Arbeiter, der nichts weiter hatte als seine Arbeitskraft, auf deren Verwertung er angewiesen war und der in der nächster: Woche schon dem Mangel in die Augen sah, wenn er sie in dieser Woche nicht verwerten konnte. Entsprecherrd diesem Machtverhältrris war das Arbeitsverhältnis unter der Geltung des freien Vertrages der Eirrzelpersonerr der Ausdruck der unbestrittener: Abermacht des Be¬ sitzes — es war das, was der Stärkere aus ihm machen wollte, und der Stärkere war irr 999 von 1000 Fällen der Arbeitgeber. Die Zeit der Herrschaft des freien Arbeitsvertrages war darum die Zeit des sozialen Tiefstandes der Arbeiterklasse. In stetem Kampfe mit der Sorge um derr rrotwendigen Lebensbedarf lebte sie in eirrer, aller Hoffnungen rrnd Ideale baren Dürftigkeit. Bei ge¬ ringen Löhnen, unter der Wirkung überlanger Arbeitszeit, mit eirrem Nachwuchs, dem die Lohnarbeit schon die zarten Iugendjahre verkümmert hatte, verelendete sie körperlich und verfiel mit der sitt¬ lichen Verwahrlosung der gesellschaftlichen Ächtung. Diese Ent¬ wicklung fand ihr rratürliches Gegenstück in der Ausprägung jenes Typs des selbstherrlichen Arbeitgebers, her in dem Verlangen der Arbeiter, über das Arbeitsverhältnis wirklich als gleichberechtigte Partner zu verharrdeln, eine herausfordernde Auflehnung gegen alte geheiligte Ordnung sah. Als darum die Gewerkschafter: mit diesem Anspruch auftraten, war es selbstverständlich, daß sie damit auf den heftigsten Widerstand des Arbeitgebers stießen. Eine Ära erschütternder Kämpfe um das Arbeitsverhältnis begann. Diese Kämpfe wäre,: eine durchaus natürliche Erscheinung, die keinem Lande erspart bleiben kann, das mit seiner Wirtschaft in den Kapitalismus und den Weltverkehr hineinwächst. Für Deutschland aber erhielte,: diese Kämpfe eine besondere Zuspitzung, die dem Ver¬ hältnis der Arbeiterklasse zu den wirtschaftlichen und politischer: Machtfaktoren einen Grad von Feindseligkeit gab, der weit über das hinausging, was in dieser Einsicht andere Länder erfahre,: rnußten. And hier begirmt das besondere deutsche Schicksal seine Wirkring auf das Verhältnis der Gewerkschaften zum Arbeitgeber- tum und darüber hinarrs auch zur Staatsgewalt auszuüben. Deutsches Schicksal war es, daß unser Land durch eine unheil¬ volle Verknüpfrrng mehrerer Amstände gegenüber den anderen großer: westeuropäischen Ländern mit seiner Wirtschaft stark ins Hinter¬ treffen kam. Winnig, Die deutschen Gewerkschaften im Kriege 2 17