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BUNDESARCHIV
Koblenz, im Januar 1956
Das große vom ehemaligen Reichsarchiv begonnene Gesdiichtswerk „Der Weltkrieg 1914—1918“ ist bisher Torso geblieben. In der Zeit von 1925 bis 1939 waren 12 Bände erschienen. Davon wurden die ersten neun vom Reichsarchiv, die folgenden drei von der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres1) in Potsdam bearbeitet und herausgegeben. Die beiden letzten Bände XIII und XIV des Gesamtwerkes sind bis zum Schluß des 2. Weltkrieges nicht mehr zur Kenntnis der Öffentlichkeit gelangt.
Band XIII, der die Operationen im Westen während des zweiten Halbjahres 1917 sowie die Ereignisse auf den anderen Kriegsschauplätzen bis zum Kriegsende 1918 enthält, war allerdings schon 1942 fertiggestellt. Die Kriegsgeschichtliche Forschungsanstalt übernahm von der Auflage 1500 Stücke. Sie trugen am oberen Rande des Titelblattes den für eine solche Publikation ungewöhnlichen Aufdruck „Nur für den Dienstgebrauch“ und wurden daher nur einem dienstlich begrenzten Empfängerkreis zugänglich gemacht. Von diesen Bänden ist der größere Teil ausgegeben worden. Die übrigen Stücke wurden von der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt eingelagert und sind bei der Zerstörung des Heeresarchivs Potsdam im Frühjahr 1945 mitverbrannt8). Auch der Rest der nicht ausgelieferten Auflage ist nach Mitteilung des Verlages E. S. Mittler & Sohn vernichtet worden.
Band XIV war ausschließlich den Vorgängen des letzten Kriegsjahres 1918 an der Westfront vorbehalten. Er mußte also auch das sdiließlidie Versagen
1) Sie ist unmittelbar aus der Historisdien Abteilung des Reidisarchivs hervorgegangen, die am 1.4. 1935 als „Forschungsanstalt für Kriegs- und Heeresgeschichte“ dem Reichswehrminister (seit 21. 5. Reichskriegsminister) unterstellt wurde. Am 1. 4. 1937 trat sie als „Kriegsgesdiiditlidie Forschungsanstalt des Heeres“ unter den Befehl des Oberbefehls-
haber des Heeres als nachgeordnete Dienststelle des Chefs des Generalstabes des Heeres.
*) Nach mündlichen Erklärungen des ehemaligen Präsidenten der Kriegsgesdiichtlichea
Forschungsanstalt Professor Wolfgang Foerster und des jetzigen Archivdirektors
Dr. Bernhard Poll in Aachen. — Die meisten der ausgegebenen Bände dürften in
Kriegs- und Nachkriegszeiten verloren gegangen sein. Ein Stück dieser Reihe, aus der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt stammend und mit der aufgedruckten laufen-
den Nr. 9 versehen, konnte nach dem 2. Weltkrieg vom Bundesarchiv erworben werden;
es liegt dem hier folgenden Nachdruck zugrunde.
der militärischen Widerstandskraft, die mit dem Waffenstillstandsersuchen zusammenhängenden Fragen und den erfolglosen Ausgang der Operationen behandeln. Darum richtete sich auf ihn in besonderem Maße und weit über den Kreis nur kriegsgeschichtlich interessierter Fachleute hinaus die Erwartung von Politikern und Historikern und von breiteren Schichten der Öffentlichkeit. Der Band wurde 1942/43 in die Setzerei gegeben, aber vor dem Zusammenbruch nicht mehr vollendet. Doch liegen mehrere Satzumbrüche und zwar aus aufeinanderfolgenden Korrekturstadien vor. E i n Umbruch befindet sich heute noch in amerikanischer Hand; er weist zahllose, in bestimmten Abschnitten erhebliche handschriftliche Änderungsvermerke auf3). Einen späteren Umbruch, in dem jene Änderungen schon berücksichtigt sind, besaß Professor W. Foerster; er hat ihn dem Bundesarchiv zur Veröffentlichung überlassen. In diesem Umbruch ist noch eine Reihe von Korrekturen „letzter Hand“ enthalten4).
Das Bundesarchiv, das in seinem Militärarchiv die Nachfolge der früheren Wehrmachtarchive angetreten hat, unternimmt es in Verbindung mit dem Verlag Mittler & Sohn, die beiden Bände im Nachdruck der wissenschaftlichen Forschung zu erschließen. Im Heeresarchiv Potsdam gingen am 14. April 1945 sämtliche archivalisdien Quellen der preußisdi-deut-schen Heeres- und Kriegsgeschichte unter — ein Verlust von unermeßlicher geschichtlicher Bedeutung! — und mit ihnen die schriftlichen Zeugnisse aus dem 1. Weltkrieg5). So haben denn das Weltkriegs werk und namentlich die Bände XIII und XIV, als eine mit amtlicher Genauigkeit erstellte Wiedergabe des Akteninhalts betrachtet und gewertet, das Wesen einer abgeleiteten Geschichtsquelle angenommen. Und zwar einer Überlieferung, deren Grundlagen bereits vernichtet sind. Dies allein schon würde die Veröffentlichung der Schlußbände jenes großen Unternehmens rechtfertigen, das einen rühmlich anerkannten Platz in der Reihe der „Generalstabswerke“ der am Kriege beteiligten großen Mächte behauptet.
Auf eben diese wissenschaftliche Bedeutung des Weltkriegs Werkes und auf die Dringlichkeit seines baldigen Abschlusses, solange nämlich noch die Probleme jener Jahre den Forscher zeitgeschichtlich erregen, solange noch die
3) Man kann von ihm einen Mikrofilm bei der Library of Congress in Washington erwerben.
4) Die Akten der Kriegsgeschiditlidien Forschungsanstalt des Heeres sind nach der Einnahme Potsdams von der Besatzungsmacht beschlagnahmt worden. Ob sich in diesem Bestand neben den Vorarbeiten der Angehörigen der Forschungsanstalt zu Band XIII und XIV auch noch Drucke, Fahnen, Umbrüche dieser Bände befinden, ist hier nicht bekannt.
5) Vgl. Bernhard Poll : Vom Schicksal der deutschen Heeresakten und der amtlichen Kriegsgeschichtsschreibung. In: Die Welt als Geschichte, 1952, S. 61 ff.
ältere Generation sich aus eigenem Erleben dazu äußern kann und ehe andersartige Publikationsaufgaben in den Vordergrund treten, ist von vielen Seiten hingewiesen worden6).
Das Werk ist das Ergebnis kriegsgeschichtlicher Forschung. Unter diesem Gesichtpunkt sind auch die beiden Schlußbände zu lesen und zu würdigen, keineswegs ausschließlich, aber doch in erster Linie. Sie gehen also zunächst den Soldaten, den militärischen Fachmann an. Für ihn ist der Inhalt allerdings nur noch von historischem Interesse. Er kann ihm kaum etwas für die völlig verwandelte Kriegstechnik der Gegenwart entnehmen. Aber die Ableitung von „Lehren“ war auch nie von den Bearbeitern zum unmittelbaren Zweck der Weltkriegsdarstellung erhoben worden; das hätte die Vorurteilslosigkeit ihrer wissenschaftlich-geschichtlichen Forschung gestört7). Die in den letzten beiden Bänden vorgenommene Zusammenpressung eines gewaltigen Stoffes läßt vielleicht sogar das militärische Anliegen an eine solche Arbeit etwas zu kurz kommen.
Die Kriegsgeschichte ist aber in die allgemeine historische Wissenschaft eingebettet. Und gerade bei diesen Bänden tritt die unentrinnbare Verflechtung des modernen „totalen“ Kriegsgeschehens mit allen Problemen der inneren und äußeren Politik zutage. Die Oberste Heeresleitung hat in den letzten Kriegsjahren auf alle Lebensgebiete des deutschen Volkes einen maßgeblichen Einfluß ausgeübt. Die auf ihren Akten aufbauende Darstellung ist daher auch für den politischen Historiker von ausnehmender Bedeutung. Dies gilt durchaus nicht bloß für die Abschnitte zusammenfassender Betrachtung, zumal in ihnen die persönlichen Auffassungen der jeweiligen Bearbeiter stärker zu Worte kommen. Der Historiker kann auch aus dem Bericht von Tatsachen rein militärischen Charakters, wie etwa Nachschub- und Ersatzschwierigkeiten oder Verlusten, kritische Rückschlüsse ziehen und darauf sein eigenes Urteil über Vorgänge oder Maßnahmen jener Jahre gründen. In jedem Fall wird er feststellen müssen, daß der Kriegsgeschichtler in den beiden Bänden seinen wesentlichen Beitrag zur Beantwortung wichtiger, durch die gesdiicht-
6) Erwähnt sei eine Kundgebung vom 6. März 1954, die von sechs Göttinger Professoren unterschrieben ist (P. E. Schramm, W. Treue, Wittram, Kaehler, Bußmann, Hubatsch}. — Der Nachdruck der beiden Bände war schon lange zuvor mit besonderem Eifer von Präsident Foerster, Admiral A ß m a n n und Professor Walther Hubatsch betrieben worden; ihren Bemühungen zollt das Bundesarchiv dankbare Anerkennung.
*) Dies ist in einer Ausarbeitung gesagt worden, die bei der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt im Herbst 1944, nach Abschluß der Arbeiten zum letzten Bande und im Zuge eines umfassenden Rückblicks auf die Herausgabe des Weltkriegswerks, über die dabei angewandten Forschungsmethoden und gewonnenen Erfahrungen gefertigt wurde. Ein maschinegeschriebenes Manuskript der Ausarbeitung befindet sich im Besitz W. Foersters, eine Fotokopie davon im Bundesarchiv.
liehe Wende des verlorenen Krieges heraufbeschworener Fragen unseres politischen Daseins geliefert hat. An solchen Fragen: „versäumter Verständigungsfriede?“, „falsches Verhältnis zwischen politischer und militärischer Führung?“, „Dolchstoß?“, „im Felde unbesiegt?“ usw., haben sich schicksalhafte innenpolitische Auseinandersetzungen nach dem ersten Weltkrieg entzündet; die unterschiedliche Einstellung dazu hat die staatspolitische Haltung weiter Volksschichten bestimmt. Um so mehr dürfte der Historiker der Gegenwart die Veröffentlichung der Schlußbände des Weltkriegswerkes auch als einen Beitrag zur Erforschung und Klärung unserer Zeitgeschichte begrüßen.
Dabei werden diese vor der Katastrophe von 1945, vor der großen Umwertung so vieler Überlieferungen geschriebenen Bände in den Augen des Forschers heute selbst schon wieder zeitgeschichtliche Quelle und Gegenstand quellenkritischer Prüfung, etwa inwiefern darin noch eine von 1914/18 her fortwirkende militärpolitische Tradition, eine bestimmte Tendenz, eine Geschichtslegende aufspürbar ist. Das erhellte blitzartig die Kontroverse, die durch die Aufsätzewon Alexander Griebel: „Geschichte — n. f. D.“ und „Geschichte — Geheime Kommandosache“ in der Deutschen Rundschau ausgelöst wurde8). Wichtiger als das, was A. Griebel dem Bande XIII über die Verständigungsmöglichkeit zwischen den Kriegsgegnern 1917 entnahm, war der von F.T. Epstein beigesteuerte Nachweis, daß in dem ihm zur Verfügung stehenden Umbruch des Bandes XIV noch erhebliche Textänderungen gerade bei den politisch bedeutsamen Ausführungen über die von Ludendorff verlangte Aufnahme von Waffenstillstandsverhandlungen vorgenommen worden sind. Er ersah daraus, daß in diesem Stadium der Drucklegung der „Chefredakteur“ noch einmal die Wahl jeden Wortes aufs genaueste erwogen und mit der neuen Nuancierung die Absicht herausgekehrt habe, so viel Verantwortung wie möglich auf die Reichsregierung abzuwälzen. W. Foerster
8) An ihr beteiligten sich W. Foerster und Fritz T. E p s t e i n - Washington: Deutsche Rundschau 1950 S. 167 ff., 1952 S. 1024 ff., 1953 S. 187 ff.; ferner Helmut Gr ein er: Allgemeine Zeitung, Wiesbaden, 12. Juni 1950. — Foerster und Gr ein er haben Griebels Vermutungen, daß der Vermerk über dem Bande XIII innenpolitisch begründet gewesen sei, zurückgewiesen und außenpolitische Rücksichten dafür als maßgebend bezeichnet. Professor W. Foerster hat kürzlich dem Bundesarchiv noch einmal schriftlich mitgeteilt, daß die eingeschränkte Herausgabe des Bandes „auf Veranlassung des Auswärtigen Amtes vom Beauftragten des Führers für die militärische Geschichtsschreibung, General Scherfs, angeordnet worden ist“. Eine weitere Klärung des merkwürdigen Verfahrens wäre vielleicht aus den für uns noch nicht wieder greifbaren Akten des Auswärtigen Amtes und den Akten der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt zu erreichen. — Hitler selbst hat dem Weltkriegswerk niemals Beachtung geschenkt; von Göbbels sind den Publikationen der Forschungsanstalt Hemmnisse nicht in den Weg gelegt worden (W. Foerster).
hat sich entschieden dagegen verwahrt, daß jene Änderungen eine Entlastung des Großen Hauptquartiers bezwecken sollten. In seinem Buche über Ludendorff im Unglück8) führe er ja selbst noch einmal den Beweis, daß tatsächlich die Oberste Heeresleitung für das Friedens- und Waffenstillstandsangebot verantwortlich sei. Aber Epsteins Beobachtungen waren damit nicht gegenstandslos geworden.
Seit den parlamentarischen Untersuchungen über die Ursachen des Zusammenbruches 1918 hat die in mancherlei Veröffentlichungen zutage getretene „Generalstabshistoriographie“ den Widerspruch von Politikern und Histc rikern hervorgerufen. Im Kern aller gegen sie erhobenen Vorwürfe steht die Dolchstoßlegende. So ist es verständlich, daß gegen die Herausgabe der Schlußbände des Weltkriegswerkes durch das Bundesarchiv ebenfalls Bedenken laut geworden sind, zumal in jener Kontroverse wieder einige der alten Streitpunkte aufgerührt worden waren. Man fürchtete den in der politischen Öffentlichkeit vielleicht entstehenden Eindruck, daß damit die Wiedererrichtung und Rechtfertigung eines überholten Geschichtsbildes altmilitärischer Tradition bezweckt werden solle. Die Frage wurde gestellt, ob das Bundesarchiv überhaupt nachträglich einer Publikation zum Leben verhelfen dürfte, deren Ergebnisse es nicht in vollem Umfange sich zu eigen machen könne, weil sie nicht den heutigen Stand der Forschung und der politischen Erkenntnis enthielten.
Der Entschluß zur Herausgabe der militärischen Darstellung der letzten anderthalb Kriegs jähre 1917 und 1918 gründet sich auf die quellenhafte und allgemeingeschichtliche Bedeutung, die ihr innewohnt. Diese und keine andere Überlegung verpflichtet uns, ein so großes wissenschaftliches Unternehmen wie dasWeltkriegswerk, nachdem die Entscheidung über sein Schicksal dem Bundesarchiv zugefallen ist, im letztmöglichen Zeitpunkt doch noch zum Abschluß zu bringen. Aus der positiven allgemeingeschichtlichen und wissenschaftlichen Wertung darf allerdings keine innere Übereinstimmung des Bundesarchivs mit dem Urteil gefolgert werden, das die Bearbeiter und Redaktoren der beiden Bände über einzelne Vorgänge mit politischem Gehalt gewonnen und geäußert haben. Auch die seelische oder politische Gesamthaltung der Verfasser gegenüber dem Stoff, von der ihr Urteil über geschichtliche Zusammenhänge getragen war, ist nicht
9) Wolfgang Foerster : Der Feldherr Ludendorff im Unglück. Eine Studie über seine seelische Haltung in der Endphase des ersten Weltkrieges. Wiesbaden: Limes Verlag (1952). — Die Studie ist (wie andere unveröffentlichte) aus den Vorarbeiten für den Band XIV hervorgegangen und war bereits 1943 in Maschinenschrift bei einer Reihe von Generalstabsoffizieren umgelaufen. Vgl. hierzu auch Siegfried A. K a e h 1 e r : Zur Beurteilung Ludendorffs im Sommer 1918. In: Nachrichten d. Göttinger Akademie d. Wiss., Phil.-Histor. Klasse, 1953 Nr. 1 S. 1 ff.
die des heute rückschauenden Betrachters. Der Sonde zeitgeschichtlicher Kritik bietet sich also nicht bloß die Auffassung und Behandlung einzelner Geschehnisse durch den Kriegsgeschichtler an; sie wird bis auf die Wurzeln dieser Geschichtsschreibung geführt werden müssen. Dem politischen Historiker tut sich — wir sagten es schon — in der Veröffentlichung eine doppelte Forschungsmöglichkeit auf: die Geschichte des Weltkriegs selbst und ihre Spiegelung in der militäramtlichen Darstellung. Von solchem Standpunkt aus lassen sich zuweilen die nackten Tatsachen, die in den schildernden Partien der Bände objektiv aufgeführt werden, gegen die Beurteilung der Vorgänge durch die Verfasser ausspielen. Der auf den letzten Bogen des XIV. Bandes zweimal, wenn auch in vorsichtiger Abschwächung gebrauchte Begriff des Dolchstoßes findet beispielsweise nicht nur keine Rechtfertigung in den Darlegungen der vorausgehenden Kapitel, sondern wird u. E. von ihnen auch unmittelbar widerlegt.
Es wäre aber abwegig, dem Werke der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt eine bewußte Tendenz unterzuschieben, die sich gegen die Freiheit der Forschung und die (subjektive) Wahrheit der Darstellung auswirkte. In diesem Falle wäre die Herausgabe der beiden Bände durch das Bundesarchiv nicht in Frage gekommen. Ihre Bearbeiter und Redaktoren würden ohne Zweifel jede Verdächtigung, daß sie in ihren Formulierungen Zugeständnisse an ein politisches System gemacht oder absichtlich einer parteilichen Einstellung Raum gegeben hätten, weit von sich weisen. Sie würden für sich in Anspruch nehmen, daß die Darstellung nur ihre in langjähriger Forschung, methodisch einwandfrei und unbeeinflußt erarbeitete wissenschaftliche Überzeugung von Ursachen und Hergang der Geschehnisse enthalte. In der Ausarbeitung des Herbstes 1944 über die im Weltkriegswerk angewandten Forschungsmethoden und gewonnenen Erfahrungen10) ist dies eingehend erläutert worden.
Das Problem ruht in tieferen Schichten. In jenen methodischen Erörterungen klingt an einigen wenigen Stellen ein Ton auf, der uns der Lösung näherzubringen vermag. „Es galt“ — so heißt es dort — „eine . . . dem Andenken unseres ehemaligen Heeres und seiner Taten in jeder Hinsicht würdige Darstellung zu schaffen.“ Sie hatte „dem Ansehen des alten Heeres in seiner Gesamtheit Rechnung zu tragen und seinen Ruhm der Nachwelt zu überliefern“. Das muß uns hellhörig machen für Gefahren, denen die Bearbeiter des Weltkriegswerkes durch ihr Befangensein in der berufsständischen Tradition, durch das Fortwirken eines militärischen Korps- und Frontgeistes ausgesetzt waren. Die Angehörigen der Forschungsanstalt haben die
"») Vgl. Anm. 7.
Mitarbeit eines „politisch aufgenötigten“, „heeresfeindlichen“ Zivilhistorikers und zugeteilter nichtmilitärischer Beamter als Fehlschlag angesehen. Aber umgekehrt erhebt sich die Frage, ob der objektiven Erkenntnis, zumal der politischen Zusammenhänge, die Beschränkung auf militärische Bearbeiter und ihre Vereinigung in einer Forschungsanstalt, deren spätere Wiedereingliederung in das Militärressort die berufsständische Abkapselung nur noch einmal bestätigte, wahrhaft nützlich gewesen ist. Hier lag ein Schwächepunkt für die kritische Behandlung bestimmter Überlieferungen und Geschichtsbilder der militärischen Standesgemeinschaft sowie für die kritische Wertung militärischer Führerpersönlichkeiten. Eine rückhaltlose Darlegung der Ereignisse wäre beispielsweise zu Lebzeiten Ludendorffs der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt eingestandenermaßen nicht möglich gewesen. Sie konnte auch nur sagen, daß Moltkes Warnung, gewisse Prestigen zu zerstören, welche die Siege der Armee an bestimmte Persönlichkeiten knüpfen, ihre Bedeutung „fast ganz“ verloren gehabt hatte. Aber sie fügte hinzu: „Zersetzender Darstellung, wie sie sich einerseits vielfach gegen General Ludendorff, andererseits gegen Generalfeldmarschall von Hindenburg in der Öffentlichkeit breitmachte, mußte vorgebeugt werden, indem immer wieder die Einheit dieses bewährten Feldherrnpaares betont wurde.“
Mit den angedeuteten inneren, schwer wägbaren Hemmungen für die Bearbeiter des Weltkriegswerkes hängt letztlich wohl ihr „vornehmes und zurückhaltendes“ Verfahren in allen kritischen Stellungnahmen zusammen11). Man stützte sich dabei allerdings auf die alte Anleitung Moltkes, daß eine gerechte Kritik nicht ex eventu urteilen dürfe, sondern daß sie sich fragen müsse, „was die Leiter der Begebenheiten zur Zeit ihres Handelns davon wissen konnten“. Aber erweist diese Bezugnahme auf Moltke nicht eine Selbsttäuschung des Geschichtsschreibers des modernen Weltkrieges über die in ganz veränderten Verhältnissen begründete Neuartigkeit und Ausdehnung der jetzt gestellten historiographischen Aufgabe? Entsprang oder entsprach die Einengung der Kritik nicht auch einer Rücksichtnahme, zu der ein nichtmilitärischer Historiker weniger Veranlassung gehabt hätte? Angesichts der Rolle, die die Oberste Heeresleitung wie im rein strategischen so auch im politischen Bereich gespielt hat, konnte der Forschung nur gedient sein, wenn das Seziermesser unerbittlicher Kritik bis in den letzten Winkel vordrang. Der sieglose Ausgang des Krieges hätte die schärfste Untersuchung über die Bewährung von Einrichtungen und Persönlichkeiten veranlassen müssen. Fehler und Versagen und vor allem ihre Gründe hätten dann dar-
n) Diese Zurückhaltung der Kritik ist auch in dem Aufsatz von B. Poll (vgl. Anm. 5) a. a. O. S. 63 ausdrücklich vermerkt worden.
stellungsmäßig nicht weniger berücksichtigt werden müssen, als die unantastbaren großen Leistungen von Heer und Führung.
Das Bundesardiiv hat im Text der beiden Schlußbände des Weltkriegswerkes keinerlei Veränderungen vorgenommen, die durch eine abweichende Auffassung im einzelnen oder gesamten veranlaßt werden könnten. Es hat der kritischen Forschung auch nicht durch die Beifügung eines Sonderheftes von Anmerkungen und Stellungnahmen vorgegriffen; das hätte das Erscheinen der Veröffentlichung weiter verzögert, ihre Ausdehnung und Kosten erheblich vermehrt. So wie die Bände während der Kriegsjahre gedruckt oder gesetzt worden sind, einschließlich der damaligen Titulatur, werden sie jetzt im photomechanischen Nachdruck der Öffentlichkeit übergeben. Nur der Mehrfarbendruck der Kartenbeilagen ließ sich der Kostspieligkeit halber nicht wiederholen. Wir mußten den einfarbigen Druck in Kauf nehmen, der keineswegs alle Ansprüche befriedigt. Auf den Einbänden tritt an die Stelle der früheren Herausgeber der Name des Bundesarchivs. Möge die wissenschaftliche Zielsetzung, die das Bundesarchiv bei der Veröffentlichung im Auge hatte, richtig verstanden und gebilligt werden.
Nur zum Dienstgebrauch!
(Oberkommando des 5eeres
Der Weltkrieg
Dreizehnter Band
Der Weltkrieg
J9J4 bis m$
Im Aufträge des
Oberkommandos des Heeres
bearbeitet und herausgegeben von der Kriegs geschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres
*
Die militärischen Operationen zu Eande Dreizehnter Band
Berlin im Jahre J942
Gedruckt bei Ernst Siegfried Mittler und Sohn
Nr. 9
Die Rriegführung im Sommer und Herbst J9J7 Die Ereignisse außerhalb der Westfront bis November J9JS
Nit dreißig Beilagen, davon 26Darten und Skizzen
Berlin im Jahre
Gedruckt bei Ernst Siegfried Mittler und Sohn
Alle Rechte aus dem Gesetze vom l-. Juni l$Ol sowie das Übersetzungsrecht sind vorbehalten Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Buchdruckerei, Berlin Copyright 1942 by E. S. Mittler & Sohn, Berlin Printed in Germany
Einführung zum dreizehnten und vierzehnten Bande.
Die Bände XIII und XIV behandeln die Zeit vom Juli 1917 bis November 1918.
Die durch den Ausbruch des Großdeutschen Freiheitskrieges geschaffene Lage nötigte dazu, diesen letzten Abschnitt des Weltkrieges, für den ursprünglich drei Bände vorgesehen waren, aus engeren Raum zusammenzudrängen. Die Bände XIII und XIV stellen insofern ein einheitliches Ganzes dar, als lediglich mit Rücksicht aus die Raumverhältnisse die Ereignisse an den Nebenfronten bis zum Kriegsende bereits im Bande xiii vorweggenommen werden, um für die kriegsentscheidenden Kämpfe des Jahres 1918 an der Westfront im Bande XIV den nötigen Raum zu gewinnen und sie dort ungeteilt zusammenzuhalten. Damit ergab sich folgende Verteilung des Stoffes:
Band XIII. Erster Teil: Gesamtheit der Ereignisse bis Ende des Jahres 1917, soweit es sich nicht um Vorbereitung der großen Offensive des Jahres 1918 handelt, und Rückblick auf die Führung der 3. Obersten Heeresleitung seit Herbst 1916. — Zweiter Teil: Ereignisse des Jahres 1918 im Osten und Südosten, Gesamtereignisse zur See und in den Kolonien.
Band XIV: Die große Offensive im Westen, die damit eng zusammenhängenden Ereignisse in Italien und zur Luft, sowie der Abschluß des Krieges.
Im Band XIII ist, wie schon in früheren Bänden, denjenigen Ereignissen, die ihrer Eigenart wegen stärkeres Interesse beanspruchen, wie vor allem der Gegenangriff bei Cambrai und die Offensive in Italien, ein etwas breiterer Raum gewährt worden, während die Eintönigkeit der Abwehrschlacht in Flandern trotz ihrer längeren Dauer und ihres gewaltigeren Krästeeinsatzes zu kürzerer Fassung veranlaßte.
Inhaltsverzeichnis.
Die Kriegführung im Sommer und Herbst 1917
Die Ereignisse außerhalb der Westfront bis November 1918
Erster Teil: Die Kriegführung im Sommer und Herbst 1917 I. Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917 @eite
A. Auffassung der Obersten Heeresleitung Ende Juni.......................... 1
B. Die Oberste Heeresleitung und die Weiterentwicklung der Politischen Lage
1. Kanzlerwechsel und Friedensresolution................................. 3
2. Entwicklung der Beziehungen zu Österreich-Ungarn und Kriegszielfragen ........................................................... 14
3. Zusammenarbeit mit Reichskanzler Michaelis.......................... 21
C. Neue Ziele der militärischen Kriegführung
1. Zustand des Heeres
a) Allgemeines..................................................... 22
b) Ersatzlage. . ................................................... 24
c) Waffen, Gerät und Munition ....................................... 27
d) Weiterentwicklung des Kampfverfahrens....................... 30
2. Operative Erwägungen................................................. 32
Gliederung des Westheeres am 1. August 1917.................. 42
II. Lage und Absichten der Entente
A. Die Gesamtlage.......................................................... 44
B. Die Lage an der Westfront............................................... 50
III. Der Krieg im Westen A. Die Schlacht in Flandern
1. Bis zum ersten Großkampftage am 31. Juli
a) Lage nach dem Verlust des Wytschaete-Bogens................. 53
b) Der englische Angriffsplan.................................. 58
c) Bis zum Vorabend des ersten Großkampftages.................. 60
2. Vom Beginn der Schlacht bis zum 19. September
a) Großkämpfe zwischen Bixschoote und Warneton................. 62
b) Teilangriffe und Großkampf bei Bixschoote —Gheluvelt (16. August) 65
c) Teilangriffe und Kampfpause bis Mitte September............. 69
3. Wiederbeginn der Offensive
a) Großkampf zwischen Langemarckund Hollebeke (20. September) ... 73
b) Großkampf bei Zonnebeke und am Polygon-Wald (26. September) . . 76
VIII
Inhaltsverzeichnis
Seite
c) Großkampf bei Poelkappelle—Gheluvelt (4. Oktober).................... 79
d) Großkampf zwischen Draaibankund Gheluvelt (9. Oktober)............... 82
e) Großkämpfe um Passchendaele. Angriff am 12. Oktober.................. 84
Angriff südlich des Houthulster Waldes (22. Oktober)................. 88
Neuer Großkampf am 26. Oktober ...................................... 90
Angriff am 30. Oktober............................................... 92
Angriffe am 6. und 10. November und Ende der Schlacht .... 92
4. Betrachtungen...................................................... 96
B. Die übrige Westfront wahrend der Schlacht in Flandern....................100
1. Die Kämpfe der 5. Armee vor Verdun................................101
2. Die Kämpfe der 7. und 1.Armee und der Verlust der Laf-
faux-Ecke..............................................................109
Der französische Angriffsplan..........................................115
Der Verlauf des Kampfes................................................117
Die Räumung des Che min des Dames......................................121
Betrachtungen.................................................. . 123
C. Die Schlacht bei Cambrai
1. Der britische Tankangriff
a) Die deutsche Front und die englischen Angriffsvorbereitungen ... 124
b) Die Abwehr des englischen Angriffs...................................128
2. Der deutsche Gegenangriff
a) Die Vorbereitungen...................................................133
b) Erster Angriffstag................................................. 139
c) Zweiter Angriffstag und Ende der Schlacht............................142
3. Betrachtungen..........................................................143
v. Das Ergebnis der großen Abwehrschlachten...................................145
IV. Der Krieg im Osten
A. Die Abwehr der Kerenski-Offensive........................................148
1. Die Kämpfe der Heeresgruppe Böhm-Ermolli...............................150
2. Die Kämpfe der Heeresgruppe Eichhorn...................................156
8. Die Gegenoffensive in Ostgalizien
1. Der Durchbruchsangriff bei Zloczow.....................................159
2. Die Verfolgung
a) Anschluß der Südarmee und ö.-u. 3. Armee an das Vorgehen ... 165
b) Ausdehnung der Offensive auf die Heeresfront Erzherzog Josef . . 168
3. Die Vorgänge auf russischer Seite......................................176
4. Betrachtungen .........................................................178
C. Die Kämpfe in Rumänien und in den Karpaten.................................180
0. Die Offensive im Baltikum..................................................189
1. Die Einnahme von Riga..................................................191
2. Die Einnahme von Iakobstadt ...........................................199
3. Die Einnahme der Baltischen Inseln.....................................200
E. Entwicklung der Gesamtlage an der Ostfront.................................206
Inhaltsverzeichnis.
IX
Seite
V. Der Krieg an der italienischen Front
A. Die 11. Zsonzo-Schlacht........................................................208
B. Der Gegenangriff der Mittelmächte
1. Die Entwicklung des Angriffsgedankens und die Bereitstellung der Truppen
a) Die Bitte um deutsche Unterstützung....................................212
b) Die Erkundung durch General von Krafft und erste grundlegende Befehle ......................................................................218
c) Die Bereitstellung der Angrifsstruppen..................................224
d) Die Lage beim Gegner vor Angriffsbeginn................................227
2. Der Durchbruchsangriff im Gebirge (12. Isonzo-Schlacht)
a) Der Einbruch in die feindlichen Stellungen am 24. Oktober . . . 230
Aufgaben und Angriff der Truppen bei Flitsch...........................232
Ausgaben und Angriff der Truppen tm „Tolmeiner Brückenkopf" 233 Maßnahmen der Führung..................................................235
b) Fortgang der Kampfe am 25. Oktober.....................................236
c) Die Vollendung des Durchbruchs am 26. Oktober...........................240
d) Der Austritt in die Ebene am 27. Oktober.............................. 244
e) Maßnahmen des Gegners und Betrachtungen.................................247
3. Die Kämpfe in der Ebene bis zum Übergang über den Taglia-mento
a) Absichten der Führung...................................................250
b) Der Vormarsch am 28. und 29. Oktober. Einnahme von Udine und erste Kämpfe am Tagliamento.........................:.......................253
c) Die Führung am 28. und 29. Oktober.................................... 257
d) Der Vorstoß gegen Codroipo und Latisana am 30. und 31. Oktober. Vermischung der Verbände . ................................................261
e) Die ö.-u. 10. Armee und der Nordflügel der 14. Armee am 30. und
31. Oktober..............................................................266
f) Stillstand am Tagliamento vom 31. Oktober bis 2. November . . . 268
g) Die Bewegungen des Gegners. Betrachtungen, Beute und Verluste 272
4. Vom Übergang über den Tagliamento bis zur Einstellung der Offensive
a) Ziele der weiteren Operationen.........................................276
b) Der Übergang über den Tagliamento und die Verfolgung
Maßnahmen der Führung..................................................282
Durchführung des Flußüberganges und Vormarsch..........................284
c) Die Kämpfe zwischen Brenta und Piave. Beginn des Stellungskrieges
Maßnahmen der Führung, Angriff bei der Heeresgruppe Conrad 289 Die Kämpfe im Gebiet des Mt. Grappa und am Piave .... 292
d) Einstellung der Offensive
Die Entschlüsse der Führung............................................298
Die letzten Kämpfe.................................................... 302
e) Maßnahmen des Gegners und abschließende Betrachtungen . . . 303
X
Inhaltsverzeichnis.
Seite
VI. Der Krieg zur Luft.............................................................309
VII. Die Kriegführung der Gegner im Sommer und Herbst 1917 . . . 314
VIII. Die Oberste Heeresleitung im Sommer und Herbst 1917und Rückblick auf die Kriegführung seit Herbst 1916..................................318
Rückblick auf die Kriegführung der dritten Obersten Heeresleitung von Herbst 1916 bis Herbst 1917..................................................... 332
Zweiter Teil: Die Ereignisse außerhalb der Westfront bis Kriegsende
IX. Der Abschluß der Kämpfe im Osten seit Herbst 1917
A. Waffenstillstand und Friedensverhandlungen
1. Der Weg zum Waffenstillstand............................................342
2. Die Friedensverhandlungen mit Sowjet-Nußland und der
Ukraine in Brest-Litowsk................................................346
Friedensschluß mit der Ukraine und Aussprache mit Graf Czernin in
Berlin................................................................. 352
Abschluß der Verhandlungen..............................................353
3. Die Friedensverhandlungen mit Rumänien in Buftea . . . 356
B. Die Wiederaufnahme des Kampfes im Osten....................................362
1. Der Einmarsch in Sowjet-Rußland.........................................363
a) Der Vormarsch der 10. Armee über Mnsk zum Dnjepcr. 19. Februar
bis 9. März..........................................................365
b) Vormarsch der Armee-Abteilung D auf Polozk und Pleskau. 18. bis
28. Februar........................................................ 367
c) Der Vormarsch der 8. Armee nach Livland und Estland. 19. Februar
bis 5. März..........................................................368
2. Die Hilfeleistung für Finnland 21. Februar bis 2. Mai. . . . 371
3. Der Einmarsch in die Ukraine. 18. Februar bis 22. Mai . . . 374
a) Die Einnahme von Kiew und Gomel......................................375
b) Vordringen bis Odessa, Cherson und Charkow....................378
c) Entwicklung der inneren Verhältnisse der Ukraine................380
d) Besetzung der Krim und des Donez-Gcbietes............................383
e) Der Abschluß der Operationen in der Ukraine..........................386
C. Die Ostfront nach Abschluß der militärischen Operationen...................387
Betrachtungen......................................................... 397
X. Der Abschluß der Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommerl917 A. Die mazedonische Front
1. Die Ereignisse bis zum Sommer 1918......................................400
2. Der Zusammenbruch der Mazedonischen Front
a) Der französisch-serbische Angriff. 14. bis 20. September.............407
b) Bis zum Abschluß des Waffenstillstandes durch Bulgarien .... 409
c) Der Rückzug der deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen aus Serbien............................................................... 413
3. Betrachtungen ........................................................ 417
Inhaltsv?rzeichnis. XI
B. Der Krieg der Türkei Seite
L Die Ereignisse bis Oktober 1917.....................................419
2. Der Kampf in Palästina im Herbst und Winter 1917/18 . . . 423
a) Die unglücklichen Kämpfe der 8. Armee..............................424
b) Der Verlust von Jerusalem.........................................426
c) Maßnahmen der obersten Führung und weitere Ereignisse an der Front 428
3. Ereignisse an der Kaukasus-Front und zur See.......................431
4. Der Endkampf in Palästina..........................................436
5. Betrachtungen .........................................................442
XI. Die Ereignisse zur See und in Ostafrika
A. Der Krieg zur See seit Sommer 1917......................................447
B. Der Krieg in Ostafrika seit 1916...................................... 452
Nachweis des wesentlichsten Schrifttums.............................................463
Personen Verzeichnis................................................................466
Truppen Verzeichnis.................................................................474
Inhaltsverzeichnis.
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Beilagen
Karten: A. Kriegsleitung.
1: Die Kriegsschauplätze der Mittelmächte im Oktober 1917 und August 1918. 1:10200000 (Mit Nebenkarten: Die Kämpfe in Palästina und die Kämpfe in Armenien).
2: Die Front gegen Frankreich am 20. Juni 1917. 1:1000000.
2a: Die Front gegen Frankreich am 20. guli 1917. (Truppenübersicht.)
3: Die Front gegen Frankreich Mitte November 1917. 1:1000000.
B. Westen.
4: Die Flandernschlacht 1917. Die Lage am 30. guli. 1:200000. (Mit Nebenkarte: Der Angriff bei Lombartzyde am 10. guli. 1:40000.)
5: Die Flandernschlacht 1917. 31. guli bis 19. September. 1:150000.
6: Die Flandernschlacht 1917. 20. September bis 12. Oktober. 1:150000.
7: Die Flandernschlacht 1917. 22. Oktober bis 10. November. 1:150000.
8: Der Verlust der Laffaux-Ecke. 23. Oktober 1917. 1:150000.
9: Verdun im Herbst 1917. 1:80000. (Mit Nebenkarte: Lage am 19. August. 1:500000.)
10: Die Schlacht bei Cambrai im Herbst 1917. Die Lage am 18. November. 1:150000.
11: Die Schlacht bei Cambrai im Herbst 1917. Der britische Tankangrifs am 20. November morgens. 1:150000.
12: Die Schlacht bei Cambrai im Herbst 1917. Der deutsche Gegenangriff am 30. November morgens. 1:150000.
C. Osten.
13: Der Krieg im Osten. Die Front Anfang guli 1917. 1:4000000. (Mit Frontbesetzung am 1. Januar 1918.)
14: Der Krieg im Osten. Die Kerenski-Offensive. Lage am 1. guli 1917. Ereignisse bis 16. guli. 1:750000.
15: Der Krieg im Osten. Der deutsche Durchbruch in Ostgalizien. 19. guli bis 31. August 1917. 1:750000.
16: Der Krieg im Osten. Der Aufmarsch zum Durchbruch der Gruppe Iloczow am 19. guli 1917. 1:150000.
17: Der Krieg im Osten. Die Kämpfe an der rumänischen Front vom 22. guli bis 3. September 1917. 1:1000000.
XIV
Inhaltsverzeichnis.
Beilage 18: Der Krieg im Osten. Die Einnahme von Riga. Die Lage am
I. September 1917. 1:250000. (Mt Nebenkarte: Übergang über die Düna. 1:75000.)
Beilage 19: Der Krieg im Osten. Die Eroberung von gakobstadt am 21. bis 22. September 1917. 1:100000.
Beilage 20: Der Krieg im Osten. Die Einnahme der baltischen Inseln vom 9. bis 21. Oktober 1917. 1:500000. (Mit Nebenkarte: Die Lage Ende Oktober 1917)
D. Italien.
Beilage 21: Die Kampfe an der italienischen Front im Sommer 1917. Die
II. Isonzo-Schlacht. 18. August bis IS. September. 1:200000.
Beilage 22: Die Kampfe an der italienischen Front im Herbst 1917. 1:500000.
(Mit Nebenkarte: Die Kämpfe im Grappa-Gebiet vom IS. November bis 21. Dezember. 1:200000.)
Beilage 2S: Die Kämpfe an der italienischen Front im Herbst 1917. Der Durchbruch durch die Iulischen Alpen vom 24. bis 27. Oktober. 1:100000.
E. Kriegsabschluh im Osten, Südosten und in den Kolonien.
Beilage 24: Der Krieg im Osten im Jahre 1918. 1:4000000. (Mt Nebenkarte: Die Front in Mazedonien 1918. 1:2500000.)
Beilage 25: Der Feldzug in Finnland. 3. April bis 5. Mai 1918. 1:600000.
Beilage 26: Die Kämpfe in Ostafrika 1916 bis 1918. 1:5000000.
Sonstige:
Beilage 27: Gliederung des Westheeres am 1.August 1917.
Beilage 28: Wechsel von Divisionen.
a) Zwischen den Kriegsschauplätzen (1. Juli 1917 bis Kriegsende).
b) Innerhalb der Westfront (1. Juli 1917 bis 31. Januar 1918).
c) Innerhalb der Ostfront (1. Juli bis 31. Oktober 1917).
Beilage 29: Gegenüberstellung deutscher und feindlicher Artilleriestärten von Juli bis Dezember 1917.
a) Schlacht in Flandern am 30. Juli 1917.
b) Kämpfe bei Verdun am 20. August 1917.
c) Verlust der Laffaux-Ecke am 23. Oktober 1917.
d) Schlacht bei Cambrai am 20. und 30. November 1917.
e) Durchbruchsschlacht bei Zloczow (Osten) am 19. Juli 1917.
f) Einnahme von Riga (Osten) am 1. September 1917.
g) 11. Isonzo-Schlacht (Italien) am 24. Oktober 1917.
Beilage 30: Zeittafel des Kriegsverlaufes von Juni 1917 bis März 1918.
Abkürzungen.
A. Abt --- Armee-Abteilung
Abt.............— Abteilung
A. Gr ----- Armeegruppe
A. K = Armeekorps
A. O. K ---- Armee-Oberkommando
Art.............= Artillerie
b., bayer. ...= bayerisch
Brig........----- Brigade
Btl...........--- Bataillon
Bttr............= Batterie
D., Div.........--- Division
E. D.,
Ers. Div... — Ersatz-Division
Esk............== Eskadron
Felda..........— Fcldartillerie
(— leichte Art.)
Feldmlt == Feldmarschalleutnant
(ö.-u. Bezeichnung für Genlt.)
finnl = finnlandisch
F. K...............= Feldkanone
Fl = Flieger
Flak............= Flugabwehr-Kanone
Futza..........= Frchartitlerie
(== schwere Art.)
G — Garde
G. F. D........----- Garde-Infanterie-
Division
G. K — Garde korps
gern........----- gemischt
Gen ----- General
Gen. Feldm. — Generalseld marschall
Gen. Kdo Generalkommando
Genlt — Generalleutnant
Genmaj ---- Generalmajor
Gen. Ob. Generaloberst
Genst --- Generalstab
Gr ............... Gruppe
Gren --- Grenadier
Haub..........= Haubitze
Hgr...........----- Heeresgruppe
Honv ---- Honved, ungarische Teile
des ö.-u. Heeres
F. Br — Fnfanterie-Brigade
3-D.,
Znf. Div. . -= Infanterie-Division
Inf...........----- Infanterie
Kan...........----- Kanone
kauk..........----- kaukasisch
Kav...........— Kavallerie
K. D.,
Kav. Div. . ------Kavallerie-Division
Kdr...........— Kommandeur
K. K. — Kavallerie-Korps
k. k..........= f. unter k. u. k.
K. Kdo — Korpskommando
Komm. Gen. — Kommandierender General
Komp = Kompanie
Kos...........— Kosaken
Kr. Tgb ----- Kriegstagebuch
Kub...........— Kuban
k. u. k ----- kaiserlich und königlich
(Truppen des gemeinsamen ö.-u. Heeres) im Unterschiede von k. k. (kaiserl.-königl.-österr.) und k. (königl.-ungar.) Truppen
Ldst. Br.,
Löst. D = Landsturm-Brigade,
-Division
L., Ldw. ... — Landwehr
L. Br — Landwehr-Brigade
L. D.,
Ldw. Div.. — Landwehr-Division L. K., Ldw.K. — Landwehrkorps l..............= leicht
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Auf Karten und Skizzen sind teilweise noch weitergehende Abkürzungen angewandt. So bedeuten dort arabische Ziffern ge nach ihrer Größe): Armeen, Divisionen, Brigaden oder Regimenter — römische Ziffern: Korps oder Bataillone; alles Weitere ergibt sich aus dem Text.
Erster Teil.
I Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer J
A. Auffassung der Obersten Heeresleitung Ende Juni.
Die Angriffskraft des französischen Heeres hatte sich an der Aisne «»d«g»»i. und in der Champagne erschöpft; sein innerer Halt schien erschüttert. Wie sich das weiterhin auswirken würde, stand dahin. Fürs erste waren von diesem Heere nur Teilangrisse zu erwarten. Das englische Heer hatte sein Ziel bei Arras nicht erreicht, dann aber durch Wegnahme des Wytschaete-Bogens einen weithin sichtbaren Erfolg errungen und die Grundlage geschaffen für die seit langem geplante Offensive gegen die deutschen Unterseebootsstützpunkte in Flandern. Hierfür standen ihm trotz der schweren Verluste der bisherigen Kämpfe noch recht erhebliche Kräfte zur Verfügung; mit baldigem Beginn seiner neuen Offensive mußte gerechnet werden. Alle Anstürme der Italiener waren vom österreichisch-ungarischen Heere aus eigener Kraft abgewehrt worden. Auch die Lage am Balkan und an den Fronten der Türkei bot keinen Anlaß zu unmittelbarer Besorgnis. Die Hoffnung aber, durch Mittel der Propaganda zur Waffenruhe mit Rußland zu kommen, war enttäuscht worden; Kriegsminister Kerenski schien die Truppen wieder soweit in der Hand zu haben, daß ein neuer russischer Ansturm möglich war.
Das deutsche Feldheer war nach den schweren Abwehrkämpfen des Frühjahrs erheblich geschwächt, wenn es auch zahlenmäßig wieder ausgefüllt war. Mannschaftsersatz und Munitionsfertigung reichten im Westen aber nur zur Abwehr aus. Die Verpflegung war knapp. Bis in den Juni hinein hatte die Oberste Heeresleitung damit gerechnet, daß die hohen bisherigen Versenkungszifsern des Unterseekrieges England, die Seele des feindlichen Kriegswillens, noch im Laufe des Sommers zum Nachgeben bringen würden. Ähnliche Erwartungen erfüllten das deutsche Volk. Bald aber war es zweifelhaft geworden, ob die Hoffnung auf so rasche Wirkung berechtigt sei, ob nicht inzwischen der Winter herankommen werde, vielleicht sogar das Jahr 1918*). Daß man sich zu Lande, wenn die
*) Vgl. Schreiben der O. H. L. an das Kr. Min. (S. 30) sowie Bd. XII, S. 2.
Weltkrieg. XIII. Sb. i
2 Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
End« gnni. Lage auch schwierig war, solange vollauf behaupten werde, erschien sicher. Sorgen aber bereitete der Gedanke, daß mangelnde Zuversicht und Zeichen von Schwäche in der Heimat und bei den Bundesgenossen den vielleicht bald erlahmenden Kriegswillen der Gegner neu beleben könnten.
In einer Mitteilung über die Lage vom 2S. Juni, die außer für militärische Dienststellen auch für das Auswärtige Amt zur Verwendung bei den diplomatischen Vertretern im Auslande bestimmt war, legte General Ludendorff die Auffassung der Obersten Heeresleitung wie folgt fest1): „... Neue große Kämpfe an der englischen Front und an der Küste stehen bevor. England braucht rasche Erfolge. Denn der U-Boot-Krieg wirkt auf seine Seewirtschaft weiter. Schon kann der Schiffsraum nicht mehr befördern, was für den Krieg nicht unbedingt erforderlich ist. Die Einschränkung der Saloniki-Expedition ist die eingestandene Folge. Aber auch in der für den Kampf notwendigen Rohstofszufuhr wird die Einschränkung fühlbar. Holzmangel herrscht in England, Kohlenmangel in Italien und Frankreich. Ganz offensichtlich verfügen unsere Gegner nicht mehr über die Munitionsmengen wie an der Somme. Ein Nachlassen in der Munitionserzeugung und im Munitionsnachschub zur Westfront macht sich bemerkbar. Frankreich ist gewillt, auch neue Blutopfer zu zollen trotz der schlechten Stimmung, die durch die Frühjahrsfehlschläge mit ihren gewaltigen Verlusten im Lande herrscht und die in dem Wechsel im Oberkommando Ausdruck findet. Wir haben vollgültige, noch nicht veröffentlichte Beweise, daß die Indisziplin im französischen Heere immer mehr überhand nimmt2). In Rußland schreitet die Zersetzung fort. Die mit allen Mitteln betriebene englisch-französische Einwirkung, die in der starken Angrifsspropaganda Kerenskis ihren Ausdruck fand, läßt den Versuch eines russischen Angriffs möglich erscheinen. Uns ist er erwünscht, denn er wird endlich Klarheit bringen. Der Ausgang ist nicht zweifelhaft. Zweifelhaft ist, ob die russische Infanterie bei ihrem Friedenswillen unter unserem Artilleriefeuer in vollem Umfange vorzubringen sein wird.
Aus ein vollwertiges Rußland kann mithin die Entente nicht mehr rechnen. Um so mehr sucht sie ihre Völker auf Amerikas Hilfe zu vertrösten, die aber selbst Churchill nicht vor 1918 erwartet. Die Überführung eines amerikanischen Heeres von einer halben Million Mann mit dazugehörigem Kriegsgerät erfordert 3y2 bis 4 Millionen Tonnen Schiffsraum, seine Versorgung beansprucht dauernd 1V2 Millionen Tonnen.
Als „Auffassung über die Lage" ausgearbeitet von der Politischen Abteilung. Vgl. die entsprechenden Mitteilungen vom 12. u. 25. Mai Sb. XII, S. 575 f. u. 576. — Sperrungen seitens der Forsch.Anst.
2) Bd. XII, S. 562s.
Oberste Heeresleitung: Beurteilung der Lage.
3
Diese Tonnage kann nur gewonnen werden durch Abgabe anderer bereits mittelbar oder unmittelbar im Dienste unserer Feinde fahrender Schisse. Damit muß der Krieg an Schärfe verlieren und unsere Gegner werden, je länger der U-Boot-Krieg wirkt, um so weniger zu großen Schlägen fähig sein. Daran ändert der Eintritt Amerikas in den Krieg wenig. Wir rechnen auf zahlreiche amerikanische Flugzeuge und treffen unsere Maßnahmen danach.
Inzwischen geht der Druck der Entente auf die Neutralen weiter. Amerika soll alle Einfuhr für die Neutralen sperren und sie durch Hunger der Entente gefügig machen, die ihre Schiffe braucht. Die allmähliche starke Verringerung der im Dienste der Feinde stehenden Tonnage ist unabwendbar. Die gesamte Kriegswirtschaft unserer Gegner wird so sinken, daß eine Entscheidung gegen uns nicht mehr erzwungen werden kann. Daneben erhebt sich für England die Fukunstsgesahr, daß mit einer derart verringerten Tonnage die frühere Friedenswirtschaft gar nicht wieder auszurichten ist. Das bedeutet den Niederbruch seiner Seegeltung, die aus seiner starken Handelsflotte beruhte.
Die Vorbedingung für unseren Sieg ist lediglich, daß wir geschlossen bleiben und die Nerven behalten"1).
Aus Besorgnisse in dieser Richtung deutete eine Denkschrift der Abteilung Fremde Heere vom 30. Juni2) hin, die den Niederbruch der Mannszucht und Angriffskraft im französischen Heere behandelte. Sie schloß mit der Mahnung: „Weniger als je zuvor darf jetzt aber die feindliche Propaganda Gelegenheit finden, an der Hand von Nachrichten über die inneren Verhältnisse der Mittelmächte oder über ihre militärische Lage die Stimmung im feindlichen Heere und Volke auszurichten."
B. Die Oberste Heeresleitung und die Weiterentwicklung der politischen Eage.
X.Nanzlerwechsel und Lriedensresolution.
Die Haltung des deutschen Volkes war nicht mehr so, wie es die Kriegslage erforderte. Die Ursachen lagen tief und die Ansänge weit zurück.
Generalseldmarschall von Hindenburg hatte schon bald nach Übernahme der Geschäfte im Herbst 1916 bei den Vorverhandlungen über das
*)Vgl. Äußerungen der Presse vom Z. Juli (S.
2) Bd. XII., S. 562f.
1*
4
Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
Hilfsdienstgesetz*) beim Reichskanzler auf die Notwendigkeit hingewiesen, „unberufenen Schreiern und Hetzern, ebenso der stellenweise herrschenden unwürdigen Gewinn- und Vergnügungssucht das Handwerk zu legen" und die gesetzgebenden Körperschaften „auf den ganzen Ernst der Lage und die Notwendigkeit des völligen Aufgehens des gesamten Volkes in die Aufgaben, die der Krieg uns stellt, mit allem Nachdruck hinzuweisen und ihnen ihre Mitverantwortlichkeit in vollem Umfange und unzweideutig klarzumachen".
Im November 1916 hatte die Oberste Heeresleitung dann gegenüber den Bedenken des Kanzlers durchgesetzt, daß angesichts der immer wieder offen verkündeten Eroberungsabsichten der Gegner die bis dahin verbotene Erörterung deutscher Kriegsziele freigegeben wurde. Der Umstand, daß weite Gebiete feindlichen Landes in deutscher Hand waren, gab die Berechtigung zu fordern und die Möglichkeit, Sicherheiten zu schaffen gegen künftige Gefahren. Die Oberste Heeresleitung erwartete, daß sich für solches Ziel bei richtiger Führung die Masse des Volkes zu einer geschlossenen Einheit zusammenfinden werde, die die Zagenden mitreißen, den Siegeswillen stärken und Eindruck auch auf die Gegner machen würde. Reichskanzler von Bethmann-Hollweg hatte sich denn auch am 11. November 1916 bereitgefunden, die „sachliche Erörterung" der Kriegsziele freizugeben; nur jede „'verhetzende Bekämpfung Andersdenkender" blieb verboten; die Presse sollte auch nicht die geringste Schwächekundgebung bringen und keinen Zweifel lassen, daß Deutschland fest entschlossen sei weiterzukämpfen, bis es alles erreicht habe, was seine „militärische, politische und wirtschaftliche Zukunft sichern" könne.
Das Ziel, das der Obersten Heeresleitung vorschwebte, wurde aber nicht erreicht, vor allem da tatkräftige Unterstützung seitens der von der Reichstagsmehrheit abhängigen Regierung ausblieb. Die Forderung nach einheitlicher und straffer Leitung der Presse lehnte der Reichskanzler ab. Während der gesund empfindende Teil des Volkes in Übereinstimmung mit der Obersten Heeresleitung an der Forderung der für künftige Sicherheit notwendigen Gebietserweiterungen festhielt, begann der andere angesichts der langen Dauer des Krieges und zunehmender Ernährungsschwierigkeiten am guten Ausgang mehr und mehr zu zweifeln. In Verkennung des feindlichen Vernichtungswillens hoffte er auf Verständigung mit den Gegnern, ohne daß der Kampf zu Ende geführt würde. So brachte die Freigabe der Kriegszielerörterung statt der erstrebten Sammlung der Masse des Volkes zu einheitlichem Wollen nur Vermehrung und
Oberste Heeresleitung: Kriegsziele, Stimmung der Heimat.
5
Verschärfung der bestehenden innerpolitischen Gegensätze. Die Botschaft des Präsidenten Wilson, der im Januar 1917 das Schlagwort vom „Frieden ohne Sieg" in die Welt gerufen hatte1), das russische Kriegszielmanisest vom April, das einen Frieden ohne Eroberungen vorschlug, die Lockrufe der russischen Revolution, das Ausbleiben der vom Unterseekrieg erwarteten raschen Wirkung und damit die Gefahr, daß Amerika doch noch aktiv in den Krieg eingreife, bereiteten den Boden für die Wühlarbeit unverantwortlicher Hetzer3). Sie wurde unterstützt durch feindliche Propaganda, darunter vor allem auch durch weitere Auslassungen des Präsidenten Wilson, in denen er einen Unterschied machte zwischen dem deutschen Volk, mit dem Amerika keinen Streit habe, für das es vielmehr Teilnahme und Freundschaft empfinde, und der „finsteren Macht, in deren Klauen es sich befinde"3).
Angesichts dieser Entwicklung hatte Generalseldmarschall von Hin-denburg durch ein Schreiben vom 19. Juni an den Reichskanzler1) eine Auseinandersetzung über die politische Führung des Krieges eingeleitet: Es gelte die Stimmung der Heimat zu heben, denn jede Klage über fehl-geschlagene Hoffnungen, jeder Ausdruck von Erschöpfung und Friedenssehnsucht werde mit Sicherheit kriegsverlängernd wirken. Demgegenüber brachte der Reichskanzler am 25. Juni zum Ausdruck, daß er in manchem wesentlich anders denke: Die Vorstellung von der schnellen und durchschlagenden Wirkung des Unterseekrieges sei als übertrieben erkannt; es sei darin „bei aller Zuversicht doch Vorsicht geboten". Um die inneren Streitigkeiten einzudämmen, solle die Kriegszielsrage ganz ruhen, denn „die Aussichten eines Friedens, den wir diktieren könnten, sind in so unbestimmte und jedenfalls in so weite Fernen gerückt, daß die Vorspiegelung eines fetten Friedens bei dem langen und schweren Weg, den wir noch zu durchlaufen haben, zu neuen und verderblichen Enttäuschungen führen müßte". Wohl sei zu betonen, daß wir einen „Helotensrieden" zu erwarten haben, wenn wir nachgäben, bevor die Gegner Friedensneigung zeigten, „jede scharfe Verurteilung eines Verständigungsfriedens" müsse aber unterbleiben. Fm übrigen verteidigte er die „Osterbotschaft" des Kaisers über das preußische Wahlrecht3) und zeigte hinsichtlich der Kriegslage recht geringe Zuversicht: „Uber den Herbst hinaus wird sich Österreich-Ungarn" — wo die „antideutsche Stimmung", wie es an an-
!) Bd. XII, S. 163.
2) Bd. XII, S. 510 und 569ff.
3) Reden vom 2. April und 14. Juni.
4) Bd. XII, S. 578f.
5) Bd. XII, S. 569.
Bis Sani 1917.
6
Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
a«ni. derer Stelle des Schreibens hieß, stetig wachse*) — „schwerlich an der Stange halten lassen. Daß bis dahin England durch den Unterseeboots-Krieg zur Kapitulation gezwungen werden könnte, erscheint ausgeschlossen. Selbst wenn wir imstande sein sollten, allein den Krieg über den Winter fortzuführen, können wir nicht damit rechnen, im nächsten Frühjahr oder überhaupt zu irgendeinem im voraus bestimmbaren Zeitpunkt, durch den Unterseeboots-Krieg völlig Meister unserer Feinde zu werden". Niemand könne bestimmen, bei welcher Untergrenze den Feinden die Fortführung des Krieges tatsächlich unmöglich werde. Nach aller menschlichen Voraussicht werde diese Grenze erst zu einer Zeit erreicht, die wir vernünftigerweise nicht mehr in unsere Rechnung stellen könnten. Hingegen sei nicht ausgeschlossen, daß England, als die Seele des Krieges, sich doch noch zur rechten Zeit zu Friedensverhandlungen entschließe. Die Entwicklung in Rußland könne daraus einwirken, sei aber vor der Hand schwerlich entscheidend. Aus Frankreich mehrten sich zwar die Stimmen wachsender Kriegsmüdigkeit und beginnender Erschütterung des Regimes Poincarä, ein den Frieden erzwingender Zusammenbruch Frankreichs dürfe aber nach dem Beitritt Amerikas kaum mehr erhofft werden. Aufgabe von Politik und Kriegführung sei daher, England durch energische Fortführung des Unterseekrieges so sehr als möglich zu schwächen, daneben aber alles zu unterlassen, was ihm die Anknüpfung von Friedensverhand-lungen erschweren könne. Dazu gelte es, die Aberzeugung von Deutschlands Unbezwingbarkeit im Äußern wie im Innern aufrechtzuerhalten, aber auch jedes Auspeitschen der chauvinistischen und kriegstreibenden Instinkte des englischen Volkes zu vermeiden. In dieser Hinsicht habe der „letzte Luftangriff aus Londons eine verheerende Wirkung" gehabt. Der Kanzler bat daher, von solchen Luftangriffen, deren „absolute, militärische Notwendigkeit" er nicht zu erkennen vermöge, abzusehen.
Am Rande dieses Schreibens des Kanzlers vermerkte Generalfeld-marfchall von Hindenburg: „Eine bedauerlich düstere Anschauung. Da machen wir nicht mit." Ein scharfer Gegensatz zwischen Kanzler und Oberster Heeresleitung tat sich auf. Er hatte sich zuerst im Herbst 1916 gezeigt, als es sich um Beschaffung der Arbeitskräfte für das Hindenburg-Pro-gramm handelte; bei der Entschlußfassung über den uneingeschränkten Anterseekrieg war er durch Nachgeben des Kanzlers gerade noch überbrückt worden. Dabei hatte sich aber auch dessen ganze Schwäche offenbart. Seine weitere innenpolitische Haltung entsprach nicht den Bedürfnissen
') Bd. XII, S. 578, Anm. 1.
2) Am 13. Juni (Bd. XII, S. 534).
Oberste Heeresleitung: Gegensatz zum Reichskanzler.
7
der Kriegführung. So kam die Oberste Heeresleitung angesichts der ungünstigen Entwicklung der Stimmung in der Heimat zu der Überzeugung, daß Reichskanzler von Bethmann-Hollweg nicht der Mann sei, „der das deutsche Volk aus dem Tiefstand seiner geistigen Spannkraft heraus zum Siege führen könne... Es fehlte der politischen Leitung jede Gestaltungsgabe, jede starke, die Seele des Volkes packende und dann auch seine Kräfte entfaltende Idee ... Es fehlte... die starke Hand, die kraftvoll regierte'"). Weitere gedeihliche Zusammenarbeit mit diesem Reichskanzler erschien nicht möglich. Der Generalseldmarschall wie General Ludendorss erstrebten die Neubesetzung des Kanzlerpostens mit einer kraftvollen Persönlichkeit. Die Auswahl glaubten sie den dazu berufenen Stellen überlassen zu sollen. So wandte sich der Generalseldmarschall am 27. Juni an den Kaiser mit einer Eingabe^), in der es hieß: „Die schwerste Sorge ist aber augenblicklich das Sinken der Stimmung im Volke. Sie muß gehoben werden, sonst verlieren wir den Krieg. Auch unsere Bundesgenossen bedürfen einer starken Rückenstärkung, sonst ist die Gefahr vorhanden, daß sie abfallen. Dazu gilt es, im Innern die schwierigsten wirtschaftlichen und für die Zukunft bedeutsamsten Fragen zu lösen... Es entsteht die Frage, ob der Kanzler zur Lösung dieser Fragen — und sie müssen richtig gelöst werden, sonst sind wir verloren — imstande ist."
Eine vom Reichskanzler am 29. Juni im Großen Hauptquartiers herbeigeführte Aussprache mit dem Generalfeldmarschall verlies ergebnislos. Am 2. Juli weilte dieser zusammen mit General Ludendorss in Wien, um angesichts des Erfolges, den soeben die russische Kerenski-Ossensive an der Ostfront gehabt hatte, mit der verbündeten Heeresleitung Gegenmaßnahmen zu besprechen*) und die Stimmung zu heben. Dementsprechend brachte die Presse am 3. Juli besonders zuversichtlich gehaltene Äußerungen des Generalseldmarschalls mit den einleitenden Sätzen: „Der Krieg ist für uns gewonnen, wenn wir den feindlichen Angriffen standhalten, bis der Unterseeboots-Krieg sein Werk getan hat. Unsere Boote machen gute Arbeit, sie zerstören die feindlichen Lebensbedingungen stärker, als wir dachten. In nicht ferner Zeit werden unsere Feinde zum Frieden gezwungen sein."
Am 7. Juli erwiderte der Generalseldmarschall aus das Schreiben des Kanzlers vom 25. Juni, daß er den Grund für die ungünstige Stirn-
*) Ludendorff: „Meine Kriegserinnerungen", S.360s,
2) Fm Auszug abgedruckt bei Ludendorff: „Meine Kriegserinnerungen" S. 359 (Das Schreiben befindet sich nicht bei den Men).
3) Vgl. S. 9.
4) Weiteres hierüber S. 159.
Ende Juni/ Anfang Juli.
Ende Juni/ Anfang Juli.
8 Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
mung der Heimat vor allem in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und in innerpolitischen Unstimmigkeiten sehe. Er forderte durchgreifende Maßnahmen zur Sicherstellung der Ernährung und der Kohlenversorgung; die vom Kanzler erbetene Freigabe von 50000 Kohlenarbeitern aus dem Heere könne nicht von heute zu morgen erfolgen, doch — hoffe er — so rechtzeitig, daß ernste Schwierigkeiten im Winter vermieden würden. Sei das wider Erwarten nicht möglich, so liege die Schuld lediglich in den Versäumnissen und Fehlgriffen früherer Zeit und der anfänglichen Scheu vor durchgreifenden Maßnahmen. Den Grund für die innerpolitischen Unstimmigkeiten sah der Generalseldmarschall im Einfluß unverantwortlicher Organe auf die Volksstimmung, der stärker sei als der der Regierung und der zur Führung des Volkes berufenen Beamtenschaft. Das Feldheer habe sich ohne weiteres mit der Möglichkeit eines weiteren Kriegswinters abgefunden: „Es ist jedem einzelnen Soldaten am Feinde selbstverständlich, daß alle Gefahren, Entbehrungen und Röte ertragen werden müssen, bis wir zu einem brauchbaren Frieden gelangt sind. Ich denke, es müßte nicht schwer sein, in der Heimat die gleichen Empfindungen und Ansichten zu wecken und zu erhalten." Dann wandte sich der Generalseldmarschall gegen den Gedanken eines Verständigungsfriedens. Zu einem solchen werde England nicht bereit sein, so lange es noch hoffen könne, daß Deutschland vor ihm zusammenbreche. „Wir können sicher sein, daß jeder englische Friedensversuch der Beweis seiner nahenden Agonie ist. Es würde meines Erachtens ein Unheil für unsere staatliche und wirtschaftliche Zukunft bedeuten, wenn wir einen solchen englischen Verständigungs-srieden annähmen." Für England sei die Notwendigkeit Frieden zu schließen keineswegs „in weite Ferne gerückt... Wann der Augenblick gekommen sein wird, an welchem das Gewebe der gesamten Kriegswirtschaft unserer Feinde zerreißt, kann man nicht mit Bestimmtheit voraussagen, daß er aber in absehbarer Zeit kommt, ist mir sicher. Bis dahin müssen wir mit allen Mitteln versuchen, Österreich bei der Stange zu halten. Das beste Mittel ist und bleibt eigene Entschlossenheit!... Wir müssen also den Krieg mit allen Mitteln und mit äußerster Schärfe führen! Euere Exzellenz bemängeln die Luftangriffe auf London. Ich schätze die Engländer nicht so ein, daß bei ihnen durch Nachgiebigkeit oder schonende Rücksicht irgend etwas erreicht werden kann. Der militärische Wert der Angriffe ist groß: Sie halten viel Kriegsmaterial von der französischen Front fern und vernichten wichtige feindliche Staatseinrichtungen ..."
Die auch bei der Obersten Heeresleitung immer wieder auftauchende Sorge um die Haltung Österreich-Ungarns war vollauf begründet, denn in der völkisch zerrissenen Doppelmonarchie, wo maßgebende Kreise
Oberste Heeresleitung: Österreich-Ungarns Friedensbedürfnis. 9
in der Fortsetzung des Krieges nur eine Befriedigung reichsdeutscher Belange sahen*), war die Lage in politischer, militärischer und wirtschaftlicher Hinsicht noch wesentlich schwieriger als in Deutschland. Daher hatte der Außenminister Graf Czernin, nachdem sein Vorschlag, durch Abtretung Elsaß-Lothringens an Frankreich zum Frieden zu kommen, deutscherseits im April auf das entschiedenste abgelehnt worden war2), unentwegt und schließlich auf einem ungewöhnlichen Wege seine Ziele weiter verfolgt. Er hatte Verbindung mit Führern der deutschen Sozialdemokratie und des Zentrums anknüpfen und ihnen die schwierige Lage der Donaumonarchie schildern lassen: „Österreich-Ungarn könne nicht mehr, die Türkei auch nicht — Deutschland könne den Krieg nicht allein zu einem guten Ende führen... Österreich-Ungarn sei bereit, einen Frieden ohne Annexionen und Kriegsentschädigungen zu schließen... Deutschland müsse ebenso klar seine Stellung öffentlich' bekanntgeben ..." Diese Gedanken sielen aus fruchtbaren Boden.
Ebenso wie die österreichisch-ungarische Regierung unterhielten auch deutsche katholische Kreise, hinter denen der bayerische Ministerpräsident Gras Hertling stand, und der Reichstagsabgeordnete Erzberger, der in der Zentrumspartei eine große Rolle spielte, enge Fühlung mit dem Vatikan. Sie hatten schon seit dem Frühjahr versucht, den Papst zu einem Friedensschritt zu veranlassen. Nachdem im Zusammenhang hiermit Ende Mai Monsignore Pacelli zum Nuntius in München ernannt worden war, streckte die Kurie im Juni, als der Mißerfolg der großen Entente-Offensive im Westen feststand, einen ersten Fühler bei der Reichsregierung aus. Am 29. Juni überreichte Nuntius Pacelli dem Kaiser im Hauptquartier ein Handschreiben des Papstes Benedikt XV., in dem es hieß, alle seine Anstrengungen blieben darauf gerichtet, die Tage dieses ungeheuren Unheils zu schließen. Kaiser und Kanzler ermutigten den Nuntius, diesen Gedanken weiter zu verfolgen; die katholische Kirche lause sonst Gefahr, von den Friedensanstrengungen des internationalen Sozialismus in Stockholm2) überflügelt zu werden. Der Generalfeldmarschall wurde vom Reichskanzler mündlich über das Geschehene unterrichtet.
Kurz daraus, am 6. Juli, es waren die Tage, da die russische Kerenski-Osfensive weiterhin die geringe Widerstandskraft der österreichisch-ungarischen Front erwies, hieltder Abgeordnete Erzberger anläßlich einer neuen Kriegsanleihe-Forderung im Hauptausschuß des Reichstages eine äußerst pessimistische Rede: Unsere Verbündeten würden wohl nicht lange mehr
1) Näheres S. 14 ff.
2) Vgl. Bd. XII, 6.568. — Das folgende nach Czernin: „Fm Weltkriege", e. 211 ff.
3) Bd. XII, S. 578.
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Ende gant/ Anfang Juli.
12. n. 13. Juli.
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mitmachen, die Fronten würden mit Mühe und Not gehalten, der Unterseekrieg sei ein Fehlschlag; man solle zurückkehren zu dem Gedanken vom 4. August 1914: „Uns treibt nicht Eroberungssucht." Neben der energischen Kriegführung müsse ebenso energisch und zielbewußt politisch aus den Frieden hingearbeitet werden, am besten, indem „eine riesige Majorität" erklären würde: „Wir stehen aus dem Standpunkt des Verständigungs-sriedens, und wir streben einen Frieden des Ausgleichs an, der keine zwangsweise Unterdrückung von Völkern und Grenzteilen kennt."
Die Oberste Heeresleitung war über diesen Vorgang, der von der Presse tags daraus als großes Ereignis gebracht wurde, durch den Kriegsminister sofort unterrichtet worden. Bereits am 7. Juli trafen daraufhin der Generalfeldmarschall und General Ludendorss in Berlin zum Vortrag beim Kaiser ein, der soeben von einem Gegenbesuch bei Kaiser Karl1) aus Wien zurückgekehrt war. Der Kaiser sah im Erscheinen der Generale in erster Linie einen Versuch zur Beseitigung des Reichskanzlers^) und lehnte die Erörterung der Vorgänge im Reichstage als Einmischung in die vom Kanzler zu führende Politik entschieden ab, ebenso auch zwei Tage daraus die Teilnahme der Generale, die inzwischen nach Kreuznach zurückgekehrt waren, an einer Kronratssihung über das künftige preußische Wahlrecht. In dieser Haltung des Monarchen vermuteten Generalfeldmarschall von Hindenburg und General Ludendorfs den Einfluß des Reichskanzlers. Als sie dann erfuhren, daß der Kanzler mit der vom Abgeordneten Erzberger beabsichtigten „Friedensresolution" einverstanden sei, und daß am 11. Juli ein Rücktrittsgesuch des Kanzlers abgelehnt worden sei, drahtete der Generalfeldmarschall am 12. Juli an den Kaiser: „Der Kriegsminister teilt mir mit, daß der Reichstag eine Erklärung über ein Friedensangebot beabsichtige, das als Verzichtsrieden aufgefaßt werden könnte. Ich hege gegen eine solche Erklärung die alterschwersten Bedenken, da sie die bereits vorhandene Beunruhigung im Heere vermehren und im jetzigen Augenblick als Zeichen innerer Schwäche aufgefaßt werden würde. Sie würde nach den Äußerungen des feindlichen Auslandes keinerlei Entgegenkommen finden, vielmehr bei unseren Feinden den Willen zum Durchkämpfen stärken. Euere Majestät darf ich in Rücksicht aus das Heer alleruntertänigst bitten, der Reichsleitung aufzugeben, daß sie eine solche Erklärung verhindere." Der Kaiser, der auch
*) Der Besuch des Kaiserpaares in Wien hatte nur eine höfische Bedeutung. Die Kriegshandlung betreffende Fragen dürften nicht erörtert worden fein, abgesehen von Ausführungen, die das Vertrauen in Wien heben sollten.
2) Nach einem Bericht des ö.-u. Botschafters vom II.Fuli über eine Audienz beim Kaiser am 10. Juli.
Oberste Heeresleitung: Kanzlerwechsel, Friedensresolution des Reichstages. 11
hierin in erster Linie die Beseitigung des Kanzlers als Ziel sah, befahl für den 13. Juli Vortrag der Generale. Unterdessen aber erbaten am Abend des 12. Juli der Generalfeldmarschall und General Ludendorsf den Abschied, da es unmöglich sei — so hieß es im Gesuch des letzteren —> zum Kanzler „das Vertrauen zu haben, das als Grundlage für eine nützliche Zusammenarbeit zwischen dem Herrn Reichskanzler und der Obersten Heeresleitung zur glücklichen Beendigung des Krieges unerläßlich ist, nachdem der Krieg nicht mehr allein auf rein kriegerischem Gebiet ausgesochten werden kann". Demgegenüber erklärte der Reichskanzler dem Kaiser nunmehr, „daß eine Entlassung der beiden so Verdienstreichen und von dem einmütigen Vertrauen der Nation getragenen Heerführer selbstverständlich ausgeschlossen sei", und reichte am 13. Juli früh sein Entlassungsgesuch ein. Da aber inzwischen nicht nur die Heeresleitung das Vertrauen zu seiner Führung verloren hatte, sondern auch die Parteien des Reichstages, war der Kaiser, als er an diesem Tage die beiden Generale empfing, bereits entschlossen, das Gesuch des Kanzlers zu genehmigen. Die Abschiedsgesuche der Heerführer wurden hinfällig. Reichskanzler wurde Dr. Michaelis, ein bewährter Verwaltungsmann, der politisch noch nicht hervorgetreten war.
Die Frage der Friedensresolution ist — soweit bekannt — beim Empfang der Generale am 13. Juli gar nicht erörtert worden. Auch bei ihrer Unterredung mit maßgebenden Abgeordneten am Abend des Tages hat sie zum mindesten nicht im Vordergrund gestanden*). Es handelte sich vielmehr darum, gegenüber der schwarzseherischen Auffassung des Abgeordneten Erzberger die Zuversicht der verantwortlichen Obersten Heeresleitung in die Waagschale zu werfen, das bereits erschütterte Vertrauen der Volksvertreter wieder zu festigen und dadurch mittelbar auch auf den Plan der Friedensresolution oder wenigstens auf deren Inhalt und Ton einzuwirken. Das diesmal besonders früh, bereits am 9. Juli, vom Admiralstab bekanntgegebene wieder erheblich gestiegene Versenkungsergebnis des Unterseekrieges 2) konnte dieses Streben unterstützen. Über die Lage zu Lande faßten die Generale ihre Ansicht etwa dahin zusammen — so schrieb General Ludendorfs nach dem Kriege3) —, daß
*) Een. Ludendorff schreibt in seinen Kriegserinnerungen (S. 362) von der „an sich vollständig irrtümlichen Meinung, wir wären zur Teilnahme an der Beratung der Friedens-resolution eingetroffen".
2) Näheres S. 319.
3) »Meine Kriegserinnerungen", 6.362 f.; „Urkunden der Obersten Heeresleitung",
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sie „ernst, aber gesichert sei. Wir müßten einfach durchhalten, da unsere Feinde den Frieden nicht wollten... Aber die Friedensresolution äußerten wir uns lediglich zurückhaltend; sie entspräche nicht unserer Ansicht, weil sie den Geist der Truppen und den Siegeswillen des Volkes schädlich beeinflussen, von dem Feinde aber als Schwächebekenntnis ausgelegt werden würde und daher eine für uns ungünstige Wirkung ausüben müsse. Auch deuteten wir die etwaigen nachteiligen Folgen aus Bulgarien an, das weitgehende Friedenssorderungen verfolgte. Ich führte aus: Wir werden siegen, wenn hinter dem Heer das Volk in geschlossener Einigkeit steht. Dazu muß die Volksvertretung helfen."
Die Wirkung dieser Eröffnungen von maßgebender militärischer Stelle blieb aus. Trotz Einspruchs des neuen Reichskanzlers brachte am ü. 3»n. Morgen des 14. Juli der „Vorwärts", das Blatt der sozialdemokratischen Partei, den Wortlaut der beabsichtigten Friedensresolution. Der General-seldmarfchall und General Ludendorsf nahmen, wenn auch widerstrebend, auf Bitten des Kanzlers Michaelis, an weiteren parlamentarischen Besprechungen über die Friedensresolution teil. Dabei — so schrieb General Ludendorfs nach dem Kriege1) — sei ihnen äußerst bemerkenswert gewesen, daß „die Notwendigkeit der Friedensresolution von den Mehrheitsparteien mit der inneren Stimmung begründet wurde. Nur so könne die Masse zum weiteren Durchhalten befähigt werden, falls der erwünschte Friede nicht käme ... Der Generalseldmarschall sprach sich nochmals als ältester Vertreter der Obersten Heeresleitung gegen die Resolution aus". Es war aber kein so scharfer Einspruch, wie man ihn nach dem Telegramm vom 12. Juli an den Kaiser erwarten konnte. Die Oberste Heeresleitung — so schrieb General Ludendorsf weiter2) — habe die Friedensresolution „militärisch nicht für richtig gehalten. Der Generalfeldmarschall und ich ermächtigten aber den Reichskanzler, unsere Zustimmung zu seiner Stellungnahme zu ihr öffentlich auszusprechen, weil er einen Konflikt mit der Mehrheit des Reichstages im Interesse unserer Kriegführung vermieden sehen wollte. Wir nahmen damit die Friedensresolution auch aus unsere Schultern, wir hielten dies für weniger schädlich als Wirren im Innern. So weit waren die inneren Zustände Deutschlands gekommen! Wir hofften, daß der neue Reichskanzler sie, wenn auch nur langsam, bessern würde, und hielten deshalb ein Entgegenkommen auf seine Wünsche für notwendig"2).
x) „Meine Kriegserinnerungen", S. 364.
2) Ebenda S. 365,
3) Vgl. S. 14, Anm. 1.
Oberste Heeresleitung: Friedensresolution des Reichstages.
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Am 19. Juli faßte die im wesentlichen aus Sozialdemokraten, Frei- i». g««. sinnigen und Zentrum bestehende Mehrheit des Reichstages mit 214 Stimmen von 347 folgende Entschließung*):
„Wie am 4. August 1914 gilt für das deutsche Volk auch an der Schwelle des vierten Kriegsjahres das Wort der Thronrede: ,Ans treibt nicht Eroberungssucht'. Zur Verteidigung seiner Freiheit und Selbständigkeit, für die Unversehrtheit seines territorialen Besitzstandes hat Deutschland die Waffen ergriffen.
Der Reichstag erstrebt einen Frieden der Verständigung und der dauernden Versöhnung der Völker. Mit einem solchen Frieden sind erzwungene Gebietserwerbungen und politische, wirtschaftliche oder finanzielle Vergewaltigungen unvereinbar.
Der Reichstag weist auch alle Pläne ab, die auf eine wirtschaftliche Absperrung und Verfeindung der Völker nach dem Kriege ausgehen.
Die Freiheit der Meere muß sichergestellt werden. Rur der Wirtschafts-friede wird einem freundschaftlichen Zusammenleben der Völker den Boden bereiten... Solange jedoch die feindlichen Regierungen auf einen solchen Frieden nicht eingehen, solange sie Deutschland und seine Verbündeten mit Eroberung und Vergewaltigung bedrohen, wird das deutsche Volk wie ein Mann zusammenstehen, unerschütterlich ausharren und kämpfen, bis sein und seiner Verbündeten Recht auf Leben und Entwicklung gesichert ist.
Zn seiner Einigkeit ist das deutsche Volk unüberwindlich. Der Reichstag weiß sich darin eins mit den Männern, die in heldenhaftem Kampf das Vaterland schützen. Der unvergängliche Dank des ganzen Volkes ist ihnen sicher."
Diese Kundgebung des Reichstages stellte letzten Endes ein verkapptes Friedensangebot dar und war damit gewissermaßen eine Wiederholung des von den Gegnern schärfstens zurückgewiesenen Angebotes der Reichsregierung vom 12. Dezember 1916, nur daß jetzt auch auf jede Eroberung ausdrücklich verzichtet wurde. Gewiß wurde die Wirkung der Resolution durch eine Rede des Kanzlers, insbesondere durch seine Worte: „wie ich sie (die Resolution) auffasse", namentlich dem Auslande gegenüber abgeschwächt. Darüber, wie sie seitens der Feinde wie der eigenen Bundesgenossen, abgesehen von der Regierung des Kaisers Karl, beurteilt werden würde, konnte bei nüchterner Abwägung kein
*) Die während der Rede des Reichskanzlers eingehende Nachricht vom Siege bei Zloczow, der der russischen Offensive ein Ende bereitete (S. 164ff.), wurde durch Zurufe: „Stimmungsmache" beantwortet.
14 Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
Zweifel fein1). Daß die Regierung die Resolution nicht verhindert, sie nicht einmal entschieden zurückgewiesen hatte, zeigte aller Welt ihre Schwäche gegenüber den Parteien des Reichstages.
2. Entwicklung der Beziehungen zu Österreich-Ungarn und Rriegszielfragen.
An Österreich-Ungarn hatten sich die Verhältnisse besonders bedenklich entwickelt, feit Kaiser Karl die bisher geübte diktatorische Staats-sührung aufgegeben hatte und Ende Mai die Volksvertretung wieder zu Worte kam. Die tschechischen Abgeordneten hatten alsbald die Umwandlung der habsburgischen Monarchie in einen „Bundesstaat freier und guii. gleichberechtigter Nationalstaaten" gefordert. Am 2. Juli wurden Politiker, die von Militärgerichten wegen Hochverrats verurteilt worden waren, durch den Kaiser begnadigt. Diese Amnestie gab den staatsfeindlichen tschechischen.Kreisen ihre Führer zurück, zerstörte die Autorität des Staates und untergrub die Mannszucht bei der Truppe, und das um so mehr, als an demselben 2. Juli bei Zborow tschechische Kriegsgefangene und Überläufer zu einer Brigade formiert, in den Reihen der Russen auftraten, und die ihnen gegenüberstehenden tschechischen Truppenteile des österreichisch-ungarischen Heeres -wieder einmal völlig versagten. „Die traditionellen Beziehungen zwischen dem Obersten Kriegsherrn und dem Offizierkorps erhielten damals den ersten schweren Stoß"*). Am 31. Juli berichtete Generalmajor von Seeckt, der Generalstabschef der Heeresfront Erzherzog Josef, über diese Verhältnisse an die Oberste Heeresleitung: Seit etwa drei Monaten seien in beiden Hälften der Monarchie Bestrebungen im Gange, die zu einer Lockerung des Bündnisses mit Deutschland, wenn nicht zu seiner Auslösung führen könnten. Dadurch würden sie bedeutungsvoll für unsere Kriegführung. Sie beträfen vor allem das Streben nach Durchführung des Nationalitätenprinzips in Österreich und damit die Gründung des föderalistischen Staates. In diesem Gebilde würde neben einem Deutsch-Österreich ein polnischer, ein
*) Rückblickend urteilte Gen. Ludendorfs in „Kriegführung und Politik": „Die Oberste Heeresleitung hatte vor der Friedensresolution gewarnt, ohne indes, wie es richtig gewesen wäre, im Falle ihrer Annahme die äußerste Folge für sich zu ziehen" (S. 131); — und ferner: .„Der Reichskanzler ging, aber die Friedensentschließung blieb. Sie ist einer der größten Fehler der Politik dieses Krieges auf Kosten der Kriegführung. Die Oberste Heeresleitung muß sich den Vorwurf machen, auch wenn sie über die politische Lage nicht unterrichtet war, sich ihr nicht mit allen irgendwie verfügbaren Mitteln entgegengestemmt zu haben" (S. 277).
2) E. von Slaise-Horstenau: „Die Katastrophe", S. 108.
Oberste Heeresleitung: Osterreich-Ilngarn. Kriegszielfragen. 15
tschechischer und ein südslawischer Nationalstaat entstehen. „Es darf darauf hingewiesen werden, daß im österreichischen Abgeordnetenhaus von tschechischer Seite offen ausgesprochen wurde, daß man aus der falschen Seite kämpfe. Die Antwort war der Amnestieerlaß ... Weniger russen-sreundlich, aber ebenso deutschfeindlich ist die polnische Nation. In dem angestrebten Bundesstaat wird für ein Bündnis mit Deutschland keine Majorität sein. Die reichsseindlichen Bestrebungen finden in den uneinigen deutschen Parteien keine entschlossene und geschlossene Gegnerschaft, zum Teil heimliche Sympathie..." Die von der Krone eingeschlagene Politik müsse die bisherigen Fundamente des Staates, die deutsche Vorherrschaft, in ihren Folgen beseitigen. „Die Stärkung der deutschfeindlichen Elemente, die auf einen möglichst baldigen Frieden drängen, birgt die Gefahr, daß die Krone zu einem Abschluß des Krieges gegen den Willen und die Interessen des Bundesgenossen gedrängt wird." Ähnlich lägen die Verhältnisse in Ungarn, wo die Wahlrechtsvorlage und in Verbindung damit der Sturz des Ministerpräsidenten Grasen Tisza alle Verhältnisse geändert hätten. Die den Frieden erstrebenden Rumänen, Serben, Slowaken und Sozialdemokraten würden gegenüber den Magyaren und Deutschen in die Mehrheit kommen. „So sehen wir in beiden Hälften der Monarchie Kräfte am Werk, die uns feindlich sind und deren zunehmenden Einfluß zu verkennen, gefährlich werden könnte."
Am I. August machte Reichskanzler Michaelis seinen Antrittsbesuch in Wien. Er traf sich mit Gras Czernin in der Auffassung, daß es für die Mittelmächte dringend geboten sei, möglichst noch vor dem Winter zum Frieden zu kommen. „Machterweiterungstendenzen" dürsten dabei kein Hindernis bilden. Graf Czernin kam auf seinen bereits im April abgelehnten Plan der Abtretung Elsaß-Lothringens zurück.
Am 9. August folgte eine Aussprache des Reichskanzlers mit der Obersten Heeresleitung in Kreuznach. Dabei wiederholte diese ihre schon bei der Kriegszielbesprechung im Aprils erhobene Forderung, daß Belgien als besonderer Staat in deutscher Hand bleiben müsse. Sollte England aber wider alles Erwarten durch den Anterseekrieg nicht aus die Knie zu zwingen sein — eine Möglichkeit, die von der Heeresleitung hier zum ersten Male erwähnt wurde —, so müsse man zum Schutz des Aachener Industriebezirks mindestens die Festung Lüttich mit nördlichem Vorland behalten. Auch sei das Kohlen- und Erzgebiet von Longwy—Briey unentbehrlich. Ferner seien Vergrößerung des Festungsbereichs von Metz und Grenzberichtigungen westlich des Vogesen-Kammes erwünscht; im
J) Bd. xn, eTsn. ~----------------------------
August.
