um jeden Preis ein Ende machen. Schon am 3. Oktober betonte der Bericht unserer Heeres-- leituug, daß gewisse Bewegungen hinter der feindlichen Front und der lebhafte Verkehr auf den venezianischen Eisenbahn- linien ihrer Beobachtung nicht entgangen seien. Es waren die Vorbereitungen zur dritten Jsonzoschlacht. Für den allgemeinen Angriff am Jsonzo, mit welchem die Italiener diesmal auch kräftige Vorstöße an den übrigen Fronten verbinden wollten, wurde die Haüptkraft des feind¬ zen Italien. lichen Heeres eingesetzt. Zwischen dem Krngipfel und dem Meere wurden 9 feindliche Armeekorps mit zusammen 24 Infanteriedivisionen (gegen 17 in der zweiten Jsonzo-- schlacht) und zwei Alpinigruppen festgestellt. Diese Kräfte, welche der die Hochfläche von Doberdo angreifenden 3. Armee, GL. Herzog von A 0 st a und der nördlich anschließenden 2. Armee, GL. F r n g 0 n i angehörten, mögen bei Beginn der Schlacht etwa 320000 Feuergewehre, 1300 Feld-- und Gebirgsgeschütze und 180 schwere Geschütze gezählt haben. An der Kärntner Grenze standen verhältnismäßig schwächere feindliche Kräfte, an der Tiroler Front 4 Korps mit min- bestens u Infanteriedivisionen, die zusammen auf 120000 Gewehre, 700 leichte und gegen 100 schwere Geschütze geschätzt werden können. Der Angriffsraum im Küstenlande erhielt im Vergleich zum zweiten italienischen Angriff eine Aus- dehuung auf das Doppelte und erstreckte sich fast den ganzen Jsonzo entlang in einer Luftlinie von mehr als 60 Kilometer. Unsererseits war zu den die Verteidigung führenden Truppen seit dem 3. September das III. Korps hinzugekommen, welches die Positionen aufder Süd Hälfte des Doberdoplateaus besetzte, während das VII. die nördliche Hälfte zu vertei- digen hatte. * * * Man kann die Geschehnisse während der dritten Jsonzo- schlacht in drei Perioden einteilen: Vom 18. bis 20. Oktober die Artillerievorbereitung, zeitweise durch Jnfauterieaugrisse namentlich gegen den Nordwestrand des Doberdoplateaus unterbrochen; vom 21. bis 28. allgemeiner Ansturm auf unsere ganze Front vom Krn bis zum Meere; dann nach ein paar Tagen verhältnismäßiger Ruhe die heißesten Kampftage am Görzer Brückenkopf am 1., 2. und 3. November. Am 18. Oktober, einem wunderschönen Herbsttage, be- gann um 12 Uhr mittags die große Kanonade der Italiener, die sich stellenweise zum Trommelfeuer steigerte, aus Ge- schützen aller Kaliber; auch 34 Zeutimeter-Granaten kamen zum erstenmal zur Verwendung. Die italienische Artillerie arbeitete wieder vorzüglich; wie präzise sie eingeschossen war, zeigten die Reihen von Granattrichtern, die sich vor unseren Stellungen hinzogen. Trotzdem war die Wirkung im Ver- hältnis zum Munitionsaufwand — auf Duino und Sistiana allein fielen am 18. Oktober 480 Granaten — nicht bedeutend, weit geringer als in der ersten und zweiten Jsonzoschlacht. Unsere Truppen hatten eben ihre Deckungen seit August noch weit stärker ausgebaut und gelernt, sich auch gegen über- rafchend einsetzendes Artilleriefeuer zu schützen. Während des Bombardements hielten sich die Mannschaften in den bombensicheren Unterständen auf und erst wenn die Kanonade verstummte, krochen sie eilig in ihre Gräben zurück, denn dann wußte jeder, daß binnen wenigen Minuten der In- fanterieangriff zu erwarten sei. Die Italiener gingen denn auch mit Zuversicht die während der Artilleriebeschießung verödeten Gräben an. Nach Gefangenenaussagen hatten ihnen ihre Offiziere versichert, daß dort alles durch die Be- schießung getötet sei und sie nur die leeren Stellungen zu besetzen brauchten. Die italienischen Truppen haben sich im allgemeinen auch in dieser Schlacht wieder mit großer Bravour geschlagen, was ja am besten daraus hervorgeht, daß sie trotz den enormen Verlusten die Stürme tagelang immer wieder erneuerten. Am 21. Oktober vormittags begann das Anstürmen der italienischen Hauptkräfte gegen fast alle unsere Stellungen. Auf dem Krn, am Tolmeiner Brückenkopf und namentlich am Plateaurande von Doberdo wurde erbittert gekämpft.