Das Rückgrat der Dauerfront im Osten Sein Aufbau Juni 1915 bis Mai 1916 Von General d. R. Ing. Emil Ratzenhof er Mit Tafel XIV Der gewesene Präsident des deutschen Reichsarchivs GM. v. Mertz nannte das deutsche Feldeisenbahnwesen „Rückgrat und Lebensader der gemeinschaftlichen Verbindungen der Mittelmächte" und die Schienen¬ wege „eiserne Klammern im operativen Zusammenhalt der Verbün¬ deten"1). Diese Vergleiche gelten für alle Staaten und Heere. Bei gebrochenem oder geschwächtem Knochengerüst versagen auch die muskulösesten Glieder ihren Dienst. Daher herrschte zu jener Zeit hinter den Fronten eine vielseitige Tätigkeit, um den Transportapparat den jeweiligen Be¬ dürfnissen anzupassen. Gerieten die Fronten in Bewegung, so verviel¬ fachten sich die Aufgaben. Die am weitesten Raum gewinnende Offen¬ sive des Weltkrieges — eingeleitet mit der Durchbruchschlacht bei Gor- lice—Tarnów — stellte daher auch dem Feldeisenbahnwesen mannig¬ faltige und große Aufgaben in weitgespanntem Gebiet. Von ihrer guten und vor allem von ihrer zeitgerechten Lösung hing gar oft die Angriffs¬ und Widerstandskraft der Armeen, das Schicksal von Feldzügen ab. Wenn rückschauend die Lösung der großen Verkehrsfragen an der Ostfront erfaßt werden soll, ist zunächst ein Blick auf das permanente Bahnnetz im Nordosten der Donaumonarchie und im gegenüberliegenden Teil von Rußland, dann ein Blick auf die Bemühungen der vorgedrun¬ genen Russen zur Bewältigung ihres Nachschubes durch den polnisch- galizischen Grenzstreifen, endlich eine kurze Übersicht des Fortganges der großen Offensive geboten, um die Kernfrage zu erkennen, die von den Jahresmitten 1915 bis 1916 dort zu lösen war. Skizze 1 zeigt den Kampfraum am 2. Mai 1915 und nach Erreichung der Dauerfront und schematisch das permanente Bahnnetz. a) Kennzeichnung des österreichischen Friedensnetzes (siehe Skizze 1, schwarz, auf Tafel XIV). Das Friedensbahnnetz nach Mittel- und Ostgalizien hatte vom mili¬ tärischen Standpunkt vor allem der kriegseinleitenden Kräfteversamm- 1) „Das deutsche Feldeisenbahnwesen", bearbeitet im Reichsarchiv (Potsdam), Berlin 1928, Mittler Sohn, I. Band, Seite V.