Neun Tage im Schützengraben
Montag, den 2. November 1914
©estern bei goldleuchtendem Herbstwetter aus
Lille abmarschiert. Eine große Hoffnung er¬
füllte unser Bataillon. Am Vormittag war Ma¬
jestät im Auto durch die Stadt gefahren, und es
war die Möglichkeit gegeben, daß wir unserm Aller¬
höchsten Kriegsherrn begegneten. Auf diesem
Marsch war es kein einziges Mal notwendig, in
die Kompagnie ein „Vordermann!" oder „Aus¬
bleiben!" oder „Rechts heran!" hineinzuschreien.
Meine Landwehrleute marschierten, als ob sie
zur Parade durch die Friedrichstraße zögen.
In der weiteren Umgebung von Lille hat der
Kanonendonner nie geschwiegen. Nun näherten
wir uns ihm mit jedem Kilometer Marsches. Die
durch pausenlosen Wachtdienst angestrengten
Mannschaften hielten sich bis zum Einbruch der
Dunkelheit famos. Erst als die Aussicht, dem
Kaiser eine bildschön ausgerichtet marschierende
märkische Landwehrtruppe zu zeigen, gänzlich da¬
hinschwand, der Mond sich hinter Wolken ver¬
kroch und auf der engen, von Kolonnen vielfach
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