Den kästen wurde aber auch nicht wenig geboten. Kaiser Stanz, sonst überaus sparsam, halte diesmal keine Kosten gescheut, und ihm folgte darin der gesamte österreichische und ungarische Mel. Die ganze Kongretzzeit war denn auch nichts anderes als ein ununterbrochenes und überaus glänzendes Seit. Silles, was man in jener Zeit an Uer- gnügungen und Schaustellungen kannte, wurde aufs prachtvollste und kostbarste arrangiert: fabelhafte Kalle und Soupers, öffentliche Uolks- bewirtungen, Monsterkonzerte mit Beethoven als Dirigenten, „Raroussels" (unter denen man damals eine andere und wesentlich kostspieligere Sache verstand als heutzutage), Schlittenfahrten, lebende Bilder, Wett¬ rennen, Lruppenrevuen, Jagden, Illuminationen, pirutschaden; Opern im Kärntnertortheater, Lustspiele im Burgtheater, Ballette im Wiedener Cheater, Possen auf der Landstraße, Staberl in der Leopoldstadt, Kaimund in der Jofefftadt; die Straßen Lag und Dacht voll von Equipagen, Dandys, Livreedienern, Musikbanden, Kokotten, Sackeiläufern, Militärs aller Länder: nichts erinnerte daran, daß die Menschheit einen zwanzig¬ jährigen Weltkrieg hinter sich hatte. Man wollte vergessen, und es gelang auch eine Zeit lang. Aber plötzlich meldete sich die Realität der Latsachen sehr energisch zum Wort und brachte diesen fünf Monate währenden Sasching zu einem unerwarteten Mschlutz. Um II. März war großer Ball beim Sürsten Metternich, plötzlich verbreitet sich die Dachricht: „Er ist in Srankreich." Er — jedermann wußte, wer damit gemeint fei: er, der es verstanden hatte, mit der magischen Kraft eines Hypnotiseurs dieses unruhige, eitle, reizbare und bravouröse Uolk der Sranzosen zu einheitlichen Stotzwirkungen zusammenzufassen, denen ganz Europa nicht zu wider¬ stehen vermochte. Der tanz wurde abgebrochen, die Unterhaltung ver¬ stummte: vergeblich spielte das Orchester weiter: es war wie bei der Katastrophe der „Citanic“. Wortlos verließen die Monarchen das Seit; die übrigen Käste folgten. Die Lichter erloschen, die Stadt lag in angstvollem Dunkel: es war wieder Weltkrieg. So endete der große Wiener Kongreß. 36