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Hie Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
August- Austausch hiergegen könnten allenfalls einige französische Ortschaften im Oberelsaß an Frankreich abgetreten werden, aus keinen Fall aber das wichtige dortige Kali-Gebiet. Hinsichtlich des Ostens stimmten Kanzler und Oberste Heeresleitung darin überein, daß das Herzogtum Kurland und das Großsürstentum Litauen') in enger Form an Deutschland angeschlossen werden müßten. In Polen sei die militärische, politische und wirtschaftliche Vorherrschaft Deutschlands anzustreben; werde sie erreicht, so sei nur ein geringes Sicherungsgelände vorwärts der jetzigen deutschen Grenze erforderlich, anderenfalls aber müsse diese Grenze weiter vorgeschoben werden.
Inzwischen war an Stelle des Staatssekretärs Zimmermann der bisherige Botschafter in Konstantinopel von Kühlmann am 7.August Staatssekretär des Auswärtigen Amtes geworden; er hielt ein Niederzwingen der Gegner durch militärische Machtmittel für ausgeschlossen und traf sich darin mit der Auffassung des Grasen Czernin. Als dieser Mitte August in Berlin weilte, ging am 15.August ein Rundschreiben des Papstes an alle Kriegführenden ein, in dem als Grundlage für einen gerechten Frieden vorgeschlagen wurde: Verminderung der Rüstungen, internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Freiheit der Meere, gegenseitiger Verzicht auf Erstattung der Kriegskosten, beiderseitige Räumung der besetzten Gebiete, wobei es sich für Deutschland um die Herausgabe der besetzten Teile Frankreichs und Belgiens „mit Garantie der vollen politischen, militärischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit" handle, für die Westmächte um die Rückgabe der deutschen Kolonien. Damit schien sich vielleicht ein Weg zu Verhandlungen mit den Gegnern zu öffnen. Die Oberste Heeresleitung, die die Gesamtlage in diesen Tagen als günstig ansah, da die deutsche Gegenoffensive in Galizien ein großes Ergebnis gebracht hatte, scheint einen Erfolg des päpstlichen Schrittes für durchaus möglich gehalten zu haben. Am 16. August glaubte General Luden-dorss „sicher, daß die Entente noch in diesem Jahre den Frieden suchen werbe“2). Am 19. August äußerte er im Ferngespräch mit General von Kühl: „Wenn wir Belgien zurückgäben, könnten wir jeden Tag Frieden haben"3). Dann aber übermittelte der päpstliche Nuntius der deutschen Regierung in einem Schreiben vom 30. August die Stellungnahme Eng-
') Bd. XII, S. 575.
2) Brief des Leg.-Rates Freiherrn von Lersner an Staatssekretär von Kühlmann vom 16. August 1917 (Akten des Ausw. Amtes).
3) Aufzeichnung des Gen. von Kühl vom 20. August 1917. An demselben Tage berichtet auch Kronprinz Nupprecht, wahrscheinlich auf Grund des Vortrages des Gen. von Kühl, über diese Äußerung („Mein Kriegstagebuch", II, S. 247).
Oberste Heeresleitung: Friedensschritt des Papstes.
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lands, das unter Hinweis auf die Kriegszielnote der Entente vom Januars als Vorleistung der Mittelmächte die Bekanntgabe ihrer Kriegsziele sowie der von ihnen beabsichtigten Wiederherstellungen und Entschädigungen verlangte; „selbst über Belgien" sei niemals eine bestimmte Zusage bekanntgeworden. Staatssekretär von Kühlmann war jedoch entschlossen, eine öffentliche Erklärung über Belgien zu vermeiden, solange nicht die Gewißheit bestand, dadurch zu wirklich ernsthaften Friedensverhandlungen zu gelangen. Die im übrigen entgegenkommende deutsche Antwort, die am 12. September dem Nuntius überreicht wurde, besagte daher, daß s-pt-mb--. man über Belgien zu verhandeln bereit sei. Unterdessen war aber der päpstliche Vermittlungsversuch angesichts der Antworten der Entente bereits gescheitert; Präsident Wilson z. B. hatte sich überhaupt geweigert,
„mit den augenblicklichen deutschen Machthabern einen Verständigungsfrieden zu schließen".
An den Hergängen war die Oberste Heeresleitung unbeteiligt.
Sie ist zu ihnen erst in einem Kronrat am 11. September und nur zur belgischen Frage gehört worden. Sie entnahm dabei den Mitteilungen des Kanzlers wie des Staatssekretärs von Kühlmann, daß von neutraler Seite ein Schritt unternommen sei, der auf einen Friedensfühler Englands schließen lasse2), und fand sich mit der kaiserlichen Entscheidung ab, daß — falls es noch im Fahre 1917 zu Verhandlungen komme — Belgien preisgegeben werden könne, vorausgesetzt, daß es nicht unter den Einfluß der Gegner falle, sondern tatsächlich unabhängig bleibe. In einem Schreiben vom 15. September faßte der Generalfeldmarschall seine Wünsche aber nochmals dahin zusammen: Bei einem Verzicht aus Belgien müsse man versuchen, vor allem Lüttich in der Hand zu behalten und auch das übrige Land nur allmählich zu räumen, entsprechend der Festigung der Verhältnisse in dem für Deutschland erforderlichen Sinne. Eine über das neutrale Ausland nach London vermittelte unverbindliche Anfrage des Auswärtigen Amtes, ob durch grundsätzliche Zusicherung der deutschen Bereitschaft zur Freigabe Belgiens der Beginn von Friedensverhandlungen erreicht werden könne, ergab dann aber bis Anfang Oktober, daß das nicht der Fall sei.
Unterdessen hatte Graf Czernin gelegentlich seines Aufenthaltes in Deutschland im August auch den Kronprinzen des Deutschen Reiches und den Kronprinzen von Bayern aufgesucht, um sie für seine Friedens-pläne zu gewinnen, war aber auch auf diesem Wege nicht weitergekommen.
*) Bd. XI, S. 472.
2) Die Auffassung war irrig, aber nach dem, was Kanzler und Staatssekretär ausgeführt hatten, berechtigt.
Weltkrieg. XIII. Bd. 0
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Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
Anregungen zu einem Sonderfrieden, die von französischer Seite nach dem Scheitern der Vermittlung des Prinzen Sixtus an ihn herangebracht worden waren, gipfelten am 22. August, dem vierten . Tage des neuen italienischen Ansturms am Isonzo, in einem Vorschlage, der die Abgabe großer reichsdeutscher Gebiete an die Donaumonarchie vorsah, aber auch Polen und Rumänien unter ihren Einfluß stellen wollte. Dieser Vorschlag hatte jedoch zur Voraussetzung, daß Italiens und Serbiens Ansprüche befriedigt würden. Von Befriedigung der italienischen Forderungen wollte man aber in Wien schon gar nichts wissen. Andererseits konnte man die Lage am Isonzo — wie sich immer mehr herausstellte — aus eigener Kraft auf die Dauer nicht halten. Am 26. August erbat Kaiser Karl deutsche Hilfe, aber nur durch Artillerie und Ablösungen an der Ostfront, denn in vorderer Linie sollten deutsche Truppen gegen Italien nicht in Erscheinung treten. An demselben Tage lehnte er die französischen Vorschläge ab. Der deutschen Regierung hatte Graf Czernin die Möglichkeit, mit Frankreich ins Gespräch zu kommen, schon früher angedeutet. Fm Lause der Verhandlungen über die deutsche Unterstützung teilte er nunmehr am 30. August den Inhalt und die Ablehnung des jetzigen französischen Angebots mit, nach dem — wie er sagte — Bayern, Sachsen und Schlesien mit Österreich vereinigt werden sollten.
Aber Unterstützung Österreich-Ungarns durch Waffenhilfe gegen Italien war bereits zu Jahresbeginn verhandelt worden4). Reben rein militärischen Aberlegungen3) sprachen politische mit. Ob ein Wafsen-ersolg — so schrieb General Ludendorss nach dem Kriege3) — „in Verbindung mit der Kohlennot Italien eine innere Krise bringen würde, mußte dahingestellt bleiben. Diese Frage wurde allgemein skeptisch beurteilt." Erst recht war nicht damit zu rechnen, daß Italien nach einer Niederlage aus der Reihe der Gegner ausscheiden könne, denn England war „jederzeit imstande, diesen Verbündeten einfach durch Hunger zur Fortsetzung der einmal eingeschlagenen Politik zu zwingen'"). Wohl aber konnte eine Niederlage Italiens dazu führen, daß seine Forderungen bescheidener wurden und damit ein wesentliches (das letzte) Hindernis für einen österreichisch-ungarischen Sonderfrieden aus dem Wege geräumt war3).
!) Bd. XI, S. 493ff.
2) S. 37.
3) „Meine Kriegserinnerungen", S. 384.
4) Hindenburg: „Aus meinem Leben", S. 151.
5) Die Berechtigung solcher Sorge wird bestätigt durch die Bemerkung des Genmaj. von Elaise-Horstenau (während des Krieges Leiter der Pcefseabteilung bei der v.-u. Heeres»
Oberste Heeresleitung: Waffenhilfe gegen Italien.
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Diese Sorge wurde neu belebt, als Graf Czernin auch im September noch auf dem Wege über deutsche Reichstagsabgeordnete die Reichsregierung zum Verzichtfrieden unter Preisgabe Elsaß-Lothringens zu drängen suchte; der Reichstag möge sie durch Verweigerung weiterer Mittel dazu zwingen. Daher wurde, als die Vorbereitungen zur militärischen Unterstützung des Bundesgenossen am Isonzo bereits in vollem Gange waren, der deutsche General bei der österreichisch-ungarischen Heeresleitung, Generalleutnant von Cramon, vom Kaiser nach Kreuznach besohlen und „mit den bestimmtesten Forderungen'") zu Kaiser Karl zurückgesandt. Am 23. September meldete er, er habe Gelegenheit gehabt, mit General von Arz die Möglichkeit eines Abspringens seitens Österreichs nach einer gelungenen Offensive gegen Italien zu besprechen. „General von Arz versicherte mir, daß daran unter keinen Umständen zu denken sei, und daß er etwaige nach dieser Richtung hin auftretende Gelüste unter allen Umständen zu ersticken wissen würde ..." Kaiser Karl bot schließlich eine schriftliche Versicherung seiner Bündnistreue an und gab General von Cramon die feierliche Zusage, daß er keinen Sonderftieden eingehen werde. Das war für die Oberste Heeresleitung die „Veranlassung, von schriftlichen Abmachungen gelegentlich der Offensive abzusehen'").
In der polnischen Frage hatte sich die Haltung Österreich-Ungarns zu wandeln begonnen, seit Graf Czernin die Hoffnung aus deutsches Ent-
leitung), bah für die Entente der Weg zum Sonderfrieden mit Wien erst durch den Sieg oder die Niederlage Italiens frei geworden fein würde („Die Katastrophe", S. 131).
Daß die Sorge vor einem ö.-u. Sonderftieden bestanden hat, ergibt sich aus den Aufzeichnungen des Gen.Ob. von Plessen vom Juni 1917 (Bd. XII, S. 578, Anm. 1). Bei der O. H. L. scheinen die Auffassungen allerdings nicht einheitlich gewesen zu sein.
Genlt. a. D. Ritter Mertz von Quirnheim, damals Chef der Op. Abt. B der O. H. L., äußerte sich im Juli 1938 dahin, daß sich Gen.Feldm. von Hindenburg im Januar 1917 gegen einen Angriff in Italien ausgesprochen habe, da dann Österreich-Ungarn nach einem Siege nicht mehr beim Bündnis zu hakten sei, das sei damals der entscheidende Grund für die Absage gewesen.
Andererseits hat Gen. Lubendorff nach Bereinigung dieser Frage am 5.Nov.(S. 21) geäußert: „Die Sorge vor einem Separatfrieden Österreichs sei ihm vom Auswärtigen Amt schon wiederholt entgegengebracht worden. Er habe diese Sorge immer abgelehnt, und er lehne sie auch jetzt wieder ab. Seine Majestät der Kaiser Karl habe noch vor Beginn der italienischen Offensive ihm deutlich zu erkennen gegeben, daß er an ein Abspringen von dem Bundesverhältnisse nicht denke (s. oben), ebenso Gras Czernin. Er nehme an, daß im Gegenteil nach den großen Erfolgen in Italien die österreichische Politik sehr stark aktiv und stark annek-tionistisch werde, aber jedenfalls nicht von unserem Bündnis abspringen werde".
*) Tgb.-Aufzeichnungen des Gen. von Krafft vom 28. Okt. 1917 über ihm von Gen. von Cramon gemachte Mitteilungen.
*) Schreiben der O. H. L. an den Reichskanzler vom 28. Dez. 1917,
2*
September.
20 Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
S«pt-Mb«r. gegenkommen hinsichtlich Elsatz-Lothringens verloren hatte. Den Plan, Galizien vereint mit Kongretzpolen Deutschland in enger Form anzugliedern1), gab er aus. Von der Zusage vom 18. Map), daß Deutschlands Kriegsziele im Osten, die Österreich-Ungarns im Südosten liegen sollten, suchte er loszukommen, indem er am 1. September andeutete, daß umgekehrt Österreich-Ungarn seine Ziele künftig in Polen, Deutschland die feinigen in Rumänien suchen könne. Dieser Gedanke fand bei der Obersten Heeresleitung erbitterte Gegnerschaft, während er von der deutschen politischen Leitung keineswegs abgelehnt wurde.
In Polen hatten unterdessen die russische Revolution, vor allem das Schlagwort vom Selbstbestimmungsrecht der Völker, der Eintritt Amerikas in den Krieg, die Verlautbarungen des Präsidenten Wilson, der bereits am 22. Januar ein „einiges unabhängiges, selbständiges Polen" gefordert hatte3), und die offensichtlich schwierige Gesamtlage der Mittelmächte dazu geführt, daß weiteste Kreise für die Zukunft des Landes mehr von der Entente erhofften als von den Mittelmächten. Die großpolnische Propaganda griff in das Gebiet des Oberbefehlshabers Ost über, wo sie den Erwerb Litauens forderte. Die Bildung der unter deutscher Leitung auszustellenden polnischen Armee4) machte keine Fortschritte; bis zum 1. April hatten sich erst 4700 Mann gemeldet. Am 9. April hatte Kaiser Karl den Hinzutritt des bisher beim österreichisch-ungarischen Heere eingesetzten polnischen Hilsskorps, rund 15000 Mann, verfügt. Als aber am 9. Juli die so gebildete Wehrmacht vereidigt werden sollte, ergaben sich durch deutschfeindliche und revolutionäre Amtriebe Schwierigkeiten, die in der Nacht zum 22. Juli zur Verhaftung des Obersten Pilsudski und zur Internierung der Eidverweigerer führten. Auch stellte sich heraus, daß 7000 Angehörige des Hilsskorps nicht russische Polen, sondern österreichisch-ungarische Wehrpflichtige waren. Das Hilfskorps wurde schließlich dem österreichisch-ungarischen Heere wieder zugeführt; an seinen Einsatz an der Front war aber wegen der herrschenden Disziplinlosigkeit einstweilen nicht zu denken. Deutscherseits wurden für die künftige polnische Armee nur noch Lehrtruppenteile von geringer Stärke beibehalten.
Aber den jetzt von Österreich-Ungarn betriebenen Plan der künftigen Otto»«*. Gestaltung Polens hatte der Reichskanzler am 7. Oktober in Kreuznach eine Aussprache mit der Obersten Heeresleitung. Diese forderte für den Fall der Annahme der „austropolnischen Lösung" weitgehende Sicher-
*) Bd. XII, S. 568. 3) Ebenda, S. 575.
O. H. L.: Polnische Frage. Rücktritt des Reichskanzlers Michaelis. 21
heiten, dazu vor allem einen breiten Landstreifen an der deutschen Grenze, und betonte, daß an dem bisher erstrebten Abschluß einer über den Krieg hinaus bindenden Militärkonvention mit Österreich-Ungarn1) jetzt kein Interesse mehr bestehe, denn diese würde — wie die Oberste Heeresleitung am 12. Oktober an General von Cramon schrieb — „lediglich die österreichisch-polnische Wehrmacht stärken, eine Entwicklung, die bei dem unvermeidlich wachsenden Gegensatz zwischen Deutschland und Österreich-Polen unerwünscht sei". General von Cramon solle den Plan nicht weiter betreiben, sondern sich ihm gegenüber ablehnend verhalten.
Am 5. November, unmittelbar nach dem gemeinsamen großen Was- N»v«mb«r. fenersolg gegen Italien, wurde die polnische Frage in einem Kronrat in Berlin erörtert2). Dabei wies Generalseldmarschall von Hindenburg unter anderem aus die Gefahr hin, daß Deutschland, wenn Polen in irgendeiner Form zur österreichisch-ungarischen Monarchie geschlagen würde, von einem einheitlichen Slawentum von Eger bis Lomsha hinauf umspannt werde; „die Politik sei wandelbar". Ebenso sah General Ludendorff in der austropolnischen Lösung eine Gefahr für das Bündnis, weil Polen bei seinen Aspirationen auf Wilna und Litauen, auf Danzig und Posen „sich an Österreich anlehnen werde und müsse und Österreich, als dann stark slawischer und slawisierter Staat, diese Aspirationen unterstützen werde". Er sprach sich daher unbedingt gegen die vorgeschlagene Lösung aus). Da aber alle übrigen Anwesenden zu deren Annahme bereit waren, drang die Oberste Heeresleitung mit ihren Bedenken nicht durch.
Es blieb bei der austropolnischen Lösung, während Rumänien deutsches Einflußgebiet werden sollte. Am folgenden Tage begründete General Ludendorff, in Gegenwart des Grasen Ezernin, unter Vorlage einer Karte die bei der austropolnischen Lösung zu fordernde Abtretung eines breiten polnischen Grenzstreifens2). Er schloß, Deutschland müsse sich wirksam gegen die mögliche Bedrohung schützen. Staatssekretär Helfserich unterstützte diese Ausführungen. Man einigte sich schließlich dahin, daß Gras Ezernin einen Gegenvorschlag zu der vorgelegten Karte machen möge.
Z. Zusammenarbeit mit Reichskanzler Michaelis.
Unterdessen war Reichskanzler Michaelis im Oktober an den Widerständen der Reichstagsparteien gescheitert. Er hatte sein Amt in enger Zusammenarbeit mit der Obersten Heeresleitung verwaltet, die Errichtung
*) Bd. XI, S. 23. — Eine Militärkonvention mit der Türkei wurde am 18. Oktober abgeschlossen. Der Versuch mit Bulgarien zum Abschluß zu kommen, scheiterte dagegen.
2) Reichskanzler Michaelis war inzwischen durch Graf Hertling ersetzt (S. 22).
3) Akten des Ausw. Amtes, abgedruckt in Pari. Unters. Ausschuß 12,1, 6. 211 ff.
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Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
sr»v«mb«r. einer Presse- und Aufklärungszentrale in Aussicht gestellt, Frontreisen führender Abgeordneter vermittelt, um ihr Verständnis für die Erfordernisse der militärischen Kriegführung zu wecken, und wollte sich auch für Änderung des Hilfsdienstgesetzes einsetzen, um dessen inzwischen klar erkannte Schäden*) zu beseitigen. Die Oberste Heeresleitung, bestrebt, innenpolitische Kämpfe zu vermeiden, war bereit, auf die von ihr zunächst geforderte Beseitigung jenes Gesetzes zu verzichten, wenn dies „innenpolitisch zweckmäßig erscheine". Sie hielt aber daran fest, daß scharfe Überwachung und Durchführung der Arbeitspflicht, Einschränkung des Betriebswechsels, Aufhebung der Freizügigkeit zwischen den Arbeitsstellen erreicht werde. Unterdessen entwickelte sich ein Kampf der Reichstagsmehrheit gegen die Einrichtung des „Vaterländischen Unterrichts" der Obersten Heeresleitung wie gegen die durch Generallandschaftsdirektor Kapp und Großadmiral von Lirpitz zur Stützung des Willens zum Siege geschaffene „Vaterlandspartei". Die Linksparteien forderten weitgehende Parlamentarisierung der Regierung. Verhandlungen über die Rolle der Unabhängigen Sozialdemokratie als Anstifterin einer auf der Hochseeflotte aufgedeckten Meuterei führten am I. November zum Abgang des Reichskanzlers Michaelis. Nachfolger wurde der 74jährige Graf Hertling, bisher bayerischer Ministerpräsident und früherer Führer der Zentrumspartei, Vizekanzler der Abgeordnete von Payer der Süddeutschen Volkspartei. Die Oberste Heeresleitung hatte mit Besorgnis gesehen, daß die Reichsregierung nicht die Kraft und daher auch nicht den Weg gefunden hatte, gegen die Unabhängige Sozialdemokratie vorzugehen, war aber bei der Frage des Kanzlerwechsels unbeteiligt geblieben.
C. Neue Ziele der militärischen Kriegführung.
J. Zustand des Heeres, a) Allgemeines.
Die Abwehrkämpfe des Frühjahrs waren im ganzen erfolgreich geführt worden; die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne wurde als deutscher Abwehrsieg gebucht. Die Kräfte des Heeres hatten aber bis zum äußersten angespannt werden müssen. Die Verluste waren teilweise sehr schwer gewesen; in den Monaten April bis Juni hatte das Westheer 384000 Mann verloren, davon 121000 Tote und Vermißte.
*) Bd. XII, 6.25f.
Stimmung im Heere. Vaterländischer Unterricht
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So war die Kampfkraft abermals erheblich gesunken. Die seit Mitte April eemm« mi. durchgeführte Herabsetzung der Brotration*) — nur die im Kampfe stehenden oder gerade aus dem Kampfe zurückkehrenden Truppen erhielten noch die früheren Verpflegungsmengen — wurde schwer empfunden. Sie hatte zwar nach Meldung des Chefs des Feldsanitätswesens den Gesundheitszustand einstweilen nicht beeinträchtigt, es hatte aber eingehender Aufklärung bedurft, um die Stimmung der Truppe nicht zu gefährden.
Auch lange Trennung von Heimat und Angehörigen, eng begrenzte Urlaubsmöglichkeiten, vielfach ungünstig wirkende Nachrichten aus der Heimat und planmäßige Wühlarbeit der Unabhängigen Sozialdemokratie2) wirkten auf sie ein. Dabei spürte jedermann, daß das vom Unterseekrieg erwartete Ende des blutigen Ringens vorläufig noch nicht abzusehen sei.
Die Meutereien aus mehreren Großkampsschifsen der Hochseeflotte im Juli waren eine deutliche Warnung. Es wurden Klagen laut über ungünstige Stimmungsbeeinslussung zwischen Urlaubern und Heimatbevölkerung. Die Oberste Heeresleitung mußte Weisung geben, zu verhindern, daß Nachrichten in die Truppe kamen, die für ihre Siegeszuversicht und Schlagsertigkeit bedrohlich sein könnten. General von Gallwitz hielt allgemeine Kontrolle des Lesestoffes im Heer und ein durchgreifendes Verbot sozialdemokratischer Zeitungen für notwendig3). Durch Einführung „Vaterländischen Unterrichts" für alle Truppenteile im Felde wie in der Heimat suchte die Oberste Heeresleitung dem Sinken der Stimmung entgegenzuwirken. Die Maßnahme wurde durch folgende Leitsätze vom 29, Juli eingeleitet:
»Das deutsche Heer ist durch den Geist, der es beseelt, seinen Feinden überlegen und seinen Verbündeten ein starker Rückhalt.
Zu Beginn des Krieges war die Grundlage dafür Begeisterung und in langer Friedensausbildung anerzogene Manneszucht. Die drei Kriegsjahre haben diese Grundlage verschoben und erweitert. Verständliche Sehnsucht nach Heimat, Familie und Berus kann die Kampfentschlossenheit lähmen und den Willen, bis zum endgültigen Sieg durchzuhalten, abschleifen.
Die Länge des Krieges brachte auch in zunehmendem Maße für Heimat und Heer Entbehrungen und Opfer. Je mehr diese Lasten aus den Geist des Heeres drücken, um so mehr müssen Aberzeugung, Pflichtgefühl und klare Entschlossenheit Grundlage der Kampfkraft des Heeres werden."
') Bd. XII, 6. 571.
2) Bd. XI, 6.35.
3) v. Gallwitz: „Erleben im Westen", 6.208 u. 213.
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Die Entwicklung der Eesamtlage im Sommer 1917.
Sommer 1917. Gegenstand dieses Unterrichts sollten unter anderem sein: Ursachen, des Krieges, Folgen eines verlorenen Krieges, besonders auch für den deutschen Arbeiter, Größe der bisherigen Erfolge und, aus ihr abgeleitet, das Vertrauen zu endgültigem Siege. Siegesbewußtsein, Pflichttreue und Mannesstolz sollten gefördert, vorzeitige Friedenssehnsucht bekämpft werden, denn selbst wenn die Gegner die Aussichtslosigkeit weiterer Kriegführung erkennen sollten, würden sie die Früchte des militärischen Sieges durch Friedensverhandlungen uns zu entreißen suchen. Daher müßten „wir auch dann bereit sein, den Kamps jederzeit wieder aufzunehmen, um unser Kriegsziel, d. H. die Sicherstellung unserer Zukunft, zu erreichen".
b) Ersatzlage.
Das deutsche Feldheer war bei Beginn der großen Frühjahrsschlachten insgesamt 5253 OOO Mann stark gewesen, 680 000 Mann stärker als im Herbst 1916; 13 Generalkommandos und 53 Divisionen waren in dieser Zeit neu gebildet worden, die letzteren zum Teil aus schon bestehenden Truppen; im übrigen waren vor allem Artillerie, technische Truppen und Luststreitkräfte bedeutend vermehrt worden. Fortsetzung dieses Ausbaues war beabsichtigt. Das Kriegsministerium rechnete dafür bis zum September mit einem weiteren Bedarf von etwa 125000 Mann und äußerte, wie auch schon früher, angesichts der Ersatzlage Bedenken gegen Ausstellungen weiterer neuer Truppenverbände und höherer Stäbe. Die Oberste Heeresleitung hielt aber auch diese für unbedingt notwendig und sah die Abhilfe nötigenfalls in Herabsetzung der Fnsanterie-Stärken nach entsprechender Vermehrung der Maschinengewehre. So waren im Frühsommer 1917 neben zahlreichen Einzelformationen doch noch einige höhere Stäbe, vier Divisionen und das „Asienkorps" (ein verstärktes Regiment) neu gebildet worden. Das Feldheer zählte damit 238 Divisionen Infanterie und einige selbständige Brigaden, seine zahlenmäßige Stärke aber begann bereits langsam zu sinken.
Den laufenden Ersatzbedars für den Sommer hatte das Kriegsministerium nach den Erfahrungen von 1916 auf etwa 250000 Mann monatlich, davon etwa ein Drittel Wiedergenesene, berechnet. Der Bestand der Ersahtruppen reichte danach voraussichtlich für drei Monate, also bis Anfang Juli. Es war somit nicht überraschend, daß nach den hohen Verlusten der Frühjahrsschlachten die Gesamtstärke des Heeres Ende Zuli um etwa 16000 Mann geringer war als Anfang April. Der Ausfall betraf naturgemäß in erster Linie die Infanterie. Die Mannschafts-Gefechtsstärke der Bataillone, einschließlich Abkommandierter, betrug an der Westfront durchschnittlich nur noch 713 statt 750 Mann, an der Ost-
Schwierigkeiten der Ersatzlage.
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front 780 statt 800 Mann. Nur zu oft verfügten die heimischen Ersatztruppenteile nicht über die angeforderte Zahl Ausgebildeter. Die Feld-Rekrutendepots, bei denen für jede der im Westen eingesetzten Infanterie-Divisionen etwa 600 Mann in der Ausbildung sein sollten, mußten aushelfen. Trotzdem traten in der Wiederausfüllung abgekämpfter Divisionen und damit in ihrer Wiederverwendbarkeit mehrfach Verzögerungen ein.
Die Schwierigkeiten der Ersatzlage waren zum Teil darauf zurückzuführen, daß in derselben Zeit, da das Feldheer um 680000 Mann gewachsen war, auch die Zahl der vor allem für die Kriegswirtschaft Zurückgestellten um 300000 Mann, von 1200000 Ende September 1916 aus 1500 000 (davon 866000 Kriegsverwendungssähige) im März 1917, gestiegen war; denn die Durchführung des Hindenburg-Programms, daneben die Instandsetzung und Ergänzung des stark heruntergewirtschafteten Eisenbahnmaterials und die Kriegsernährungswirtschaft erforderten zahlreiche geschulte Arbeitskräfte, bei deren Zurückstellung die Oberste Heeresleitung, vor allem anfangs, freigebig gewesen war. Die Bemühungen des Kriegsministeriums, einen Ausgleich zwischen den widerstrebenden Forderungen der Front und der Kriegswirtschaft zu schassen, hatten nur geringen Erfolg, da leistungsfähige Arbeitskräfte zum Ersah der freizumachenden nicht in genügender Zahl zu beschaffen waren. Die vom Hilssdienstgeseh erwartete Wirkung war ausgeblieben, da die Masse der Hilssdienstpflichtigen ohnehin schon im Heere oder in der Kriegswirtschaft eingestellt war. Der Versuch, durch „Auskämmen" die in der Wirtschaft tätigen kriegsverwen-dungsfähigen Mannschaften freizumachen, schlug fehl, denn gleichzeitig forderte diese eine vielmals größere Zahl neu an. Bis Ende Juli waren im ganzen an 600000 Mann abgelöst, die Zahl der erneut Zurückgestellten aber war noch größer, so daß die Gesamtzahl, statt kleiner zu werden, bis Mitte Juli auf 1900000 anstieg; davon waren mehr als die Hälfte kriegsverwendungsfähig. Gleichzeitig nahm die Zahl der aus kriegswirtschaftlichen Gründen zurückgestellten Offiziere ständig zu, sie betrug Ende Mai bereits 4500.
Einen wenn auch beschränkten Erfolg hatte der Versuch, aus der Etappe, den Generalgouvernements und sonstigen besetzten Gebieten sowie aus dem Besatzungsheer in der Heimat Kriegsverwendungssähige herauszuziehen. Eine „Generalmusterung" hatte um die Jahreswende 1916/17 rund 590000 Kriegsverwendungssähige bei den gesamten rückwärtigen Diensten festgestellt, etwa 124000 von ihnen waren bis Ende April für die Front freigemacht worden. Das Verfahren wurde fortgesetzt, litt aber ebenfalls darunter, daß entsprechender Ersatz in den meisten Fällen nicht zur Hand war.
26___________________Die Entwicklung der Sesamtlage im Sommer 1917.
s-mm«r lsi5. Gegen Einsatz des im Juni eingestellten Nekruten-Iahrgangs 1899 (rund 440000, davon310000Kriegsverwendugsfähige) bestanden ernsteste Bedenken, da die im Durchschnitt erst 18jährigen jungen Leute größtenteils noch nicht ausreichend entwickelt waren. Auch mit Rücksicht aus den Ausbildungsstand kam ihre Verwendung an der Front vor dem Herbst nicht in Frage.
Bei dem dauernd sehr hohen Ersatzbedarf des Westheeres blieb der Obersten Heeresleitung zunächst nichts anderes übrig, als Ende Juli für die gesamte Ostfront, wenngleich auch an ihr jetzt ernste Kämpfe im Gange waren, die Ersatzzuweisung aus der Heimat aufs schärfste zu drosseln. Eine schwere Krise der Ersatzlage kündigte sich an; denn die Einberufung des Jahrgangs 1900 (zur Zeit 17jährige) kam frühestens in Jahresfrist in Frage. Ende August regte die Oberste Heeresleitung daher außerordentliche Maßnahmen an, um die Ersatzgestellung fernerhin zu sichern, wobei die im Herbst 1916 von der Reichsregierung abgelehnte Ausdehnung der Wehrpflicht bis zum 60. Lebensjahrs im Vordergrund stand. Man hoffte dadurch Kräfte zu gewinnen, um weitere Kriegsverwendungsfähige aus den rückwärtigen Diensten des Heeres und aus der Wirtschaft herausziehen zu können.
Über die Güte der ins Feld gesandten Ersatzmannschaften war von den Feldtruppen seit Anfang 1917 weniger Klage geführt worden als früher. Gelegentlich wurden die durch kärgliche Ernährung verursachte Körperschwäche sowie die unzulängliche Leistungsfähigkeit älterer Leute beanstandet. Auch zunehmende Anzuverlässigkeit der aus Elsaß-Lothringen und aus polnisch sprechenden Gebieten stammenden Mannschaften gab wiederholt zu Klagen Anlaß. Vereinzelt kamen auch recht bedenkliche Anbotmäßigkeiten bei Ersatztransporten vor-). Gegenstand häufiger Klagen war die unzureichende Ausbildung der Ersatzmannschaften, namentlich solcher, die nicht vorher in Feldrekrutendepots weiter gefördert waren. Vor allem die Ausbildung im Schieß- und Gesechtsdienst sowie im Stellungskampf genügte oft nicht, manchmal aber fehlte es auch an Mannszucht und soldatischer Haltung. In diesen Mängeln zeigte sich die Unzulänglichkeit des den Ersatztruppenteilen schließlich noch verbliebenen Ausbildungspersonals. Sie war zurückzuführen auf die immer wieder zu leistende Abgabe aller kriegsverwendungsfähigen und tüchtigen Leute
*) Bd. XI, S. 37 ff.
2) Ende Juli verweigerten von 300 Mann, die aus dem Bezirk des III. Armeekorps an die Westfront gehen sollten, 13 Unteroffiziere und 130 Mann unterwegs die Weiterfahrt und wurden festgenommen. — Um dieselbe Zeit befanden sich allein 18000 Infanteristen der preußischen Ersatztruppenteile im Arrest oder Gefängnis.
Offizlersersatz. Leichte Maschinengewehre.
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und dem damit verbundenen allzu häufigen Wechsel. Der hohe Wert der Feldrekrutendepots, in denen die Ersahmannschaften vor Einstellung in die Feldtruppenteile durch kriegserfahrene Ausbilder weiter gefördert wurden, trat um so deutlicher in Erscheinung.
Auch in der Ergänzung, der Offiziere ergaben sich Schwierigkeiten, wenngleich die aus dem Frieden überkommenen Bestimmungen durch weitherzige Auslegung stark gelockert waren. Der große Bedarf brachte es mit sich, daß der Nachwuchs auch für das aktive Offizierkorps vielfach Kreisen entnommen werden mußte, die dem Ossizierstande bisher fern standen, daß die Fahnenjunker zum größten Teil in sehr jugendlichem Alter eingestellt wurden und vorher häufig nicht mit der nötigen Strenge erzogen und zur Pflichterfüllung angehalten worden waren. Um so mehr war für ihre Erziehung und Ausbildung, die außer bei der Truppe in besonderen Lehrgängen erfolgte, nicht allein tüchtiges, sondern auch charakterfestes Lehrpersonal erforderlich. Seine Ausbringung aber bereitete bei dem hohen Bedarf des Feldheeres, vornehmlich an kriegserfahrenen älteren Offizieren, immer größere Schwierigkeiten.
c) Waffen, Gerät und Munition*).
Die Ziele des Hindenburg-Programms waren bei weitem noch nicht erreicht.
Bei der Infanterie hatte im zweiten Vierteljahr 1917 die Ausstattung mit leichten Maschinengewehren begonnen, doch konnten die Kompanien statt der in Aussicht genommenen sechs zunächst nur je ein Gewehr erhalten; bis Ende Juli waren die Divisionen der Westfront in dieser Weise ausgerüstet. Die große Unterlegenheit gegenüber Franzosen und Engländern bestand fort. Für die Tankabwehr schienen nach den Meldungen aus der Front die bisherigen Kampfmittel, neben der Artillerie Maschinengewehre mit „s. m. K."-Munition (Spitzgeschoß mit Stahlkern), die allerdings nur leichte Panzerungen durchschlugen, ausgereicht zu haben. Von der Einführung eines Sondergeschützes sah man mit Rücksicht auf die schon bestehende Überlastung der Fabrikation ab.
Bei der Feldartillerie war die Umbewasfnung mit Feldkanone und leichter Feldhaubitze 16, die mit neuen, besonders geformten „6-Ge-schossen" Schußweiten bis zu 10700 und 9700 Meter erreichten, im Sange; bis Ende Juli 1917 waren aber erst etwa 10 v.H. der Kanonen und 16 v.H. der Haubih-Batterien der Westfront neu bewaffnet. Da Fahrversuche inzwischen ergeben hatten, daß beide neuen Geschütze zu schwer waren, um
') Dgl. Bd. XII, S. 5 u. 12ff.
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Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
Sommer 1917. bett Infanterie-Angriff unmittelbar zu begleiten, wollte man für diese Aufgabe einen Teil der alten Feldkanonen beibehalten.
Bei der schweren Artillerie hatte bis Juli etwa ein Fünftel der Steilfeuer-Batterien die neuen Geschütze, lange schwere Feldhaubitze 13 und langen Mörser (größte Schußweiten 8800 und 10200 Meter), erhalten. Beim schweren Flachfeuer war im Mai die erste mit 15 om-Kanonen 16 (größte Schußweite 22800 Meter) ausgerüstete Batterie an die Front gekommen, bis Ende Juli wuchs die Zahl auf zwölf an. Wesentlich vermehrt war das aus Marinebeständen übernommene schwerste Flachfeuer; im Juli standen an der Westfront bereits 14 Batterien 17 cm-, 5 Batterien 21 cm- und 24 Batterien 24 crn-Kanonen mit Schußweiten bis zu 24200 Meter (17 crn-Kanone).
Zugleich mit der Umbewaffnung war aber auch die Gesamtzahl der Rohre der Artillerie wesentlich gewachsen, an der Westfront1) seit dem Sommer 1916:
bei den Feldgeschützen?) von 5300 aus 6700
„ „ schweren Geschützen von 3700 „ 4300
zusammen von 9000 auf 11000,
also um mehr als lOv.H. Da es sich bei dieser Vermehrung durchweg um Gerät neuester Art und besonders um schwere Geschütze handelte, bedeutete sie eine über die zahlenmäßige Steigerung noch hinausgehende Stärkung der Feuerkraft. Dabei waren die Forderungen des Hindenburg-Programms noch keineswegs restlos erfüllt; so war die Fertigstellung von Feldgeschützen gegenüber der im Hindenburg-Programm verlangten Verdoppelung noch sehr weit zurückgeblieben.
Ernste Sorge bereitete die Bespannungs- und Transportsrage. Der Bestand an Pferden nahm vor allem infolge unzureichender Hafer-rationen (drei Pfund täglich = y3 des niedrigsten Satzes der Friedensration), aber auch durch Kampsverluste und Krankheiten an Leistungsfähigkeit und Zahl ab. Anfang September mußte „zur dringend notwendigen Schonung der Pferde" die Bestimmung, daß bei Verschiebungen alle abzugebenden Formationen stets mit gefüllten Munitionsfahrzeugen abrücken sollten, aufgehoben werden. Das führte dazu, daß in ernsten Kampftagen nur zu oft Artillerie-Verstärkungen ohne Munition
*) An der Ostfront war die Zahl so gut wie unverändert geblieben. Die für den rumänischen Feldzug vom Westen dorthin abgegebenen Kräfte waren inzwischen wieder zurück-gegeben.
2) Fn diesen Zahlen rund 400 alte 9-em-Geschütze für Sturmabwehr. — Gesamtzahl einschl. Ostfront, Balkan und Türkei rund 10700 Geschütze.
Umbewaffnung der Artillerie. Munitionslage.
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eintrafen. Der Verwendung des Motors zu Transportzwecken waren vor allem durch Knappheit an Treibmitteln wie an Gummi enge Grenzen gezogen, so daß nur wenige schwere Batterien (Mörser und 15 cm-Kanoncn 16) mit Motorzug ausgestattet werden konnten.
Die Munitionslage war nach wie vor ein Sorgenkind. Die für Mai 1917 erwartete Steigerung der Pulverfertigung auf monatlich lOOOO Tonnen wurde erst im Juli annähernd erreicht. Die Munitionslieferungen wuchsen daher nur sehr langsam. Das im September 1916 von der Obersten Heeresleitung gesteckte Ziel, Verdoppelung bis zum Frühjahr 1917, konnte selbst bis zum Schluß dieses Jahres nicht erreicht werden*). Durch strenges Haushalten war es zwar gelungen, den jeweiligen Bestand an verfügbaren Munitionszügen teilweise erheblich zu steigern. Kennzeichnend für die Lage bleibt aber, daß zahlreiche von Heeresgruppen und Armeen als notwendig erachtete Angrifssunternehmungen mit Rücksicht aus den Munitionsverbrauch von der Obersten Heeresleitung abgelehnt werden mußten3). Mit dem Munitionseinsatz der Gegner im Westen auch nur einigermaßen Schritt zu halten, war völlig ausgeschlossen, wobei allerdings auch die gewaltige Unterlegenheit an Zahl der Rohre (11000 gegen 17000)3) mitsprach.
Eine Neuerung trat auf dem Gebiete der Gasmunition durch Einführung von „Blaukreuz-" und „Gelbkreuz"-Geschossen ein. Erstere, mit einem Kampfstoff von starker Reizwirkung gefüllt, sollten gemischt mit der bisherigen mit tödlich wirkendem ker-Stoff (dem Phosgen der Franzosen entsprechend) gefüllten „Grünkreuz"-Munition verwendet werden und dem Gegner das Atmen unter seiner damaligen Maske unmöglich
*) Monatliche Lieferung von Munitionszügen (93b. XII, S. 24) für:
Feldkan. l.F.H. f.F.H. Mrs. 10 om-Kan.
1916 August.... 122 113 184 70 23
1917 Dezember . . 198 182 211 104 51
2) Als z. B. die 4. Armee im Juli, um die englischen Angriffspläne zu durchkreuzen, für größere Angriffsunternehmen (S. 58) 65 Munitionszüge, 7000 Schuß 13- oder 15-crn-Munition und möglichst hohe Zuschüsse für schwerstes Steil- und Flachfeuer sowie Gasmunition der verschiedenen Arten anforderte, mußte der Sachbearbeiter für Artillerie und Munition bei der O. H. L. melden: Es sei „in jetziger Lage (Streiks pp.) bedenklich, so tief in den Munitionsbeutel zu greifen". Die Munition könne überhaupt nicht in dem geforderten Umfange gegeben werden. „An Feldhaubitzmunition fehlen bis jetzt 16 Züge an der Durchschnitts-Monatslieferung; ob sie nachgeholt werden, muß abgewartet werden. 7000 Schuß 13-om-Kanonen-Munition sind überhaupt nicht vorhanden, ebenso fehlt die Munition für die schwersten Flachfeuergeschütze. 13 Mörser-Züge können bei dem schlechten Zustand dieser Munition nicht gegeben werden". — Weitere Beispiele S. 38 s. und 102.
3) S. 33.
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Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
«•mm« len. machen; riß er sie dann ab, so trat der Per-Stoff der Grünkreuz-Munition m Wirksamkeit. Die Gelbkreuz-Geschosse waren mit einem ganz neuen Kampfstoff gefüllt, von dem der Erfinder annahm, daß die Gegner ihn vor Jahresfrist nicht würden nachmachen können. Dieser Kampfstoff durchdrang Stiesel und Kleider und verursachte selbst in kleinsten Mengen schwere Hautverbrennungen. Damit machte er das Gelände auch für eigene Truppen ungangbar; bei ruhigem Wetter blieb er eine Woche lang wirksam. Das neue Blaukreuz wurde zuerst in der Nacht zum 11. Juli bei Nieuport mit gutem Erfolg angewendet, Gelbkreuz unmittelbar daraus in der Nacht zum 13. Juli vor Dpern. Auch begann man Gasmunition nicht nur aus Geschützen und Minenwerfern zu verschießen, sondern auch aus, den englischen „8tokcs"-Werfern nachgebildeten, „Gaswerfern", 18 cm-Rohren einfachster Art und ohne Schießgestell, die in großer Zahl mit der erforderlichen Erhöhung und Seitenrichtung in den Boden eingegraben, geladen und dann gleichzeitig elektrisch gezündet wurden. Sie wurden zum ersten Male Ende Oktober beim Angriff am Isonzo verwendet.
Der Bau von Flugzeugen nahm seinen planmäßigen Fortgang, erhebliche weitere Vermehrung war in Aussicht genommen. Für das Frühjahr 1918 forderte die Oberste Heeresleitung, daß alle Vorkehrungen getroffen würden, um den Bau von 2000 Flugzeugen und 2500 Motoren monatlich zu ermöglichen*)..
Die Ausstattung des Heeres mit neuzeitlichen Flugabwehr-Kanonen (Flak) machte nach wie vor nur langsame Fortschritte. Immerhin waren bis zum Jahresschluß bereits mehr als 100 schwere Kraftwagen-Flaks (7,7 und 8,8 cm) eingesetzt.
d) Weiterentwicklung des Kampfverfahrens.
Die im Winter erlassenen Kampfvorschristen-) hatten sich in dem wochenlangen Ringen des Frühjahrs gegen Franzosen wie Engländer im wesentlichen bewährt. Als die Oberste Heeresleitung am 10. Juni die bisher gemachten Erfahrungen bekannt gab, handelte es sich nur um Verbesserungen und Ergänzungen, daneben um Hervorhebung bereits ausgesprochener, aber — wie es schien — nicht immer genügend beachteter Grundsätze. Wie bisher beschränkten sich die Weisungen aus die Abwehr im Stellungskrieg; der Angriff wurde nicht behandelt.
Für den Stellungsbau wurde nochmals auf die Notwendigkeit der Tarnung und zahlreicher Scheinanlagen hingewiesen; je mehr Ziele
*) Schreiben an das Kriegsministerium vom 26. guni.
*) Bd. XH, S. 38 ff.
Ergänzung der Kampfvorschriften.
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der Feind beschießen müsse, um so mehr zersplittere sich die Wirkung. Dem wegen der vernichtenden Wirkung des feindlichen Feuers von einigen Seiten empfohlenen Verzicht auf Stellungsbau trat die Oberste Heeresleitung sehr bestimmt entgegen: „Nur durchlaufende Kampf- und Verkehrsgräben, gute Hindernisse und Unterstände ermöglichen das dauernde Halten einer Stellung... Sie sind auch im Großkampf für geordnete Führung, Unterkunft und Versorgung einer Truppe in den hinteren Linien namentlich dann unentbehrlich, wenn die vorderen zu Trichterstellungen geworden sind." Verbindung der Trichter sei, sobald es die Lage erlaube, anzustreben, neue Kampfstellungen aber sollten — sofern nicht die örtlichen Verhältnisse ausnahmsweise anderes erforderten — weiter rückwärts geschaffen, das Trichterfeld nur mit Vortruppen (Vorposten) gehalten werden. Vor tiefminierten Unterständen und großen Tunnels in vorderer Linie wurde nach den Erfahrungen in der Champagne besonders gewarnt; es wurde befohlen, sie „spätestens bei Beginn des Großkampfes" zu zerstören oder zu verkleinern.
Dem Streben, die Divisionsabschnitte immer schmäler zu machen, mußte schon deswegen entgegengetreten werden, weil dafür die Fahl der vorhandenen Divisionen nicht mehr ausreichte. Die Abschnitte sollten im allgemeinen „zwischen 2500 und über 3000 Meter" breit sein. Neu aufgenommen war der Begriff der „Eingreif-Divisionen", die „so nahe, d. h. bis in den Bereich des feindlichen Fernfeuers", vorzuziehen waren, daß sie „im Bedarfsfälle, sofort in den Kampf eingreifen" konnten. Das dürfe aber nicht dazu führen, daß diese Divisionen frühzeitig abgekämpft würden, denn hier lag — wie die Frühjahrskämpfe gezeigt hatten — die große Gefahr bei ihrer Verwendung. Weites Auseinanderziehen der Stellungsbesatzung und bewegliche Kampfführung wurden scharf betont. Aus dem Kampf „in oder um die vorderste Linie" war der Kamps um diel. Stellung geworden. In diesem Zusammeenhang wurde auch darauf hingewiesen, daß ungünstige Stellungsteile nötigenfalls rechtzeitig auszugeben seien: „Wir haben uns gegenüber einer Reihe von Punkten, auf die wir keinesfalls verzichten zu können glaubten, mit dem nicht zu vermeidenden Verlust abfinden können, nachdem wir vergeblich viele Opfer gebracht haben. Die Moral der Truppe wird in solchen Fällen durch rechtzeitige freiwillige Aufgabe auf Befehl nie geschädigt werden, wenn sie die Gründe versteht, während starres Festhalten von Punkten, die offensichtlich für uns ungünstig geworden sind, ihr Vertrauen in die Führung erschüttern muß." Damit war die Oberste Heeresleitung vom starren Festhalten am Geländebesitz noch mehr als bisher abgerückt; Beweglichkeit und Tiefe der Abwehr waren beträchtlich vergrößert.
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Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
6»mm«i9i7. In ben Weisungen für die Artillerie hatte sich nichts Wesentliches geändert. Nach wie vor wurde frühzeitige und -nachhaltige Bekämpfung der feindlichen Angriffsvorbereitungen und damit besonders der feindlichen Artillerie gefordert. Zur unmittelbaren Abwehr des Angriffs selbst wurde planmäßigem Vernichtungsfeuer der Vorzug vor dem starren und automatischen Sperrfeuer gegeben.
Der Kamps gegen feindliche Panzer wurde nicht erwähnt; sie schienen nach den abschließenden Berichten über die Frühjahrskämpfe nicht der gefährliche Gegner zu sein, als der sie zeitweise eingeschätzt worden waren.
Die Mitarbeit der Luftstreitkräfte erschien wichtiger denn je, wenn auch ihre immerhin beschränkte Zahl „Haushalten mit den Kräften der Flieger" zu einer „nicht ernst genug zu nehmenden Pflicht" aller Kommandostellen machte. Zusammenfassung der Luftstreitkräfte an den Hauptkampssronten und innerhalb dieser „in den zur Zeit wichtigsten Abschnitten" wurde erneut gefordert, um „wenigstens für Stunden die feindliche Luftbeobachtung auszuschalten und die eigene sicherzustellen". Ganz besonders hoch wurde die „mühsame, aufreibende, aber ausschlaggebende und dankbare" Tätigkeit des Infanterie- und Artillerie-Fliegers bewertet als eines der wesentlichsten Mittel, um die „unbedingt notwendige Biegsamkeit des Artilleriefeuers" zu erreichen; daneben wurde dem Eingreifen der Infanterie- und Jagdflieger mit Maschinengewehrfeuer in den Erdkampf „hoher moralischer Wert" zuerkannt.
Mit diesen Weisungen war der erheblich gesteigerten Wucht des feindlichen Angriffs in den durch die Beschränktheit der eigenen Mittel gezogenen Grenzen so gut als möglich Rechnung getragen.
2. Operative Erwägungen.
®nbe 3nm. Alles in allem hatte die Oberste Heeresleitung in der zweiten Juni-Hälfte bereits mehr Entschlußfreiheit als vor den großen Abwehrschlachten des Frühjahrs. An den Hauptfronten zeigte die militärische Lage gegen Ende des Monats Juni folgendes Bild:
Im Westen waren die Gegner den deutschen Kräften an Zahl und Material nach wie vor erheblich überlegen. Vor allem verfügten sie über ein wesentliches Mehr an ausgeruhten Reserven, an Arbeitskräften aller Art, an Gerät und an Munition, während auf der deutschen Seite Menschen und Material nur zur Abwehr gerade ausreichten. Bei Gegenüberstellung der Zahl vorhandener Divisionen kommt das keineswegs voll zum Ausdruck. So standen gegen Ende Juni rund 156 deutsche Divisionen
Die militärische Lage Ende guni.
33
gegen etwa 175 der Gegner. Danach betrug die feindliche Überlegenheit nur 19 Divisionen. 60 englische Divisionen waren aber wegen ihrer erheblich größeren Stärke (zwölf statt neun Bataillone mit je 1000 statt 750 Mann) etwa 80, wenn nicht mehr, deutschen gleichzusehen, so daß sich schon damit ein Gesamtverhältnis von 156 zu etwa 195, also eine feindliche Überlegenheit an Stärke von etwa 39 Divisionen, ergab. Dieses Mehr an Kräften machte es den Gegnern möglich, ihren Kampftruppen in ganz anderer Weise Auffrischung zukommen zu lassen, als das auf deutscher Seite durchführbar war. Günstigere Eisenbahnverhältnisse, reichere Transportmittel aller Art und wesentlich bessere Verpflegung kamen hinzu. Im übrigen spielte in den Materialschlachten seit etwa Sommer 1916 die gewaltige französisch-englische Überlegenheit an Maschinengewehren, Geschützen (nahe an 18 000 gegen 11000) ')und Munition eine fast noch größere
Rolle als die an Divisionen.
Bisher war es den Gegnern trotz aller Überlegenheit und größter Kraftanstrengung nirgends gelungen, auch nur ein Loch in die deutsche Front zu schlagen, geschweige denn zum Bewegungskrieg zu kommen. Kein Angriff hatte sie über operativ bedeutungslosen Geländegewinn hinausgeführt. Wohl aber hatten sie erheblich größere Verluste erlitten als der Verteidiger. Solange das Kräfteverhältnis sich nicht änderte, kam nach solchen Erfahrungen eine große deutsche Offensive im Westen keinesfalls in Frage; es fehlten einfach die Mittel dazu. Inzwischen aber zeigte sich immer klarer, daß die Engländer sich zu einer neuen sehr großen Kraftanstrengung in Flandern — vielleicht sogar unter Landung aus holländischem Gebiet — bereit machten mit dem Ziele, dem deutschen ünterseekrieg, soweit er von der belgischen Küste aus geführt wurde, ein Ende zu bereiten. Auch begann das französische Heer sich von den Erschütterungen der Frühjahrsniederlage bald zu erholen und kam wieder in die Hand seiner Führer. Eine Unterstützung der großen englischen Offensive durch französische Teilangrisfe erschien daher jederzeit möglich. In solcher Lage mußte die Oberste Heeresleitung ihre geringen Reserven
<m922ai ftanbcn on der Westfront (Zahlen für Westmächte nach amtl. franz. Werk, Bd. V, 2, G.34, 45 u. 47; Zahlen für deutsche Seite: leichte Gesch. nach Kriegs-guederungen der Armeen, schw. Gesch. nach O. H. L.-Nachweisungen):
o- „ ... , leichte Gesch. schw. Gesch. zusammen
Westmachte (vgl. S. 50) . . 10400 7320 17720
Rutsche........................... 6700 4300 11000
artilleristische Stärkeverhältnis war also etwa 16:10. 1,6:1. Es hat sich bis , c vul, durch Abgabe von insgesamt zehn deutschen Divisionen mit je etwa 40, zu-
fammcn rund 400 Geschützen nach dem Osten noch weiter zuungunsten der deutschen Seite verschoben. '
Weltkrieg, xm. Bd.
34
Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
®n>e sunt, für die bevorstehenden Abwehrkämpfe zusammenhalten, wobei nicht nur der Westen, sondern auch der Osten plötzliche Anforderungen stellen konnte. Es kam sogar in Frage, durch Frontverkürzung oder Aufgabe krästever-zehrender Stellungsteile weitere Reserven freizumachen. Aber auch dem standen ernste Bedenken entgegen. Abgesehen davon, daß dabei auch der Gegner Kräfte einsparen konnte, war es vor allem die Rückwirkung auf das Urteil der Feinde, die darin leicht ein Moment der Schwäche erblicken konnten, gm übrigen war jedes Ausweichen bei der zunehmenden Unbeweglichkeit der Truppen ein Unternehmen, das langer Vorbereitung bedurfte. Das in den alten Stellungen eingebaute, bei Rohstoffknappheit und Arbeiter,mangel kaum ersetzbare Gerät aller Art mußte zurückgeschafft werden, und meist waren auch neue Stellungen mit entsprechenden Arbeitskräften erst zu bauen. Vor Verdun, wo ein Ausweichen taktisch sicherlich erwünscht war, war außerdem zu berücksichtigen, daß jedes Zurücknehmen der Front auf dem östlichen Maas-Ufer sowohl für die Eisenbahnverbindung Metz—Montmedy—Sedan zum rechten Flügel des West-heeres als auch für die nach Süden anschließenden Stellungen der Armee-Abteilung C und damit für das kriegswichtige Erzgebiet von Briey erhöhte Gefährdung bedeutete, und daß ein Ausweichen auf dem Westufer auch aus das Oftufer zurückwirken mußte. So ist die Frage des Aufgebens von Gelände vor Verdun zunächst nicht mehr erörtert worden.
Während bei den Heeresgruppen Kronprinz Rupprecht und Deutscher Kronprinz die Kampftätigkeit nicht zum Stillstand kam und schwere Angriffe bevorzustehen schienen, war die gesamte Front der Heeresgruppe Herzog Albrecht dauernd sehr ruhig. Trotzdem stand an ihr eine größere Zahl von Divisionen als die Franzosen gegenüber eingesetzt hatten; denn die rund 300 Kilometer lange deutsche Linie, an der der Stellungsbau aus Mangel an Kräften immer noch sehr weit zurück war, konnte angesichts der schwierigen Lage im St.Mihiel-Bogen, der dem Gegner die wichtige Bahn Toul—Verdun sperrte, sowie der seit langem im Gang befindlichen französischen Angriffsvorbereitungen in Lothringen und vor allem im Sundgau mit weniger nicht wohl auskommen.
An der Ostfront bestand nach wie vor eine bedeutende zahlenmäßige Überlegenheit des Gegners; sie wurde aber durch dessen geringeren Kampswert und Mangel an Material jeder Art zu einem wesentlichen Teil ausgeglichen. Immerhin war die Front so dünn beseht, daß die Oberste Heeresleitung angesichts der demnächst erwarteten russischen Offensive in Ost-galizien1) trotz der schwierigen Lage an der Westfront bereits Mitte Juni zwei Divisionen und elf schwere Batterien der Westfront nach dem Osten
J) Bd. XII, S. 505f.
Denkschrift des Majors Wetzell vom 20. Juni.
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bestimmt hatte, im übrigen aber dauernd eine Reserve von vier bis sechs ausgesuchten Divisionen bereit hielt, um dort einen Gegenangriff zu führen.
Aber die Frage, was weiter geschehen solle, legte Major Wetzell, Chef der Operations-Abteilung I der Obersten Heeresleitung, am 20. Juni General Ludendorfs eine Denkschrift vor. Entsprechend seinem schon immer geringen Vertrauen zur Wirksamkeit des Unterseekrieges allein, führte er, an eine Denkschrift vom Mai1) anknüpfend, aus:
Der U-Boot-Krieg wirke; ob er die erhoffte Schlußentscheidung bringe, bleibe fraglich; es stünden sich in dieser Frage die Ansichten noch schroff gegenüber?). Ausfallend mache sich jetzt bereits der Eintritt Amerikas dahin bemerkbar, daß unsere Feinde fester denn je entschlossen seien, durchzuhalten, um die Entscheidung zusammen mit den Amerikanern im nächsten Frühjahr zu erkämpfen. Das russische Heer scheine allmählich wieder in die Hände seiner Führer zu kommen, eine russische Offensive sei nicht unwahrscheinlich. Fe früher sie komme, desto besser, wenn es gelinge, sie gründlichst abzufertigen; dann allerdings wäre für uns der Augenblick zu neuem Handeln an der Riga- oder der rumänischen Front gekommen. Fm Westen stehe eine starke englische Durchbruchsossensive in Flandern bevor. Der Franzose werde sie vielleicht durch Teilangrisse unterstützen. Unsererseits auf der Westfront Offensiv-Unternehmungen größeren Stils zu versuchen, könne aus vielerlei Gründen nach wie vor nicht empfohlen werden. Wir befänden uns mithin auf der See in der Vorhand, auf dem Lande in der Hinterhand; hier diktiere der Gegner uns das Gesetz. Es scheine geboten, aus diesem Zustand herauszukommen, bevor die amerikanische Hilfe uns noch mehr einenge, und das sei nur mög-
*) Bd.XII, 6.2u.548ff. — Die Denkschriften des Majors Wetzell find neben denen der Abteilung Fremde Heere und der Politischen Abteilung die einzigen aus jener Zeit stammenden dienstlichen Aufzeichnungen, die in die Auffassungen und Erwägungen der O. H. L. auf operativem Gebiet einen gewissen Einblick gewähren. Sie enthalten Gedanken, die von berufener Seite an Gen. Ludendorff herangebracht wurden, darunter auch solche, die in bewußtem Gegensatz zur Auffassung des Generals ausgesprochen wurden, denn dieser hatte seinen ersten Berater auf operativem Gebiet von Anfang an ersucht, auch seine etwa abweichende Meinung ihm jederzeit offen zur Kenntnis zu bringen (Mitteilung des Gen. Wetzell vom Nov. 1941). Über die Denkschriften hat Gen. Ludendorff jeweils nachher mit Major Wetzell gesprochen. Welche Stellung er dabei eingenommen hat, ist aber nur in den seltensten Fällen bekannt. Er ist keineswegs immer auf sie eingegangen, hat vielmehr den großen Zug der geplanten Maßnahmen stets selbst bestimmt und überwacht. Auszeichnungen von ihm fehlen aber so gut wie ganz, und was er in seinen Kriegserinnerungen niedergelegt hat, ist erst ein bis zwei Jahre später und unter völlig veränderten Verhältnissen zu Papier gebracht. Es gibt daher wohl die leitenden' Gedanken zutreffend wieder, reicht aber für Einzelftagen als Quelle nicht aus.
2)©.7f.
3*
36
Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
®nb«3oni. lich durch eine Offensive gegen den schwächsten Gegner, die Italiener, deren Kampfkraft durch ihre letzten Angriffes sicherlich außerordentlich gelitten habe. Diese Offensive sei auch darum geboten, weil Österreich sonst als letzte Rettung sich zu einem faulen Frieden verstehen könnte. Sie bedeute kein Wagnis. Um die nötigen Kräfte zu gewinnen, dachte Major Wetzelt an die bereits früher vorgeschlagene Zurücknahme der Front am ChemindesDames2). Sie spiele keine ausschlaggebende Rolle, wenn sie durch einen durchschlagenden Erfolg ausgeglichen werde, zumal man in den jetzigen Stellungen weder bei der 7. noch 1. Armee durch den Winter verbleiben könne»). „Die Bedenken, daß die Landausgabe den Franzosen zu neuen Taten begeistern, ihm neue Hoffnung schaffen könnte", schätze er gering ein. Die Presse werde diese Töne gewiß anschlagen, Kenner werden sich aber vor Augen halten, daß der Abzug in die Siegsried-Stellung der Totengräber der großen französischen Durchbruchs-Offensive war. Er glaube deshalb, daß „eine neue freiwillige operative Rückbewegung unsere Truppen auffrischen, den Franzosen aber eher pessimistisch als optimistisch stimmen würde". Die Lage an der Westfront werde nach Rückverlegung der Front durch den Wegzug von zwölf Divisionen „in keiner Weise gefährdet". Es blieben immer noch 30 bis 35 Divisionen hinter den Heeresgruppen Deutscher Kronprinz und Herzog Albrecht, also ebensoviel wie vor der großen französischen Durchbruchs-Offensive. Um den Angriff gegen die neue Front der 7., 1. und 3. Armee vorzubereiten, brauche der Gegner mindestens zwei bis drei Monate. Er könne sich also nur gegen die 5. Armee und die Heeresgruppe Herzog Albrecht wenden, dagegen aber seien genug Reserven zur Hand.
Die Denkschrift schloß: „Eine erfolgreiche Offensive gegen Italien würde entweder den italienischen Zusammenbruch oder sranzösisch-englisch-amerikanische Hilfe bringen, also neben einem jetzt nicht abzuwertenden, sicheren militärischen Gewinn unsererseits eine große Entlastung der Westfront. Ob nicht Frankreich dann einlenken wird, bleibt dahingestellt. Daß die Entente Italien seinem Geschick überlassen wird, glaube ich nicht, da ein Erfolg in Ober-Italien sehr bald die nach Griechenland, Saloniki, Kleinasien und Ägypten so überaus wichtige Zubringerlinie Mont Cenis—Turin—Brindisi gefährden würde. Die bei einer italienischen Offensive (zunächst Richtung Venedig, dann Turin) zu durchmessen-
x) Bd. XII, S.SIZff.
2) Bd. XII, S. 550.
3) Bd. XII, S. 552.
Denkschrift des Majors Wetzell vom 20. Juni.
37
den Entfernungen sind geringer als die in Rumänien nach schnellen Schlägen durcheilten. Warum soll, was dort unter erheblich schwierigeren Verhältnissen möglich war, nicht hier ausführbar sein?
Noch immer wird die deutsche Armee im Angriff alles leisten, was eine großzügige Führung von ihr verlangt, und gegen Italien ist unbedingt auch die österreichisch-ungarische Armee in Schwung zu bringen. Das bleibt besonders zu beachten und ist als Erfolg versprechendes, moralisches Plus hoch zu bewerten.
Ferner bleibt zu bedenken, daß nach dem Abschluß einer erfolgreichen italienischen Offensive, wo es auch immer sei, Kräfte frei werden, um mit Rußland ernstere Töne zu sprechen. Ginge dies vor Wintersanbruch, so dürste man vielleicht sehr schnell zu dem von uns gewollten Friedensergebnis kommen.
Zusammenfassend läßt sich jedenfalls sagen, daß die Mittelmächte nach einer erfolgreichen Offensive in Ober-Italien unter ganz anderen Verhältnissen und mit anderer Zuversicht aus den endgültigen Sieg dem Winter und den kommenden Frühlingsanstürmen entgegensehen können, als wenn wir unseren Gegnern weiter die Initiative überlassen und in der schwierigen Verteidigung unsere Kräfte verbrauchen."
General Ludendorsf ging auf den Vorschlag einer Offensive gegen Italien nicht ein. Sie konnte — wie er nach dem Kriege schrieb*) — „gewiß wirksam werden und die Westfront unmittelbar entlasten". Einstweilen aber rechnete er noch mit baldiger entscheidender Wirkung des Unterseekrieges. Daneben dürsten die Gründe (Aufzeichnungen fehlen) aus militärischem Gebiet ähnliche gewesen sein wie die, welche im Winter 1915/16 bereits General von Falkenhayn abgehalten hatten, auf die Pläne des Generals von Conrad einzugehen2): Er versprach sich von einem Siege in Italien keine kriegsentscheidende Wirkung; auch war er gegen neues Ausweichen im Westen, das die Voraussetzung für den Wetzellschen Plan bildete, vor allem aber mußten die vorhandenen geringen Reserven zunächst noch gegen Rußland bereitgehalten werden.
Der Gedanke des Angriffs auf die morsche russische Front nahm gegen Ende des Monats Juni festere Gestalt an. Darüber schrieb General Ludendorsf nach dem Kriege3), im Großen Hauptquartier sei der Gedanke oft genug besprochen worden, daß angesichts der russischen Re-
1) „Meine Kriegserinnerungen", 6.384.
2) Bd. X, S. 4ff. u. Erich von Falkenhayn: „Die Oberste Heeresleitung 1914—1916“, 6.164ff. — Politische Erwägungen S. 18/19 Anm. 5.
3) „Meine Kriegserinnerungen", S. 343 ff.
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Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
Ende Juni, volution ein Angriff mit Truppen der Ostfront, verstärkt durch einige Westdivisionen, besser wäre als Zusehen. „Ich ging nicht darauf ein, obschon sich die Lage im Westen gebessert hatte. Fch wollte nichts tun, um selbst nur dem Schein nach eine wirkliche Friedensmöglichkeit zu stören. Auch militärisch war dies Handeln berechtigt, weil jede Revolution an der Kampfkraft eines Heeres frißt." Als sich dann aber das Bevorstehen eines großen russischen Angriffs immer deutlicher zeigte, fragte General Ludendorsf am 24. Juni am Fernsprecher den Chef des Generalstabes des Oberbefehlshabers Ost, ob dieser nach Zuführung einiger Divisionen in der Lage sei, der erwarteten russischen Offensive durch Gegenangriff zu begegnen. Da Oberst Hoffmann diese Frage bejahte, wurden ihm fünf kampfkräftige Divisionen aus dem Westen zugesagt. Am 27. Juni erging der entsprechende Befehl an den Oberbefehlshaber Ost; Ziel des Gegenangriffs sollte etwa die Linie Czernowitz—Tarnopol, also die österreichische Ostgrenze, sein; doch hoffte man darüber hinaus auf eine weiter reichende Operation. Entscheidend wak dabei, „wie die russischen Truppen sich schlagen würden". Falls das russische Heer zusammenbrach, und damit erhebliche deutsche Kräfte für die Westfront frei wurden, ergab sich — wie General Ludendorff bei einer Besprechung mit Oberst HosfmannH schon im April erörtert hatte — auch die Möglichkeit einer Kriegsentscheidung durch Angriff im Westen.
Als dann die russische Offensive mit einer Artillerievorbereitung von bisher im Osten nicht gekannter Stärke tatsächlich einsetzte, wurde am 30. Juni der Abtransport der zugesagten Divisionen besohlen2). Damit waren die geringen Kräfte, die der Westen ohne Zurücknahme von Teilen der Front für aktive Operationen abzugeben in der Lage war, festgelegt. Inzwischen gingen mehrfache Anträge aus meist kleinere Angrisfsunter-nehmungen bei der Obersten Heeresleitung ein. Die Art ihrer Behandlung durch diese kennzeichnet die gespannte Gesamtlage:
AnfangI»,i. Im Bereich der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht waren die Vorbereitungen für die Abwehrschlacht in Flandern in vollem Gange. Als die 4. Armee nach einem Angriffserfolg an der Bser-Mündung, um die gegnerischen Pläne weiterhin zu durchkreuzen, am 11. Juli Artillerie und vor allem Munition für zwei neue Angrifssunternehmungen3) von der Obersten Heeresleitung forderte, konnte erstere nicht gegeben werden, wenn die 5. Armee zur Abwehr des bei ihr erwarteten französischen Angriffs genügend Artillerie erhalten sollte. Aber auch die Munitionsforde-
*) Bd. XII, S. 49411. „Aufzeichnungen des Eenmaj. Max Hoffmann", II, S. 171.
2) Weiteres S. 159ff.
3) 6.58.
Angriff im Osten. Abwehr im Westen.
39
rungen waren nicht erfüllbar1). Die Oberste Heeresleitung genehmigte daher nur das kleinere der beiden Unternehmen, für das die Heeresgruppe selber Truppen, Artillerie und Munition stellen sollte. Zur Ausführung auch dieses Unternehmens ist es aber nicht gekommen, da schließlich weder Heeresgruppe noch Armee angesichts des bevorstehenden englischen Angriffs die erforderliche Munition freimachen konnten2).
Die Heeresgruppe Deutscher Kronprinz, die von den Abgaben für den Osten in erster Linie betroffen war, hatte in Verfolg ihrer im Juni gemachten Eingaben bereits Anfang Juli Angriffsentwürfe vorgelegt, um die im Abwehrkampfe entstandenen Stellungen durch örtliche Vorstöße zu verbessern. Bei der 7. Armee sollte durch eine Reihe von Unternehmungen die Front am Chemin des Dames wieder größere Tiefe erhalten. Randbemerkungen des Majors Wehell zeigten, daß dieses Vorhaben wegen des erforderlichen Kräftebedarfs der Obersten Heeresleitung höchst unerwünscht war. Indessen war General Ludendorff am 5. Juli damit einverstanden, daß wenigstens östlich von Cerny durch Teilangriffe eine günstigere Dauerstellung gewonnen würöe, wollte aber über die einzelnen Teilunternehmungen jeweils rechtzeitig vorher unterrichtet sein, denn: „mit je weniger solcher wir auskommen, um so mehr entspricht dies der Gesamtlage." Einen Angriffsantrag der 1. Armee, den die Heeresgruppe für weniger dringlich hielt, hatte sie bereits selber abgelehnt und dafür den Ausbau einer rückwärtigen Dauerstellung befohlen, in die später zurückgegangen werden könne. Hiermit war die Oberste Heeresleitung einverstanden. Die Maßnahme entsprach der Knappheit der Mittel. Am 17. Juli kam die Heeresgruppe aber doch nochmals auf die An-griffspläne der 1. Armee zurück, wobei sie auf die Wirkung der neu eingeführten Gasmunition2) hoffte; mit dieser bestehe Aussicht, das ganze Höhengelände vor der Gruppe Prosnes bis zur alten I. Stellung bei verhältnismäßig geringem Kräftezuschuß 4) in einem Schlage zurückzugewinnen. Die Oberste Heeresleitung war aber inzwischen bereits am 14. Juli zu der Überzeugung gekommen, daß der englische Angriff in Flandern jetzt dicht bevorstehe. Sie lehnte daher den Plan nicht gerade ab, doch sollte mit Vorbereitungen noch gewartet werden, da die Durchführbarkeit
vom Kräfte- und Munitionsverbrauch in Flandern abhänge.
') S. 29 Anm. 2. ~
2) Der Vorschlag zu einem großen Entlastungsangriff, den die 6. Armee unmittelbar w>r Beginn der englischen Offensive in Flandern vorlegte, wird im Zusammenhang mit dieser behandelt (S. 62).
3) 6.29 f.
4) 42 schwere, 2—3 schwerste Bttrn., 3 Regtr. aus der Heercs-Felda.Rei., 2 M.W.Btle., etwa 20 Züge Brisanzmunition für schwere, 6 für leichte Art., 10 Züge Gasmunition.
VR’itU Juli.
40
Die Entwicklung der Eesamtlage im Sommer 1917.
«n t>tgeil. Als am 20. Juli die Wiedernahme eines am 17. bei der 5. Armee
auf dem westlichen Maas-Ufer verlorengegangenen Stellungsteiles an
der Höhe 304 zur Frage stand, wies die Oberste Heeresleitung auf die
„sehr erheblichen" Verluste hin, die das letzte Angriffsunternehmen dort Ende Juni gekostet habe, und fragte zunächst, ob die Rückeroberung „tatsächlich erforderlich sei". Als Armee und Heeresgruppe das bejahten und übereinstimmend meldeten, daß die Höhe 304 gehalten werden müsse, wenn nicht die vorderen Stellungen bis weit auf das Ostufer verlorengehen sollten, gab sie am 24. Juli ihre Einwilligung, doch solle man sich „bei der Wiedernahme des Geländes unbedingt mit dem absolut Nötigsten begnügen".
Die Hergänge zeigen klar, wie sehr der Obersten Heeresleitung daran gelegen war, Kräfte zu sparen. Zu dem durchgreifenden Entschlüsse, für diesen Zweck die Räumung schwer zu haltender oder besonders viel Kräfte verbrauchender Stellungsteile anzuordnen, — wie sie es in den Weisungen vom 10. Funt1) empfohlen hatte — hat sie sich aber aus den schon dargelegten Gründen2) im Einzelsalle so gut wie nirgends entschließen können.
Bei der Armee-Abteilung C der Heeresgruppe Herzog Albrecht stand zur Frage, ob der vorspringende Bogen von St. Mihiel aufgegeben werden solle, wenngleich hier einstweilen kein Angriff erwartet wurde. Der Ausbau der rückwärtigen „Michel-Stellung" war aber noch weit zurück, und Arbeitskräfte, um ihn zu fördern, damit man später einmal feindlichem Großangriff ausweichen könne, konnten nicht gegeben, sondern nur in Aussicht gestellt werden.
Unterdessen hatte sich in der zweiten Iulihälfte die Lage weiter zugespitzt. Fn Flandern schien der englische Angriff unmittelbar bevorzustehen und auch der Osten forderte weitere Kräfte. Nochmals mußten zwei gute Divisionen dorthin abgegeben werden; damit war das West-heer seit Anfang Juni um zehn Divisionen geschwächt. Am 25. Juli erging an die Armeen der Westfront eine Weisung, nach der das Kleben am Geländebesitz noch mehr als bisher vermieden werden müsse. Gleichzeitig erhielt die Heeresgruppe Deutscher Kronprinz Mitteilung, daß mit Durchführung der Unternehmungen der 7. und 1. Armee nicht mehr zu rechnen fei. Die Heeresgruppe hatte weitere Infanterie, vor allem aber Artillerie für Flandern freizumachen.
Gegen Ende Juli, bei Beginn des englischen Infanterie-Angriffs, standen die Heere der Westfront in Divisionen ausgedrückt (ohne Kavallerie-
l) S. 30 ff. ==) 6.34.
Kräfteverhältnis im Westen. Ende Juli.
41
Divisionen) nach einer Lagenkarte der Obersten Heeresleitung in folgender Stärke einander gegenüber*):
Feind: Deutsches Westheer:
Hgr. Kronprinz Rupprecht
62 englische Divisionen 16 französische Divisionen 6 belgische Divisionen 2 portugiesische Divisionen
86 Divisionen 63y2 Divisionen
(davon 33 in Reserve) (davon 21 y2 in Reserve)
2200 schwere Geschütze
Hgr. Deutscher Kronprinz 71 französische Divisionen 60 Divisionen
(davon 34 in Reserve) (davon 17 in Reserve)
1300 schwere Geschütze
Hgr. Herzog Albrecht
21 französische Divisionen 24y2 Divisionen
(davon 5 in Reserve) (davon 1 in Reserve)
_____________________________________800 schwere Geschütze
178 Divisionen 148 Divisionen
(davon 72 in Reserve) (davon 39*/a in Reserve)
7300 schwere Geschütze 4300 schwere Geschütze
ferner:
6—7 Divisionen in England 1 amerikanische Division seit Juli in Frankreich.
Bei den Gegnern war die Zahl der nicht eingesetzten Divisionen (ohne die in England und ohne amerikanische) um 32 größer als auf deutscher Seite, darunter 22 besonders starke englische Divisionen. Zudem hatten einige dieser Divisionen durch die Kämpfe der vorhergehenden Monate noch gar nicht oder kaum gelitten.
*) Die Reserven der O. H. L. (6-8 Divisionen) sind bei den Heeresgruppen mit enthalten. — Tatsächliche Zahl (6.50) und Verteilung der feindlichen Divisionen wichen nur wenig von der Auffassung der O. H. L. ab. - Unterlagen für die Zahlen der schweren Geschütze S. 33 Anm. 1. — Die Verteilung der feindlichen schweren Geschütze auf die gegenüberstehende deutsche Front ist nicht bekannt.
42 Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
Die Lage des deutschen Wescheeres bei Beginn der großen Schlacht in Flandern war gekennzeichnet durch stärkste Anspannung der verfügbaren Kräfte, deren einzelne Teile nur in beschränktem Maße anderen Stellen der Front zugeführt werden konnten. Die Gefahr eines operativen Durchbruchs, wie er in den Vorjahren und im Frühjahr 1917 seitens der Gegner angestrebt worden war, war zwar in den Hintergrund getreten, doch schienen sie entschlossen, die deutsche Front durch Einzelschläge zu fesseln und zu zermürben, vor allem aber den rechten Heeresslügel von der See abzudrängen.
Gliederung des Westheeres am 1.August 1917. Beginn der Flandern-Schlacht. i.August. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht (65y2 Infanterie-Divisionen*) und 1 berittene Kavallerie-Division): Gen.Feldm. Rupprecht Kronprinz von Bayern, Chef d. Senst. Genlt. von Kühl.
4. Armee (17 Divisionen in der Front, 13y2 Divisionen?) und 1 berittene Kavallerie-Division dahinter, 1 Division im Antransport): Gen. d. Inf. Sipt von Armin, Chef d. Eenst. Oberst (ab 3. August Genmaj.) von Loßberg.
6. Armee (15 Divisionen in der Front, 7 Divisionen dahinter): Gen.
d. Inf. Otto von Belöw (ab 9. September Gen. d. Ins. von Quast), Ches d.Genst. Maj.Stapfs (ab 27. August Obstlt. Lenz).
2.Armee (10 Divisionen in der Front, 2 Divisionen dahinter): Gen. d. Kav. von der Marwitz, Chef d. Genst. Obstlt. von Pawelsz (ab 27. August Maj. Stapss).
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz (59 Infanterie-Divisionen): Gen. d. Inf. Wilhelm Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen, Chef d. Genst. Oberst Gras von der Schulenburg.
7. Armee (12 Divisionen in der Front, 6 Divisionen dahinter): Gen.
d. Ins. von Boehn, Chef d. Genst. Obstlt. Reinhardt.
1. Armee (11 Divisionen in der Front, 3 Divisionen dahinter): Gen. d. Inf. Fritz von Below, Chef d. Genst. Maj. von Klüber.
3. Armee (9 Divisionen in der Front, 3 Divisionen dahinter): Gen.Ob.
von Einem gen. von Rothmaler, Chef d. Genst. Oberst (ab 30. November Genmaj.) Freiherr von Oldershausen.
*) Don selbständigen Brigaden sind im allgemeinen je zwei als „Division" gerechnet. Einzelheiten der Gliederung an bestimmten Stichtagen siehe im Text und auf den Karten.
?) Davon 1 gnf.-Div. beim Gen.-Gouv. Antwerpen, die bei Bedarf zum Einsatz bei der 4. Armee in Aussicht genommen war.
Gliederung des Westheeres am 1. August.
43
5. Armee (10 Divisionen in der Front, 5 Divisionen dahinter): Gen. d. Artl. von Gallwitz, Chef d. Genst. Oberst Bernhard Bronsart von Schellendorff (ab 27. August Obstlt. von Pawelsz).
Heeresgruppe Herzog Albrecht (23y2 Infanterie- und 2 unberittene Kavallerie-Divisionen): Gen.Feldm. Albrecht Herzog von Württemberg, Chef d. Genst. Genlt.Krasstvon Dellmensingen (ab 9. September Oberst Heye).
Armee-Abteilung C (8 Divisionen in der Front): Genlt. Fuchs, Chef d. Genst. Obstlt. (ab 6. November Oberst) Freiherr von Ledebur.
Armee-Abteilung A (7y2 Infanterie-Divisionen und 1 unberittene Kavallerie-Division in der Front): Gen. d. Ins. vonMudra, Chef d. Genst. Mas. Freiherr von Esebeck.
Armee-Abteilung B (8 Infanterie-Divisionen und 1 unberittene Kavallerie-Division in der Front): Gen. d. Inf. von Gündell, Chef d. Genst. Obstlt. Drechsel.
Juni/Juli.
II. Lage und Absichten der Entente.
A. Die Gesamtlage.
Fm Frühjahr 1917 hatten Lähmung des russischen Heeres durch die Revolution, Mißlingen der großen französisch-englischen Osfensivoperation im Westen und anschließende gefährliche Zersetzungserscheinungen im französischen Heere, dabei Festlausen der Angriffe an der italienischen Front, am Balkan wie in der Türkei und nicht zuletzt die Wirkungen des deutschen uneingeschränkten Unterseekrieges die großen Hoffnungen der Entente zuschanden werden lassen. Der Mißerfolg hatte Kriegsmüdigkeit und Unzufriedenheit gefördert und unter dem Eindruck der Vorgänge in Rußland eine teilweise bedenkliche Unruhe in die Massen gebracht, vor allem in Frankreich und in Italien. Mit Festigkeit suchten die Regierungen demgegenüber ihre Kriegsziele aufrechtzuerhalten und fanden dafür in den Volksvertretungen ausreichende Unterstützung. Besonders die Willensstärke Lloyd Georges war es, die Zweifelnde und Widerstrebende in ihrem Banne hielt. Dabei stützte sich die Hoffnung daraus, daß die wirtschaftliche Rot der Mittelmächte bereits einen ernsten Grad erreicht hatte, immer noch zunahm und eine Friedenssehnsucht bei ihnen erwachsen ließ, die im deutschen Friedensangebot vom Dezember 1916 und erst recht in den Friedensfühlern Kaiser Karls bereits deutlichen Ausdruck gefunden hatte. Das Vorbild der russischen Revolution schien aus die Arbeitermassen der Mittelmächte in erfreulicher Weise unruhestistend zu wirken. Aber die wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten der Donaumonarchie war man besonders genau unterrichtet. Die auf Loslösung der slawischen Volksgruppen gerichteten Bestrebungen waren allerdings nicht im Sinne von England und Frankreich. Diese sahen vielmehr in der Erhaltung eines unter Beseitigung der deutschen und ungarischen Vormachtstellung föderalistisch zusammengesetzten Habsburger Reiches ihren Vorteil, denn damit blieben auch wesentliche deutsche Volksteile außerhalb des deutschen Reiches gebunden. So unterstützten sie die slawische Emigrantenpolitik keineswegs, sondern behielten nach wie vor die durch die Sixtus-Verhandlungen angebahnte Möglichkeit eines Sonderfriedens mit Kaiser Karl im
Feste Haltung der Staatsmänner der Entente.
45
Auge*). Einen solchen aber verhinderten die Gebietsansprüche Italiens, dem man für seinen Eintritt in den Krieg vor allem die Brennergrenze, ganz Istrien mit Triest und Dalmatien zugesagt hatte. Der Vernichtungswille der Entente galt dem Deutschen Reich.
Alles in allem erschien die Gesamtlage der Mittelmächte doch wesentlich ungünstiger als die eigene. Dazu kam die Hoffnung auf die vom neuen Bundesgenossen Amerika erwartete Hilfe, wenn sie auch für den Landkrieg nicht vor dem Frühjahr 1918 wirksam werden konnte. Die Lage besserte sich noch im Laufe des Juni. In Rußland gelang es Kriegsminister Kerenski, unterstützt durch englisches und amerikanisches Geld, wesentliche Teile des Heeres wieder soweit in die Hand zu bekommen, daß er für Ansang Juli eine Offensive in Aussicht nehmen konnte. In Frankreich hatte die Regierung Ribot scharfe Maßnahmen gegen die „defaitistische Friedenspropaganda" ergriffen, und General Petain verstand es, die erschütterte Mannszucht im Heere allmählich wiederherzustellen2). Die Friedensresolution des Deutschen Reichstages wurde als ein innerdeutsches Manöver gewertet, die bei ihm zutage tretende Friedenssehnsucht als Schwäche ausgelegt. Als Unterlage für Verhandlungen erschien die Resolution völlig ungeeignet, wohl aber konnte sie im Zusammenhang mit den bolschewistischen und Friedensideen Rußlands auf den Kampfeswillen des französischen Volkes ungünstig wirken. Sie wurde deswegen nach Möglichkeit totgeschwiegen.
Ende Juni trafen die ersten amerikanischen Truppen in Frankreich ein, wenn auch noch nicht zum Einsatz an der Front, so doch als propagandistische Sendboten eines 100-Millionen-Volkes, das inzwischen begonnen hatte, ein mächtiges Heer zur militärischen Hilfeleistung für die Entente auszustellen. Am Balkan gelang es, Griechenland zum Eintritt in den Krieg zu zwingen3).
Am 1. Juli begann die russische Offensive mit einem verheißungsvollen Anfangserfolge. Dem stand allerdings gegenüber, daß die jetzt zu übersehenden Versenkungsergebnisse des Unterseekrieges im Juni auf die bisher größte Höhe von über 680000 Tonnen«) gestiegen waren, während em zureichendes Abwehrmittel gegen diese Gefahr noch fehlte,- das Fahren m Geleitzügen befand sich erst im Anfang der Entwicklung. So blieb die Gesamtlage weiterhin schwierig, doch war man fest entschlossen, den Krieg
1) S. 18 u. Bd XII, S. 417.
2) Bd. XII, S. 423f.
s) Bd. XII, S. 526.
4) Tatsächliche Versenkungsziffer nach deutschen Nachkriegsberechnungen S. 448.
46
Lage und Absichten der Entente.
8»ni/g»u. bis zum siegreichen Ende durchzukämpfen. Die Friedensresolution des deutschen Reichstages vom 19. Juli konnte in diesem Vorhaben nur bestärken. Der päpstliche Friedenssühler stieß daher im August auf glatte Ablehnung.
Die Streitkräste der Entente waren zahlenmäßig gegenüber dem Frühjahr kaum verändert.
Das französische Feldheer zählte in Frankreich 2900000 Mann; 220000 Mann (acht Divisionen) standen am Balkan, 180000 waren als Sicherheitsbesatzung in Rordasrika gebunden. Die Ersatzlage war aufs äußerste gespannt. Außer rund 150000 Mann in den Depots des Feldheeres waren in der Heimat noch 928000 Ausgebildete vorhanden, davon kamen aber als Frontersatz nur rund 200000 noch in der Ausbildung Begriffene in Frage einschließlich des Rekrutenjahrgangs 1918 mit rund 85000 19- und 20jährigen. Die übrigen, mehr als 700000 Mann standen in kriegswichtigen Betrieben. Sdbsi- bei Heranziehung des letzten Mannes und unter der Annahme ruhiger Lage an der Front reichte der Ersatz an weißen Mannschaften kaum bis zum Jahresende. Farbige konnten nur noch in begrenztem Maße gewonnen werden.
