Wilhelm Miller
geboren am 23. März 1838 zu Linz, trat nach Absolvierung der Gymnasial
studien daselbst in das Lhorherrnstift St. Florian, wurde am 26. Juni 1863
zum Priester geweiht, und wirkte einige Zeit als Professor am Diöcesan-
Regular-Seminar daselbst, gegenwärtig Pfarrer in 5t. Peter am Windberg
im Mühlkreise. Mehrere Bändchen Jugendschöffen und eine eingehende
Biographie von I. Stülz sind von ihm erschienen, pailler, ein tüchtiger
Renner der volksthümlichen und religiösen Dichtung seiner Heimat, sam
melte mit regem Fleiße die Weihnachtslieder und Rrippensxiele derselben,
die er in seinem zweibändigen Hauptwerke „Weihnachtslieder und Rrixpen-
spiele aus Oberösterreich und Tirol", Innsbruck, wagner'sche Universitäts
Buchhandlung 1883, veröffentlichte.
Die reinste Perle volksthümlicher religiöser Poesie in der Sammlung
ist das St Oswalder Spiel, genannt nach dem Fundorte St. Oswald
bei Aigen im Mühlkreise, einem rauhen, weltabgelegenen und deswegen
noch ursprünglichen Berglande an den Südausläufern des Böhmerwaldes.
Spätere Zuthaten, namentlich eine große Anzahl von hochdeutschen Lstrten-
liedern, lassen noch, wie Pailler schön sagt, „den alten echten Goldstoff
durchschimmern." Das Spiel umfaßt die gewöhnliche Rrippel-Trilogie:
Hirtenspiel, Rindermord, Dreikönigspiel; dazu noch als Einleitung Mariä
Verkündigung und Herbergsuchen. Eröffnet wird es durch einen Prolog
des „Ralfas", des alten Reetor Nuntius, i. e. Lrklärers und Anordners der
ganzen Aufführung, der jedem seinen Platz anweist, die Handlung erläutert
und schließt. Er ist identisch mit dem Hohenpriester Raiphas, wie denn
auch Annas eine Stelle spielt als „Tragant" d. i. Trabant, treuer Begleiter
und Waffenträger des Merodes. Beide erscheinen aber hier, dem gutmüthigen
Charakter des Bergvolkes entsprechend, als ehrbare gottesfürchtige Leute,
selbst der Tyrann Merodes ist im Grunde „ein guter Rerl".
Eine Eigenthümlichkeit sind die tanzenden Juden, anscheinend ein
ganz fremdartiges Element, aber nichts anders als der echt volksmäßige