87 Zweiter Zeitraum, Das Zeitalter der Reformation, Einfluss der Buchhändler auf die schnelle Verbreitung der Lehre Luthers in Oesterreich. Die religiösen Ansichten Luthers hatten sich in Oesterreich sehr frühe und mit reissender Schnelligkeit verbreitet. Schon im April 1520 constatirte die theologische Facultät in Wien, dass dort an verschiedenen Orten Schmähschriften gegen den katholischen Glauben gedruckt und unter dem Volke verbreitet würden; endlich müsse einmal in dieser Sache etwas geschehen ’). Das deutet offen darauf hin, dass es schon längere Zeit so ging. Der Statthalter, der Rector der Universität, alle Facultäten mit Ausnahme der theologischen, ein grosser Theil der Bürger und des Volkes waren den religiösen Neuerungen bereits damals entschieden zugethan2). Im Jahre 1524 hatte Ferdinand I. sich bereits eingestehen müssen, dass das Lutherthum fast in allen Orten des Erzherzogtumes täglich mehr in Aufnahme komme. Die anno 1528 durch den Bischof von Wien veranstaltete Kloster¬ visitation erwies, dass Luther auch in den Klöstern zahlreiche Anhänger hatte3). Das Hauptverbreitungsmittel seiner Lehre in Oesterreich war der Buchhandel. Die Wiener theologische Facultät hatte schon 1520 gegen einheimische und wandernde Buchhändler strenge Massregeln beschlossen. Anfangs März 1523 sagt Ferdinand I. in dem Edict, worin er die Verbreitung Lutherischer Schriften verbietet: „So ist doch öffentlich vor Augen und männiglich gut wissend, dass obbemeltt Luthers und seiner Nachfolger Schriften, Bücher und Lehren wider Päbstlich ') Kink Gesch. d. Universität Wien I. Beilagen S. 120. — 2) Kink 1. c. 338—248 und Beilagen. — 3) 1. c. I. Beilagen S, 133 und Grandtext 249.