Vom englischen Heere standen 1900000 Mann in Frankreich. Etwas über 200000 Mann (fünf Divisionen) befanden sich auf dem Balkan, 170000 in Mesopotamien, ebenso viele wurden in Ägypten bereitgehalten, 55000 fochten in Ostasrika. In Indien waren drei englische und acht indische Divisionen als Besatzung unabkömmlich. In England selbst standen außer den Heimattruppen, die für Verteidigung des Landes erforderlich waren, zwei Divisionen zum Einsah in Frankreich bereit, 350000 Mann befanden sich in der Ausbildung. Ein weiterer Zugang von rund 100000 Mann monatlich konnte erhofft werden, war aber nach Ansicht der Regierung kaum noch zu steigern, ohne die Arbeit in kriegswichtigen Betrieben zu gefährden. Wieweit die britischen Dominien und Kolonien noch Mannschaften stellen konnten, war unsicher. Die Ersahlage Großbritanniens war insgesamt nicht viel besser als die Frankreichs.
Die belgische Armee stand mit etwa 140000 Mann an der Front in Flandern, rund 9000 Mann kämpften gegen Deutsch-Ostaftika. Nennenswerter Ersatz fehlte, da fast das ganze Land von den Deutschen beseht war.
Portugal hatte bisher eine Division von 29000 Mann an die Westfront entsandt. Das Kontingent stand unter englischem Oberbefehl und sollte noch im Jahre 1917 auf 50000 Mann gebracht werden.
Die Gesamtstärke des italienischen Feldheeres belief sich auf 2300000 Mann. Eine Division war nach dem Balkan entsandt. Die aus-
Die Streitkräfte der Entente.
47
gebildeten und unausgebildeten Menschenreserven reichten vorläufig aus, wenn nicht außergewöhnliche Ausfälle eintraten.
Im Osten hatte Rußland aus dem Papier an der Front gegen Westen 235 Infanterie- und 39 Kavallerie-Divisionen, an der Kaukasus-Front und in Persien 15 Infanterie- und sieben Kavallerie-Divisionen; im Innern standen angeblich acht Infanterie- und vier Kavallerie-Divisionen. Wie stark diese Truppen waren und was von ihnen noch kampfbereit war, blieb aber völlig unsicher. Regierung, Kriegsminister und militärische Führer gaben sich alle Mühe, die Truppen an der Front in Ordnung zu halten. Aus Ersatz war in der augenblicklichen Lage kaum zu rechnen.
Rumänien hatte aus seinem Zusammenbruch nur Teile des Heeres retten können. Mit Unterstützung der Franzosen war es bis zum Juni 1917 gelungen, zehn Infanterie-Divisionen wieder auszustellen, weitere fünf waren aber noch nicht vollzählig und konnten vorläufig nur mangelhaft ausgerüstet werden. Die Gesamtstärke betrug 700000 Mann, davon 460000 bei den beiden Operationsarmeen. Ersatz war kaum noch vorhanden.
Die 1915 schwer geschlagene serbische Armee hatte sechs schwache Divisionen aus dem Balkan eingesetzt. Menschenreserven standen kaum noch zur Verfügung. Mit angrifsssähigen griechischen Truppen war für absehbare Zeit nicht zu rechnen.
Die Expeditions-Armee der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Oberbefehlshaber General Pershing, sollte im Laufe des Sommers auf zunächst 100000 Mann gebracht werden. Bisher waren erst Teile einer Division aus französischem Boden eingetroffen. Alle Truppen mußten aber in Frankreich noch eine längere Ausbildung für den europäischen Krieg durchmachen, bevor sie an der Kampffront eingesetzt werden konnten. Mit der Verwendung stärkerer amerikanischer Armeeteile konnte daher vor dem Jahre 1918 keinesfalls gerechnet werden, wenngleich England und besonders Frankreich sich alle Mühe gaben, größere und schnellere Hilfeleistung zu erreichen.
In militärischer Hinsicht galt es, die Zeit bis zu ihrem Wirksamwerden zu überbrücken. Die Mittelmächte durften nicht zur Ruhe kommen. Die Westmächte waren, solange Rußland bei der Stange blieb, dem deutschen Westheere immer noch so erheblich überlegen, daß sie durch Angriff das Gesetz vorzuschreiben vermochten. Das Ziel konnte allerdings nicht mehr ein großes operatives, sondern, wie bereits am 4. und 5. Mai in Paris festgelegt, nur die Zermürbung des Gegners sein, denn das französische Heer war zu einer größeren Angrisfsoperation zur Zeit nicht fähig. Die französische Regierung war daher, wie Kriegsminister PainlevS am 7. Juli
48
Lage und Absichten der Entente.
Anfang gen. 1917 vor der Kammer erklärtes, entschlossen, für die nächste Zeit zu einer Kampsweise überzugehen, die mit den zur Verfügung stehenden Kräften rechnete, nichts Anmögliches verlangte und das Ziel hatte, die feindlichen Reserven zu verbrauchen und Zeit zu gewinnen.
Die Schwäche der Lage zeigte sich klar, als Anfang Juli das russische Heer die österreichisch-ungarische Front in Galizien eindrückte: Da das englische Heer mit der Bereitstellung zur Offensive noch nicht fertig war und nicht ohne gründlichste Vorbereitung anzugreifen wagte, war es nicht möglich, die Abbeförderung deutscher Kräfte von der Westfront zu verhindern, die bis Ende des Monats den russischen Ansangssieg in eine Niederlage v erwandelten. Auch Entlastung durch Bedrohung der Mittelmächte am Balkan und im Orient erwies sich zur Zeit nicht als möglich.
An der Westfront war die Zusammenarbeit zwischen der französischen und englischen Führung durch zeitweise Ausschaltung des französischen Heeres erheblich gestört. Aber auch aus den anderen Kriegsschauplätzen war es nicht gelungen, die Operationen im Sinne der Konferenz von Chantilly") auseinander abzustimmen. Seit dem Frühjahr 1917 hatten die französische und englische Regierung ebenso wie die beiderseitigen Generalstäbe durch dringende Aufforderungen mehrfach, aber ohne Erfolg versucht, die verabredeten und zugesicherten Offensiven der anderen Verbündeten zu beschleunigen. Besonders wichtig wäre es gewesen, daß der inzwischen begonnene italienische Angriff möglichst gleichzeitig mit der russischen Offensive erfolgt wäre. Das aber war nicht zu erreichen gewesen. General Foch als Chef des französischen Generalstabes betonte in einer Niederschrift vom 18. Juli, daß die Koalition, um einen entscheidenden Sieg zu erringen, ihre militärischen Maßnahmen auseinander abstimmen und dazu eine gemeinsame Leitung haben müsse. Am 25. Juli schlug die französische Heeresleitung vor, einen aus Offizieren aller verbündeten Staaten zusammengesetzten Generalstab zu bilden, der dauernd die gemeinsamen Operationen bearbeite und die Unterlagen für neue Entschlüsse liefere. Diese selbst seien dann durch eine interalliierte Zentralstelle zu fassen, die aus maßgebenden militärischen Persönlichkeiten bestehen und sie den verschiedenen Oberbefehlshabern mit einem gewissen Nachdruck zuleiten solle. Aber das englische Kriegsamt wie der Reichs-generalstab waren gerade jetzt, da die eigene Offensive zur Säuberung der belgischen Küste endlich beginnen konnte, nicht zu einer Regelung geneigt, die den anderen Mächten Einfluß aus die britische Kriegführung gestattete. Damit war der französische Plan vorläufig gescheitert.
*) Pa lat: „La Grande Guerre sur le Front Occidental", XII, S. 497.
2) Am 15. Nov. 1916 (Bd. XI, S. 433ff.).
Besprechungen unter den WestmSchten.
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Aber die Aufgaben Italiens hatte schon Ende Juni in Saint-Iean de Maurienne zwischen den Generalen Foch und Cadorna eine Konferenz stattgefunden, in der diesem eine weitere namhafte artilleristische Unterstützung (bisher waren 100 schwere Geschütze zur Verfügung gestellt worden) für den Fall eines österreichisch-ungarischen Angriffs zugesagt wurde, während Italien sich zur Gestellung zahlreicher Erdarbeiter für Frankreich verpflichtete. Neue Besprechungen fanden vom 24. bis 26. Juli in Paris zwischen den (Staatsmännern Nibot, Lloyd George und Sonnino unter Hinzuziehung der Generale Foch, Petain, Robertson und Cadorna statt. Die Generale waren sich darüber einig, daß angesichts der Verfallserscheinungen in Österreich-Ungarn zunächst dieser Gegner durch vereinten Druck von italienischer und russischer Seite ausgeschaltet werden müsse. Durch Fesselung des deutschen Westheeres müsse verhindert werden, daß Teile von diesem der Donaumonarchie zu Hilfe kämen. Die Stärke der von Frankreich und England nach Italien zu entsendenden Truppen sollte später festgelegt werden. Bei allen Plänen sprach aber die Frage des verfügbaren Schiffsraumes mit; schnelle Beförderung der amerikanischen Truppen nach Frankreich und Versorgung Italiens mit Rohstoffen seien vordringlich. Bei der Hauptkonferenz der leitenden Staatsmänner wurde erörtert, was geschehen solle, wenn Rußland als Verbündeter ausfiele. Lloyd George vertrat die Ansicht, man solle dann versuchen, Österreich-Ungarn und die Türkei von den Mittelmächten abzusprengen. General Foch hielt diesen Versuch bei der Türkei nur nach einem militärischen Erfolge über sie für aussichtsreich, dazu sei aber Entsendung neuer Kräfte nach dem nahen Orient nötig und die sei wegen der Schiffsraumknappheit kaum möglich; es gelte also, starken Druck auf Österreich auszuüben. Dazu schlug General Petain wesentliche Unterstützung Italiens am Isonzo vor; nach dem 15. September könnten hierfür wahrscheinlich Kräfte freigemacht werden, sofern die Engländer bis dahin weitere Teile der französischen Front übernähmen. Das wieder lehnte General Robertson wegen der bevorstehenden Offensive in Flandern ab. Die Konferenz ging auseinander, ohne einen Entschluß gefaßt zu haben.
Inzwischen begann am 31. Juli die britische Offensive in Flandern, und Anfang August ließ sich übersehen, daß das russische Heer als Angriffs- rinfang kraft nicht mehr in Frage komme. Als einzige Hoffnung blieb der italieni- 3l"9U,‘* sch« Angriff gegen Österreich-Ungarn. Am über Maß und Zeit der für diesen zu gewährenden Unterstützung zu verhandeln, trafen sich am 7. und 8.August wiederum Staatsmänner und Generale in London.
Die Generale Foch und Robertson waren sich darüber einig, daß in den Operationen an der Westfront keine Änderung eintreten dürfe; diese er-
Weltkrieg. XIII. Bd. .
50
Lage und Absichten der Entente.
Anfang
August.
füllten den Zweck, möglichst viel deutsche Kräfte zu fesseln, und wären gut im Flutz. Das italienische Heer werde durch alle irgend entbehrliche schwere Artillerie und reichliche Munition unterstützt werden. Italien war, wie sein Vertreter General Albricci mitteilte, bereit, noch vor Ende August aus dem Karst anzugreifen, es brauche aber dazu 400 weitere schwere Geschütze und entsprechende Munition. England und Frankreich erklärten jedoch, daß Artillerie in diesem Amfange erst im September verfügbar sei. General Albricci wendete ein, daß dann die Jahreszeit bereits zu weit vorgeschritten sei, um einen errungenen Erfolg im Gebirge auszunutzen. Wiederum kam keine Einigung zustande. Das einzige Ergebnis war, daß für das Frühjahr 1918 eine Unterstützung Italiens durch Frankreich und England in Aussicht gestellt wurde.
B. Die Lage an der tPeftfront.
An der Westfront war das Kräfteverhältnis für die Entente im Sommer 1917 noch immer recht günstig. Nach Berechnungen des französischen Generalstabes standen im Juni einander gegenüber:
Infanterie- Divisionen Bataillone Leichte Geschütze Schwere Geschütze
Frankreich 108Y2 1365 6519 4470
England . . . 62 744 3450 2700
Belgien 6 108 400 150
Portugal 1 12 36 ?
Westmächte 1777a 2229 10405 7320
Deutschland 1547?) 1458 6185 4820
Bis Anfang August verminderte sich die deutsche Stärke noch durch Abgabe mehrerer Divisionen an die Front gegen Rußland.
Da das französische Heer zunächst nicht angrisfssähig war, kam eine größere gemeinsame Angrisfsoperation vorläufig nicht in Frage. Die Aufgabe, den Gegner zu zermürben, lastete so gut wie ausschließlich aus dem britischen Expeditions-Heere. Dessen Oberbefehlshaber Feldmarschall Sir Douglas Haig war daher bereits seit dem 4. Mai entschlossen gewesen b), seine Offensive englischen Belangen entsprechend in Flandern zu führen, um der deutschen Anterseebootswasfe ihre dortigen Stütz-
!) Außerdem 14 Kav.-Div. (7 franz., 5 engl., 2belg.); vgl. S. 32f. und 41. 8) 3 einzelne Fnf.-Brig. = l1/. Dir», gerechnet.
3) Bd. XII, S. 416.
Die Westfront vor der Offensive in Flandern.
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punkte zu nehmen. Die Eroberung des Wytschaete-Bogens am 7. Map) war die Vorbereitung und Einleitung des großen Angriffs gewesen. Seine Fortsetzung erforderte eine Neugruppierung der Kräfte, die bis Ende Funi im großen abgeschlossen war. Dazu hatten die Franzosen bereits seit dem 20. Mai einen Teil der britischen Front übernommen. Sie stellten außerdem ihre 1. Armee mit sechs Divisionen (einschließlich der bisher in Flandern stehenden) für den linken Flügel der Angrifsssront zur Verfügung. Fm übrigen konnte das französische Heer den Angriff in Flandern nur dadurch unterstützen, daß es die ihm gegenüberstehenden deutschen Kräfte durch örtlich begrenzte Unternehmungen fesselte, die General Pötain vor allem bei Verdun und an der Aisne plante.
Künftig hielt das französische Heer eine Front von 574 Kilometern, während die Briten, verstärkt durch die französische 1. und die belgische Armee sowie eine portugiesische Division nur noch 105 Kilometer innehatten. Bis zum Beginn des englischen Angriffs, der schließlich erst am 31.Juli begann, ergab sich folgende Gliederung (vom rechten Flügel):
Französisches Heer (Stand am 1. August 1917).
Obersehlshaber: General Pvtain; Chef d. Genst.: General
Debeney.
Heeresgruppe Oft: General de Curiöres de Castelnau.
7. Armee: General Baucheron de Boissondy mit 11 Inf.-
Div.
8. Armee: General Görard mit 10 Ins.Div. (zur Aus-
bildung 1 amerik. Ins.Div.)
Heeresgruppe Mitte: General Fayolle.
2. Armee: General Guillaumat mit 24y2 Ins.Div.
4. Armee: General Gouraud mit 15 Ins.Div.
5. Armee: General Micheler mit 8 Ins.-, 2 Kav.Div.
Heeresgruppe Nord: General Franchet d'Esperey.
10. Armee: General Duchöne mit 16 Ins.Div.
6. Armee: General Maistre mit 9 Ins.Div.
3. Armee: General Humbert mit 9 Ins.-, 3 Kav.Div.
Gesamtzahl (ohne den Engländern unterstehende 1.Armee):
1021/2 Inf.-, 5 Kav.Div. (zur Ausbildung 1 amerik. Ins.Div.).
Ferner in Paris: 1 Kav.Div.
») Bd. xn, S. 425ff.
4*
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Lage und Absichten der Entente.
Britisches Expeditionsheer (Stand Anfang August 1917). Oberbefehlshaber:
4. Armee: Gesamtzahl:
Feldmarschall Sir Douglas Haig; Chef d. Genst.: Generalleutnant Sir L. Kiggel. General Sir I. Byng mit 21 Inf.-, 3 Kav.Div.
General Sir H. Hörne mit 11 Inf.-, 2 Kav.Div.
und 1 portug. Inf.Div.
General Sir H. Plumer mit 8 Inf.Div. General Sir H. Gough mit 18 Inf.Div General Anthoine mit 6 Inf.Div.
Albert, König der Belgier, mit 6 Inf.-, 2 Kav.Div.
General Sir H. Rawlinson mit 4 Inf.Div.
Engländer............... 62 Inf.-, 5 Kav.Div.
Franzosen............... 6 Inf.Div.
Belgier................ 6 Inf.-, 2 Kav.Div.
Portugiesen .....---- 1 Inf.Div._____________
75 Ins.-, 7 Kav.-Div.
3. Armee:
1. Armee:
2. Armee:
5. Armee:
Franz. 1. Armee Belg. Armee:
III. Der ArLeg im Westen.
A. Die Schlacht Ln Flandern.
Beilagen 2 und 4.
J.Bis zum ersten Großkampftage am ZI. 3ult1). a) Lage nach dem Verlust des Wytschaete-Bogens.
Seit der Wegnahme des Wytschaete-Bogens durch die Engländer g»»u schien es klar zu sein, daß im Bereich der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht der Schwerpunkt der Kampfhandlungen auch weiterhin bei der 4. Armee liegen werde. Bei der 6. und 2. Armee herrschte Ruhe, die nur durch örtliche Unternehmungen vorübergehend unterbrochen wurde.
Die 4. Armee2), die von der Küste bis zur Straße Lille—Armentieres stand, war daraus gefaßt, daß der Gegner seine Offensive mit dem Ziel, die belgische Küste zu gewinnen, baldigst fortsetzen werde. Gegen die Gruppen Bpern und Wytschaete machten seine Vorbereitungen besonders rasche Fortschritte. Im Zusammenhang damit konnte auch ein feindlicher Vorstoß im Dünengelände längs der Küste gefährlich werden, da er dem Gegner selbst bei nur geringem Geländegewinn die Aussicht bot, den Hasen von Ostende von Land her zu beschießen. Mitwirkung der feindlichen Flotte durch Artillerie und Truppenlandung war zu erwarten, ein größeres Landungsunternehmen wegen der Ungunst von Fahrwasser und
!) Anschluß an Bd. XII, S. 476.
2) Gliederung der 4. Armee Mitte Juni:
Oberbefehlshaber: Gen. d. Inf. Sixt von Armin, Chef d. Genst. Obst. von Loßberg (bisher bei 6. Armee, hatte mit Maj. Stapff getauscht).
Gruppe Nord (Gen. Kdo. Marinekorps) 3 Div-, 1 Eingreif-Di v.*).
Gruppe Dixmude (Gen. Kdo. XIV. A.K.) 3 Div., 1 Eingreif-Div.*).
Gruppe Dpern (Gen. Kdo. III. b.A.K.) 3 Div., 3 Eingreif-Div.*).
Gruppe Wytschaete (Gen. Kdo. IX. R.K.) 5 Div., 2 Eingreif-Div.*).
Gruppe Lille (Gen. Kdo. II. b.A.K.) 3 Div., 1 Eingreif-Div.*).
Gruppe Gent, gegen feindliche Landung in Holland bereitgehalten (Bd. XII,
S. 436f), (Gen. Kdo. XII. R.K.) 1 Div.
^^Heeresgruppen-Reserve 2 Div. hinter den Gruppen Dpern und Lille.
*) bei der 4. Armee damals „Armee-Kampfreserve" genannt.
54 Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
Küstengestaltung sowie der Stärke der deutschen Abwehranlagen allerdings schwer ausführbar, und doch schienen die Engländer Vorbereitungen dafür zu treffen. Die Sicherung der Küste lag in der Hand der Gruppe Nord, die am 18. Juni einen-Angriff gegen den Brückenkopf von Nieuport vorschlug, um die eigene Lage zu verbessern.
21.gnni. Am 21. Juni trafen General Ludendorss und General von Kühl
zu einer Besprechung im Armee-Hauptquartier Courtrai ein, bei der Oberst von Loßberg die Gesamtlage wie folgt schilderte: An der Landfront standen in den deutschen Stellungen 15V, Divisionen, ihnen gegenüber anscheinend 20 feindliche*). Hinter der Front befanden sich aus deutscher Seite zum Eingreifen und an sonstigen Reserven 12 Divisionen, beim Gegner wurden 15 vermutet. 27*/, deutschen ständen also 35 feindliche Divisionen gegenüber. Da mit Eröffnung des feindlichen Angriffs durch Minensprengungen gerechnet werden mutzte, waren an den am meisten bedrohten Stellen (linker Flügel der Gruppe Dipmude, rechter und linker der Gruppe Vpern, rechter der Gruppe Wytschaete) in der vorderen Linie nur Posten belassen. Ein Vergleich der Artillerie-Stärken ergab 389 eigene Batterien und beim Feinde 717 als beseht erkannte Batterie-Stellungen. Trotzdem wurde die eigene Artillerie-Ausstattung als im allgemeinen ausreichend angesehen. Jur Frage des Munitionsverbrauchs bemerkte General Ludend.orff: Die Munitionslage sei nicht glänzend; wenn es aber zur Schlacht komme, werde der Armee alles zugeführt werden, was sie nötig habe; es brauche dann nicht gespart zu werden. Aus seine Frage, wie es zahlenmäßig mit Fliegern stehe, lautete die Antwort: Wir sind zahlenmäßig weit unterlegen; die Masse der feindlichen Flieger wird erst auftreten, wenn der Großkamps beginnt.
Über die wahrscheinlichen Absichten des Feindes führte Oberst von Loßberg aus: An der Landfront des Marinekorps sei der Feind artilleristisch fertig, seine insanteristischen Vorbereitungen seien im Gange, vielleicht schon abgeschlossen. Im Überschwemmungsgebiet vom Dünengürtel bis nördlich von Bixschote seien nach den lokalen Verhältnissen nur Beschäfti-gungsangrisfe und ein örtlicher Angriff in der Gegend von Dixmude zu erwarten. Doch könne der Feind das Gebiet nach dem Urteil von Sachverständigen in einer Zeit von etwa 10 bis 14 Tagen trockenlegen. Der feindliche Hauptangriff fei im Raume Bixschote—Warneton zu erwarten und dort nach Artillerieaufmarsch jederzeit möglich. Doch bestehe der Eindruck, daß der Feind hier einstweilen noch nicht fertig sei; planmäßiges
l) Von ihnen hatten die britischen Divisionen 12 Bataillone zu etwa 1000 Mann
— 12000 Mann Infanterie, die deutschen hatten dagegen nur 9 Bataillone zu etwa 750 Mann
— 6750Mann.
Abwehrvorbereitungen der 4. Armee.
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Einschießen großen Stils habe noch nicht begonnen. Es sei auch nicht zu erkennen, ob der Angriff gegen die ganze genannte Front oder nur gegen einen schmalen Streifen beabsichtigt sei; der feindliche Artillerieausmarsch passe für beides. Südlich von Warneton bis zum linken Armeeflügel lägen keine Anzeichen für einen Angriff vor. Den neuen Schlag werde der Feind jedenfalls planmäßig vorbereiten. „Trotz der feindlichen Überlegenheit sind die Kampsverhältnisse für uns günstig. Führung und Truppe sehen mit Vertrauen der Entwicklung der Lage entgegen."
Fm Anschluß an die Besprechung wurde die Angrisssabsicht des Marinekorps gegen den Brückenkopf von Nieuport erörtert. Tags daraus wurde ihm das Generalkommando des Gardekorps für seine Landsront überwiesen. Ob der vorgeschlagene Angriff durchgeführt werden solle, hing davon ab, inwieweit Kräfte verfügbar gemacht werden konnten.
Am 27. Juni fand im Armee-Hauptquartier eine weitere Besprechung rr. g»»r. mit General von Kühl statt, der die von der Obersten Heeresleitung unter Übersendung eines Vorschlages der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz1) angeregte Frage vorlegte, ob es zweckmäßig und möglich sei, die vordere Stellung vor Beginn des Großkampfes zu räumen und zur Täuschung des Gegners als Vorstellung beseht zu halten. Er wies darauf hin, daß es in den seltensten Fällen gelinge, den ersten, monatelang vorbereiteten großen Schlag wirksam zu parieren. Oberbefehlshaber und Chef des Eeneralstabes der 4. Armee sprachen sich aber mit großer Entschiedenheit gegen solches Ausweichen aus. Oberst von Loßberg betonte, die Armee sei jetzt mit allem Notwendigen^) ausgestattet. „So gut hat noch nie eine Armee vor der Abwehrschlacht gestanden. Die Truppen und alle Divisionskommandeure sehen ihr mit voller Zuversicht entgegen." Die Gründe, die im einzelnen gegen das Ausweichen angeführt wurden, faßte die Heeresgruppe tags darauf in einer Meldung an die Oberste Heeresleitung zusammen. In ihr hieß es, daß ein Ausweichen bei den örtlichen Verhältnissen nicht vorteilhaft sei. So weites Ausweichen, daß der Gegner zu neuem Artillerieausmarsch gezwungen werde, komme nicht in Frage, da man sonst die ganze Tiefe des eigenen Stellungssystems ausgeben müsse; dabei würde eine sehr ungünstige Einbuchtung entstehen, weil im Norden die Anlehnung an das Überschwemmungsgebiet, im Süden an den Kanal Dpern—Comines erhalten bleiben müsse. Geringeres Absetzen vom Feinde, um wenigstens die Vorbereitungen der Engländer gegen die I. Stellung auszuschalten, bringe empfindliche Nachteile für
*) „Über die künftige Abwehr an der Westfront" vom 14. Juni 1917.
®) In der Niederschrift über die Besprechung: „mit dem allernotwendigsten", vermutlich ein Schreibfehler.
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Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
27. Sani. Unterbringung von Kampftruppen, Bereitschaften und Reserven sowie für die gesamte Organisation der Verteidigung.
Bei der Besprechung am 27. Juni war auch die Frage etwaiger An-grisssunternehmungen erörtert worden, da die 4. Armee Wert daraus legte, von Vorbereitungsarbeiten für diese entlastet zu werden, sofern die Mittel zur Durchführung doch nicht zur Verfügung ständen. General von Kühl hatte daraufhin erklärt, mit den Mitteln für kleinere und erst recht für einen großen Angriff sei nicht zu rechnen. Rur die Frage des Angriffs bei Rieuport blieb noch offen.
Die Verteidigung beabsichtigte die Armee nach den Grundsätzen zu führen, die sich in den großen Abwehrschlachten des Frühjahrs bewährt hatten. Ein über die schwach besetzte vordere Linie eingedrungener Gegner sollte seine Kräfte an den sich nach der Tiefe verdichtenden Widerständen verbrauchen und dann von dahinter bereitgehaltenen Truppen wieder zurückgeworfen werden. Bei der großen zahlenmäßigen Überlegenheit des Feindes, vor allem an Artillerie, mußte man indessen mit Geländeverlust rechnen. Ihn aus ein Mindestmaß einzuschränken, war aber besonders notwendig, denn die Entfernung bis zu den belgischen Häfen war nur gering. Daher wurde eifrig, wenn auch mit beschränkten Arbeitskräften, am Ausbau rückwärtiger Stellungen gearbeitet sowie an der Anlage von Riegeln zwischen den Stellungen, um seitlicher Erweiterung etwaiger Einbrüche vorzubeugen. Ein neues operatives Stellungssystem rückwärts der bereits bestehenden oder im Bau begriffenen befestigten Zonen wurde erkundet.
“ Im Juli verdichteten sich die Anzeichen, die für baldigen Beginn der großen Offensive sprachen. Vor der Küste erschienen wiederholt feindliche Monitore. An der Landfront waren die Franzosen, die bisher den Küstenabschnitt innehatten, von Engländern abgelöst worden. Außer bei der Gruppe Lille entfaltete die englische Infanterie rege Erkundungstätigkeit, das Artilleriefeuer nahm an Stärke zu.
ünterdessen hatte die Oberste Heeresleitung am 2. Juli die Durchführung des Angriffs bei Rieuport befohlen. Der Angriff der Gruppe Nord im Dünengelände bei Rieuport richtete sich gegen die britischen Stellungen aus dem östlichen Uer-Ufer zwischen der Küste und dem Crique de Lombartzyde. Südöstlich von diesem kleinen Hafen lag das Gelände so tief und so offen vor dem Gegner, daß ein Einbeziehen in die deutsche Stellung untunlich war. Deshalb sollte hier nur westlich der Straße Lombartzyde—Rieuport angegriffen und lediglich die vorderste Linie genommen werden. Vorbedingungen für das Gelingen waren
Deutscher Angriff bei Nieuport.
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gründliche Zerstörung der zahlreichen stark betonierten Unterstände und der vom anderen Ufer herüberwirkenden Flankierungsanlagen sowie Niederkämpfen oder zum mindesten Niederhalten der starken feindlichen Artillerie. Der Gruppe Nord waren daher erhebliche Verstärkungen an Artillerie, Munition und Luftstreitkrästen zugeführt worden*). Unter der Leitung des Kommandierenden Generals des Gardekorps, Generals der Infanterie von Quast, hatte die durch Maschinengewehr-, Pionier-Formationen und eine Sturmabteilung verstärkte 3. Marine- (Infanterie-) Division das Unternehmen durchzuführen. Das Kampfgeschwader 12) hatte den Angriff zu unterstützen. Von See her sollten elf Torpedoboote die feindlichen Stellungen westlich der Pser bald nach dem Sturm unter kurzes kräftiges Feuer nehmen. Auch die Hochsee-Flotte war zur Mitwirkung aufgefordert worden. Der zunächst aus den 9. Juli 8° abends angesetzte Angriff war wegen schlechter Sicht aus den 10. Juli verschoben worden. Dem Vorbereitungsseuer der deutschen Artillerie gelang es, von den im Angrifssabschnitt liegenden sechs Pser-Brücken vier zu zerstören, zwei zu beschädigen und dadurch das Eingreifen der feindlichen Reserven zu erschweren. Nachdem dann von 11° vormittags an Nahkampfartillerie und Minenwerfer die britischen Stellungen unter Wirkungsseuer genommen hatten, stürmte die Marine-Infanterie fristgerecht und erreichte im ersten Anlauf ihre Ziele. Die Gegenwirkung der englischen Artillerie war gering. Feindliche Flugzeuge traten nicht in Tätigkeit, dagegen trug das Kampfgeschwader 1 trotz stürmischen Wetters wesentlich zum Erfolge bei, indem vier Kampfflugzeuge im Tiefslug der stürmenden Infanterie voraus den Gegner durch Maschinengewehrseuer niederhielten und gleichzeitig andere Teile eine Stunde lang Unterkünfte und Lager hinter der englischen Front mit Bomben angriffen. Damit war ein neues wirkungsvolles Mittel zur Unterstützung des Infanterie-Angriffs gewonnen, das demnächst noch weiter ausgebaut und allgemein angewandt wurde. Die Beteiligung deutscher Seestreitkräfte fiel aus, da auf den der Küste vorgelagerten Sünden eine so schwere See stand, daß der Waffengebrauch der Torpedoboote nicht möglich gewesen wäre.
Die Deutschen waren bei einem Munitionseinsah von rund 230000 Schuß in einer Breite von etwa zweieinhalb Kilometern und einer Tiefe bis zu 800 Metern in das englische Stellungssystem eingedrungen und hatten dabei 340 Mann verloren. 1250 Gefangene wurden eingebracht, 40Maschinengewehre, 21 Minenwerfer, eine Revolverkanone waren die Beute. Gegen-
*) 36 leichte, 37 schwere und schwerste Bttrn., 3 24 vw-Kanonen; 1 Jagdgeschwader (4 Staffeln), 2 Fl.-Abtlgn., 1 Schuhstaffel.
*) S. 309f.
SS
Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandem.
»i-mit., angriffe, die die Engländer am 12., am 13., dreimal mit erheblichen Kräften am 15. und zuletzt am 16. Juli führten, wurden abgewiesen.
Am 10. Juli hatte aber auch ein englischer Angriff nach kräftiger Artillerie-Vorbereitung gegen die Mitte der Gruppe Wytschaete stattgefunden und zu hartnäckigen, für die beteiligten deutschen Truppen verlustreichen Kämpfen geführt. Die feindliche Artillerie war, besonders im Raume nordwestlich von Ypern, stark vermehrt worden. Sie schoß sich gegen die deutschen Infanterie- und Artillerie-Stellungen zwischen Roord-schoote und Warneton ein. Die Masse seiner Luststreitkräfte hatte der Gegner bisher hinter einer starken Sperre von Fliegern und Flugabwehr-Kanonen anscheinend noch zurückgehalten. Jetzt wurde seine Tätigkeit in der Luft wesentlich reger. Die Zahl der Bombenabwürfe gegen Anlagen im deutschen Hintergelände nahm erheblich zu. Etwa am 11. Juli begann das Ringen um die Luftherrschaft in voller Stärke. Zäh kämpfend fügten die deutschen Jagdstaffeln in Luftschlachten von einem Umfange, der alles Bisherige übertraf, dem Gegner erhebliche Verluste zu. Unter der Erde, wo die Briten nördlich von Ypern zeitweise eifrig gearbeitet hatten, ließ ihre Tätigkeit merklich nach; vermutlich waren ihre unterirdischen Angrisfs-vorbereitungen beendet. Reue britische und auch französische Truppenverbände schienen eingetroffen zu sein. Nachdem bereits im Juni das Oberkommando der englischen 5. Armee (bisher vor der deutschen 6. Armee) aufgetaucht war, mußte seit dem 10. Juli auch das der französischen 1. Armee in Flandern angenommen werden; es schien den Abschnitt der belgischen Armee zu übernehmen. Mit baldigem Beginn des feindlichen Großangriffs wurde gerechnet.
Für weitere Angriffsunternehmungen der 4. Armee, eine größere im Raume Hooge—Hollebeke, eine kleinere bei Hooge, um die feindlichen Angriffsvorbereitungen im Ypern-Bogen zu stören und die eigenen Stellungen zu verbessern, konnte die Oberste Heeresleitung die geforderten Angriffsmittel nicht geben1). So muhte die Gegenwehr auf Zerstörungs-feuer der Artillerie beschränkt bleiben.
b) 9er englische Angriffsplan.
Beilagen 4 und 5.
Feldmarschall Haig rechnete damit, daß es ihm im Laufe des Sommers gelingen werde, den Deutschen die belgische Küste zu entreißen, vielleicht sogar sie entscheidend zu schlagen. Er wollte sein Angriffsziel abschnittsweise erreichen, und zwar in der Reihenfolge: „Einnahme des
!) S. 29, Fußnote 2.
Der englische Angriffsplan.
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Brückenkopfes, der durch den Höhenrücken Passchendaele—Staden—Clerken gebildet wird; Vorstotz bis Noulers—Thourout, um die deutsche Küstenverteidigung im Rücken zu fassen; überraschende Landung bei Ostende in Verbindung mit einem Angriff von Nieupvrt aus'").
Die Lage schien schnelles Handeln zu fordern, denn bei einer Sitzung des Kriegskabinetts am 20. Juni, der Feldmarschall Haig beiwohnte, hatte der Erste See-Lord, Admiral Iellicoe, erklärt, bei weiterer Verringerung des Schiffsraumes durch die deutschen Untersee-Boote werde es unmöglich sein, den Krieg im Jahre 1918 fortzusetzen; in einer persönlichen Unterredung mit dem Feldmarschall soll er sogar gesagt haben: „Wenn die Armee nicht die Häfen an der belgischen Küste erreichen kann, kann die Marine den Kanal nicht halten und der Krieg ist verloreri"3). Ende Juni wurde dem französischen Verbindungsoffizier im britischen Hauptquartier mitgeteilt, daß man sich folgendes Bild von dem Verlaus der Operationen mache3): Etwa am 25. Juli solle das Höhengelände südöstlich von Zonne-beeke genommen werden, und noch im Juli die Eroberung der Linie Passchendaele—Poelkappelle—Südrand des Houthulster Waldes folgen. Am 4. oder 5. August hoffe man einen dritten Stoß bis zur Linie Staden— Nordrand des Houthulster Waldes führen zu können. Aus dieser Front wolle man mit Unterstützung der Belgier die Operation weiter in nordöstlicher Richtung vortreiben. Das Landungsunternehmen sei für den 8. August in Aussicht genommen.
Als Vorbereitung für die Offensive hatte Mitte Funi eine Umgruppierung an der Front in Flandern begonnen: An der Küste östlich von Dünkirchen versammelte sich die vier Divisionen starke britische 4. Armee unter General Rawlinson; sie hatte den Angriff längs der Küste und die Landung bei Ostende vorzubereiten. Die Franzosen wurden im Küstenabschnitt von ihr abgelöst und übernahmen dafür in der ersten Iuliwoche mit ihrer 1. Armee (sechs Divisionen) unter General Anthoine die Front von Roordschoote bis Boesinghe von den Belgiern. Die belgische Armee (sechs Infanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen) behielt nördlich davon einen Abschnitt von etwa 18 Kilometer Breite. Südlich von der französischen 1. stand seit dem 17. Juni die britische 5. Armee (18 Divisionen) unter Gneral Gough; ihr Abschnitt reichte von Boesinghe bis Kl. Zillebeke. Rach Süden schloß sich vor dem linken Flügel der deutschen
i) Duff Cooper: „Haig", II, S. 119ff.
*) Duff Cooper: „Haig", II, S. 123. — Vgl. auch Lloyd George, „Mein Anteil am Weltkrieg" II, S. 507.
8) Franz. amtl. Werk, V, 2, S. 440, Ann. 592. — Aus dem britischen Schrifttum sind Angaben über diese Pläne bisher nicht bekannt.
nrr*!
50 Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
4. Armee die britische 2. Armee unter General Plumer (acht Divisionen) an.
Lnd«J°u. Feldmarschall Haig setzte den Beginn des Angriffs auf den 25. Juli fest. Die Angrifssfront reichte zunächst von der Lys bei Deulemont nach Norden bis etwas über Steenstraate hinaus und hatte in der Luftlinie eine Breite von etwa 23 Kilometer. Den Hauptstoß hatte die britische
5. Armee auf dem ungefähr zehn Kilometer breiten Abschnitt von der Straße Zillebeke—Zandvoorde bis Boesinghe zu führen. Südlich davon sollte die britische 2.Armee nur ein kurzes Stück vorgehen, um die rechte Flanke der 5. Armee zu decken und das deutsche Artilleriefeuer zu zersplittern. Die französische 1. Armee hatte in enger Fühlung mit den britischen Streitkräften vorzurücken und deren linken Flügel vor einem Gegenangriff von Norden her zu schützen. Die Artillerie-Vorbereitung begann am 15. Juli und bezweckte zunächst das Niederkämpfen der deutschen schweren Geschütze unter Panzer und Beton sowie das Lähmen der wichtigsten rückwärtigen Verbindungen. Das eigentliche Wirkungsschießen aus Infanterie-Stellungen, Batterien und Befehlsstellen setzte bei den Engländern am 22., bei den Franzosen erst am 23. Juli ein. Am seine starke Artillerie noch mehr wirken zu lassen, verschob Feldmarschall Haig den Infanterie-Angriff vom 25. auf den 28. und schließlich auf den 31. Juli.
c) Dis zum Vorabend des ersten Großkampftages.
Das am 15. Juli planmäßig einsehende feindliche Vorbereitungsfeuer richtete sich hauptsächlich gegen die beiden südlichen Divisions-Abschnitte der Gruppe Dixmude, die ganze Gruppe Ypern und den größten Teil der Gruppe Wytschaete; es reichte tief in das Hintergelände bis in die deutsche IV. (Flandern-) Stellung und zum Teil noch weit darüber hinaus. Mehr als bisher wandte der Gegner Gasgeschosse an. Bei der Infanterie traten besonders empfindliche Verluste durch Gasminen ein. Mit einer Wucht, die alles frühere übertraf, bekämpfte der Feind die Artillerie, gegen die er zahlreiche Zerstörungsschießen unter größtem Munitionseinsatz — bis zu tausend Schuß gegen eine Batterie — ausführte. Von schwerwiegender Bedeutung war dabei, daß es der Überzahl der britischen Flieger gelang, trotz des rücksichtslosen Einsatzes der deutschen Luftwaffe, schon etwa vom 16. Juli ab die Überlegenheit in der Lust zu erringen. Obgleich die Witterung ungünstig war, entfalteten die feindlichen Artillerieflieger und Erkundungsgeschwader eine außerordentlich lebhafte Tätigkeit. Zahlreiche Bombengeschwader stießen weit über die deutschen Linien vor — ein Geschwader bis nach Brüssel. Die deutschen Aufklärungsflugzeuge hatten einen schweren Stand und konnten nur unter harten
Beginn des englischen Dorbereitungsfeuers.
61
Kämpfen ihre Aufgaben lösen. Um die feindliche Übermacht in der Luft wenigstens einigermaßen auszugleichen, wurde die Armee am 20. Juli durch sieben Flieger-Abteilungen, vier Schutz- und sechs Jagdstaffeln verstärkt. Am Abend des 26. Juli kam es über der Grenze der Gruppen Vpern und Wytschaete zu einer gewaltigen Luftschlacht. Trotz ihrer auch weiterhin bestehenden Minderzahl vermochten die deutschen Flieger ihre Aufgaben im wesentlichen zu erfüllen und den Gegnern im Luftkampf empfindliche Verluste zuzufügen. Vom 20. bis 29. Fuli wurden diesseits der deutschen Linien 42 feindliche Flugzeuge abgeschossen.
Die Unternehmungen der britischen Infanterie nahmen im letzten Drittel des Monats an Zahl und Stärke erheblich zu. Wiederholt gelang es feindlichen Abteilungen, nach kräftiger Artillerie-Vorbereitung in die deutschen Stellungen einzudringen, aus denen sie jedoch, einmal erst nach längerem Kampf, wieder hinausgeworfen wurden. Ein erheblicher und nachhaltiger Erfolg fiel den Gegnern am 27. Juli abends am linken Flügel der Gruppe Dixmude bei Boesinghe zu. Diese Gegend wurde als durch britische Minieranlagen bedroht angesehen. An solchen Stellen aber sollte die vordere Linie völlig geräumt werden, sobald ein großer feindlicher Angriff nahe bevorstand. Anscheinend ist es dieser Anordnung und den bei starkem feindlichen Artilleriefeuer gerade stattfindenden Ablösungen zuzuschreiben, daß die Briten das vorderste deutsche Grabensystem unbesetzt fanden. Die Gunst der Lage ausnutzend, überschritten britische und französische Truppen die Pser und setzten sich nördlich und östlich von Boesinghe in der deutschen Stellung fest. Gegenstöße scheiterten, und auch ein Gegenangriff führte nicht zum Ziel. Nach Abschluß der Kämpfe, die bis zum 29. Juli abends dauerten, stellte sich heraus, daß der Feind, zwischen Het Sas und der Südgrenze der Gruppe Dixmude einen Brückenkopf von etwa zwei Kilometer Breite und einem Kilometer Tiefe gewonnen hatte. In ihm vermochte er, begünstigt durch das Gelände, auf dem östlichen Vser-User starke Kräfte zum Angriff bereitzustellen.
Unter dem gewaltigen Artillerie- und Minenwerfer-Feuer des Feindes litt die deutsche Infanterie empfindlich, aber auch die Artillerie hatte einen schweren Stand. Infolge der andauernden, aufs höchste gesteigerten Sefechtstätigkeit machten sich gegen Ende Juli bei einer größeren Zahl von Batterien Anzeichen von Erschöpfung bemerkbar. Die Verluste an Mannschaften und Gerät waren erheblich. Bei den schweren Feldhau-bihen betrugen die Ausfälle bis zu 50 v.H. Die großen Anstrengungen des Nachschubs verminderten die Leistungsfähigkeit der Pferde.
Allem Anschein nach standen Kämpfe von größter Stärke und langer Dauer unmittelbar bevor. Der Schwerpunkt des Krieges lag in Flandern.
Ende Iull.
52 Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.______________
Die Oberste Heeresleitung erwog daher einen vermutlich vom Chef des Generalstabes der 6. Armee, Major Stapff angeregten Plan, nach dem die 4.Armee in dem kommenden Kampfe durch einen Vorstoß gegen die rechte Flanke des feindlichen Angriffs entlastet werden sollte. Darüber fand am 28. Juli eine Besprechung in Courtrai statt, zu der unter anderen General von Kühl und Major Stapff erschienen. Dieser trug den Entwurf für einen Angrifssstoß in der Richtung aus Estaires über die Lys vor. General von Kühl war aber der Ansicht, daß eine unmittelbare Einwirkung aus den feindlichen Angriff dadurch nicht erreicht werde; dazu müsse der Stoß sehr viel weiter nach Norden, etwa gegen Bailleul— Hazebrouck, geführt werden. Das erfordere aber mehr Kräfte, als bei der Gesamtlage wahrscheinlich eingesetzt werden könnten. Mit dem, was vielleicht verfügbar sein werde, sei nur eine Offensive mit begrenztem Ziel zu führen und daher nur eine mittelbare Einwirkung auf die Schlacht in Flandern zu erreichen. Der Angriff müsse daher näher an der Schlachtfront erfolgen. Er schlug einen Vorstoß bis zur Lys beiderseits von Armentieres vor. General Sixt von Armin betonte, daß jedenfalls die Abwehr an der Front unbedingt sichergestellt, für das Angriffsunternehmen also über den Ersatzbedars der 4. Armee hinaus ein Krästeüberschuß verfügbar sein müsse. Dieser Forderung stimmte Generalfeldmarschall Kronprinz Rupprecht am 29. Juli in einem Bericht an die Oberste Heeresleitung zu. Am 3. August entschied sich General Ludendorff für den Vorschlag der 6. Armee. Er bat, die Vorbereitungen des Angriffs in unauffälliger Weise durchzuführen. Doch sei noch nicht zu übersehen, in welchem Umfange und wann die nötigen Kräfte bereitgestellt werden könnten.
2. Vom Beginn der Schlacht bis zum 19- September.
Beilage 5.
a) Großkämpfe zwischen Dixschote und Warneton.
Für den Angriff von der Lys bei Deulemont bis nördlich über Steen-straate hinaus verfügte der Gegner am 30. Juli über 6 französische und 25 bis 26 britische, zusammen 31 bis 32 Divisionen mit etwa 360 Bataillonen. Dabei:
Artillerie*): 3535 Geschütze, darunter 128schwerste und 1295schwere. Luststreitkräste: etwa 100 französische, 406 britische Flugzeuge; dazu etwa 40 Flugzeuge der belgischen und rund 140 der an der Küste stehenden britischen 4. Armee. Der Feind konnte also über ungefähr 680 Flug-
Die beiderseitigen Stärke Verhältnisse.
63
zeuge verfügen. An Fesselballonen hatte er vor der Front der 4. Armee am 22. Full gleichzeitig 37 gezeigt.
Der Oberbefehlshaber der deutschen 4. Armee war nach Art und Ausdehnung des feindlichen Vorbereitungsseuers der zutreffenden Ansicht, daß ein großer zusammenhängender Angriff zunächst nur südlich des Sumpfgebiets bevorstehe, wahrscheinlich in dem Raume von Noordschoote (achteinhalb Kilometer südwestlich von Dixmude) bis zur Lys. Auf dieser Strecke waren in der deutschen Stellung 10 Divisionen eingesetzt,
61/, Eingreif-Divisionen standen dahinter*), l2/3 Divisionen Heeresgrup-pen-Reserven waren im Anrollen, alles in allem ungefähr 18 Divisionen mit etwa 162 Bataillonen; dazu an:
Artillerie2): 1162 Geschütze, davon 14 schwerste, 536 schwere;
Luststreitkräfte der Armee nach Eintreffen der letzten Verstärkungen etwa 600 Flugzeuge, 23 Fesselballone.
Die Übermacht der Gegner an Infanterie wurde durch die größere Kopfstärke der 300 britischen Bataillone (je etwa 1000 gegen 750 Mann) noch gesteigert, die an Artillerie (3535 gegenüber 1162 Geschützen) war erdrückend. Dagegen war es anscheinend gelungen, das anfänglich sehr ungünstige Stärkeverhältnis in der Luft kurz vor Schlachtbeginn einigermaßen auszugleichen.
Am 31. Juli gegen 6° vormittags traten nach etwa einstündigem «• $$■«• Trommelfeuer Franzosen und Briten aus der Front zwischen Steen-
*) Gliederung an der Angriffsfront am 31. Fuli:
Angreifer Deutsche 4. Armee
Reserven vordere Linie Stellgs. Div. Eingr. Div.
4 Div. 2 Div./franz. I.A. Gen. Anthoine 40. F. D. 111. 3. D. V8 79. R. D. 2. G. R. D. von Gr. Dixmude, Gen. Chales de Beaulieu.
8% Div. 9V3 Div./brit. 5. A. Gen. Gough 3. G. 3. D. 235. 3- D. 38. 3- D. 50. R. D. 221. 3. D. Gr. Dpern, Gen. Frhr. v. Stein.
3 Div. 4 Div./brit. 2. A. Gen. Plumer 6. b. R. D.*) 22. R. D. 10. b. 3- D. 18. R. D. 16. 3- D. 119. 3. D. 12. 3- D. 207. 3- D. Gr. Wytschaete, Gen. Diefsen-bach.
*) In Ablösung durch 52. R. D. ') Beil. 29a.
m. 1 1 ,u................. 11 "..'H! '-W. . . .
64 Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.________________
31. Ja«.
L. August.
straate und Warneton zum Sturm an. Es gelang ihnen, an vielen Stellen in die erste Verteidigungslinie einzudringen und dann durch Umfassung auch den Widerstand der Teile zu brechen, die den frontalen Angriff abgewiesen hatten. Unter dem Schutz einer gut liegenden Feuerwalze und unterstützt von Kampfwagen sowie zahlreichen, niedrig fliegenden Flugzeugen vermochten sie bei der linken Flügel-Division der Gruppe Dixmude und bei der Gruppe Ypern verhältnismäßig rasch über die nur ein bis zwei Kilometer hinter der vorderen Linie liegende II: Stellung hinaus Raum zu gewinnen. So hatten bei der Gruppe Dixmude die Franzosen ihren Einbruch bis zum Mittag nicht nur nach Osten, sondern auch nach Norden erweitert und Bixschote genommen. Bei der Gruppe Ypern waren die Briten in Langemarck, St. Julien und Zvnnebeke eingedrungen, hatten stellenweise sogar die nahe dahinter verlausende III. Stellung überschritten. Fm Südteil des Gruppenabschnitts war ihnen der Durchbruch nahezu geglückt. Den letzten Rückhalt bildete hier die noch unfertige, östlich vom Houthoulster Wald nach Süden verlausende IV. (Flandern-) Stellung1). Brach der Gegner in sie ein, so war auch der in schwerem Kamps stehende rechte Flügel der Gruppe Wyt-schaete ernstlich gefährdet. Auch dieser war über die II. Stellung zurückgedrängt worden, hatte sich aber in und vorwärts der III. Stellung behaupten können. Auf der übrigen Front der Gruppe Wytschaete waren die feindlichen Fortschritte geringer; die vordere deutsche Linie lag auf kurzen Strecken in, größtenteils aber noch vor der II. Stellung.
Fm Laufe des Nachmittags brachten die Gegenstöße der Eingreis-Divisionen eine entschiedene Besserung Zwischen den Straßen Dipmude —Steenstraate und Poelkappelle—Ypern wurde der Gegner aus das Westuser des Steen-Baches zurückgedrängt. Langemarck und St. Fulien kamen wieder in deutschen Besitz. Südlich davon wurde Zonnebeke, aus dem linken Flügel der Gruppe Ypern die III. Stellung wiedergewonnen. Die Gruppe Wytschaete verdrängte auf ihrem rechten Flügel den Feind aus der II. Stellung und gewann auch an anderen Stellen wieder Gelände; nach Abschluß der bis in die Nacht hinein währenden Kämpfe lag ihre vorderste Linie vom rechten Flügel bis in die Gegend von Hollebeke in der II. Stellung, südlich davon bis zur Lys teils in dieser, teils in der alten ersten Kampflinie.
In der Nacht zum l. August setzte starker Regen ein, der den Boden aufweichte und in Verbindung mit beiderseitiger Erschöpfung die Kampf-tätigkeit erlahmen ließ. Erst nachdem er gegen Mittag nachgelassen hatte, wurde die Tätigkeit der Artillerie gegen die ganze Front der 4. Armee
l) Genauer Verlauf auf Beil. 19 von Bd. XII.
Die ersten Angriffstage.
65
wieder reger. Nach Trommelfeuer folgten etwa um 630 nachmittags gegen rechten und linken Flügel der Gruppe Vpern sowie gegen einzelne Abschnitte der Gruppe Wytschaete starke, tief gegliederte britische Angriffe. Am linken Flügel der Gruppe Dpern prallten sie mit einem deutschen Gegenstoß zusammen. Beobachtete Bereitstellungen ließen daraus schließen, daß die Briten einen großen, zusammenhängenden Angriff beabsichtigt hatten, ihn aber wegen des deutschen Abwehrfeuers nicht überall auszuführen vermochten. Wo die feindlichen Sturmtruppen vorbrachen, wurden sie entweder abgewiesen oder durch Gegenstöße wieder zurückgeworfen; an einzelnen Stellen gelang es sogar, die vordere Linie wieder etwas vorzuschieben.
Die Ergebnisse des ersten starken Schlages, den die Gegner mit sehr großer Überzahl an Kampfmitteln und Truppen vorbereitet und geführt hatten, waren ein fast 16 Kilometer breiter und bis zu drei Kilometer tiefer Einbruch zwischen Poesele und Hollebeke sowie geringfügige Geländegewinne zwischen Hollebeke und der Lys. Die Verluste waren schwer. Vom 21. bis 31. Juli hatte die 4. Armee rund 30000 Mann verloren1), davon fast 9000 Vermißte, ferner 35 Geschütze. Feldmarschall Haig meldete für den 31. Juli 6100 Gefangene und als Beute 25 Geschütze.
b) Teilangriffe und Großkampf bei Dixschote—Gheluoelt (16. August).
Das schlechte Wetter hielt an. Mit Ausnahme des 5. fiel vom 2. bis 6. August starker Regen, der an vielen Stellen das Gelände in einen Sumpf verwandelte. In der Kampfzone vor den Gruppen Dpern und Wytschaete wurden weite Wasserflächen sichtbar. Die Stellungsbesatzung litt schwer unter dieser Witterung; Anterkunftsräume standen ihr in den zerschossenen Stellungen nur in ganz geringer Zahl zur Verfügung, in den mit Wasser gefüllten Trichtern konnte sie nicht Deckung nehmen. Die Abgänge durch Krankheiten und durch feindliches Feuer mehrten sich. Aber auch die Fortsetzung der feindlichen Offensive war erschwert, weil durchweichter Boden, Wasserlöcher und angeschwollene, zum Teil angestaute Bäche die Bewegungen einschränkten. Vorziehen und Umgruppieren der Artillerie mußten aus erhebliche Schwierigkeiten stoßen. Wahrscheinlich ist es diesen Umständen zuzuschreiben, daß bis Mitte August kein einheitlicher feindlicher Angriff stattfand. Dagegen versuchte Feldmarschall Haig, die Vorbedingungen für die Wiederaufnahme der Offensive durch kleinere Unternehmungen zu verbessern. In einem Befehl, der in
2. big 14* August.
*) Näheres S. 96. Weltkrieg. XIII. Söb.
5
66
Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
Sie 14. Avgust.
deutsche Hände fiel, wies er die Truppen an, die „Demoralisation", die bei den Deutschen eingerissen sei, zu Teilangriffen zu benutzen. So unternahmen die Gegner täglich Vorstöße, die nach kräftiger Artillerie-Vorbereitung, aber ohne einheitlichen Zusammenhang, von Großpatrouillen, Stoßtrupps oder auch, wie am 7. August beiderseits der Bahn Boesinghe —Langemarck, von starken Kräften ausgeführt wurden. Als sich von diesem Tage an das Wetter besserte, lebte auch die Kampftätigkeit wieder auf. Am 10. August stießen die Briten mit vier oder mehr Divisionen zwischen der Bahnlinie Ypern—Roulers und Hollebeke vor. Auf dem linken Flügel der Gruppe Ypern und dem rechten der Gruppe Wytschaete gelang ihnen der Einbruch an mehreren Stellen, aus denen sie durch Gegenstöße nur zum Teil wieder vertrieben werden konnten. Aach hin und her wogenden Kämpfen, die bis zum Morgen des 11. August währten, behaupteten sie sich schließlich an der Grenze der beiden Gruppen in Breite von etwa einem Kilometer innerhalb der deutschen Stellung. Zhre Versuche, diesen Erfolg in den nächsten Tagen zu erweitern, scheiterten. Dagegen gelang es einem deutschen Gegenangriff am 14. August, den Briten den Hauptteil ihres Gewinnes, ein Gehölz an der Eruppengrenze, wieder zu entreißen.
Bei ihren Teilangriffen schienen die Gegner das Ziel gehabt zu haben, vor Beginn ihres nächsten Großangriffs das Westufer des Martje Vaert nördlich von Bixschote in Besitz zu nehmen und weiter südlich sich aus dem Ostufer des Steen-Baches sowie auf dem Höhenrücken zwischen Zonnebeke und Zandvoorde festzusetzen, von dem aus ihr weiteres Vordringen auf Roulers in der Flanke bedroht werden konnte. Die Franzosen hatten die nur noch als Vorfeld gehaltene deutsche vordere Linie westlich des Martje Vaert auf diesen Wasserlauf zurückgedrückt, aber sich nicht des ganzen Westufers zu bemächtigen vermocht. Die Engländer waren zwar an mehreren Stellen über den Steen-Bach gelangt, hatten sich aber nur in einem Teil von St. Julien behaupten können; sonst waren sie überall über den Bach zurückgeworfen worden. Auch von ihrem Geländegewinn auf der Grenze zwischen den Gruppen Ypern und Wytschaete hatten sie den wesentlichsten Teil wieder verloren.
Während in den ersten Tagen des August Regen und Dunst die Flieger-Aufklärung nahezu lahmgelegt hatten, waren in der letzten Zeit umfangreiche Erkundungen möglich gewesen. Es stellte sich nun heraus, daß die Engländer vor der Gruppe Ypern den Neuaufmarsch ihrer Artillerie durchgeführt und in die Gegend östlich des Yser-Kanals etwa 200 Batterien vorgeschoben hatten. Westlich und südwestlich von Ypern waren große Lagerbauten entstanden und an der Hauptangriffssront mehrere
Angriff bei Lens. Erohkampf bei Bixschote—Eheluvelt.
67
neue britische Divisionen festgestellt worden. Seit dem 14. August lag wieder planmäßiges Vorberettungsseuer auf den deutschen Stellungen.
Die Wiederaufnahme der Offensive schien unmittelbar bevorzustehen.
Auf Grund von eingegangenen Nachrichten erwartete General Sixt von Armin bereits am 15.August einen feindlichen Angriff, der aber an ».Aug»?«, diesem Tage ausblieb. Statt dessen fand ein Angriff gegen die 6. Armee statt. Dort hatte aus den deutschen Linien bei Lens und nördlich davon1) bereits seit Mitte Fuli fast täglich in einer Ausdehnung von ungefähr sieben Kilometern planmäßiges Zerstörungsfeuer gelegen, das von Anfang August an immer stärker geworden war. Feldmarschall Haig wollte von der Offensive in Flandern ablenken. Am 15. August griff das Kanadische Korps nach höchster Feuersteigerung die deutschen Stellungen von Lens bis ungefähr zwei Kilometer nördlich der Stadt an. Nördlich von Lens drangen die Briten in die deutschen Linien ein, nahmen eine für die Beobachtung wichtige Höhe und stießen noch über das vordere Stellungssystem hinaus vor. Sie wurden zwar durch Gegenstöße wieder etwas zurückgedrückt, konnten aber aus der ehemaligen I. Stellung nicht vertrieben werden. Die Kämpfe dauerten mit Unterbrechungen bis zum 24. August, führten aber nicht mehr zu wesentlichen Änderungen. Die Kanadier wollen im ganzen über 1100 Gefangene gemacht haben, die Deutschen machten bei ihren Gegenstößen mehr als 1002).
Den neuen Großangriff in Flandern hatte Feldmarschall Haig is.Aug-it. auf den 16. August festgesetzt. Die britische 5. Armee sollte vom Polygon-Wald (nördlich von Gheluvelt) bis Wydendreft (nordwestlich von Lange-marck) die deutsche III. Stellung wegnehmen, die französische 1. Armee anschließend daran den Kortebeek und Martje Baert erreichen.
Zn der Nacht zum Angriffstage machten französische und britische Flieger zahlreiche Bombenangriffe gegen rückwärtige Anlagen und Unterkunftsorte der 4. Armee. Die Tätigkeit der feindlichen Artillerie war zwischen Dixmude und der Lys, namentlich gegen Batterien und rückwärtige Verbindungen, sehr lebhaft. Am Morgen des 16. August standen zwischen Zillebeke und Noordschoote acht britische und zwei französische Divisionen in vorderer Linie zum Sturm bereit. Aus deutscher Seite waren die abgekämpften Divisionen abgelöst2) und die nach den schweren Kämpfen nötigen Neugruppierungen vorgenommen. Aus der Angriffsfront standen in der Stellung sechs Divisionen, dahinter fünf Eingreif-Divisionen
*) Einzelheiten auf Beil. 8 von Bd. XII.
*) Für die deutschen Gesamtverluste an diesem Tage fehlen brauchbare Unterlagen. a) An- und Abbeförderung von Divisionen Beilage 28 b.
5*
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Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
re. Aug-;», und zwei Divisionen als Heeresgruppen-Reserve»). Um 520 morgens setzte aus die Infanterie-Stellungen von dem Übergang der Straße Bix-schote—Langemarck über den Steen-Bach bis in die Gegend von Kl. Zille-beke äußerst heftiges Trommelfeuer ein, das nach etwa dreiviertel Stunden zur Feuerwalze wurde. Ihr folgte die stürmende Infanterie. Beiderseits der Bahn Staden—Doesinghe brach sie in die deutschen Stellungen ein. Nördlich der Bahn überschritt sie den Steen-Bach bis in Höhe von Bix-schote und drängte die deutschen Truppen aus das Oftufer des Kortebeek zurück. Südlich der Bahn nahm sie Langemarck sowie die bis dahin noch behaupteten Teile von St. Julien und drang sogar in Poelkappelle ein. Auch südöstlich von St. Julien gewann sie Raum, kam südlich der Bahn Roulers—Ypern bis in die alte III. Stellung und beiderseits der Straße Menin—Ypern bis in die nordwestlich und westlich von Gheluvelt liegenden Waldstücke. Gegenstöße mit Hilfe der Eingreis-Divisionen brachten nördlich der Bahnlinie keinen Erfolg. Die Franzosen gingen auch nördlich von Bixschote zum Angriff über, gewannen zwischen Yser und Martje Baert Gelände und bemächtigten sich des Brückenkopfes bei Drie Grachten. Südlich der Bahn aber gelang es, die Briten aus Poelkappelle zu vertreiben; auch in Langemarck drangen die deutschen Truppen wieder ein, das Dorf ging jedoch nach erbitterten Kämpfen wieder verloren. Vollen Erfolg hatten die deutschen Gegenstöße aus der ganzen Kampffront südlich von St. Julien, wo die ursprüngliche vordere Kampflinie überall wieder erreicht wurde.
Außer der Einnahme von Drie Grachten und dem Zurückdrängen deutscher Vorposten zwischen Yser und Martje Vaert hatte der Angriff den Gegnern zwischen der Einmündung des Kortebeek in den Steen-Bach
i) Gliederung an der Angriffsfront am 16.August:
Angreifer Reserven vordere Linie
Deutsche 4.Armee Stellgs. Div. Gingt. Div.
nicht näher 2 Div./franz. I.A. 119. I.D. d.d. R. D. bekannt Gen. Anthoine 214. g. D.
von Gr. Dip
mude, Gen. Tha-
les de Beaulieu
I von Gr. Wyb 34. F. D. S. R. D. ischarte, Gen.
Dieffenbach
Eroßkampf bei Dixschote—Eheluvelt.
69
und St. Julien einen Geländegewinn von ungefähr sechs Kilometer Breite und 1400 Meter Höchsttiefe gebracht, dazu über 2100 Gefangene*) und als Beute einige dreißig Geschütze.
c) Teilangriffe und Kampfpause bis Mitte September.
Die Schwierigkeiten des durch Regen aufgeweichten und durch Artilleriebeschuß zerwühlten Bodens waren so groß, daß der Führer der britischen S. Armee, General Gough, zu der Ansicht kam, weitere Erfolge seien nur mit unverhältnismäßig hohen Opfern zu erringen. Er schlug vor, den Angriff einzustellen. Feldmarschall Haig fühlte die Berechtigung der Vorstellungen, bestand aber trotzdem darauf, den Kampf fortzusetzen, denn die britischen Armeen seien die einzigen, die zur Zeit den Deutschen die Spitze bieten könnten, ihre Angriffe deckten Frankreich, Rußland und Italien, gegen die Deutschland sonst freie Hand bekäme. Als nächstes Ziel des möglichst bald, aber nicht vor dem 20. August zu erneuernden Angriffs nannte er den Polygon-Wald und die deutsche HL Stellung von der Bahnlinie Vpern—Routers bis südwestlich von Poelkappelle.
In den nächsten Tagen führte die britische 5. Armee eine Anzahl von Teilangrisfen aus, um die Ausgangslage für die Fortsetzung der Offensive zu verbessern. Ein größerer Vorstoß am 19. August zwischen den Straßen Poelkappelle—Vpern und Zonnebeke—Vpern scheiterte. Dagegen brachten starke, mehrmals wiederholte Angriffe, die sich von der Straße Poelkappelle—Vpern bis zu den Waldstücken südlich der Chaussee Menin—Vpern ausdehnten, den Briten am 22. August einige Erfolge. Sie drangen südöstlich von St. Julien und an der Straße Menin—Vpern bis zu 500 Meter tief in die deutschen Linien ein. Bis zum 26. August fanden örtliche, namentlich an der Chaussee Menin—Vpern sehr heftige Kämpfe statt, in denen die Deutschen den Feind aus der südlichen Einbruchsstelle zum größten Teil vertreiben konnten. Am 27. August folgten starke, aber nicht einheitliche Angriffe zur Eroberung der deutschen III. Stellung: Gegen 6° morgens stießen die Briten beiderseits der Straße Menin— Vpern tief gegliedert vor, wurden aber abgewiesen, stellenweise im Rah-kampf. Bald nach 3° nachmittags führten sie zwischen den Eisenbahnen Staden—Boesinghe und Routers—Vpern einen Massenangriff, den sie nach 8° abends wiederholten. Sie trafen auf zähen Widerstand und heftige deutsche Gegenstöße und kamen trotz stärkster Unterstützung durch Artillerie, Einsatz von Kampfwagen und Mitwirkung zahlreicher Flieger über kleine örtliche Erfolge nicht hinaus, konnten diese auch weder am
17. bi» 31. August.
J) Deutsche Verluste S. 96.
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Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
1. bis 19. September.
29. August durch einen in Divisionsbreite gegen die Mitte der Gruppe Ypern unternommenen Angriff, noch durch mehrere kleinere Vorstöße am 30. August erweitern.
Auch im September unternahmen die Briten fast täglich Vorstoße, die teilweise, wie am 6. September, in erheblicher Ausdehnung mit beträchtlichen Kräften gemacht wurden und zu erbitterten Kämpfen führten, an die starken Angriffe des 22. und 27. August aber nicht heranreichten. Das Ziel war offenbar, nördlich der Bahn Staden—Boesinghe aus dem Norduser des Kortebeek Fuß zu fassen und südlich davon bis über die Straße Menin—Ypern hinaus die betonierten Stützpunkte der vorderen deutschen Kampfzone zu erobern. Dabei kam es zu einer Anzahl deutscher Gegenangriffe. Kleinere Erfolge wurden aus beiden Seiten errungen, Änderungen von Bedeutung aber nicht erzielt.
Die feindliche Artillerietätigkeit erreichte in der ersten September-hälfte bei weitem nicht die Stärke wie im August. Die Zahl der feuernden Batterien war sehr viel geringer, vielleicht infolge der ungünstiger gewordenen Beobachtungsverhältnisse. Ob der Gegner Artillerie fortgezogen habe, blieb also fraglich. Auffallend waren die zahlreichen Angriffe feindlicher Bombengeschwader auf Flughäfen, größere Städte, wie Brügge, Gent, Courtrai und andere Unterkunftsräume. Auch sonst war die Fliegertätigkeit, besonders die Einzelxrkundung, rege. Südwestlich von Dixmude und bei Drie Grachten baute der Gegner neue Brücken über den Yser-Kanal; nördlich von Langemarck hatte er ungefähr 50 Stege und eine Brücke über den Kortebeek hergestellt. Sein Bahnnetz vervollkommnete er weiter, besonders schnell vor dem linken Flügel der Gruppe Dixmude und vor der Gruppe Ypern. Mehrere neue, teilweise mit Geschützen besetzte Eisenbahnklauen wurden festgestellt. Sehr beträchtlich war die Vermehrung der Lagerbauten, namentlich in der Gegend nordwestlich von Ypern und an der Küste westlich von Dünkirchen.
Danach schien der Feind die Fortsetzung der Offensive vorzubereiten. In den der Heeresgruppe am 1., 8. und 15. September eingereichten Beurteilungen der Lage brachte die 4. Armee zum Ausdruck, daß sie unbedingt mit Fortsetzung der Schlacht rechne, deren Schwerpunkt zwischen den Bahnen Staden—Boesinghe und Roulers—Ypern liege, die aber wahrscheinlich im Norden auf die Gruppe Dixmude bis in Gegend von Merckem, im Süden auf die Gruppe Wytschaete bis etwa Hollebeke übergreifen werde. Man konnte aber auch zu anderer Auffassung kommen, denn eine große entscheidungsuchende Offensive in Flandern wurde um so schwieriger, je näher der Winter kam, und die lange Pause seit dem letzten Großangriff war auffällig, zumal da das Wetter günstiger und der
Kampfpause.
71
Boden trockener geworden war. Vielleicht war der Angriff angesichts der geringen bisherigen Fortschritte bereits ausgegeben, um an anderer Stelle ausgenommen zu werden. Bei der eigenen Knappheit an Menschen und Material galt es, möglichst bald zu klären, ob es etwa möglich sei, bei der 4. Armee Kräfte herauszuziehen. Am 10. September hatte General von Kühl eine Besprechung mit den Gruppen Dixmude und Ppern, zu der auch Generalstabsossiziere der Divisionen bestellt waren, um sich über die Ausfassung an der Kampffront selber zu unterrichten. Hierbei faßte er seinen Eindruck dahin zusammen: Bei der durchweg geringen planmäßigen Artilleriebekämpfung und dem meist passiven Verhalten der feindlichen Infanterie schienen Angriffe größeren Umfanges auf breiter Front jedenfalls nicht dicht bevorzustehen; daß aber die Briten die Offensive für dieses Jahr überhaupt ausgegeben hätten, sei bei ihrer Zähigkeit nicht anzunehmen. Am meisten Wahrscheinlichkeit gab er einer Nachricht, nach der trotz schwerer Verluste die Fortsetzung der großen Angriffe beabsichtigt sei und Verhandlungen wegen starker französischer Unterstützung schwebten. Es wäre verfrüht, die Schlacht in Flandern bereits als beendet anzusehen. Auf Grund neuer Nachrichten kam General von Kühl aber schon in den nächsten Tagen zu anderer Ansicht. Am 15. September schrieb er nieder: „Meine innerste Überzeugung, daß die Schlacht in Flandern zu Ende ist, bestärkt sich immer mehr". In einem Ferngespräch mit dem Armee-Oberkommando 4 vertrat er diese Ansicht, fügte aber hinzu: „Ich kann es nicht in allen Punkten beweisen. Noch ist Vorsicht geboten." Zu dieser Auffassung hatte beigetragen, daß im Küstenabschnitt inzwischen das Fortziehen einer englischen Division und von Artillerie festgestellt war, angeblich sollte der Abschnitt wieder von Franzosen übernommen werden. Der Angriff schien also dort ausgegeben zu sein. Infolgedessen wurde auch die Fortsetzung der Offensive bei Ppern weniger wahrscheinlich, denn, so folgerte General von Kühl: Hätte der Feind „Aussicht, die Schlacht bei Vpern mit Erfolg durchzuführen, würde er auch an der Küste angriffsbereit stehen bleiben". Gefangene — darunter ein bei der Gruppe Lille eingebrachter englischer Fliegerossizier — sagten bestimmt aus, daß die Offensive in Flandern zu Ende sei und weiter südlich angegriffen werden solle. Die Beurteilungen der Lage, die die Heeresgruppe am 12., 14., 17. und 19. September der Obersten Heeresleitung einreichte, besagten, daß die Lage unklar sei. Es müsse sowohl mit Fortsetzung der Offensive auf der Hauptkampffront in Flandern als auch damit gerechnet werden, daß der Gegner sich umgruppiere, um an anderer Stelle anzugreifen. Besondere Aufmerksamkeit sei bei Lens, Havrincourt und St. Quentin erforderlich, wenn auch Veränderungen in der feindlichen Kräfteverteilung
72
Der Krieg Im Westen. Schlacht in Flandern.
Dis
19. September.
vor der 6. und 2. Armee bisher nicht erkannt seien. Die Abwehrbereitschaft in Flandern müsse erhalten bleiben, die Sicherheit gegen Überraschungen auf anderen Fronten aber erhöht werden. Hierfür befahl Kronprinz Rupprecht Abgaben von der 4. Armee, die aber wegen des inzwischen wieder einsetzenden Angriffs in Flandern nur teilweise in Kraft traten. Immerhin wurde die Kampfkraft der Armee durch Abgang von zwei Divisionen, 25 Batterien, darunter 13 schweren, sowie von drei Jagdstaffeln und vier Flieger-Abteilungen geschwächt.
Die Auffassung der 4. Armee über die Absichten des Gegners war zutreffend gewesen. Feldmarschall Haig war entschlossen, die Offensive fortzusetzen und sie auch noch nach Süden auszudehnen. Solange die Deutschen das Höhengelände beiderseits der Straße Dpern—Menin hielten, konnten ihre Batterien bei Zandvoorde den Angriff gegen den Höhenrücken nördlich und südlich von Broodseinde (östlich von Zonnebeke) der Länge nach bestreichen. Der nächste große Stoß sollte sich daher von Hollebeke bis zur Bahn Boesinghe —Staden ausdehnen. Die Vorbereitungen konnten aber nicht vor Mitte September fertig sein; auch der nur langsam trocknende Boden zwang zur Geduld. So wurde der Angriff auf den 20. September angesetzt. Andererseits waren an der Küste Angriff und Landung auf unbestimmte Zeit verschoben. Feldmarschall Haig war der Ansicht, man könne das Wagnis einer Landung bei den ungünstigen Witterungsverhältnissen im September nur rechtfertigen, wenn die Lage zur See es erfordere. Der Befehlshaber der Seestreitkräfte im Kanal, Admiral Bacon, sah diese aber als gebessert an und hatte gegen eine Landung im September Bedenken.
Die Offensive an der Landfront bereiteten die Briten mit gewohnter Gründlichkeit vor. Um die deutsche elastische Verteidigung, verbunden mit Gegenstößen durch Reserven, die dicht hinter der vordersten Kampfzone bereitgehalten wurden, was „zweifellos bis zu einem gewissen Grade" Erfolg gehabt hatte, unwirksam zu machen, wollten sie die Tiefe ihrer Angriffe beschränken und trafen „sehr sorgfältige artilleristische Anordnungen, um feindliche Versammlungen und Gegenangriffe zu bekämpfen'"). Die Artillerie wurde noch verstärkt. Auf der ungefähr 6200 Meter breiten An-grisssftont der britischen 2. Armee, bei welcher der Schwerpunkt lag, waren schließlich 1460 Geschütze?), das heißt etwa 235 Geschütze auf den Kilometer, zusammengefaßt. Für den Angriff zwischen dem Kanalknie bei Hollebeke
x) S. 75 und „Haig’s Despatches“, S. 120.
2) Liddel Hart: „When Britain goes to war“, S.202f.
Erneuter britischer Großangriff.
73
und der Bahn Boesinghe—Staden wurden elf Divisionen bestimmt. Am 13. September begann die artilleristische Vorbereitung des neuen Großangriffs.
Z. Wiederbeginn der Offensive.
Beilage 6.
a) Grotzkampf zwischen Langemarck und Hollebeke (20. September).
Inzwischen hatte sich die Gliederung der 4. Armee teilweise geändert. Der Nordabschnitt der Gruppe Nord stand wieder unmittelbar unter dem Marinekorps. Das Generalkommando des Garde-Reservekorps (General der Kavallerie Freiherr Marschall) hatte die Gruppe Dixmude, das des Gardekorps (General der Kavallerie Burggraf und Graf zu Dohna Schlobitten*)) die Gruppe Ppern übernommen. Deren Abschnitt war um eine Negimentsbreite nach Norden über die Bahn Staden—Boesinghe hinaus vergrößert worden.
Seit Mitte September hatte sich die feindliche Artillerietätigkeit gegen die Gruppen Ppern und Wytschaete, besonders von St. Julien bis in die Gegend von Kl. Zillebeke, empfindlich gesteigert. Am Abend des 19. September meldete die 4. Armee, daß sie mit Wiederbeginn des Großkampfes rechne. Zu diesem Zeitpunkte standen zwischen der Bahn Staden— Boesinghe und dem Kanalknie bei Hollebeke in vorderer Linie sechs Divisionen, dahinter drei Eingreif-Divisionen, weiter rückwärts eine Division als Armee-Reserve, eine zweite aus dem Bereich der Gruppe Dipmude war erst mit ihren Anfängen bei der Gruppe Wytschaete eingetroffen^). An Geschützen standen aus rund 17 Kilometer Frontbreite im ganzen nur 752 zur Verfügung, also etwa die Hälfte von dem, was allein die britische 2. Armee auf etwa sechs Kilometer eingesetzt hatte.
i) Gen. d. gnf. von Quast war am 9. Sept. Oberbefehlshaber der 6. Armee geworden. *) Gliederung an der Angriffsfront am 20. September:
Angreifer Deutsche 4.Armee
Reserven vordere Linie Stellgs. Div. Eingr. Div.
nicht näher bekannt 5 Div./brit. 5. A. Gen. Gough 208. g. D. 36. g. D. 2. G. R. D. 121. Z. D. 234. g. D. 236. I. D. Gr. Dpern, Gen. Graf zu Dohna
6 Div./brit. 2. A. Gen. Plumer b. Ers. D. 9. R. D. 16. b. g. D. von Gr. Wytschaete, Gen. Diefsenbach
74
Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
20. September.
21. bis 23. September.
Während der ganzen Nacht zum 20. September beschoß die feindliche Artillerie außerordentlich heftig die Stellungen und das rückwärtige Gelände vom Houthulster Wald bis zum Kanal Ypern—Comines. Gegen 530 morgens steigerte sich die Beschießung zwischen Langemarck und Holle-beke zum Trommelfeuer. Bald daraus trat aus dieser Front die britische Infanterie, wirkungsvoll unterstützt durch zahlreiche Flieger, zum Sturm an. Sie drang aus der ganzen Front, stellenweise allerdings erst nach stundenlangem erbittertem Ringen, in die Kampfzone ein und meist über die II. Stellung hinaus vor. Die deutschen Eingreif-Divisionen waren bis 8° vormittags sämtlich auf den für erhöhte Gefechtsbereitschaft bestimmten Plätzen versammelt. Trotzdem wurden die Gegenstöße erst am Spätnachmittag wirksam, denn gewaltiges englisches Abriegelungsfeuer verursachte beträchtlichen Zeitverlust und lähmte die Stoßkraft der Reserven. Es gelang zwar, die Briten an verschiedenen Stellen zurückzudrängen und wichtige Geländeteile wieder in Besitz zu nehmen, im allgemeinen aber hatten die Angriffe gegen den bereits eingenisteten Gegner nur geringen Erfolg. Der Übermacht der feindlichen Luftstreitkräste wurde man erst am Nachmittag einigermaßen Herr.
Die Briten waren auf mehr als zwölfeinhalb Kilometer Breite durchschnittlich etwa einen Kilometer, dicht nördlich der Straße Memn—Ypern fast zwei Kilometer vorgedrungen, hatten aber bei Gheluvelt und nördlich davon die Höhen, aus die es hauptsächlich ankam, nicht zu erobern vermocht. Die Verluste waren wieder erheblich1). Die Engländer geben an, mehr als 3000 Gefangene gemacht und einige Geschütze genommen zu haben.
Am 21. September setzten die Briten ihren Angriff in größerem Umfange nur zwischen den Bahnlinien Staden—Langemarck und Rvulers— Ypern fort, im übrigen machten sie bis zum 23. September an verschiedenen Stellen kleinere Vorstöße. Dabei gelang es ihnen lediglich an der Straße Poelkapelle—Langemarck und südlich der Straße Menin—Ypern die deutsche Linie etwas zurückzudrücken.
Die deutsche Abwehr am 20. September ist durch die vorher erfolgte Schwächung der 4. Armee sicherlich erschwert worden. Der Gruppe Wytschaete stand nur eine einzige Eingreif-Division zur Verfügung, und die Artillerie war um insgesamt etwa 90 Geschütze verringert. Auch die Verminderung der Flieger hatte sich bemerkbar gemacht; im Gegensatz zu der vorhergehenden Zeit trat daher die Überzahl des Gegners in der Luft deutlich hervor. Hauptsächlich hatten aber die Briten ihren Erfolg wohl der Überlegenheit an Artillerie und auch dem angewendeten Angriffsverfahren zu danken. ________________________
-) S. 77 SlnmTü
Eroßkampf bei Langemarck—Hollebeke. Neues britisches Angriffsverfahren. 75
Deutscherseits war schon in der zweiten Augusthälfte beobachtet worden, daß der Gegner sein Vorbereitungsseuer weniger auf die vorderen Linien als auf den rückwärtigen Teil der Kampfzone und die Bereitstellungsräume der Reserven legte und damit deren Vorkommen erschwerte. Damals hatten die vordersten deutschen Kampftruppen verhältnismäßig wenig gelitten und waren daher meist imstande gewesen, die Anstürme aus eigener Kraft zu brechen. Jetzt war ein Befehl erbeutet worden, nach dem dieBriten folgendes,von ihnen als neu bezeichnetes Angriffsverfahren anwandten: Bon den vier Bataillonen jeder Brigade griffen drei hintereinander als gleich starke Wellen an; das vierte war Reserve. Jede der drei Angriffswellen sollte eine bestimmte Linie erreichen, die Hinteren dabei die vorderen überspringen. Jede grub sich unter Einsatz zahlreicher Maschinengewehre ein, so daß alsbald eine tief gegliederte Verteidigungszone entstand. Vor die vorderste Linie legte die Artillerie ein überaus starkes Abriegelungsfeuer, für das sie sich vorher eingeschossen hatte. Damit war zwar kein Durchbruch zu erreichen, wohl aber mit Sicherheit ein beschränkter Geländegewinn. Nach einer Besprechung mit General von Kühl am 22. September griff die 4. Armee zu folgenden Gegenmaßnahmen:
1. Verstärkte artilleristische Gegenwirkung vor der Schlacht. Nicht nur die feindliche Artillerie sollte bekämpft, sondern der größte Teil der Feldartillerie-Munition und etwa die Hälfte der schweren aus die Infanterie geworfen werden. Da aber der Feind zwischen den Großangriffen die Masse seiner Infanterie hinter einem dünnen Postenschleier weit zurückhielt, sollte er durch
2. häufige Ossensiv-Unternehmungen zu stärkerer Besetzung seiner vorderen Linien und zu verlustreichen Gegenangriffen gezwungen werden.
3. Verstärkung der Artilleriebeobachtung in das eigene Kampfgebiet, um den Feind beim Vorgehen dorthin und bei der Einrichtung im eroberten Gelände wirksam zu fassen.
4. Beschleunigte Gegenstöße der Eingreis-Divisionen.
Im übrigen wurden der Armee seit dem 20. September mehrere Divisionen zur Ablösung und Verstärkung zugeführt1) und Artillerie und Luftstreitkräste ungefähr wieder auf den Stand der ersten September-Hälfte gebracht.
Am Morgen des 25. September trat die deutsche 50. Reserve-Division nördlich der Straße Menin—Ppern nach kurzer Artillerievorbereitung zum Sturm an, um die vom Feinde genommene Stellung zwischen der Südwestecke des Polygon-Waldes und der Gegend westlich von Gheluvelt
x) Beilage 28 b.
25. September.
76 Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.___________
25.etpi«mb«. zurückzugewinnen. Sie erreichte größtenteils ihr Angriffsziel, wurde dann aber durch starke, von besonders heftigem Artilleriefeuer unterstützte Gegenangriffe wieder zurückgedrängt. Immerhin blieben ihr ein Raumgewinn von 300 bis 500 Meter Tiefe auf ungefähr 1600 Meter Breite und etwa 260 Gefangene. Es zeigte sich, daß der Gegner die beim Angriff am 20. September beteiligt gewesenen Divisionen durch frisch aufgefüllte, kampfkräftige ersetzte. Zahlreiche weit vorgeschobene Batterie-Stellungen und andere, offenbar in Eile betriebene Angriffsvorbereitungen waren neu festgestellt. Ein neuer Großangriff schien unmittelbar bevorzustehen.
b) Großkampf bei Zonnebeke und am Polygon-Wald (26. September).
2<>.s«pt«mb.,. Tatsächlich hatte Feldmarschall Haig den 26. September für den nächsten großen Vorstoß bestimmt, der auf etwa acht Kilometer Breite von einem Gehöft südlich der Straße Ypern—Gheluvelt bis etwa zwei Kilometer nordöstlich von St. Julien erfolgen sollte. Das Ziel war, nördlich der Straße Ypern—Gheluvelt—Menin „eine Stellung zu erreichen, von der aus ein direkter Angriff gegen den von der Straße Becelaere—Passchen-daele durchschnittenen Hauptrücken zwischen Roordemdhoek (etwa zwei Kilometer nordwestlich von Becelaere) und Broodseinde gemacht werden könne". Südlich der Straße nach Menin war nur ein kurzer Vorstoß beabsichtigt. Zum Angriff wurden in vorderer Linie sieben Divisionen bereitgestellt. Der Schwerpunkt lag zwischen der Straße Ypern—Menin und der Eisenbahn Ypern—Roulers.
Am Abend des 25. September befanden sich aus der Front, gegen die der britische Angriff stattfinden sollte, deutscherseits dreieindrittel Divisionen in Stellung, vier dahinter als Eingreif-Divisionen4).
Am 26. September etwa um 545 morgens sehte Trommelfeuer von außergewöhnlicher Heftigkeit und Tiefe zwischen Merckem und dem Kanal Ypern—Comines ein. Bald darauf gingen südlich der Eisenbahn Ypern-Staden, nach Süden noch über die Straße Ypern-Menin hinausreichend,
i) Gliederung an der Angriffsfront am 26. September:
Angreifer Deutsche 4. Armee
Reserven vordere Linie Stellgs. Div. Eingr. Div.
nicht näher bekannt 3 Div./brit. 5. A. Vs 10. E. D. 23. R. D. 3. R. D. 234. 3. D. 4. b. g. D. 236. g. D. j©r. Ypern
4 Div./brit. 2. A. 50. R. D. 17. g. D. 1 von Gr. Wyt-jschaete
Deutscher Gegenangriff und neuer britischer Großangriff.
77
die Wellen der feindlichen Infanterie zum Sturm vor. Von den westlichsten Gehöften von Wallemolen bis etwa acht Kilometer nach Süden gelang ihnen ein Einbruch bis zu einem Kilometer Tiefe; Ionnebeke bis zur Kirche und der Polygon-Wald wurden genommen. Die deutschen Eingreif-Divisionen trafen wiederum größtenteils auf einen schon eingenisteten Gegner, stellenweise auf neue feindliche Angriffe. Es kam zu erbitterten Nahkämpfen, die bis zum späten Abend dauerten, ohne daß wesentliche Teile des verlorengegangenen Geländes zurückerobert wurden. Die Verluste waren aus beiden Seiten hoch1).
Am 27. und 28. September und 1. Oktober folgten an mehreren Stellen Teilangriffe der Briten. Ihr Artilleriefeuer blieb stark. Ihre Flieger unternahmen zahlreiche Bombenangriffe gegen Anlagen im deutschen Hintergelände.
Auch am 26. September hatte das starke britische Abriegelungsfeuer das Vorgehen der Eingreif-Divisionen wieder sehr verlangsamt — auf eineinhalb bis zwei Stunden für den Kilometer —> ihre Verbände gelockert und ihre Angriffskraft gelähmt. Die Gegenstöße hatten nur an ganz vereinzelten Stellen und unter schwersten Verlusten Gelände zurückgewonnen. Bei Besprechung dieser Fragen mit General von Kühl und den Generalstabschess der beteiligten Gruppen am 27. September sowie mit General Ludendorff am 29. September schlug Generalmajor von Löhbergs vor, dafür zu sorgen, daß schon die vordere Linie nicht verloren gehe, sie sei wieder stärker zu besehen; an den am meisten bedrohten Frontteilen müßten die Abschnitte schmaler gemacht werden. Das Ergebnis faßte General Sixt von Armin am 30. September dahin zusammen: Die vordersten Linien seien wieder dichter zu besehen, auch mit Maschinengewehren, Bereitschaften sowie Reserven seien nahe heranzuhalten. Etwa je em Drittel der Eingreis-Divisionen sollten entsprechend weiter vorgezogen, ihr Rest für später (meist erst für den nächsten oder übernächsten Tag) zum planmäßigen Gegenangriff bereitgehalten werden. In dieser Verwendung der Eingreif-Divisionen sah auch die Heeresgruppe ein brauchbares Mittel, um dem in den letzten Großkämpfen bedenklich gestiegenen Krästeverbrauch zu steuern. Gegen die stärkere Besetzung der vorderen
*) Deutsche Verluste an der Hauptkampffront (Vs Gr. Dixmude, Gr. Dpern, Vs Gr. Wytschaete) in 20 Tagen (11. bis 30. Sept., Großkampf am 20. u. 26.): 38500 Mann, davon 9700 Vermißte.
Britische Verluste in Flandern (nach franz. amtl. Werk, da engl. Angaben fehlen) in 9 Tagen (20. bis 28. Sept., Großkampf am 20. u. 26.): geschätzt auf 36000 Mann.
2) Nach der erfolgreichen Abwehr des ersten großen britischen Ansturms am 3. August bevorzugt zu diesem Dienstgrad befördert.
27. September bis 1. Oktober.
78_________________Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern._______________
3. ottobet' Linie hat — soweit bekannt — weder sie noch General Ludendorfs Ein-Wendungen erhoben. Man war sich indessen klar darüber, daß das neue Verfahren nur Erfolg verspreche, so lange es der Gegner nicht erkannt habe.
Bei der Wichtigkeit des Geländebesitzes in Flandern plante die Gruppe Vpern einen Gegenangriff mit zwei Divisionen, der aber nicht vor dem 8. Oktober stattfinden konnte. Ein Unternehmen eines Regiments gegen die Höhen südwestlich von Zonnebeke wurde schon aus den 4. Oktober angesetzt.
Unterdessen hatten die Erfolge des 20. und 26. September sowie Nachrichten über Verlegung des Hauptquartiers der deutschen 4. Armee nach ©ent1) und Räumung einzelner Ortschaften von ihren Bewohnern die Zuversicht des Feldmarschalls Haig erhöht. Er hielt den deutschen Widerstand für erschüttert und rechnete mit der Möglichkeit eines allgemeinen Rückzuges. Der Angriff sollte am 4. Oktober in zwölf Kilometer Breite, im Süden über die Stratze Vpern—Menin, im Norden über die Bahn Boesinghe—Staden noch hinausreichend, weitergeführt werden. Zwölf Divisionen der 2. und 5. Armee wurden dazu bereitgestellt. Ziel war die Linie Gheluvelt—Broodseinde—Poelkappelle.
Am Abend des 3. Oktober hatte die Gruppe Vpern den Eindruck, datz ein neuer Ansturm des Gegners, mindestens gegen die südliche Gruppen-Hälfte, unmittelbar bevorstehe, also gegen einen Raum, in dem man selber 4. Oktober, am 4. Oktober angreifen wollte. Der britischen Angriffsfront standen sechs Divisionen gegenüber. Die Ablösung einer von ihnen (bei Becelaere) begann in der Nacht zum 4. Oktober. Vier Eingreif-Divisionen (einschließlich der ablösenden Division) standen hinter der Front, von einer weiteren Division war das vorderste Regiment im Eintreffen südlich von Becelaere^). Die Artillerie der 4. Armee war durch neun schwere und drei Insanterie-Geschüh-Batterien verstärkt.
x) Franz. amtl. Werk, Bd. V, 2. Sinn. 1140.
gn einer Besprechung am 27. Sept. bei der 4. Armee ist tatsächlich ein Wechsel erwogen worden. Die Verlegung hat erst Anfang Nov. stattgefunden, aber nicht nach Gent,
sondern nach Thielt.
2) Gliederung an der Angriffsfront am 4. Oktober:
Angreifer Deutsche 4.Armee
Reserven in vorderer Linie Stellgs. Div. Eingr. Div.
nicht näher bekannt 4 Div./brit. 5. A. 6. b. g. D. 10. E. D. 20. I. D. 4. G. g. D. 187. 4. b. I. D. 45. R. D. Gr. Dpern
8 Div./brit. 2. A. 19. R. D. 25. g. D. 8. I. D. 1 von Gr. J Wytschaete
Eroßkampf bei Poelkappelle—Sheluvelt.
c) Großkampf bei Poelkappelle—Gheluvelt (4. Oktober).
Nach einer Zeitspanne guten Wetters hatte am 3. Oktober abends Sturm und Regen eingesetzt. Am 4. Oktober um 530 vormittags begann das Vorbereitungsseuer der Gruppe Ppern für das Anternehmen bei Zonnebeke. Das für den Angriff bestimmte Regiment war in die Sturmausgangsstellung vorgezogen worden. Da brach etwa um 6° morgens, kurz vor seinem Antreten zum Sturm, gewaltiges Trommelfeuer gegen die Front von nördlich von Langemarck bis zum Kanal bei Hollebeke los; es machte den deutschen Angriff zunichte. Rach etwa einstündiger Dauer trat die britische Infanterie, an vielen Stellen von Kampfwagen begleitet, zum Sturm an gegen die gesamte Front der Gruppe Ppern und den nördlichen Teil der Gruppe Wytschaete bis in Gegend von Kl. Zillebeke. Auf der ganzen Strecke zwischen der Bahn Staden—Boesinghe und der Straße Menin—Ppern drang sie in die Kampfzone ein und gelangte über Poelkappelle, Broodseinde, Reutel und Polderhoek hinaus. Im Laufe des Nachmittags kam es zu hin. und her wogenden Kämpfen, in denen Poelkappelle bis zur Kirche zurückgewonnen wurde, nach wiederholten Gegenstößen schließlich auch der größte Teil von Reutel sowie Schloß Polderhoek. Südlich der Straße Menin—Ppern, wo die Fortschritte der Briten nur gering gewesen waren, wurde die alte vordere Linie zurückerobert. Die erbitterten Kämpfe dauerten bis etwa 10° abends an. Dann flaute das überaus starke feindliche Artilleriefeuer ab, das tagsüber ununterbrochen auf den deutschen Stellungen gelegen hatte1), während Sturm, Regen und tiefliegende Wolkendecke die beiderseitige Fliegertätigkeit eingeschränkt hatten. Als Schlußergebnis blieb den Engländern ein Einbruch von annähernd zehn Kilometern Breite, der zwischen Poelkappelle und dem rechten Flügel der Gruppe Wytschaete bis fast 2000 Meter tief war. Die Verluste waren wiederum außerordentlich hoch. Die Engländer geben die Zahl der Gefangenen auf mehr als 5000 an3).
In den folgenden Tagen beschränkte sich die Gesechtstätigkeit im wesentlichen auf starkes Artilleriefeuer und, trotz ungünstigen Wetters, rege Fliegertätigkeit. Vorziehen feindlicher Batterien und Ausdehnung ihres Feuers nach Norden machten baldige Fortsetzung der britischen Offensive und ihr Übergreifen auch auf den Südslügel der Gruppe Dixmude wahrscheinlich.
*) Der Erste Generalstabsoffizier der Heeresgruppe, Maj. Prager, der sich an diesem Tage zur Gruppe Dpern und zu mehreren Divisionen begeben hatte, vermerkte in seinem Tagebuch: „Wohl schwerste Schlacht, die bisher war. Würgendes Trommelfeuer schwerer Kaliber."
2) Weiteres über Verluste S. 96.
5. bis 8. Oktober.
30 Der Krieg im ÄZesten. Schlacht in Flandern._____________
^ bis Das neue Kampferfahren hatte sich am 4. Oktober nicht bewährt.
S.ou»b«. ^ vec|t5rtte Besatzung der vorderen Kampfzone war, nachdem sie große Verluste durch Artilleriefeuer erlitten hatte, durch die zahlenmäßig weit überlegene, von Tanks begleitete feindliche Infanterie überrannt worden. Alle hinter den Gruppen sperrt und Wytschaete befindlichen Eingreis-Divisionen hatten eingesetzt werden müssen1). Das Armee-Oberkommando kam zu dem Schluß, daß es kein Mittel gäbe, die Stellung gegen die überwältigende feindliche Artillerie- und Infanterie-Überlegenheit zu halten; Eeländeverlust sei bei feindlichem Großangriff unvermeidlich. Bisher hatte die Oberste Heeresleitung den hohen Ausfall der Großkämpfe zu decken vermocht, auf die Dauer war das aber nicht möglich. General Eudendorff regte daher wie schon Ende Juni-) die Schaffung eines „Vorfeldes" an. Dementsprechend ordnete General Sixt von Armin am 7. Oktober an, die vorderste Trichterlinie an der Großkampsftont, soweit ein natürliches Hindernis fehlte, nur mit einem ganz dünnen Postenschleier zu besehen, dazu einige leichte Maschinengewehre. 500 bis 1000 Meter dahinter sei als vorderer Rand der „Großkampszone" eine „Hauptwiderstandslinie einzurichten. Vernichtungs- und Sperrfeuer war vor die vorderste Postenlinie einzuschießen. Unter seinem Schuh sollten die Vorposten ihre Stellungen gegen kleinere Angriffe halten, geringe Einbrüche des Feindes waren durch Gegenstöße wieder auszugleichen. Bei unmittelbar bevorstehendem feindlichem Großangriff dursten die Posten aus Befehl ausnahmsweise zurückgenommen werden. Entsprechend dem Vordringen des Gegners war dann das Vernichtungs- und Sperrfeuer vor die Hauptwiderstandslinie, nach Bedarf auch noch weiter zurückzuziehen. Andererseits sollte nach wie vor jede Gelegenheit zum Gegenstoß auch über die Hauptwiderstandslinie hinaus ausgenutzt werden. Man war sich über die Schwierigkeiten des neuen Verfahrens klar. Auch war, wenn der Gegner die neue Kampsweise erst durchschaut hatte, zu gewärtigen, daß er die Vorposten zurückdrückte und sich dicht an die Hauptwiderstandslinie heranschob. Das brauchte aber Zeit, die dem Verteidiger zugute kam.
Im Zusammenhang mit der Neuregelung des Kampfverfahrens hatte die Oberste Heeresleitung auch ein Urteil darüber gefordert, welcher Ge-ländeverlust noch tragbar sei, ohne daß die Sicherung der Unterseeboots-
1) Persönl. Kr.Tgb. des Gen. von Kühl, 5.Okt. 1917: „Die Schlacht war nicht sehr günstig gestern; großer Verbrauch von Divisionen, die Eingreif-Divisionen mußten nun doch alle hineingeworfen werden, kamen nun aber alle spät und verzettelt. Die neue Taktik... war viel zu schematisch ... Man muh mehr Freiheit lassen. Die Verstärkung der vordersten Linie nutzt nichts, sie wird doch überrannt."
2) S. 56.
Kampfverfahren. Deutscher Gegenangriffsplan.
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Basis in Frage gestellt werde; es komme daraus an, den Winter über in Flandern kampfkräftig auszuhalten*). Die 4. Armee meldete, es fei nötig, Anschluß zu behalten im Norden an den Yser-Kanal und das Überschwemmungsgebiet, im Süden an die Lys, und legte eine Karte vor, in die vier hintereinander liegende Kampfzonen eingezeichnet waren, nebst einer Abschlußlinie, die den höchstzulässigen Geländeverlust begrenzte; diese Linie verließ die Yser nördlich von Dixmude, führte über Werden, westlich von Roulers und Menin vorbei an die Lys bei Deulemont. Die Heeresgruppe betonte dazu, daß es sich weniger um zähes Festhalten der in Aussicht genommenen Kampfzonen handeln werde, als um eine mehr elastische Abwehr — nötigenfalls bemessenes Nachgeben auf den Hauptdruckstellen und Gegenangriffe gegen die Flanke der feindlichen Angriffssront.
In diesem Sinne hatte sie bereits am 5. Oktober eine Offensive aus der Gegend von Gheluvelt gegen die rechte Flanke der im Dpern-Bogen vorstoßenden Engländer angeregt. Die 4. Armee war dazu natürlich gerne bereit, meldete aber: Vorläufig seien die erforderlichen Kräfte nicht vorhanden. Die Armee könne sich nur mit größter Mühe der schnell aufeinanderfolgenden Anstürme erwehren. Teilweise müßten abgekämpfte Divisionen als Eingreif-Divisionen verwendet werden. Für den Angriff würde kaum mehr als die Hälfte der gegenüberstehenden feindlichen Artillerie und nicht annähernd die Munitionsmenge, die der Feind habe, verfügbar gemacht werden können. Der Gegner erreiche mit seinen gewaltigen Kampfmitteln bei jedem Großangriff etwa einen bis eineinhalb Kilometer Geländegewinn. Auf mehr dürfe man selber auch nicht rechnen. Ein solcher Erfolg würde die Briten immerhin einengen, zu Umgruppierungen zwingen und ihre Offensive zum Stocken bringen. Ein Zeitgewinn von nur acht Tagen wäre für das Durchhalten bis zum Winterbeginn von großer Bedeutung. Da aber auch die Heeresgruppe die erforderlichen Kräfte nicht geben konnte, mußte der Angriffsgedanke zurückgestellt werden.
Der 4. Oktober hatte den Briten zwar einen erheblichen Erfolg gebracht, die Annahme, daß ein allgemeiner Rückzug der deutschen 4. Armee bevorstünde, aber als irrig erwiesen. Die Jahreszeit war inzwischen weit fortgeschritten. Die „Doppelwirkung von Regen und Granatfeuer" machte „jede Bewegung unendlich schwierig"2). Feldmarschall Haig begann zu zweifeln, ob es vor Winterbeginn noch gelingen werde, den Rest des Höhenrückens Gheluvelt—Passchendaele—Staden zu erobern, und dachte kaum noch an Gewinnung der flandrischen Küste vor dem Winter. Er war aber
1) S. 1.
2) „Haig's Despatches“, S. 127. Weltkrieg. XIII. Bd.
6
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Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
Dis s. Oktober.
9. Oktober.
trotzdem entschlossen, die Offensive fortzusetzen, denn die Deutschen schienen schwer gelitten zu haben. Das neue Angriffsverfahren war erfolgreich gewesen, obgleich der Verteidiger, wie aus erbeuteten Schriftstücken ersehen wurde, versucht hatte, seine Abwehr darauf umzustellen. Auch galt es, weiterhin die Franzosen zu entlasten, die am 23. Oktober die Laffaux-Ecke angreifen wollten. Als Zeitpunkt für den nächsten, wieder gemeinsam mit der französischen 1. Armee zu führenden Angriff wurde der 9. Oktober bestimmt. Der Hauptstoß sollte weiter nördlich als bisher auf der über elf Kilometer breiten Strecke Broodseinde—Draaibank (nordöstlich von Bixschote) erfolgerk. Sieben britische Divisionen und eine französische wurden dazu bereitgestellt. Südlich von Broodseinde bis gegen Gheluvelt hatten drei weitere britische Divisionen einen Anterstützungsangriff auszuführen. Auf der fünfzehn Kilometer breiten Eesamtangriffsfront befanden sich also elf Divisionen.
Aus deutscher Seite standen etwa siebeneindrittel Divisionen gegenüber, dahinter sechs Eingreis-Divisionen. Eine Stellungs-Division und zwei Eingreis-Dioisionen wurden gerade abgelöst, zwei weitere Eingreif-Divisionen getauscht1). Die Gruppe Dpern (Generalkommando des Gardekorps) hatte General von Böckmann übernommen.
d) Großkampf zwischen Draaibank und Gheluvelt (9. Oktober).
In der Nacht zum 9. Oktober war die Artillerie auf beiden Seiten wieder sehr rege. Don 640 morgens ab lag stärkstes Trommelfeuer von un-
x) Gliederung an der Angriffsfront am 9. Oktober:
Angreifer Deutsche 4. Armee
Reserven vordere Linie Stellgs. Div. Eingr. Div.
nicht näher bekannt 1 Div./franz. 1. A. Teile N9.Z.D. 18. g. D. 240. g. D.**) von Gr. Dixmu-de, Gen. Frhr. Marschall
4 Div./brit. 5. A. 6. b. g. D.*) 16. g. D. 195. g. D. 233. g. D. + V, 22.R.D. 187. g. D.***) 10. E.D. 20. g. D.f) 45. R. D.ft) Gr. Dpern, Gen. v. Böckmann
6 Div./brit. 2. A. 10. b. g. D. + 2/322.R.D. Teile25. g.D. 15. g. D. von Gr. Wytschaete
*) Im Austausch mit 187. g. D. **) Zn Ablösung durch 227. g. D. ***) gm Austausch mit 240. Z. D. f) Zn Ablösung durch 45.9t. D. ft) 3" Ablösung durch 220. Z.
Grohkampf bei Draaibank—Eheluvelt.
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gefähr dreiviertelstündiger Dauer auf den deutschen Stellungen zwischen Merckem und Iandvoorde. Dann folgte zw.ischen Draaibank und Gheluvelt der Infanterie-Angriff. Aus dem Nordslügel traf er Divisionen, deren Kampfkraft schon vorher wesentlich geschwächt war. Franzosen und Engländer überschritten den Kortebeek und drangen gegen den Houthulster Wald vor. Auch beiderseits der Bahn Langemarck—Staden gelang den Briten ein tiefer Einbruch, bei Passchendaele kamen sie bis dicht an das Dorf heran, auf den übrigen Teilen der Angrisfsfront aber nur wenig vorwärts. Nach schweren hin und her wogenden Kämpfen vermochten die Deutschen westlich von Passchendaele, wo eine verhältnismäßig frische Division stand, bis in die Nähe ihrer ursprünglichen vordersten Linie wieder vorzudringen. Auch gelang es im Laufe des Tages den Luftraum über den deutschen Stellungen zu säubern. Nach Abschluß der Kämpfe blieb Franzosen und Engländern zwischen Draaibank und Poelkappelle ein Geländegewinn von fast sechs Kilometern Breite und zwei Kilometern Höchst-tiefe. Südlich von Poelkappelle hatten die Briten dagegen nur sehr geringe Fortschritte machen können. Abgesehen von Einbrüchen dicht südlich der Bahn Vpern—Roulers und bei Reutel, jeder annähernd einen Kilometer breit, war die I. Stellung ’— wenn auch nicht überall die vorderste Linie — gehalten worden. Die deutschen Verluste waren abermals recht beträchtlich^. Die Gegner gaben über 2100 Gefangene und als Beute einige Geschütze an, aber auch ihre Verluste waren schwer2), und „das Leiden der Tmppen stand in keinem Verhältnis zu den erreichten Vorteilen"2).
Ein Arteil über das neue Kampferfahren konnte aus diesem Kampftage noch nicht gewonnen werden; denn die deutschen Divisionen hatten mit nur einer Ausnahme die entsprechende Gliederung noch nicht vorgenommen.
Feldmarschall Haig war entschlossen, die Offensive baldigst fortzusetzen, obwohl sich der Zustand des Bodens weiter verschlechterte. Der Angriff sollte am 12. Oktober zwischen der Bahn Ppern—Roulers und dem Houthulster Wald mit acht britischen Divisionen stattfinden; vor allem sollte Passchendaele genommen werden.
Am 10. Oktober fanden vier vergebliche feindliche Teilangrisse an der Front Draaibank-Papegoed, am 10. und 11. mehrere Vorstöße von Grvtzpatrouillen statt, die abgewiesen wurden. Für den 12. Oktober erwartete man einen neuen Großangriff. Zur Abwehr standen auf der Front, welche die Briten anzugreifen gedachten, etwa von Mangelaere am Süd-
*) Näheres S. 96.
H Nach franz. amtl. Werk bei zehn Divisionen mehr als 8000 Mann.
3) Duff Looper: „Haig", II, S. 170.
10. und 11. Oktober.
6*
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Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
rand des Houthulster Waldes bis über die Straße Moorslede—Zonne-beke hinaus ungefähr sünseindrittel Divisionen, dahinter dreieindrittel Eingreis-Divisionen. Sowohl in der Stellung als auch bei den Eingreif-Divisionen waren Ablösungen im Gange. Als Vorbereitung für den Einschub einer „Gruppe Staden" hatte die Gruppe Ypern zwei Divisionsabschnitte an die Gruppe Dixmude abgegeben^).
e) Großkämpfe um Passchendaele.
Am 12. Oktober führten die Gruppen Dixmude und Ypern von Mitternacht bis 2° morgens ein Gasschiehen aus, hauptsächlich mit Gelbkreuz-Munition. Es war auf eine ein bis zwei Kilometer vor der deutschen Front liegende, 800 bis 1000 Meter tiefe Zone gerichtet, durch die der Gegner — wie man annahm — seine Sturmtcuppen vorführen mußte. Die feindliche Artillerie war sehr rege, machte mehrfach Feuerüberfälle und eröffnete um 630 vormittags ein gewaltiges Trommelfeuer auf die deutschen Stellungen von Merckem bis südlich von Gheluvelt. Starke Angriffe zwischen den Straßen Langemarck—Houthulst und Zonnebeke—Moorslede folgten. Südlich des Houthulster Waldes wurde die Front bis nach Schaap Baillie und an den von dort nach Poelkappelle führenden Weg zurückgedrängt, gm Ostteil von Poelkappelle und unmittelbar südlich davon hielt die vordere Linie. Von dort bis zur Straße Zonnebeke—Moorslede drang aber der Gegner an mehreren Stellen in die Hauptkampszone ein. Gegenstöße brachten Erfolge. Vereinigtes Artillerieseuer half die Einbruchstelle nördlich von Poelkappelle wesentlich abzuflachen: Südlich von ihr wurden entstandene Lücken geschlossen und die vorderen Linien stellenweise nicht unerheblich wieder vorgetragen.
!) Gliederung an der Angriffsfront am 12. Oktober:
Angreifer Deutsche 4.Armee
Reserven vordere Linie Stellgs. Div. Eingr. Div.
nicht näher bekannt 5 Div./brit. 5. A. 18.-j-Teile27. u. 187. I.D. V.227.+V, 240. I. D. 16. I.D Teile 187. u. 27.1. D.,2/g240. +V3 227. I.D. 10. E. D. (in Ablösung durch 5. b. R. D.) von Gr. Dixmude
3 Div./brit. 2. A. 195. + V. 220. I. D. 233. I. D. (r. Flügel) V3 220. I. D. von Gr. Dpern
Neuer Eroßkampf. Ablösungsschwierigkeiten.
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Bei Abschluß der bis in die Nacht dauernden Kämpfe blieb dem Feinde etwa folgender Geländegewinn: Beiderseits der Bahn Staden—Lange-marck ein Bogen, dessen Sehne nicht ganz drei Kilometer, dessen Höchsttiefe ungefähr 700 Meter betrug; südöstlich von Poelkappelle bis über die Bahn Roulers—Dpern hinaus eine flache Einbuchtung, die ungefähr viereinhalb Kilometer breit war und nur an einer Stelle 500 Meter Tiefe erreichte. Nach den Berichten des Feldmarschalls Haig haben die Engländer mehr als 1000 Gefangene gemacht. Die sonstigen Erfolge seien wegen der Witterungsverhältnisse, welche die Bäche unpassierbar machten, gering gewesen. Deshalb habe man das Vorgehen gegen die „entfernten Ziele" aufgegeben. Damit war offenbar auch Passchendaele gemeint. Von der Wirkung des deutschen Gasschießens spricht er nicht. Sie scheint wegen des morastigen Bodens und ungünstiger Witterung gering gewesen zu sein.
Die Divisionen der Gruppe Dixmude hatten am 12. Oktober, soweit sich feststellen läßt, noch ohne Vorfeld gekämpft, während bei der Gruppe Dpern die neue Gliederung bereits durchgeführt war. Beide Kampfverfahren hatten Einbrüche des Gegners nicht verhindern können. Mit beiden war es aber geglückt, einen erheblichen Teil des verloren gegangenen Geländes zurückzugewinnen. Die 4. Armee gab den von der Obersten Heeresleitung empfohlenen Maßnahmen den Vorzug; sie glaubte damit eine wesentliche Verringerung der Verluste erreicht zu haben.
In einem schon am 11. Oktober verfaßten Schreiben hatte Kronprinz Rupprecht der 4. Armee dargelegt, daß der Kräfteverbrauch in Flandern am 4. und 9. Oktober derart weiter gewachsen sei, daß der Austausch von Divisionen eisenbahntechnische Schwierigkeiten verursacht habe. Gleicher Kräftebedarf könne weiterhin nicht mehr gedeckt werden. Die Zuführung von Verstärkungen von anderen Heeresgruppen würde ganz unmöglich werden, sobald dort die Franzosen zum Angriff schritten. Auch die Auffüllung der Divisionen mit Ersah werde ständig schwieriger. Die 4. Armee müsse sich aus geringeren Verbrauch einrichten. Das Ziel, Kräfte und Menschen zu sparen, sei höher zu stellen als Geländebesitz. Die Front sei nötigenfalls so weit vom Feinde abzusehen, daß dieser zu neuem Artillerie-Aufmarsch gezwungen sei. Ferner regte die Oberste Heeresleitung am 13. Oktober zur Entlastung der Eisenbahn an, Divisionen, die nicht mehr als 1500 bis 1800 Mann verloren hätten, in Flandern zu belassen und ihnen dort Gelegenheit zu drei- bis vierwöchiger Auffrischung und Ausbildung zu geben. Nur diejenigen seien abzufahren, die an anderer Stelle frische Divisionen freimachen sollten.
11. bi»
13. Ottob«.
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Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
21 Oktober Fn einer Besprechung am 18. Oktober vertrat General von Kühl die Ansicht, daß bei eintretendem Krästemangel an den Hauptdruckstellen bis an die Linie zurückgegangen werden müsse, die als Grenze des Ausweichens nach Osten bezeichnet worden war. General Sixt von Armin und sein Chef des Stabes wandten dagegen ein: Mit jedem Schritt rückwärts verschlechtere sich die Lage, da es an schußsicherer Unterkunft fehle; es sei ausgeschlossen, sie in jener Linie bis zum Winter einigermaßen hinreichend zu schaffen. Für den Feind würden dagegen die Bedingungen günstiger werden; er käme aus dem Trichterfelde heraus in ein Gelände, das nach früheren Erfahrungen auch im Winter gangbar sei. Werde die genannte Linie durchbrochen, so sei der Schutz der Unterseebots-Basis nicht mehr gewährleistet. Die Armee habe daher die feste Absicht, die Schlacht, wenn irgend möglich, vorwärts dieser Linie abzuschließen. General v o n Ku h l beendete die Erörterung mit der Bemerkung, daß die Heeresgruppe in dieser Beziehung keine Befehle erteilen wolle; er glaube auch nicht, daß die Oberste Heeresleitung dies tun werde. Er bat aber, die Anregung in Erwägung zu ziehen.
Im Anschluß an diese Besprechung stellte das Armee-Oberkommando 4 in einem Bericht vom 21.Oktober die Frage, ob es auf die Dauer möglich sei, die Aufgabe der Armee in der „reinen Abwehr" zu erfüllen. Trotz aller zugeführten Verstärkungen sei ein „auch nur annähernder Ausgleich mit den personellen und materiellen Streitmitteln des Feindes" nicht erreicht worden, vor allem nicht an Artillerie, namentlich schwersten weittragenden Kalibers. Diese bringe den zurückgehaltenen Truppen meist schon ernste Verluste bei, ehe sie das eigentliche Kampffeld erreichten. Die eigene Artillerie versuche ihre Unterlegenheit an Zahl durch überlegene Leistung auszugleichen. Das verbrauche aber die Kräfte in hohem Maße und nütze zugleich das Material stark ab. Es fehlten auch die dem Gegner zur Verfügung stehenden zahlreichen Hilfsformationen, besonders für den anstrengenden Muni-tionstransport durch das Trichtergelände. Fn den drei Monaten vom 11. Juli bis 10. Oktober hätten 63 eingesetzte Divisionen 159000 Mann verloren. Dazu kämen „die seelischen Eindrücke, denen auch die bravste Truppe unterworfen ist", besonders bei der Infanterie, die „dem fortgesetzten feindlichen Feuer und den Unbilden der Witterung in dem durchweichten Trichtergelände ausgesetzt ist, ohne daß ihr wegen der sich schnell folgenden feindlichen Großangriffe einigermaßen ausreichende Ruhe verschafft werden kann". Wenn auch die Truppe „fast ausnahmslos das Höchste" leiste, so müsse doch damit gerechnet werden, daß der Gegner bei dem gegebenen Stärkeverhältnis langsam weiter Gelände gewinne. Auf die Dauer könne er nur durch Angriff aufgehalten werben1). __
!) Weiteres hierzu S. 327.
Schwierigkeiten der reinen Abwehr.
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Unterdessen hatte am 13. Oktober das Generalkommando des XVIII. Armeekorps (General Albrecht) den Befehl über den verkleinerten Abschnitt der Gruppe Dixmude, das des Garde-Reservekorps über die neugebildete Gruppe Staden übernommen. Als Hauptwiderstandslinie war festgelegt worden: Straßenkreuz 500 Meter südlich des Houthulster Waldes — 300 Meter südlich von Schaap Baillie—Wallemolen — etwa 700 Meter südwestlich von Passchendaele vorbei zur Bahn Roulers—Ppern südlich von Passchendaele, von dort in allgemein südlicher Richtung weiter und nordwestlich von Becelaere an die vordere Linie heran.
In der Zeit bis zum 21. Oktober fanden einzelne Stoßtrupp- und Patrouillen-Unternehmungen statt. Bei geringen Niederschlägen wurde der Boden trockener. Das Artillerieseuer dehnte sich mehr nach Norden bis in die Gegend des Blanckaart-Sees aus, es war am 20. und 21. Oktober besonders stark und planmäßig. Mehrfach wurden beiderseits größere Bombenabwürfe im Hintergelände ausgeführt. Es schien, daß der Feind die Pause im Angriff nur eingelegt habe, um den nächsten Schlag gründlich vorzubereiten. Die Gruppe Staden rechnete damit, daß am Morgen des 22. Oktober wieder ein Großangriff erfolgen werde.
Diese Ansicht war zutreffend. Wohl waren seitens der französischen 1., wie auch der belgischen Armee Bedenken gegen weiteren Angriff in Flandern vorgebracht worden. General Pötain hatte sie aber mit dem Hinweis abgelehnt, daß die Pläne des Feldmarschalls Haig nicht an mangelnder Bereitwilligkeit seiner Verbündeten scheitern dürsten. Dieser wollte die Offensive am 22. Oktober fortsetzen. Sein Ziel hatte er aber nochmals kürzer gesteckt. Die Hoffnung, noch in diesem Winter den gesamten Höhenrücken Broodseinde—Staden zu erobern, hatte er ausgegeben. Er wollte sich nur noch bis Passchendaele vorarbeiten und deutsche Kräfte binden, während er bereits einen überraschenden Großangriff bei Cambrai vorbereitetes. Der nächste Angriff in Flandern hatte nur das beschränkte Ziel, Poelkappelle und den Südrand des Houthulster Waldes fester in die Hand zu nehmen. Er sollte von drei Divisionen der britischen 5. Armee und einer französischen Division geführt werden. Dis zum Angriffstage hielt die britische 5. Armee die Front nur ganz dünn beseht, um ihren erschöpften Truppen möglichste Ruhe zu geben. Der Angriff richtete sich gegen vier Divisionen der Gruppe Staden?).
l) S. 126f.
?) 3. M. (I.) D., 111. 3. D., 26. R. D., % 58. F. D., dahinter 27. F. D., 239.I.D., 5. b. R. D.
SS
Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
Angriff südlich des Houthulster Waldes (22. Oktober).
Beilage 7.
22. OH»»««. Nach kräftiger Artillerievorbereitung griffen die Gegner am 22. Oktober um 7° morgens, auf dem äußersten Nordflügel schon früher, die deutschen Stellungen von Draaibank bis ungefähr halbwegs Poelkappelle— Passchendaele an und machten einen Teilangriff an der Straße Menin— Ypern. Am Houthulster Wald, wo der Geländeverhältnisse wegen keine Vorfeldzone bestand, brachen Franzosen und Engländer in die Hauptverteidigungslinie ein und drangen stellenweise etwa 500 Meter weit vor. Die beiden südlich des Waldes angegriffenen Divisionen räumten planmäßig die Vorfeldzone und zogen das Feuer ihrer Artillerie vor die Hauptverteidigungslinie zurück, welche die Angreifer nirgends zu erreichen vermochten. Durch Artillerie gut unterstützte Gegenstöße gewannen bis IO30 vormittags auch die Vorfeldzone bis auf den gegen Poelkappelle ausspringenden Bogen zurück. Der an der Chaussee Menin—Ypern gegen Teile der 24. Infanterie-Division geführte britische Vorstoß war kurz vor der vorderen Linie zusammengebrochen. Nach mehrmaliger heftiger Beschießung erneuerten die Engländer gegen 6° nachmittags ihre Angriffe beiderseits der Straße Poelkappelle—Westroosebeke. Die deutschen Vorposten wurden abermals zurückgedrückt, teilweise bis an die Hauptwiderstandslinie, die Briten aber dann aus einem Teil des Vorfeldes wieder vertrieben.
Am Abend des Schlachttages hatten nördlich der Bahn Staden— Langemarck die Franzosen ihren Geländegewinn von annähernd 1600 Meter Breite und bis zu 600 Meter Tiefe behauptet, während die Engländer sich nur an der Straße Poelkappelle—Houthulst in etwa 600 Meter Breite zu halten vermocht hatten. Südlich der Bahnlinie waren nur die Vorposten zurückgedrängt, doch waren auch hier noch mehrere Hundert Meter Vorfeld in deutscher Hand geblieben. Ein deutscher Gegenangriff am rechten Flügel der Gruppe Staden am 23. Oktober und feindliche Teilangrisfe an anderen Stellen am 24. und 25. Oktober änderten an der Lage nichts Wesentliches.
Anscheinend haben die Gegner ihre am 22. Oktober erreichten Erfolge nicht billig erkauft. Sie hatten nur 200 Gefangene gemacht, während sie nach übereinstimmenden Meldungen deutscher Truppenteile blutige Verluste erlitten haben, die die der Verteidiger überstiegen*). Die Einrichtung der Vorseldzone schien sich bewährt zu haben, mehr als 500 bis 600 Meter Tiefe aber unzweckmäßig zu sein, da dann das Artilleriefeuer nicht in einem Sprung zurückgezogen und der Anschluß an einen Nachbar, dessen Vorposten noch vorne standen, nicht gehalten werden konnte. ___________
i) Deutsche Verluste S. 96,
Bewährung der Vorfeldzone.
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In diesen Tagen wurde die Frage eines großen deutschen Gegenangriffes aus der Richtung von Gheluvelt nochmals1) erörtert. Die Oberste Heeresleitung hielt einen Angriff etwa über die rechte Hälfte der Gruppe Wytschaete, um die den Ppern-Bogen beherrschenden Höhen wiederzugewinnen, für besonders wirksam. Die 4. Armee schlug gleichzeitigen Angriff von Passchendaele vor. Die Ausführung solcher Pläne hing aber nach wie vor von der Möglichkeit ab, die nötigen Kräfte verfügbar zu machen. Da Nachrichten vorlagen, daß England einen unmittelbar bevorstehenden Angriff großen Stils von See aus auf Flandern vorbereite, wurden zunächst ein Generalkommando und zweizweidrittel Divisionen für diesen Fall bereitgehalten.
Unterdessen hatte Feldmarschall Haig beschlossen, die Offensive am 26. Oktober fortzusetzen. Den Hauptstoß sollten Teile der 2. und 5. Armee zwischen den Bahnen Ppern—Roulers und Boesinghe—Staden führen. Aach englischer Darstellung hat sich ihre Angriffsfront nach Norden nur etwas über Poelkappelle hinaus erstreckt, tatsächlich haben aber auch weiter nördlich bis zum Houthulster Wald Angriffe stattgefunden3). Ziel war nach französischen Angaben3) die Linie Südrand von Passchendaele— Spriet—Schaap Baillie—Südteil des Houthulster Waldes. An und nördlich der Straße Ppern—Menin sollte die britische 2. Armee einen „Anter-stützungsangriff" auf Gheluvelt führen, zwischen dem Westrand des Houthulster Waldes und der Straße Zuydschote—Kippe die französische 1. Armee das Nordufer des Steen-Baches gewinnen4).
*) S. 81.
*) Das geht aus deutschen Berichten hervor und aus französischen Quellen (Franz. amtl. Werk, Bd. V, 2,Ann. 1286).
3) Ebenda.
4) Gliederung an der Angriffsfront am 26. Oktober:
Angreifer Deutsche 4. Armee
Reserven vordere Linie Stellgs. Div. Eingr. Div.
nicht näher bekannt 2 Div./franz. 1. A. 40. F. D. 35. g. D. V3 S. b. R. D. v3119. g. D. 58. g. D. von Gr. Dixmude, Gen. Albrecht
5 Div./brit. 5. A. 27. g. D. 239. g. D. m. g. D. 26. R. D. 3. M. (g.) D. 5. b. R. D. Gr. Staden
2 Div./brit. 2. A. 11. b. g. D. 238. g. D. von Sr. Dpern
2 weitere Div. bei Gheluvelt 15. g. D. 2/3 24. g. D. 10. b. g. D. 1mm Gr. Wyt-Ischaete
Sie >. Otio6«i.
90
Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
26. Oktober.
27. bis 29. Oktober.
Neuer Großkamps am 26. Oktober.
Heftiger Beschießung der deutschen Stellungen, auch nördlich des Blanckaart-Sees, während der ganzen Nacht folgten am 26. Oktober gegen 7° morgens starke Angriffe zwischen der Straße Dixmude—Zuydschote und der Bahn Roulers—Ypern sowie beiderseits der Straße Menin— Ypern. Auf dem Nordflügel der Angriffsfront, östlich der Straße Dixmude—Zuydschote, warfen die Franzosen die dort stehende deutsche Division, die durch Gasbeschuh gelitten hatte, etwa einen Kilometer zurück und erreichten ohne große Verluste ihre Ziele. Gegenstöße waren erfolglos. Am die Gefahr zu beseitigen, daß die Truppen westlich und südwestlich des Blanckaart-Sees bei weiterem Vordringen der Franzosen abgeschnitten würden, befahl General Sixt von Armin, die Hauptwiderstandslinie in eine Stellung zurückzunehmen, die vom See zur Südwestecke des Hout-hulster Waldes verlief. Auf dem übrigen Kampsfelde bis zur Bahn Rou-lers—Ypern waren zwar die Briten anfangs an einzelnen Stellen in die Hauptwiderstandslinie eingedrungen, aber im Laufe des Tages wieder hinausgeworfen worden, zum Teil auch aus dem Vorfelds. Nur an der Grenze zwischen den Gruppen Staden und Ypern behaupteten sie sich in einer Einbuchtung von ungefähr einem Kilometer Breite. Beim „Anter-stühungsangrisf" an der Chaussee Menin—Ypern hatten sie Schloß Polder-hoek genommen und waren bis Gheluvelt gelangt, wurden aber ohne Einsah von Eingreis-Divisionen wieder über die ursprüngliche vordere deutsche
Linie zurückgeworfen.
Am 27. Oktober griffen die Franzosen nach kräftiger Artillerie-Vorbereitung zwischen der Straße Dixmude—Zuydschote und Houthulster Wald nochmals an und drückten die deutsche Linie bis Bultehoek zurück. In das geräumte Gelände westlich jener Straße rückten sie und der rechte Flügel der Belgier an diesem und dem folgenden Tage ein. Sonst fanden außer einem erfolglosen britischen Vorstoß dicht nördlich der Bahn Staden Langemarck, bis zum 29. Oktober keine Infanteriekämpfe von Bedeutung mehr statt.
Daß der Raum zwischen der Straße Dixmude—Steenstraate, dem Martje Vaert und der Yser bis auf kleine Teile in Feindeshand geraten war, hatte geringe Bedeutung, solange der Anschluß der deutschen Stellung an das Sumpfgelände des Blanckaart-Sees und der Houthulster Wald gehalten wurden. Immerhin war den Franzosen damit ein verhältnismäßig großer Geländegewinn zugefallen. Dagegen hatte die Schlacht den Briten nur sehr geringe Erfolge gebracht. Sie führen das auf die Versumpfung des Bodens zurück: „Selbst die stärksten Leute konnten kaum
Erfolge der Franzosen.
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vorwärts kommen und wurden eine leichte Beute der feindlichen Scharfschützen. Während sie, so gut es ging, vorwärts taumelten, wurden ihre Gewehre mit Schlamm so verklebt und verschmutzt, daß sie nicht mehr zu gebrauchen waren'"). Entscheidender ist aber wohl der hartnäckige deutsche Widerstand gewesen, denn General Gough betonte bei einer Besprechung mit Feldmarschall Haig am 28. Oktober, „daß es nicht der Schlamm gewesen sei, der am letzten Tage das Fortschreiten des Angriffs des XIV. Korps (nördlich von Poelkappelle) verhindert habe, sondern die sehr starken feindlichen Verteidigungsanlagen, die nicht genügend beschossen worden seien'").
Wenn auch die Verluste auf deutscher Seite stellenweise schwer waren3)
(die Gegner geben an, daß sie über 1200 deutsche Gefangene eingebracht hätten), so haben die Engländer doch anscheinend sehr viel mehr gelitten.
Südlich der Straße Menin—Vpern wurden vor einem Regiments-Abschnitt ungefähr 500 tote Briten gezählt, noch größer soll die Menge der Gefallenen nördlich der Straße gewesen sein. Die Zahl der gefangenen Engländer überstieg 300. Anscheinend hatte sich die Vorseldzone wiederum gut bewährt.
General Gough hatte am Abend des 26. Oktober Feldmarschall Haig gebeten, die Operationen für längere Zeit zu unterbrechen. Dieser war aber daraus nicht eingegangen, sondern hatte der 2. Armee besohlen, am 30. Oktober Passchendaele anzugreifen, während die 5. Armee die linke Flanke durch Vorstoß aus Spriet decken sollte. Für den Angriff, der sich von der Bahn Dpern—Roulers bis zur Straße Poelkappelle—Westroose-beke erstreckte, wurden im ganzen vier Divisionen bestimmt.
Deutscherseits wurde mit baldiger Fortsetzung der feindlichen Offensive gerechnet, weil die vorgeschrittene Jahreszeit zur Eile nötigen mußte. Verteilung und Tätigkeit der britischen Artillerie ließen annehmen, daß sich der Angriff bis Dipmude nach Norden ausdehnen werde. Ant 30. Oktober morgens standen in dem tatsächlich angegriffenen Raume so. ottot»«. zwei Divisionen, dahinter zwei Eingreis-DivisionenH.
1) Gough: „The fifth army“, S. 213f.
2) Duff Cooper: „Haig", II, S. 171.
3) Näheres S. 96.
4) Gliederung an der Angriffsfront am 30. Oktober:
Angreifer Deutsche 4. Armee
Reserven Angriffs-Div. Stellgs. Div. Eingr. Div.
nicht näher 2 Div./brit. 5. A. 5. b. N. D. 111. g. D. von Gr. Staden
bekannt 2 Div./brit. 2. A. 238. g. D. 39. g. D. von Gr. Dpern
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Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
Angriff am 30. Oktober.
zo.ort-b«,. Nach unruhiger Nacht setzte am 30. Oktober gegen 6« morgens schlagartig Trommelfeuer ein aus die deutschen Stellungen vom Ostrand des Houthulster Waldes bis Hollebeke. Bald folgten britische Angriffe zwischen Poelkappelle und der Bahnlinie Roulers—t)pern sowie etwas später ein ergebnisloser Vorstoß an der Straße Menin—Vpern. Nordwestlich von Passchendaele an einer Stelle, die keine Vorfeldzone hatte und anscheinend auch unzureichend besetzt war, weil man einen Geländeteil irrtümlicherweise als Sumpf angesprochen hatte, durchstießen kanadische Sturmtruppen die Hauptwiderstandslinie, drangen etwa 800 Meter darüber hinaus vor und gelangten bis dicht vor den Westrand von Passchendaele. Gegenstöße brachten diese Angriffe sowie auch einen neuen starken Vorstoß bald nach 5° nachmittags beiderseits von Passchendaele zum Stehen und gewannen einen Teil des verlorenen Bodens zurück.
Die Eroberung von Passchendaele war den Engländern abermals nicht geglückt. Doch war in der deutschen Front eine Einbuchtung entstanden, die sich etwa vom Haenixbeek (südlich der Straße Westroosebeke— Poelkappelle) bis 700 Meter südlich von Passchendaele erstreckte. Zwischen den Gruppen Staden und Ppern war der Anschluß verlorengegangen.
3i-et«»»« Am 31. Oktober morgens warf der linke Flügel der Gruppe Staden die s. 9u>»«mb« Briten ein Stück zurück und schloß diese Lücke. An demselben Tage und am 2. November versuchte der rechte Flügel der Gruppe Vpern, die Höhen westlich und südwestlich von Passchendaele zurückzuerobern. Das erste Unternehmen kam infolge starken feindlichen Abwehrfeuers nicht zur Durchführung, das zweite gewann zwar etwas Raum, erreichte aber das gesteckte Ziel nicht. Sonst fanden bis zum 5. November von beiden Seiten nur kleinere Unternehmungen statt. Die dabei in den letzten Tagen, besonders auf dem linken Flügel der Gruppe Staden, unternommenen zahlreichen Versuche des Gegners, in das Vorfeld einzudringen, liehen auf baldigen, größeren Angriff schließen.
Ant 5. November trat zur Entlastung der 4. Armee die Gruppe Lille zur 6. Armee über. Die 4. Armee verlegte ihr Hauptquartier dementsprechend von Courtrai wieder nach Thiels).
Angriffe am 6. und 10. November und Ende der Schlacht.
e. 3to»tntb«. Am 6. November vor Tagesanbruch lebte die Tätigkeit der feindlichen Artillerie, die sich in der Nacht verhältnismäßig ruhig verhalten hatte, auf.
Die letzten Angriffe und der Verlust von Passchendaele.
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Etwa um 7° morgens setzte gegen die deutsche Front^ vom Westrand des Houthulster Waldes bis Zandvoorde Trommelfeuer ein. Nach ungefähr halbstündiger Dauer brachen in der Gegend von Passchendaele sowie zwischen Becelaere und Gheluvelt britische Sturmtruppen vor. Während sie hier abgewiesen wurden, entwickelten sich um Passchendaele erbitterte Kämpfe. Der Gegner, der zwei frische kanadische Divisionen eingesetzt hatte, drang in das Dorf ein, wurde durch Gegenstöße zwar wieder hinausgeworfen, setzte sich aber gegen Mittag durch erneuten starken Angriff endgültig in den Besitz des Ortes und des beiderseits von ihm liegenden Höhenkammes. Ein einheitlicher Gegenstoß von Truppen der Gruppen Staden und Ppern kam wegen zerstörter Verbindungen und Einbruchs der Dunkelheit über erste Bewegungen nicht hinaus. Immerhin wurde um Passchendaele herum eine durchgehende Linie hergestellt. Die Absicht, einen Gegenangriff am nächsten Morgen auszuführen, stieß auf den Einspruch des Armee-Oberkommandos: Lage und Zustand der verfügbaren Truppen — so betonte General von Loßberg in einem nächtlichen Ferngespräch mit der Gruppe Ppern — seien unbekannt; ob die Befehle rechtzeitig durchkommen würden, sei sehr fraglich; die Briten würden sich am nächsten Morgen fest eingenistet haben; ohne starke Artillerie-Vorbereitung sei ein Angriff aussichtslos; am 7. November vormittags könne auf Grund der Lage erwogen werden, ob ein Angriff am Nachmittag nach gründlicher Artillerie-Wirkung Aussicht aus Erfolg habe. Das Unternehmen unterblieb dann ganz.
Die deutschen Verluste waren in der Gegend von Passchendaele wiederum beträchtlich2). Die Engländer hatten über 400 Gefangene gemacht. Aber auch ihnen scheint, nach deutschen Truppenmeldungen, die Schlacht große Opfer gekostet zu haben. Es war ihnen gelungen, das hart umstrittene Passchendaele zu nehmen, das Feldmarschall Haig allerdings schon Ende Juli hatte erreichen wollen und das seit dem 12. Oktober unmittelbares Angriffsziel war. Der Erfolg war insofern bedeutsam, als
x) Gliederung an der Angriffsfront am 6. November:
Bei Passchendaele:
Don Gr. Staden: V3 4. I. D., dahinter als Gingt. Div.: 5. b. R. D.
Don Er. Ppern: 2/3 11. u. V3 3. G. I. D., dahinter als Gingt. Div.: V3 11. u. 39. Z. D.
Bei Becelaere —Gheluvelt:
Don Gr. Wytschaete: 7.1. D., dahinter als Gingt. Div.: 15.1. D., zur Zeit im Austausch gegeneinander.
^ Bei 11. F. D. allein rund 1700 Mann, darunter 4 Btl.-Führer und 22 Komp.-Führer; im übrigen S. 96.
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Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
7. bi»
9. November.
10. November.
die dortigen Bodenerhebungen gute Einsicht in die deutschen Artillerie-Stellungen boten. Die Briten hatten eine vorteilhafte Grundlage für weitere Angriffe gegen die inneren Flügel der Gruppen Staden und Ypern gewonnen. Mit baldiger Fortsetzung ihrer Offensive mutzte gerechnet werden.
Die Gruppe Ypern war der Ansicht, datz es notwendig sei, Passchen-daele und die Höhen westlich davon wiederzunehmen, zum mindesten aber den nordöstlich des Dorfes entstandenen tiefen Sack abzuschnüren. General Sipt von Armin sprach sich indessen gegen das erstere Unternehmen aus, das den Einsatz von zwei Divisionen und von zwei Ablösungs-Divisionen über den laufenden Verbrauch hinaus verlange. Diese Kräfte würden in absehbarer Zeit nicht zur Verfügung stehen. Da nach Agenten-Nachrichten starke feindliche Angriffe gegen die ganze Armeesront bevorstünden, auch mit Landungen an der flandrischen Küste und auf Walcheren zu rechnen sei und eine große Anzahl von deutschen Divisionen in nächster Zeit ablösungsbedürftig werde, sei äußerstes Haushalten mit den Kräften geboten. Die Abschnürung des Sackes komme in Frage, falls nach Ansicht der vorne liegenden Infanterie die Stellung dadurch günstiger werde. Zunächst aber wurde die Hauptwiderstandslinie zwischen den Straßen von Westroose-beke nach Poelkappelle und Passchendaele um einige Hundert Meter zurückverlegt und dadurch ein Vorfeld geschaffen.
Vom 7. bis zum 9. November fanden nur unbedeutende Infanteriekämpfe statt. Dagegen war die Tätigkeit von Artillerie und Luftstreit-krästen rege.
Am 10. November*) gingen die Briten nach kräftiger Vorbereitung durch Artillerieseuer zwischen 730 und 8° morgens zwischen den eben genannten Straßen zum Sturm vor. Sie drangen in das Vorfeld ein, ungefähr zwei Kilometer nordwestlich von Passchendaele auch in die Hauptwiderstandslinie, wurden aber aus dieser und dem größten Teil des Vorfeldes durch Gegenstöße wieder vertrieben. An diesem Ergebnis änderte es nichts, daß sie ihre starken Angriffe stellenweise mehrmals wiederholten und am Nachmittag auch über Passchendaele hinaus nach Süden ausdehnten.
!) Gliederung an der Angriffsfront am 10. November:
Angreifer Deutsche 4.Armee
Reserven vordere Linien Stellgs. Div. Eingr. Div.
nicht naher bekannt 3 Div./brit. 2. A. 4. F. D. 44. R. D. 199. g. D. 11. g. D. von Gr. Staden von Gr. ypem
Das Ende der Schlacht.
95
In der nächsten Zeit fanden nur noch Vorfeldkämpse und Stoßtrupp- 20 Unternehmungen statt. Das Artillerieseuer blieb aber im allgemeinen lebhaft. Das Verhalten des Gegners war nicht anders als in den früheren Pausen zwischen den Großangriffen. Den Schluß, daß die Schlacht zu Ende sei, konnte man noch nicht ziehen. Zwar waren Oberste Heeresleitung sowie die Oberkommandos von Heeresgruppe und Armee seit langem der Ansicht, daß Feldmarschall Haig nicht imstande sein werde, die Angriffe den Winter über fortzusetzen, aber es war doch noch ganz ungewiß, wann er sie einstellen werde. Die Heeresgruppe rechnete mit der Möglichkeit, daß die Schlacht nunmehr in Einzelkämpfen ausklingen werde. Bis zum 16. November wurde auf dem bisherigen linken Flügel der französischen 1. Armee eine belgische Division festgestellt, auch kamen Nachrichten über Abbeförderung mehrerer britischer und französischer Divisionen nach Italien. Heeresgruppe und Oberste Heeresleitung hielten nun die Schlacht für beendet. Die 4. Armee blieb dagegen der Ansicht, daß der Feind neue Schläge vorbereite, um sich vor dem Winter noch mindestens in den Besitz der Höhen von Westroosebeke zu setzen. Erst der britische Tankangrifs bei Cambrai am 20. November schien Klarheit zu bringen.
Die Schlacht hatte sich über fast vier Monate erstreckt und zu sehr erheblichem Kräfteverbrauch geführt. An ihr hatten vom 15. Juli bis zum 10. November 75 deutsche Divisionen teilgenommen1). Auf der Gegenseite waren 57 Divisionen (51 britische und sechs französische) an der Schlacht beteiligt, wobei zu berücksichtigen bleibt, daß die britischen Divisionen an Infanterie wohl fast doppelt so stark wie die deutschen waren2). An Artillerie hatten die Gegner mindestens dreimal soviel eingesetzt wie die Deutschen; zeitweise war das Zahlenverhältnis für letztere noch erheblich ungünstiger2). An Artillerie-Munition sind von der 4. Armee vom 1. Juli bis zum 15. November fast 18 Millionen Schuß verbraucht worden. Nach Ansicht des Armee-Oberkommandos hatte der Feind mehr als sechsmal soviel verschossen.
Feldmarschall Haig führte als Ergebnis der Schlacht rund 24000 Gefangene sowie 941 Maschinengewehre, 158 Minenwerser und 74 Geschütze als Beute an und bezeichnete als sicher, daß die deutschen Verluste die englischen erheblich überstiegen hätten. Das Gegenteil trifft zu:
') In dieser Zeit sind der 4. Armee von anderen Armeen 67 Divisionen (davon vier zweimal), zugeführt worden, abbefördert wurden 51 Divisionen (davon sieben zweimal); vgl. Beil. 28 d.
2) S. 33 u. 63.
3) S. 63.
Di«
. November.
96
Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
Die deutsche 4. Armee verlor vom 21. Juli bis 31. Dezember 1917 rund 217000 Mann, davon 55000 Gefallene, 48000 Vermißte');
die Gegner in dem um zehn Tage kürzeren Zeitraum vom 31. Juli bis 31. Dezember rund 332000 Mann, und zwar die Briten 324000 Mann, davon 50000 Gefallene, 38000 Vermißte-), die französische 1. Armee rund 8000 Mann.
4. Betrachtungen.
Als sich Ende Juli die heiß ersehnte Möglichkeit bot, die seit langem geplante Vertreibung der Deutschen von der belgischen Küste in Angriff zu nehmen, hatte Feldmarschall Haig unter dem Eindruck gestanden, daß alle bisherigen Durchbruchsversuche gegen die deutsche Front gescheitert waren, derjenige im April 1917 an der Aisne unter Verlusten, die zu einer schweren Erschütterung des französischen Heeres geführt hatten. Deshalb hatte er es für erforderlich gehalten, die Truppen des Verteidigers zunächst durch Artillerie-feuer und wiederholte starke Schläge so abzunutzen, daß sie schließlich nicht mehr fähig seien zu widerstehen; erst dann werde der Durchbruch glücken. Die Angriffe sollten nacheinander gegen verschiedene Abschnitte der künftigen Durchbruchsfront erfolgen. Bei der großen eigenen Überlegenheit, besonders an Artillerie, sicherte dieses Verfahren Geländegewinn und schützte vor schweren Rückschlägen, machte aber die Ausdehnung der Offensive von dem Erreichen der im ersten Angriffsabschnitt gesteckten Ziele abhängig. Da nun die Eroberung des Höhenrückens Passchendaele—Staden—Clerken nur bei Passchendaele und auch dort erst im November gelang, kamen der
1) Nach den bei der O. H. L. geführten Verlustlisten. Der „Sanitätsbericht über das deutsche Heer" gibt als Gesamtsumme eine noch um rund 27000 Mann niedrigere Zahl. Welche Zahl richtiger ist, läßt sich nicht mehr feststellen.
Verluste nach den Listen der O. H. L. (Zahlen abgerundet):___________
Mann davon Vermißte Mann
21./31. Juli .... 30000 9000 11./20. Okt 12000
1./10. Aug 16000 2000 21./31. Oft 20500
11./21. Aug. . . . 24000 5000 1./10. Nov 9500
21./31. Aug. . . . 12500 1000 11./20. Nov 4000
1./10. Sept. . . . 4000 — 21./30. Nov 4500
11./20. Sept. . . . 25000 6500 1./10. Dez 4000
21./30. Sept. . . . 13500 3500 11./20. Dez | 2500
1./10. Okt 35000 13000 21./31. Dez
davon
Vermißte
2000
3000
2000
500
500
2) „Statistics of the military effort of the British empire during the great war“, S. 320. Andere englische Quellen geben teils höhere, teils geringere Zahlen.
Betrachtungen.
97
Angriff gegen Roulers—Thourout sowie der Vorstoß von Nieuport längs der Küste und die sorgfältig vorbereitete Landung nicht zur Ausführung. Die Offensive blieb im wesentlichen aus den Raum zwischen dem Hout-hülstet Wald und dem Kanalknie bei Hollebeke beschränkt. Das erleichterte die schwierige Aufgabe der deutschen Führung, die fast vier Monate hindurch trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit und trotz der Anforderungen, die andere Fronten stellten, den Bedarf an Truppen zu decken hatte.
Am Ende des schweren Ringens hatte der Gegner die deutsche Front um Vpern in einer Breite von etwa 22 Kilometer zurückgedrückt, an der tiefsten Stelle um fast acht Kilometer. Bis zu einer Stellung, von der er die deutsche Ünterseeboots-Basis durch Fernfeuer gefährden konnte, hatte er noch wenigstens viereinhalb Kilometer zurückzulegen. Sein operatives Ziel hatte er also in keiner Weise erreicht. Der taktische Erfolg beschränkte sich aus die Fortnähme einiger Bodenwellen, die Einblick in den Dpern-Bogen gewährt hatten, sonst aber handelte es sich um versumpftes Trichtergelände.
Das einzig wesentliche Ergebnis lag darin, daß starke deutsche Kräfte gebunden und erheblich geschwächt wurden. Die Offensive hatte die Franzosen vor deutschen Angriffen geschützt und ihnen damit Zeit verschafft, ihre stark erschütterten Truppen wieder zu festigen. Sie hatte die deutsche Oberste Heeresleitung genötigt, sich auch beim Kräfteeinsatz aus anderen Kriegsschauplätzen stärkste Beschränkungen aufzuerlegen; zwei vom Osten schon auf der Fahrt nach Italien begriffene Divisionen mußten nach Flandern abgedreht werden1). Vor allem aber hat die Schlacht zu einem übergroßen Verbrauch deutscher Kräfte geführt. Die Verluste waren so hoch, daß der Ersatz nicht mehr voll gedeckt werden konnte und die schon vorher herabgesetzten Gefechtsstärken der Bataillone weiter bedenklich sanken. Aber diese Ergebnisse haben die Briten mit Opfern erkaufen müssen, welche die der Deutschen bei weitem übertrafen*).
So war das Ergebnis alles in allem doch ein großer deutscher Abwehrerfolg. Wenn die Gegner trotz sorgfältigster Vorbereitungen, großer Überzahl, Tapferkeit und Beharrlichkeit nur so wenig erreicht haben, so ist das sicherlich zum Teil durch die ungünstige Witterung bedingt worden, die bei den flandrischen Bodenverhältnissen alle Bewegungen äußerst erschwerte. Wasser und Schlamm sind aber den Verteidigern nicht minder nachteilig gewesen. Briten und Franzosen vermochten zwischen den Angriffen einen großen Teil ihrer Truppen zurück-
*) S. 226; eine davon wurde durch Neubildung der „Deutschen Iäg. Di»." ersetzt.
2) 6. 96.
W«,tkrle,. XIII. Bd. 7
SS
Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
zuziehen, um ihnen in besserer Unterkunft Erholung zu geben. Die Deutschen, die nicht wußten, wann der nächste Angriff komme, mußten ihre Truppen in dauernder Bereitschaft halten. Da die Gräben, soweit sie überhaupt noch vorhanden waren, voll liefen, Stollen wegen des hohen Grundwasserstandes nicht in die Erde getrieben werden konnten und die wenigen Betonunterstände nicht ausreichten, konnte die Mehrzahl der Verteidiger gegen das gewaltige Artilleriefeuer nur in den zum Teil mit Wasser gefüllten Granattrichtern notdürftig Schutz finden. Diese Verhältnisse führten noch mehr als die blutigen Verluste zu schneller Abnutzung der Truppen und wurden neben der geringeren zahlenmäßigen Stärke der deutschen Divisionen und der außerordentlichen Unterlegenheit an Geschützen und Munition die Ursache dafür, daß bei der deutschen Abwehr wesentlich mehr Divisionen ablösungsbedürftig wurden als beim gegnerischen Angriff1).
Oberste Heeresleitung, Heeresgruppe und Armee haben wiederholt erwogen, ob es nicht möglich sei, der britischen Offensive durch größeren eigenen Angriff zuvorzukommen oder sie später dadurch zum Scheitern zu bringen. Die nötigen Kräfte standen indessen nicht zur Verfügung. Die auf dem Kampfselde in Flandern innerhalb von etwa vier Monaten eingesetzten 73 deutschen Divisionen konnten nur dadurch aufgebracht werden, daß abgekämpfte Divisionen der 4. Armee gegen frischere, bei anderen Armeen ausgetauscht wurden. Ein nennenswerter Uberschuß war niemals vorhanden. Ganz besonders aber war die Menge an Batterien und Artillerie-Munition nicht verfügbar, die man für einen Angriff gegen den zahlreicheren, mit allen Kampfmitteln überreichlich ausgestatteten Feind gebraucht hätte. Eine größere Gegenoffensive kam infolgedessen nicht zustande, sondern nur der örtlich beschränkte, durch verhältnismäßig viele Batterien und Luftstreitkräfte unterstützte Angriff bei Nieuport. Der dabei erzielte volle Erfolg hob die Zuversicht der deutschen Truppen und nahm dem längs der Küste geplanten britischen Vorstoß das Sprungbrett.
Angesichts der zahlenmäßigen Überlegenheit der Gegner war es eine ungemein schwere Aufgabe für die deutsche Führung, Mittel zu finden, um ihrem wirksamer gewordenen Angriffsverfahren zu begegnen und der Front immer wieder rechtzeitig die nötigen Ablösungen und Verstärkungen zuzuführen. Vor und während der Schlacht hielten General Sipt von Armin und sein Generalstabschef fast täglich Besprechungen bei Gruppen und Divisionen ab, um sich über Lage und Erfahrungen zu unterrichten und danach ihre Anordnungen zu treffen. Häufig war General von Kühl zugegen, mehrmals haben auch Kronprinz Nupprecht von Bayern
!) S. 95.
Betrachtungen.
99
und General Ludendorss teilgenommen. Die Folge dieser engen Fühlung zwischen Führung und Truppe war, daß den Bedürfnissen der Front soweit irgend möglich entsprochen wurde. Ein sicheres Mittel, Einbrüche des Gegners in die deutsche Stellung zu verhindern, gab es bei der großen Übermacht des Gegners, namentlich an Geschützen und Artillerie-Munition, freilich nicht. Der Versuch, durch stärkere Besetzung der vorderen Kampfzone und näheres Heranhalten der Divisions-Reserven, also im wesentlichen durch Rückkehr zum Abwehrversahren von 1916, Geländeverlusten vorzubeugen, erwies sich als Fehlschlag. Dagegen bewährte sich die ursprünglich von der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz angeregte und dann von der Obersten Heeresleitung empfohlene Einrichtung eines Vorfeldes vor der Hauptkampfzone. Die deutschen Batterien vermochten die Sturmtruppen des Gegners bei ihrem Fortschreiten jetzt wirksamer zu fassen und Gegenstöße besser zu unterstützen. Die Eingreif-Divisionen brauchten nur noch in geringerem Umfange, zum Teil überhaupt nicht mehr, herangezogen zu werden, der bedrohlich gewordene Krästeverbrauch wurde eingeschränkt. Wenn in den letzten Großkampftagen die Erfolge der Briten abnahmen, ihre Verluste dagegen wuchsen1), so ist das zum großen Teil auf die neue deutsche Kampfweise zurückzuführen.
Angesichts des gleichzeitigen Bedarfs anderer Kriegsschauplätze lastete während der Höhepunkte der Schlacht aus Oberster Heeresleitung und Heeresgruppe schwer die Sorge, ob es auf die Dauer möglich sein werde, den wachsenden, sehr großen Verbrauch der 4. Armee zu ersetzen. Daß dies gelang, ist nicht nur ihren vorsorglichen, zweckmäßigen Maßnahmen, sondern auch der trefflichen Organisation der Verteidigung durch das Oberkommando der 4. Armee zu danken, das niemals starr am alten Verfahren festhielt, sondern immer wieder neue Abhilfen den feindlichen Anstürmen entgegensetzte. Die rastlose Arbeit hat aber die Nervenkraft der Führer aufs Äußerste beansprucht.
In einem Bericht, den das Armee-Oberkommando 4 am 21. Oktober, also nach den schwersten Schlachttagen, der Heeresgruppe einreichte, erwähnt General Sixt von Armin, daß die Truppe fast ausnahmslos das Höchste leiste. Sie hat es getan unter Verhältnissen, die an Furchtbarkeit alles Dagewesene übertrafen. Denn die Gegner hatten, um den Erfolg diesmal zu erzwingen, Kampfmittel — besonders artilleristische — eingesetzt, deren Masse im Verhältnis zum Raum weit größer war als bei allen früheren Schlachten. Dem entsprach die Wasfenwirkung. Rach Urteilen von Frontkämpfern, die auch bei Verdun und an der Somme gefochten hatten, war der Feuerorkan, mit dem die Angreifer im Jahre 1917
*) Duff Cooper: „Haig", II, S. 171.
100
Der Krieg im Westen.
in Flandern ihre Stürme vorbereiteten und begleiteten, weit heftiger als je zuvor. Angeheuer waren die Anforderungen an die seelischen Kräfte der Verteidiger, die hinter völlig zerschossenen Hindernissen, ungeschützt gegen Feuer und Witterung vereinzelt in verschlammten Trichtern kauerten, jeden Augenblick eines feindlichen Angriffs gewärtig, erschöpft durch Mangel an Schlaf und an Verpflegung, da diese nur selten in ausreichender Menge und Beschaffenheit vorgebracht werden konnte. Die große Mehrzahl der in der Schlacht eingesetzten deutschen Truppen hat diese fast übermenschliche Belastungsprobe bestanden.
General Ludendorff urteilte1): „Was der deutsche Soldat in der Flandernschlacht geleistet, erlebt, gelitten, wird für ihn zu allen Zeiten ein ehernes Denkmal sein, das er sich selbst auf feindlichem Boden errichtet hat!"
B. Die übrige Westfront während der Schlacht in Flandern.
3-H Von Zuli bis November stand die gesamte Westfront2) unter dem
"nb 2,aa“'t' Zeichen des schweren Ringens der 4. Armee. Alle sonstigen Angriffe der Gegner hatten operativ gesehen vor allem den Zweck, abzulenken und Kräfte zu fesseln; taktisch handelte es sich um das Verbessern im Kampfe entstandener Stellungen, ein Ziel, das auf dem Frühjahrsschlachtfeld an der Aisne auch deutscherseits erstrebt wurde. Bei der 6. Armee der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht scheiterten am 1. Zuli wiederholte Angriffe einer britischen Division westlich von Lens. Größere Kämpfe folgten am 15. August3). Im übrigen handelte es sich nur um kleinere Unternehmungen, die den Raum eines Regimentsabschnittes nicht überschritten. Ähnlich war es bei der 2. Armee. Hier waren vor die Siegfried-Stellung vorgeschobene Punkte nördlich von St. Quentin die am häufigsten umkämpften Örtlichkeiten. So folgte einem deutschen Angriff am 9. August, der hart nordwestlich der Stadt gegenüber den Franzosen einigen Geländegewinn gebracht hatte, am 19. August weiter nördlich ein stärkerer englischer Angriff, der aber bis auf kleine Einbrüche abgewiesen wurde. Mit einem Angriff gegen St. Quentin selber, das aus der Gesamtfront basteiartig vorsprang, wurde gerechnet. Die größten Kämpfe spielten sich
!) „Meine Kriegserinnerungen" S. 292.
2) Gliederung Beil. 27.
*) Näheres 6.67.
Ereignisse bei 6.und 2. Armee.
101
an der Front der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz bei derl.Armee an der Aisne und bei der 5. vor Verdun ab, während es zwischen ihnen bei der 1. und mehr noch bei der 3. Armee ziemlich ruhig blieb. Völlig ruhig war es bis auf einzelne Stoßtrupp - Unternehmungen an der Front der Heeresgruppe Herzog Albrecht.
I. Die Rümpfe der 5. Armee vor Verdun.
Beilage 9; Skizze 17 in Band X und 13 in Band XI.
Angriffe aus der Festung Verdun heraus waren bereits während der Wa, bi, Juli. Frühjahrsschlachten erwartet worden. Seit dem 30. Mai war für die 5.Armee des Generals der Artillerie von Gallwitz (Chef des General-stabes Oberst Bernhard Bronsart von Schellendorff) „Vorbereitung für die Abwehrschlacht besohlen. Die Armee stand zu dieser Zeit in 48 Kilometer Frontbreite vom Walde von Cheppy bis in die Wosvre-Ebene und war in drei Gruppen (Maas-West, Maas-Ost mit je drei StellungsDivisionen und zwei dahinter, Vaux mit zwei Stellungs-Divisionen*) gegliedert. Anfang Juli wurde die Angriffsabsicht des Gegners gegen die Front nördlich der Festung immer deutlicher. Über die Gefährdung vor allem der Stellungen auf dem Westuser war man sich klar, doch war General Ludendorff gegen jede Aufgabe von Gelände2).
Tatsächlich hatte bereits General Nivelle am 29. April Angriffs-Vorbereitungen besohlen, allerdings nur westlich der Maas. Sein Nachfolger, General Pstain, wollte auch auf dem östlichen Maas-User die deutschen Truppen bis in die Ausgangsstellung von 1916 zurückdrücken und die Höhen 307/310 nordöstlich von Ornes nehmen, einmal um deutsche Artilleriewirkung gegen die Eisenbahnen nach Verdun auszuschalten, zum anderen um den Angriff gegen den Stellungsbogen von St. Mihiel sowie Vorstöße in die Wosvre-Ebene und damit gegen das Erzbecken von Briey vorzubereiten. Ein Angriff bei Verdun, der „Siegesstätte des französischen Heeres", hatte für General Pstain aber noch eine andere Bedeutung: er sollte zum Prüfstein werden für die wiedererstarkte Angrisfsmoral und das Vertrauen der Truppe zur Führung.
Am 9. Juli berichtete die S. Armee, daß „überraschende französische s.g-n. Angriffe auch bei Großkämpfen an anderen Fronten unter Ausnutzung der Festung immer möglich sind und Verdun nie mit Sicherheit ruhige Front werden wird. ... Unterstände wie Batteriestellungen stehen so zahlreich zu Verfügung, daß Verstärkungen sehr leicht möglich sind. Ver-
*) Gliederung S. 104. 9 6.102 u. 110.
■H
102 Der Krieg im Westen. Verdun.
s.g„i. kehrswege, Lager und Munitionsdepots im Hintergelände erlauben jederzeit den Aufmarsch starker Kräfte, deren Bereitstellung zum Angriff in den Schluchten ohne mögliche Einsicht erleichtert wird, zumal die Artillerie des gesamten Festungsbereichs jederzeit an beliebiger Stelle beiderseits der Maas zusammenwirken kann". Andererseits waren die deutschen Stellungen immer noch mangelhaft'), da die Fronttruppen durch Abwehr stark in Anspruch genommen und ausreichende sonstige Arbeitskräfte nicht vorhanden waren. Rückwärtige Stellungen fehlten fast ganz.
Die deutsche vordere Linie verlies westlich der Maas — für die Abwehr wenig günstig — über die Höhen 304 und Toter Mann. Mit dem breiten und meist sumpfigen Tal des Forges-Baches im Rücken konnte sie nach Ansicht der Heeresgruppe „einem Großangriff nur schwerlich standhalten". Eine Zurücknahme der Stellung auf die Höhen nördlich des Baches hätte aber die bereits früher zurückverlegte deutsche Linie östlich der Maas gefährdet. Dazu kam der weiterhin bestehende Wunsch der Obersten Heeresleitung, nach den Rückschlägen von 1916 aus moralischen Gründen „östlich der Argonnen unter keinen Umständen Gelände aufzugeben"2).
Mu«J»». Mitte Juli wurde die 29. Infanterie-Division bei Maas-West eingeschoben. Roch bevor dies beendet war, hatte sie am 17. Juli einen größeren Teilangrisf des Gegners dicht westlich der Höhe 304 abzuwehren, bei dem die am 28. Juni gewonnenen Gräben2) wieder verlorengingen. Der feindliche Einbruch reichte so weit nach Norden, daß die Höhe 304 im Rücken bedroht war; die Heeresgruppe befahl daher sofortigen Gegenangriff. Er fand am 1. August statt und brachte die Wiedernahme des ganzen verlorenen Geländes. Darüber hinaus nach Süden vorzustoßen, hatte die Oberste Heeresleitung angesichts der Kräftelage nicht gestattet). Gegenangriffe des Feindes blieben im flankierenden Maschinen-gewehrseuer von der Höhe 304 und vom Avocourt-Wald aus liegen, Ihre Vorbereitung durch Artillerie zeigte aber, wie schon am 17. Juli, eine starke Vermehrung der feindlichen Batterien; schwerste Eisenbahngeschütze griffen in einem Ausmaß wie nur vor Großangriffen ein. Nach Gefangenen-aussagen war der französische Angriff Mitte August zu erwarten. Dies hatte die Heranführung weiterer Abwehrkräfte, insbesondere schwerer Artillerie zur Folge. -Bei Maas-Ost war bereits am 25. Juli eine vierte Division in die Front geschoben worden.
!) Vgl. die Charakteristik der deutschen Stellungen, Bd. XI, S. 182.
2) Weisung der O.H. L. vom 2. Juni 1917 über den Bau rückwärtiger Stellungen.
3) Sd. XII, 6.401.
*)S. 29.
Französische Angriffsvorbereitungen.
103
Am 10. August meldete die Heeresgruppe, daß Patrouillenvorstöße und Fernaufklärung beiderseits der Maas den Einsah frischer französischer Divisionen festgestellt hätten, der Angriff mithin jeden Tag erwartet werden müsse. Das entsprach auch den Tatsachen.
Ursprünglich hatte General Guillaumat, der Oberbefehlshaber der französischen 2. Armee, den Angriffsbeginn auf den 15. Juli festgesetzt, dann aber aus den 31. Juli, den Tag des Beginns der englischen Offensive in Flandern, und später auf den 15. August verschoben, weil die notwendige schwere Artillerie noch am Chemin des Dames gefesselt war. Zur Ablenkung fanden im Sundgau vom 5. August ab Täuschungsmanöver statt. Gesteigerte Artillerietätigkeit, deutlich sichtbare Truppenbewegungen, Verlegung von Stabsquartieren, Verbreitung falscher Nachrichten, Schließung der Schweizer Grenze sollten den Eindruck erwecken, daß größere Angriffe in der Richtung auf Mülhausen und die Kaliselder des Ober-Elsaß bevorständen.
Die französische Artillerie-Vorbereitung gegen die deutsche Nordfront von Verdun begann am 10. August, flaute dann aber bei plötzlich einsetzendem Regenwetter wieder ab, um vom 13. August ab mit voller Stärke die deutschen Stellungen zwischen Avocourt und Bezonvaux zu treffen. Die Abwehrfront stand bereit; eine Anzahl schwerer und schwerster Batterien und vor allem starke Luftstreitkräste wurden aber erst herangeführt.
Über den tatsächlichen Angrisfsbeginn brachten am 16. August Stoßtrupps der 28. Infanterie-Division Klarheit, die bei einem Unternehmen südwestlich von Ornes tief in den Caurieres-Wald eindrangen, Unterstände sprengten und über 700 Gefangene einbrachten. Dabei wurden sämtliche Befehle für die Durchführung des französischen Angriffs erbeutet. Sie bestätigten die erwartete Ausdehnung von Avocourt bis Bezonvaux und liehen die infolge schlechter Witterung angeordnete Verschiebung des Angriffstages vom 15. auf den 18. August erkennen. Der deutsche Erfolg führte zu weiterer Verschiebung aus den 20. August. Aber auch das wurde bei Wiederholung des Unternehmens am 18. August durch Beutestücke bekannt.
Das französische Artilleriefeuer — nach dem 18. August zu Trommelfeuer ansteigend — ging weiter. Tag für Tag in unverminderter Stärke anhaltend, verbunden mit Vergasung der Schluchten und Täler sowie Fernfeuer auf rückwärtige Lager und Ortschaften, hatte es allen Anlagen, besonders dem vorderen Stellungssystem, stark zugesetzt. Das von tagelangem Regen ausgeweichte Erdreich war in grundloses Trichterfeld verwandelt. Unterstände waren verschüttet, die Verbindungswege nach rück-
10. August.
13. August.
16. August.
18. August.
104
Der Krieg im Westen. Verdun.
18. bis 20. Arrgrrst.
20. August.
wärts einschließlich der Brücken über den Forges-Bach zerstört. Besonders schwer lag das Feuer auf dem Abschnitt der 6. Reserve-Division in der Gegend der großen Tunnels unter dem Toten Mann, wo bei zunehmender Ansammlung von Verwundeten und Gaskranken das Äußerste getan werden mußte, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Trotz schwerster Verluste versahen die Posten der vorderen Linie, zum Teil tagelang ohne warme Verpflegung und fast dauernd in verschlammten Trichtern dem feindlichen Artillerief euer1) ausgesetzt, ihren Dienst. Die deutsche Artillerie antwortete mit Vernichtungsfeuer auf alle Bereitstellungsräume, Truppenansammlungen und wichtige Punkte des Hintergeländes. Deutsche Flieger belegten rückwärtige Anlagen des Feindes mit schweren Bomben.
Die Reserven der Heeresgruppe wurden näher an die Front gezogen und Teile der Eingreif-Divisionen zur Stützung der durch Verluste geschwächten Stellungs-Divisionen3) eingesetzt. Die letzten VerstärkungsBatterien trafen ein; sie hatten allerdings bis zum Angriffsbeginn nicht Zeit, sich ausreichend einzurichten. Bis zum 20. August waren rund 1100 Geschütze in dem vom Angriff bedrohten Raum eingesetzt. Die Überweisung zusätzlicher Fliegerverbände war erst spät erfolgt, die Gesamtzahl dadurch auf 16 Flieger-Abteilungen sowie fünf Jagd-, sechs Kampf- und sechs Schutzstaffeln gebracht.
Am 20. August um 5° vormittags begannen beiderseits der Maas die französischen Angriffe, zu denen acht Divisionen mit 30 Infanterie-Regimentern gegen reichlich sechs deutsche Divisionen mit nur 19 Regimentern angesetzt waren. 2150 Geschütze, also fast doppelte Übermacht3), hatten den Angriff vorbereitet. Bei der Maasgruppe West wurde die deutsche Linie dicht westlich der Höhe 304 bis zum „Termitenhügel" (Punkt 287 südlich von Malancourt) eingedrückt. Östlich davon drang der Gegner in den „Heckengrund" (Schlucht südlich von Böthincourt) ein und versuchte von hier aus, die Höhe 304 zu umgehen, auf der die 213. Infanterie-
l) Vom 17. bis 27. Aug. verschoß der Gegner mehr als 1 Million schwere Granaten (franz. amtl. Werk V, 2, S. 826).
*) Gliederung am Angriffstage:
Maas-West: Gen. Kdo. VII. A. K., Gen. d. Inf. von Franxois mit 2. L. D., 206.,
213. g. D., 6. R. D., dahinter 29. I. D., 48. R. D.
Maas-Ost: Gen. Kdo. V. R. K., Genlt. von Garnier mit 28., 23. R. D., 228.,
28. I. D.; dahinter 80., 46. R. D.
Gruppe Daux: Gen. Kdo. z. b. V. 63d., Gen. d. Inf. Ritter von Schoch mit 192.,
56. 3. $>., 19. E. D.
») Beil. 29 d.
Der französische Angriff.
105
Division alle Angriffe abweisen konnte. Sofort einsehende Gegenstöße führten zu erbitterten Nahkämpsen, die bis zum Abend anhielten. Wesentlich ernster gestaltete sich die Lage am Toten Mann, wo die im Mai aus dem Osten herangeführte 6. Reserve-Division überrannt wurde. In den Mittagstunden war der Nordhang des Toten Mannes in der Hand des Feindes, der die deutsche Linie nordostwärts bis zum Rabenwald aufrollte. Gleichzeitig drangen Marokkaner von Cumisres aus im Schutze des steil abfallenden „Hohen Gänserückens" (Hfc de la Cote de l’Oie) längs der Straße nach Forges vor, wo sie an der Höhe 205 von tapfer sich wehrenden Landsturm-Truppen ausgehalten wurden..
Östlich der Maas richtete sich der Hauptstoß gegen die Höhe 344, deren Kuppe und anschließend die Höhe nördlich der Mormont-Ferme schon um 730 vormittags in feindlichem Besitz waren. Die Postierungen auf dem Tdou-Rüden1) zogen sich nach Samogneux zurück. Hier und am Nordhang der Höhe 344 konnte der Angriff aufgefangen werden; die Lage war aber schwierig, da unmittelbar hinter der jetzigen Front die vergaste Samogneux-Schlucht jede Verbindung nach rückwärts abschnitt. Südlich von Beaumont geriet der Gegner beim Hinabsteigen in die Fosses-Schlucht in deutsches Sperrfeuer, das ihm schwerste Verluste zufügte. Bis zum Nachmittag hatte er den Westzipfel und weiter östlich die Mitte des Waldes Les Fosses, den Südteil der „Kegelbahn" (Weg Chambrettes-Ferme—Azannes) sowie den Südrand des Chaume-Waldes erreicht. Gegenstöße verhinderten sein weiteres Vordringen, konnten aber die alte vordere Linie nicht zurückgewinnen. Hartnäckige Handgranatenkämpfe hielten bis zum Abend an. Der Abschnitt vom „Vaux-Kreuz" (unmittelbar nördlich des Caurieres-Waldes) bis Bezonvaux wurde nicht angegriffen.
Die höheren deutschen Kommandostellen konnten sich über die Ereignisse zunächst nur an der Hand von Lichtsignal- und Fliegermeldungen ein ungefähres Bild machen, da alle Fernsprechkabel zerstört waren. Brieftauben und Meldehunde waren meist gasvergistet, Fernbeobachtungen durch Nebel und Rauch stark behindert. Am 10° vormittags meldete die Gruppe Maas-Ost den Verlust der Höhe 344 und des Geländes östlich davon; südlich von Beaumont und an der Kegelbahn werde noch um den zweiten Graben gekämpft, ein Durchbruch sei nirgends erfolgt. Inzwischen hatte die 80. Reserve-Division Befehl erhalten, die Höhe 344 wieder zu nehmen, während die 46. Reserve-Division und die weiter zurückliegende 51. Reserve-Division alarmiert waren und, teilweise auf Lastwagen, zum Einsah bereitstanden. Gleich darauf meldete die Gruppe Maas-West, daß die Angriffe beiderseits der Höhe 304 zum Stehen gebracht seien; im Ab-
*) Bd. XII, S. 398.
106
Der Krieg im Westen. Verdun.
20. August.
21. August.
schnitt der 6. Reserve-Division am Toten Mann wäre die Lage anscheinend kritisch. Das Armee-Oberkommando zog daraufhin alle verfügbaren Kräfte der Eingreis-Divisionen, soweit sie nicht schon im Kampf standen, hinter dem Forges-Bach zusammen und befahl, diesen Abschnitt unbedingt zu halten. Das Ergebnis aller bisherigen Maßnahmen war erst um 5° nachmittags annähernd zu übersehen: Beiderseits der Höhe 304 hatten die Gegenstöße den feindlichen Ansturm gebrochen, Geländegewinn nach vorwärts war aber nicht erzielt. Am Toten Mann hatten alle Gegenangriffe keine Entlastung bringen können, da sich der Gegner am Nordhang der Höhe bereits eingenistet hatte. Zur gleichen Zeit waren im Heckengrund geschlossene französische Kolonnen mit berittenenen Offizieren an der Spitze im Anmarsch, sie wurden unter schwersten Verlusten durch Artilleriefeuer zerstreut. Östlich der Maas trafen die eingeleiteten deutschen Gegenstöße bei der Höhe 344 aus wiederholt angreifenden Gegner, so daß sie nicht durchdrangen. Auch die 46. Reserve-Division, die jetzt zwischen Beaumont und der Kegelbahn eingesetzt worden war, kam nicht zu einheitlicher Wirkung; Teile von ihr hatten die Angriffsbefehle zu spät erhalten, andere erlitten beim Durchschreiten oder Umgehen der vergasten Schluchten schwere Verluste durch feindliches Artilleriefeuer, so daß am Nachmittag die Verbände bei Maas-Ost mehr und mehr durcheinander kamen.
Am Abend des 20. August herrschte beim Armee-Oberkommando der Eindruck, daß der Gegner östlich der Maas über Anfangserfolge nicht hinausgekommen sei. Westlich der Maas dagegen war der Tote Mann verloren, seine sofortige Wiedernahme kam angesichts des Fehlens frischer Kräfte nicht in Betracht. Die Höhe 304 war durch die Einbrüche westlich und östlich von ihr stark gefährdet. Ihre Räumung wurde erwogen, da das ganze Gelände auch von dem jetzt in Feindeshand befindlichen Talou-Rücken einzusehen war.
Nach neuer Artillerie-Vorbereitung, die während der Nacht zum 21. August die Neuordnung der deutschen Verbände sehr erschwerte, setzte der Gegner am Morgen seine Angriffe fort. Westlich der Maas scheiterten sie an der heldenmütigen Abwehr der neugebildeten Front beiderseits der Höhe 304, die selbst wiederum nicht frontal angegriffen wurde. Weiter östlich waren die Angriffe schwächer. Hier standen zwischen Bethincourt und Forges noch deutsche Sicherungen südlich des Forges-Baches, nachdem auch Regnemlle nachts geräumt worden war. Die Reste der 6. Reserve-Division hatten mit Teilen der 48. Reserve-Division nördlich des Baches die Stellung „Hagen-Süd" bezogen. Weiter südlich wurde erbittert um die Tunnels gekämpft, deren Besatzungen abends zur Übergabe gezwungen wurden. Kritischer gestaltete sich die Lage bei Maas-Ost, wo der Gegner
Ende des Kampfes.
107
den Nordrand von Samogneux, vorübergehend sogar den Grund westlich der Anglemont-Ferrne erreichte. Östlich der Höhe 344 gelang es nur durch Zusammenfassung aller erreichbaren Kräfte einschließlich Trägertrupps und eiligst nach vorn gezogener Troßmannschaften, einen Durchbruch zu verhindern. Zwischen Beaumont und der Kegelbahn wurde bis zum Abend erbittert gekämpft.
Angesichts der Entwicklung der Lage hatte General von Gallwitz um 1016 vormittags befohlen, auf dem Westufer die Hagen-Süd-Stellung als neue Hauptverteidigungslinie zu besetzen und das Norduser des Forges-Baches mit Vorposten zu halten. Hiermit war jedoch die Heeresgruppe nicht einverstanden,- um 1050 vormittags empfahl sie, das Gelände südlich des Forges-Baches nicht sofort zu räumen, da es „sonst eine verlorene Schlacht" sei. Dieser Auffassung war auch die Oberste Heeresleitung, die sich nur schwer von der Notwendigkeit der von General von Gallwitz getroffenen Maßnahme überzeugen ließ. General Ludendorfs willigte schließlich ein, betonte aber, daß für die Truppen der „Eindruck des freiwilligen Rückzuges" erhalten bleiben müsse. Nachmittags entschloß sich General von Gallwitz, auch östlich der Maas zwischen Brabant und Beaumont die Hauptverteidigung in die Hagen-Süd-Stellung zurückzuverlegen. Demgegenüber legte General Ludendorss, wie er der Heeresgruppe drahtete, „großen Wert darauf, daß im jetzigen Augenblick bei Verdun möglichst wenig Gelände aufgegeben wird". So erging um 616 nachmittags der Befehl, östlich der Maas den derzeitigen „vordersten Graben" zu halten. Westlich der Maas begann in der Nacht zum 22. August die Räumung der Höhe 304, deren Besetzung vorgetäuscht blieb. Erst nach neuem starkem Artilleriefeuer besetzte der Gegner am 24. August das südliche User des Forges-Baches.
Damit hatte die dritte große Abwehrschlacht vor Verdun im wesentlichen ihren Abschluß gefunden. Bei Maas-West beruhigte sich die Lage, während der Gegner bei Maas-Ost seinen Großangriff in Einzelvorstößen ausklingen ließ, bei denen es noch lange Zeit hindurch zu schweren Kämpfen kam. Besonders hart war am 26. August das Ringen um Beaumont, das nach siebenmaligem Besitzwechsel schließlich doch in deutscher Hand blieb. Weiter östlich gewann der Gegner bis über die Straße Beaumont—Ornes Boden; an der Kegelbahn und am Chaume-Wald konnte sich die deutsche Truppe trotz dauernder Angriffe des Feindes behaupten.
Der französische Angriff hatte etwa 14000 Mann Verluste gekostet, davon gegen 6000 Vermißte. Der Gegner will 7500 Gefangene gemacht und 24 Geschütze erbeutet haben. Abermals war vor Verdun trotz gründ-
22. bi» 26. Augrrft.
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Der Krieg Im Westen. Verdun.
22. bis 26. August.
September.
Oktober.
lichster Abwehrvorbereitungen — soweit solche angesichts der Gesamt-kräftelage überhaupt möglich waren — ein sehr ernster Rückschlag eingetreten. Der Gegner hatte mit dem Angriff am 20. August, den man seit langem hatte kommen sehen, seine ersten Ziele im wesentlichen erreicht. Die neue Niederlage bedeutete gerade vor Verdun eine starke moralische Schädigung. Die Gründe des Mißerfolges waren im wesentlichen die gleichen wie bei den Rückschlägen des 24. Oktober und 15. November 19161). Man hatte trotz aller, mehrfach vorgebrachter Bedenken«) und trotz des von Oberster Heeresleitung und Heeresgruppe aufgestellten em-wandfres richtigen Grundsatzes, daß bei drohendem feindlichem Großangriff taktisch ungünstige Stellungen aufzugeben seien«), diese vor Verdun mit Rücksicht auf die politische und militärische Gesamtlage doch zu halten versucht.
Angesichts des erwarteten Fortganges der feindlichen Angriffe suchte General Ludendorff durch Änderung in der Gliederung und in der Stellen-besehung gegen neue Rückschläge Sicherheit zu schaffen. Die übergroße Breite des Abschnittes der Gruppe Maas-Ost und die Gefahren weiteren französischen Vordringens nach Nordosten veranlaßten dazu, den linken Flügel als „Abschnitt Ornes" unter dem Generalkommando des XI. Armeekorps abzutrennen. Oberstleutnant von Pawelsz, bisher bei der 2. Armee, wurde Generalstabschef der 5. Armee. Bei der Gruppe Maas-Ost wechselten Kommandierender General und Generalstabschef.
Auch im September hielten die französischen Teilangriffe östlich der Maas an. Der Gegner hatte den Plan zur Eroberung der Höhen 307/310 nordöstlich von Ornes offenbar noch nicht aufgegeben. Er griff am 8. September nach kurzer Artillerie-Vorbereitung zwischen Les Fosses und Bezonvaux mit Tanks an und drang bis zum Nordteil des Chaume-Waldes vor, auch die Höhe des Vaux-Kreuzes ging verloren. Nur durch eiliges Heranführen aller verfügbaren Reserven wurde der Angriff zum Stehen gebracht. Zn den folgenden Tagen wechselten eigene und feindliche Angriffe, bis es dem „Abschnitt Ornes" gelang, nach Südwesten mehr und mehr Gelände zu gewinnen. Am 24. September wurde die Höhe des Vaux-Kreuzes zurückerobert, Ende Oktober war auch der Südteil des Chaume-Waldes wieder in deutscher Hand.
Der Gegner schien zu dieser Zeit schwere Artillerie für den Angriff bei Laffaux herausgezogen zu haben, auch Abgaben nach Italien waren wahrscheinlich. Jedenfalls nahm er den Angriff in der Richtung auf Ornes
1) Bd. XI, S. 167 ff.
2) Bd. XI, 6.181 ff., Bd. XII, 6.39.
3) S. 31 u.Bd. XI, 6.500f.
Teilangriffe im Herbst.
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nicf>t wieder aus. Am 25. November machte er einen letzten Angriff dicht 25.9t»»«mb«. nördlich der Höhe 344, wo die deutsche Truppe mit der Samogneux-Schlucht im Rücken wieder in sehr schwierige Lage kam. Die Franzosen drangen beiderseits der Höhe nach Norden vor, erreichten sogar den Grund südlich der Anglemont-Ferme und bedrohten damit die Höhe 344 im Rücken. In erbitterten Nahkämpfen wurde der Ansturm ausgehalten. Am Abend aber befahl die Heeresgruppe die Zurücknahme der Front auf die Höhen nördlich der Samogneux-Schlucht mit Vorposten am Hang. Der Gegner fühlte erst am folgenden Tage tastend gegen diese vor.
Damit waren die Kämpfe vor Verdun beendet. Westlich der Maas war die deutsche Front weithin in die Ausgangsstellung des Jahres 1916 zurückgedrückt. Es ragte jetzt aber westlich von Avocourt der Cheppy-Wald in die französische Stellung hinein. Seine Räumung wurde erwogen, aber wegen der Rückwirkung auf den linken Flügel der 3. Armee, insbesondere die Stellung aus dem wichtigen Vauquois-Berge (im Aire-Tal südlich von Darennes), nicht durchgeführt. Östlich der Maas hatten die Franzosen geringere Erfolge gehabt. Das Ziel, auch hier die Lage vor dem deutschen Angriff von 1916 wiederherzustellen und vor allem durch Gewinnung des Cötes-Randes bei Ornes die Voraussetzung zu schassen für einen Angriff aus den Bogen von St. Mihiel und in der Richtung auf das Erzbecken von Briey, war nicht erreicht. Die Gesamttiefe des Einbruches betrug durchschnittlich drei Kilometer. In diesem Raum lagen allerdings wichtige Erdbeobachtungen gegen das Festungsgebiet. Der 5. Armee hatten die Kämpfe vom 11. August bis 30. November insgesamt 49000 Mann gekostet.
2. Die Rümpfe der 7. und J. Armee und der Verlust der Laffaux-Ecke.
Beilagen 8 sowie 13,14,15 u. 17 von Dd. XII.
Auch der rechte Flügel der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz hatte »>, Aog-st. schwere Kämpfe zu bestehen. Die durch die Siegfried-Bewegung dort entstandene Linienführung stellte ein Kompromiß zwischen den beiden Forderungen dar, die Front zu verkürzen und doch die taktisch besonders wertvolle, 1914 ruhmreich erstürmte Hochfläche des Chemin des Dames festzuhalten. So war eine bis an die Aisne bei Conds scharf vorspringende Ecke entstanden*). Im Abwehrkampf der Frühjahrsschlacht war die nach Süden gerichtete Front hier bis auf den Chemin des Dames zurückgedrückt
*) Bd. XII, S. 121 u. 131.
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Der Krieg im Westen. Laffaux-Ecke.
Dis August, und auch bei Lafsaux und östlich von Vauxaillon etwas Gelände eingebüßt worden. Weiter nach Norden war die Siegfried-Stellung noch unberührt. Obgleich die scharf gegen Südwesten und damit am weitesten gegen Paris vorspringende Lassaux-Ecke französischen Angriff geradezu herausforderte, sollte sie gehalten werden, denn mit dem Ausweichen, das hinter den Oise/Aisne-Kanal führen muhte, wurde auch das Halten der ganzen ostwärts anschließenden Chemin des Dames-Front in Frage gestellt. Im übrigen hals das Gefühl der durch die Frühjahrsschlacht erneut bestätigten Überlegenheit deutscher Führung und Truppe über entgegenstehende Bedenken hinweg.
Rückwärtige Stellungen waren im Bau, das Ausweichen dorthin, „Gudrun"-Bewegung, für alle Fälle vorbereitet*). Ein Grund, das vordere Stellungssystem auszugeben, konnte aber, wie die Oberste Heeresleitung am 1. Juni ausdrücklich betont hatte, „nur strategischer Natur" sein; Ausgabe der Heeresgruppe bleibe es, ihr „vorderstes Stellungssystem auch weiter stärksten Angriffen gegenüber" zu behaupten. Auch am 29. Juni, als ihm Oberst Graf Schulenburg in Kreuznach über die Lage bei der 7. und 5. Armee, insbesondere die Frage einer Zurücknahme der Stellungen vor Verdun westlich der Maas hinter den Forges-Bach sowie des Ausweichens an der Laffaup-Ecke hinter den Ailette-Abschnitt vortrug, war General Ludendorfs gegen jede Aufgabe von Gelände2). Andererseits dachte auch die Heeresgruppe selber an Verbesserung der Stellungen nach vorwärts und verlor ihren alten Plan, das Unternehmen „Blücher"2), nicht aus dem Auge, durch das sie den Gegner bis über die Aisne zurückzuwerfen hoffte.
Die Oberste Heeresleitung lehnte diesen Plan nicht ab, entschied aber angesichts des Mangels an Kräften, daß einstweilen nur noch Teilangrisfe zur Erreichung einer Dauerstellung*) durchzuführen seien. Da die Franzosen das gleiche Ziel verfolgten, hielten die Kämpfe vor allem im Bereiche der 7. Armee des Generals der Infanterie von Boehn (Chef des Generalstabes Oberst Reinhardt) an. Deutscherseits wurden hier am 8. und 14. Juli südlich von Filain und südöstlich von Courtecon wertvolle Stellungsverbesserungen erzielt und wichtige Beobachtungsstellen in das Aisne-Tal gewonnen. Ebenso erfolgreich waren Angriffe vom 19. bis 25. Juli am Winterberg bei Craonne, die fast 1600 Gefangene einbrachten. Auch
1) Bd. XII, S. 553.
*) Mitteilung des Obstlt. Bramsch, der damals als Verbindungsoffizier der O. H. L. Oberst Graf Schulenburg begleitete, vom Febr. 1941 nach Tagebuchaufzeichnungen.
*) Bd. XI, S. 179 u. 506.
«) Bd. XII, S. 390 u. 559.
Deutsche Angriffs-Erwägungen.
111
cm der Front der 1. Armee des Generals der Infanterie Fritz von Below (Chef des Generalstabes Major von Klüber) war südlich von Moronvillers der Kampf wieder ausgelebt. Nach viertägigem Trommelfeuer drang der Gegner hier am 14. Juli zwischen dem Cornillet- und Pöhlberg in den vorderen deutschen Graben ein. Erst in zahlreichen einzelnen Gegenstößen gelang es bis Ende Juli, die Lage wiederherzustellen und darüber hinaus wichtige Stellungen auf der Bergkette zu gewinnen.
Der Wunsch der Heeresgruppe, zum mindesten im Raume der 7. Armee das ganze in der Frühjahrsschlacht verlorene Gelände zurückzuerobern, hatte sie bereits am 28. Juni veranlaßt, in einem Bericht an die Oberste Heeresleitung nochmals darzulegen: „Der Angriff bis zur Aisne ist ein bedeutendes Ziel mit einem vielleicht großen Schlachterfolg. Stehen die Mittel hierfür zur Zeit nicht zur Verfügung, so ist es doch wünschenswert, sich durch die Großkampfstellung auf dem Chemin des Dames seine spätere Ausführung offen zu lassen." An dieser Auffassung änderte sich auch nichts, als von Juli an die Ereignisse im Osten, vor allem aber der beginnende Großkampf in Flandern, allerstrengstes Haushalten mit den Kräften aufzwangen. Denn vom Zurückweichen des Gegners über die Aisne erhoffte die Heeresgruppe auf die Dauer eine Ersparnis an Kräften. So trat sie Anfang August nochmals für den „Blücher"-Angriff ein, wobei sie große Hoffnungen auf ein neues Gas1) setzte; im übrigen würden Angriffe „mehr zur Hebung der Stimmung beitragen, als alle anderen Mittel es vermögen". Die Oberste Heeresleitung war, wie sie am 13. August schrieb, mit dieser Auffassung und der geplanten Vorbereitung von Angriffen einverstanden; deren Ausführung hänge allerdings von der Gesamtlage, dem Kräfteverbrauch und der Munitionslage ab: „Gestatten diese drei Faktoren, im Lause des Jahres 1917 noch einem Angriff auf der Westseite näherzutreten, so wird das unbedingt geschehen." In den damit gezogenen Grenzen begann im Einvernehmen mit der Obersten Heeresleitung die Heeresgruppe mit Vorbereitungen für „Blücher".
Inzwischen hatte auf französischer Seite die Heeresgruppe Nord befohlen, die Deutschen „endgültig vom Chemin des Dames zu vertreiben" und die „Laffaux-Ecke zu beseitigen". Nach stärkstem Trommelfeuer zwischen Vauxaillon und Craonne waren am 29. Juli französische Sturmtruppen gegen zahlreiche Stellen der 7. Armee vorgestoßen, aber überall an der hartnäckigen deutschen Gegenwehr gescheitert. Im Gegenstoß konnte die l3. Infanterie-Division am 31. Juli sogar den gesamten Bovelle-Rücken zwischen Cerny und Stilles erobern. Am 1. August suchte der Gegner,
l) 6.29 f.
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Der Krieg im Westen. Laffaux-Ecke.
■angofi -nd j>ic|cn deutschen Erfolg wieder wett zu machen, wurde jedoch in erbitterten S«pt«mb»r. ^Eämpsen abgewiesen. Daraufhin änderte er seine Taktik. Er belegte die gesamte deutsche Linie zwischen Vauxaillon und Craonne täglich mit stärkstem Artillerieseuer, vergaste das Hintergelände und griff immer wieder an anderen Stellen der breiten Front an, um diese langsam zu zermürben. Damit erreichte er am ZI. August dicht westlich der Hurtebise Fe. stellenweise den steilen Nordhang des hier sehr schmalen Höhenrückens des Chemin des Dames. Mit dieser Lage mutzte man sich deutscherseits abfinden, da die unterdessen vor Verdun entbrannten Abwehrkämpfe *) auch von der 7. Armee Abgaben an Infanterie, schwerer Artillerie und Fliegerver-bänden forderten. Die Kämpfe der Monate Juli und August hatten ihr 23000 Mann Verluste gekostet, aber auch 7000 Gefangene eingebracht.
Das starke feindliche Artillerieseuer hielt weiterhin an und lieh in Verbindung mit dichter Lustsperre über der gesamten Laffaux-Ecke auf Angriffsabsichten gegen diese schließen. Die 7. Armee ergänzte die Ab-Wehrvorbereitungen bei den Gruppen Cr6py und Vailly, die sich in die Verteidigung der Laffaux-Ecke teilten. Von letzterer lieh sie seit Mitte September ein Unternehmen „Herbstlese" vorbereiten, das deren linkem, gerade noch am Nordabfall der Hochfläche hängendem Flügel auf einer Breite von vier Kilometern größere Tiefe und Stärke geben, dabei zugleich die feindlichen Angriffsarbeiten stören sollte. Die Ausführung wurde für Mitte Oktober in Aussicht genommen.
Feindliche Angriffe mit beschränktem Ziele schienen auch an anderen Abschnitten der Heeresgruppen-Front bevorzustehen. Allmählich war aber bei der 7. Armee kein Zweifel mehr darüber, daß ein Großangriff gegen die Laffaux-Ecke gerichtet sein würde. Sie glaubte dabei, „ein mit jedem weiteren Vorbereitungstag wahrscheinlicher werdendes größeres Ziel des Gegners" zu erkennen, nämlich die Wegnahme der ganzen südlich vom Oise/Aisne-Kanal gelegenen vorspringenden Ecke der Armeefront. Bei der Obersten Heeresleitung begann man zu zweifeln, ob diese Ecke gegen einen gut vorbereiteten Angriff zu halten sei. Ihrem Verbindungsoffizier gegenüber urteilte aber Oberst Reinhardt am 21. September sehr zuversichtlich; er sagte, „daß man einem Angriff nicht dauernd ausweichen könne und daß einmal das Stellen und Ausringen nötig sei"; die für die Abwehr zugewiesenen Kräfte hielt er für ausreichend^). Am 29. September begab sich General Ludendorff zum Armee-Oberkommando 7. Dort sollte in Gegenwart des Obersten Grasen Schulenburg unter anderem die Frage des Ausweichens geprüft werden. Da aber auch diesmal vor
i) S. 104 ff.
*) Mitteilung des Obstlt. Bramsch vom Febr. 1941.
Zn Erwartung des französischen Angriffs.
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allem Oberst Reinhardt mit großer Bestimmtheit für Halten der Stellung eintrat, verzichtete General Ludendorff auf einen Eingriff durch Befehls.
Am 10. Oktober verzeichnete die Heeresgruppe noch „Angriffsän-zeichen bei allen Armeen", entschied aber am 11. Oktober auf einen Antrag der 3. Armee, die besonders in der Gegend des Py- und Dormoife-Tales Angriffe erwartete: „Angesichts der erheblichen Abgaben aller Art an die Flandernfront ist es nicht möglich, alle zur Zeit im Bereich der Heeres-gmppe bedrohten Fronten gleichmäßig zu stärken. Es bleibt nur die Möglichkeit, die Front auf Kosten der übrigen in vollem Umfange abwehrbereit zu machen, gegen die sich ein Angriff wahrscheinlich zuerst richten wird." Gemeint war die Front der 7. Armee. Sie war nunmehr „auf Abwehr zu stellen". Die Möglichkeit des Ausweichend vor dem drohenden Angriff wurde — soweit bekannt — nicht mehr erörtert.
Die Laffaux-Ecke bot, abgesehen von der Gefahr der Umfassung, dadurch besondere Schwierigkeiten für die Verteidigung, daß sie nach rückwärts durch den etwa 100 Meter tiefer gelegenen Grund der Ailette begrenzt wird, die auf der ganzen Strecke vom Oise/Aisne-Kanal begleitet ist, bis er östlich von Filain in einem Tunnel den Chemin des Dames unterfährt. Damit war der Verkehr von rückwärts zu den Kampfstellungen in ganz ungewöhnlicher Weise erschwert und konnte — trotz zahlreich eingebauter Übergänge über beide Wasserläufe — bei starkem Artilleriebeschuß, vor allem bei solchem mit Gasmunition, vielleicht ganz in Frage gestellt werden. Dabei mußte von Pmon bis gegen Pargny die Masse der Artillerie auf verhältnismäßig engem Raum im Waldgelände südlich des Kanals stehen, da aus Stellungen nördlich von ihm nur die äußersten
*) Über den Verlauf der Besprechung gehen die Angaben auseinander. Aufzeichnungen aus damaliger Zeit fehlen.
Gen. Ludendorfs schrieb nach dem Kriege (Erinnerungen S. 392): Die 7. Armee „wollte trotz Abratens in sicherer Erwartung eines Erfolges jenen Bogen halten und traf ihre Maßnahmen mit nie versagender Sorgfalt. Die O. H. L. hätte trotzdem das Raumen des Bogens befehlen müssen".
Nach Mitteilungen des Gen.Wehell vom März 1940, Jan.u.Febr. 1941 hat Gen. Ludendorff eingangs darauf hingewiesen, daß die O. H. L. „keineswegs auf dem unbedingten Halten der Stellung bestände, sondern auch eine rechtzeitige Räumung der Stellung vor Seiner Majestät verantworten würde"; ein Rückschlag wie bei Verdun müsse unbedingt vermieden werden. Oberst Reinhardt sei es aber durch geschickten und überzeugenden Vortrag gelungen, Gen. Ludendorff umzustimmen.
Dem stehen Mitteilungen des damaligen Ersten Genst. Off. des A. O. K. 7, Gen. Feldm. von Blomberg vom Dez. 1940 und Febr. 1941 gegenüber, nach denen Gen. Ludendorff die Frage des Ausweichend damals nur „berührt — berührt, nicht mehr —" habe. Ebenso schrieb Oberst Hassenstein, damals Genst.Chef der Gruppe Vailly, im Jan. 1941, die Frage des Ausweichens sei „nur gestreift" worden.
Weltkrieg. XIII. Bd.
8
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Der Krieg im Westen. Laffaux-Ecke.
ll. oftober. Schußweiten noch vor die Front reichten. Für den Nachschub aber ergaben sich weitere Schwierigkeiten und Reibungen dadurch, daß die den Gruppen und Divisionen zugewiesenen rückwärtigen Streifen aus der vorspringenden Ecke heraus nicht rechtwinklig zur Front verlausen konnten, sondern nord-ostwärts schräg geführt werden mußten. Eine weitere Ungunst der Verhältnisse bestand darin, daß die Infanterie-Stellungen größtenteils nur ungenügendes oder gar kein Vorfeld hatten. Sie lagen teils auf, teils hinter dem Kamm der in ihrem oberen Teile flach gewölbten Höhen, gewährten aber in die finget- und fächerartig von der Aisne-Niederung zu ihnen herausführenden Täler nur unzureichenden Einblick. Auch die Artillerie-Unterstützung war daher schwierig. Im übrigen befanden sich die Stellungen aus Mangel an Arbeitskräften sowie durch starken feindlichen Beschuß und Herbstregen in wenig günstigem Zustande; in einzelnen Teilen gab es überhaupt nur Trichterfeld mit Fuchslöchern. Es fehlte an Unterständen und Stollen; die zahlreichen unterirdischen Steinbrüche der Gegend dienten als Ersah; ihre Belegungsfähigkeit war festgestellt, Lüstungs- und Beleuchtungsanlagen geschaffen und Vorräte an Munition wie Verpflegung in ihnen niedergelegt. Hinter der am weitesten gegen Laffaux vorspringenden Ecke war südwestlich an Pinon und Vaudesson vorbei-führend der „Pinon-Riegel" noch unfertig, ebenso hinter dem Oise/Aisne-Kanal die „Kanalstellung". Etwaiges Ausweichen in diese Stellung war als Teil der Gudrun-Bewegung vorbereitet.
Am 11. Oktober und in den nächstfolgenden Tagen wurde die rechte Flügeldivision der Gruppe Vailly durch die 13. Infanterie-Division abgelöst, links neben ihr im Raume von Malmaison die 2. Garde-Infanterie-Division neu eingeschoben. Künftig standen an der vermutlichen Angriffsfront von der Eisenbahn Anizy-Vauxaillon bis zum Kanal-Tunnel östlich von Filain bei der
Gruppe Cröpy (Generalkommando des VIII. Neservekorps unter General der Infanterie Wichura) der linke Flügel der 37. und die 14. Infanterie-Division, dahinter — vom 15. Oktober an eintreffend — die 52. Infanterie-Division;
Gruppe Vailly (Generalkommando z.b.V.54 unter Generalleutnant Max von Müller) die 13. Infanterie-, 2. und 5. Garde-Infan-terie-Division und der rechte Flügel der 47. Reserve-Division, dahinter die 43. Reserve-Division, sowie — in der Hauptsache zur Stützung der links anschließenden Gruppe Liesse bestimmt — die 9. Infanterie-Division.
Die Stellungs-Divisionen hatten eine Frontbreite von durchschnittlich drei Kilometern in der Luftlinie. Da die Ruhebataillone, um außerhalb des feindlichen Feuerbereichs zu liegen, weit zurückgenommen werden mußten, wurden als Rückhalt für die Stellungsbesahung starke Teile der rück-
gn Erwartung des französischen Angriffs.
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wältigen Eingreif - Divisionen, im ganzen 18 Bataillone, teilweise bis über den Ailette-Grund nach vorn geschoben.
Die Artillerie wurde um 36 Batterien verstärkt, so daß schließlich,
Ausfälle ungerechnet, rund 580 deutsche Geschütze, davon 225 schwere und schwerste, zur Abwehr bereitstanden. Damit war zwar etwas geholfen, aber die gewaltige zahlenmäßige Überlegenheit des Feindes*) in keiner Weise ausgeglichen. Von der Gesamtzahl standen etwa 220 Geschütze, vor allem bei der 14. und 13. Infanterie-Division, in geringerem Umfange auch bei der 2. Garde-Insanterie-Division, südlich von Kanal und Ailette und litten unter den damit verbundenen Schwierigkeiten des Nachschubs.
Neu herankommende Batterien?) wurden nördlich der Ailette in einem zweiten Artillerie-Treffen eingesetzt.
Recht ungünstig war auch das Stärkeverhältnis in der Luft. Am 15. September hatte die 7. Armee mit 168 Flugzeugen gegen 300 feindliche gerechnet. Sie drängte seitdem immer wieder auf Verstärkung der Luftstreitkräfte. Die Heeresgruppe half, soweit sie konnte, begann damit aber doch erst gegen Mitte Oktober, da sie vorher mit Angriffen auch an anderen Frontteilen rechnete und ihre Mittel angesichts der Schlacht in Flandern aufs äußerste beschränkt waren. Die Verstärkungen kamen daher für die Feit des Artilleriekampfes größtenteils zu spät und waren, als der französische Angriff einsetzte, über Gelände- und Kampfverhältnisse nicht ausreichend unterrichtet. Immerhin war die 7. Armee bis zum Beginn dieses Angriffs im ganzen um 17 Flugzeug-Staffeln, darunter vier Kampfstaffeln, verstärkt worden und verfügte damit über mehr als 200 Flugzeuge. Darüber hinaus erbat sie von den Nachbarn, der 2. und 1. Armee, Unterstützung durch Jagdflieger aus ihren Flügeln.
Der französische Angrifssplan.
Auf französischer Seite hatte man sich schon seit den Frühjahrskämpfen 3m» w8 g»u. mit dem Gedanken beschäftigt, die Laffaux-Ecke wegzunehmen, die für einen Angriff mit beschränktem Ziel besonders günstige Verhältnisse bot.
Das Unternehmen hatte bereits Mitte Juni stattfinden sollen, war aber wegen des damaligen Zustandes des Heeres zurückgestellt worden. Am 18. Juli hatte der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord, General Franchet d'Esperey, der Heeresleitung gemeldet, die Vorbereitungen könnten bis Ende August abgeschlossen sein. Die Teilunternehmungen des 29. Juli2) galten unter anderem der Gewinnung geeigneter Aus-
l) 6.117.
l) Diese Batterien sind in den oben angeführten 580 Geschützen enthalten.
•) 6.111.
8*
116
Der Krieg im Westen. Laffaux-Ecke.
gangsstellungen. Der Zeitpunkt Ende August Uetz sich aber nicht innehalten, da General Petain eine solche Überlegenheit an Artillerie eingesetzt wissen wollte, datz die noch unter den Nachwirkungen der Früh-jahrsniederlage leidende Infanterie keinesfalls eine Enttäuschung erlebe. Der Einsatz einer ungeheueren Munitionsmenge sollte die artilleristische Übermacht noch verstärken. Die Infanterie wurde an Übungswerken für ihre Ausgabe eingehend vorgebildet. nb«r. Am 15. September gab der Oberbefehlshaber der französischen 6. Armee, General Mangin, den grundlegenden Befehl für die „Eroberung der Hochfläche des ehemaligen Forts Malmaison bis an den Futz ihrer Nordhänge", um l.nach Osten hin das Ailette-Tal und die deutschen Stellungen aus dem Chemin des Dames wirksam aus der Flanke zu fassen, 2. dem Feind den Einblick in das Aisne-Tal zu verwehren, 3. das feindliche Batterienest in der Gegend von Daudesson—Ehavignon wegzunehmen und die deutsche Artillerie aus das Norduser der Ailette zurückzudrängen. Für die Artillerie-Vorbereitung wurden vier Tage angesetzt; Die Zielverteilung sah Umfassung des Angriffsabschnitts, dabei Längsbestreichung, zum Teil sogar Rückenfeuer gegen die deutschen Gräben vor. Dementsprechend war die Aufstellung der Artillerie ohne Rücksicht aus Korps-grenzen zu regeln. Die Heeresgruppe bereitete die Ausbeutung des erhofften Erfolges durch Fortsetzung des Angriffs „nach einer Frist von
etlichen Tagen" vor.
Unterdessen versuchte der englische Oberbefehlshaber zur Entlastung seiner Offensive in Flandern baldigsten Angrifssbeginn zu erreichen, mindestens vier nach seinen Nachrichten um Laon liegende deutsche Divisionen wollte er dadurch gebunden wissen. Nach mehrfachen Änderungen dauerte aber das Eintreffen der schweren Artillerie bis zum 23. September, und auch dann wurde ihr noch eine Woche Ruhe zugebilligt. General Franchet d'Esperey meldete, datz die 6. Armee nicht vor dem 10. Oktober angriffsbereit sei. Um den englischen Wünschen trotzdem bi» 7. entgegenzukommen, fand am 6. und 7. Oktober eine „Artillerie-Aktion' !tob”- von rund 48 Stunden gegen einen Teil des Westfront der Gruppe Cwpy statt. Aus dem Verhalten der deutschen Stellungsbesatzungen bei dieser Gelegenheit schlotz die französische Führung, datz freiwilliges Ausweichen des Gegners aus dem gefährdeten Stellungsvorsprung — das sie bis dahin immerhin für möglich gehalten hatte — nicht zu erwarten sei. Die 6. Armee rechnete sogar mit der Möglichkeit, datz ihre Angrisssvorberei-tungen durch deutschen Gegenangriff gestört würden. ftob«. Am 11. Oktober begann das vorsichtige Einschietzen der Berstärkungs-batterien, wobei ein neues Verfahren „glänzende Ergebnisse zu liefern
Französische Angriffsvorbereitungen.
117
schien'"). Am 17. folgte bei gutem Wetter und gleichzeitigem Fliegerangriff auf die deutschen Fesselballone das Wirkungsschießen von rund 1790 Geschützen; das war das Dreifache der gegenüberstehenden deutschen Artillerie. Durchschnittlich standen mehr als 180 Geschütze aus je einen Kilometer Frontbreite. Abgesehen von dem üblichen Zerstörungsschietzen begann man vom ersten Tage an mit gründlicher Vergasung des Ailette-Grundes. Da vom 18. Oktober ab mit Ausnahme weniger Stunden viel Nebel herrschte, verlängerte die Heeresgruppe die Artillerievorbereitung um einen Tag. Die anfangs beachtliche deutsche Gegenwirkung hielt nur im Ostteil der Angriffsfront an. Schon am 18. Oktober wurden vorgeschobene deutsche Stellungsteile unbesetzt gefunden. Trotzdem zweifelte man, ob die Feuerwirkung genüge, und verlängerte am 21. Oktober die Dorbereitungszeit um einen weiteren, sechsten Tag.
Der Sturm wurde auf den 23. Oktober früh festgesetzt.
Der Verlauf des Kampfes.
Anfangs hatte sich die deutsche Artillerie kräftig gegen die umfassend wirkende dreifache französische Übermacht gewehrt. Ihre Lage wurde aber von Tag zu Tag schlechter, vor allem bei den Batterien südlich des Ailette-Erundes, da Munitionsnachschub und Geräteersatz durch die vergaste Niederung bald ganz aufhörten. Man begann Teile dieser Artillerie hinter den Abschnitt in das zweite Treffen zurückzunehmen, konnte das aber vom 19. Oktober ab wegen der Vergasung bereits nicht mehr durchführen, deren Wirkung durch Nebel und Windstille noch verstärkt wurde. Die gesamte Stellungsbesatzung südlich der Ailette war schließlich so gut wie abgeriegelt. Bei der 14. Infanterie-Division der Gruppe Crepy sowie bei der 13. Infanterie- und 2. Garde-Insanterie-Division der Gruppe Vailly wurden die Stellungen rasch in Trichterfelder verwandelt, Stollen, Höhlen und viele Befehlsstellen eingedrückt. Immer wieder stellten französische Tiefflieger fest, wo noch Leben in den Trichtern oder noch ein Stollen erhalten war, und leiteten dorthin das Artilleriefeuer. Besonders schwer war die Wirkung an der Naht zwischen der 13. Infanterie- und 2. Garde-Insan-terie-Division; schon in der Nacht zum 21. Oktober stellte letztere dort eine Lücke von 800 Metern in der vorderen Linie fest, deren Schließung nicht mehr gelang. Die am Nande des Angriffsfeldes liegende 5. Garde-In-fanterie-Division litt weniger. Die für diese Tage angesetzte Durchführung des ünternehmens „Herbstlese" erwies sich aber als nicht möglich.
*) Franz. amtl. Werk, V, 2, S. 1015s. — Anscheinend ein abgekürztes Einschiehen durch vorheriges Ausschalten der Witterungs- und sonstigen Einflüsse.
17. und IS. Oktober.
IS. Oktober.
21. und 22. Oktober.
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Der Krieg im Westen. Laffaux-Ecke.
21. und 22. Oktober.
Die Lage wurde immer unerträglicher. Die in unterirdischen Räumen bereitliegenden Vorräte wurden durch feindliche Treffer, herabstürzende Erdmassen und Gas unbrauchbar. Viele Kompanien und Batterien blieben tagelang ohne warme Kost; über Durst wurde überall geklagt. Zahlreiche Verwundete und Gaskranke beengten die Kämpfer in den wenigen noch erhaltenen Unterständen und Befehlsstellen. Ihre Anwesenheit drückte auf die Stimmung der tagelang bei aufgesetzter Gasmaske durch Sicherungsdienst und Aufräumungsarbeiten zermürbten Truppe. Nimmt man den damals schon allgemeinen Mangel an erfahrenen Unterführern, die geringe Mannschaftsstärke der Einheiten, die ordnungsmäßige Ablösung nicht gestattete, und die Verluste durch Beschießung und feuchtkaltes Oktoberwetter hinzu, so gewinnt man eine Vorstellung von dem, was die Verteidiger der Laffaux-Ecke in diesen Tagen durchzumachen hatten. Eine härtere Probe für die Widerstandskraft einer Truppe läßt sich kaum denken.
Heeresgruppe und Armee waren sich des Ernstes der Lage voll bewußt. Vor allem die letztere rechnete aber immer noch auf die Widerstandskraft der vorne stehenden, anerkannt guten Divisionen, wie auf die Wirksamkeit der mit größter Sorgfalt getroffenen Abwehrvorbereitungen. Ihre Zuversicht ging so weit, daß sie am 20. Oktober, nach Eintreffen einiger Verstärkung an Fliegern, glaubte, im eigenen Luftraum bereits die Überlegenheit über den Gegner zurückgewonnen zu haben.
Der für den 25. Oktober 645 morgens angesetzte französische Infanterie-Angriff sollte zwischen der Eisenbahn Anizy—Vauxaillon und Roysre in etwa zehn Kilometer Breite und in zwei bis drei zeitlich aufeinanderfolgenden Abschnitten bis zum Nordrand des Höhenzuges vorstoßen, der durch die Dörfer Pinon, Chavignon, Pargny und Filain begrenzt wird. Nach eintägiger Pause sollte der Angriff erst am 25. Oktober bis an die Ailette fortgesetzt werden. Nach der Verteilung der Angriffskräfte lag der Schwerpunkt auf einem tiefen Durchstoß über die Linie Vaurains—Fort Malmaison aus Chavignon. Hinter sechs Divisionen und zwei Regimentern von Nachbardivisionen in vorderer Linie waren weitere sechs Divisionen zum Ablösen und zum Halten des Gewonnenen bereitgestellt. Diesen Kräften standen im angegriffenen Raume auf deutscher Seite drei und eine halbe Stellungs-Division gegenüber, dahinter zwei durch Abgaben weitgehend geschwächte Eingreif-Divisionen, denn die noch zurückgehaltenen Teile der 9. Infanterie-Division gehörten der Gruppe Liesse. Gegen die 1790 umfassend wirkenden französischen Geschütze feuerten nach den Ausfällen der Vortage nur noch etwa 400 deutsche, von denen mehr als 200
Verlauf des Kampfes.
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südlich der Stilette, auf engem Raume zusammengedrängt und ohne ausreichende Munition, schon stark gelitten hatten. In Stellungen und Hintergelände bis einschließlich der Stilette- und Kanalbrücken hatte das feindliche Artilleriefeuer — wie französifcherseits berichtet roirt)1) — Zerstörungen in einem „bis dahin unbekannten" Umfange angerichtet; „das Leben hinter der deutschen Front war lahmgelegt"; es war „eine Artillerievorbereitung, die als Vorbild dieser Art" anzusehen war.
In den Abendstunden des 22. Oktober ließ der Beschuß erheblich nach, von Mitternacht an steigerte er sich zu höchster Stärke. Deutscherseits war für 630 früh am 23. Oktober Vernichtungsfeuer befohlen, nachdem der 23. cttob«.
beim Feinde für den Angriff befohlene Zeitpunkt tagszuvor durch Gefangene mitgeteilt worden war. Dieses Feuer kam aber, soweit bekannt, nicht zur Wirkung, denn die Franzosen hatten angesichts der Möglichkeit, daß der Sturmbeginn verraten sei, diesen noch rechtzeitig um 30 Minuten vorverlegt.
Hinter einer Feuerwalze, die zum Beispiel bei der auf Allemant angreifenden Division 16 Schuß in der Minute auf 100 Meter der deutschen Front legte und in Sprüngen von 50 Metern bis 6 55 morgens vorwärtsrollte, folgten die Sturmwellen. Sie fanden Grabenbesatzung wie Stoßreserven meist niedergekämpft. Die deutsche Artillerie südlich der Stilette blieb infolge von Verlusten, Munitionsknappheit, Zerstörung aller Nachrichtenmittel und mangelnder Beobachtungsmöglichkeiten fast ohne Wirkung. Die Artillerie des zweiten Treffens konnte nur durch vorgesandte Offiziere Klarheit gewinnen und erst dann das Feuer aufnehmen.
Der Verlauf der Ereignisse im einzelnen ist nicht mehr zu klären. Durch die feindliche Feuerwalze und über den vergasten Ailette-Grund hinweg gelangten zu den deutschen Kommandostellen nur wenige mündliche und verspätete Meldungen körperlich erschöpfter und seelisch tieferregter Männer. Dem entsprach der Inhalt ihrer Nachrichten, die immer nur einen ganz geringen Ausschnitt umfaßten und die Lage aussichtslos erscheinen ließen. Von den Bravsten, die vorne, obwohl schon umgangen, noch zähe ihr Grabenstück oder Maschinengewehrnest verteidigten, gelangte keine Kunde mehr nach rückwärts. Daß tatsächlich von Infanterie und Artillerie stundenlang zäher Widerstand geleistet worden ist, geht nicht nur aus den Aussagen Überlebender, sondern auch aus Schilderungen von feindlicher Seite hervor. Nach dem französischen amtlichen Werk ist der letzte deutsche Widerstand in Allemant (14. Infanterie-Division) erst um 12° mittags niedergekämpft worden, und auch nördlich davon haben die hinteren französischen Angriffswellen noch Arbeit genug mit deutschen
>) Franz. amtl. Werk, V, 2, S. 1019s.
120 Der Ärieg im Westen. Laffaux-Ecke.
23. o«eb«r. Maschinengewehren gehabt. An der Straße Soissons—Chavignon (13. Infanterie-Division) kam es auch nach Einsatz französischer Unterstühungs-
bataillone noch zu sehr hartem Kamps; erst eine Stunde nach Angriffsbeginn konnte sie überschritten werden. Westlich vom Fort Malmaison
(2. Garde-Insanterie-Division) wurden die Sturmtruppen durch heftiges Maschinengewehrfeuer niedergehalten; eine bei Malmaison feuernde deutsche Artillerie-Abteilung muhte im „Kampf Mann gegen Mann" genommen werden. Erst um 2° nachmittags war Chavignon in französischer Hand, aber ein deutscher Gegenstoß gewann den Nordostteil vorübergehend zurück. Gegen die 5. Garde-Infanterie-Division wurden nur ganz geringe Erfolge erzielt.
Mittags hatte das Armee-Oberkommando die Lage folgendermaßen beurteilt: Nach Verlust von Allemant, Daudesson, Chavignon und Malmaison gelte es zunächst, unter Festhalten des Pinon-Riegels Chavignon wiederzunehmen und dort, sowie bei Malmaison, einen Riegel zu bilden; zugleich aber müsse mit Zurücknahme der Artillerie aus dem Pinon-Wald begonnen werden. Um 1“ mittags wurden der Gruppe Crepy die 52. Infanterie - Division, im ganzen noch vier Bataillone, zur Verfügung gestellt, um 2° ebenso der Gruppe Vailly die Reste der 43. Reserve-und 9. Infanterie-Division, davon aber nur erstere (zwei Bataillone) in erreichbarer Nähe. Teile der rückwärts von Laon liegenden 6. bayerischen Reserve- und 6. Infanterie-Division wurden nach Laon und Pierrepont (12 Kilometer nordöstlich von Laon) vorbefohlen. Das Heranziehen einer weiteren Division von der 1. Armee durch Fußmarsch war angeordnet. Von 2° nachmittags an beobachteten dann Flieger an den verschiedensten Stellen, daß die Franzosen sich eingruben; sie schienen ihre Ziele erreicht zu haben.
Inzwischen hatte bei der Gruppe Crepy die 14. Infanterie-Division im Anschluß an ihren noch in der alten Stellung haltenden rechten Flügel eine durchlaufende Linie längs des Pinon-Riegels gebildet. Die französische Infanterie drängte nicht weiter. Um 345 nachmittags befahl die Gruppe, sämtliche noch südlich des Kanals stehenden Batterien zurückzunehmen. Bei der Gruppe Vailly hatte sich die Lage ungünstiger entwickelt. Der beherrschende, von den Trümmern des alten Forts Malmaison gekrönte Teil der Hochfläche war das Ziel des stärksten feindlichen Artilleriefeuers gewesen. In dieser Gegend, am linken Flügel der 13. Infanterie-Division und anscheinend auch in Teilabschnitten der 2. Garde-Infanterie-Division, war die vordere Linie schließlich gar nicht oder kaum noch beseht gewesen. Hier war der Haupteinbruch des Gegners erfolgt. Heit er mittags Chavignon erreicht hatte, befanden sich die vorne noch
Verlauf des Kampfes.
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haltenden Teile in hoffnungsloser Lage. Kampfkräftige Reserven waren nicht zur Hand. Immerhin gelang es, wie schon erwähnt, gegen Abend, in Chavignon vorübergehend wieder Fuß zu fassen. Am wenigsten war die 5. Garde-Insanterie-Division getroffen, von der nur etwa die rechte Hälfte angegriffen worden war. Ihre durchweg nördlich des Kanals stehende Artillerie hatte nicht allzusehr gelitten, und auch die seinerzeit für „Herbstlese" in der vorderen Stellung eingebauten zahlreichen Minen-werser waren zur Geltung gekommen. So gelang es, den größten Teil der Stellung zu behaupten; nur der rechte Flügel mußte infolge des Einbruchs beim Nachbarn zurückgebogen werden.
Auf den nördlich und östlich an das Angriffsseld anschließenden Teilen der deutschen Front war die Kampstätigkeit auf stärkeres Feuer und Zurückweisen einzelner französischer Erkundungsabteilungen beschränkt geblieben.
Erst in den späten Nachmittagsstunden ließ das gewaltige französische Artillerieseuer nach. Die deutsche vordere Linie verlies abends von der Hochfläche östlich von Bauxaillon über den Pinon-Riegel nördlich an Vaudesson und Chavignon vorbei bis halbwegs zum Kanal, dann über den Höhenrand südwestlich von Pargny zur alten Stellung. Die Besatzung von sieben Regimentsabschnitten mußte als größtenteils verloren gelten, dazu ein namhafter Teil der Artillerie. An Wiedereroberung des verlorenen Geländes war nicht zu denken, wenn auch anzunehmen war, daß sich noch manche Teile der Besatzung hielten. Das Gelände südlich des Kanals sollte künftig nur als Vorfeld gelten, die Verteidigung hinter den Kanal gelegt werden. Zunächst aber mußte Infanterie wieder möglichst weit vorgeschoben werden, damit die noch vorn stehende Artillerie geborgen werden konnte.
Die Räumung des Chemin des Dames.
Beiderseitige Erschöpfung ließ die Nacht zum 24. Oktober ruhig ver- 24. cm*«, laufen; auch an diesem Tage selbst kam es nur zu kleineren Zusammenstößen, da der Gegner — wie geplant — nicht weiter vorwärts drängte.
Die Oberste Heeresleitung war entschlossen, den Chemin des Dames nunmehr aufzugeben. Das bedeutete, daß nicht nur im Einbruchsraum an der Laffaux-Ecke, sondern noch rund 20 Kilometer darüber hinaus nach Osten, bis in die Gegend von Craonne einschließlich, in etwa drei Kilometer rückwärts gelegene Höhenstellungen zurückgegangen werden sollte. Diese „Bunzelwitz-Bewegung" war als Teil der Gudrun-Bewegung auf dem Papier vorbereitet. Nach dem Verlust der Lafsaux-Ecke hielt es die Oberste Heeresleitung für geboten, sie nunmehr sofort in vollem Umfange durch-
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Der Krieg im Westen. Laffaux-Ecke.
zuführen. Demgegenüber trat die Heeresgruppe dafür ein, die im Frühjahr mit soviel Blut verteidigten Stellungen noch so lange zu halten, bis ein neuer französischer Angriff gegen sie bevorstehe; man zwinge dadurch den Gegner zu neuem Artillerie-Ausmarsch und gewinne Zeit. Sie befahl, die Durchführung der Bewegung vorzubereiten, die Masse der noch am Chemin des Dames stehenden Truppen (östlich von der 5. Garde-Infanterie-Division noch sechs Divisionen) aber erst zurückzunehmen, wenn sich ein feindlicher Großangriff ankündige. Anabhängig hiervon sollte die Räumung des Gebietes vorwärts der Kanalstellung sofort eingeleitet werden. Die 7. Armee befahl, den Stellungswechsel der noch dort stehenden Artillerie mit aller Beschleunigung durchzuführen, bei feindlichem Großangriff aber hinter den Kanal auszuweichen. Drei an sich dringend der Ruhe bedürftige Divisionen (3. bayerische, 30. und 103. Infanterie-Division) sollten so nahe an den bedrohten Frontabschnitt herangeschoben werden, daß sie zur Verwendung als Eingreif-Divisionen bereitstanden.
25.oitob«. Am 25. Oktober begann der Gegner an der Einbruchsfront weiter vorwärts zu drücken. Die deutschen Truppen wichen kämpfend in die Kanalstellung aus, die unterdessen von der 6. bayerischen Reserve- und 6. Infanterie-Division besetzt worden war; insgesamt hatten nur noch wenige Geschütze aus dem Raume südlich des Kanals zurückgeführt werden können.
Unterdessen lag bei Oberster Heeresleitung und Heeresgruppe die Eiffelturm-Sendung vor, aus der die Größe des französischen Erfolges (bisher 8000 Gefangene und 25 schwere Geschütze) hervorging. Im Zusammenhang damit löste die irrige Nachricht, daß der Gegner im Raume der 37. Infanterie-Div ision bei Anizy den Kanal bereits überschritten habe, vorübergehend besonders ernste Besorgnisse aus, denn damit schien die Siegfried-Front nördlich der Ailette in Flanke und Rücken bedroht. Nach Ferngesprächen mit General Ludendorfs führte Oberst Graf Schulenburg nachmittags in einer Besprechung beim Armee-Oberkommando 7 aus: „Wir müssen eine Katastrophe vermeiden, die unter Umständen den Feldzug entscheiden könnte. Uber den Ernst der Lage müssen wir völlig klar sein. ... Das Letzte, was wir haben, ist heran." Der 7. Armee wurden zwei Divisionen neu zugeführt (21. Reserve- und 28. Infanterie-Division). Die Generalstabschess der Heiden geschlagenen Gruppen wurden durch andere ersetzt. Dementsprechend war bereits um 1215 mittags im Einvernehmen mit der Heeresgruppe der entscheidende Armeebefehl für das Ausweichen an der gesamten Front des Chemin des Dames ergangen, der 26. Oktober war als „Erster Bunzelwih-Tag" bestimmt, die Bewegung sollte nötigenfalls abgekürzt werden. Ein besonderer Ge-
Räumung des Chemin des Dames.
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fahrenpunkt blieb künftig die vorspringende Ecke von Anizy; die Heeresgruppe schob daher der Gruppe Cräpy die 14. Reserve- und 103. Infanterie-Division zu.
Die folgenden Tage vergingen ohne größere Kampfhandlungen. Der Gegner hatte sein Ziel in vollem Umfange erreicht. Er rechnete zwar jetzt mit Räumung des Chemin des Dames, drängte aber nicht; denn General Pötain, der gerade in diesen Tagen starke Kräfte nach Italien abgeben mußte1), wollte vermeiden, daß „der moralische Gewinn der bisherigen, völlig gelungenen" Operation gemindert werden könne. Man beschränkte sich daher zunächst auf stärkeres Artilleriefeuer und versuchte durch kleinere Unternehmungen den Zeitpunkt des deutschen Ausweichens festzustellen. Ein neuer Angriff mit stärkeren Kräften wurde vorbereitet, am 2. Ro-vember sollte das Artilleriefeuer für ihn einsetzen. Inzwischen aber war in der Nacht zu diesem Tage die Bunzelwitz-Bewegung bereits abgeschlossen. Dank der sachgemäßen Haltung aller Beteiligten hatte die 7. Armee ihre neue Stellung vom Gegner völlig unbemerkt bezogen. Dieser aber hielt die unbesetzten Stellungen des Chemin des Dames am Vormittag des 2. November noch stundenlang unter stärkstem Artilleriefeuer. Den neuen Stellungen näherte er sich erst im Laufe des Tages vorsichtig und tastend; zu größeren Angriffen gegen sie kam es nicht mehr.
Betrachtungen.
Die deutsche Verteidigung war dreifacher Übermacht erlegen, die den Angriff mit schier unbeschränktem Munitionseinsah aus umfassender Aufstellung vorbereitet hatte. Die Abriegelung durch den vergasten Ailette-Grund hatte — ähnlich wie zwei Monate vorher bei Verdun vorwärts des Forges-Baches — bereits einige Tage vor dem französischen Infanterie-Angriff ein Ausweichen unmöglich gemacht. Aus diesen Verhältnissen erklären sich die hohen Verluste an Gefangenen. Die Franzosen wollen insgesamt 11500 eingebracht haben, dazu an Beute 200 Geschütze, 222 Minenwerfer und 700 Maschinengewehre. Der deutsche Gesamtverlust betrug gegen 18000 Mann, davon 10000 Vermißte»). Aber auch die französischen Verluste, gegen 15000 Mann, waren beträchtlich.
Die Höhe der Verluste erklärt die ernste Auffassung, die die Hergänge bei der deutschen obersten Führung auslösen mußten, nachdem im Mai bei Wytschaete und im August vor Verdun») bereits Ähnliches sich ereignet
') 6. 304.
2) Der Unterschied gegenüber der von den Franzosen angegebenen Eefangenenzabl ?at sich nicht klären lassen.
') 6. 104.
124
Der Krieg im Westen. Schlacht bei Cambrai.
hatte und die Schlacht in Flandern mit dauernden ernsten Einbußen an Menschen weiterging. Es hatte sich wieder klar gezeigt, daß bei zweckmäßig vorbereiteten Angriffen feindlicher Übermacht der Versuch, taktisch ungünstige Stellungen zu halten, schwerste Verluste kostete und doch mißlang. Daß es richtig gewesen wäre, die Verteidigung spätestens bei Beginn des feindlichen Vorbereitungsfeuers in die Kanalstellung zurückzunehmen, ist nachträglich allgemein anerkannt worden und hätte auch den von der Obersten Heeresleitung wie von den Nachgeordneten Stellen seit längerer Zeit immer wiederholten Grundsätzen*) entsprochen. Die Oberste Heeresleitung hätte die Zurücknahme der Front befehlen müssen, schrieb General Ludendorfs nach dem Kriege2). Sie hat sich durch den Behauptungswillen und die Zuversicht von Heeresgruppe und Armee überzeugen lassen, daß ein Halten möglich sei. Diese aber hatten sich nicht frei machen können von der lange genährten und besonders bei der Heeresgruppe dauernd lebendigen Hoffnung, den „Blücher"-Angriff bis zur Aisne schließlich doch noch ausführen zu können. Im übrigen hatten sich beide nach früheren Entscheidungen der Obersten Heeresleitung in den Gedanken des Festhaltens der Laffaux-Ecke derart eingelebt und die Vorbereitungen dafür mit soviel Sorgfalt und Hingabe getroffen, daß sie die gestellte Ausgabe trotz allem für lösbar hielten.
C. Die Schlacht bei Cambrai.
J. Der britische Tankangriff.
Beilagen 10 und 11.
a) Die deutsche Front und die englischen Angriffsvorbereitungen.
Im Bereiche der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht hielt die 2. Armee unter General von der Marwitz (Generalstabschef Oberstleutnant von Pawelsz, seit Ende August Major Stapss) die im Frühjahr bezogene Siegfried-Stellung bei Cambrai—St. Quentin—La Fere. Diese Front galt als ruhig. In Abschnitten von erheblicher Breite standen im Herbst ausschließlich abgekämpfte und ausbildungsbedürstige Truppen. Durch zahlreiche Vorstöße war festgestellt, daß bei den gegenüberliegenden Briten
!) Zuletzt am 8. August hatte die Hgr. verfügt: Bei Vorbereitung der Abwehr sei „nur dem einen Gesichtspunkt Rechnung zu tragen, dah unsere Truppen in dem für sie günstigsten Gelände und unter den für ihre Zahl und Können besten Bedingungen die Verteidigung durchzuführen haben".
2) „Meine Kriegserinnerungen", 6.392.
Stille vor dem Angriff.
und Franzosen ähnliche Verhältnisse herrschten; die Grenze zwischen beiden verlies nördlich von St. Quentin. Einen größeren Angriff abzuwehren, genügten die schwachen Kräfte und Reserven der 2. Armee nicht. Dafür boten aber die bis zu 100 Meter breiten und so gut wie unversehrten Hindernisse der tiefgegliederten Stellung nach allen bisherigen Erfahrungen ausreichenden Schutz. Zu ihrer Zerstörung schienen Zeit und gewaltiger Munitionseinsatz erforderlich. Überraschtwerden durch feindlichen Angriff galt unter diesen Umständen für so gut wie ausgeschlossen.
Als in Flandern Ausdehnung und Heftigkeit der britischen Angriffe allmählich nachließen, schien es Mitte November, daß der Gegner seine Offensive dort ganz einstellen wolle. Sichere Anzeichen dafür fehlten jedoch. Die Heeresgruppe rechnete einstweilen noch mit Fortgang der Kämpfe in Flandern. Bei der 6. Armee herrschte Ruhe. Die 2. Armee berichtete am 16. November, daß nach allen vorliegenden Nachrichten ihren zwölf Divisionen die bereits seit längerer Zeit bekannten acht englischen und vier französischen gegenüberlägen. An britischen Reserven rechne sie mit drei Divisionen, über französische fehle jeder Anhalt. Die gegnerische Infanterie verhalte sich bis auf kleinere Unternehmungen ruhig; sie arbeite eifrig an Stellungen und Hindernissen. Artillerie- und Minenwerfertätigkeit sei nur bei Bullecourt, Havrincourt und St. Quentin etwas lebhafter. Verkehr, Lager- und Bahnbauten im Hinterlande wären, soweit das trübe Wetter ihre Überwachung zuließ, nicht ungewöhnlich. Der Bericht schloß: „Größere feindliche Angriffe gegen die Armeefront sind in der nächsten Zeit nicht zu erwarten".
Die Heeresgruppe meldete dementsprechend am 18. November der is.3u>t>«m»«. Obersten Heeresleitung; allgemein fügte sie hinzu: „Möglichkeit, daß Engländer bei Mißerfolg in Flandern an anderer Stelle zu Teilangrisfen schreitet, ist vorhanden".
Unterdessen hatte die 54. Infanterie-Division am 18. November bei Havrincourt Gefangene der dort bereits festgestellten, aus Iren bestehenden britischen 36. Division eingebracht. Diese sagten aus, daß für den 20. November ein Unternehmen zur Wegnahme von Havrincourt geplant sei; frische Truppen wären bereitgestellt, auch einige Tanks seien gesehen worden*).
7 Gliederung der 2.Armee am 18.November:
Gmppe Arrad (Gen. Kdo. XIV. N. K.): 111., 240., 20. F. D.
Gruppe Caudry (Gen. Kdo. XIII. A. K.): 20. L. D.,- 2/3 54. I. D.; 9. N. D.,- 183. g. D.
Gruppe Quentin (Gen. Kdo. IX.A. K.): 79. R. D.; 36. u. 238. Z. D.
Gmppe Oise (Gen. Kdo. XVII. A. K.): 4. G. F. D., 13. L. D.
Reserven: 7s 54. g. D., 107. F. D. (Hgr. Res.) im Eintreffen aus dem Osten.
Artillerie: insgesamt 483 leichte, 271 schwere Geschütze.
Luftstreitkräfte: 5 Feld-, 12 Art. Fl. Abt., 12 Jagd-, 12 Schutz-Staffeln.
126 Der Krieg im Westen. Schlacht bei Cambrai.
Danach schien besonders der rechte Flügel der Gruppe Caudry des Generals der Infanterie Freiherrn von Watter (Theodor) bedroht. Seine Stellungen waren von Truppen beseht, die nach schweren Verlusten in Flandern nur beschränkt kampffähig waren. Für ein zurückgezogenes Regiment der am meisten gefährdeten 54. Infanterie-Division war ein Regiment der benachbarten 20. Landwehr-Division eingesetzt, deren Kompanien nur etwa 70 Mann Gefechtsstärke hatten. Die Artillerie-Ausstattung war so gering, daß sich Sperrfeuerbreiten von 900 bis 1200 Meter für eine Batterie ergaben. i9.3i»»«mb«. Angesichts der Gefangenen-Aussagen wurden der 54. Infanterie-Division am 19. November das ihr fehlende Regiment sowie zwei Feldartillerie-Abteilungen der 107. Infanterie-Division zur Verfügung gestellt; der linke Regimentsabschnitt der 20. Landwehr-Division wurde ihr zwecks einheitlicher Kampfführung bei Havrincourt angegliedert. Vier dringend beantragte schwere Batterien waren nicht vor dem 20. November zu erwarten. Bei allen Divisionen der Gruppen Arras und Caudry rückten die Ruhe-Bataillone in die etwa zwei Kilometer hinter der vorderen Linie liegende Zwischenstellung ein.
An der Front verlies der 19. November ziemlich ruhig. Einschießen des Gegners auf Stellungen bei Croisilles, Queant, Havrincourt und Fles-quieres, etwas stärkerer Verkehr in und hinter seinen Linien, regere Fliegertätigkeit in geringen Höhen waren das Einzige, was im Zusammenhang mit den Gefangenen-Aussagen als Anzeichen für bevorstehende örtliche Angriffe gedeutet werden konnte. Allerdings erschwerten der Wald von Havrincourt und zahlreiche tief eingeschnittene Mulden die Beobachtung erheblich, und die Lusterkundung war durch die Witterung der letzten zehn Tage stark behindert gewesen. Ein bei La Vacquerie eingebrachter Gefangener bestätigte die Bereitstellung von Tanks. Zu ihrer Bekämpfung wurden der Infanterie die geringen vorhandenen Bestände an S.M.K.-Munition1) ausgegeben. In der Nacht zum 20. November wurden Feuer-überfälle auf voraussichtliche britische Bereitstellungsräume, vor allem auf den Wald von Havrincourt, gemacht. Die deutsche Führung rechnete nur mit feindlichen Teilunternehmungen, denen sie sich gewachsen glaubte.
Auf englischer Seite war ein völlig neues Angriffsverfahren in Vorbereitung. Der Kommandeur des Tankkorps hatte angesichts des Stockens der Offensive in Flandern schon Anfang August vorgeschlagen, an verschiedenen Stellen der Front überraschende, aufeinanderfolgende „Raids"
!) S. 27.
Englische An griffsvorbereitungen.
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durchzuführen, um die deutsche Abwehr zu zermürben. Geschlossene Tank-verbände, unterstützt von schwacher Infanterie, sollten ohne Artillerievorbereitung die feindlichen Stellungen durchbrechen, ihre Verteidigungsanlagen und Verbindungen zerstören, aber vor dem Eingreifen stärkerer deutscher Reserven den Kampf abbrechen, um ihn bald daraus an anderer Stelle zu wiederholen. Zunächst hatte er einen solchen Angriff südwestlich von Cambrai ins Auge gefaßt, wo das Gelände besonders geeignet schien. Die ausgedehnten deutschen Hindernisse sollten von den Tanks niedergewalzt und mit Schleppankern auseinandergerissen werden.
General Byng, der Oberbefehlshaber der vor Cambrai eingesetzten britischen 3. Armee, befürwortete den Plan. Dagegen herrschten im Hauptquartier des Feldmarschalls Haig Bedenken, weil vorläufig der letzte Mann in Flandern erforderlich sei, und das Vertrauen zu den Kampfwagen nach den bisherigen Erfahrungen noch gering war. Marschall Haig meinte, der Tank stecke noch in den Kinderschuhen, sein Wert könne nur vermutet werden, die Truppe sei noch nicht genügend an ihn gewöhnt. Erst im Oktober scheint er unter der Einwirkung einflußreicher Persönlichkeiten in London mehr Vertrauen zu der neuen Waffe gewonnen zu haben. Angesichts der Erkenntnis, daß mit Erreichung des Zieles in Flandern nicht mehr zu rechnen sei, und der Hilferufe Italiens, das einen Angriff der Mittelmächte erwartete, gab er der 3. Armee am 19. Oktober die Weisung, unter Benutzung der Vorschläge des Tankkorps einen größeren Angriff gemischter Truppenverbände mit dem Ziele Bourlon für den 20. November vorzubereiten, um dann — über den Rahmen eines Raids hinaus — gegebenenfalls vor allem nach Norden weiterzustoßen,- denn er glaubte, daß bei Gelingen der Geheimhaltung deutsche Verstärkungen erst nach 48 Stunden eintreffen könnten. Er behielt sich vor, die Offensive je nach Erfolg und allgemeiner Lage jederzeit anzuhalten.
Trotz des weiter gesteckten Angriffzieles blieb die 3. Armee im wesentlichen auf ihre eigenen Kräfte angewiesen und konnte daher neben den Stellungstruppen nur einige zu Ablösungen bereitgehaltene Divisionen einsehen. Sie bestimmte für den Angriff das III. und IV. Korps mit zusammen sieben Divisionen. Dazu kamen das Kavallerie-Korps mit drei Divisionen, rund 1000 Geschütze, etwa ebenso viele Flugzeuge und das Tankkorps mit mehr als 400 Tanks'). Die Ziele steckte General Byng noch weiter als die Heeresleitung. Zunächst sollten die deutschen Stellungen
') Das Tankkorps war in 3 Brigaden zu 3 Bataillonen zu 3 Kompanien gegliedert, gllscherseits wird die Gesamtzahl mit 362 Kampfwagen angegeben. Cs scheint aber, dah vadel die zugeteilten Nachschub- und Nachrichten-Tanks, sowie solche zum Vorbringen von Bruckenmaterial nicht mitberechnet sind.
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128 Der Krieg im Westen. Schlacht bei Cambrai.________________________________
3ioo«mb«t. zwischen dem (erst im Bau befindlichen) Canal du Nord und der Schelde in zwei Sprüngen durchbrochen und die Übergänge bei Masnieres und Marcoing, anschließend der Bourlon-Wald genommen werden. Weiterhin waren durch Kavallerie und Tanks die wichtigsten Übergänge über den Sensöe-Abschnitt östlich von Arras sowie die Stadt Cambrai zu besetzen. Die deutschen Kräfte südlich der Sensee und westlich des Canals du Nord waren abzuschneiden. Schließlich sollte der Erfolg in der Richtung aus Valenciennes ausgebaut werden. Zur Ablenkung wurden Neben-angriffe bei Bullecourt und auf die Gillemont-Ferme (bei Le Catelet) angesetzt. Die Heeresleitung zog zur Ausnutzung eines möglichen größeren Erfolges drei Divisionen bei Bapaume zusammen, die Franzosen stellten bei Peronne zwei Infanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen bereit.
Als Vorbereitung für den Angriff hatten alle am Sturm beteiligten Truppen Gelegenheit, mit der Panzerwaffe zu üben. Am 9. November begann die Zuführung von Munition für die Artillerie, bis zum 17. beendete diese ihren Aufmarsch. Die Infanterie-Besetzung der vorderen Linie blieb unverändert. Alle Verstärkungen, vor allem die Tanks, wurden nachts und so spät als möglich vorgeführt. Einschießen der Verstärkungs-Batterien unterblieb. Das Artilleriefeuer sollte erst unmittelbar vor dem Einbruch einsetzen. Die Sturmtruppen wurden in der Nacht zum 20. November im vordersten Graben oder dicht dahinter so bereitgestellt, daß sie nach dem Durchlässen der Tanks diesen unmittelbar folgen konnten. Der Angriffsbefehl enthielt die Mahnung: „Die angreifenden Divisionen müssen sich darüber klar sein, daß während der ersten beiden Tage rücksichtsloses Drausgehen Bedingung ist. Zögern und Abwarten von Verstärkungen könnten dem Feinde Gelegenheit geben, sich von seiner ersten Überraschung zu erholen und den Vormarsch der Kavallerie zum Stocken
bringen."
d) Sie Abwehr des englischen Angriffs.
ro.N»v«mb«. In der Morgendämmerung des 20. November, etwa um 715 früh, setzte schlagartig englisches Trommelfeuer gegen die deutschen Stellungen bei Havrincourt und starkes Feuer gegen die übrige Front der 2. Armee ein. Unmittelbar daraus erreichte im Angrifssraum Havrincourt—Banteux die vorderste britische Tankwelle unter dem Schutze künstlichen und natürlichen Nebels bereits den deutschen Vorpostengraben. Mit etwa 40 Meter Zwischenraum vorgehend, rissen die Kampfwagen breite Sturmgassen durch die Hindernisse, fuhren dann schießend die Gräben entlang und hielten damit die deutsche Besatzung nieder. Trotz des ungünstigen Wetters,
Der englische Angriff.
129
das eine Flughöhe von nur etwa 50 Metern gestattete, begleiteten Fliegergeschwader den Angriff. Unter dem gewaltigen Feuerschutz von Artillerie, Tanks und Fliegern folgte die Infanterie. Bald nach dem Einbruch nahmen auch Batterien Stellungswechsel nach vorwärts vor. Das Artilleriefeuer blieb Schrittmacher der Tanks.
Der überraschend vorbrechenden britischen Übermacht war die schwache Besatzung des deutschen Vorfeldes und der I. Stellung nicht gewachsen. Ausreichende Mittel zur Bekämpfung der zahlreichen Tanks standen ihr nicht zur Verfügung. Die Artillerie schoß in dichten Nebel und Qualm hinein Sperr- und Vernichtungsfeuer, konnte aber keine wesentliche Entlastung bringen. Den schwersten Anprall hatte die 54. Infanterie-Division auszuhalten, die von fünf britischen angegriffen wurde, während eine sechste mit geringem Abstand folgte und eine siebente sich gegen den rechten Flügel der 9. Reserve-Division wandte. Die vielen Kampfwagen brachen jeden Widerstand. Die I. Stellung ging verloren. Beim Vordringen des Gegners gegen die Zwischenstellung kam es um Flesquivres, wo Reste der Etellungsbesahung und das vorgeworfene einzige in Reserve befindliche Regiment das britische Vorgehen zum Stehen brachten, und um das Wäldchen von Le Pavs zu schweren Kämpfen. Bei Flesquieres blieben 16 Tanks im Feuer deutscher Feldgeschütze liegen. Beiderseits dieses zäh behaupteten Widerstandsnestes aber flutete der Angriff unter dem Schutze frischer Tankwellen gegen die II. Stellung vor. Bei den deutschen Batterien machte sich bald Munitionsmangel fühlbar; die neueingetroffene Artillerie war ohne Munition gekommen1). Der größte Teil der Batterien, insbesondere die unbespannten schweren, fielen nach und nach in Feindeshand.
Die deutsche Führung hatte trotz Störung aller Nachrichtenmittel sehr bald erkannt, daß es sich nicht nur um einen örtlichen Vorstoß, sondern um einen Angriff großen Stils handele. Darüber hinaus aber sah sie bis gegen Mittag nicht klar. Von der 107. Infanterie-Division wurden um 940 vormittags zwei Bataillone des vordersten Regiments und die letzte Artillerie-Abteilung der 54. Infanterie-Division, ein Bataillon der 9. Reserve-Division zugewiesen; das zweite Regiment wurde auf Fontaine-Notre Dame und Cantaing in Marsch gesetzt, das dritte, eben erst ausgeladen, sollte Cambrai erreichen. Drei Bataillone und fünf Batterien, die das Armee-Oberkommando von den Gruppen Quentin und Oise heranführte, konnten das Schlachtfeld kaum vor Dunkelheit erreichen. Erst vom 21. November ab war auf Verstärkungen seitens der Heeresgruppe zu rechnen. Sie hatte auf die Nachricht von dem auch sie „völlig überraschenden" britischen Angriff drei Divisionen, Artillerie und Flieger von der 4.
') 6.28.
Weltkrieg. XIII. 95b.
9
130 Der Krieg im Westen. Schlacht bei Cambrai.
2o.9t.»mb«. und 6. Armee in Marsch gesetzt und drei weitere Divisionen aus den Reserven der Obersten Heeresleitung in Aussicht gestellt.
Erst seit den Mittagsstunden ließen vor allem Fliegermeldungen die Größe des britischen Einbruchs erkennen. Die 20. Landwehr-Division war von Süden her bis nahe an Moeuvres heran aufgerollt worden. Bei Marcoing und Masnieres hatte der Gegner den breiten und tiefen Schelde-Kanal erreicht, dessen Übergänge mit Ausnahme der Brücke in Masnieres unzerstört in seine Hand fielen. Schwache britische Kavallerie überschritt in den Nachmittagsstunden östlich von Masnieres die Schelde und wurde erst dicht südlich von Cambrai durch ein heraneilendes Rekrutendepot zersprengt. Unterdessen hatten die in ungeklärte Verhältnisse vorstoßenden Bataillone der 107. Infanterie-Division die noch wenig ausgebaute II. Stellung bei Anneux und Cantaing erreicht und Teile von Royelles zurückgewinnen können, von wo Kavallerie bereits nach Norden im Vorgehen gemeldet war. Damit war der britische Angriff von schwachen deutschen Kräften zum Stehen gebracht, wenn auch örtliche Kämpfe noch bis in die Dunkelheit andauerten. Auf rund 15 Kilometer Breite und bis zu sieben Kilometer Tiefe war die Siegfried-Stellung aufgerissen. Moeuvres, Teile von Anneux, Flesquisres und Noyelles, Rumilly, Crevecoeur, Rue des Bignes und Banteup waren in deutscher Hand geblieben. Die britischen Nebenangriffe bei Bullecourt und südlich von Bendhuille waren ohne nennenswerte Erfolge verlaufen, üm den Einbruchsraum bildeten Truppen der 20. Landwehr-, 107. und 54. Infanterie- sowie der 9. Reserve-Division, größtenteils durch Verluste stark geschwächt und durcheinander gewürfelt, eine wenn auch noch lückenhafte Front. Hinter deren rechtem Flügel und Mitte standen aber nur noch acht Feld- und drei schwere Batterien feuerbereit, der linke Flügel war artilleristisch etwas besser gestützt. Flesquieres wurde in der Nacht von seiner tapferen Besatzung befehlsgemäß geräumt.
Für den folgenden Tag war mit Fortsetzung des englischen Angriffs auf Cambrai, gleichzeitig aber auch nach Norden und Nordwesten in den Rücken der Gruppe Arras und weiterhin der 6. Armee zu rechnen. Dabei muhte das beherrschende Höhengelände südlich von Bourlon eine wichtige Rolle spielen, üm dort die Abwehr zu stützen, erhielt die herankommende 214. Infanterie-Division Befehl, am 21. November früh als Eingreif-Division der Gruppe Arras den Raum Marquion—Bourlon zu erreichen. Die 50. und 119. Infanterie-Division wurden hinter der Gruppe Caudry bei Cambrai versammelt; drei weitere Divisionen waren als Armeereserve nach Cambrai, Caudry und Bohain bestimmt. Obgleich die Lage äußerst ernst blieb, entschlossen sich Heeresgruppe und Armee-Oberkommando zu baldigem Gegenangriff.
Der englische Angriff.
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Die englische Z. Armee blickte aus einen erfolgreichen Angrissstag zurück. Der entscheidende Anteil der Tanks war unbestreitbar. Wenn die Infanterie ihre Tagesziele nicht voll erreicht hatte, so lag das in erster Linie an dem unerwartetst zähen Widerstand bei Flesquiores und an dem tapferen Eingreifen der deutschen 107. Infanterie-Division. Mißlungen war das Vorgehen der britischen Kavallerie darüber hinaus auf Cambrai und Bourlon. Aber 5000 Gefangene und gegen 100 Geschütze meldeten die Briten als Beute; ihre blutigen Verluste waren gering gewesen, der Ausfall an Kampfwagen aber sehr groß; allein 70 Tanks lagen bewegungsunfähig innerhalb oder dicht vor den deutschen Linien. Am 21. November sollte der Angriff auf Cambrai fortgesetzt und dazu vor allem der zähe Widerstand in Flesquieres und am Bourlon-Rücken gebrochen, bei Marcoing und nördlich das Ostufer des Schelde-Kanals gewonnen werden.
Die Gruppe Caudry meldete am frühen Morgen des 21. November, 21 „daß, wenn der Gegner vor Eintreffen starker Artillerie den Tankangrifs fortsetze, ein weiterer Einbruch und damit vielleicht ein wirklicher Durchbruch kaum zu verhindern wäre". Sie erbat baldigst drei gute Divisionen mit Artillerie für die zerschlagenen und befürwortete die Rückeroberung der Zwischenstellung „nicht nur aus moralischen, sondern auch aus taktischen Gründen"; denn die jetzt gehaltenen Linien seien großenteils „ganz freiliegende Vorderhangstellungen".
Nach den Kämpfen des Vortages kamen die Bewegungen erst nachmittags wieder in Gang. Unter dem Schutze von Tanks ging der Gegner gegen die ganze Front von Moeuvres bis Rumilly vor. Bei Moeuvres konnte er nur wenig Gelände gewinnen, der Ort blieb in deutscher Hand. Dagegen gingen Anneup, Cantaing und Noyelles verloren. Bei Bourlon wurde der Einbruch durch einen Gegenstoß der 214. Insanterie-Division zum Stehen gebracht, das beherrschende Höhengelände und der Wald gehalten. In Fontaine und La Folie1) drang der Gegner ein, ehe die dorthin angesetzten vordersten Teile der 119. Infanterie-Division es verhindern konnten. Fontaine wieder zu nehmen, gelang nicht. Bis in den Park von La Folie vorgedrungene deutsche Kräfte wurden in der Nacht in die unfertige Wotan-III-Stellung zurückgenommen. Östlich des Schelde-Kanals zwangen frisch eingesetzte Bataillone den Gegner zur Umkehr und gewannen die II. Stellung Noyelles—Rumilly zurück.
Der keilförmige feindliche Einbruch forderte zum Gegenangriff geradezu heraus. Noch am 21.November gab die Heeresgruppe den Befehl zur Wiedernahme der verlorengegangenen Stellungen; die herankommenden Verstärkungen sollten dazu möglichst flankierend von Norden
*) Gehöft und Park an der Kanalbrücke nordöstlich von Cantaing.
132
Der Krieg im Westen. Schlacht bei Cambrai.
2i.9tee«mb«. Und Osten her eingesetzt werden. Zunächst aber verzehrten weitere Ab-wehrkämpse die eintreffenden Kräfte. So hatten die 214. Infanterie-Division bereits der Gruppe Arras, deren Front jetzt bis Fontaine ausschließlich ausgedehnt wurde, die 119. und 30. Infanterie-Division der Gruppe Caudry zur Ablösung zugewiesen werden müssen.
Die englische Heeresleitung schwankte nach den geringen Ergebnissen des 21. November, ob sie den Angriff fortführen solle. Die Gelegenheit, durch Einsatz der immer noch bei Bapaume und Psronne bereitgehaltenen fünf Divisionen einen wesentlich größeren Erfolg zu erringen, war offensichtlich verpaßt. Die Angriffstruppen waren stark erschöpft. Mit Eintreffen erheblicher deutscher Verstärkungen mußte gerechnet werden. Da aber die gewonnenen vordersten Linien nicht günstig waren, und auch die Gesamtlage weitere Erfolge wünschenswert machte, entschloß sich Feldmarschall Haig, den Angriff fortführen zu lassen, wenn auch auf schmalerer Front und ohne einheitlichen Tankeinsatz. Nächstes Ziel waren die beherrschenden Höhen bei Bourlon.
22.9i»e«m»«t. Am 22. November errangen die Engländer nur bei Moeuvres, wo die Landwehrtruppen sich gerade in der Ablösung befanden, unbedeutende Erfolge. Dagegen konnten Teile der 119. und 107. Infanterie-Division trotz heftiger Gegenwehr Fontaine und den Park von La Folie zurückgewinnen. Bei Rumilly, Crövecoeur und Rue des Vignes wiesen die 30. Infanterie- und 9. Reserve-Division feindliche Angriffe ab.
Nach diesem etwas ruhigeren Verlaus des dritten Kampftages hielt das Armee-Oberkommando die Lage im Raum von Cambrai „nicht mehr für gefährdet". Es rechnete jedoch mit Fortsetzung der Angriffe auf den Flügeln der Einbruchsstelle gegen Inchy sowie gegen Banteux und südlich, stop««»«. Der Gegner aber griff in den folgenden Tagen mit Nachdruck nur noch die beherrschenden Höhen von Bourlon an und setzte für abgekämpfte Divisionen eine, später drei weitere neu ein. Deutscherseits wurden die 21. Reserve-und 3. Garde-Infanterie-Division in den Kampf geworfen. Das am 23. November beginnende fünftägige Ringen um den mit dichtem Unterholz durchsetzten Bourlon-Wald und die Dörfer Bourlon und Fontaine nahm besonders heftige Formen an. Dank ihrer weit stärkeren Artillerie behielten die Engländer schließlich den Höhenrücken und den Wald zum größeren Teil in der Hand; nur aus den Eckpfeilern Bourlon und Fontaine gelang es, sie nach jedem Einbruch wieder zu vertreiben. Erst in den letzten Novembertagen wurde es bis auf blutiges Geplänkel im Bourlon-Walde wieder etwas ruhiger.
Die Beute seiner zehntägigen Angriffe bezifferte der Gegner auf rund 10500 Gefangene, 140 Geschütze und 350 Maschinengewehre. Der
Abklingen des englischen Angriffs.
133
deutschen Verteidigung war es gelungen, bei Gegenstößen etwa 600 Engländer und mehr als 20 Maschinengewehre einzubringen. Der deutsche Gesamtverlust betrug etwa 27000 Mann.
2. Der deutsche Gegenangriff.
a) Sie Vorbereitungen.
Beilagen 10 und 12.
Heeresgruppe und Armee-Oberkommando hatten bereits am 20. No-vember die Oberste Heeresleitung für den Entschluß zum Gegenangriff gewonnen. Nach dem ersten am 21. November erlassenen Befehl nahm der Plan allmählich festere Gestalt an. Am 22. November wurden der Armee außer der bisherigen Verstärkung um sechs Divisionen drei weitere Divisionen, zwei Generalkommandos, starke Artillerie, Luststreitkräfte usw. überwiesen1). Einstweilen lastete aber noch der englische Ansturm bei Bourlon aus allen Entschlüssen und Maßnahmen. So zeichnete General von Kühl am 23. November als Absicht auf, den Flügel des Feindes bei Le Pavs „mit allem Verfügbaren möglichst schnell anzugreifen. Dadurch beste Entlastung bei Bourlon". Am 24. November begab sich Kronprinz Rupprecht mit General von Kühl zum Armee-Oberkommando nach Le Cateau. Der Plan hatte sich inzwischen dahin verdichtet, den Angriff auch aus nördlicher Richtung zu führen. Ob das angesichts der um Bourlon fortdauernden britischen Angriffe möglich sein werde, erschien allerdings fraglich. Ohne Rücksicht daraus sollte der auf Überraschung und günstige artilleristische Flankierungsmöglichkeiten gegründete Angriff aus östlicher Richtung auf jeden Fall durchgeführt, die Angriffsfront dabei bis in die Gegend von Vendhuille nach Süden ausgedehnt werden. Südlich von Banteux erschienen die Ersolgsaussichten besonders günstig, da der Gegner hier, durch die vielfach überschwemmte Schelde-Niederung geschützt, einen Angriff wohl kaum erwartete. Dieser war gegen seine hier schwach besetzten Linien auch einfacher als im Norden gegen den im Grabengewirr und Trichtergelände nur schwer feststellbaren und wesentlich stärkeren Feind. Die Heeresgruppe sehte zunächst den 26. November als Angriffstag fest, damit — wie sie der Obersten Heeresleitung meldete — „mit der größten Energie die Vorbereitungen durchgeführt" würden.
General von der Marwitz gab nach dieser Aussprache noch am 24. November den grundlegenden Armee-Befehl. Die Gruppe Caudry
*) Bisher: Z. Garde-, 119., 214. I. D. von Hgr.; 5. Garde-, 30., 34. I. D. von O. H. L.
Dazu neu: Gen. Kdo. XVIII. A. K., 220. g. D., 21. R. D. von Hgr.,- Gen. Kdo. XXIII. R. K., 28. F. D. von O. H. L.
20. bis 26. November.
27. November.
134 Der Krieg im Westen. Schlacht bet Lambrai.________________
und die an ihrem Südflügel neu einzusetzende Gruppe Busigny (Generalkommando des XXIII, Reservekorps) sollten den Hauptstoß auf Metz en Couture führen, die Gruppe Arras, deren Nordflügel als Gruppe Lewarde vom Generalkommando des XVIII. Armeekorps übernommen wurde, gleichzeitig über die Linie Moeuvres—Fontaine nach Süden angreifen. Zur Deckung der Flanken und zur Ablenkung wurden Unternehmungen bei Inchy im Norden, bei Dendhuille, sowie bei der Gillemont- und Malakosf-Ferme im Süden angesetzt. Die Vorbereitungen sollten auf das äußerste beschleunigt werden, weil jeder Tag dem Gegner Gewinn bracht^ und Überraschung von ausschlaggebender Bedeutung war.
Unterdessen forderte die Heeresgruppe von der 4. Armee, bei der sie jetzt nur noch mit britischen Teilunternehmungen rechnete, noch zwei Divisionen, um den Südflügel des Angriffs zu verstärken. Je eine weitere Division hielt sie zunächst hinter dem linken Flügel der 6. Armee und bei St. Quentin bereit, wo sie mit örtlichen feindlichen Angriffen rechnete.
Die Vorbereitungen für den Gegenangriff erforderten mehr Zeit, als zunächst angenommen war. Auf Anfrage des Generals Ludendorff meldete Major Stapff am 25. November, der Angriff werde ant 27., spätestens am 29. stattfinden, die Lage verschlechtere sich durch das Verschieben nicht; je mehr Kräfte der Feind gegen Norden einsetze, um so wirksamer werde der Hauptstoß; alles hänge vom Anrollen der Artillerie und Minen-werfer ab. Doch auch diese Berechnung erwies sich trotz Höchstleistungen der Eisenbahn noch als zu günstig. Am 27. November fand im Beisein von General Ludendorsf eine Besprechung aller beteiligten Stellen in le Cateau statt1). Die Generale Ludendorfs und von Kühl äußerten Bedenken, ob die stark mitgenommenen Truppen der Gruppe Arras noch in der Lage wären, den ihnen zugedachten schwierigen Angriff, durchzuführen. Insbesondere sollte der Wald von Bourlon nicht angegriffen, sondern westlich umgangen und von rückwärts abgeschlossen werden. General Ludendorsf hielt es ferner für erwünscht, daß die Gruppe Busigny nicht nur nach Westen vorstoße, sondern sich durch Aufrollen der feindlichen Flanke auch nach Süden Luft schasse; hier könnten dann bei glücklichem Verlaus immer weitere Divisionen dem Angriff angehängt werden. Ein Vorschlag des Majors Stapff, die nach dem ersten Einbruch frei werdende schwere Artillerie nach Süden zu verschieben, um auch die nur schwach besetzte britische Front nördlich von St. Quentin zu Fall zu bringen, fand Zustimmung. Als Ergebnis der Besprechung gab die Oberste Heeresleitung folgende Richtlinien an die Heeresgruppe:_____________________
!) Aktenmäßige Unterlagen über den Verlauf waren nicht zu ermitteln. Das Folgende ist geschildert nach Kronprinz Rupprecht: „Mein Kriegstagebuch", Bd. III, S. 182f.
Vorbereitung des deutschen Gegenangriffs.
135
Ml. Der Angriff hat am 30. November zu erfolgen.
2. Der Hauptstoß ist mit der Ostgruppe in der von der Armee beabsichtigten Richtung auf Metz en Couture zu führen. Die Inbesitznahme der Höhe von Flesquivres und des Waldes von Havrincourt von Süden her, um den englischen Hauptkrästen in Flanke und Rücken zu gehen, ist entscheidend für den Gesamterfolg.
Z. Der Angriff von Norden (Gruppe Artas) — soweit er nach der Entwicklung der Lage überhaupt möglich ist — hat zeitlich erst dann einzusetzen, nachdem der Hauptstoß der Ostgruppe wirksam geworden ist1).
Er ist mit allen verfügbar zu machenden Kräften westlich des Bourlon-Waldes in südlicher Richtung zu führen. Es wird empfohlen, durch möglichst frühzeitigen Beginn des Artilleriefeuers bei der Nordgruppe und Demonstrationen aus den Nebensronten die feindlichen Kräfte zu binden.
4. Zur Ausnützung eines größeren Erfolges werden seitens der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht und der Obersten Heeresleitung weitere Divisionen — etwa drei bis fünf — herangeführt werden....
5. Der für den Fall eines großen Erfolges vom Armee-Oberkommando 2 vorgeschlagene Nebenangrifs nördlich St. Quentin ist vorzubereiten."
Diese Richtlinien brachten besonders für die Gruppe Arras umfang- sr.«,rs. reiche Änderungen der bisherigen Angriffsvorbereitungen. Für die “* Gruppen Caudry und Busigny wurde in der Nacht zum 29. November noch eine Verschiebung der Angrisssstreifen befohlen. Erst dann stand endgültig fest, wie der Angriff am 30. geführt werden sollte. Die Vorbereitungen konnten nur notdürftig abgeschlossen werden. Obgleich seit dem 20. November durchschnittlich 160 Züge täglich zur 2. Armee rollten, war es nicht möglich, neben den Divisionen, zahlreichen anderen Truppenteilen und dem laufenden Nachschub die für den Angriff angeforderte Munition voll heranzufahren. Die höhere Führung glaubte aber trotz der von den Gruppen mehrfach geäußerten Bedenken, das Eintreffen aller Kolonnen, der gesamten Munition und vieler Sondertruppenteile nicht mehr abwarten zu dürfen; denn die Voraussetzung zum Erfolge lag nicht in der letzten Planmäßigkeit aller Vorbereitungen, sondern in der Geheimhaltung, Überraschung und schnellen Ausnutzung der taktisch günstigen Lage. Einstweilen schienen nur etwa acht bereits mehr oder minder
*) Von wem dieser Gedanke zeitlicher Staffelung ausgegangen ist, hat sich nicht feststellen lassen. Der Kommandierende General der Gruppe Arras war, wie er selber berichtet (von Moser: „Feldzugaufzeichnungen", 6.318), mit seinen Bedenken bei der Besprechung nicht zu Morte gekommen.
136
Der Krieg im Westen. Schlacht bei Cambrai.
27. bis 29. November.
29. November.
abgekämpfte britische Divisionen gegenüber zu stehen, frische Kräfte noch nicht herangezogen zu sein.
Der Aufmarsch der deutschen Artillerie und die Bereitstellung der Angrifsstruppen waren in dem weithin offenen und von der feindlichen Erdbeobachtung großenteils eingesehenen Gelände kaum zu verbergen. Die Überwindung des Schelde-Tals, in dem Kanal und Fluß nebeneinander her lausen, erforderte besondere Vorbereitungen und mußte ebenso wie das im allgemeinen nordsüdwärts verlausende Wegenetz bei fortschreitendem Angriff den Nachschub schwierig gestalten. Vor allem aber stand man vor einer völlig neuen Aufgabe, denn die Angriffsziele — Höhen von Fles-quieres und Metzen Couture — lagen rund zehn Kilometer jenseits der vordersten feindlichen Linien. Für die Formen, in denen ein so tiefgreifender Angriff zu führen war, gab es weder Vorschriften noch Vorgänge. Seit dem Angriff aus Verdun waren anderthalb Jahre verflossen, und die im Osten und soeben in Italien gemachten Erfahrungen waren nur mit Vorbehalt zu übernehmen. Führung und Truppe gingen aber mit Vertrauen an die gestellte Ausgabe heran.
Zum Angriff standen schließlich 18 Divisionen bereit1). Von diesen waren aber nur zehn voll kampfkräftiga), die anderen durch vorhergehende Kämpfe bereits mehr oder minder geschwächt. Irgendwelche Sonderaus-bildung für den Angriff hatte keiner zuteil werden können.
*) Gliederung der Angriffsfront:
Gruppe Arras unter Genlt. von Moser:
20. I. D., 21. R. D., 3. G. und 119. I. D. als Stellungsbesatzung,' 49. R. D.,
214. und 221. F. D. dahinter;
insgesamt 118 schwere und 390 leichte Geschütze.
Gruppe Caudry unter Gen. d. gnf. Frhr. von Watter:
107., 30., 220. und 23.1. D. in vorderer Linie;
9. R. D. dahinter;
insgesamt 111 schwere und 284 leichte Geschütze.
Gtuppe Busigny unter Gen. d. Inf. von Kathen:
34., 183. und 5. G. I. D. in vorderer Linie;
208. I. D. dahinter;
insgesamt 121 schwere und 216 leichte Geschütze.
Heeresgruppenreserve: 185. I. D. hinter Gruppe Caudry, 9. b. R.D. hinter Gruppe Busigny.
a) In Fußnote 1 unterstrichen. Näheres über Artillerie Beil. 29 d.
Vorbereitung des deutschen Gegenangriffs.
137
Außer diesen Kräften und der zunächst hinter der bedrohten Gruppe Quentin als Armeereserve bereitgestellten 79. Reserve-Division verfügte die Heeresgruppe an Reserven noch über sechs, die Oberste Heeresleitung im Heeresgruppenbereich über zwei Divisionen.
AnLuftstreitkrästen standen im ganzen fünf Feld-, zehn Artilleriefliegerabteilungen, drei Jagd- und sechs Schutzstaffeln zur Verfügung. Ihre Tätigkeit war durch die Witterung stark behindert.
Um den Gegner überraschend zu treffen, sollte nur kurzes Artilleriefeuer dem Infanterie-Angriff vorausgehen, auch das Einschießen auf das Äußerste beschränkt werden. Alle bekannten feindlichen Batteriestellungen waren zu vergasen; mit Beginn des Hellwerdens sollten die vorderen feindlichen Stellungen mit einstündigem Vernichtungsfeuer belegt werden. Dann hatte die Infanterie der Gruppen Caudry und Busigny hinter der Feuerwalze zum Sturm anzutreten, die der Gruppe Arras erst drei Stunden später. Möglichst wenig Kräfte sollten für die verzehrenden Ort- und Waldkämpfe eingesetzt, der Gegner im Wald von Bourlon nur durch Vergasung ausgeschaltet werden.
Im einzelnen war nach wiederholten Besprechungen folgendes für den Angriff besohlen:
Die Gruppe Caudry hatte den Hauptstoß auf Metzen Couture zu führen, Inbesitznahme des Höhengeländes bei Beaucamp und Trescault sei „von entscheidender Bedeutung". In dieser Richtung setzte General von Watter die 220. und 28. Infanterie-Division an, linken Flügel von Banteux über die Mitte von Gouzeaucourt, während die 30. Infanterie-Division nach Überschreiten des Kanals bei Crepecoeur auf Ribecourt vorzugehen hatte. Die von den Kämpfen schon etwas mitgenommene 9. Reserve-Division sollte sich bei Fortschreiten des Angriffes zwischen die 30. und 220. Infanterie-Division einschieben und das Höhengelände bei Trescault gewinnen. Die abgekämpfte 107. Infanterie-Division hatte nur mit ihren Flügeln und im Einklang mit den Nachbarn vorzugehen; ihr nächstes Ziel war der Höhenzug nordwestlich von Marcoing.
Die Gruppe Busigny hatte aus einer vom britischen Angriff unberührten und bisher ruhigen Front mit starkem rechtem Flügel in engstem Anschluß an die Gruppe Caudry aus Fins anzugreifen. General von Kathen sehte hierzu die 34. und 183. Infanterie-Division, dazwischen die vordersten Teile der 208., an. Die 5. Garde - Infanterie - Division wurde mit Unternehmungen gegen die Gillemom- und Malakoff-Ferme beauftragt. Erstes Angriffsziel war die ungefähre Linie Gonnelieu—Villers Euislain—Gillemont-Ferme.
138
Der Krieg im Westen. Schlacht bei Lambrai.
Der Gruppe Arras waren die ehemalige deutsche Stellung westlich von Graincourt und die Höhen bei Flesguiöres als Ziele bezeichnet, General von Moser setzte zum Hauptangrifs westlich des Bourlon-Waldes, linker Flügel über Anneux, die 49. Reserve-, 214. und 221. Infanterie-Division an; von ihnen hatte die 214. schon ziemlich gelitten. Die 20. Infanterie- und 21. Reserve-Division sollten durch Angriff beiderseits von Moeuvres die Flanke des Vorgehens decken. Die 3. Garde-Infanterie-Division hatte den Bourlon-Wald im Norden, die 119. ihn im Osten abzuriegeln und über Cantaing vorzugehen. Eine besondere Schwierigkeit lag darin, datz der Sturm erst drei Stunden später als bei den anderen Gruppen, um die Mittagszeit einsetzen sollte. Am die drei Stohdivisionen nicht vorzeitigen Verlusten auszusehen, hatte das Armee-Oberkommando als Abhilfe empfohlen, sie zunächst mehrere Kilometer hinter der vorderen Linie bereitzustellen und erst während des Vorbereitungsfeuers unter dem Schuhe einer künstlichen Nebelwand in die Sturmstellung vorzuführen. Sie sollten dann durch die Stellungstruppen hindurch vorstohen.
Den „allgemeinen großen Gedanken" des Angriffs faßte General von der Marwitz am 29. November nochmals dahin zusammen, daß der Hauptstoß von den inneren Flügel-Divisionen der Gruppen Caudry und Vusigny, die fest zusammenhalten müßten, soweit als möglich in westlicher Richtung zu führen sei. Die übrigen Kräfte der beiden Gruppen hätten durch ihr Vorgehen die Flanken zu decken oder nachzustoßen. Nach Wirksamwerden dieser Angriffe sollte „von Norden aus der Gruppe Arras eine starke Stoßgruppe nach Süden in Richtung Havrincourt—Flesquiöres" vorgehen. Auf diese Weise sollte „der Gegner an der Wurzel der Einbruchs-stelle abgeschnürt und vernichtet werden".
Die 4. und 6. Armee hatten den Auftrag, den Feind vor ihrer Front zu fesseln. Befehlsgemäß wurden bei diesen beiden Armeen je eine, bei der 7. zwei Divisionen abfahrbereit gehalten, außerdem viel Artillerie, Luftstreitkräfte usw.
Den Eng ländern waren die deutschen Vorbereitungen für den Gegenangriff — wie Feldmarschall Haig berichtet1) — nicht entgangen. Er erwartete aber den Hauptangrifs in dem bisher am heftigsten umkämpften Abschnitt von Bourlon. Dort und bei Cantaing hatten nach und nach drei ftische britische Divisionen abgekämpfte abgelöst. Im übrigen war die gesamte Front noch mit denselben Truppen beseht, die schon am 20. November den Angriff geführt hatten. Vier Infanterie- und vier Katmllerte-Divisionen standen hinter der Front, davon als vorderste je eine Infan-
i) Haig: „Bericht über die Schlacht bei Lambrai" („Times" vom 5. März 1918).
Der deutsche Gegenangriff.
139
terie-Division bei Hermies und im Wald von Havrincourt, Kavallerie bei Fins und Epähy. Das Tankkorps war bereits im Abtransport, nur die 2. Brigade stand verladebereit noch bei Fins.
Insgesamt konnten den am Angriff beteiligten 18 deutschen Infanterie-Divisionen (162 Bataillone) am ersten Tage mindestens 13 britische (156 Bataillone) entgegentreten, dazu vier Kavallerie-Divisionen und eine Tank-Brigade. An Artillerie standen rund 1200 deutsche Geschütze etwa 1150 britischen gegenüber. Auch an Luststreitkräften bestand keine wesentliche deutsche Überlegenheit. Der Angriff traf also aus annähernd gleich starken Feind.
b) Erster Angriffstag.
Nach Vergasung der feindlichen Batterien und des Bourlon-Waldes setzte an der Schelde-Front um 760 morgens das Vorbereitungsfeuer der Artillerie ein, dem sich in den letzten zehn Minuten alle Minen- und Granatwerfer und unmittelbar vor dem Sturme auch sämtliche Maschinengewehre anschlossen. Es bahnte der um 850 antretenden Infanterie zwischen Creve-coeur und Vendhuille den Weg durch die vordere feindliche Stellung. Das Wetter war trüb, aber sichtig. Schlachtflieger begleiteten den Angriff. Die artilleristische Gegenwirkung war nur schwach. Den Hauptwiderstand leisteten Maschinengewehre. Über Erwarten erfolgreich gestaltete sich das Vorgehen der starken inneren Flügel der Gruppen Caudry und Busigny. Nachdem sie im ersten Anlauf die vordersten englischen Gräben genommen hatten, waren sie bald nach 10° vormittags auch Herren von Gonnelieu und Villers Guislain. Artillerie wurde über den Kanal nachgezogen.
Bei der Gruppe Caudry erreichte die 28. Infanterie-Division mit ihrem linken Flügel mittags die Eisenbahn bei Gouzeaucourt. Ihr rechter Flügel hing ab, da die 220. Infanterie-Division bei le Pave auf hartnäckigen Widerstand gestoßen war. Erst gegen Abend konnte dieser gebrochen und die Gegend östlich von la Vacquerie, das in Feindeshand blieb, erreicht werden. Die 30. Infanterie-Division von Crövecoeur vorgehend, hatte auf dem linken Schelde-Üser die große Straße Cambrai—le Pavö überschritten, war dann aber durch Flankenseuer und Gegenstöße aus der Linie Masnisres—Marcoing veranlaßt worden, nach Norden einzuschwenken. Die nachfolgende 9. Reserve-Division wurde eingeschoben, um gegen die Linie Rib6court—Trescault vorzustoßen, blieb aber nördlich von la Vacquerie vor der Höhe 128 liegen, wo der Gegner im Zuge der ehemaligen deutschen I.-Stellung hartnäckigen Widerstand leistete. Die 107. Infanterie-Division konnte gegen Cantaing und Marcoing nur wenig Gelände gewinnen.
30. November.
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Der Krieg im Westen. Schlacht bei Cambrai.
30. November.
Bei der Gruppe Busigny war der Angriffsschwung der 34. und der vordersten Teile der 208. Infanterie-Division so groß, daß die Truppe wiederholt in das eigene, nicht schnell genug fortschreitende Artilleriefeuer kam. Der Gegner wurde stellenweise völlig überrascht. Der Angriff machte über Villers Guislain hinaus rasche Fortschritte, obwohl noch zahlreiche Widerstandsnester in verlustreichem Kampfe genommen werden mußten. Gegen Mittag war Gouzeaucourt, wo soeben noch ein englischer Liebesgabenzug eingelaufen war, in deutscher Hand. Etwa um 1280 erreichten die vordersten Teile, die rund sieben Kilometer tief eingebrochen waren, die großen feindlichen Munitionslager halbwegs Gouzeaucourt— Fins. Damit war aber die Stoßkraft der durch hohe Offizierverluste führerlos gewordenen Truppe am Ende. Die 208. Infanterie-Division arbeitete sich bis an die Höhen westlich und südwestlich von Villers Guislain vor, wo sie besonders an der Vaucelette-Ferme hartnäckigen Widerstand fand. Die 183. Infanterie-Division schien in westlicher Richtung so gut vorwärts zu kommen, daß sie gegen Mittag den Befehl erhielt, auch den beherrschend in ihrer linken Flanke liegenden Ort Ep6hy zu nehmen. Die benachbarte 5. Garde-Insanterie-Division, deren Unternehmungen gegen die Gillemont- und Malakoff-Ferme gescheitert waren, sollte sich bereithalten, dieses Vorgehen mitzumachen. Unterdessen hatten britische Gegenstöße zunächst aus Epöhy und Lempire eingesetzt und dem siegreichen Vorwärtsstürmen der Gruppe Busigny ein Ende bereitet. Bald darauf wurde auch die in beiden Flanken ungeschützte 34. Infanterie-Division von der englischen Garde-Division, Kavallerie und Kampfwagen angegriffen und zurückgedrängt. Ihre Artillerie hatte über Schelde und Kanal noch nicht genug Munition herangebracht, um wirksam helfen zu können. Erst östlich von Gouzeaucourt faßten die deutschen Truppen wieder festen Fuß. Um 430 nachmittags meldete die 34. Division einen neuen starken britischen Angriff von Westen her; der Anschluß an die 28. und 208. Infanterie-Division sei verlorengegangen; sie erbat unverzügliches Eingreifen der nachfolgenden 9. bayerischen Reserve-Division. Inzwischen aber brach die Dunkelheit herein.
Bei der Gruppe Arras war der Bourlon-Wald mit 16000 Gasgranaten, aber nur aus Feldkanonen, belegt worden, da die angeforderte Munition für leichte Feldhaubihen ausgeblieben war; damit mußte auch die Wirkung geringer sein. In der Frühe hatte starkes britisches Feuer auf Bourlon und Fontaine gelegen. Die erste Bereitstellung der drei Stoß-Divisionen wurde um 960 vormittags unbehelligt eingenommen. Auf den feindlichen Stellungen lag nach einer kurzen Vernichtungsfeuerwelle langsames Zerstörungsfeuer. Die verfügbaren schweren Feldhaubitzen er-
Der deutsche Gegenangriff.
141
zeugten eine Nebelwand*), hinter der dann der Vormarsch zu den Sturm-ausgangsstellungen begann. Doch der Wind riß Lücken in diesen Schleier, so daß insbesondere Luftbeobachtung möglich wurde. Zwar verjagten deutsche Flieger die britischen und schossen fünf von ihnen sowie einen Fesselballon ab, aber die Vorwärtsbewegung war doch erkannt und wurde von verlustbringendem Feuer gefaßt. Kurz nach 11° wurde die Sturmausgangsstellung erreicht. Die Artillerie steigerte ihr Feuer zu höchster Kraft, bis es um 1150 in die Feuerwalze überging. Es hatte nicht genügt, um den angreifenden Fußtruppen den Weg zu bahnen. Diese stießen aus starke abwehrbereite Kräfte, darunter aus zwei neu eingesetzte englische Divisionen. Der linke Flügel der 20. Infanterie- und die 21. Reserve-Division gewannen bei Moeuvres etwas Gelände. Die 49. Reserve- und 214. Infanterie-Division blieben nach Anfangserfolgen nördlich der Straße Bapaume—Cambrai liegen, die 221. Infanterie-Division vor der beherrschenden Höhe 100, die sie erst um 3° nachmittags nehmen konnte. Vorfühlende Teile der 3. Garde - Infanterie - Division fanden den Wald von Bourlon trotz der Vergasung besetzt. Östlich davon gewann die 119. Infanterie-Division zunächst Boden, geriet dann aber in flankierendes Maschinengewehrfeuer aus dem Walde und von Cantaing her. So blieb auch ihr Angriff bald liegen.
Im wesentlichen war die deutsche höhere Führung seit Mittag über die Lage gut unterrichtet. Die anfänglich sehr günstigen Meldungen hatten Vorbereitungen für weitere Ausnutzung des Erfolges veranlaßt, die spätere Entwicklung der Lage aber die hochgespannten Erwartungen erheblich gedämpft. Noch waren die 185. Infanterie- und 9. bayerische Reserve-Division, beide voll kampfkräftig, gar nicht zum Eingreifen gekommen; die 79. Reserve-Division rückte von St. Quentin heran, weitere Verstärkungen standen in Aussicht. So blieb General von der Marwitz entschlossen, den Angriff fortzusetzen, wenn auch zunächst mit dem beschränkteren Ziele der Wegnahme des Höhengeländes von Trescault. Weiterhin beabsichtigte er, die Höhen bei Havrincourt von Süden her zu nehmen und damit den Anschluß an die Gruppe Areas zu gewinnen. Diese sollte am 1. Dezember ihre jetzige Linie halten und danach „trachten, den Zusammenschluß" zwischen ihren vor Graincourt und vor Cantaing kämpfenden Einheiten herzustellen. Die Gruppe Eaudry, verstärkt durch die 185. Infanterie-Division, hatte den Gegner in Masniores einzuschließen und Dillers-Plouich von Süden anzugreifen. Die Gruppe Busigny mit unterstellter 9. bayerischer Reserve-Division sollte Gouzeaucourt durch beiderseitige Umfassung wieder nehmen und, zwischen diesem Ort und
*) Nebelgeschosse gab es damals nur für s. F. H.
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Her Arieg im Äesten. Schlacht bei Cambrai.
Villers-Plouich nach Nordwesten vorgehend, die Gruppe Caudry unterstützen. Die 79. Reserve-Division wurde bis zum Morgen südlich von Banteux erwartet; drei weitere Divisionen waren nach Cambrai, Caudry und Bohain im Anrollen.
c) Zweiter Angriffstag und Ende der Schlacht.
r. Die beiderseitige Artillerietätigkeit hatte die Nacht über angehalten, feindliches Feuer auf die ohnehin kaum zureichenden Schelde- und Kanal-Übergänge dabei zu ernsten Reibungen in Befehlsgebung und Nachschub geführt. Das Wetter war trübe und dunstig. Bei der Gruppe Arras kam es infolge starker feindlicher Gegenwirkung nur mittags vorübergehend zu Teilerfolgen südöstlich von Moeuvres und bei Cantaing. Auch die für den Vormittag angesetzten Angriffe der Gruppen Caudry und Busigny kamen nicht zur Entwicklung; denn mit Hellwerden brach wieder ein starker von Tanks begleiteter englischer Stotz aus Gouzeaucourt und südlich vor, der vor allem die 34. Infanterie-Division schwer traf. Der Gegner drang in Gonnelieu ein und nahm mehrere der immer noch unter Munitionsmangel leidenden deutschen Batterien. Stotztrupps gewannen diese zurück. Die 208. Infanterie-Division behauptete ihre Stellung und schoß etwa zehn Kampfwagen in Brand. Nur die neu eingesetzte 9. bayerische Reserve-Division, der sich die 185. Infanterie-Division anschlotz, trat noch zu dem befohlenen Angriff an, gewann etwas Boden, wurde dann aber zur Stützung der erschöpften 34. Infanterie-Division auf Gonnelieu zurückgenommen. Insgesamt war die deutsche Front in die Abwehr gedrängt. Die schweren Kämpfe dauerten bis in die Nacht hinein. Ein kleiner Fortschritt war nur bei Masnieres zu verzeichnen, das von Norden und Süden eng umklammert wurde. Von dort verlief die Linie, in der nunmehr neun deutsche Divisionen1) gegen sieben bis acht britisches 'nebst Kavallerie und Tanks standen, zunächst ähnlich wie am 30. November abends, dann über Gonnelieu und in weitem Bogen um Villers Guislain herum auf Bend-huille.
Der Verlaus des zweiten Schlachttages hatte Oberste Heeresleitung und Heeresgruppe zu der Überzeugung gebracht, datz die Fortführung des Angriffs mit den verfügbaren Kräften kaum noch Aussicht auf Erfolg habe. Nach einem Ferngespräch mit General Ludendorsf erteilte General von Kühl am Abend des 1. Dezember in le Cateau die nötigen Weisungen. General von der Marwitz befahl daraufhin: „Der Angriff
1) 30. I. D., 9. R. D., 220., 28., 185. Z. D., 9. b. R. D., 34., 208., 183. g. D.
2) 6., 29., 20., 12., Garde, 61., vermutlich 36., vielleicht auch 51. Div.
Ende des deutschen Gegenangriffs.
143
wird am 2. Dezember nicht fortgesetzt. Das gewonnene Gelände ist zu halten. Gruppe Caudry hat Masniöres und la Vacquerie im planmäßigen Angriff zu nehmen". Die schweren Batterien der Gruppe Busigny wurden noch in der Nacht über die Schelde zurückgenommen.
Der 2. Dezember brachte nachmittags erfolglose britische Vorstöße am Bourlon-Walde. Über Masnieres, das der Gegner nachts geräumt hatte, konnte die deutsche Front gegen Marcoing vorgeschoben werden. Bei la Vacquerie griff der Engländer nachmittags an; im Gegenstoß erreichten Teile der 9. Reserve- und 28. Infanterie-Division den Südrand des Dorfes. Die nicht stark angegrjffene Gruppe Busigny nahm die westwärts von Villers Guislain noch zäh haltenden, gefährdeten Teile der 208. Infanterie-Division auf dieses Dorf zurück.
Am 3. Dezember wurde vor Marcoing das östliche Kanal-Afer erreicht. Die 28. Infanterie-Division eroberte durch ein geschickt angelegtes Unternehmen das heißumkämpfte la Vacquerie. General von der Marwitz hielt jetzt die Zeit für gekommen, auch den von drei Seiten umfaßten Bourlon-Wald durch planmäßigen Angriff zu nehmen; er setzte ihn aus den 9. Dezember fest. Aber bereits in der Nacht zum 5. räumte der Gegner, zunächst unbemerkt, diesen Wald und das ganze Gelände bis Sraincourt—Marcoing, letzteren Ort ausschließlich. Die deutschen Truppen stießen teilweise unter Kämpfen nach. Mit der Einnahme von la Iustice1) und Marcoing am 6. Dezember fand die Vorwärtsbewegung in der ungefähren Linie Graincourt—Marcoing ihren Abschluß. Die Lage begann sich zu beruhigen. Man fing an, die bei der 2. Armee zusammengeballten Kräfte wieder aus die Eesamtfront des Westheeres zu verteilen. Angesichts des bei St. Quentin immer noch erwarteten Angriffs wurde unter dem Generalkommando des XXIII. Reservekorps auf dem linken Flügel der 2. Armee aus den Gruppen Quentin und Oise eine besondere „Armeegruppe Etreux" gebildet. Der Feind griff hier aber nicht an.
Z. Betrachtungen.
Insgesamt hatte die Schlacht bei Cambrai der deutschen Seite rund 41000 Mann gekostet, davon 14000 beim Gegenangriff. Die Beute zählte etwa 9000 Gefangene, 165 Geschütze, 200 Minenwerfer, 600 Maschinengewehre und 90 Tanks. Dem stand ein britischer Verlust von insgesamt rund 45000 Mann2) und eine Beute von 11000 Gefangenen, 145 Ge-
2. Dezember.
3. bis 8. Dezember.
*) Gehöft bei Punkt 76 füdl. von Anneux.
2) Errechnet nach den Derlustangaben der „Times".
144
Her Krieg im Westen. Schlacht bei Cambrai.
schützen und einer unbekannten Zahl von Minenwerfern und Maschinengewehren gegenüber. Der britische Geländegewinn war durch den deutschen Erfolg zu einem grohen Teil wieder ausgeglichen. Rein äußerlich betrachtet wogen die Ergebnisse einander ziemlich aus. Seinem inneren Werte nach aber überwog der deutsche Angrifsserfolg erheblich den vorangegangenen englischen; nach 17 Monaten der reinen Abwehr wirkte er als erster von größerer Bedeutung belebend und belehrend auf Führung und Truppe.
Der britische Überraschungsangriff gegen eine stark ausgebaute, aber nur schwach besetzte deutsche Front war nach sorgfältigster Vorbereitung in erster Linie durch Masseneinsatz von Tanks (über 400 gegenüber etwa 50 bei Arras und 100 in der Schlacht an der Aisne und in der Champagne) gelungen, allerdings ohne die gesteckten Ziele voll zu erreichen. Der nach zehn Tagen folgende, ebenfalls auf Überraschung aufgebaute deutsche Angriff war ohne die Möglichkeit gründlicher Vorbereitung mit verhältnismäßig recht bescheidenen Mitteln geführt worden und gleichfalls nach Anfangserfolgen steckengeblieben. Hatten Enlgänder und Franzosen alle Angriffe des Jahres 1917 nicht nur mit insanteristischer, sondern vor allem mit der gewaltigen artilleristischen Überlegenheit von mindestens 2:1 (bei Wytschaete sogar beinahe 4:1) begonnen, so war der deutsche Angriff am 30. November ohne artilleristisches Übergewicht durchgeführt worden. Auch die stürmende Infanterie war zahlenmäßig kaum stärker gewesen als die des britischen Verteidigers, Tanks aber, die ihr den Weg hätten bahnen können, gab es auf deutscher Seite noch nicht. Wenn trotzdem ein taktischer Erfolg errungen wurde, der dem britischen vom 20. November etwa gleichkam, so war das neben überlegener Führungskunst der Tüchtigkeit der deutschen Truppe zu verdanken, die trotz vorangegangener zermürbender Abwehrkämpfe und knapper Verpflegung immer noch von vorbildlichem Angriffsgeist beseelt war.
Gewiß ist nicht alles so gegangen, wie es beabsichtigt war und bei eingehenderer Vorbereitung wohl auch erreichbar gewesen wäre. Die Gründe dafür lagen in erster Linie in der von der Obersten Heeresleitung mit Recht erhobenen Forderung schnellsten Handelns. Ohne dieses hätte die Überraschung, die die wesentlichste Vorbedingung des Erfolges war, kaum gelingen können; bei der Nordgruppe, wo sie fehlte, kam der Angriff nicht vorwärts. Den Bourlon-Wald auszuschalten und den Angriff westlich davon zu führen, war gewiß richtig. Der Gedanke, den Nordangriff gegenüber dem Ostangriff zeitlich zu staffeln, hat sich aber als wenig glücklich erwiesen. Es kam hinzu, daß Vergasung und Vernebelung nicht hielten, was man von ihnen erwartete. Sobald die vorderste feindliche
Betrachtungen.
145
Stellung überschritten war, hatten sich in Ausbildung und Ausrüstung der deutschen Truppen für den Angriff Lücken fühlbar gemacht. So blieb das beispielhafte Vorwärtsstürmen von Teilen der 34. Infanterie-Division gegen Fms ungenutzt. Hauptursache des Rückschlages bei Gouzeaucourt aber waren wieder die feindlichen Tanks, gegen die wirksame Abwehrmittel um so mehr fehlten, als ausreichende Artillerie und Munition über die wenigen Schelde-Übergänge erst spät herankamen. Auch hat die Erbeutung reicher englischer Vorräte Teile der kaum genügend verpflegten deutschen Truppe abgelenkt. Dazu kam im weiteren Verlaus die zunehmende Verstopfung der Brücken, die Reibungen in der Befehlsübermittlung, Stockungen im Vorkommen von Truppen wie im Nachschub jeder Art mit sich brachte. Auch die Leistungsfähigkeit der Kolonnen ließ zu wünschen übrig. Wertvolle Erfahrungen waren gemacht worden; sie sollten die Grundlage werden für das künftige Angriffs-verfahren.
Alles in allem stellte der Gegenangriff bei Cambrai einen Erfolg dar, auf den Führung und Truppe stolz sein konnten. Der deutsche Gegenschlag hatte den nachteiligen Eindruck des feindlichen Tanküberfalls völlig verwischt. Zum erstenmal waren im Westen starke deutsche Streitkräste aus der Abwehr zum umfassenden Gegenangriff übergegangen. Sie hatten dabei gezeigt, daß sie auch ohne weitgehende Vorbereitung und mit geringeren Mitteln als der Feind Erfolge zu erringen vermochten.
D. Das Ergebnis der großen Abwehrschlachten.
Mit der fast fünf Monate dauernden Schlacht an der Somme hatte am 1. Juli 1916 die lange Reihe schwerer Abwehrkämpfe im Westen begonnen. Die Frühjahrsschlacht bei Arras und die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne hatten den Höhepunkt des gegnerischen Ansturms dargestellt, das dreieinhalb Monate währende Ringen in Flandern, im Großen gesehen, den Abschluß. Daneben waren drei schwere Angriffe vor Verdun, sowie die gegen den Wytschaete-Bogen, die Laffaux-Ecke und bei Cambrai aufzufangen gewesen. In jedem Falle waren starke Verluste, dabei vor allem auch hohe Einbußen an Gefangenen und Gerät eingetreten. Eine Zusammenstellung ergibt etwa folgendes Bild der Verluste an Toten und Verwundeten*):
l) Zahlen nach Trupxenmeldungen, von denen die Angaben des Sanitätsberichts über das deutsche Heer im Weltkriege vielfach abweichen (vgl. Bd. XI, 6.407); Zahl der Vermißten, soweit deutsche Unterlagen fehlen, nach feindlichen Angaben über Gefangene.
HXlHtlcg. XIII. (Bb. 10
146
Der Krieg im Westen.
1916: Schlacht an der Somme 500000 Mann, davon
75000 Vermißte.
Oktober: Schlacht vor Verdun..................... 11000 Mann, davon
6700 Vermißte.
Dezember: Schlacht vor Verdun 14000 Mann, davon
9000 Vermißte.
1917: Frühjahrsschlacht bei Arras 85000 Mann, davon
18000 Vermißte.
Doppelschlacht an der Aisne und in der
Champagne....................................... 163000 Mann, davon
37000 Vermißte.
Verlust des Wytschaete-Bogens........... 25000 Mann, davon
10000 Vermißte.
Schlacht in Flandern.................... 217000 Mann, davon
48000 Vermißte.
August-Schlacht vor Verdun.............. 35000 Mann, davon
11000 Vermißte.
Verlust der Lasfaux-Ecke................ 18000 Mann, davon
10000 Vermißte.
Schlacht bei Cambrai (ohne Gegenangriff) 27000 Mann, davon
10500 Vermißte.
Die Gesamtverluste, des Westheeres hatten seit dem 1. Juli 1916 die gewaltige Höhe von 1788000 Mann erreicht, davon 501000 Tote und Vermißte. Dem stand eine Beute von rund 100000 Gefangenen gegenüber. Die gegnerischen Verluste hatten rund 2000000 Mann betragen, davon zwei Drittel Engländer.
Operativ hatten die Gegner nichts erreicht. Auch ihr Versuch, die deutsche Kraft durch fortgesetzte Angriffe abzunutzen, war trotz gewaltiger Überzahl an Menschen und Gerät nicht zu ihrem Vorteil ausgeschlagen;
ihre eigene Kraft hatte mindestens ebenso gelitten wie die deutsche. Das
Ziel, das man sich gesteckt hatte, lag noch in weiter Ferne. Die Zähigkeit der deutschen Gegenwehr hatte sich stärker erwiesen als vorausgesehen; denn das deutsche Westheer, Führer wie Truppen, hatten in oft hoffnungslos erscheinender Lage eine Widerstandskraft und ein Heldentum gezeigt, das nicht übertroffen werden kann.
Hatten die Großkämpfe der Sommer- und Herbstmonate jeweils noch erhöhte Kampftätigkeit auch bei den Nachbar-Armeen ausgelöst, so trat nach der Räumung des Chemin des Dames am 2. November, dem
Ergebnisse der Abwehrschlachten.
147
Abklingen der Schlacht in Flandern um Mitte November, der Abweisung des letzten französischen Vorstoßes bei Verdun am 25. November und dem Ende der Kämpfe bei Cambrai am 6. Dezember nach und nach an der ganzen Westfront Ruhe ein, nur gelegentlich noch unterbrochen durch Patrouillenunternehmen zur Feststellung feindlicher Truppenverschiebungen. Aus weiten Strecken wurden die Kampfzonen durch Zurücknahme der Hauptwiderstandslinie und Einrichtung eines davorliegenden Vorfeldes von genügender Tiefe neu geregelt. Im übrigen bereiteten sich beide Seiten aus neue Großkämpse im Frühjahr 1918 vor, bei denen dann aber die Deutschen die Angreifer sein würden.
10*
IV. Der Rrieg im Osten.
Juni.
A. Die Abwehr der Rerenski-Dffensive.
Beilagen 13 und 14.
Seit Ansang Juni rechneten die Oberste Heeresleitung und die Befehlshaber im Osten in zunehmendem Maße mit Wiedererstarkung des russischen Heeres und baldiger großer Offensive, vor allem in Oftgalizien1); das nächste Ziel schienen Lemberg und die Ölquellen von Drohobycz zu sein. Diesen Angriff wollte man nicht nur abwehren, sondern man hoffte, im Anschluß daran durch Gegenangriff die ganze russische Front in weitem Umfange einstürzen zu können. Über die Kräfteverteilung beim Gegner wie auch über seine Absichten im einzelnen war man durch den ununterbrochenen Verkehr von Graben zu Graben ungewöhnlich gut unterrichtet. Man rechnete gegen die zunächst nur 24 V, Infanterie- und 21/, Kavallerie-Divisionen starke Heeresgruppe Böhm-Ermolli") mit 51 Infanterie- und 5Kavallerie-Divisionen der russischen 11. und 7. Armee, wobei der Hauptstoß gegen die deutsche Südarmee des Generalobersten Grafen von Bothmer (Chef des Generalstabes Oberst Ritter von Hemmer) erwartet wurde. Hier standen aus 65 Kilometer Breite zehn Divisionen, davon drei österreichisch-
1) Bd. XII, S. 505f.
2) Gliederung der Ostfront Ende Juni:
Hgr. Mackensen mit bulg. 3. und deutscher 9. Armee (16 I. D., 1 K. D.) zwischen Schwarzem Meer und Karpaten;
Heeresfront Erzherzog Josef mit ö.-u. 1. und 7. Armee (19 I. D., 8 K. D.), anschließend daran die Grenzen Ungarns deckend;
Oberbefehlshaber Ost, unter ihm:
ö.-u. Hgr. Böhm-Ermolli mit ö.-u. 3., deutscher Süd- und ö.-u. 2. Armee (26 g. D., 37j K. D.) in Ostgalizien;
Hgr. Linsingen mit ö.-u. 4. Armee und 2 deutschen Armeegruppen (22 8- D., 3 K. D.) anschließend auf russischem Gebiet bis südlich von Pinsk;
Hgr. Woyrsch mit A. Abtlgn. Gronau, Woyrsch und Scheffer (16 I. D., 3 K. D.), anschließend bis südlich von Wilna;
Hgr.Eichhorn mit 10.Armee, A.Abt.v und 8.Armee (27V, 3-D., 3 K. D.) in Litauen und Kurland.
gn Erwartung der Kerenski-Offensive.
149
ungarische und eine türkische, zur Abwehr bereit, rechts und links davon waren die Fronten besonders der ö.-u. Z., aber auch der ö.-u. 2. Armee erheblich schwächer besetzt, sie litten auch unter der teilweise verminderten Kampfkraft ihrer fast ausschließlich österreichisch-ungarischen Divisionen.
Am 29. Juni setzte gegen die Südarmee beiderseits der Zlota Lipa und bei rs. g»»r. Koniuchy, hier auf den Südslügel der ö.-u. 2. Armee übergreifend, Artillerie-Feuer von einer Stärke ein, wie man sie auf dem östlichen Kriegsschauplatz noch nicht erlebt hatte. Umfangreiche Stellungsteile wurden zertrümmert. Zahlreiche russische Erkundungsvorstöße und Teilangrisfe konnten aber abgewiesen werden. Der Oberbefehlshaber Oft stellte der Südarmee zwei bisher zurückgehaltene Divisionen zur Verfügung. Das russische Feuer dauerte während der beiden folgenden Tage mit unverminderter Heftigkeit an, vor allem gegen die Stellungen vor Brzezany und bei Koniuchy*).
Auf russischer Seite hatte General Alexejew am Z. Juni, kurz vor seiner Enthebung von dem Posten des Obersten Befehlshabers^), die grundlegende Weisung für die geplante große Offensive erlassen. Den entscheidenden Angriff sollte die Südwestfront^) in der Richtung aus Lemberg führen, aber auch die Rumänische, sowie die West- und die Nordfront, letztere nur in der Form eines Nebenangriffs, sollten angreifen. Bis etwa zum 2. Juli, hoffte man die Truppen soweit wieder in der Hand zu haben, daß die Offensive beginnen könne.
l) Gliederung der angegriffenen Front:
Linker Flügel der Südarmee:
Gen.Kdo. türk. XV. Korps (Genmaj. Djewad Pascha) mit türk. 20. F. D.;
Gen.Kdo. XXV. R. K. (Genlt. von Heineecius) mit 15. und 24. R. D.;
Gen.Kdo ö.-u. XXV. Korps (Feldmlt. Hofmann) mit ö.-u. 55. und 54. F. D., dahinter 241. g. D.
Rechter Flügel der ö.-u.2.Armee:
Dvm Abschnitt Floczow unter Gen.Kdo. des I.A. K., Gen. d. Fnf. von Winckler:
Gen.Kdo. ö.-u. IX. Korps (Feldmlt. Kletter) mit ö.-u. 19. und 32. F. D., dahinter 223. g. D.
') Bd. XII, S. 511.
8) Gliederung des russ.Heeres (einschl. rumän.Armee) Ende Juni:
Nordfront unter Gen. Klembowski mit 12. und 5. Armee (zusammen 39 g. D. und 8 K. D.);
Westfront unter Gen. Denikin mit 3., 10. und 2. Armee (zusammen 47 g. D. und 4K.9.);
Südwestfront unter Gen. Gutor mit Besonderer, 11., 7., 9. und 1.Armee (zusammen 90 g. D. und 17 K. $>.);
Rumänische Front unter König Ferdinand (Genst.Ches russ. Gen. Schtscherbat-schew) mit 9., rum. 2., 4., in der Bildung begriffener rum. 1. und 6. Armee (zusammen 45V, g. D. und 81/, K. D.).
150
Der Krieg im Osten. Kerenski-Offensive.
16. gnni.
Am 9. Juni setzte der Nachfolger in der Heeresleitung, General Brussilow, den Beginn des Angriffs für die Südwestftont auf den 23., für die übrigen Heeresfronten auf den 28. Juni fest. Dieser Zeitpunkt wurde aber für die Südwestsront, nach der sich die anderen zu richten hatten, bald darauf aus den 25. Juni und dann noch weiter verschoben, da der Kriegsminister Kerenski vorher noch die Angrifsskorps aufsuchen und durch anfeuernde Reden aus ihre Aufgaben vorbereiten wollte. Diesen Ansprachen folgten die Soldaten meist mit Begeisterung; sie versprachen, den Befehlen ihrer Vorgesetzten zu gehorchen.
j. Die Rümpfe der Heeresgruppe Böhm-Ermolli.
Für den Angriff der russischen Südwestfront hatte General Gutor am IS. Funi folgende Aufgabe gegeben1): Besondere Armee (General Balujew mit 15 Infanterie- und 5 Kavallerie-Divisionen): Fesselung des Gegners; 11. Armee (General Erdeli mit 27 Infanterie-und 2 Kavallerie-Divisionen): Durchbruch über die Linie Zborow— Koniuchy, Erweiterung des Erfolges in nördlicher und nordwestlicher Richtung, Wegnahme von Zloczow und Vorgehen in der Richtung auf Lemberg; 7. Armee (General Bjelkowitsch mit 18 Infanterie- und 3 Kavallerie-Divisionen) : Durchbruch im Abschnitt von Brzezany und Vorgehen in der Richtung auf Lemberg; 8. Armee (General Kornilow?) mit 18 Infanterie- und 3 Kavallerie-Divisionen): Angriff des rechten Flügels in das Lomnica-Tal und weiter über Kalusz auf Bolechow, im übrigen Sicherung der Flanke des Angriffs. Als Reserven der höheren Führung waren im ganzen sieben Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen, dabei vor allem die beiden Sardekorps, ausgeschieden. Die Stärke der zur Verfügung stehenden Artillerie ist nicht bekannt; jedenfalls war alles herangezogen worden, was nur möglich war, darunter die gesamte Heeresartillerie. An der Durchbruchsfront der 11. und 7. Armee rechnete man mit vierfacher infanteristischer Überlegenheit.
Der Beginn der Artillerie-Vorbereitung, bei der nach Kalibern und Zahl der Rohre schwere Artillerie in bisher an der Ostfront nicht dagewesenem Umfange mitwirkte (im Hauptangrisfsraum der 11. und 7. Armee je Kilometer 29 Geschütze, davon 9 schwere), wurde endgültig für den 29. Juni, der des Infanterie-Angriffs bei der Besonderen, 11. und 7. Armee
i) Die Stärken der Armeen haben sich bis zum Beginn des Angriffs teilweise noch geändert (vgl. Veil. 14).
!) Im Sommer 1916 aus österreichisch-ungarischer Gefangenschaft (Bd. VIII, 6.408) entwichen.
Der russische Einbruch bei der Heeresgruppe Döhm-Ermolli.
151
für den 1. Juli, bei der 8. Armee für den 8. Juli, besohlen. Die Zeiten wurden auch innegehalten, obgleich sich noch bedenkliche Reibungen dadurch ergaben, daß jede Anordnung immer wieder abhängig war vom Verlauf von Versammlungen sowie von Verabredungen zwischen Kerenski und den durch Kommissare und Ausschüsse dauernd überwachten militärischen Befehlshabern.
Am Vormittag des heißen l.guli begann der russische Infanterie-Angriff, den vor allem die 7. und 11. Armee führten. Südlich von Brze-zany brachen die Sturmwellen um 10° vormittags gegen die türkische 20. Division und die 24. Reserve-Division, etwas später auch gegen die iS. Reserve-Division vor; weiter südlich hatte die Truppe den Angriff verweigert. Bis zum Abend waren die Türken nach erbitterten Rah-kämpfen gegen eingebrochenen Feind wieder im Besitz ihrer Stellungen. Die 15. Reserve-Division hatte vormittags alle feindlichen Angriffe abgeschlagen; nachmittags kam ein nach stärkster Artillerie-Entfaltung geführter russischer Massenstoß erst im Feuer rückwärtiger Maschinengewehrnester zum Stehen, ein Gegenstoß warf den Feind von den erstürmten Höhen alsbald wieder hinunter. Bei der 24. Reserve-Division war der Gegner im Tale und beiderseits der Zlota Lipa schon vormittags in die Stellungen eingebrochen und seitdem in unentschiedene Kämpfe verstrickt. Als er von 5° nachmittags an weiter Boden gewann, geboten ihm Teile der eingreifenden 241. Infanterie-Division um 9° abends noch gerade zu rechter Zeit Halt. Die Kämpfe dauerten hier, wo es den wichtigen Verkehrsknotenpunkt Brzezany zu decken galt, bis in die Nacht hinein an.
Weiter nördlich, wo in breiteren Abschnitten vier österreichisch-ungarische Divisionen standen, drang der Feind um 6° abends in die Front der ö.-u. 55. und 54. Infanterie-Division ein, die ihn jedoch im wesentlichen aus eigener Kraft wieder zurückwarfen. Unterdessen aber waren die Russen bei der ö.-u. 19. Infanterie-Division eingebrochen und schwenkten nach Süden aus Koniuchy ein. Nunmehr im Rücken gefaßt, brach auch der Nordflügel der ö.-u. 54. Infanterie-Division zusammen. Beiderseits von Koniuchy klaffte eine elf Kilometer breite Lücke. Aber der Gegner drängte jetzt nicht weiter; seine Soldatenräte hatten beschlossen, zur Vermeidung weiterer Verluste für die Vollendung des Sieges die Nacht abzuwarten. Das kam der zerrissenen Abwehrfront zugute. Die 223. Infanterie-Division war bereits auf Koniuchy in Marsch gesetzt, ebenso die Reserve des ö.-u. XXV. Korps sowie die nördlich des Abschnitts Zloczow bereitgestellte 96. Infanterie-Division. Den vordersten Teilen dieser Verstärkungen gelang es, die Einbruchstelle abzuriegeln; zum Gegenangriff aber reichten die Kräfte einstweilen nicht.
152
Der Krieg im Osten. Kerenski-Offensive.
L. Juli.
3. bis 7. Juli.
Am 2. Juli kam es bei der Südarmee nur noch zu Nahkämpfen, in denen Initiative und Erfolg mehr und mehr an die Truppen der Mittelmächte übergingen. Die Krise war überwunden. Anders bei der ö.-u. 2. Armee, wo der Gegner seine Angriffe fortsetzte und dabei nun auch den linken Flügel der ö.-u. 19. Infanterie-Division über den Haufen warf, eine Brigade, deren Mehrzahl Tschechen waren. Gegen sie hatte er die aus österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen gebildete Tschechoslowakische Schützen-Brigade2) eingesetzt, der ihre Landsleute keinen großen Widerstand entgegensetzten. „Die Tschechen taten auf beiden Seiten ihre Pflicht — urteilte später eine halbamtliche tschechische Schrift2) über solches Verhalten. Ihren leichten Erfolg weiteten die Russen sofort nach Norden bis zur Strypa gegen die ö.-u. 32. Infanterie-Division aus. Herankommende starke Teile der 96. Infanterie-Division singen die Weichenden auf und bildeten zusammen mit ihnen nach hin und her wogenden Kämpfen eine neue Abwehrfront, die bei Hodow an die 223. Infanterie-Division anschloß und nach Norden zum Strypa-Knie westlich von Zborow verlies. Teile der ö.-u. 32. Infanterie-Division und der 197. Infanterie-Division sperrten hier die Straße nach Zloczow.
Am 3. Juli und den folgenden Tagen fanden an der Front der Südarmee nur noch vergebliche russische Einzelvorstöße und Nahkämpfe statt, bei denen die Armee schließlich ihre alten Abwehrstellungen zurückgewann. Die Stoßkraft der Russen war erschöpft. Bei der ö.-u. 2. Armee mußten die beiden Divisionen des ö.-u. IX. Korps, deren Gefechtsstärke von 16000 aus 6700 Mann zusammengeschmolzen war, aus der Front gezogen werden. Das Generalkommando z. b. D. 51 unter Generalleutnant von Berrer übernahm den Abschnitt. Eine deutsche Division als Verstärkung war auf Lastkraftwagen von der südlich von Wilna stehenden Armee-Abteilung Schefser in Marsch gesetzt. Aber schon vor ihrem Eintreffen griff der Gegner am 6. Juli nach starker Artillerie-Vorbereitung unter Einsatz des I. Gardekorps auf der Front Koniuchy—Zborow nochmals an. Er hatte keinerlei Erfolg und ging am 7. Juli unter dem Drucke deutscher Gegenstöße in seine Ausgangsstellungen vom Tage vorher zurück.
Nach den ersten Erfolgen hatte der russische Ministerpräsident Fürst Lwow verkündet: „Der 1. Juli hat der ganzen Welt die Kraft des Revolutionsheeres gezeigt". Inzwischen aber konnte über den Mißerfolg der
!) Bd. X, S. 430.
2) Dr. Frant. 93. Steidler: „Zborow. Operationen der Tschechoslowakischen Brigade bei Zborow und Tarnopol im Jahre 1917", S. 79. — Der Tag von Zborow wurde später als der Geburtstag des tschechoslowakischen Heeres gefeiert,
Fortgang der Schlacht bei der Heeresgruppe Böhm-Ermolli.
153
7. und 11. Armee kein Zweifel mehr sein. Die Begeisterung des ersten Ansturms war erloschen. Zu weiteren Angriffen fehlten der Truppe fester Halt und Ausdauer. Die Soldatenräte erwiesen sich als unerträglicher Hemmschuh. Drückeberger in übergroßer Zahl befanden sich hinter der Front. Daß General Brussilow von seinen Unterführern mehr Härte und Tatkraft forderte, um den Kampfgeist wieder zu heben, und eine Reihe von Personalveränderungen in hohen Kommandostellen vornahm, konnte bei dieser Lage nichts helfen.
Unterdessen aber hatte sich weiter südlich ein neuer russischer Angriff « gegen die ö.-u. 3.Ar m e e*) des Generalobersten vonTersztyanszky vorbereitet, die hinter der zur Zeit nur wenig Wasser führenden Bystrzyca-Solot-winska aus 100 Kilometer Breite nur vier Infanterie- und eine Kavallerie-Division in der Front hatte. Hinter diesen österreichisch-ungarischen Verbänden standen als einzige Reserve Teile der 83. Infanterie-Division und die aus Italien abgekämpft und zunächst ohne Artillerie zugesührte ö.-u. 16. Infanterie-Division. Nunmehr wurde die erstere zur Stützung der überaus dünn besetzten Front ausgeteilt. Der Oberbefehlshaber Ost mahnte zu unbedingtem Festhalten der wichtigen Höhen unmittelbar nordwestlich des Eisenbahn- und Straßenknotens Stanislau; die Oberste Heeresleitung regte an, nötigenfalls rechtzeitig in die allerdings noch unfertige Stellung hinter der Lomnica auszuweichen. Aber bereits am 6. Juli, gleichzeitig mit dem letzten Angriff der russischen 11. Armee, sehte der Gegner bei Stanislau zum Angriff an.
Die russische 8. Armee unter General Kornilow mit insgesamt 18 Infanterie- und 3 Kavallerie-Divisionen, davon mindestens zehn Infanterie-Divisionen vor der ö.-u. 3. Armee, die übrigen vor der Heeres-front Erzherzog Josef, hatte im Rahmen der Gesamtossensive nur einen Nebenangrisf zu führen, der erst am 8. Juli beginnen sollte. Dazu hatte General Kornilow vor allem bei Stanislau, wo das westliche Bystrzyca-Ufer bereits in seiner Hand war, starke Kräfte zusammengezogen. Bon hier wollte er auf Kalusz und, da der Angriff der 7. Armee gegen die deutsche Südarmee inzwischen liegen geblieben war, weiter gegen deren rechte Flanke vorstoßen. Er begann den Angriff bereits am 6. Juli.
Dieser Tag brachte den Russen geringen Geländegewinn gegen das ö.-u. XIII. Korps. Weiter nördlich hielten die dünnen Linien der ö.-u.
*) Gliederung der ö.-u. Z. Armee am 6. Juli: ö.-u. S. g. $>.;
ö.u. XIII. Korps (Feldmlt. Edler von Schenk) mit ung. 42. und ö.-u. 36. I. ö.-u. XXVI. Korps (Feldmlt. von Hadfy) mit ö.-u. 15. g. D., ö.-u. 2. K. ©.; dahinter Teile der 83. H. D. und die p.-u. 16. H. D. (ohne Artl.).
154
Der Krieg im Osten. Kerenski-Offensive.
e. m. 11.3.11 15. Infanterie-Division, nur durch ein deutsches Regiment verstärkt, bis sie westlich von Stanislau am 8. Juli neuem Ansturm von sechs russischen Divisionen erlagen. Die weithin die Gegend beherrschende Iutrena-Höhe ging verloren. Zum Schutze ihres rechten Flügels setzte die Südarmee ihre letzten Reserven ein. Als die Russen dann am 9. Juli neue Erfolge nördlich der Bahn Stanislau—Kalusz errangen, entschloß sich Generaloberst von Tersztyanszky im Einvernehmen mit dem vorgesetzten Heeres-gruppenkommando und dem Oberbefehlshaber Ost, seinen linken Flügel hinter die schützende Lomnica zurückzunehmen, während der rechte im Gebirge zunächst noch stehenblieb.
Der Oberbefehlshaber Ost befahl, die neue Linie unbedingt zu halten, da sich sonst der taktische Erfolg der Russen operativ auswirken und die aus der Front der ö.-u. 2. Armee beabsichtigte große Gegenoffensive vielleicht zu spät kommen könne. Ihre Vorbereitung wurde durch die Ereignisse bei Stanislau ohnehin bereits in Mitleidenschaft gezogen; denn schon hatten zwei für sie bestimmte Divisionen (16. und 8. bayerische Reserve-Division) zur ö.-u. Z. Armee abgedreht werden müssen. Diese leitete die bayerische Division von Westen, die 16. Reserve-Division von Nordosten her auf Kalusz weiter. Die Ausladungen konnten dort allerdings erst am 10. oder 11. Juli beginnen. Bei der großenteils aus Ruthenen bestehenden ö.-u. 15. Infanterie-Division war die Gefechtsstärke von 7700 auf nur noch 800 Mann gesunken, 43 Geschütze waren verloren.
Die Südarmee entsandte eine zusammengesetzte Brigade aus Lastkraftwagen zur Stützung der Front bei Halicz. Dieser Ort und die umliegenden Höhen fielen aber bereits am 10. Juli in Feindeshand. Trotzdem war Generaloberst Gras Bothmer entschlossen, seine Stellungen auch weiter zu behaupten. Der Oberbefehlshaber Ost sah sich genötigt, von den anrollenden Angriffstruppen noch weitere deutsche Kräfte (20. und 42. Infanterie- und bayerische Kavallerie-Division) in den Raum hinter der ö.-u. 3. Armee abzudrehen. Auch der rechte Flügel dieser Armee sollte in den nächsten Tagen im wesentlichen hinter die Lomnica zurückgenommen werden.
Unterdessen hatte General Kornilow den Angriff fortgesetzt. Noch ehe aus Seiten der Mittelmächte ausreichende Verstärkungen heran waren, überschritt er am 11. Juli mit frischen Divisionen die Lomnica und nahm bereits um 7° vormittags in überraschendem Angriff Kalusz. Alle verfügbaren Reserven wurden eingesetzt, um diesen neuen russischen Erfolg zu begrenzen. Die 8. bayerische Reserve-Division baute im Halbkreis um die Stadt eine, wenn auch nur schwache Widerstandslinie auf, der erst allmählich weitere Verstärkungen zuflössen. Die 16. Reserve-Division sollte später
Ende der Schlacht bei der Heeresgruppe Böhm-Ermolli.
155
zur Wiedernahme von Kalusz einheitlich eingesetzt werden. Die Lage blieb aber ernst, denn das unzureichende Bahnnetz gestattete nur langsames und tropsenweises Heranführen von Verstärkungen.
Oberste Heeresleitung und Oberbefehlshaber Ost führten den Rück-schlag auf Versagen der Armeeführung zurück. Für Generaloberst von Tersztyanszky übernahm am 12. Juli Generaloberst Kritek den Befehl über die ö.-u. Z. Armee. Die Russen drängten an diesem Tage nicht weiter vor. Die nötigen Kräfte, um sie über die Lomnica wieder zurückzuwerfen, konnten aber vor dem 15. Juli nicht heran sein. Inzwischen errangen die Russen am 13. einen neuen Erfolg gegen Truppen des ö.-u. XIII. Korps, die bei Rowica noch auf dem Ostuser des Flusses hielten. Von Dolina herankommende Teile der bayerischen Kavallerie-Division halfen den Stoh aufzufangen. Unterdessen hatte wolkenbruchartiger Regen die Wege grundlos gemacht; die Lomnica schwoll hoch an und wurde damit zu einem ernsten Hindernis im Rücken der Russen bei Kalusz, aber auch der österreichisch-ungarischen und deutschen Truppen bei Rowica.
In der Nacht zum 16. Juli gingen die Russen unerwartet und unbemerkt bei Kalusz aus das Ostufer des Flusses zurück. Weiter südlich hatte inzwischen General Litzmann (Generalkommando XXXX. Reservekorps) den Befehl übernommen. Teile der ö.-u. 36. Infanterie-Division, unterstützt durch solche der 8. bayerischen Reserve-Division und der 20. Infanterie-Division, sollten am 17. Juli die Höhen um Rowica wiedernehmen, um dann die russische Stellung aus dem Ostuser der Lomnica nordwärts aufzurollen. Diesem Unternehmen warf der Gegner aber so starke Kräfte, vier Divisionen, entgegen, daß es aufgeschoben werden mußte. Es unterblieb schließlich ganz, da die 20. Infanterie-Division inzwischen zur Teilnahme an der großen deutschen Gegenoffensive abberufen wurde.
Die Kerenski-Offensive hatte nach Anfangserfolgen an der ganzen Front der Heeresgruppe Böhm-Ermolli mit Stillstand geendet. Wohl hatte General Brussilow am 8. Juli gleichzeitig mit dem Angriff seiner 8. Armee auch die Offensive der 7. und 11. Armee nochmals in Gang zu bringen versucht, aber hier verweigerte die Truppe neuen Angriff. Die Erfolge der 8. Armee hatten Heer und Volk mit neuer Hoffnung erfüllt. General Brussilow hatte ihr als Verstärkung das II. Gardekorps zugesandt, damit sie sich nordwärts gegen die Flanke der deutschen Südarmee wende. Kriegsminister Kerenski hatte gemahnt: „Laßt den Feind nicht zum Halten und Eingraben kommen." Aber die Angriffskrast der Truppe war nach den ersten gegen schwachen Feind verhältnismäßig leicht errungenen Erfolgen auch hier verbraucht, in Kalusz aufgefundene Vorräte an alkoho-
156 Der Krieg im Osten. Kerenski-Ofsenslve.
lischen Getränken hatten das übrige getan. 40000 Mann (nach russischen Angaben 14 v. H. ihres Bestandes) hatten die drei angreifenden Armeen der Südwestfront bei ihren vergeblichen Anstrengungen verloren.
Auf Seiten der Mittelmächte hatte die überwiegend aus deutschen Verbänden bestehende Südarmee, die zudem für die Abwehr des in erster Linie bei ihr erwarteten Angriffs noch besonders verstärkt war, ihre Stellungen in vollem Umfange behauptet; ihre Verluste betrugen 12500 Mann, davon mehr als 4000 Vermißte*). Die wesentlich schwächer besetzten Fronten der ö.-u. 2., vor allem aber der ö.Hi. 3. Armee2) hatten mehr oder minder große Geländeeinbußen erlitten; bei der letzteren erreichten sie mehr als 20 Kilometer Tiefe. Aber auch hier war der russische Ansturm durch Zuführung neuer deutscher Verbände überall zum Stehen gebracht worden, bevor er operativ bedenkliche Folgen haben konnte.
2. Die Rümpfe der Heeresgruppe Eichhorn.
Weit weniger noch als die Angriffe der russischen Südwestfront hatten die der Nord- und Westfront sowie der Rumänischen Front Erfolg, die denen der Südwestfront zeitlich alsbald folgen sollten. Sie verspäteten sich erheblich, da es bei der hinter der Front herrschenden Anordnung nicht gelungen war, die Truppen rechtzeitig bereitzustellen. General Brussilow hielt aber an ihrer Durchführung fest, wobei unter anderem Rücksicht aus die bevorstehende Offensive der Westmächte in Flandern mitsprach, für die ihm der 28. Juli als Tag des Artilleriefeuer-Beginns angegeben worden war. Schließlich bestimmte er als ersten Angriffstag bei der Nord- und Westfront den 22. Juli; höchstens zwei Tage später sollte die Rumänische Front angreifen; diese Zeiten wurden auch annähernd innegehalten. Der Nord- und der Westfront war Wilna als gemeinsames Angriffsziel gegeben. Dorthin sollten von Dünaburg aus die 5. Armee, aus dem Raume von Molodeczno der linke Flügel der 3. und die 10. Armee angreifen.
Auf deutscher Seite hatte die 10. Armee unter Generaloberst von Eichhorn (Chef des Generalstabes Generalmajor Frotscher) schon seit längerer Zeit einen russischen Angriff gegen die 65 Kilometer breite, aber nur mit fünf Divisionen besetzte Front des III. Reservekorps des
*) Deutsche Verluste 5400 Mann (davon 1900 Vermißte), österreichisch-ungarische 4600 Mann (davon 2300 Vermißte), türkische 2500 Mann (davon 50 Vermißte).
Die Verluste der ö.-u. 2. und 3. Armee waren nicht festzustellen.
a) Deutsche Südarmee: 55 km Front, 8 Divn. Div.Breite knapp 7 km; ö.-u. 2. Armee: 80 km Front, 8 Divn. u. 1 K. D., Div.Breite etwa 10 km; ö.-u. 3. Armee: 100 km Front, 4 Divn. u. 1 K. D., Div.Breite mehr als 20 km.
Erfolgreiche Abwehr bei der Heeresgruppe Eichhorn.
157
Generals der Infanterie von Carlowitz erwartet. Ihr standen — wie man annahm — 9 russische Divisionen in der Front und 11 bis 14 nebst starker Kavallerie in Reserve gegenüber. Trotzdem sah man, wie der Oberbefehlshaber Ost am 15. Juli nach Kreuznach meldete, dem Angriff mit Zuversicht entgegen. Am 19. Juli begann gegen den rechten Flügel der Korpssront südlich der Wilia eine wirkungsvolle Artillerievorbereitung durch etwa 90 russische Batterien und zahlreiche Minenwerfer. Russische Erkundungsvorstöße wurden abgewiesen. Am 20. und 21. Juli verstärkte sich das feindliche Artilleriefeuer gegen die beiden südlichsten Divisionsabschnitte. Mehrere Bataillone der Armee-Abteilungen Woyrsch und D sowie Feldartillerie der Armee-Abteilung Schefser wurden dem bedrohten Abschnitt als Reserven zugeführt*). In der Frühe des 22. Juli brach der Feind bei und beiderseits von Krewo bei der 16. Landwehr-Division zum Teil bis in die Artillerie-Stellungen durch, wurde aber meist schon im Lause des Vormittags in seine Ausgangsstellungen zurückgeworfen. Größeren Erfolg hatte er weiter nördlich gegen den Anschlußslügel zur 226. Infanterie-Division. Hier stand er gegen Mittag in einem über vier Kilometer breiten und zwei Kilometer tiefen Einbruchsbogen, während sein Angriff noch weiter nördlich, einige Kilometer südlich von Smorgon, wo die 226. Infanterie-Division von der nicht angegriffenen 14. Landwehr-Division durch flankierendes Artilleriefeuer unterstützt wurde, keinerlei Erfolg hatte. Gegen den Einbruchsbogen traten die herangeführten Reserven noch nachmittags von Südwesten her zu einheitlichem Gegenangriff an, stießen aber nach anfänglichen Erfolgen gegen 10° abends auf mehrere frisch eingesetzte feindliche Divisionen und blieben liegen. Am 23. Juli führten deutsche Einzelvorstöße zur Festigung und Verbesserung der Lage. Die Stoßkraft des Feindes schien zunächst erschöpft. Generaloberst von Eichhorn wollte mit dem Gegenangriff aber warten, bis ausreichende Kräfte bereit standen. Insgesamt flössen dem Kampfselde 23 Bataillone nebst zahlreichen Maschinengewehr- und Artillerie-Formationen zu. Weitere Verstärkungen, vor allem die Garde-Ersatz-Division aus dem Westen und die vom Oberbefehlshaber Ost aus Galizien überwiesene 75. Reserve-Division, wurden demnächst erwartet. Bevor sie heran waren, machte der Gegner am 25. Juli noch einen letzten Versuch, die Einbruchsstelle nordwärts zu erweitern. Dabei aber bröckelte seine Infanterie unter umfassendem deutschen Feuer mehr und mehr ab und gab schließlich den ganzen Geländegewinn wieder preis. Am Abend des Tages waren alle Stellungen wieder in der Hand
I. bis 25. Juli.
*) Besetzung des bedrohten Abschnittes vom rechten Flügel: 16. L. D., 226. Z. D., 14. L. D.
158
Der Krieg im Osten. Kerenski-Ofsensive.
21. Me 24. Juli.
24. anb 25. Juli.
des III. Reservekorps. Der Versuch des Feindes, die Front südlich der Wilia zu durchstoßen, war gescheitert. Die Kämpfe hatten die beteiligten deutschen Truppen aber doch mehr als 7000 Mann gekostet. Die blutigen Verluste der Russen dürften weit größer gewesen sein; ihr Heeresbericht hob hervor, daß russische Offiziere massenhaft gefallen seien.
Bei der Armee-Abteilung D des Generals der Infanterie Grafen von Kirchbach (Chef des Generalstabes Oberst von Kessel) lagen seit Anfang Juli Anzeichen für Angriffsabsichten der russischen 5. Armee vor. Dem Abschnitt des Generalkommandos z. b. V. 53 (General der Kavallerie Freiherr von Richthofen) bei Dünaburg gegenüberstehende russische Verbände, die sich der deutschen Frontpropaganda zugänglich gezeigt hatten, wurden durch zuverlässigere Truppen abgelöst. Der Oberbefehlshaber Ost erwartete den Angriff, den er als Rebenangriff einschätzte, für den er aber doch etwa siebeneinhalb russische Infanterie-Divisionen und drei Kavallerie-Divisionen als verfügbar annahm, südwestlich von Dünaburg, beiderseits der Bahn nach Wilna. Am 21. Juli war die Artillerieschlacht hier bereits in vollem Gange. Am 23. griff der Feind in einer Ausdehnung von zwölf Kilometern, wie Gefangene später aussagten, mit sechs Divisionen an, während viereinhalb dahinter noch in Reserve standen. Er brach an mehreren Stellen in die Abwehrfront ein, so daß vor allem an und östlich der Bahn Verstärkungen zur Stützung der Front eingesetzt werden mußten. Aber bald zeigte sich bei den Russen schnell wieder zunehmender Verfall. Schon am 24. Juli ließ ihr Druck nach; nachmittags wurden bereits rückgängige Bewegungen festgestellt. Die Einbruchsstelle wurde ohne Schwierigkeit ausgeräumt.
Bei Krewo-Smorgon sowohl wie bei Dünaburg war es der Heeresgruppe Eichhorn gelungen, ohne Mitwirkung nennenswerter Kräfte von anderen Heeresgruppen die weit überlegenen feindlichen Angriffe abzuweisen.
Damit war die große russische Offensive bei der Nord-, West und Südwestsront gescheitert. Der Angriff der Rumänischen Front, der erst am 24. Juli begann, brachte noch einen Anfangserfolg'). Aber bereits am 25. ließ General Brussilow aus Weisung des Kriegsministers Kerenski die Angrifssunternehmungen an allen Fronten einstellen. Die Abwehr der großen deutschen Gegenoffensive in Ostgalizien, die am 19. Juli mit voller Wucht eingesetzt hatte, nahm alle Kräfte in Anspruch.
!) Näheres hierüber im Zusammenhang mit der Schilderung des dort anschließenden deutschen Gegenangriffs. S. 180 ff.
Vorbereitung der Gegenoffensive.
159
B. Die Gegenoffensive in Dstgalizien.
Beilagen 15 und 16.
J. Der Durchbruchsangriff bei Zloczow.
Der Bruchpunkt in der Front der ö.-u. 2. Armee derHeeresgruppe Böhrn-Ermvlli am oberen Seret (Nebenfluß des Dniester) bot günstige Möglichkeiten für eine operativ wirksame Offensive auf dem westlichen Flußufer nach Südosten und damit in die Flanke der südlich anschließenden russischen Front. „Es war hier" — wie General Ludendorff schrieb1) — „eine der wenigen Stellen der Ostfront, wo mit geringen Mitteln, und mit diesen konnte man nur rechnen, ein größerer strategischer Erfolg möglich war. Der Gedanke ist kein Zeichen von besonderer Genialität, er ergab sich, wie so viele Gedanken, bei richtiger militärischer Schulung von selbst". Eine solche Offensive, allerdings mit starken Kräften und sehr weitem Ziel (Odessa), war daher schon im Dezember 1916 vom Oberbefehlshaber Ost vorgeschlagen und seitdem mehrfach erörtert worben2). Als nun am 24. Juni General Ludendorff bei Oberst Hoffmann anfragte3), ob er angesichts der russischen Angrifssvorbereitungen gegen die Südarmee bei einem Zuschuß von Divisionen aus dem Westen die Operation auf Tamopol auch jetzt noch machen und damit der erwarteten russischen Offensive begegnen könne, war dieser dazu sofort bereit, auch wenn er nur vier Divisionen erhalte«). General Ludendorff stellte fünf in Aussicht. Eeneralfeldmarschall Prinz Leopold von Bayern betraute den Befehlshaber im Abschnitt Zloczow, General der Infanterie von Winckler (Generalkommando des I. Armeekorps, Chef des Generalstabes Major Frantz) mit den ersten Vorbereitungen für den Durchbruch durch die russische Stellungsftont. Von derselben Kommandostelle schon früher gefertigte Vorarbeiten konnten die Grundlage bilden.
Die Oberste Heeresleitung stellte außer den zugesagten fünf Divisionen noch eine sechste, ein Generalkommando und Artillerie zur Verfügung und gab als Operationsziel die Linie Tarnopol—Czernowih. Die Heeresfront Erzherzog Josef hatte ebenfalls Artillerie sowie später eine Division zu geben. Alles Übrige muhte der Oberbefehlshaber Ost der
") Mitteilung vom November 1922.
*) Bd. XI, S. 385f. und 489ff.
') S. 38.
*) Mitteilung des Gen. Hoffmann vom Okt. 1922.
160
Der Krieg im Osten. Gegenoffensive in Ostgalizien.
eigenen Front entnehmen, wobei es angesichts des bevorstehenden russischen Angriffs fraglich blieb, inwieweit er auf Reserven der Heeresgruppe Böhm-Ermolli selbst zurückgreifen konnte. rs.g°ni. Am 29, Zum reichte die Heeresgruppe dem Oberbefehlshaber Oft den vom Abschnitt Zloczow für den Durchbruchsangriss aufgestellten Entwurf „Sommerreise" ein. Der Grundgedanke war: „Durchbrechen der feindlichen Linie vor dem linken Flügel des Abschnitts, Ausnutzung des Seret als Flankenschutz, Vordringen mit starkem linken Flügel am Seiet entlang nach Südosten, um so die russische Front möglichst weit aufzurollen. Ein Überschreiten des Seret war nicht beabsichtigt"'). Das Angriffsgelände, reichgegliedertes Hügelland mit Höhenunterschieden bis zu 100 Metern, bedeckt von zahlreichen Ortschaften, Gehöften und Waldstücken, bot taktisch in seinem Nordteil günstigere Verhältnisse für den Einbruch in die feindliche Front als in der Mitte und im Südteil. Auch das weitere Vordringen, in der linken Flanke gedeckt durch die an Seen reiche Seret-Niederung, hatte dort die besten Aussichten. Zwei etwa vier Kilometer hintereinander liegende, wie es schien, gut ausgebaute russische Stellungen waren zu überwinden; noch etwa 20 Kilometer weiter konnte der Gegner die Stellungen des Jahres 1915/16 zu neuem Widerstand ausnutzen. Nachteilig war, datz aus dem Abschnitt Zloczow nicht eine einzige feste Straße in der Angriffsrichtung führte.
In Anlehnung an den Angrisfsentwurf ordnete der Oberbefehlshaber Ost an, daß der Hauptstoß mit drei Westdivisionen, die schon bis zum 10. Juli aufmarschiert sein konnten, auf etwa sechs Kilometer breiter Front vom Nordflügel des Abschnitts Zloczow zu führen sei. Dahinter sollten ein zweites und drittes Treffen von Divisionen bereitgestellt werden, von denen starke Teile rechts einschwenkend die feindliche Front nach Süden auszurollen hatten, während eine Division und Heereskavallerie im Vorgehen „möglichst östlich des Seret" den Schuh der linken Flanke gegen Nordosten übernahmen; hierbei sollte die Heereskavallerie, als deren Kern die bayerische Kavallerie-Division bestimmt wurde2), „vielleicht aus Tarnopol" gehen. Schließlich hatten ein bis zwei Divisionen südlich des Hauptangriffs einen Nebenangriff gegen die Zlota Gora zu führen. Während nun Generaloberst von Böhm-Ermolli den Angriff erst e ginnen lassen wollte, wenn auch die Truppen des zweiten und dritten Treffens bereitstünden, entschied der Oberbefehlshaber Ost angesichts des
i) Mitteilung des Obst. a. D. Franh vom August 1928.
*) An berittenen Kavallerie-Verbänden hatte der O.B. Ost auher der buiicnw Division nur noch die im Küstenschutz am Rigaschen Meerbusen verwendete l.K.D. un die Leid-Hus. Brig.
Entwicklung des Angriffsplanes.
161
russischen Einbruchs bei Zborotv1) am 5. Juli, daß auf diese Divisionen nicht gewartet werden dürfe. Er bestimmte den 12. Juli als Angriffstag. Aber bald stellte sich heraus, daß der Artillerieaufmarsch bis dahin nicht beendet sein konnte; der Angriff mußte auf den 14. Juli verschoben werden.
Inzwischen wurde am 8. Juli die Lage bei der ö.-u. 3. Armee2) s. kritisch. Sie zu stützen war nur möglich, wenn man auf die zum Angriff bei Zloczow bestimmten Truppen zurückgrisf. Das wollte Generalfeldmarschall Leopold Prinz von Bayern2) aber vermeiden und den Dingen bei Kalusz daher ihren Laus lassen, selbst aus die Gefahr hin, daß die Russen bis an die Karpaten, möglicherweise sogar nach Ungarn hinein vordrangen; um so vernichtender würde sie die beabsichtigte Offensive in Flanke und Rücken treffen. Als ihm Oberst Hossmann aber vorstellte, daß die Oberste Heeresleitung den dabei möglichen, wenn auch nur vorübergehenden Verlust des Etappenhauptortes Stryj und des Erdölgebietes von Drohobycz, die schweren Schaden leiden könnten, nicht gutheißen könne, gab er schweren Herzens vier der für den Angriff bestimmten Divisionen, dazu die bayerische Kavallerie-Division*) und auch Artillerie zur Stützung der ö.-u. 3. Armee ab. Dieser Ausfall im Abschnitt Zloczow konnte zwar aus eigenen Kräften des Oberbefehlshabers Ost ersetzt werden, es ergaben sich aber erhebliche Änderungen in den Angrifssvorbereitungen. Am 9. Juli ließ General von Winckler melden, daß auch Reibungen in der Munitionszufuhr den weiteren Aufschub des Angriffs bis zum 16. Juli nötig machten. Damit erhob sich die neue Sorge, daß der Angriff in der beabsichtigten Form zu spät kommen könne, um das Vordringen der Russen nach Stryj und Drohobycz zu verhindern. Ein Gegenangriff über die Linie Chodorow—Rohatyn in südlicher Richtung wurde erwogen, auch wurden Vorbereitungen für diese Aushilfe getroffen, doch entschied Prinz Leopold im Vertrauen auf weiteres Standhalten der Südarmee, wie auf Besserung der Lage bei der ö.-u. 3. Armee, daß es bei dem ursprünglichen Plan zu bleiben habe. Run aber machte der am 13. Juli einsehende heftige Regen den schweren Lehmboden Ostgaliziens und damit alle Wege grundlos und ließ die Wasserläuse über die Ufer treten. Rechtzeitige Ausstattung der Batterien mit Munition war abermals in Frage gestellt. Der Angcisss-beginn mußte noch weiter, auf den 19. Juli, verlegt werden.
r) S. 151 f.
2) S. 153 f.
*) Persönliches Kriegstagebuch des Prinzen Leopold, Eintragung vom 9. Juli 1917.
*) „Es war ein Verhängnis, daß im Augenblick des Versagens der ö.-u. 3. Armee die Eisenbahntransporte derart liefen, dah nichts anderes übrig blieb, als die Transportzüge gerade der Kav. Div. abzudrehen. Andere Truppen wären zu spät gekommen". (Mitteilung des Obst. a. D. Brinckmann, damals 1. (Seilst.Off. beim O.B. Oft, vom Juli 1929.)
Weltkrieg. XIII. Bd.
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Der Krieg Im Osten. Gegenoffensive In Ostgalizien.
14.3«h. Unterdessen war der Oberbefehlshaber Ost mit seinem engeren Stabe bereits am 14. Juli in Zloczow eingetroffen, um bei dem fast ausschließlich von deutschen Truppen zu führenden Angriff „an Ort und Stelle eingreifen zu können, falls dies erforderlich werden sollte"1). Dadurch war allerdings das weiter rückwärts liegende österreichisch-ungarische Heeresgruppen- und zugleich Armee-Kommando Böhm-Ermolli im wesentlichen ausgeschaltet, doch wurde versucht, diesen Mißstand durch Innehaltung des Befehlsweges soweit als möglich zu mildern, denn der Oberbefehlshaber wie sein Chef des Generalstabes gehörten gerade zu denjenigen österreichischungarischen Generalen, die sich „dem deutschen Oberbefehl verständnisvoll und einsichtig unterstellt hatten und mit denen ein durchaus erfreuliches, auf gegenseitigem Vertrauen beruhendes Zusammenarbeiten bestand"1).
Hinsichtlich der operativen Ausnutzung des erwarteten Angriffserfolges gingen die Hoffnungen der Obersten Heeresleitung weiter als die des Oberbefehlshabers Ost. Sie hatte von Haus aus die Linie Czernowitz—Tarnopol als Ziel gesetzt und hoffte — je nachdem, wie die russischen Truppen sich schlagen würden — aus eine noch weiter reichende Operation. Der Oberbefehlshaber Ost dagegen sah die Vorbedingungen für so weitgesteckte Ziele nicht als gegeben an; Zahl und Stoßkraft der Truppen, ihre Ausstattung mit Fuhrpark und die Eisenbahnverhältnisse würden dafür nicht ausreichen, es sei denn, daß der Gegner sich nicht mehr schlage und den Kampf aufgebe. Darauf glaubte aber der Oberbefehlshaber Ost nach den Eindrücken, die er unmittelbar vorher von den russischen Truppen gewonnen hatte, nicht rechnen zu dürfen. So faßte er, in voller Übereinstimmung mit der Auffassung des Generalkommandos Winckler, nur ein Aufrollen der russischen Front aus dem Abschnitt Zloczow nach Süden ins Auge, wobei der Seret das Vorgehen nach Osten begrenzen sollte. Tarnopol, das durch einen See geschützt, schon jenseits des Seret liegt, konnte „vielleicht" durch östlich des Flusses vorgehende Heeres-kavallerie genommen werden. Im übrigen war das Streben, alle Kraft westlich des Seret zum Stoß nach Süden zusammenzuhalten. Im Sinne der Auffassung des Oberbefehlshabers Ost hatte der bei ihm eingesetzte Verbindungsoffizier, Major Freiherr von dem Bussche, am 9. Juli an die Oberste Heeresleitung gemeldet^). General Ludendorff versah die Mel-
x) Hoffmann: „Aufzeichnungen", II, S. 179.
*) Mitteilung des Obst. Brinckmann vom Juli 1929.
8) Über den Gedankenaustausch zwischen O. H. L. und O. B. Oft geben die Akten keinerlei Aufschluß i er hat offenbar nur am Fernsprecher stattgefunden. Maj. von dem Bussche hat seine Meldung noch beim Abschnitt Zloczow abgesandt, während der O. B. Oft in Brest weilte. Er gab aber offenbar dessen Auffassung wieder; denn hätte sich diese mit dem Gemeldeten nicht gedeckt, so würde er das zum Ausdruck gebracht haben.
Bereitstellung der Angriffstruppen.
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düng mit der Bemerkung: „Sehr verständig. Hoffentlich kommen wir doch weiter". In diesem Sinne nahm er in Aussicht, daß sich je nach dem Verlaus die Südarmee, vielleicht sogar die ö.-u. 3. Armee, dem Angriff anschließen sollten.
Am 19. Juli standen im Abschnitt Aloczow elf Divisionen, davon zwei österreich-ungarische, und eine verstärkte Kavallerie-Brigade mit insgesamt 830 Geschützen (davon 260 schwere), sowie 230 mittleren und schweren Minenwersern zum Angriff bereit1). Die von der österreichischungarischen Heeresleitung erbetene Heranziehung weiterer österreichisch-ungarischer Kräfte hatte der Oberbefehlshaber Ost wegen der bedrohten Lage an den österreichisch-ungarischen Frontabschnitten und auch deswegen abgelehnt, weil jene Verbände fast in jeder Hinsicht noch schlechter ausgestattet waren als die deutschen Stellungs-Divisionen.
Am die Überraschung bis zuletzt zu sichern, waren die Westdivisionen hinter dem Schleier der bisherigen österreichisch-ungarischen Stellungsbesatzungen bereitgehalten und sollten dann durch diese hindurch vorgehen, diese selbst sich dem weiteren Angriff eingliedern. Am die Aufmerksamkeit des Gegners abzulenken, war vor allem für die Südarmee in den Tagen vor dem Angriff und am Angriffstage selber, in geringerem Umfange auch für das nördlich an den Abschnitt Zloczow angrenzende ö.-u. V. Korps, gesteigerte Artillerietätigkeit angeordnet. Die Heeresfront Erzherzog Josef hatte eine ähnliche Mitwirkung als ihrer Munitionslage nicht entsprechend abgelehnt, wollte aber bei günstigem Verlaus der Offensive sich dieser mit dem rechten Flügel der ö.-u. 7. Armee in der Richtung aus Kuty-Wiznitz oder Kimpolung anschließen.
So war alles für das Durchstoßen der feindlichen Front bestens vor-
*) Gliederung der Angriffsfront am 19. Fuli (vom linken Flügel): anschließend an rechten Flügel des ö.-u. V. Korps (12. Ldw. D.):
Abschnitt Floczow, Een. d. Inf. von Winckler, Chef d. Genst.: Mas. Frantz, Een. d. Fußart.: Eenmaj. von Berendt:
Een. d. Inf. von Kathen (Gen. Kdo. XXIII. R. K.) mit 2. u. 1. G. F. D. u. 6. F. D., davor ö.-u. 33. F. D. als Ste llungsbesahung;
Eenlt. von Berrer (Gen.Kdo. 51) mit 5. F. D., dahinter 22. g. D.;
Eenlt. Wilhelmi (Kdr. 197. g. D.) mit Teilen der ö.-u.
22. I.D., 197. u. 237. g. D.
Ferner südlich von Fborow bereit, sich dem Angriff anzuschließen:
Eenlt. Hofmann (Gen.Kdo. des Beskiden-Korps) mit 96. u. 223. F. D.,
dann Südarmee.
11*
Dahinter als Reserven: L. Hus. Brig., 92. u. 42. Z. D.
19. guli
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Der Krieg im Osten. Gegenoffensive in Ostgalizien.
IS. Jon. bereitet, und auch für das weitere Ziel4), „den Nordslügel des russischen Heeresteiles südlich der Durchbruchsstelle so empfindlich wie möglich zu schlagen". Der Gedanke eines auf das Ostufer des Seret übergreifenden Vorgehens aber war mit dem Ausscheiden der bayerischen Kavallerie-Division auch vom Oberbefehlshaber Ost aufgegeben worden; General von Winckler hatte so weites Ausgreisen bei beschränkten Mitteln, die zudem wahrscheinlich nur für beschränkte Zeit zur Verfügung standen, ohnehin für unzweckmäßig gehalten. Die erst im letzten Augenblick herankommende Leib-Husaren-Brigade (900 Pferde) allein erschien für solche Aufgabe viel zu schwach, zumal da auch der Zustand ihrer Pferde sehr zu wünschen übrig ließ. Die Vorwärtsbewegung sollte also mit starkem linken Flügel am westlichen Seret-Üfer entlang geführt werden, wobei der Oberbefehlshaber Ost bei „raschem Vordringen in scharf südöstlicher Richtung wenigstens Teilen der noch in Gegend Stanislau befindlichen russischen Kräfte den Rückzug zu verlegen" hoffte.
Am 19. Juli um 3° früh begannen Artillerie und Minenwerfer die Vergasung der russischen Batterien und Stellungen in und hinter der Linie Harbuzow—Zwyzyn mit 90000 Schuß. Rach Hellwerden setzte um 5° das Wirkungsschießen von 540 Geschützen, etwas später auch von 180 schweren und mittleren Minenwersern ein; es dauerte bis 10°. Unterdessen gelang bereits um 730 ein zur Ablenkung angesetzter Vorstoß der nördlich anschließenden 12. Landwehr-Division, und im Süden erreichte um 9° die Gruppe Wilhelmi, unterstützt durch das Feuer von etwa 130 Geschützen und zahlreichen Minenwerfern, das ihr auf der Zlota Gora gesteckte Ziel. Vor der Gruppe Kathen zeigten sich Überläufer, auch rückwärtige Bewegungen wurden sichtbar. Die feindliche Artillerie antwortete nur ganz vereinzelt; reger Protzenverkehr deutete auf Abfahren der Batterien. So fand das Vorgehen der 2. und 1. Garde- sowie der 6. Infanterie-Division nur noch geringen Widerstand. Dem in großen Sprüngen vorverlegten Artilleriefeuer folgend, wurde die nur schwach besetzte russische I. Stellung überrannt, und bereits um ll40 wurde auch die II. Stellung genommen. Der planmäßige Einsatz von rund 250000 Schuh Brisanz-Munition hatte den Gegner derart beeindruckt, daß nur noch Sibirier in Zwyzyn vorübergehend Widerstand leisteten; im übrigen war er in vollem Abzüge. Auch vor den Truppen des Generals von Berrer wich er alsbald nach Süden und Süd-osten zurück. Es war ein drückend heißer Fulitag, aber rastlos sehte die deutsche Infanterie bis in die späten Abendstunden dem Feinde nach. Sie stieß nirgends mehr auf geregelten Widerstand. Man hatte den Eindruck,
!) Das folgende im wesentlichen nach einer Mitteilung des Obst. Brinckmann, vom Fuli 1929.
Der Angriff bei Floczow. Einbruch in die feindlichen Stellungen.
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dah der Gegner vielleicht schon vor Einsatz des Artillerieseuers mit der Räumung seiner Stellungen begonnen habe. Mit der Zlota Gora als Schwenkungspunkt, gelangte der Angriff mit dem linken Flügel noch über Zalozce hinaus. Rund 6000 Gefangene waren eingebracht, dazu zehn Geschütze.
In der Nacht zum 20. Juli ging wieder starker Regen nieder. In der 20.30». Frühe des Tages stellten Flieger den Abzug langer russischer Marsch- und Fahrzeug-Kolonnen sowie Bahntransporte auf Tarnopol fest. Zahlreiche Ortschaften und Magazine brannten. Während die ö.-u. 33. Infanterie-Division und die Leib-Husaren-Brigade den Flankenschutz am Seret übernahmen, erreichte die Angriffsfront aus grundlosen Wegen nach Überwindung großer Marschschwierigkeiten um 5° nachmittags unter Kämpfen Iezierna an der Bahn Tarnopol-Zborow. Damit war der vor dem Bes-kiden-Korps noch haltende Feind seiner wichtigsten rückwärtigen Verbindung beraubt. Östlich der Strypa wichen starke Teile nach Süden aus, westlich des Flusses bis zum Rordflügel der Südarmee bei Koniuchy, geriet die russische Front in Bewegung.
General von Winckler wollte auch weiterhin durch Druck von Norden mit dem Schwerpunkt am Seret des Feindes Verbindungen durchschneiden und dadurch die südlich anschließenden Teile seiner Front zum Einsturz bringen. Der Oberbefehlshaber Ost stellte ihm^die 92. Infanterie-Division für den weiteren Flankenschutz am Seret zur Verfügung, ließ die 42. Infanterie-Division hinter der Mitte der Angriffsfront nachführen und veranlaßte die Abbeförderung der 20. Infanterie-Division von der ö.-u. 3. Armee, bei der jetzt keine Gefahr mehr bestand1), über Iloczow auf Iezierna. Bei der Südarmee wurde die 15. Reserve-Division aus der Front gezogen, um später dem linken Flügel dieser Armee zu folgen.
2. Die Verfolgung, a) Anschluß der Südarmee und ö.-u. 3. Armee an das Vorgehen.
Am 21. Juli muhte der rechte Flügel der Verfolgung auf die Stel- 21.3011. hingen stoßen, die die Russen vor der Brussilow-Osfensive innegehabt hatten. Dort war voraussichtlich stärkerer Widerstand zu überwinden.
General von Kathen hatte daher bereits am Abend des 20. Juli vorgeschlagen, unterhalb von Zalozce den dort anscheinend kaum besetzten Seret-Abschnitt zu überschreiten, um die Russen dadurch zur Ausgabe des Widerstandes auf dem Westufer zu veranlassen und auch leichter in den
*) S. 155.
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Der Krieg im Osten. Gegenoffensive in Ostgalizien.
21. Juli.
22.3BK.
Besitz von Tarnopol zu kommen. General von Winckler hatte dieses Vorhaben seiner Gesamtaufsassung entsprechend abgelehnt. Er legte auf Tarnopol keinen Wert und wollte seine Kräfte für das Vorgehen westlich des Seret nach Süden scharf zusammenhalten. Sie stießen, wie erwartet, aus ernsteren Widerstand, zu dem die Russen auch Panzerkrastwagen einsetzten. In heftigen Kämpfen drängten I. Garde- und 6. Infanterie-Division den Feind zurück und näherten sich abends der westlich des Seret gelegenen Vorstadt von Tarnopol. Bei Iezierna durchbrach die Gruppe Berrer (5. und 22. Infanterie-Division) den russischen Abwehrriegel und erreichte um Mitternacht zusammen mit der Gruppe Wilhelmi (237. und 197. Infanterie-Division) östlich der Strypa die Bahn Tarnopol—Brzezany, die Zubringerlinie der russischen Front vor der Südarmee. Westlich der Strypa hatte vor allem die 223. Infanterie-Division gegen dort zusammengedrängte russische Massen zu kämpfen, denn auch südwärts bis zur Zlota Lipa war der Feind bereits im Weichen. Ihm folgend, schwenkte der Nord-flügel der Südarmee in die Angriffsftont ein. Die abendliche Luftaufklärung stellte fest, daß auch noch weiter südlich der Abmarsch des Gegners begonnen hatte. Aussagen zahlreicher Gefangener und Überläufer ergaben, daß große Teile der russischen Truppen ihren Vorgesetzten jeden Gehorsam verweigerten.
Am 22. Juli räumte der Gegner südlich von Brzezany die vor kurzem noch heiß umstrittene Front bis zur Gnila Lipa. Die gesamte Südarmee drückte in einer großen Rechtsschwenkung bis zum Dniester nach. Dabei hatte sie längs der Strypa, zusammen mit dem rechten Flügel des Abschnitts Zloczow, Kämpfe zu bestehen. Bei und südlich von Tarnopol wurde das Westuser des Seret erreicht. Auf dem Ostufer schien der Feind hartnäckigen Widerstand leisten zu wollen.
Unterdessen hatte der Oberbefehlshaber Ost bereits vormittags befohlen, den Angriff gegen Osten nur so weit fortzusetzen, daß der Besitz von Tarnopol, das nun einmal von der Obersten Heeresleitung als Operationsziel genannt war, gesichert sei; auf den Höhen östlich der Stadt, im übrigen aus dem westlichen Seret-User bis Zwyzyn sollte eine Dauerstellung zum Schuh der linken Flanke des nach Süden gerichteten weiteren Angriffs ausgebaut werden. Damit wurde der linke Flügel des Generals von Winckler in der Abwehr festgelegt. Er hatte für den 22. Juli Angriff auf Tarnopol besohlen, den aber General von Kathen erst nach Heranziehung ausreichender Artillerie und Munition am 23. durchführen wollte. Dann aber kam abends, auf Anregung des Abschnittskommandos Zloczow, ein neuer Befehl des Oberbefehlshaber Ost, der begann: „Für die Fortführung der Operation ist die östliche Richtung und damit auch Tarnopol
Verfolgung zwischen Dniester und Seret.
167
Nebensache, die südliche Richtung ist entscheidend. Der Schwerpunkt des Angriffs geht damit auf die Südarmee über". Zu ihr sollte vom Abend des 23. Juli an der bisherige rechte Flügel des Generals von Winckler (Beskidenkorps, Gruppe Wilhelmi und die heranzuziehende Leib-Husaren-Drigade) übertreten, ihr linker Flügel erhielt Trembowla als Ziel. General von Winckler, dem die 42. Infanterie-Division überwiesen wurde, hatte, entgegen den bisherigen Absichten, zur Deckung dieser Bewegung die allgemeine Linie Trembowla—Tarnopol zu gewinnen und sollte auch „anstreben", die Höhen zwischen beiden Orten, also in 30 Kilometer Breite das Ostuser des Seret zu nehmen1). Er verschob daraufhin den Angriff aus Tarnopol, um zunächst noch dem Vorgehen nach Süden schärfsten Nachdruck zu geben.
Am Abend des 22. Juli begann der Gegner auch vor der ö.-u. 3. Armee zurückzugehen. Für die Verfolgung wurde der Dniester als Trennungs-linie zwischen Südarmee und ö.-u. 3. Armee bestimmt, zwischen dieser und der Heeresfront Erzherzog Josef, deren ö.-u. 7. Armee sich inzwischen ebenfalls zum Angriff bereit machte, der Pruth.
Am 23. Juli schwenkte General von Winckler nach und nach auch mit dem rechten Flügel gegen den Seret ein. Bei der Gruppe Berrer gewann die 22. Infanterie-Division den Eindruck, daß das Ostuser des Flusses in der Gegend von Strusow nur noch schwach beseht sei, und legte Hand aus die dortigen Übergänge. General von Berrer sehte die 22. und 5. Infanterie-Division zum Angriff an, der aber jenseits des Flusses auf starken Widerstand stieß. Vor allem die erstere Division wurde in verlustreiche Kämpfe verwickelt, beide konnten nur wenig Raum gewinnen. Der im Anschluß an die Gruppe Berrer nachmittags auch für den Südflügel der Gruppe Kathen befohlene Angriff kam unter diesen Umständen nicht mehr zur Durchführung. Die Gruppen Wilhelmi und Beskidenkorps gewannen unter Kämpfen Gelände nach Süden. Mit zunehmender Entfernung von den Ausgangsstellungen waren die täglichen Fortschritte aber immer geringer geworden, vor allem, da nicht genügend Munition nach vorn gebracht werden konnte.
Die Südarmee folgte kämpfend russischen Nachhuten. Generaloberst Graf Bothmer forderte für die „ununterbrochene Fortsetzung der
*) Dieser zu dem Anfang des Befehls nicht recht passende Schluß ist vielleicht auf einen Eingriff der O. tz. L. zurückzuführen. Sicheres hat sich nicht feststellen lassen. — Gen. Ludendorff nahm zum Verlauf der Operation im ganzen in einer Mitteilung vom Aug. 1928 wie folgt Stellung: „So sehr ich mit der Führung des O. B. Oft vor Beginn des Angriffs einverstanden war, so hatte ich nachher nicht den gleichen günstigen Eindruck und glaubte treiben zu müssen und vor allem auch taktische Anweisungen geben zu müssen".
23. Juli.
168
Der Krieg im Osten. Gegenoffensive in Ostgalizien.
*3. gtiL Offensive mit starkem linken Flügel" höchste Leistungen von Truppe und Führung. Sein Fiel war, im Winkel zwischen Seret und Dniester möglichst viel vom Feinde zusammenzudrängen. Die ö.m. 3. Armee, vor der auf beiden Dniester-Afern völlig durcheinander geratene russische Verbände nach Osten eilten, stieß gegen die Bistrzyca-Solotwinska nach. Auf ihrem Nordflügel bildeten vor allem deutsche Divisionen unter General Litzmann den Schwerpunkt; sie hatten Horodenka als Fiel. Stanislau stand in Flammen; es galt, dem Feinde den Abmarsch aus den Karpaten zu verlegen.
b) Ausdehnung der Offensive auf die Heeresfront Erzherzog Joseph.
Der Angriff war wesentlich rascher vorwärts gekommen, als erwartet worden war. Ein am 23. Juli aufgefangener Funkspruch der russischen Südwestfront offenbarte den völligen Zusammenbruch der feindlichen ll. Armee. Im Zusammenhang mit den bisherigen Ergebnissen der deutschen Offensive schienen weitgehende Hoffnungen berechtigt. Generalfeldmarschall von Hindenburg gab seitens der Obersten Kriegsleitung am Abend des23.Juli folgende Weisung an den Oberbefehlshaber Ost:
„Der erste Teil der Operationen des Oberbefehlshabers Ost hatte vollen Erfolg. Die russische 11., 7. und 8. Armee ist ins Wanken gebracht. Zur Ausgestaltung dieses Erfolges kommt es nunmehr darauf an, durch Umfassung von Norden die- russische 7. und 8. Armee zu schlagen. Ein Überschreiten des, oberen Seret südlich Tarnopol ist hierfür wichtig. Die Heeressront Erzherzog Josef hätte hierbei die Russen-Rumänen gegen den südlichen ©ereth1) zu werfen, Heeresgruppe Mackensen nach Abwehr des Angriffs insonderheit die Rumänen anzugreifen und den unteren Sereth zu überschreiten."
Heeresfront Erzherzog Josef und Heeresgruppe Mackensen waren unterrichtet und hatten bereits begonnen, sich auf die neue Aufgabe vorzubereiten3).
84.3««. In der Nacht zum 24. Juli war wiederum sehr starker Regen niedergegangen. An diesem Tage3) gewannen die Truppen des Generals von
*) Nicht der Nebenfluß des Dnjefter, sondern der in die Donau mündende rumänische Sereth. Zur Unterscheidung ist der erstere am Schluß mit t, der letztere mit th geschrieben.
2) Weiteres über Hgr. Mackensen S. 180ff.
*) Gliederung der Verfolgungsfront (vom linken Flügel):
Abschnitt Zloczow der ö.-u. 2. Armee, Gen. d. Znf. von Winckler (Gen. Kdo.
I.A. K.):
Gruppe Genlt. Melior (Kdr. 92. g. D.) mit ö.-u. 33.1. D., 92. g. D.
Gen. Kd o. XXIII. R. K. (Gen. d. Inf. von Kathen) mit 2. u. 1. G. u. 6.1. D.
Gen. Kdo. z. b. 93. 51 (Genlt. von Berrer) mit 22. u. 42. g. D.
Reserve: 20, g. D.
Verfolgung auch südlich des Dniester.
169
Ninckler zwischen Trembowla und Tarnopol, zum Teil in schweren Kämpfen, weitere Seret-Übergänge. Der Druck ging von der Gruppe Berrer aus, die die 42. Infanterie-Division aus ihrem rechten Flügel neu einsetzte. Von der Gruppe Kathen konnte an diesem Tage nur noch die an der Eisenbahnbrücke südlich von Tarnopol angreifende 6. Infanterie-Division östlich des Flusses Raum gewinnen. Die zum Teil ebenfalls dort übergehende 1. Garde-Infanterie-Divisivn sollte am folgenden Tage Tarnopol von Süden her nehmen. Die Südarmee gelangte unter Kämpfen mit dem linken Flügel westlich von Trembowla über den Flujz; die wichtige Bahnlinie von Stanislau über Buczacz nach Osten vermochte sie nur bei Monasterzyska zu erreichen. Der Oberbefehlshaber Ost führte ihrem Nordflügel die 20. Infanterie-Division nach. Südlich vom Dniester wurde die Gruppe Sitzmann der ö.-u. 3. Armee, namentlich vor Stanislau, das der Gegner erst gegen Abend räumte, durch starken Widerstand und Geländeschwierigkeiten aufgehalten, während der rechte Armeeslügel bis an und über die Bistrzyca-Nadwornianska vorschwenken konnte.
Dementsprechend gab der Feind jetzt auch vor dem Nordflügel der Heeresfront Erzherzog Josef nach. Diese hatte den geplanten Vorstoß gegen Kuty-Wiznitz oder Kimpolung wegen der inzwischen an ihrem Südflügel eingetretenen Krise*) nicht durchführen können. Jetzt stieß der linke Flügel der ö.-u. 7. Armee4) des Generaloberst Köveh von Kövehhaza
Südarmee, Gen. Ob. Graf Bochmer.
Gen. Kdo. Beskidenkorps (Genlt. Hofmann) unter Auflösung der Gruppe Wilhelmi mit 237., 197., 96. u. 223. I. D., L. Hus. Brig.
Sen. Kdo. ö.-u. XXV. Korps (Feldmlt. Hofmann) mit ö.-u. 54. u. 55. Z. D.
Gen. Kdo. XXV. R. K. (Genlt. von Heineccius) mit 241. g. D., 4.Ers. Div. u. türk. 20. Div.
Gen. Kdo. XXVII. R. K. (Gen. d. Kav. Krug von Nidda) mit 53.u. 24. R. D. u. ung. 38. Div.
Reserve: 15. R. D.
ö.-u. 3. Armee, Gen. Ob. Kritek.
Gen. Kdo. XXXX. R. K. (Gen. d. Znf. Litzmann) mit 83. I. D., 16. R. D., ö.-u. 16. F. D., 8. b. R. D. u. ö.-u. 2. K. D.
Een.Kdo. ö.-u. XIII. Korps (Feldmlt. Edler von Schenk) mit ö.-u. 36. F. D., ung. 42. Div., ö.-u. 5. g. D. u. bayer. K. D.
») S. 163 und 181.
*) Gliederung der ö.-u. 7. Armee vom linken Flügel:
Gen. Kdo. ö.-u. XVII. Korps (Feldmlt. von Fabini) mit ö.-u. 30. u. 34. Z. D. u.
ö.-u. 8. K. D.
Gen. Kdo. Karpatenkorps (Genlt. von Conto) mit 200. u. 1. I. D.
©cn. Kdo. ö.-u. XXVI. Korps (Feldmlt. von Horsetzky) mit ung. 40. u. 59. g. D.
Gen. Kdo. ö.-u. I. Korps (Feldmlt. Krauh) mit ung. 11., ö.-u. 6. u. 5. K. D.; ung. 74.
u. 51. g. D.
170
Der Krieg im Osten. Gegenoffensive in Ostgalizien.
24.3«H. (Chef des Generalstabes Generalmajor Ritter von Steinitz) über den Pantyr-Paß nach und erkämpfte sich am Tartaren-Paß den Abstieg zum Oberlauf des Pruth. Den Hauptstoß aus Kuty-Wiznitz sollte demnächst das Karpatenkorps führet-.
Unterdessen hatte General Ludendorss angesichts der geringen Fortschritte des linken Angriffsflügels am oberen Seret in der Frühe des Tages die Weisung der Obersten Heeresleitung vom 23. Juli durch den Zusatz ergänzt: „93et dem schnellen Rückzug der Russen empfehle ich Übergriff des neuen linken Flügels der Südarmee weit über den Seret, Richtung Husiatyn—Kamienivc-Podolski". Der Oberbefehlshaber Ost gab die neue Weisung an die HeeresgruppeBöhm-Ermvlli, die inzwischen in vollem Umfange wieder in die Leitung der Operationen eingeschaltet war, mit dem Bemerken weiter, es werde „sich vielleicht ermöglichen lassen, unsere Linie bis an den Zbrucz vorzuschieben", der in seinem ganzen Lauf die Ostgrenze Galiziens bildete.
25.3s«. In der Nacht zum 25. Juli gab der Feind vor der Front des Generals von Winckler Tarnopol und seine Stellungen östlich des Seret auf. Vor der Südarmee entzog er sich westlich des Flusses eiligst der drohenden Gefahr, gegen den Dniester gedrückt zu werden. Unter Kämpfen drängten die deutschen Truppen nach. Der rechte Flügel der Südarmee kam weit über die Bahn Buczacz—Stanislau hinaus. Die ö.-u. 3. Armee, die von Generaloberst von Böhm-Ermolli Befehl erhalten hatte, die Entsendung russischer Kräfte vom südlichen auf das nördliche Dniester-Ufer gegen die Flanke der Südarmee zu verhindern, gelangte mit dem Südflügel nach Delatyn. Bei der ö.-u. 7. Armee kam auch der linke Flügel des Karpaten-korps in Bewegung. Der Anregung des Erzherzogs Fosef, mit ihrem rechten Flügel von gakobeny über Kimpolung auf kürzestem Wege gegen Czernowitz vorzustoßen, um im Zusammenwirken mit der Südarmee starke russische Kräfte abzuschneiden, konnte sie dagegen aus Mangel an Kräften nicht entsprechen.
Das Vorwärtskommen der größtenteils aus älteren Jahrgängen bestehenden, aus den Bewegungskrieg in keiner Weise vorbereiteten und mit Offizieren nur dürftig ausgestatteten Stellungstruppen der Südarmee und erst recht der ö.-u. 3. und 7. Armee war bei meist grundlosen Wegen von vielfachen Reibungen begleitet, die aber in der Begeisterung des Ver-folgungsgedankens bemerkenswert gut überwunden wurden. Schwieriger mußte sich die Nachschubsrage gestalten, da vor allem die Ausstattung der österreichisch-ungarischen Verbände mit Fuhrpark überaus dürftig war. Dazu kamen unzureichende Leistungsfähigkeit der Pferde und Mangel an festen Straßen. Allerdings konnte die Verpflegung einstweilen er-
Weiteres Ausweichen der Russen gegen die Grenze.
171
beuteten russischen Vorräten entnommen werden; sonst bot das Land wenig, da die Felder nur sehr mangelhaft bestellt waren. Im Zusammenhang mit der endgültigen Festsetzung der Operationsziele fragte die Heeres-gruppe nach der Nachschublage bei der Südarmee. Diese meldete am 25. Juli: Der Nachschub stoße jetzt aus sehr große Schwierigkeiten; Voraussetzung für Weiterführung der Operation bis zum Zbrucz sei Zuteilung weiterer Lastkraftwagen-Kolonnen. Für später mußte die zweigleisige Bahn Lemberg—Tarnopol mit ihren Abzweigungen nach Süden eine wichtige Rolle spielen. Die Oberste Kriegsleitung befahl daher, für die weitere Gesamtoperation den Angriff des linken Flügels in eine Stellung vorzutragen, die uns die Benutzung der Bahn nach Husiatyn nach Wiederherstellung gestatte. „Mitte und rechter Flügel haben die Landesgrenze zu erreichen, südlich des Dniester bis in die Höhe von Lipkany*) am Pruth—
Chotin vorzudringen". Bei dieser Zielsetzung dachte die Oberste Kriegsleitung bereits an spätere Fortführung des Angriffs in die Moldau. Auch wurde durch einen Ausruf an die ukrainische Bevölkerung Rußlands etwaiges Vorgehen über die österreichische Grenze nach Osten vorbereitet.
Den neuen Weisungen entsprechend bestimmte Generaloberst von Böhm-Ermolli für den Südflügel des Generals von Winckler die Gnila als Ziel; der Südarmee gab er weiterhin die Richtung nach Südosten, linker Flügel aus Husiatyn. Die ö.-u. 3. Armee sollte mit dem Nord-flügel auf Horodenka vorgehen, um die russische 8. Armee zu schlagen; dadurch werde sowohl einem russischen Stoß vom Südufer des Dniester gegen die Südarmee begegnet, den man immer noch für möglich hielt, als auch am ehesten Wirkung gegen den Rücken der weiter südlich aus den Karpaten weichenden russischen Front erreicht.
Im Laus des 26. Juli ging die Fühlung mit dem Gegner an manchen r«.g»n Stellen verloren. Mehr und mehr gewann man den Eindruck, daß er zu geregeltem Widerstände und vollends zu Gegenangriffen gar nicht mehr in der Lage sei. Die Größe der Beute an zurückgelassenen Waffen, darunter zahlreiche Geschütze, und an Gerät bei einer im Verhältnis dazu niedrigen Gefangenenzahl?) bewies, daß sich zum mindesten große Teile der Russen in voller Auslösung befanden.
Von Tarnopol bis Trembowla schoben sich die Truppen des Generals von Winckler zum Schutze der dicht hinter ihrer Front nach Süden verlaufenden Eisenbahn fast kampflos einige Kilometer nach Osten vor. Ihre
*) 70 km östlich von Czernowitz, da wo der Pruth, die Ostgrenze Rumäniens bildend, nach Süden abbiegt.
2) Beute der Hgr. Böhm-Ermolli bis zum 28. Juli 192 Geschütze, aber nur 23000 Gefangene.
172
Der Krieg im Osten. Gegenoffensive in Ostgalizien.
Teilnahme an der Angriffsoperation war damit beendet. Die Südarmee versuchte, noch möglichst starke Teile des Gegners diesseits des Zbrucz zu umfassen; ihr voraus erreichte die Leib-Husaren-Brigade Czvrtkow. Südlich vom Dniester folgte die ö.-u. 3. Armee dem in eine Stellung Niezwiska—Kolomea ausweichenden Feinde. Die ö.-u. 7. Armee konnte am Tartaren-Paß und im Gebirge südlich davon Raum gewinnen. Die Absicht, ihr Vorwärtskommen durch Angriff der südlich anschließenden ö.-u. 1. Armee zu unterstützen, erwies sich als unausführbar, da deren rechter Flügel inzwischen in ernste Abwehrkämpfe verstrickt war1).
27.3HI. Vor der gesamten Angriffsfront der Heeresgruppe Böhm-Ermolli blieb der Gegner überall im Weichen. Fast kampflos folgten die Truppen der Mittelmächte. Für den Fall, daß die Russen auch nördlich von Tarnopol zurückgehen sollten, befahl Generaloberst von Böhm-Ermolli am 27. Juli, bis zur Grenze zu folgen; dazu kam es aber nicht. Im übrigen schien der Gegner nördlich des Dniester erst auf russischem Boden in einer Grenzstellung hinter dem Zbrucz wieder Halt machen zu wollen; südlich des Flusses zog er über die Linie Horodenka—Zablotow eiligst ab. Die Oberste Kriegsleitung sah die Offensive nördlich des Dniester als im wesentlichen abgeschlossen an. Ihr Augenmerk wandte sich der Fortsetzung des Angriffs in die Moldau zu. Sie befahl dem Oberbefehlshaber Ost, um der im Gebirge nur langsam vorwärts kommenden ö.-u. 7. Armee zu helfen, mit starken Abteilungen der ö.-u. 3. Armee über den Pruth zu gehen; es sei erwünscht, „mit möglichst starkem Druck zwischen Pruth und Sereth in die Moldau einzudringen".
2%n*i.31’ Am 28. Juli gelangte die Südarmee ungehindert bis an den Zbmcz beiderseits von Husiatyn und schob sich in den folgenden Tagen ebenfalls kampflos auch an dessen Mittellauf vor, während in dem gegen Chotin vorspringenden Winkel noch Widerstand zu brechen war. Die hier von den Truppen des Generals Krug von Nidda geführten Kämpfe dauerten bis zum 31. Juli an. Unterdessen glaubte Generaloberst Graf Bothmer als Dauerstellung die Höhen östlich des Zbrucz gewinnen zu können. Der Versuch führte in einer Reihe teilweise verlustreicher Einzelangrisfe zur r. August. Gewinnung einiger Brückenköpfe in den Flußschleifen, stieß dann aber auf einen Widerstand, der nur durch planmäßigen Angriff mit reichlicher Munition gebrochen werden konnte. Diese heranzuschaffen erforderte Zeitz denn die Entfernung zu den Eisenbahnendpunkten betrug bis zu 130 Kilometer, und die bei Beginn des Vormarsches beantragten Lastkraftwagen-Kolonnen hatten noch nicht überwiesen werden können. Am 31. Juli wurde der Angriff bis auf weiteres verschoben; am 1. August befahl die
') S. 181 f.
Schwerpunkt der Verfolgung südlich des Dniester.
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Oberste Kriegsleitung, ihn endgültig auszugeben, da Truppen und Munition für andere Zwecke gebraucht wurden. Die Südarmee hatte Reserven herauszuziehen.
Der Schwerpunkt der Verfolgung lag jetzt bereits südlich des Dniester bei der ö.-u. 3. Armee. Die Oberste Kriegsleitung war daher dankbar für das österreichisch-ungarischerseits beabsichtigte Vorgehen der ö.-u. 7. Armee mit starkem linken Flügel und bemerkte dazu, es werde später „Ausgabe des übereinstimmenden Zusammenwirkens der Heeresfront Erzherzog Josef und Heeresgruppe Mackensen sein, die Moldau in Besitz zu nehmen, soweit unsere Kräfte hierzu ausreichen".
Die ö.-u. 3. Armee kam aber unter Kämpfen nur langsam vorwärts.
Die ö.-u. 7. Armee gewann im Gebirge noch langsamer Raum und war noch beträchtlich zurück. Ilm ihr vorwärts zu helfen, stieh nunmehr östlich von Zablotow die v.u. 5. Infanterie-Division über den Pruth nach Süden vor, blieb aber bereits am Czeremosz-Abschnitt liegen. Am 29. schaffte sich 29.3ml. der Nordflügel der ö.-u. 3. Armee unter General Sitzmann in der Richtung auf Sniatyn nach Südosten Raum. Dagegen kam der ausschließlich von österreichisch-ungarischen Truppen geführte Angriff beiderseits des Pruth nicht vorwärts.
Am 30. Juli meldete der Erste Generalstabsosfizier des Oberbefehlshabers Ost, Major Brinckmann, in einem Ferngespräch mit Major Wetzell, vermutlich auf dessen Anfrage, über die Möglichkeit einer Fortsetzung der Offensive: Der Feind sei nicht geschlagen, er leiste in der Richtung auf Czernvwitz heftigen Widerstand, der bisher nur von deutschen, nicht von österreichisch-ungarischen Truppen gebrochen worden sei. Wenn man bis zur Grenze der Bukowina östlich von Czernvwitz vorkomme, könne man schon sehr zufrieden sein. Für weitere Operationen müsse der Vorbau der Bahn abgewartet werden; in fünf bis sechs Wochen werde die Brücke bei Halicz fertig sein. Major Wetzell antwortete, Weiterführung der Operationen über die Gegend östlich von Czernvwitz hinaus sei nicht beabsichtigt. Dagegen war der Gedanke der Offensive in die Moldau, die wegen der dort erwarteten Getreidevorräte auch der österreichisch-ungarischen Heeresleitung am Herzen lag1), noch nicht ausgegeben. Um Klarheit zu schaffen, aber auch um die österreichisch-ungarischen Truppen zu größeren ro. 3°». Leistungen anzusporen, wandte sich General Ludendorff am 30. Juli durch General von Cramon an Generaloberst von Arz: „Die Ziele der Ostoffensive sind in Galizien nach dessen Befreiung im wesentlichen erreicht. Die Fortsetzung der Operationen bezweckt nunmehr die Inbesitznahme und Sicherung der Bukowina. Ob dieses Ziel sowie das Endziel
*) Öftere, amtl. Werk, Bd. VI, S. 323.
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Der Krieg im Osten. Gegenoffensive in Ostgalizien.
der Operationen (auch der in Rumänien beabsichtigten) die Eroberung der Moldau bis zum Pruth mit unseren Kräften erreicht werden kann, ist nach den Erfahrungen der bisherigen Kämpfe allein abhängig vom Kampfwert der Truppe, ihrem festen Zufassen und rücksichtslosen Draufgehen. Greifen alle Truppen unbeirrt an, so werden wir unser Ziel erreichen, sonst nicht. O.B. Ost weiß, daß der rechte Flügel der Südarmee die 3. Armee vorwärtsbringen soll. Zunächst muß die Zbrucz-Mündung erreicht werden. Für die Operationen in der Moldau ist das Vordringen der ö.-u. 7. Armee zwischen Pruth und Sereth von entscheidender Bedeutung. Für dauernden Hinweis wäre ich Euer Exzellenz zu Dank verpflichtet."
Unterdessen hatte der Gegner am 30. Juli angesichts der Bedrohung durch die Gruppe Lihmann und das auf Kuty-Wiznitz vordringende Karpatenkorps den Widerstand bei Sniatyn und- an der Czeremosz-Mündung ausgegeben. Er machte aber schon bald wieder Front. Die Mitte der ö.-u. 7. Armee drang in das Suczawa- und Moldau-Tal vor, ihr Süd-flügel trat den Vormarsch von den Paßhöhen an.
,i.g»n. Am 31. Juli stand der Gegner in einer Linie, die vom Dniester zwischen Okna und Zaleszczyki östlich an Sniatyn vorbei zum oberen Sereth bei Lopuschna verlies. Die Entscheidung wurde wiederum vor allem durch Angriff der Gruppe Lihmann gebracht, bei der wie bisher besonders die 16. Reserve-Division Schrittmacher war. Die 83. Infanterie-Division kam hart am Dniester in recht schwierigem Gelände (100 Meter hohe Steilwände) langsamer vorwärts. Die 8. bayerische Reserve-Division vermochte aus dem linken Flügel den feindlichen Widerstand erst abends zu brechen. Der Gegner war auf 25 Kilometer breiter Front geworfen, während er beiderseits des Pruth vor dem ö.-u. XIII. Korps noch hielt. Weiter südlich gewann die ö.-u. 7. Armee in der Enge der Karpaten-Täler nur langsam und unter verlustreichen Kämpfen Raum. Die ö.-u. Heeresleitung glaubte daher darauf hinweisen zu müssen, daß da, wo der Erfolg durch Umgehung erreicht werden könne, frontales Losstürmen zu vermeiden sei. Der Generalstabschef des Heeresfront-Kommandos General von Seeckt und Oberste Kriegsleitung hielten aber die Weitergabe einer solchen Weisung für äußerst bedenklich; sie könne dazu führen, daß einer aus den anderen warte; in der jetzigen Lage müsse jedem die Energie der Verfolgung lähmenden Einfluß mit allem Nachdruck entgegengetreten werden, l. A»g»st. Der Erfolg der Gruppe Lihmann veranlaßte den Feind, in der Nacht zum 1. August auch vor dem ö.-u. XIII. Korps zurückzugehen. Seine Bewegungen vollzogen sich aber durchweg in voller Ordnung. Er schien in der allgemeinen Linie Okna — Gegend zehn Kilometer nordwestlich von Czernowih und Storozyneh wieder Front zu machen, leistete dann aber
Einnahme von Czernowih. Beendigung der Verfolgung.
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stärkeren Widerstand nur noch vor Czernowitz, das er unter dem Druck von Norden erst in der Nacht zum 3. August räumte. An diesem Tage rückten österreichisch-ungarische Truppen der ö.-u. 3. und 7. Armee in die Stadt ein, während andere Teile darüber hinaus im Vorgehen gegen die Grenze blieben.
Inzwischen war die Fortsetzung der Operation in die Moldau zunächst vertagt worden. Als die Heeresfront Erzherzog Josef dem Oberbefehlshaber Ost am 1. August mitgeteilt hatte, daß die ö.-u. 7. Armee nach Erreichen von Czernowih „mit starkem linken Flügel in südöstlicher Richtung, linker Flügel von Czernowitz aus Dorohoiu" angesetzt werden solle, hatte dieser dem entgegengehalten: die ö.-u. 3. Armee sei zur Teilnahme an einer Operation in die Moldau nicht stark genug; auch sei ausreichender Nachschub zunächst nicht gewährleistet, da die Eisenbahn vor fünf Wochen nicht über Stanislau hinauskomme; der rechte Flügel der ö.-u. 3. Armee werde voraussichtlich bei Bojan am Pruth haltmachen. Auf Veranlassung der Obersten Kriegsleitung sollte daher auch die ö.-u. 7. Armee an der Grenze haltmachen, „zu weiterem Vorgehen bereit". Nunmehr faßte die Heeresfront den Plan, den Angriff ohne wesentliche Mitwirkung der ö.-u. 3. Armee zu führen. Sie wollte mit dem linken Flügel längs des Sereth starke Kräfte der ö.-u. 7. Armee (einschließlich des Karpatenkorps sechs Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen) nach Süden ansehen, um im Zusammenwirken mit dem jetzt nahe bevorstehenden Angriff der Heeresgruppe Mackensens den Gegner wenigstens aus den Karpaten zu vertreiben, vielleicht sogar — wie General von Seeckt meinte — aus der ganzen Moldau. Die Oberste Kriegsleitung befahl zur Sicherung der für dieses Vorhaben wichtigen von Czernowitz nach Suczawa führenden Bahn die ö.-u. 3. Armee noch etwas weiter bis in die Linie Nowosielica (am Pruth 12 Kilometer unterhalb Bojan) — Raszkow am Dniester vorzuführen.
Während der Nordflügel der ö.-u. 3. Armee das befohlene Ziel am
4. August im wesentlichen erreichte, stieß ihr Südflügel (ö.-u. XIII. Korps) bereits vor Bojan und der unmittelbar nördlich davon gelegenen Dolzoc-Höhe auf nachhaltigen Widerstand. Ebenso versteifte sich die feindliche Abwehr vor der anschließenden Heeresftont Erzherzog Josef, bei der auch der Nordflügel der ö.-u. 1. Armee jetzt im Vorgehen war. Die Kampfmoral der Russen schien sich allgemein gebessert zu haben. Man traf auf zahlreiche vom Kampf noch völlig unberührte Kavallerie-Verbände. Am
5. August warf der Gegner nördlich von Bojan den linken Flügel des ö.-u. XIII. Korps zurück. An demselben Tage erreichte bei der ö.-u. 7. Armee das Karpatenkorps die Höhen vor der Stadt Sereth, während ungarische Truppen Radautz besetzen konnten.
S. 182 f.
4. und 5. August.
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Der Krieg im Osten. Gegenoffensive in Ostgalizien.
S. bi« 27. August.
Ab IS. Juli.
Als dann am 6. August der Angriff der Heeresgruppe Mackensen am unteren Sereth begann, gab die o.-u. Heeresleitung den Befehl zum Angriff der ö.-u. 7. Armee, rechter Flügel auf Folticeni. Sie erbat dazu aber, damit auch die ö.-u. Z. Armee den Angriff weiter vortragen könne, bereits am 7. August die Zuweisung weiterer deutscher Truppen. Die aber lehnte General Ludendvrff ab. Er versprach sich nach den bisherigen Erfahrungen von der beabsichtigten Operation keinen Erfolg, solange nicht der Nachschub durch Vorbau der Eisenbahn gesichert war, auch wollte er nicht weitere deutsche Truppen in einer Gegend festlegen, aus der sie bei Bedarf an anderen Fronten nur schwer wieder zurückgeholt werden konnten'). Ohne das Mitgehen der ö.-u. 3. Armee kam die ö.-u. 7. Armee aber nicht weiter; man war sogar in Sorge, daß ein russischer Angriff die Stadt Czernowih gefährden könne. Als dann sehr bald auch die Offensive der Heeresgruppe Mackensen zum Stehen kam, untersagte die österreichisch-ungarische Heeresleitung weitere Teilangriffe. Die Offensive der HeeresftvntErzherzog Josef war aufgegeben. Man ging in einer Linie zum Stellungsbau über, die vom Pruth halbwegs Czernowitz—Nowosielica nach Süden in die Gegend zwischen Kimpolung und Gurahumora verlief, wobei die Stellung des Karpatenkorps vor der Stadt Sereth am weitesten gegen denFeind vorsprang.
Das Vorgehen des rechten Flügels der ö.-u. 3. Armee bis Nowosielica kam bei dieser Lage nicht mehr in Frage. Das ö.-u. XIII. Korps lag noch immer vor den Hohen von Bojan—Dolzoc fest, deren Besitz zur Sicherung von Czernowitz und der von dort nach Süden führenden Bahn nötig war. Erst nach Zuweisung einer deutschen Gruppe unter Generalleutnant Sieger (16. und 8 bayerische Reserve-Division) konnte am 27. August der Angriff durchgeführt werden, der nach kurzer Artilleriebeschießung vollen Erfolg hatte. In zehn Kilometer Breite wurde der Gegner geworfen.
Damit war die am 19. Juli bei Zloczow begonnene Offensive der Heeresgruppe Bohm-Ermolli, der sich Nordflügel und Mitte der Heeres-sront Erzherzog Joses angeschlossen hatten, beendet. Am den Schutz von Czernowitz in eine Hand zu legen, trat die ö.-u. 3. Armee am 6. September zur Heeressront Erzherzog Joses über.
Z. Die Vorgänge auf russischer Seite.
An dem durch die Gegenoffensive der Mittelmächte eingedrückten Frontabschnitt hatten am 19. Juli der Südflügel der 11., die 7., 8. und l. Armee der russischen Südwestfront und der Nordslügel der 9. Armee
i) gm Gegensatz hierzu trat Major Wetze« noch in einer Denkschrift vom 10. August für die Operation in die Moldau statt der gegen Riga ein (S. 190).
RückzugskSmpfe der Russen.
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der Rumänischen Front gestanden. Der Durchbruchsangriff des Generals von Winckler hatte den Südflügel der 11. Armee getroffen, dessen Truppen trotz zahlenmäßig fast dreifacher Überlegenheit schon frühzeitig unter Zurücklassung von Waffen und Gerät die Rückwärtsbewegung nach Osten hinter den schützenden Seret antraten. Die Führung war demgegenüber machtlos; Versammlungen der Truppenteile, die die Befehle der Vorgesetzten besprachen und über ihre Ausführung beschlossen, sowie Eigenmächtigkeiten jeder Art steigerten im weiteren Verlaus die Verwirrung. Selbst ein besonders gutes Korps, wie das I. Gardekorps, verließ ohne Genehmigung seinen Platz hinter der Front. Weisungen des Generals Brussilow zum Standhalten und vollends zu Gegenangriffen blieben im allgemeinen ebenso wirkungslos wie seine Bitten an die Kommissare bei den höheren Stäben um Unterstützung der militärischen Vorgesetzten. Der Versuch, der angegriffenen Front Reserven von anderen Armeen zuzuführen, scheiterte an den Zuständen im rückwärtigen Gebiet. Der Oberbefehlshaber der Südwestfront, General Gutor, wurde durch den als besonders tatkräftig anerkannten und erfolgreichen Führer der 8. Armee, General Komüow*), erseht. Dieser verbot im Bereiche der Kampfhandlungen alle Versammlungen und drohte, sie nötigenfalls mit Waffengewalt auseinander zu jagen. Angesichts der in erschreckendem Maße zunehmenden Fahnenflucht ließ er neue zuverlässige Einheiten wie Sturm-, Todes- und sogar Frauen-Bataillone ins Leben rufen. Sie sollten an Brennpunkten verwendet werden, im übrigen dem Verfall mit den entschlossensten Maßnahmen, die auch zu Erschießungen führten, Einhalt tun; ein derartiges Bataillon konnte allein am Grenzübergang östlich von Tarnopol 12000 Fahnenflüchtige anhalten. Kriegsminister Kerenski, seit 21. Juli gleichzeitig Ministerpräsident, unterstützte diese Maßnahmen nach Kräften, aber ohne entscheidende Besserung zu erreichen. Bei dem völligen Zusammenbruch der 11. Armee blieb daher auch General Kornilow nichts anderes übrig, als nacheinander die 7., 8. und schließlich die 1. Armee zurückzunehmen. Dabei machten sich vor allem bei der 7. Armee bald ähnliche Erscheinungen wie bei der 11. geltend. Immerhin gelang es, wenigstens den Zusammenhang der Gesamtfront aufrechtzuerhalten. Diesem Umstande, dem schärferen Durchgreifen gegen Meuterer und dem Standhalten einzelner, zuverlässig gebliebener Truppenteile (neben den obengenannten Formationen werden vor allem die 1. Brigade der 1. Garde-Znfanterie-Division bei Tarnopol, sowie eine größere Zahl von Kavallerie-Divisionen rühmend erwähnt) war es zu danken, daß sich schließlich an der Reichsgrenze eine neue Widerstandsfront bilden konnte, die einzustürzen,
*) S. 150 u. 153ff.
Weltkrieg. XIII. Bd.
12
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Der Krieg im Osten. Gegenoffensive in Ostgalizien.
die Stoßkraft des Verfolgers nicht mehr ausreichte. Auch die deutscherseits fast ununterbrochen fortgesetzte Frontpropaganda konnte nicht helfen. Inwieweit sie dazu beigetragen hat, die früheren Erfolge vorzubereiten, steht dahin.
4. Betrachtungen.
Die Hoffnung, wesentliche Teile der Russen durch Aufrollen der Front nach Süden abzufangen, hatte sich nicht verwirklicht, da der Gegner rechtzeitig auswich. Bei der Verfolgung nach Osten aber machten sich alsbald die vom Oberbefehlshaber Ost befürchteten Schwierigkeiten geltend. Rur weil der Gegner im wesentlichen kampflos zurückging und damit der eigene Munitionsverbrauch gering blieb, konnte die als Ziel gesetzte russische Grenze erreicht werden. Als der Gegner hier Halt machte, hätte die Offensive nur nach einer zur Regelung des Nachschubes, vor allem Heranführung ausreichender Munition, nötigen längeren Pause wieder aufgenommen werden können. Trotz der seit dem Sommer 1915 stark verminderten Widerstandskraft der Russen hatten sich die Erfahrungen von
damals wiederholt.
Und doch war, vor allem dank der weiten Zielsetzung der Obersten Kriegsleitung, erreicht, daß die russische Front aus rund 200 Kilometer Breite und bis zu 120 Kilometer Tiefe zurückgeworfen war. Bis auf geringe Reste, vor allem nördlich von Tarnopol, waren Ostgalizien und die Bukowina und damit Österreich-Ungarn überhaupt vom Feinde befreit. Zu der erhofften Vernichtung größerer russischer Heeresteile war es aber trotz vorbildlichen Ansatzes der Operation und glänzender Anfangserfolge nicht gekommen. Es war ein „ordinärer Sieg" geblieben, denn der Gegner, der sich seiner unzulänglichen Kampfkraft bewußt war, hatte die Gefahr frühzeitig erkannt und danach gehandelt. Die Gesamtbeute von 257 Geschützen bei nur 42000 Gefangenen*) zeigt deutlich, daß die Masse der russischen Truppen nicht mehr kämpfen wollte, sondern unter Preisgabe ihrer Waffen davongelaufen war. Die Teile aber, die sich zum Schutze des heimatlichen Bodens an der Grenze wieder setzten, reichten aus, die Offensive zum Stehen zu bringen.
Der nach der Einnahme von Czernowitz im Zusammenhang mit den Angrifssabsichten bei der Heeresgruppe Mackensen von der Obersten Heeresleitung verfolgte und von der österreichisch-ungarischen Heeresleitung, wie der Heeresfront Erzherzog Josef freudigst aufgegriffene Gedanke, die Operation in die Moldau fortzusetzen, muhte bei der völlig unzureichenden
1) Die russischen Gesamtverluste sind nicht bekannt. Auch für die deutschen und österreichisch-ungarischen Verluste haben sich keine brauchbaren Zahlen ermitteln lassen.
Betrachtungen.
179
Angrifsskraft der österreichisch-ungarischen Verbände^), und da auch die Heeresgruppe Mackensen nur wenig vorwärtskam, alsbald ausgegeben werden.
Alles in allem war erreicht, was mit den verfügbaren Mitteln zu erreichen war. Die Angriffsaufgabe war nach zweijährigem Stellungskrieg allerseits freudig begrüßt worden. Angespornt durch den leichten Sieg von Zloczow und das rasche Weichen des Gegners, hatte die Truppe, obgleich meist ältere Jahrgänge, in der Begeisterung des Verfolgungsgedankens marschierend und kämpfend aus meist grundlosen Wegen bei teilweise übergroßer Hitze Hervorragendes geleistet. Die Führung hatte vorbildlich gearbeitet. Trotz der Rückschläge im ersten Juli-Drittel und trotz gleichzeitiger Inanspruchnahme durch Abwehr russischer Angriffe bei der Heeresgruppe Eichhorn, hatte es der Oberbefehlshaber Ost verstanden, die für den Angriff bei Zloczow nötigen Kräfte zusammenzubringen, und die Operation mit Tatkraft geleitet. „Der Oberbefehlshaber Ost erkannte sofort die Bedeutung und führte die Absicht hervorragend durch", lautete das Gesamturteil des Generals Ludendorff^).
Der mit weitgehenden Erwartungen begonnene russische Großangriff war mit einem Gegenschlag beantwortet worden, der ihn in eine schwere Niederlage verwandelte. Die moralische Wirkung überstieg noch bei weitem die Größe des rein militärischen Erfolges. Das deutsche Heer hatte gezeigt, daß es trotz gleichzeitiger Anstürme feindlicher Abermacht im Westen, in der Lage geblieben war, einen kraftvollen Angriff im Osten zu führen.
*) Nicht nur die Ausstattung mit Waffen und Gerät jeder Art war dürftiger als bei den deutschen Truppen, sondern bei großen Teilen, vor allem solchen mit slavischem Ersah, war die Kampfmoral tief gesunken. Major von dem Bursche berichtete darüber am 1. August: „Es würde ein Irrtum sein, aus dem schnellen Fortschreiten der Operationen der 3. Armee den Schluß zu ziehen, daß die österreichisch-ungarischen Truppen durch das Vorwärtsgehen in ihrer Stimmung so gehoben seien, daß sie fortan als sicherer Faktor in die Rechnung eingestellt werden könnten. Die Ereignisse des Vormarsches haben das glatte Gegenteil bewiesen. Wo der Russe gegenstieß, gingen die österreichisch-ungarischen Truppen in alter Weise weg." Er habe die feste Überzeugung, daß in dem Augenblick, wo der Russe Front mache, wieder Rückschläge einträten. Die an der Naht Heeresfront—Oberost eingesetzten fünf österreichisch-ungarischen Divisionen würden „in der neuen Dauerstellung erst dann sicher stehen, wenn deutsche Führer die Gruppen befehligen werden, deutsche Truppen die österreichisch-ungarischen Truppen stützen". Major von dem Bussche warnte deshalb eindringlich vor dem immer wieder bei der österreichisch-ungarischen Führung zutage tretenden Bestreben, österreichisch-ungarische und deutsche Truppen voneinander zu sondern.
2) Zuschrift vom Nov. 1922.
12*
180 Der Krieg im Osten. Kampfe in Rumänien und den Karpaten.
Dis 22. Juli.
C. Die Kämpfe Ln Rumänien und in den Karpaten.
Beilage 17.
Mit einem Angriff gegen die Heeresgruppe Mackensen (Chef des Generalstabes Generalmajor Hell), die auf rumänischem Boden die Front vom Schwarzen Meer bis zu den Karpaten innehatte, rechnete man seit langem1). Auch in diesem Falle wollte die Oberste Kriegsleitung, ebenso wie in Ostgalizien, mit einem Gegenschlage antworten. Er sollte vor allem die rumänische Armee treffen, die von den zersetzenden Einflüssen der russischen Revolution bisher' ziemlich unberührt geblieben, nach Neuaufbau durch französische Instrukteure wieder ein beachtlicher Gegner und damit die Stütze der feindlichen Front geworden war. Schon bei Beginn der russischen Offensive in Galizien schien es erwünscht- daß die Heeresgruppe Mackensen entlastend mitwirke, indem sie durch Angriff möglichst starke Kräfte binde und, wenn möglich, einen großen Erfolg erringe. Verstärkungen, die sie hierzu erbat, konnten aber nicht gegeben werden. Der Angriff muhte zunächst unterbleiben. Aber auch die österreichisch-ungarische Anregung, nunmehr Kräfte aus Rumänien als Verstärkung nach Ostgalizien zu schicken, wurde abgelehnt, denn die Oberste Kriegsleitung rechnete nach wie vor mit der Möglichkeit, daß die 9. Armee (linker Flügel der Heeresgruppe), die mit sieben deutschen, zweieinhalb österreichisch-ungarischen, zwei türkischen, einer bulgarischen Division von Braila bis westlich von Panciu am unteren Sereth und an der Putna stand, von den gegenüberstehenden Russen und Rumänen demnächst angegriffen werde. Bis zum 22. Juli schienen dazu auf der nur 40 Kilometer breiten Front von Braila bis Fundeni, wo der Gegner ausgedehnte Stellungen diesseits des Sereth innehatte, etwa zwölf feindliche Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen bereitzustehen.
Seit Mitte des Monats wurde aber auch ein Angriff in den Karpaten erwartet. Hier standen an die 9. Armee anschließend, als rechter Flügel der ö.-u.1. Armee (Heeresfront Erzherzog Josef) drei Infanterie- und eine Kavallerie-Division unter General von Gerok (Generalkommando des XXIV. Reservekorpö) aus über 60 Kilometer breiter Gebirgsfront. Kampfkräftige Reserven fehlten fast ganz, auch hatte die Heeresfront im Juni 18000 Mann guten Ersatz an die Isonzo-Front abgeben müssen. Allein vor der Gruppe Gerok waren insgesamt etwa 14 russische und rumänische Divisionen festgestellt.
!) Bd. XII, S. 502f.
Russisch-rumänisch« Angriffe.
181
Tatsächlich hatte die russische Heeresleitung schon feit langem Angriffe ihrer Rumänischen Front befohlen1). Die Ausführung war nur dadurch verzögert worden, daß die Vorbereitungen, vor allem die Neuaufstellung der rumänischen Armee, Zeit beanspruchten; jetzt war diese im wesentlichen abgeschlossen. Als Stützen der Front waren zwischen die russische 9., 4. und 6. Armee die rumänische 2. und 1. Armee (zusammen über 400000 Mann) eingeschoben3). Das Ziel war, durch Angriff in breiter Front mit dem Schwerpunkt in der Ebene den Gegner zu werfen, um wenn möglich der Armee von Saloniki, die gleichfalls angreifen sollte, die Hand zu reichen. Deren Angriff aber siel aus. Den Hauptangriff sollte die rumänische 1. Armee führen, bei der dazu rund 600 Geschütze eingesetzt wurden.
Gegen die 9. Armee, nach Abberufung des Generals von Falken- M-« hayn unter General der Infanterie von Eben (Chef des Generalstabes Oberstleutnant Walter Bronsart von Schellendorss) setzte am 23. Juli die rumänische Artillerie-Vorbereitung mit aller Kraft ein, aber schon am 26. ließ das Artilleriefeuer wieder nach. Der erwartete feindliche Angriff blieb aus. Den Grund hierfür sah die Heeresgruppe in erster Linie in der Wirkung der eigenen Propaganda, die die Russen zu der häufigen Äußerung veranlaßt habe: „Angreifen tun wir nicht, wir wollen nur unsere Stellung halten".
Gegen den rechten Flügel der Gruppe Geros3) hatte starkes feindliches Artilleriefeuer schon am 22. Juli begonnen. In der Frühe des 24. griffen einige russische, vor allem aber vier rumänische Divisionen die auf fast 20 Kilometer Breite im Gebirge auseinandergezogene Front der 218. Infanterie-Division an und stießen im ersten Anlauf bis in die Artillerie-Stellungen durch; die Mehrzahl der Geschütze, etwa 40, ging verloren. Abends wurde einige Kilometer östlich von Soveja die II. Stellung gehalten, die nördlich anschließende ö.-u. 1. Kavallerie-Division dementsprechend zurückgenommen. Die geringen Reserven der Heeresftont Erzherzog Josef wurden zur Gruppe Eerok in Marsch gesetzt, konnten aber
*) 6.149.
!) Gliederung der Rumänischen Front: russ. 9. Armee: Gen. Stupin mit 16 Sit), u. 1 Rat). Sit),
rum. 2. Armee: Gen. Averescu mit 4 Siv. u. */. Kav. Siv.
russ. 4. Armee: Gen.Ragosa mit 8 Siv. u. 1 Kav. Siv.
rum. l. Armee: Gen. Cristescu mit 67, Siv. u. 21/, Kav. Siv.
russ. H. Armee: Gen. Zurikow mit 14 Mo. u. 6Kav. Siv.
*) Gliederung (anschließend an 217. F.D.der 9.Armee):
Gruppe des Feldmlt. Chevalier Ruiz de Roxas: 218. Z. D., ö.-u. 1. K. S.
Een. Kdo. ö.-u. VIII. Korps (Fldzgm. Ritter von Benigni): ö.-u. 71. u. ung. 70. Z. D.
182 Der Krieg im Osten. Kämpfe in Rumänien und den Karpaten.
22. He $n»e angesichts der überaus schwierigen Wegeverhältnisse im Gebirge im 3uH' wesentlichen erst am 29. Juli die Front erreichen. Unterdessen drängte der Gegner die 21ö. Infanterie-Division weiter zurück. Am 26. Juli muhte sie ihm Soveja überlassen, am 27. erreichte sie im Zurückweichen die obere Putna und die Lepsa. Nach rechts wie nach links war die Verbindung abgerissen. Die Heeresgruppe Mackensen hatte bereits elf Bataillone und neun Batterien zur Schließung der entstandenen Lücke an der Putna einsetzen müssen. Bevor nennenswerte Verstärkungen*) herankamen, erweiterte der Gegner, jetzt nur noch Truppen der rumänischen 2. Armee, seinen Einbruch bis zum 28. Juli auf beiden Flanken zu einer Gesamt-breite von etwa 50 Kilometern und bis zu 20 Kilometern Tiefe. Dann trat Stillstand ein. Der Gegner hatte außer der genannten Geschützbeute mehr als 3000 Gefangene gemacht.
Inzwischen hatte die Oberste Kriegsleitung am 24. Juli, im Zusammenhang mit den Weisungen für Fortführung der Offensive in Galiziens, als Aufgabe der Heeresgruppe Mackensen bezeichnet, „nach Abwehr des Angriffs insonderheit die Rumänen anzugreifen und den unteren Sereth zu überschreiten". Dies sollte mit etwa fünf Divisionen bei Funden, gegen die rumänische 1. Armee geschehen, um dann, mit dem rechten Flügel am Pruth nach Norden vorgehend, möglichst die gesamte feindliche Front in der Moldau einzustürzen. Die Vorbereitungen waren bereits im Gange, als der tiefe gegnerische Einbruch bei der Gruppe Gerok dazu veranlaßte, diesen Plan zurückzustellen, um im Zusammenwirken mit dem linken Flügel der ö.-u. 1. Armee zunächst den um Soveja im Gebirge stehenden Feind vernichtend zu treffen. Der Angriff sollte nunmehr aus dem westlichen Sereth-Ufer über die Linie Baltaretu—Panciu nach Norden auf Adjudul-Nou angesetzt, gleichzeitig aber für die spätere Offensive östlich des Sereth bei Baltaretu ein Brückenkopf gewonnen werden. Eine Stoßgruppe von vier Divisionen unter General von Morgen und drei weitere Divisionen als Armeereserve wurden dafür in Aussicht genommen. Der Angriff sie r. Äugest, konnte nicht vor dem 6. August beginnen. Durch ihn entlastet, sollte dann der rechte Flügel der ö.-u. 1. Armee gegen die Nordslanke des rumänischen Einbruchs im Oitoz-Tal auf Onesti angreifen.
Aber auch dieser Plan erfuhr noch Änderungen. Während die O.Armee entschieden dafür eintrat, unter Verzicht auf einen Brückenkopf bei Baltaretu zunächst die ganze Kraft zum Stoße westlich des Sereth nach Norden zusammenzuhalten, machte die Heeresgruppe geltend: Das Vorgehen in der Ebene westlich des Sereth mit nur einer Straße sei von den bis zu
!) 117. Z. D., ung. 37. g. D., ö.-u. 7. und s. K. D. 2) S. 168.
Veutsch-österreichisch-ungarisch« Angriffsvvrbereitungen.
183
200 Metern überragenden Höhen östlich des Flusses völlig eingesehen und beherrscht; auch könne der Gegner im Gebirge dem Vordringen leicht einen Riegel vorschieben, der das Entkommen seiner dortigen Truppen decke.
Sie wollte daher nach gelungenem Durchbruchsangriss bis Baltaretu—
Panciu den Hauptstoß über Tecuciu auf dem Ostuser des Sereth führen.
Eine solche Operation erschien möglich, da, wie General Hell meinte, die Rumänen einem ernsthaften Angriff überhaupt nicht standhalten würden.
Auch hatte die Heeresgruppe angesichts der völligen Antätigkeit der Russen, die Truppen nach Galizien wegzuziehen schienen, ihre Abwehrfront gedehnt und dafür dem Angrissöslügel.noch weitere Kräfte zugeführt, so daß jetzt im ganzen sieben deutsche und zwei österreichisch-ungarische Divisionen für den Angriff verfügbar waren. Die Oberste Kriegsleitung, die ausserdem noch ein Generalkommando und eine Division (Alpenkorps) im.
Westen freigemacht hatte, stimmte dem Vorhaben der Heeresgruppe zu.
Dabei sprach mit, daß östlich des Sereth nicht russische, sondern rumänische Truppen getroffen wurden, was politisch wichtig erschien. Das Alpenkorpv, erst nach Angrifssbeginn eintreffend, sollte am linken Flügel der 9. Armee aus Racoasa, in einer Gegend, die es erst im März verlassen hatte, gegen den Rücken des rumänischen Einbruchs angesetzt, bei der Gruppe Eervk unter Verzicht auf jeden Angriff in der Front alle Kraft für einen um so tieferen Durchstoß im Oitoz-Tale zusammengefaßt werden. Die Oberste Kriegeleitung erwartete, wie sie am 3. August, dem Tag der Einnahme von Czemowih, der Heeresgruppe mitteilte, von dem bevorstehenden Angriff sehr weitgehende operative Wirkung, nämlich Aufrollung der feindlichen Front nach rechts bis zur Sereth-Mündung und Vormarsch zwischen Pruth und Sereth nach Norden auf Iassi, also Eroberung der ganzen Moldau.
Dabei rechnete sie aus Zusammenwirken mit der Heeressront Erzherzog Fvsef, die ihren Nordslügel aus der Bukowina nach Südosten vorgehen lassen wollte1). Andererseits hatten die Bulgaren den Gedanken eines gleichzeitigen Angriffs ihrer 3. Armee gegen die Donau unterhalb von Ealaz abgelehnt, da er mit den verfügbaren Mitteln unausführbar sel.
Planmäßig traten am 6. August2) nach Vergasung der feindlichen e.aogoft. Artillerie und anschließendem dreistündigem Wirkungsschießen fünf Divisionen unter General von Morgen zum Angriff an. Sie trafen auf das
*) S. 175.
*) Gliederung der Angriffsfronten am 6.Aug.:
Don tz.Armee: Gen. von Morgen (Gen. Kdo. I. R. K.) mit 12. b. I. $>., 76.R. D., 89. g. D., ö.-u. 62. g. D., rund 300 Geschütze, 2gib. Fl.-Abtlgen.; dahinter 216. g. D. Armeereserve: 212., 115. g. D., ö.-u. 13. Schütz.-Div.
Ferner vom 7. Aug. an: Gen.Kdo. XVIU. R. K. (Genlt. Ritter von Wenninger)
184
Der Krieg im Osten. Kämpfe in Rumänien und den Karpaten.
S. August.
6. bis S. August.
russische VII. Korps, das in der Nacht zum 7. August beginnend abbefördert und durch Truppen der rumänischen 1. Armee erseht werden sollte. Zn der zu durchschreitenden Ebene wirkte die Glut der Augustsonne, bis zu 60°, besonders erschlaffend. Den entscheidenden Stoß hatten aus dem rechten Flügel in rund 18 Kilometer Breite die 12. bayerische Infanterie-, 76. Reserve- und 89. Infanterie-Division zu führen. Unter dem Schutze des Feuers von rund 300 Geschützen durchwateten sie die Putna und schwenkten kämpfend mit dem rechten Flügel über Ciuslea nach Norden vor. Der linke Flügel des Angriffs schloß sich an. Inzwischen versteifte sich der feindliche Widerstand mehr und mehr, auch machte sich Flankenfeuer vom hohen östlichen Sereth-User fühlbar. Trotzdem drang der Angriff bei verhältnismäßig geringen Verlusten bis zu zwölf Kilometern Tiefe in die feindlichen Stellungen ein. Die dafür geringe Deute (1200 Gefangene und 12 Geschütze) zeigte, daß man zunächst nur feindliche Vorstellungen getroffen hatte. Ein Brückenkopf jenseits des Sereth zum späteren Vorgehen gegen die rumänische 1. Armee war noch nicht gewonnen, wohl aber hatte das Abschwenken der 12. bayerischen Infanterie-Division in dieser Richtung den Schwung des Angriffs gegen Norden gelähmt. Links neben ihr hatte die 216. Infanterie-Division erst allmählich die Kampffront erreichen können, zwei Divisionen der Armeereserve waren nach dem rechten Flügel in Marsch gesetzt worden. Am linken Flügel übernahm das Generalkommando des XVIII. Reservekorps den Befehl über die ö.-u. 62. und die 217. Infanterie-Division.
Der feindliche Widerstand war schließlich unerwartet stark geworden. Beim Oberkommando Mackensen bestand der Eindruck, daß der Feind mit seinen Hauptkräften erst hinter der Susita stehe. Abends befahl die Oberste Kriegsleitung, von dem inzwischen bereits weitgehend vorbereiteten Übergang über den Sereth abzusehen; alle Kräfte sollten in nördlicher Richtung gegen Marasesti—Panciu vereinigt werden. Am 7. August gelang es nur, den rechten Flügel bis an die Susita heranzuführen. Am 8. August wurden nur westlich der Eisenbahn Fortschritte erzielt, abends lagen die Angriffs-Divisionen vor einem feindlichen Susita-Brückenkopf beiderseits der Bahn fest. Der Gegner, bisher etwa fünf
mit ö.-u. 62. 3. D. (bisher Gruppe Morgen), 217. F. D., Alpenkorps (im An-rollen).
Gr. Geros der ö.-u. 1.Armee:
Stellungsfront: Gruppe Ruiz mit 218. g. D., ö.-u. 1. K. D. (später Teile der ö.-u.
37. 3. $>.), ö.-u. 7., 8. K. D.
Angriffsflügel: Fldzm. Ritter von Benigni (ö.-u. VIII. Korps) mit ö.-u. 71. Z. D., 117. F. D., ung.70.g.D.
Der deutsch-österreichisch-ungarische Angriff.
185
russische Divisionen, hatte sich durch rumänische Truppen erheblich verstärkt. Um im Zusammenwirken mit der ö.-u. 1. Armee möglichst viele im Gebirge stehende Kräfte abzufangen, gab Generalfeldmarschall von Mackensen die Richtung nach Nordwesten. Gelinge es am nächsten Tage nicht, in dieser Richtung vorwärts zu kommen — so schlug General Hell der Obersten Kriegsleitung vor —, dann müsse man sich mit dem Errungenen begnügen und zum Sereth-Übergang bei Funden! umgruppieren, wo der Gegner sich inzwischen offenbar geschwächt habe. Das aber lehnte General Ludendorff bestimmt ab: Der Angriff sei mit ausgesprochenem Schwerpunkt auf dem linken Flügel der Gruppe Morgen weiterzuführen, immer neue kräftige Artillerievorbereitung sei dabei nötig, auch wenn das Zeit koste; „mit diesem Artillerieseuer werden wir uns allmählich durchftessen".
Unterdessen war am 8. August das ö.-u. VIII. Korps der Gruppe Gerok, dabei die für Gebirgskrieg ausgerüstete 117. Infanterie-Division, im Oitoz-Tale gegen zähen Widerstand in die rumänischen Stellungen eingedrungen. Eine Einwirkung auf die Kämpfe der 9. Armee war aber bei der großen Entfernung (50 Kilometer Luftlinie im Gebirge) einstweilen nicht zu erwarten.
Bei der 9. Armee machte die neue Angriffsrichtung eine Links-schiebung von Divisionen und Umgruppierung der Artillerie nötig. Am 9. August wurde aus der ganzen Angriffsfront die Susita erreicht und südöstlich von Panciu überschritten. Die Absicht, das Alpenkorps im Gebirge nach Norden auf Racoasa vorgehen zu lassen, wurde aufgegeben, da es ein Luftstoß zu werden drohte, denn schon wurden Bewegungen feindlicher Teile aus dem Raume von Soveja nach Osten beobachtet. Das Alpenkorps sollte nunmehr gegen Panciu eingesetzt werden, wo die ö.-u. 62. Infanterie-Division nach einem Anfangserfolg zurückgeworfen worden war.
Am 10. August führte der Gegner starke Angriffe gegen die 9. Armee, wie es schien, um den Abmarsch aus dem Gebirge zu decken. Erst am ll. August gelangten die Truppen des Generals von Morgen auch beiderseits der Eisenbahn über die Susita. Das nunmehr am rechten Flügel des Generals von Wenninger eingesetzte Alpenkorps schob sich an den Fluß heran, überwand am 12. August den Abschnitt und stürmte noch über Panciu hinaus nach Nordwesten weiter. Die ö.-u. 62. und die 217. Infanterie-Division schwenkten entsprechend vor. Am 13. August hatte das Alpen-kvrps heftige Gegenstöße abzuweisen, gm übrigen war der Tag mit Vorbereitungen für Fortsetzung des Angriffs ausgefüllt, dessen Schwerpunkt jetzt auf den äußersten linken Flügel verlegt wurde, denn im Gebirgs-
10. bis 13. August.
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Der Krieg im Osten. Kämpfe in Rumänien und den Karpaten.
14. bi» 19. Avgost.
21. bis 26. August.
vorland hoffte man besser vorwärts zu kommen als in der offenen, der feindlichen Artilleriewirkung vom hohen Ostuser des Sersth besonders ausgesetzten Ebene. Hier sollte nur noch das westliche Sereth-Ufer südöstlich von Marasesti gesäubert werden.
Am 14. August warf die 216. Infanterie-Division die Rumänen bei Baltaretu über den Fluß zurück und machte 3300 Gefangene. Die Gruppe Wenninger kam in schluchtenreichem Gelände, in dem auch die starken Spanndrähte der Weinberge Schwierigkeiten bereiteten, gegen erheblichen Widerstand beiderseits der Susita und nördlich des Putna-Knies nach Nordwesten vorwärts. Weiter links schlossen sich die im Gebirge bisher zur Abwehr eingesetzten Kräfte der Vorwärtsbewegung an. Aber schon am folgenden Tage kam die Gruppe Wenninger angesichts starker Flankierung von rechts her zum Stehen. Am diese auszuschalten, sollte die Gruppe Morgen die Linie Marasesti—Panciu gewinnen. Dazu waren abermals umfangreiche Umgruppierungen nötig. Erst am 19. August konnte der Angriff wieder aufgenommen werden. Fn der Ebene westlich der Eisenbahn kamen die 12. bayerische Infanterie- und 76. Resewe-Division zunächst gut vorwärts, dann aber warf sie ein zwischen mannshohen Maisfeldern überraschend geführter feindlicher Gegenstoß bis fast zu den Ausgangsstellungen zurück. Auch gegen Marasesti waren keine Fortschritte erzielt. Es trat Stillstand ein. Unterdessen mehrten sich im Zusammenhang mit der großen Hitze die vorher schon verbreiteten Darmerkrankungen und schwächten die Gefechtsstärken.
Die Gruppe Gerok hatte inzwischen nur wenig Raum gewonnen, von der Bahn im Trotus-Tal war sie immer noch etwa 15 Kilometer entfernt.
Don der Heeresgruppe beantragte Verstärkungen konnten nicht gegeben werden. Die 9. Armee wollte aber Marasesti noch nehmen und auch den Angriff im Gebirge noch weiter vortragen. Die dazu nötigen Umgruppierungen sollten in den nächsten Tagen durchgeführt werden. Die Heeresgruppe hatte weitergehende Pläne, denn die russische 4. Armee war aus der Front gezogen; es standen nur noch die beiden rumänischen Armeen gegenüber. General Hell wandte sich am 21. August an General Ludendorfs und schlug vor, gegen sie alle an der Ostfront frei zu machenden Kräfte anzusetzen. Wenn dieser Schlag gelinge, würde man zweifellos zum Frieden mit Rumänien kommen; das Feld sei dafür vorbereitet. General Ludendorff hielt den Vorschlag an sich für gut, lehnte ihn aber ab, denn: Die Ersahlage zwinge dazu, den Operationen ein vorläufiges Ziel zu setzen; es würde genügen, im Gebirge mit eigenen Kräften so weit vorzustoßen, daß die von Racoasa nach Osten führende Straße beherrscht werde; wenn daraufhin die Rumänen weiter auswichen, wäre zu ent-
Beendigung des Angriffs.
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scheiden, ob man den Druck fortsetzen oder die Operation endgültig abschließen wolle. Die Gruppe Gerok sollte bei diesem Schlußangriff mitwirken. Als Angriffstag wurde der 28. August vorgesehen. Unterdessen erbat am 23. der österreichisch-ungarische Generalstadsches bringend Hilfe gegen Italien, und am 24. teilte die Oberste Kriegsleitung mit, daß das Alpenkorps und die österreichische 13. Schützen-Division dafür freizumachen seien. Die Heeresgruppe wollte daher von dem beabsichtigten Angriff absehen. Die Oberste Kriegsleitung aber befahl für die 9. Armee am 26. August, ihn vor Abtransport der beiden Divisionen doch noch durchzuführen.
Am 28. August gewann denn auch die Gruppe Wenninger (nunmehr 76. Reserve-Division, Alpenkorps, 216. und 217. Infanterie-Division) beiderseits der Straße nach Racoasa etwa sechs Kilometer Raum nach Nordosten. Am 29. und 30. August konnte der linke Armeeflügel sich mit dem rechten Nachbarn auf gleiche Höhe sehen. Dann lag der Angriff einige Kilometer südöstlich von Racoasa vor ausgebauten rumänischen Höhenstellungen wieder fest. Auch Teilvorstöße in den ersten Septembertagen führten nicht zum Gewinn der das Susita-Tal beherrschenden Höhen, mit der die Heeresgruppe die Operation abzuschließen hoffte. Man mußte zur Dauerstellung übergehen. Diese wünschte die Heeresgruppe zwischen Sereth und Gebirge hinter die Susita zurückzulegen. Das aber wurde von der Obersten Kriegsleitung wegen des ungünstigen Eindruckes nicht gebilligt; es sollten die im Angriff gewonnenen Stellungen ausgebaut werden. Die Kämpfe dauerten noch bis zum 3. September an, dann flauten sie rasch ab. Bei ihnen fiel am 8. in vorderster Linie der Kommandierende General des XVIII. Reservekorps, Generalleutnant von Wenninger.
Die Gesamtbeute des Gegenangriffs zählte mehr als 18000 Gefangene und 22 Geschütze*). Dem stand ein eigener Verlust von mehr als 16000 Mann gegenüber, während die rumänischen Verluste insgesamt 2700p Mann betrugen; die der Russen sind nicht bekannt.
Betrachtungen.
Nach dem leichten und weitgreisenden Erfolge des Durchbruchsangriffs von Zloczow hatte das Ergebnis des Angriffs der 9. Armee, zu dem etwa ebenso starke Stoßkräfte, aber wesentlich schwächere Artillerie eingesetzt waren, vom ersten Tage an enttäuscht. Die Gründe wären mannigfacher Art. Vor allem war der Gegner unterschätzt worden. Der Angriff war auf russische Truppen gestoßen, die noch besonders fest in der
*) Ohne 3,7- und 5-cm-„©tobentononen".
28. August bis Anfang September.
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Der Krieg im Osten.
Hand ihrer Führer waren. Erst recht hatten die rumänischen Truppen eine überraschende Kraft in der Abwehr wie in Gegenangriffen gezeigt. Schier unerträgliche Hitze, Ausfälle durch Darmerkrankungen (5000 Mann in Lazarettbehandlung) sowie Ungunst des Geländes hatten die Aufgabe erschwert, zumal da die Truppen durchweg unmittelbar aus dem Stellungskriege ohne entsprechende Ausbildung zum Angriff angesetzt werden muhten. Dazu hatte sich schon bald die Flankierung vom östlichen Sereth-üser bemerkbar gemacht. Aber auch die Angrisfsstreisen für den entscheidenden ersten Stoh des rechten Flügels (fast fünf Kilometer je Division) waren recht breit, die Artillerie-Ausstattung (etwa 20 Geschütze aus den Kilometer) gering gewesen. Endlich aber war, wie Gefangene aussagten, die Überraschung nicht geglückt. Der Hauptwiderstand scheint erst hinter der Susita, also außerhalb der deutschen Artilleriewirkung gelegen zu haben, so dah sich die beste Stoßkraft bereits erschöpft hatte, als man auf ihn traf.
Unter diesen Umständen war der Kräfteeinsatz für die doppelte Zielsetzung nicht nur der ganzen Offensive, sondern schon des ersten Tages: Stoß nach Norden und gleichzeitige Gewinnung eines Brückenkopfes nach Osten über den Sereth, zu gering gewesen. Nach dem unzureichenden Ansangsergebnis aber war dem Angriff das übliche Schicksal beschieden: er mußte sich durch die weiteren Stellungen und Widerstandslinien des Gegners mit immer wieder neuer starker Artillerie-Vorbereitung „durch-fressen"; damit verbundene mehrfache Schwerpunktverschiebungen und Herbeischaffen der nötigen Munition erforderten Feit, die dem Gegner zugute kam. Die zu erfolgreicher Durchführung solchen Kampfes nötigen ftischen Reserven aber fehlten. So hat sich der mit großen Erwartungen begonnene Angriff nach einigem Geländegewinn bald sestgelausen.
Für den Angriff bei der Gruppe Gerok gilt Ähnliches. Mit nur einer einzigen, deutschen Division war hier aus größeren Erfolg nur zu rechnen, wenn der zwei Tage vorher begonnene Angriff der 9. Armee die erwartete Entlastung gebracht hätte. Dazu aber wären dort ganz andere Anfangserfolge erforderlich gewesen, als tatsächlich erreicht wurden. So machte sich die Wechselwirkung der beiden 50 Kilometer voneinander entfernt geführten Angriffe kaum bemerkbar. Daran dürfte sich auch nichts geändert haben, wenn das Alpenkorps — wie Major Wetzell dringen befürwortet, General Ludendoff aber abgelehnt hatte der Gruppe Gerok statt der 9. Armee zugeführt worden wäre.
Angesichts der unerwarteten Stärke des feindlichen Widerstandes reichte der Kräfteeinsatz für die zu lösende Gesamtausgabe nicht aus. Das Ergebnis der dreiwöchigen Angriffskämpfe beschränkte sich daraus, daß 16
Betrachtungen zur Offensive in Rumänien und den Karpaten.__________________IAH
Front der Mittelmächte beiderseits des feindlichen Einbruchs im Soveja-Decken bis zu zwölf Kilometer vorgeschoben und dadurch der Gegner veranlaßt wurde, den größeren Teil des Ende Juli gewonnenen Raumes wieder aufzugeben. Mehr war mit den verfügbaren Mitteln bei aller Tapferkeit der angreifenden Truppen wohl nicht zu erreichen gewesen.
Alles in allem war die örtliche Lage taktisch um einiges gebessert. Der erstrebte operative Erfolg war aber ausgeblieben. Die Rumänen rechneten sich ihren in der „Schlacht bei Marasesti" gegen deutsche Truppen geleisteten Widerstand sogar als „Abwehrsieg" an. In Wirklichkeit aber hatte ihre für den Angriff ausgebildete und neu ausgerüstete Armee einen so schweren Schlag erhalten, daß sie jeden Gedanken an Offensive endgültig aufgeben mußte.
D. Die Offensive im Baltikum.
Der Gedanke einer Operation gegen Riga und die den Rigaschen Meerbusen abschließenden Inseln war bereits im Sommer 1915 sowie im darauffolgenden Winter und Frühjahr erörtert worden*). Der Oberbefehlshaber Ost, damals noch Generalfeldmarschall von Hindenburg mit General Ludendorfs, sowie der Admiralstab waren dafür eingetreten, auch General von Falkenhayn war nicht abgeneigt gewesen, aber die erforderlichen Landstreitkräfte waren einstweilen nicht verfügbar. Das änderte sich auch nicht, als die neue Oberste Heeresleitung den Plan im Dezember 1916 wieder aufnahm. Immerhin hatte der Oberbefehlshaber Ost nunmehr einen „Angriffsentwurf zur späteren Wegnahme von Riga" vorzulegen. An eine weitergehende Operation, etwa aus Petersburg, war dabei nicht gedacht. Doch hielt der Oberbefehlshaber Ost eine gleichzeitige Unternehmung zusammen mit der Marine gegen die Insel Osel für wichtig.
Nach den Winterkämpsen an der Aa2) begannen unter dem Decknamen „Nordabwehr" die Vorarbeiten für den Angriff gegen Riga. Von Mai 1917 ab wurde gemeinsam mit der Marine auch die Wegnahme der baltischen Inseln besprochen und vorbereitet. General Ludendorff betonte dabei, daß dieses Unternehmen, zu dem erhebliche Seestreitkräfte herangezogen werden mußten, nur in Frage komme, wenn die Wirkung des Unterseekrieges dadurch nicht beeinträchtigt werde.
Aussicht auf Ausführung beider Pläne bot sich aber erst im Anschluß an «»gast. die Gegenoffensive in Galizien. Als in den ersten Augusttagen klar wurde,
*) Bd. VIII, S. 130 u. 468; Bd. X, S. 426. *) Bd. XI, S. 398ff.
Iso
Der Krieg Im Osten. Offensive im Baltikum.
Magus«, daß an ihre Fortsetzung vor Wiederherstellung der Eisenbahnen nicht zu denken sei, fragte General Ludendorfs, dem die Zukunft der baltischen Randstaaten schon immer sehr am Herzen gelegen hatte, beim Oberbefehlshaber Ost an, „wie er sich zu einem Düna-Übergang oberhalb von Riga stelle". Oberst Hosfmann war „sogleich Feuer und Flamme'"). Am 4. August erhielt die 8. Armee (Heeresgruppe Eichhorn) Befehl, mit den Vorbereitungen für den Angriff zu beginnen. Aber auch nach diesem Tage trat bei der Obersten Heeresleitung Major Wehell am 10. August noch dafür ein, das Unternehmen zurückzustellen gegenüber der Eroberung der Moldau, die von großer strategischer und politischer Tragweite sei, vielleicht sogar zum Frieden mit Rumänien führe, während das Unternehmen gegen Riga nur örtliche Bedeutung habe; es könne später durchgeführt werden. Angesichts der einstweilen völlig unzureichenden Nachschubverhältnisse für die Operation in die Moldau, entschied General Ludendorff aber für Riga. Am 11. August wurde der österreichisch-ungarischen Heeresleitung mitgeteilt, daß die Moldau-Operation zunächst nicht in Frage komme, sondern „mit allen irgend vom Oberbefehlshaber Ost verfügbaren Kräften ein Angriff bei der Heeresgruppe Eichhorn" geführt werden solle. Am 14. August folgten neue Besprechungen mit der Marine, die zur Unterstützung des Unternehmens gegen Riga vorherige Wegnahme von Ösel vorschlug. Der schon weitgehend vorbereitete Angriff der 8. Armee hätte also verschoben werden müssen. Darauf ging die Oberste Heeresleitung nicht ein, wenn auch wegen der starken Minensperren am Eingang zum Rigaschen Meerbusen ohne vorherige Wegnahme von Osel nur die Mitwirkung von Unterseebooten und Marine-Fliegern gegen Riga in Aussicht gestellt werden konnte. Die Wegnahme von Osel sollte erst nach dem Angriff auf Riga durchgeführt werden. Beide Unternehmen aber blieben abhängig von der Entwicklung der Lage im Westen).
Die Kräfte für den Angriff aus Riga mußten den an der Offensive in Galizien beteiligten Truppen entnommen werden und, da am 23. August die österreichisch-ungarische Heeresleitung deutsche Truppenhilfe gegen Italien erbat, bis spätestens Ende September wieder verfügbar sein'). Demgemäß konnte dem Unternehmen nur ein eng begrenztes Ziel gesteckt werden.
x) Ludendorff: „Meine Kriegserinnerungen" S. 279f. „Die Aufzeichnungen des Generalmajors Hoffmann", II, 175 (Brief vom 2. Aug. 1917) u. I, S. 180. — Das Gespräch hat vermutlich am 1. Aug. stattgefunden, denn an diesem Tage hielt die O. H. L. die Offensive in Galizien an, da Truppen und Munition für andere Zwecke gebraucht würden (S. 175).
’) gn einer Denkschrift vom 25. Aug. mahnte Maj. Wetzeil, wohl unter dem Eindruck des unbefriedigenden Verlaufs der Kämpfe in Rumänien, aber auch entsprechend seiner
Die Einnahme von Riga.
191
J. Die Einnahme von Riga.
Beilagen 13 und 18.
Die Vorbereitungen.
Der erste Angriffsplan zur Wegnahme von Riga war auf Weisung des Oberbefehlshabers Ost im Dezember 1916 beim Oberkommando der ö.Armee aufgestellt worden mit dem Ziele, die über die untere Düna weit nach Westen vorgeschobenen starken russischen Kräfte abzufangen. Der Flußübergang sollte oberhalb der großen Düna-Insel Dalen in der Gegend von Äxkül stattfinden. Von hier aus wollte man den Angriff mit dem linken Flügel unmittelbar an der Düna, mit dem rechten etwa am Kl. Iägel entlang weiterführen und den Abschluß gegen Osten an diesem Wasserlaus sowie am Iägel- und Stint-See Herstellen. Demgegenüber entschied sich der Oberbefehlshaber Oft, der mit stärkerem Kräfteeinsatz rechnete, für eine weiter ausgreifende Operation, die östlich des Iägel-Sees gegen die Küste zu richten sei. Sie ergab zwar eine längere Flanke gegen von Osten etwa herankommende russische Reserven, gewährte aber auch erheblich bessere Aussichten für das Abfangen der westlich von Riga stehenden russischen Divisionen. Damit ergab sich folgende Gliederung: eine möglichst starke Hauptgruppe mit Heereskavallerie zum Vorgehen östlich des Kl.
Iägel nach Norden gegen die Küste, etwa zwei Divisionen zum Schutz der rechten Flanke, etwa drei Divisionen als linker Flügel zum Angriff westlich des Kl. Iägel auf Riga.
Dieser Plan wurde den Angriffsvorbereitungen zugrunde gelegt, mit denen der Oberbefehlshaber der 8. Armee, General der Infanterie von Hutier mit Generalmajor von Sauberzweig als Generalstabschef, am 4.August 1917 beauftragt wurde. Zu dieser Zeit stand die Armee mit saugest reichlich vier Divisionen in etwa 120 Kilometer breiter Front von der Gegend südlich von Iakobstadt bis zum Ostende der Insel Dalen hinter der Düna und weiterhin mit nicht ganz vier Divisionen in fast 70 Kilometer Breite südlich des Tirul-Sumpfes und noch über die Mündung der kurländischen Ast1) hinaus nach Westen. Anschließend sicherte eine Kavallerie-Division an der Küste. Für die Durchführung des Angriffs nahm General
gegen das Riga-Unternehmen gerichteten Grundeinstellung, dieses sei „sofort abzubrechen, wenn ... zu erkennen sei, daß die russischen Gegenmaßnahmen die beabsichtigten, weitgehenden Erfolge nur unter schrittweisem Kampf und stärkstem Kräfteverbrauch zulassen würden".
x) Diese kurländische Aa ist nicht zu verwechseln mit der etwa ebenso weit nordöstlich von Riga mündenden livländischen Aa.
4. August.
LS. August.
192 Der Krieg im Öftcn. Offensive im Baltikum.
Ludendorfs zunächst den 20. August in Aussicht, müßte sie aber, da die nötigen Kräfte in Galizien nicht zeitig genug frei wurden, auf den 1. September verschieben. Von den Angriffstruppen hatte die 8. Armee vier Infanterie- und eine Kavallerie-Division zu stellen, acht Infanterie-Divisionen und weitere Kavallerie sollten zugeführt werden, dazu reichliche Artillerie, Minenwerfer, Pioniersormationen und Luftstreitkräfte). Der Antransport dieser Truppen, dazu der von Übersetz- und Brückengerät, von rund 650000 Schuß Artillerie- und Minenwerfer-Munition sowie von Verpflegung, mußte innerhalb von vier Wochen aus durchweg eingleisigen Bahnen erfolgen; doch gelang es durch schärfste Anspannung des Betriebes, den Aufmarsch mit insgesamt 829 Zügen rechtzeitig durchzuführen. Eine Reihe von Täuschungsmahnahmen sollte den Gegner irreführen. Der plötzlich einsehende starke Bahnverkehr war aber nicht zu verbergen und veranlaßte die Russen zusammen mit Überläufer- und Agentenaussagen ihren bisher noch 16 Kilometer über die kurländische Aa nach Westen hinausreichenden rechten Flügel bereits am 20. August hinter diesen Flußlauf zurückzunehmen.
Am 28.August bestimmte die Oberste Heeresleitung als erstes Ziel des Unternehmens die Gewinnung einer günstigeren und kürzeren Front östlich von Riga, lehnte aber weiteres Vorgehen auf Wenden abi Dagegen sollte die „Ausnutzung eines vollen Durchbruchsieges im Aufrollen der Front nach Südosten in Richtung der Brückenköpfe Iakobstadt und Dünaburg im Bereich der Möglichkeit" bleiben.
Bei der Durchführung des Angriffs handelte es sich darum, zunächst auf verhältnismäßig schmaler Front überraschend den Düna-Übergang zu erzwingen, dann so schnell als möglich den Kl. und Gr. Iägel zu überwinden und über die von Riga nach Walk und Pleskau führende Bahn und die Straße hinweg die Küste zu erreichen. Dabei waren vom Düna-Übergang bis zur Küste fast 35 Kilometer Luftlinie zurückzulegen. Dieser Raum aber war ausgefüllt von einem fast völlig ebenen Waldgebiet, das in der Angriffsrichtung nur von wenigen Wegen, quer zu dieser aber von zahlreichen Wasserläusen und Sumpsstreisen durchzogen ist. Inwieweit in diesem Raum auf Bewegungsmöglichkeit außerhalb der Wege zu rechnen war, stand dahin. Für die rechte Flanke boten weite Sumpf-gebiete wertvollen Schutz.
Von der gegenüberstehenden russischen 12. Armee nahm man an, daß hinter der Düna in dem für den Übergang in Aussicht genommenen Abschnitt zwischen Oger-Mündung und Kirchholm eine Division, zwei weitere Divisionen oberhalb bis in die Gegend von Friedrichstadt standen, an Reserven eine Division östlich, drei westlich von Riga und schließlich an
Einnahme von Riga. Vorbereitungen.
193
der Front zwischen Riga und der kurländischen Aa noch etwa acht Divisionen. Diese letzteren galt es abzuschneiden. Die Entscheidung lag daher, wie General von Hutier in den Weisungen für den Angriff aussprach, an der von Riga nach Osten führenden großen Straße, und sie schien erst gesichert, wenn auch die längs dieser Straße von Nordosten zu erwartenden russischen Verstärkungen abgewiesen waren.
Erstes Ziel war, an einer Stelle mit starken Kräften das vom Gegner einstweilen nur schwach besetzte nördliche Düna-üser zu gewinnen. Die hierfür in Aussicht genommenen Übergangsstellen bei Borkowitz, Gut Üxkül und Dünhof lagen nur je zwei bis drei Kilometer voneinander entfernt. Der Fluß hat hier 350 Meter Mindestbreite, aber nur geringe Strömung. Das Süduser bot die Möglichkeit verdeckter Annäherung, das flach ansteigende Nordufer war bis gegen die Eisenbahn Friedrichstadt— Riga hin übersichtlicher. Auf im ganzen etwa fünf Kilometer Frontbreite sollten unter Leitung des Generalleutnants von Berrer (Generalkommando z. b. D. 51) nach stärkster Artillerievorbereitung zunächst drei ausgesuchte Stoßdivisionen übergehen; die bisher in diesem Abschnitt eingesetzte Stellungsdivision hatte ihnen sogleich zu folgen. Nächste Ausgabe war die Gewinnung eines ausreichenden Brückenkopfes, wenn möglich auch schon von Übergängen über den Kl. Iägel. Über die Düna sollten drei Brücken geschlagen werden. In der Frühe des zweiten Tages hatten drei bis vier inzwischen herangekommene weitere Divisionen überzugehen; jenseits des Flusses sollten dann drei Gruppen unter je einem Generalkommando gebildet werden, die den Angriff mit möglichster Beschleunigung vor allem nach Norden weiter vortrugen. Weitere Divisionen und Heereskavallerie sollten folgen1).
l) Gliederung der Angriffstruppen am I. Sept. früh:
Für den Düna-Übergang.
1. Treffen: . Gen. Kdo. 51: Genlt. v. Berrer mit 19. R. D., 14. b. u. 2. E. Z. D., Anfänge nahe den Übergangsstellen; ihnen folgend 203. F. D. (bisherige Stellungsdivision).
2. Treffen: 1. G. g. D., 42. F. D., G. E. Div., Anfänge durchschnitt!. 10 km von den Übergangsstellen entfernt; 2. b. L. D., bisherige Stellungsdivision östlich der Übergangsstelle.
ö. Treffen: 20. g. D., 75. R. D., Heereskav. (1. K. D., L.-Hus. u. 17. Kav. Brig.) und 202. g. D.
an der Bahn gakobstadt-Mitau; 77. R. D. im Anrollen.
Feuervorbereitung: 615 Geschütze (davon 251 schwere u. schwerste), 544 931.28. (davon 220 nuttl. u. schwere).
übersehen und Brückenbau: 29 Pi., 8 Arm.-Komp., 9 Korps-, 15 Div.Br.Trs.
LuststreitkrSfte: etwa 90 Flugzeuge.
©egen die russischen Stellungen westlich von Riga:
Bisherige Stellungsbesahung:
1.9t. S.
®en. Kdo. 60: Genlt. von Pappritz mit 22. L. D. u. 205. F. D.
Weltkrieg. XIII. Sb. iq
194
Der Krieg im Osten. Offensive im Baltikum.
LS. Asgust.
1. September.
2. September.
Zur artilleristischen Vorbereitung des Überganges wurden 159 Batterien und zahlreiche Minenwerser-Einheiten eingesetzt mit insgesamt 407000 Schuß Splittermunition, dazu 154000 Gas- und 3000 Nebelgranaten sowie 82000 mittlere und schwere Minen. Nach kräftiger Vergasung, vor allem der feindlichen Artillerie-Stellungen, sollte das Wirkungsschießen folgen, während das Übersehen dem Einblick von den Flanken her durch Vernebelung entzogen wurde.
Zur Täuschung des Gegners wurde für die Nachbarabschnitte, vom Oberbefehlshaber Ost außerdem auch für die Armee-Abteilung D und die 10. Armee, Steigerung der Artillerietätigkeit in den letzten Tagen vor dem Angriff angeordnet. Auf einen ursprünglich geplanten, gleichzeitigen Nebenangriss über die Düna in der Gegend von Friedrichstadt war dagegen aus Mangel an Kräften verzichtet worden. Statt dessen sollten an drei Stellen zwischen Friedrichstadt und Jakobstadt Täuschungsunternehmungen mit starkem Artillerie-Einsatz durchgeführt werden.
Die Truppen westlich von Riga hatten nachzustoßen, sobald der Gegner dort unter der Wirkung des Düna-Überganges den Rückzug einleitete.
Der Düna-Übergang.
In der Nacht zum 1. September begann um 4° morgens das Gas-schießen der Artillerie, ihm folgte von 6° an das Wirkungsschießen. Am 9° begann nach Wegnahme der beiden im Äbergangsraume liegenden Düna-Inseln das Übersetzen der Infanterie. Jeder der drei Divisionen standen dafür 75 Pontons zur Verfügung, so daß sie gleichzeitig je anderthalb Bataillone an das feindliche Ufer bringen konnten. Die russische Gegenwirkung war von Anfang an sehr gering. Unterstützt von Schlacht- und Jagdfliegern nahm die Infanterie der 19. Reserve-, 14. bayerischen und 2. Garde-Insanterie-Division, ohne noch ernstlichen Widerstand zu finden, die russischen Herstellungen und erreichte die nahe dahinter verlaufende Eisenbahn. Flieger beobachteten nach Nordosten zurückflutende feindliche Truppen, meldeten aber auch, daß Teile des Gegners aus Riga bereits im Abzüge seien. Um 1230 mittags war die erste, um 230 auch die letzte Brücke fertig. Bis zum Abend war ein zwölf Kilometer breiter und bis zu sechs Kilometer tiefer Brückenkopf auf dem nördlichen Ufer gewonnen. Nur die mittlere, 14. bayerische Infanterie-Division, die bis zum Kl. Iägel vorstieß, hatte ernstere Kämpfe gehabt; am Kl. Iägel traf sie so hartnäckigen Widerstand, daß sie den Übergang auf den nächsten Tag verschob.
Bis zum Morgen des 2. September standen etwa sechs Divisionen aus dem nördlichen Düna-Ufer. Für das weitere Vorgehen wurden drei
Einnahme von Riga. Der Düna-Übergang.
195
Gruppen gebildet'). Unterdessen ergab die Luftaufklärung, daß der Gegner aus seinen Stellungen westlich von Riga in vollem Abzüge war und seine Reserven dem deutschen Angriff entgegenwars. Bei der Stoßgruppe des Generalleutnants von Berrer gelang es der I. Garde-In-fanterie-Dioision erst gegen 4° nachmittags, bei Lindenberg die russische Stellung am Kl. Jaget zu durchstoßen. Bis zum Abend erreichten ihre Aufklärungsabteilungen und die 14. bayerische Infanterie-Division zwischen Boijer und Sacke den Gr. Iägel. Sie hatten von den Düna-Brücken her in zwei Tagen im ganzen 15 Kilometer Raum gewonnen. Die Gruppe Kathen kam ohne größere Kämpfe einige Kilometer nach Osten vorwärts. Von der Gruppe Riemann erzwang die 42. Infanterie-Division im Anschluß an die Gruppe Berrer den Übergang über den Kl. Iägel und wandte sich dann nordwestwärts gegen Kulpe, wo sie abends vor starkem feindlichen Widerstand festlag. Garde-Ersah-Division und 2. Garde-Insanterie-Dwision erstürmten nach Artillerievorbereitung eine russische Riegelstellung, kamen aber über die Linie Sauresch—Kurtenhos nicht hinaus; denn der Gegner führte hier bis tief in die Nacht hinein mit immer neuen Kräften heftige Gegenangriffe.
Die Schwierigkeiten des Angriffsgeländes machten sich in zunehmendem Maße geltend. Es erwies sich außerhalb der Wege ungangbar für Fahrzeuge. In dem unübersichtlichen und teilweise versumpften Waldgebiet fand die Artillerie kaum irgendwo geeignete Feuerstellungen. Ihre Fahrzeuge sowie viele andere jeder Art sperrten in endloser Reihe die wenigen Wege, und diese Stauung setzte sich wie in Engpässen bis weit über die Brücken auf das südliche Düna-Aser fort.
Westlich von Riga waren um 8° morgens die russischen Stellungen unbesetzt gefunden worden. Dem Gegner folgend erreichten die deutschen Tmppen den Nordrand des Tirul-Sumpfes sowie nördlich vom Babit-See die Gegend westlich von Majorenhos.
Für den 3. September gab General vonHutier der Gruppe Berrer die Aufgabe, „unter vollster Ausnützung der Marschleistungen aller Waffen" nach Norden an die Bahn und Straße nach Hinzenberg heranzugehen und schleunigst die Enge zwischen Iägel- und Stint-See sowie der Küste zu sperren. Die Gruppe Kathen hatte weiterhin die rechte Flanke zu decken,
') Oftgruppe: Gen. d. Inf. von Kathen (Gen.Kdo. XXIII. R. K.) mit 19. R. D., 203. g. D., 17. Kav. Brig., ferner auf südl. Flußufer in Stellung 2. b. L. D.
Stvßgruppe: Genlt. von Berrer (Gen. Kdo. 51) mit 1. G., 14. b. I. D., dahinter verst.
1.K.D., 20. g. $>., 75. R. D.
Weftgruppe: Gen. d. Znf. Riemann (Gen. Kdo. VI. A. K.) mit 42. I. D., G. E. Div.,
2. ©. g. D.
Noch zurück: 202. g. D., 77. R. D.
13*
196
Der Krieg im Osten. Offensive im Baltikum.
2. September.
die Gruppe Riernann und die Truppen westlich von Riga sollten den Angriff gegen die Stadt selbst fortsetzen.
Bei der Gruppe Berrer verzögerte sich das Vorgehen der 1. Garde-Infanterie-Division durch die unklaren Verhältnisse in ihrer zunächst'ungeschützten Ostslanke. Sie überschritt um 12° mittags den Gr. Iägel bei Boijer und östlich und erreichte mit Vortruppen bis zum Abend bei Sidrob-sal das Südufer der Trumschuppe. Links neben ihr war es der 14. bayerischen Infanterie-Division gelungen, im Morgengrauen östlich von Sacke die Brücke über den Gr. Iägel in die Hand zu bekommen. Es folgten dann aber hartnäckige Kämpfe vor allem bei Sacke, wo der Gegner noch auf dem Südufer stand. Da Artillerie bei den schwierigen Wegeverhältnissen erst spät herankam und auch nur schwer zur Wirkung gebracht werden konnte, gewann der Angriff nur langsam Raum. Am Abend lag die Division vor einer neuen feindlichen Stellung an der Trumschuppe bei Balin fest. Don den nachfolgenden Divisionen gewann rechts von der 1. Garde-Infanterie-Division in starkem Vorwärtsgehen die Vorhut der 20. Infanterie-Division nach leichten Gefechten abends das nördliche Trumschuppe-Aser bei St. Ricolaja, ihr Gros und rechts daneben die 1. Kavallerie-Division waren noch weiter zurück. Der Versuch, auch die 75. Reserve-Division im Laufe des Tages in die vordere Linie vorzuziehen, scheiterte an der Ungangbarkeit des Geländes außerhalb der Wege, die von den vorne befindlichen Divisionen völlig belegt waren; abends erreichte ein einzelnes Bataillon der Division die Trumschuppe bei Podekai-Bunze. Die Gruppe Kathen hatte ihre Stellungen abermals etwas ostwärts vorgeschoben. Ihr linker Flügel, 203. Infanterie-Division, hatte dabei zusammen mit Teilen der 1. Kavallerie-Division bei Kranzem feindlichen Widerstand gebrochen. Bei der Gruppe Riemann nahm die 42. Infanterie-Division nach schwerem Kamps Kulpe und kam im Vorgehen nach Norden bis an den Gr. Iägel, dessen Nordufer sie besetzt fand. Da weiter südlich der Gegner nachts abgezogen war, konnte die Garde-Ersatz-Division westlich des Iägel-Sees vorgehend, bis zum Abend die Enge zwischen diesem See und dem Stint-See erreichen. Die dortige Straßenbrücke war abgebrannt, der Gegner offenbar nach Osten bereits abgezogen. Links von der Garde-Ersatz-Division erreichte die 2. Garde-Infanterie-Division unter Kämpfen bis zum Abend die vorn Gegner geräumte Stadt Riga, während von Westen her die 1. Reserve- und 22. Landwehr-Division schon vormittags bis an die gesprengten Düna-Brücken gelangt waren.
Aus Riga und dem Raume westlich der Stadt war der Gegner abgezogen. Flieger hatten nicht nur auf der großen Straße nach Hinzenberg, sondern auch auf dem Wege nordwestlich des Gr. Weißen Sees lange
Einnahme von Riga. Rückzug der Russen.
197
Kolonnen aller Waffen im Abmarsch beobachtet. Ein aufgefangener Funkspruch bestätigte diese Beobachtung: Das VI. sibirische Korps sollte zur Entlastung der großen Straße auf das Norduser der Aa ausweichen, das II. sibirische Korps zur Deckung des Abmarsches gegen Süden angreifen. Es bestand also bestenfalls noch Aussicht, Teile des Gegners gegen die Aa westlich von Hinzenberg zu drücken. Entscheidend dafür war das Vorwärtskommen des rechten Flügels der Gruppe Berrer. Dessen 20. Infanterie-Division hatte jedoch am 4. September zunächst bei Planup russischen Widerstand zu brechen; dann wandte sie sich gegen den Bahnhof Hinzenberg, den sie dem Gegner aber erst um 3° nachmittags entreißen konnte. Rechts von ihr hatte die 1. Kavallerie-Division die Verfolgung in das Sumpfgebiet des Gr. Iägel aufgenommen. Links von ihr erreichte die 1. Earde-Infanterie-Division unter Kämpfen nach 5° nachmittags bei Birsnek die große Straße und gelangte bis zum Abend von Stoischen bis westlich von Wangasch an die Aa. Fm ganzen konnte sie dabei nur noch 200 Gefangene und acht Geschütze einbringen.
Der Gegner war entkommen.
Die Oberste Heeresleitung hatte bereits am Z. September, als sich dieses Ergebnis voraussehen ließ, die Weisung erteilt, die Operationen nordöstlich von Riga „bald zu einem Abschluß zu bringen"; drei Divisionen sollten nach dem Westen abgegeben werden. So wurde die Front am 5. September nur noch einige Kilometer nach Osten, dabei auch über die untere Aa bis zum Lilast-See vorgeschoben. Zu Kämpfen kam es dabei nicht mehr. Die Operation war beendet. Der Gegner schien aus Stellungen im Hügel- und Seen-Gebiet von Wenden ausgewichen zu sein.
Maßnahmen des Gegners, Verluste und Beute, Betrachtungen.
Der deutschen 8. Armee stand die russische 12. Armee, seit Anfang August unter General Parski, gegenüber. Bereits am 6. August, zwei Tage nachdem die 8. Armee mit den Angrifssvorbereitungen betraut worden war, befahl die russische Heeresleitung wegen der Versammlung deutscher Kräfte in der Gegend von Baldon*), diesem Abschnitt größte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Bis zum 20. August wurden die noch westlich der kurländischen Aa eingesetzten Kräfte hinter diesen Flußlauf zurückgenommen. Seitdem standen westlich von Riga etwa acht Divisionen in vorderer Linie, eine dahinter; auf dem nördlichen Düna-Ufer von der Insel Dalen bis östlich von Friedrichstadt hielten mindestens drei Divisionen die vordere
‘) Da zu dieser Zeit noch keinerlei Truppenansammlungen bei Baldon stattgefunden hatten, muh die Nachricht über die Absichten der höheren Führung durch Verrat, vielleicht unter Ausnutzung der Wege der ehemaligen Frontpropaganda, zu den Russen gekommen sein.
4. September.
5. September.
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Der Krieg im Osten.
Linie, zwei lagen dahinter; etwa anderthalb Divisionen waren südöstlich von Riga versammelt. Durch Überläufer frühzeitig unterrichtet, erwartete General Parski den deutschen Angriff gegen den von etwa einer Division besetzten Abschnitt Insel Dalen—Oger. Da hinter ihm und seitlich Reserven bereit standen, stieß der deutsche Angriff in Front und Flanken alsbald auf Widerstand, der durch Truppen, die von Riga her anrückten, neu genährt wurde. Die Russen kämpften aber nur noch um Deckung des Rückzuges, den die noch westlich der Stadt stehenden Truppen über fünf Brücken schon am 1. September begonnen hatten. In der Nacht zum 3. September wurden Dünamünde und Riga geräumt, die Brücken über die Düna und die Befestigungen von Dünamünde gesprengt. Die Armee sollte aus eine bei Wenden vorbereitete Stellung zurückgehen. Das VI. sibirische Korps entkam westlich des Gr. Weißen Sees ungestört, das XXXXIIL und das II. sibirische vermochten sich aus der verstopften Hauptstraße nur in völliger Unordnung dem Abgeschnittenwerden zu entziehen, das XXI. Korps wich ostwärts aus. Insgesamt soll die Armee nach Berechnungen der russischen Heeresleitung 25000 Mann verloren haben, dagegen die Artillerie von wohl fünf Divisionen. Dem stand ein deutscher Verlust von nur 4200 Mann, von dem mehr als ein Viertel auf die 14. bayerische Infanterie-Division entfiel, gegenüber; 9000 Gefangene waren eingebracht, dazu 262 Geschütze, davon ein Drittel schwere, und zahlreiche sonstige Beute.
Der Geländegewinn entsprach durchaus der Zielsetzung: die alte Hansestadt Riga mit gegen 50000 deutschen Bewohnern war in gesichertem Besitz, östlich der unteren Düna war bis zu 25 Kilometer Raum gewonnen. Das große operative Ziel, die westlich von Riga stehenden russischen Divisionen abzufangen, war aber nicht erreicht. Ob es angesichts der Gegenmaßnahmen der russischen Führung und der doch immer noch bemerkenswerten Widerstandskraft der zur Gegenwehr vorgeworfenen russischen Truppen, vor allem aber der Schwierigkeiten des großen Waldgebiets überhaupt erreichbar gewesen war, erscheint zweifelhaft. Auch bei Zurücklassung der alsbald nur noch hindernden Masse der Artillerie und Fahrzeuge wäre man wohl kaum rascher vorwärts gekommen. Nur der Düna-Übergang hatte mit vorbildlicher Pünktlichkeit und Schnelligkeit durchgeführt werden können; dann aber waren vier volle Tage vergangen, bis die 25 Kilometer entfernte Hauptrückzugsstraße des Gegners erreicht war. Dieser hatte damit Zeit genug gehabt, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. So waren seine Truppen, wenn auch unter Verlust eines großen Teiles der Artillerie und unter schweren inneren Erschütterungen, der ihnen zugedachten Vernichtung doch entgangen.
Offensive im Baltikum.
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2. Die Einnahme von Jakobstadt.
Beilage 19.
Don den am Angriff auf Riga beteiligten Truppen mußte der Oberbefehlshaber Ost bis Mitte September vier Divisionen und eine entsprechende Zahl von Batterien abgeben. Der Gedanke, die russische Düna-Front von der Übergangsstelle aus bis Iakobstadt oder gar bis Dünaburg aufzurollen, wurde damit hinfällig. Den russischen Brückenkopf von Iakobstadt, vielleicht auch den von Dünaburg, glaubte der Oberbefehlshaber Ost mit den ihm verbleibenden Kräften aber noch wegnehmen zu können.
Bei Iakobstadt handelte es sich um einen Raum von mehr als 40 Kilometer Breite und fast 10 Kilometer Tiefe südlich der Düna, in dem, soweit bekannt, etwa drei Divisionen standen. Angesichts des gesunkenen Kampfwertes der russischen Truppen glaubte man die Aufgabe durch Zuführung von nur einer deutschen Angriffsdivision lösen zu können, sie wurde nebst Heeresartillerie dem vor Iakobstadt befehligenden Generalleutnant Egon Graf von Schmettow (Generalkommando z. b. B. 58) überwiesen, das selbst schon über Truppen in Stärke von fast zwei Divisionen verfügte. Der Brückenkopf sollte von insgesamt zwei Divisionen etwa in seiner Mitte durchstoßen werden, die dazu über die schmalen, das ausgedehnte Sumpfgelände durchziehenden Landbrücken von Roshe und Rudsait in die feindliche Front einzubrechen hatten; der Einbruchsraum war für beide Divisionen zusammen kaum einen Kilometer breit. Dann sollte sich die nördliche, 105. Infanterie-Division nordwärts wenden, um das Höhengelände in der großen Düna-Schleife von Stockmannshof in Besitz zu nehmen, während die südliche, 14. bayerische Infanterie-Division geradeaus bis zum Fluß vorstoßend, dieses Vorgehen gegen den Südteil des Brückenkopfes und die Stadt Iakobstadt deckte. Kleinere Unternehmungen der 29. Landwehr-Brigade rechts, der 4. Kavallerie-Division links sollten mithelfen.
Der Angriff wurde am 21. September früh durch dreistündiges Vor- ei.eepttmb«. bereitungsfeuer von rund 250 Geschützen und 130 schweren und mittleren Minenwerfern eingeleitet. Die um 630 zum Sturm antretende Infanterie fand nur geringen Widerstand. Unter dem Schuhe von Nachhuten suchte der Gegner über die Düna zu entkommen. In der Gegend von Wizan erreichten die deutschen Truppen bereits mittags den Fluß. Grundlose Wege verzögerten das Nachziehen der Artillerie; trotzdem konnte die 105. Infanterie-Division bis zum Abend den gesamten Brückenkopftaum nördlich der Einbruchstelle vom Feinde säubern. Unterdessen brach die 14. bayerische Infanterie-Division nachmittags feindlichen Widerstand am
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Der Krieg im Osten. Offensive im Baltikum.
22. September.
Dis Mitte September.
Sussei-Abschnitt und besetzte im Lause der Nacht auch Fakobstadt selbst. Der Gegner war überall aus das rechte Stromuser ausgewichen, die Brücken hatte er zerstört. Den noch etwa 25 Kilometer weiter gegen Südosten sich erstreckenden Teil des Brückenkopfes, durchweg Sumpfniederung und daher nur ganz schwach besetzt, räumte er ebenfalls. So standen am 22. September abends der äußerste linke Flügel der Armee-Abteilung D und die Truppen des Generalkommandos 58 auf der ganzen Linie an der Düna. Die Beute zählte 4000 Gefangene und 50 Geschütze, die eigenen Verluste betrugen 700 Mann.
Der Angriff gegen den erheblich ausgedehnteren und stärker ausgebauten Brückenkopf von Dünaburg ließ sich mit so bescheidenen Mitteln wie bei Fakobstadt nicht durchführen. Da aber die Oberste Heeresleitung am 22. September ihre Zustimmung zu diesem Unternehmen nur unter der Voraussetzung erteilte, daß es der Oberbefehlshaber Oft mit seinen eigenen Kräften durchführe, und sich vorbehielt, es angesichts der gespannten Gesamtlage nötigenfalls im letzten Augenblick noch anzuhalten, gab der Oberbefehlshaber Ost den Plan am 26. September auf. Er konnte die erforderlichen Kräfte nicht zusammenbringen, zumal da er inzwischen bereits den Angriff gegen die Baltischen Inseln vorbereitete.
Z. Die Einnahme der Baltischen Inseln.
Beilage 20.
Unmittelbar nach Beendigung des Unternehmens gegen Riga hatte die Oberste Heeresleitung den Entschluß gefaßt, „die Schwächung Rußlands noch weiter durchzuführen und eine weitere gute Basis für eine, wenn erforderlich, noch weitergehende Offensive auf Petersburg im Fahre 1918 zu schaffen", und zwar sollten die russischen Seestreitkräfte im Rigaschen Meerbusen, die sich auf die vorgelagerten Baltischen Inseln stützten, vertrieben, die Inseln Öfel und Moon weggenommen werden. Die Zeit drängte bereits, da der Herbst mit seinen besonders für das Minenräumen schwierigeren Verhältnissen vor der Tür stand. Nach Besprechungen mit der Marineleitung erhielt der Oberbefehlshaber Ost am 12. September Mitteilung von dem Beabsichtigten; mit Verladung der Truppen könne vom 27. September ab begonnen werden. Die Oberleitung des Unternehmens „Albion" wurde der 8. Armee übertragen. Die Durchführung des Seetransportes und dessen Schuh „bis zum Augenblick des Gelandetseins" sollten Sache der Marine, die Operationen aus den Inseln selbst Sache des Heeres sein; die Seestreitkräfte hatten die Land-kämpfe auf Anfordern zu unterstützen. Die Marine stellte den „Flotten-
Bereitstellung der Seestreitkräfte und Truppen.
201
verband für Sonderunternehmungen", in ihm die neuesten und kampfkräftigsten Schiffe der Flotte, unter Vizeadmiral Schmidt, das Heer das Generalkommando des XXIII. Reservekorps, General der Infanterie von Kathen, mit der verstärkten 42. Infanterie-Divifion; die Truppen wurden zur Verladung bei Libau versammelt*).
Am 19. September befahl der Kaiser als Oberster Kriegsherr: „Zur Beherrschung des Rigaer Meerbusens und zur Sicherung der Flanke des Ostheeres sind durch gemeinsamen Angriff von Land- und Seestreitkräften die Inseln Ösel und Moon zu nehmen, der Große Sund ist für die Durchfahrt von Seestreitkrästen zu sperren".
Die Heranziehung der für das Unternehmen nötigen Seestreitkräfte nebst zahlreichen Hilssschisfen bedeutete fast völlige Entblößung der Nordsee sowie der mittleren und westlichen Ostsee2). In der Ostsee mußte außer mit acht englischen und etwa 30 russischen Unterseebooten mit der im Finnischen Meerbusen liegenden russischen Flotte gerechnet werden, die immerhin acht Linienschiffe, neun Kreuzer und etwa 50Torpedoboote zählte, allerdings fast durchweg Schiffe älterer Bauart. Wie hoch die Kampfkraft dieser Verbände einzuschätzen war, ließ sich wegen der revolutionären Umtriebe in der Flotte schwer sagen.
Über die Verhältnisse auf den Inseln war bekannt, daß der Gegner seit dem Falle von Riga eifrig an Befestigungsanlagen arbeitete; er schien
1) Gliederung der Streitkräfte:
Sonder verband für Flotten Unternehmungen, Vizeadmiral Erhard t Schmidt Flaggschiff: Schlachtkreuzer „Moltke";
IH. Geschwader: 5 Linienschiffe;
IV. Geschwader: 5 Linienschiffe;
II. Aufkl.Gruppe: 5 kl. Kreuzer;
Aufkl.Streitkr. d. östl. Ostsee: 3 kl. Kreuzer, 24 Torp. B.;
I. Führer d. Torp. B. Streitkr.: 1 kl. Kreuzer, 27 Torp. B.
Minen-Such- und Räum.-Verbände: 99 Fahrzeuge (einschl. Motorboote);
6 Unterseeboote;
N-Bootabwehr: 99 Fahrzeuge (einschl. Leichter);
H Luftschiffe, etwa 100 Seeflugzeuge;
Transportflotte: 19 Dampfer mit zus. rund 120000 Br.Reg.T. für die Überführung von rund 25000 M., 8500 Pf., 40 Gesch., 2500Fahrz., dazu mehr als 20 Hilfsschiffe für Munition, Verpflegung, Kohlen, Heizöl, Wasser, Sanitätsdienst.
Gen. Kdo. XXIII. R. K., Gen. d. Fnf. von Kathen:
42. F. D., verst. durch:
l Fnf.Rgt., Sturm-Btl. zu 2 Komp. (ein weiteres Fnf.Ngt. sollte später folgen); 2. Radf. Brig. mit 5V8 Btln.; 2 Esks.; 5 schw. Bttrn.; Pion. Nachr. u. sonstige Formationen; Luststreitkräfte: Flieg. Abt. 16.
2) Vgl. S. 449s.
19. September bis Anfang Oktober.
202
Der Krieg im Osten. Offensive im Baltikum.
19. September bis Anfang Oktober.
den Angriff also zu erwarten. Die Inselbesatzung wurde im ganzen auf etwa eine Division geschätzt, deren Hauptkräfte im Westteil von Öfel, an der Tagga-Bucht, bei der Stadt Areneburg und auf der Halbinsel Sworbe angenommen wurden. Der zur Insel Moon führende Damm war durch einen Brückenkopf bei Orrisar geschützt. Schwere Batterien an der Südspitze von Sworbe sperrten in Verbindung mit einem ausgedehnten Minenfeld die Irbe-Stratze, aber auch die Einfahrt in die Tagga-Bucht, der Soela- und der Große Sund waren durch Geschützausstellungen und Minen gesperrt.
Unter diesen Umständen war die frühere Absicht, in den Rigaschen Meerbusen einzudringen und an der Südküste von Öfel bei Arensburg zu landen/ aufgegeben worden. Die Landung sollte an der Nordwestküste erfolgen, wo die Tagga-Bucht günstige Verhältnisse bot. Scheinunternehmungen an anderen Stellen sollten den Gegner ablenken.
Für die Landoperationen gab die Oberste Heeresleitung als „erstes und baldigst zu erreichendes Ziel" die Wegnahme von Arensburg, das Flottenstützpunkt werden sollte, sowie, um den Seeweg dorthin zu öffnen, auch der Halbinsel Sworbe. „Zweites, ebenfalls möglichst schnell zu erreichendes" Ziel sollte, um die Nordeinsahrt in den Meerbusen sperren zu können, die Insel Moon sein. Aufgabe der Seestreitkräfte sei es, „bei diesen schnell durchzuführenden Operationen, durch baldiges Eindringen in den Rigaschen Meerbusen die rechte Flanke des Landungskorps gegen See zu sichern und den Angriff gegen den Brückenkopf von Orrisar und die Insel Moon mit allen verfügbaren Kräften zu unterstützen".
Für die Überfahrt wurden zwei Transportstasfeln gebildet, die I. Staffel hatte die fechtenden Truppen, die II. ein weiteres zugeteiltes Infanterie-Regiment, den Rest von Pferden und Fahrzeugen sowie Kolonnen und Trains zu überführen.
Die Hauptaufgabe lag zunächst bei der Flotte. Ihr oblag als erstes die Überführung der I. Transportstaffel nach der Tagga-Bucht und der Schutz der Landung. Ein „Vortrupp" auf Torpedobooten und schnellen Dampfern sollte überraschend an Land geworfen werden, um die feindlichen Batterien wegzunehmen und die weitere Landung zu decken. Die nach der Tagga-Bucht bestimmten Hauptkräfte erhielten Arensburg und Sworbe als Vormarschziele. Gleichzeitig sollten aber auch vor allem Rad-sahrtruppen bei Pammerort an der Nordspihe der Insel an Land gesetzt werden, um dem Gegner den Rückzug nach Moon zu verlegen. Die Flotte hatte unterdessen die Einfahrt durch die Irbe-Straße wie durch den Soela-Sund vollends freizumachen, um den Übergang nach Moon von See aus unterstützen und die II. Transportstaffel in Arensburg ausladen zu
Vorbereitung der Landung auf öfel.
203
sönnen; diesen Ort hoffte man bis dahin vom Lande her genommen zu
haben.
Schlechtes Wetter behinderte die Erkundungen und das Minen-
m der Flotte derart, daß die Verladung der Truppen von Tag zu ( Meit"- hinausgeschoben werden mußte. Nach dem Arteil des Vize-p mußte man vor Beginn der Überfahrt drei bis vier
' 'ben, da rechtzeitige Beendigung der Näumungs-„jbeitcn r II. Staffel nach Arensburg sonst nicht gewähr-
leistet sei, ,.v nach w taffel in der Tagga-Bucht auszuladen, verbiete sich wegen der Anterseeboot-Gesahr, die bei Wiederbenuhung dieses, dem Gegner inzwischen bekannten Weges drohte; auch sei ohne vorherige Freilegung des Fahrtweges die Mitwirkung der Flotte beim Übergang nach Moon in Frage gestellt. General Ludendorsf drängte zwar daraus, das Unternehmen auch ohne vorherige völlige Freimachung der Fahrtrinne nach Arensburg auszuführen, denn er trug angesichts der dauernd aufs äußerste gespannten Lage in Flandern Bedenken, die bewährte 42. Infanterie-Division allzulange im Osten festzulegen. Im übrigen müsse das Unternehmen des Wetters wegen voraussichtlich aufgegeben werden, wenn es bis Mitte Oktober nicht ausgeführt werden könne. Doch bestand General von Hutier als Leiter des Ganzen auf weiterem Zuwarten entsprechend der Auffassung des für die Überfahrt verantwortlichen Seeoffiziers.
Erst am 8. Oktober konnte Vizeadmiral Schmidt nach erheblicher Besserung des Wetters melden, daß am folgenden Tage die Einschiffung beginnen könne. Den Zeitbedarf für sie hatte man durch vorherige Verladung von Fahrzeugen und wiederholte Übungen von drei aus zwei Tage für die I. Staffel abgekürzt. Am 10. Oktober war die Einschiffung beendet. Die Abfahrt mußte so gelegt werden, daß der Vortrupp bei Morgengrauen landen konnte. Am 11. mittags sehte sich die vor Libau versammelte Transport-Flotte, auch unter Aufklärung durch Luftschiffe und Flieger, in Bewegung.
Am 12. Oktober, noch bei Dunkelheit, lies der Vortrupp unbemerkt in die Tagga-Bucht ein; die vordersten Teile der gelandeten Truppen erreichten das Land, ohne nennenswerten Widerstand zu finden. Die Flotte kämpfte die nur wenig in Tätigkeit tretenden russischen Küstenbatterien an der Tagga-Bucht und am Soela-Sund nieder. Dann begann die Ausschiffung der I. Staffel. Ohne ihre Artillerie abzuwarten, drang die gelandete Infanterie gegen nur sehr schwachen Widerstand nach Süden und Osten vor; Aufklärungsflieger und Schlachtslieger unterstützten sie. Der ©egner zog, wie es schien in großer Verwirrung, ins Innere der Insel ab.
8. Me 12. Oktober.
204
Der Krieg im Osten. Offensive im Baltikum.
13. Oktober.
14. bis 20. Oktober.
Ihm folgend kamen die vordersten Teile abends bis Pajeküll, Ristiküll und Kiddemets. Unterdessen hatte nach Niederkämpfung der russischen Batterie an der Südspitze von Dagö auch die Landung der Radsahr-Truppen bei Pammerort begonnen. Im Vorgehen nach Süden und Osten erreichten sie, meist ohne Widerstand zu finden, bis zum Abend bereits Ladjall, Tikka und Könno, während ein Bataillon nebst Sturmkompanie in der Richtung aus Orrisar bis in den dortigen Brückenkopf vordrang. Der Gegner schien im Rückzug von Arensburg auf Orrisar.
Für den 13. Oktober gab der Kommandeur der 42. Infanterie-Division, Generalleutnant von Estorss, Orrisar als Hauptziel. Während bei schlechtem Wetter und ausgeweichten Wegen von der Tagga-Bucht nach Süden vordringende Teile der Division den Zugang zur Halbinsel Sworbe und in der Nacht zum 14. Oktober die Stadt Arensburg erreichten, marschierten drei Infanterie-Regimenter in zwei Kolonnen nach Osten und kamen bis Irrasse und Putla. Inzwischen aber hatte der vor ihnen auf Orrisar abziehende Feind die schwachen deutschen Truppen/ die ihm dort den Weg verlegten, in eine schwierige Lage gebracht. Es kam zu einer ernsten Krise. General von Estorss befahl sofortigen Weitermarsch seiner infolge der vorhergegangenen Anstrengungen todmüden Hauptkräste nach Osten.
Am 14. Oktober, bei strömendem Regen, ging der ungleiche Kampf der deutschen Truppen bei Orrisar gegen die andrängenden russischen Massen weiter. Torpedoboote griffen vom Kleinen Sund aus ein, führten auch Munition und Verpflegung zu. Aber erst nachmittags brachte die vorderste durch Wald- und Sumpfgelände aus grundlosen Wegen über Taggaser anmarschierende Nordkolonne der 42. Infanterie-Division wirksame Entlastung; die Südkolonne erreichte nach 50 Kilometer Marsch Kapra. Für den 15. Oktober befahl Generalleutnant von Estorfs den allgemeinen Angriff, der nach kurzer aber teilweise heftiger Gegenwehr des Feindes zur Waffenstreckung von etwa 6000 Mann der russischen 107. Infanterie-Division führte. An demselben Tage nachmittags ergab sich auf Sworbe, von Norden angegriffen und von See aus beschossen, auch der Rest der Fnselbesatzung, insgesamt noch 4000 Mann.
Unterdessen hatten Minensuchverbände der Flotte unter dem Schuhe von Kreuzern in mühsamer und gefahrvoller Arbeit durch mehrere Minensperren wenigstens einen schmalen Weg durch die Irbe-Strahe freigelegt, der den schweren Schiffen den weiteren Vorstoß zum Großen Sund ermöglichte. Am 17. Oktober griffen sie an dessen Südeingang feindliche Flottenteile und Küsten-Batterien aus Moon sowie aus dem Festlande bei Werder an. Nach Vernichtung des russischen Linienschiffes, „Slawa", entfernten sich die übrigen russischen Seestreitkräste und eine
Einnahme von Öfel, Moon und Dagö.
205
Transportflotte unter dem Schutze der den Großen Sund abschließenden Minensperre nach Norden.
Durch überraschendes Übersehen nördlich von Orrisar faßte die 42. Infanterie-Division noch am 17. Oktober auf der Insel Moon Fuß. Unter diesem Druck von Norden, und im Rücken durch das Eindringen der deutschen Flottenteile in den Großen Sund bedroht, gab der Gegner die Abwehr am Zugangsdamm auf; 5000 Mann streckten die Waffen. Damit waren am Nachmittag des 18. Oktober ganz Osel und Moon in deutscher Hand. Am 20. besetzte die Marine auch die Insel Schildau im Großen Sund.
Unterdessen hatte sich General von Hutier bereits seit dem 12. Oktober mit dem Gedanken beschäftigt, auch Dagö wegzunehmen, dessen Besitz für die Flotte wichtig war, und das in der Hand des Feindes eine dauernde Bedrohung Osels darstellte. Auch General von Kathen riet am 14.Oktober, Dagö sofort zu nehmen. Der Oberbefehlshaber Ost aber entschied, daß die Wegnahme „erwünscht, aber nicht unbedingt notwendig" sei; sie komme daher erst nach der Einnahme von Ösel und Moon in Frage. Am 15.Oktober befahl aberdieOberste Heeresleitung, die Insel, wenn die Lage es gestatte, sofort zu nehmen. Am gleichen Tage hatte bereits eine Landungsabteilung der Flotte die Südspihe von Dagö beseht. Am 17. Oktober folgte ein Radfahr-Bataillon, am 18. ein Infanterie-Regiment. Unter leichten Gefechten wurde bis zum 21. Oktober die Insel gesäubert. Nur 750 Mann hatten sich ergeben, die Masse der Besatzung war von Helternaa aus über See entkommen.
Geringen Verlusten, bei den Landtruppen im ganzen noch nicht 200 Mann, stand eine Beute von mehr als 20000 Gefangenen, 141 Geschützen und zahlreichem anderen Kriegsgerät gegenüber. Anderthalb russische Divisionen waren, soweit sie nicht über See entkamen, vernichtet. Die deutschen Seestreitkräfte hatten, außer geringen Beschädigungen an drei Linienschiffen und teilweise schwereren an 27 anderen Fahrzeugen durch Minen, etwas über 200 Mann verloren. Dagegen hatte die russische Ostseeflotte ihr stärkstes Schlachtschiff und ihre, die Erz- und Holzzuftchr aus Schweden bedrohende Ausfallstellung im Rigaschen Meerbusen eingebüßt. Für etwaige Weiterführung der Operationen gegen den Finnischen Meerbusen und Petersburg war eine wertvolle Ausgangsstelle gewonnen. Zum ersten Male seit ihrem Bestehen hatte die deutsche Flotte Schulter an Schulter mit dem Heere im Kampf gestanden. Vorbildliche Zusammenarbeit hatte dabei einen in jeder Hinsicht vollen Erfolg gebracht.
E. Entwicklung der Eesamtlage an der Ostfront.
Die Angriffserfolge der Verbündeten in Galizien und Rumänien, die 8. November. ppn Riga, gakobstadt und den Baltischen Inseln hatten den
inneren Halt des russischen Heeres derart erschüttert, daß alles, was Kriegsminister Kerenski, nach Kräften unterstützt von den Westmächten und Amerika, wieder aufzubauen versucht hatte, abermals völlig zusammenbrach. Wohl leisteten die Truppen in der Abwehr immer noch einigen Widerstand. Auch gelang es der 12. Armee, nachdem sie von Riga zunächst bis in die Stellungen von Wenden zurückgewichen war, ihre Front wieder so weit vorzuschieben, daß die verlorengegangene Fühlung mit deutschen Truppen wieder hergestellt wurde. Im ganzen aber war der Kampfeswille des Heeres so gut wie erloschen. Die Auflösung der Ordnung war aber nicht nur aus die militärischen Niederlagen zurückzuführen, sondern hatte auch von innen heraus neuen Auftrieb bekommen. Weitgehendes Versagen des Nachschubs infolge der hinter der Front herrschenden Unordnung führte zu Mumtions- und, was sich weit schlimmer auswirkte, zu Der-pflegungsmangel. Die Unzufriedenheit wuchs; es bedurfte nur noch eines geringen Anstoßes, um auch die notdürftig auftechterhaltenen letzten Reste der Ordnung im Heere und damit im ganzen Staate zu zerstören.
Hatten die Erfolge der Kerenski-Osfensive die Regierung noch einmal so weit gestärkt, daß sie in der zweiten gulihälste einen bolschewistischen Erhebungsversuch mit Waffengewalt niederschlagen konnte, so war die Macht der Arbeiter- und Soldatenräte doch keineswegs gebrochen. Am 21. Juli war Kriegsminister Kerenski zugleich Ministerpräsident geworden, und, da er es mit den Räten nicht verderben wollte, alsbald in scharfen Gegensatz zu General Kornilow gekommen, den er selbst am 1. August zum Oberbefehlshaber des Heeres ernannt hatte. Die Auseinandersetzungen hatten mit dessen Sturz und der Verhaftung zahlreicher hoher militärischer Führer geendet. Als dann am 14. September im Petersburger Arbeiter- und Soldatenrat die Bolschewiken ihre Forderungen durchsetzten, darunter Aushebung der Todesstrafe im Heere sowie Selbständigkeit Finnlands und der Akraine, ging die Auflösung mit Riesenschritten vorwärts. Im Heere sonderten sich finnländische, polnische un ukrainische Truppenteile ab. Offiziere wurden in Massen von ihren Soldaten mißhandelt oder ermordet. Diese aber dachten mit wenigen rühm liehen Ausnahmen nur noch an Beendigung des Kampfes und Rückkehr in die Heimat.
Die Vorgänge auf russischer Seite.
207
Auf deutscher Seite hatte man diese Hergänge mit Aufmerksamkeit perfolgt. Sie erleichterten die Lage im Osten und damit die Gesamtlage in entscheidender Weise.
Insgesamt war das Ostheer von Zum bis Ende Oktober aber doch nur um eine deutsche und sieben österreichisch-ungarische Divisionen geschwächt morden1), denn auch am 26. Oktober noch, als der Angriff der Mittelmächte am Ifonzo bereits erfolgreich im Gange war, rechnete die Oberste Heeresleitung mit der Möglichkeit russischer oder auch rumänischer Entlastungsangriffe. Sie blieben aus. Statt dessen kamen Anfang November Nachrichten über neue Unruhen in Petersburg, und am 8. erfuhr die Oberste Heeresleitung, daß dort der Arbeiter- und Soldatenrat und damit der bolschewistische Führer Lenin die Macht an sich gerissen habe. Diese Wendung war ihr im Hinblick aus die gesamte Kriegslage nicht unwillkommen. ■
») Zugang: Abgang:
zusammen: 17 dtsche. Div. 18 dtsche., 7 ö.-u. Div.
Der Abgang überstieg den Zugang mithin nur um 1 dtsche. u. 7 ö.-u. Div.
Das Bild änderte sich bis zum II. Nov. nicht mehr (Zugang 2 dtsche., 1 ö.-u. Div.; Abgang 3 dtsche. Div.). Näheres Beil. 28a.
Juli .... 8 dtsche. Div. August . . .
4 ö.-u. Div. 9 dtsche., 1 ö.-u. Div. 9 dtsche., 2 ö.-u. Div.
September . 3 dtsche. Div. Oktober . . 6 dtsche. Div.
V. Der Rrieg an der italienischen Sront1).
Juli/August.
A. Die 11. Isonzo-Gchlacht.
Beilagen 21 und 22.
Nach Abschluß der Frühjahrs-Kämpfe stand das italienische Heer unter General Gras Cadorna mit der Masse seiner Kräfte wie bisher am Isonzo2). Das große Ziel war, wie von Kriegsbeginn an, Österreich-Ungarn durch gleichzeitigen Angriff mit dem russischen Heere zum Erliegen zu bringen. Als die Russen am 1. Juli zum Angriff schritten, war aber das italienische Heer noch nicht bereit, und als bei den Verhandlungen mit den Bundesgenossen in Paris (24. bis 26. Juli2)) die Notwendigkeit des Zusammenwirkens nochmals betont wurde, war die russische Hauptosfen-sive durch den deutschen Gegenangriff bereits zum Erliegen gebracht. Es war wieder zweifelhaft geworden, ob auf Rußlands Angriffskraft überhaupt noch zu rechnen sei. Die Ausgabe Italiens erschien damit schwieriger, denn die Westmächte stellten Waffenhilfe, außer etwa 100 schon im Frühjahr zugeführten Geschützen, erst nach dem 15. September in Aussicht. Daran änderte sich auch nichts, als der italienische Vertreter bei nochmaliger Aussprache in Londons den Angriff noch vor Ende August zusagte, sofern
1) Anschluß an Bd. XII, 6.91 ff., 168ff. und 513ff.
2) Gliederung Ende Juli vom linken Flügel:
1. Armee: Genlt. Giraldi mit 7 Div., 977 Geschützen (davon 275 schwere) von der Schweizer
Grenze bis nördl. von Arsiero.
H. Armee: Genlt. Etna mit 8 Div., 698 Geschützen (davon 187 schwere) anschließend bis zum E.d'Afta.
4. Armee: Genlt. Nicolis di Robilant mit 4 Div., 569 Geschützen (davon 181 schwere) anschließend bis zum Quellgebiet des Piave einschl.
Karnische Gruppe: Genlt. Tassoni mit 2 Div., 387 Geschützen (davon 189 schwere) anschließend bis Flitsch ausschl.
2. Armee: Genlt. Capello (einschl. bisheriger Gruppe Görz) mit 21 Div., 1 Kav.Div.,
2047 Geschützen (davon 1146 schwere) anschließend bis zur Wippach, Schwerpunkt am Südflügel.
3. Armee: Genlt. Herzog von Aosta mit 17 Div., 1166 Geschützen (davon 661 schwere) an-
schließend bis zum Meere.
Heeresreserven: 4 Div., 3Kav. Div., 12Bersagl.- (Radf.-) Btl.
8) S. 49.
4) S. 50.
I I. gsonzo-Schlacht. Italienische Angriffsvorbereitungen.
209
weitere 400 schwere Geschütze nebst Munition zugeführt würden. General Ladorna glaubte, die Offensive aber schließlich auch aus eigener Kraft durchführen zu können. Nachrichten über die Zustände in der Donaumonarchie ließen auf Erfolg hoffen, und die Stimmung im eigenen Lande bedurfte dringend eines Sieges.
Die ersten Weisungen für die neue Offensive waren noch vor Abschluß der 10. Isonzo-Schlacht am 28. Mai gegeben worden. Dieses Mal sollte die gesamte, fast 50 Kilometer breite Front von Tolmein bis zum Meere angegriffen werden. Links erhielt die 2. Armee die Hochflächen von Bainsizza (Heiligengeist) und von Ternova zum Ziel, rechts die 3. Armee die Karst-Hochfläche von Comen. Dazwischen wollte man den tiefer gelegenen Raum östlich von Görz im Angriff zunächst aussparen. Ein weiter gestecktes operatives Ziel wurde nicht gegeben. Nach allen bisherigen Erfahrungen suchte General Cadorna den Erfolg durch Einsah allerstärkster Angriffsmittel sicherzustellen. Don insgesamt 887 Bataillonen sollten 600 (51 Divisionen) den Angriff führen, 3400 Geschütze und 1700 Minenwerfer hatten ihn vorzubereiten.
Die österreichisch-ungarische „Südwestfront" unter Feldmarschall Erzherzog (Eugen1) war nach wie vor auf reine Abwehr eingestellt. Der neue italienische Angriff wurde gegen die Gesamtfront der Isonzo-Armee (bisherige ö.-u. 5. Armee) des GeneraloberstenBoroevic vonBojna mit Ausnahme ihres nördlichsten Divisionsabschnittes erwartet. An ihr standen von Tolmein bis zur Wippach sieben Divisionen in vorderer Linie, eine dahinter; der nur halb so breite Abschnitt südlich der Wippach, der den Weg nach Triest deckte, war mit sechs Divisionen in Stellung, dreien dahinter, wesentlich stärker beseht; schließlich verfügte das Heeresfront-Kommando noch über eine Division als Reserve bei Laibach. Weitere
*) Gliederung im August:
Heeresgruppe des Feldm. Freiherrn Conrad von Hötzendorff:
Rayons I u. II, ö.-u. N. Armee und ö.-u. XX. Korps mit zusammen 10V2 Di v.,
1244 Geschützen (davon 181 schwere) von der Schweizer Grenze bis zum oberen
Piave-Tal ausschl.
ö.-u. 10. Armee: Gen. Ob. Freiherr von Krobatin mit ZDio., 342 Geschützen (davon
12 schwere) bis halbwegs Flitsch/Tolmein. ö.-u. gsonzo-Armee: Gen. Ob. Boroevic von Bojna mit 201/, Di v., 1526 Geschützen
(davon 56 schwere):
XV. Korps: Feldmit. Scotti mit 2 Div. bis Auzza einschl.
XXIV. Korps: Gen. d. gnf. von Lukas mit 4 Div. bis Mt. S. Gabriele einschl.
XVI. Korps: Een. d. gnf. Kralicek mit ZV, Div. bis zur Wippach.
VII. Korps: Feldmit. Schariczer mit Z Div. bis nördl. von Selo.
XXIII. Korps: Feldmit. von Csicserics mit ZDiv. bis zum Meer.
Heeres- und Ameereserven: 5 Div.
Weltkrieg. XIII. Bd. 14
IS. August.
20. bis 22. August.
210 Der Krieg an der italienischen Front. 11. Isonzo-Schlacht.
Kräfte konnten nur durch Abgaben von der Front gegen Rußland gewonnen werden, die im Juli bereits ihren besten Ersatz an die Isonzo-Front gesandt hatte und ihre Truppen selbst dringend gebrauchte, da sie seit dem 19. im Angriff lag. So sah sich die Isonzo-Armee, aus sich selbst gestellt, mehr als doppelter insanteristischer und mehr als dreifacher artilleristischer Übermacht gegenüber. An Luftstreitkrästen war die italienische Überlegenheit sogar noch erheblich größer.
Mitte August verdichteten sich die Anzeichen baldigen italienischen Angriffs durch das Erscheinen zahlreicher, stellenweise in ganzen Trupps ankommender Überläufer. Am 19. August trat nach anderthalbtägiger, heftigster Artillerievorbereitung die feindliche Infanterie zum Sturm auf die ersten Angriffsziele an.
Im Norden, wo fünf italienische Divisionen in zwölf Kilometer Breite zwischen Selo und Descla gegen eineinhalb österreichisch-ungarische den Hauptstoß über den Isonzo führten, faßte der Gegner auf der rund 500 Meter über dem Tale gelegenen Vorstufe der Bainsizza-Hochfläche beim Dorfe örh1) festen Fuß. Weiter südlich bis zum Mt. S. Gabriele blieben seine Angriffe liegen, ebenso schwächere Versuche im Raume von Eörz. Auch aus dem Karst wurden gegen elf angreifende italienische Divisionen die vorderen Linien im allgemeinen behauptet.
Nach geringerer Kampftätigkeit am 20. August setzte der Angriff am 21. wieder mit voller Wucht ein. Aus der Bainsizza-Hochfläche machten die Italiener Fortschritte, doch wurden die Höhen des Kolk und Ielenik gehalten. Auf dem Karst ging eine Vorstellung an der Hermada verloren. Am 22. August ries der Gegner auf der Bainsizza-Hochfläche durch Vorstoß bis Bäte eine ernste Krise hervor, die südlich anschließende Front mußte zurückgenommen werden. Auf dem Karst tobte der Großkampf weiter, ohne daß die Italiener Fortschritte machten. General Cadorna war daher entschlossen, den Angriff hier abzubrechen und alle Kraft auf der Hochfläche von Bainsizza zusammenzufassen.
Am Morgen des 22. August suchte Kaiser Karl, begleitet von seinem Generalstabschef, General von Arz, das Kommando der 5. Armee auf. Dabei erfuhr Generaloberst von Boroevic, daß nach den jüngsten Erfolgen gegen die Russen Aussicht bestehe, demnächst mit stärkeren Kräften von Flitsch—Tolmein aus einen Entlastungsstoß gegen die Flanke des italienischen Angriffs zu führen. Da ausreichende Reserven fehlten, um den Widerstand auf der Bainsizza-Hochfläche mit Aussicht auf Erfolg fortzusetzen, faßte er in der Hoffnung aus den kommenden Entlastungsstoh den
!) Die öfters wiederkehrende Bezeichnung „Drh" bedeutet: Berg.
Italienische Angriffserfolge. _____________________211
gewagten Entschluß), sich weiteren italienischen Angriffen durch Aus- £2£m& weichen hinter den Chiapovano-Abschnitt zu entziehen; damit sollte sich eine Zangenstellung ergeben, deren Nordftont nördlich an Kal vorbei gegen Ostsüdost verlies. Am 23. August früh befahl er die Ausführung des Rückzuges für die Nacht zum 24. Als dann aber der Kampf am 23. ohne wesentlichen Geländeverlust verlief und die Führer an der Front gegen das weite Ausweichen Bedenken aussprachen, sollte die Front zunächst nur etwa drei Kilometer bis in eine über Kal nach Süden zum Mt. S. Gabriele verlausende Linie zurückgenommen werden.
Bis zum Morgen des 24. August erreichten die österreichisch-ungarischen Truppen, vom Gegner unbelästigt, ihre neue Abwehrlinie; ausgebaute Stellungen waren in ihr nicht vorhanden. Der Gegner folgte vorsichtig. Angriffe, die er am 25. und in den Tagen bis zum 29. August führte, brachten ihm nirgends nennenswerten Erfolg. General Cadorna ließ die Offensive daher auch hier einstellen; es sollte nur noch der Mt. S.
Gabriele genommen werden, der über 600 Meter aufragend die Stadt Görz sowie das Wippach-Tal beherrscht und auch die Möglichkeit bot, von Süden gegen die Chiapovano-Senke zu wirken. Neben einigen Hundert Minenwerfern wurden allein 700 mittlere und schwere Geschütze gegen den Berg in Stellung gebracht, „in bezug auf Ausdehnung des Zieles die größte Anhäufung von Rohren während des Krieges"2). Trotzdem vermochten die österreichisch-ungarischen Truppen in heldenhafter Abwehr den Gipfel gegen alle, bis zum 13. September mehrfach wiederholten italienischen Anstürme zu behaupten. Das Unternehmen gegen den „Berg des Todes" war unter schweren Verlusten gescheitert. General Cadorna sah den Hauptgrund darin, daß sich „der kämpferische Geist der Truppen im allgemeinen nicht aus der Höhe früherer Zeiten" gezeigt habe.
Die schwersten Sorgen der Isonzo-Armee waren inzwischen durch das Herankommen zweier Divisionen von der Ostfront und mehrerer einzelner Regimenter aus Tirol und Kärnten behoben. Die Lage festigte und beruhigte sich. Aus italienischer Seite aber gaben Schwierigkeiten des Mannschafts- wie des Munitionsersatzes, ungünstige Nachrichten von der russischen Front, das Eintreffen österreichisch-ungarischer Truppen von dort, die Kunde, daß das deutsche Alpenkorps nach Tirol komme, sowie sich verdichtende Meldungen über eine bevorstehende Offensive des Gegners an der Front
*) Im öftere, amtl. Werk, VI, S. 457, wird u. a. die allerdings „wenig wahrscheinliche" Vermutung erwähnt, daß der später wieder aufgegebene Rückzugsentschluß nur gefaßt worden sei, um „eine Gefahr geradezu heraufzubeschwören", das hieße also, um den Ent-schluß zum Gegenangriff vorwärtszutreiben.
') L. Cadorna: La Guerra alla fronte italiana II, S. 107.
14*
212
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
18. September.
Dis Januar 1917.
Flitsch—Tolmein die Veranlassung dazu, daß General Cadorna am 18. September die Einstellung aller weiteren Angriffsunternehmungen befahl.
Die Erfolge des italienischen Angriffs in der 11. Isonzo-Schlacht — im wesentlichen ein Geländegewinn von 16 Kilometern Breite bei etwa acht Kilometern Tiefe auf der Bainsizza-Hochfläche und eine Beute von über 30000 Gefangenen und 145 Geschützen — war mit einem Verlust von etwa 140000 Mann, darunter 18000 Vermißten, teuer genug erkauft. Der Verteidiger hatte im ganzen 100000 Mann verloren.
B. Der Gegenangriff der Mittelmächte.
Beilagen 22 und 23.
J. Die Entwicklung des Angriffsgedankens und die Bereitstellung der Truppen.
a) Die Bitte um deutsche Unterstützung.
Der Gedanke, die Lage an der italienischen Front durch eigenen Angriff entscheidend zu verbessern, war bei der österreichisch-ungarischen Heeresleitung seit der Offensive des Frühjahrs 1916 dauernd im Auge behalten worden. Damals war der ohne deutsche Mitwirkung von 14 österreichisch-ungarischen Divisionen aus Tirol nach Süden geführte Angriff nach Anfangserfolgen liegen geblieben. Mit dem Wechsel in der deutschen Obersten Heeresleitung fand der Gedanke einer gemeinsamen deutsch/österreichisch-ungarischen Offensive in Major Wetzell einen unermüdlichen Fürsprechers. Der im Januar 1917 von österreichisch-
i) Da Maj. Wehell die kriegsentscheidende Wirkung des Unterseekrieges bezweifelte (Bd. XII, S. 2f.), trat er immer wieder für den Gedanken des Angriffs zu Lande ein. Für diesen aber schien ihm der italienische Kriegsschauplatz die besten Aussichten zu bieten. Er vertrat den Standpunkt (Zuschrift vom Juni 1941):
„1. Die Westfront reicht vom Kanal bis zur Adria.
£. Feder durchschlagende Erfolg aus einem der beiden durch die Schweiz getrennten Kriegsschauplätze wirkt sich zwangsläufig auf den anderen aus.
3. Wir sind auf Gedeih und Verderb mit dem österr.-ung. Bundesgenossen verbunden. Wird dessen italienische Front durchstoßen, so bricht Österreich-Ungarn zusammen, da wir schon aus eisenbahntechnischen Gründen gar nicht in der Lage sind, zeitgerecht und ausreichend starke Kräfte dorthin zu werfen. Die Kriegsentscheidung wäre damit gefallen. Dabei war Italien unser bei weitem schwächster Gegner!
4. Eine gemeinsame Offensive in Italien kann dagegen eine für die Gesamtkriegführung entscheidende Bedeutung gewinnen, wenn deutscherseits ausreichende Kräfte eingesetzt werden. Die bisherigen gemeinsamen Operationen 1914, 1915 (Gorlice), insbesondere der Feldzug in Rumänien, hatte dies klar erwiesen."
Vgl. auch S. 35ff., Bd. XI, S. 491 sowie die Denkschriften Bd. XII, S. 548ff.
Vorschläge des Majors Wehell.
213
ungarischer Seite eingeleitete Gedankenaustausch*) über diese Frage endete aber am 25. Februar mit einer vorläufigen Absage deutscherseits, da rs-s-br»»». Truppen wie Munition bis auf weiteres im Westen nicht entbehrt werden konnten. Feldmarschall von Conrad, unmittelbar darauf zum Oberbefehlshaber der Heeresgruppe in Tirol ernannt, kam jedoch alsbald auf seinen alten Plan zurück. Die Schwächung Rußlands durch die Revolution bot seines Erachtens die Möglichkeit, Kräfte der Ostfront frei zu machen für eine großzügige Offensive gegen Italien. Er wollte zu ihr aber nur österreichisch-ungarische Truppen verwenden, die im Osten, soweit nötig, durch deutsche abzulösen seien, denn die Angrissstruppen in Tirol dürften nicht „an eine — alles für sich in Anspruch nehmende — deutsche Hilfe" gebunden werden. Folgen hatte dieser an die österreichisch-ungarische Heeresleitung gerichtete Vorschlag einstweilen ebensowenig wie die weiteren Denkschriften des Majors Wehell vom Mai und Juni, in denen dieser immer wieder auf die Offensive gegen Italien zurückkam und Zuführung von zwölf deutschen Divisionen für erforderlich hielt, um in gemeinsamem Angriff das italienische Heer entscheidend zu schlagen; dabei dachte er ebenso wie Feldmarschall von Conrad an einen Hauptangrifs aus Tirol.
Aber zunächst wurden im Westen wie im Osten noch alle Kräfte gebraucht.
In einer neuen Denkschrift vom 20. Juli schlug Major Wehell die Zeit 20.3«». nach Abschluß der soeben begonnenen Gegenoffensive in Galizien für den Angriff in Italien vor. Da dieser längere Vorbereitungszeit erheische, werde er dann aber der herbstlichen Witterungsverhältnisse wegen nicht mehr aus Tirol, sondern nur noch an der Isonzo-Front geführt werden können. Zwei bis drei deutsche Divisionen, die vorher an der Tiroler Front gezeigt würden, sollten den Gegner zunächst irreführen und dann noch rechtzeitig an den Isonzo abgefahren werden. Um größte operative Wirkung zu erzielen, wollte Major Wehell den Hauptstoß unter Einsatz einer deutschen Armee von sechs bis acht Divisionen und sehr starker Artillerie am Unterlauf des Flusses auf der Front vom Isonzo-Knie nördlich von Eörz bis zur Küste, somit allerdings gegen den am stärksten besetzten Abschnitt der gegnerischen Front2), aus Udine, ansehen, einen Nebenangriff, dabei etwa drei weitere, und zwar für den Gebirgskrieg ausgerüstete
1) Bd. XI, 6.491 f.; XII, 6. 548ff.
2) Hierzu schrieb Gen. d. gnf. a.D.Wetzellimguni 1941: „Ich ging damals von dem Gesichtspunkt aus, daß wir nur ganz wenig für den Gebirgskrieg ausgerüstete und geeignete Divisionen hatten. Ich war aber, nach meinen reichlichen West-Erfahrungen gegen einen viel härteren Feind als den durch die zehn Fsonzo-Schlachten abgekämpften Italiener, fest überragt, daß der beabsichtigte Durchbruch an der Isonzo-Front bei dem vorgeschlagenen Einsatz von 500 schweren und 100 leichten deutschen Geschützen (außer den der Divisionen selbst und den österreichischen) bestimmt gelingen würde."
214
Der Krieg <m der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
20. g»H.
Sl.gnli Me 22. August.
deutsche Divisionen aus dem Becken von Flitsch über Karfreit auf Cividale; dieser gegen eine schwach besetzte Stelle gerichtete Nebenangrisf sollte etwa drei Tage vor dem Hauptangriff beginnen, damit sich der Gegner am unteren Isonzo schwäche. Gelinge das zangenartige Zusammenwirken beider Angriffe, so könne den Italienern eine so vernichtende Niederlage beigebracht werden, daß sie zu neuem Widerstande am Tagliamento vielleicht gar nicht mehr fähig seien. Schließlich wurden Ansatz einer weiteren Stoßgruppe längs der von Villach über die Grenze führenden Bahn auf Semona und Ablenkungsangriffe in Südtirol vorgeschlagen, an beiden Stellen unter Mitwirkung deutscher Divisionen. Major Wetzell kam damit im ganzen aus einen deutscherseits zu bestreitenden Kräftebedarf von 12—14 Divisionen, 500 schweren und (außer der Artillerie der Divisionen) 100 leichten Geschützen sowie fünf bis sechs Minenwerfer-Bataillonen. Als Zeitpunkt schlug er Mitte September vor, wobei er mit vier Wochen Vorbereitungs- und zwei Wochen Aufmarschzeit rechnete.
Bald nach dieser deutschen Denkschrift legte am 31. Juli auch bei der österreichisch-ungarischen Heeresleitung der Chef der OperationsAbteilung, Oberst Freiherr von Waldstätten, seine Gedanken nieder. Auch er befürwortete den Angriff am Isonzo, denn für eine Offensive in Tirol fehle es an der nötigen Zahl gebirgsgeübter Truppen, auch werde es wegen der erforderlichen langen Vorbereitungszeit für die dortigen Verhältnisse zu spät im Jahre werden. Er rechnete angesichts der bevorstehenden Großkämpfe in Flandern und der in Galizien laufenden Offensive nicht auf deutsche Mitwirkung und glaubte, durch einen Stoß von mindestens sechs österreichisch-ungarischen Divisionen, die im Osten frei zu machen seien, aus dem Raume Flitsch—Tolmein die feindliche Isonzo-Front nach Süden aufrollen zu können. Am 1. August berichtete General von Cramon über den Plan eines Gegenangriffs am Isonzo, aber ohne irgendwelche nähere Angaben, an die Oberste Heeresleitung. Dabei bemerkte er, anders als in der Waldstättenschen Denkschrift, daß man grundsätzlich davon abgerückt sei, dieses Unternehmen als ein rein österreichisch-ungarisches zu betrachten. Er schlug vor, die Angelegenheit mit General von Arz nochmals schriftlich zu erörtern.
Unterdessen brachten die Ereignisse der 11. Isonzo-Schlacht die Frage des Gegenangriffs bei der österreichisch-ungarischen Heeresleitung ins Rollen, ließen nun aber auch Unterstützung durch deutsche Truppen, schon wegen ihrer besseren Ausstattung mit Kampfmitteln jeder Art, notwendig erscheinen. Als General von Arz am 22. August Generaloberst von Bo-roevic von dem Plane eines Gegenstoßes Kenntnis gab, fügte er allerdings hinzu, die Absicht fände aber noch an der Abneigung des Kaisers, an der
Österreichisch-ungarischer Angriffsplan.
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Isonzo-Front namhaftere deutsche Kräfte eingreifen zu lassen, starken Widerstands. Dementsprechend erbat er am 23. August bei Generalfeldmarschall von Hindenburg vier bis fünf österreichisch-ungarische Divisionen von der Ostfront und schlug, um sie frei zu machen, Streckung der Abschnitte oder Ablösung durch deutsche Truppen vor, die bisher für das Riga-Unternehmen bestimmt waren, da dieses „infolge des Verhaltens der Russen2) einigermaßen an Aussicht verloren" habe. Bei Begründung seines Vorschlages verwertete er die geplante Zurücknahme des Nord-flügels der Armee Boroevic hinter den Chiapovano-Abschnitt2); sie biete Zeit und Möglichkeit, durchzuhalten, bis eine Wendung der Lage eintreten könne. Deutscherseits wurde die Beantwortung der Anfrage einstweilen zurückgestellt, wohl aber am 24. August die Entsendung des Alpenkorps und am 26. auch der öst. 13. Schützen-Division der Heeresgruppe Mackensen«) an die italienische Front vorbereitet, denn bei plötzlich eintretendem Bedarf war rechtzeitiges Eintreffen ausreichender Hilfe der Eisenbahnverhältnisse wegen nicht gewährleistet2).
Offenbar hat General von Arz aber schon vorausgesehen oder doch alsbald erfahren2), daß man deutscherseits nicht bereit sei, der Bitte um Hilfe in der vorgebrachten Form zu entsprechen. Am 25. August wurde bei der österreichisch-ungarischen Heeresleitung ein neuer Angriffsplan aufgestellt: Gegen 40 italienische Divisionen, denen nur 21 eigene gegenüberstanden, seien mindestens 20 Divisionen Verstärkung erwünscht; da drei Divisionen aus dem Osten bereits anrollten, blieben noch 17 Divisionen zu beschaffen. Soviel glaubte man aber auch bei Mitwirkung deutscher Truppen nicht zusammenzubringen und wollte sich daher mit insgesamt 13 Divisionen begnügen (acht deutschen, fünf österreichischungarischen), die deutscherseits an der Ostftont ftei zu machen wären. Gegen 3000 italienische Geschütze an der Isonzo-Front wünschte man die Zahl der 1800 eigenen mit deutscher Hilfe aus 2800 zu bringen. An der Tiroler und Kärntner Front sollten deutsche Divisionen den Gegner über den bevorstehenden Angriff täuschen. Dieser selbst sollte aus dem Raume Flitsch— Tolmein auf Cividale geführt, dazu aber vorher die alte Stellung am mttt-
1) Öst. amtl. Werk, VI, S. 456.
2) S. 192 (Räumung des Aa-Bogens).
3) 6.211.
4) S. 187.
5) Aus einer Mitteilung des Gen. Wetzell vom März 1940.
6) In den Akten ist darüber nichts zu finden. Über den Gedankenaustausch der O.H.L. mit Gen. von Cramon fehlen, abgesehen vom Schrift- und Telegrammwechsel, jegliche Aufzeichnungen; es hat aber offenbar außerdem auch Fernschreibe- oder Fernsprechverkehr bestanden.
5. bis 26. August.
216
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
leren Zsonzo wenigstens teilweise zurückgewonnen werden. Als Ziel des Angriffs war zunächst die allgemeine Linie Mt. Maggiore—Mt. Lupia (bis dahin etwa die Reichsgrenze)—Azzida (nordöstlich von Cividale)— Salcano (nordöstlich von Görz) gedacht. General von Arz hoffte darüber hinaus bis an, vielleicht sogar über den Tagliamento zu gelangen.
An demselben Tage, an dem dieser Angriffsplan aufgestellt wurde, erbat General von Arz von seinem Obersten Kriegsherren die Genehmigung zum Gegenangriff am Zsonzo. Kaiser Karl war einverstanden, hatte aber — „nicht zuletzt aus politischen Gründen"1) — nach wie vor Bedenken gegen den Einsatz deutscher Kräfte in vorderer Linie. Er bat daher in einem ee.Hngnft. Schreiben vom 26. August den Deutschen Kaiser, auf seine „leitenden Generale einzuwirken, damit sie österreichisch-ungarische Divisionen im Osten durch Ablösung deutscher Truppen frei machen ... Würden uns deutsche Truppen Helsen, so würde dies niederdrückend, auf die Begeisterung lähmend wirken". Rur deutsche Artillerie, besonders schwere, sei erwünscht.
Etwa gleichzeitig mit dem kaiserlichen Schreiben, aber ohne von ze.Magnft. diesem Kenntnis zu haben, trafen am 29. August General von Cramon und General von Waldstätten3) in Kreuznach zu mündlicher Aussprache ein. Deutscherseits war als Kenner des Gebirgskrieges Generalleutnant Krafft von Dellmensingen, der frühere Kommandeur des Alpen-korps, jetzt Chef des Generalstabes der Heeresgruppe Herzog Albrecht, zugezogen. Rur von ihm liegen Aufzeichnungen über die Aussprache vor3). Danach legte General von Waldstätten als Auffassung der österreichisch-ungarischen Heeresleitung im wesentlichen folgendes dar:
Allein entscheidend und daher immer geplant gewesen sei eine Offensive aus Tirol. Für ihre Durchführung sei die Jahreszeit aber bereits zu weit vorgeschritten, auch bedürfe sie starker Kräfte zum Flankenschutz gegen Westen. Ein Angriff am Zsonzo könne zwar nie ganz entscheidend wirken, die für ihn nötigen geringeren Kräfte ließen sich aber eher zusammenbringen. Die Italiener ständen am dichtesten massiert aus ihrem Südflügel, dort liege eine befestigte Linie hinter der anderen; dort würde der Angriff die geringste Aussicht und die geringste strategische Wirkung auf die feindliche
!) Öft. amtl. Werk, VI, S. 496.
2) Inzwischen zum Generalmajor befördert.
’) Tgb.-Aufzeichnungen vom 29. und 31. Aug. 1917, teilweise ergänzt durch des Generals Darstellung in „Schlachten des Weltkrieges. Der Durchbruch am Isonzo", I, S. 13. — Die Tgb.-Aufzeichnungen lagen dabei in einer nach Kriegsende überarbeiteten Fassung vor. Sie sind in einigen Punkten vervollständigt durch eine Zuschrift des Gen. Wehell vom Juni 1941.
Aussprache in Kreuznach.
217
Gesamtfront haben. Bei Görz sei der Angriff leichter, dort ließen sich aber nur kleinere örtliche Vorteile erringen. Auch auf der Bainsizza-Hoch-fläche, wo die Kämpfe noch nicht abgeschlossen seien, stehe starker Feind gegenüber. Dagegen habe der Gegner im Raume von Tolmein bis Karfreit nur schwache Kräfte und keine besonders starken Stellungen. Die Aussichten eines Angriffs aus dem Brückenkopf von Tolmein wie auch im Decken von Flitsch seien also nicht ungünstig. Wenn es glücke, gegenüber von Tolmein die aus dem Isonzo-Tal 800—900 Meter ansteigenden Höhen des Kolovrat, auf denen die feindlichen Hauptstellungen lägen, zu nehmen, so bestehe Aussicht, den Angriff bis in die Linie Cividale—Isonzo-Knie bei Plava weiterzutragen. Je nach dem Verlaus könne er auch noch darüber hinaus fortgeführt werden, die ganze südliche Isonzo-Front ins Wanken bringen und vielleicht sogar den Gegner zwingen, hinter den Tagliamento zurückzugehen. Aber schon die Linie Cividale—Plava würde eine außerordentliche Verbesserung der jetzigen Lage bedeuten.
Der Angriff sei so gedacht:
Zuerst als besonderes Unternehmen Wiedervorrücken auf der Bainsizza-Hochfläche südlich von Tolmein, um die Kolovrat-Stellungen wieder besser flankieren zu können.
Hauptangriff mit etwa acht Divisionen aus dem Brückenkopf von Tolmein. Aebenangriff mit zwei bis drei Divisionen aus dem Becken von Flitsch. Dazu 13 (acht deutsche, fünf österreichisch-ungarische) möglichst gebirgs-fähige Divisionen aus dem Osten und Verstärkung der Artillerie, so daß auf den Kilometer 20 leichte und 10 schwere Batterien kämen.
Schließlich müßten zwei deutsche Divisionen an der Tiroler Front demonstrieren. Im ganzen sollten etwa 42 Divisionen an der Offensive teilnehmen, denen etwa 60 feindliche gegenüberstünden.
General Ludendorff — so hat General von Krafft weiter aufgezeichnet — bezweifelte demgegenüber, daß die gewünschte Zahl österreichisch-ungarischer Divisionen im Osten durch deutsche frei gemacht werden könne, und sagte im ganzen nur sechs deutsche Divisionen zu, davon drei bis vier gebirgsbewanderte, den Rest aus Truppen, die jetzt den Angriff auf Riga zu führen hätten; von dessen Verlauf hänge ab, wann sie frei würden. An Artillerie könne nicht mehr gegeben werden als äö leichte und 12 schwere Geschütze für jede Division. Im übrigen sei die Unterstützung eher möglich, wenn die Kräfte nur für kurze Zeit gebraucht würden. Dazu habe General von Waldstätten erklärt, wenn der erste Schlag gelinge, müsse er auch ausgebeutet werden; andernfalls werde der Zugriff sogleich abgebrochen. Er glaube daher, daß die deutschen Kräfte nur für etwa vier Wochen benötigt würden. Daran wollte General Luden-
29. August.
1. September.
5. bis 7. September.
218 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
dorss festhalten, ohne die Zeit engherzig zu begrenzen. Fm ganzen schätzte er die Bedeutung der Offensive am Isonzo geringer ein als die bisher im Anschluß an das Unternehmen gegen Riga geplante Offensive in die Moldau, denn die Italiener könnten von nicht angegriffenen Fronten binnen kurzem starke Reserven heranführen und damit den Angriff zum Stehen bringen. General von Waldstätten betonte jedoch, daß seine Heeresleitung angesichts der sehr bedrohten Lage am Isonzo auf die dortige Offensive immer ganz besonderen Wert legen müsse. Um Klarheit zu schassen über die Notwendigkeit der deutschen Hilfeleistung, die Durchführbarkeit des Angriffsplanes und die Verwendbarkeit deutscher Truppen in jenen Gebirgsgegenden, wurde General von Krafft zu einer Erkundung an die Isonzo-Front entsandt, die endgültige Beschlußfassung unterdessen ausgesetzt.
Da das Schreiben Kaiser Karls mit der von General von Waldstätten vorgetragenen Bitte um deutsche Truppen nicht in Einklang stand, wurde bei General von Arz nochmals angefragt, was nun tatsächlich beabsichtigt fei1). Unterdessen beantwortete Kaiser Wilhelm am 1. September den Brief Kaiser Karls dahin: Rach Rücksprache mit seiner Obersten Heeresleitung müsse die jetzt vor Riga stehende operative Reserve des deutschen Heeres weiterhin für durchschlagende Ossensivhandlungen im Osten wie für die Abwehr im Westen bereit sein. Es sei daher zur Zeit unmöglich, österreichisch-ungarische Divisionen im Osten abzulösen. Die österreichisch-ungarische Heeresleitung habe sich dem nicht verschlossen. Rach einem Erfolge bei Riga und Festigung der Bahnlage in der Bukowina würde die Gesamtlage bestimmt am günstigsten durch eine Offensive in der Moldau beeinflußt werden, für die erheblich stärkere Kräfte als für die Isonzo-Offensive verfügbar sein würden. Doch auch für diese sprächen gewichtige Gründe. Ließe es die Gesamtlage, erfolgreicher Abschluß bei Riga und die Jahreszeit zu, so solle dem Gedanken der gemeinsamen Offensive dort nähergetreten werden.
b) Die Erkundung durch General von Krafft und erste grundlegende
Befehle.
Am 5. September meldete General von Krafft der Obersten Heeresleitung durch Fernschreiben aus dem Isonzo-Gebiet, daß das geplante Unternehmen ausführbar sei; einige erhebliche Schwierigkeiten könnten, wenn genügende Zeit zur Verfügung stehe, überwunden werden. General
!) Tgb.-Aufzeichnung des Gen. von Krafft vom 31. Aug. 1917 über eine ihm von Gen. von Cramvn gemachte Mitteilung.
Erkundung des Generals von Krafft.
219
Ludendorff benachrichtigte daraufhin General von Arz, daß mit Zustimmung des Kaisers die beabsichtigte gemeinsame Kampshandlung, für die er den Decknamen „Waffentreue" vorschlage, vorbereitet werden solle. An demselben Tage gab Kaiser Karl seinen Widerstand gegen den Einsah deutscher Truppen an der italienischen Front aus, nachdem ihm die Generale von Arz und von Waldstätten immer wieder vorgestellt hatten, daß die Offensive ohne deutsche Truppen überhaupt nicht durchführbar sei. Deutscherseits wurde zunächst die Herauslösung der in den Karpaten stehenden gebirgsgeübten 200. Infanterie-Division angeordnet. Nachdem das Unternehmen gegen Riga erfolgreich durchgeführt war, wurde am 7. September auch die Freimachung von drei österreichisch-ungarischen Divisionen aus der Front des Oberbefehlshabers Ost zugestanden.
Am 8. September berichtete General von Krafft in Kreuznach s.s«pt«mb»r. Näheres über das Ergebnis seiner Erkundungen*). Er schickte unter Schilderung des Zustandes der österreichisch-ungarischen Armee am Isonzo voraus, daß diese durch elf Abwehrschlachten „in ihrem Halt erschüttert und in eine ungünstige Lage geraten, keine Gewähr mehr bietet, einem zwölften Ansturm siegreich zu widerstehen". General Ludendorff warf ein: „Das wäre aber auch der einzige Grund, der mich veranlassen könnte, diese Offensive zu unternehmen!", und meinte, vielleicht hätten die Österreicher die Verhältnisse schwieriger geschildert, als sie tatsächlich seien. Das aber verneinte General von Krafft mit großer Entschiedenheit. Dem von General von Waldstätten vorgetragenen Angriffsplan stimmte er in allen wesentlichen Teilen zu, wies aber auf die außerordentlichen Schwierigkeiten des Unternehmens hin:
Das Becken von Tolmein mit dem Brückenkopf jenseits des Isonzo biete für den Aufmarsch von höchstens vier bis fünf Divisionen Raum und sei von den das Tal überragenden Höhen des westlichen Flußufers völlig einzusehen. Das Instellungbringen der Artillerie und die Bereitstellung der Infanterie erschienen daher „als ein ungewöhnlich gefährliches Wag-stück". Die feindlichen Stellungen, bis zu den Gipfeln sich hinaufziehend und mit zahlreichen in den Fels gehauenen Geschütz- und Maschinengewehr-Ständen versehen, seien tief gegliedert. Unmittelbar nördlich des Tolmeiner
l) Das Folgende nach den Tgb.-Aufzeichnungen des Een. von Krafft aus jener Zeit und seiner Darstellung in „Schlachten des Weltkrieges. Der Durchbruch am Isonzo" I, S. 14ff, Der schriftliche Bericht des Gen. von Krafft ist nicht bei den Akten, sondern nur ein von Een. Ludendorff besonders befohlener, unabhängig davon aufgestellter Bericht des Begleiters, Hptm. Bartenwerfer von der O. H. L., der sich im wesentlichen mit dem Arteil des Een. von Krafft deckt.
220 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
. s-pt-mb«,. Beckens sei die italienische Front aus dem östlichen Zsonzo-ltfer nur als Vorfeldstellung zu werten; die Hauptstellung liege erst hinter dem Fluh, wo der Matajur zu 1641 Meter Höhe (rund 1400 Meter über dem Isonzoj ansteigt. Für den bepackten Infanteristen aber bedeute die Überwindung von 500 Meter Steigung in der Stunde bei unbehindertem Marsche schon eine gute Durchschnittsleistung", und nach dem Aufstieg stehe er erst vor der feindlichen Hauptstellung. Alle Vorteile lägen also schon im ersten Abschnitt des Angriffs auf seiten des Verteidigers. Erst recht aber sei das der Fall beim Vordringen über den Bereich der eigenen Artillerie-Wirkung hinaus, denn Fahrwege führten nur von der italienischen Seite, nicht aber aus dem Isonzo-Tal auf die Höhen. Es könnten also lediglich Gebirgs-geschütze und Maschinengewehre auf Tragetieren die Infanterie begleiten; bis bespannte Artillerie die Höhen erreiche, würden Tage vergehen. Das Angriffsgelände stelle an die körperliche Leistungsfähigkeit der Truppen sehr hohe Anforderungen. Es sei zwar nicht überall eine wirkliche Gebirgs-truppe nötig, aber doch Gebirgsausrüstung und Tragetiere sowie sorgfältige Ausbildung. Mit Ausrüstung, Gebirgstrains, Tierführern, Anleitungspersonal müsse Österreich-Ungarn ausgiebig helfen.
Schließlich wies General von Krafft noch auf die besonderen Schwierigkeiten des Anmarsches in den Bereitstellungsraum hin. Von den beiden einzigen aus dem Eisenbahn-Aufmarschgebiet Klagenfurt—Veldes—Laibach auf Tolmein führenden Straßen sei die nördliche so schmal, daß sie von deutschen Heeresfahrzeugen an vielen Stellen immer nur in einer Richtung benutzt werden könne; auch führe sie an Abgründen von schwindelnder Tiefe vorbei, so daß der Verkehr besonders für Lastkraftwagen nicht ungefährlich sei1). Beide Straßen seien zudem zehn Kilometer weit vom Gegner eingesehen, dabei von seinen „völlig überlegenen" Fliegern überwacht und durch tägliche Bombenwürfe bedroht2). Aus diese Straßen aber seien etwa sechs Divisionen mit zahlreicher schwerer Artillerie sowie jeglicher Nachschub „bis zum letzten Halm Heu" angewiesen, denn das Aufmarsch- und Angrifssgebiet selber biete auch gar nichts; selbst das Gras der Weideplätze sei infolge langer Trockenheit völlig verdorrt. Bei Flitsch lägen die Verhältnisse ähnlich. Dort seien die Aussichten des Angriffs noch
1) Bei Angriffsbeginn soll man allein an einer Stelle dieser Straße 50 im Abgrund liegende Kraftfahrzeuge gezählt haben (Tgb.-Aufzeichnung des Gen. von Krafft vom Oktober 1917).
2) Tatsächlich war die Ausstattung der ö.-u. gsonzo-Armee mit Fliegerverbanden, insbesondere mit Kampf- und Jagdflugzeugen, sehr gering. Fast noch schlimmer als die zahlenmäßige Unterlegenheit wirkte sich aber die des veralteten und geringwertigeren Ma <-rials der ö.-u. Fliegerkompanien aus.
Der Entschluß zum Einsatz deutscher Truppen.
unsicherer als bei Tolmein, weil sich der Angriffsraum bei Saga zu einem Engpaß zusammenziehe, hinter dem der stark befestigte Stol (1667 m) als Riegel liege. Es gelte daher, im ersten Anlauf durch alle feindlichen Linien hindurch diesen Bergrücken zu gewinnen.
General von Krafst kam zu dem Ergebnis: „Die vorgeschlagene Operation ist ein schwieriges, gefährliches und unsicheres Unternehmen. Gleichwohl erscheinen mir die Schwierigkeiten nicht unüberwindlich. Glück gehört zweifellos dazu." Bestimmend sei aber, daß die Isonzo-Armee ohne unsere Hilfe zusammenbrechen könne. Im Vertrauen aus das Können der vorzüglichen deutschen Truppen, die für das Unternehmen ausersehen seien, und die im Verhältnis zu den Westgegnern geringere Zähigkeit und den herabgeminderten Kriegswillen der Italiener würde er „die Sache wagen".
Diesem in eindrucksvoller Form vorgetragenen Urteil schloß sich General Ludendorsf an, wenn das Unternehmen auch weitaus schwieriger sei als der Angriff von Czernowitz in die Moldau, den er für wichtiger und richtiger gehalten hätte, da er zum Abschluß mit Rußland und Rumänien führen konnte.
Einer der kühnsten und schwerwiegendsten Entschlüsse des Weltkrieges war gefaßt. Schon tags daraus, am 9. September, befahl die Oberste Heeresleitung die Ausstellung einer neuen 14. Armee unter General der Infanterie Otto von Below (bisher Oberbefehlshaber der 6. Armee), der aus seiner früheren Stellung als Oberbefehlshaber in Mazedonien bereits Erfahrung im Gebirgskriege hatte, mit Generalleutnant von Krafft als Generalstabschef. Zur Armee sollten an deutschen Kräften zwei Generalkommandos und sechs ausgesuchte Divisionen treten, von diesen zwei vollwertig für den Gebirgskrieg ausgerüstet.
Die Kommandoverhältnisse wurden im Einvernehmen der beiden Heeresleitungen dahin geregelt, daß Kaiser Karl den Oberbefehl über die Operation gegen Italien übernahm. Die ö.-u. 10. Armee trat unter Abgabe des Raumes von Flitsch zur Heeresgruppe Conrad. Feldmarschall Erzherzog Eugen behielt als „Kommando der Südwestfront" die Front am Isonzo. Ihm unterstanden die 14. Armee im Raume Flitsch— Tolmein und südlich anschließend die nunmehrige „Heeresgruppe Boroevic" (bisher Isonzo-Armee) mit der 2. Fsonzo-Armee unter General der Infanterie Ritter von Henriquez bis Görz ausschließlich und der Fsonzo-Armee unter Generaloberst Freiherrn von Wurm anschließend bis zum Meer. Alle Weisungen und Befehle für die Heeressront Erzherzog Eugen und insbesondere für die 14. Armee sollten der deutschen Obersten Heeresleitung vorher mitgeteilt werden.
222
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
I4.»nd». Am 14. September traf General von Be low in Wien mit seinem sq>t«mb«. bis ba^in ni(j)t bekannten Generalstabsches zusammen. Er war mit dessen Gedanken über die bevorstehende Ausgabe völlig einverstanden.
Unterdessen hatte die österreichisch-ungarische Heeresleitung Weisungen für die Offensive entworfen. Diese gab der Generalstabsches des Kommandos der Südwestfrvnt, Generalmajor Konopicki, am 15. September General von Krafft bekannt. Sie sehten im Sinne der Ausführungen des Generals von Waldstätten in Kreuznach nur das begrenzte Ziel, „die Italiener über die Reichsgrenze, wenn möglich bis über denTaglia-mento zurückzuwerfen". Hierzu sollte die ganze Heeresfront Erzherzog Eugen zwischen 10. und 20. Oktober „gleichzeitig" die Offensive ergreifen, und zwar aus dem Raume von Tolmein die 14. Armee „mit dem ersten Ziel: Nehmen des Gebirgsstockes der Ieza (südwestlich von Tolmein), um damit die italienische Front zu durchstoßen, während sich die 2. Isonzo-Armee mit starkem nördlichen Flügel, das verstärkte ö.-u. I. Korps gegen Bergogna-Karfteit dem Angriff anschließen" sollte; gleichzeitig sollte die 1. Isonzo-Armee „durch kräftiges Anfassen" das Verschieben feindlicher Truppen gegen die Hauptstoßrichtung verhindern. Die 14. und die 2. Isonzo-Armee hatten „vorerst" die Linie Cividale—Mt. Sabotino (dicht nördlich von Görz) zu erreichen, das ö.-u. I. Korps die „westliche Flanke der 14. Armee zu decken". Der Gedanke, die Lage an der südlich des Tolmeiner Brückenkopfes anschließenden Front auf der Bainsizza-Hochsläche vor Beginn der Offensive durch eine Teilunternehmung zu verbessern, war ausgegeben, da ein solcher Versuch die Angrisssvorbereitung stören und den Feind aufmerksam machen würde.
Die Weisungen legten nach Ansicht des Generals von Krafst den Schwerpunkt zu weit nach Süden — rechter Flügel der 14. Armee auf Cividale — und mußten daher zu einer bedenklichen Zusammenballung eigener Kräfte im Raum Cividale—Görz führen, während die lange Westslanke den Gegenangriffen herangeführter italienischer Reserven ausgesetzt war. Am solcher Entwicklung vorzubeugen und der Offensive von Haus aus den Tagliamento als Ziel zu geben, schlug General von Krafft vor, die 14. Armee in wesentlich mehr nördlicher Richtung, linker Flügel aus Cividale, anzusehen. Da das Kommando der Südwestfront auf diesen Vorschlag, den General von Below auch bei Erzherzog Eugen vertrat, verständnisvoll einging, ergab sich alsbald eine glückliche Zusammenarbeit. Im Einvernehmen mit seiner Heeresleitung gab der Erzherzog am iS. etpitmbn. 18. September den grundlegenden BefehlzurOffensive. In ihm hieß es.
„Der deutschen 14. Armee wird die Ausgabe zufallen, die nde Front im Raume der Ieza-Höhe westlich Tolmein zu durchbrechen,
Weisungen für den Angriff.
223
dann zunächst die Linie: Höhen nördlich Cividale—Reichsgrenze nordwestlich der Korada zu gewinnen. Die Armee wird ferner dem rechten Flügel der 2. Isonzo-Armee das Überschreiten des Isonzo zu erleichtern haben.
Dem I. Korps wird obliegen, die rechte Flanke der 14. Armee zu decken.
Die 2. gsonzo-Armee wird, den Nordflügel stark haltend, den Angriff gleichzeitig mit der 14. Armee aufnehmen und vorerst die Reichsgrenze nordwestlich Korada—Mt. Santo zu erreichen haben ... Die Straße im Isonzo-Tal bis Ronzina und von dort nach Kambresko gehört der deutschen 14. Armee ...
Die 1. Isonzo-Armee wird zunächst durch kräftiges Anfassen möglichst starke feindliche Kräfte zu binden bzw. aus sich zu ziehen haben.
Für das volle Gelingen des Angriffs ist Überraschung eine wesentliche Bedingung." Es folgte ein scharfer Hinweis auf strengste Geheimhaltung. Der Beginn der Offensive wurde später aus den 22. Oktober festgesetzt, ein äußerster Zeitpunkt, denn bis dahin konnten bereits die ersten Schneefälle eingetreten sein.
Im Rahmen dieser Weisungen wollte General von Be low den Schwerpunkt seiner Offensive auf den rechten Flügel legen, um möglichst da, wo der Tagliamento aus dem Gebirge tritt, die Ebene zu erreichen und damit auch weitere Teile der italienischen Gebirgsftont zum Einsturz zu bringen. Nachdem die dazu erbetene Unterstellung auch des ö.-u.
I. Korps (Gruppe des Generals der Infanterie Krauß) genehmigt und ferner die Mitwirkung des linken Flügels der ö.-u. 10. Armee am Angriff besohlen war, hieß es in den am 4. Oktober ausgegebenen ersten „Wei- 4.oeto6«. sungen für den Angriff":
„Der Feind soll nunmehr aus dem Karstgebiete heraus und hinter den Tagliamento zurückgeworfen werden ... Die 14. Armee wird die feindliche Front bei Flitsch und Tolmein durchbrechen, um dann zunächst die Linie Gemona—Cividale zu gewinnen. Die Armee legt von Anfang an den Nachdruck dauernd aus den rechten Flügel ...
Die Basis für den Angriff Gemona—Cividale bildet der einwandfreie Besitz der verbindenden Talstraße Flitsch—Saga—Karsreit—Tolmein."
Daher müsse die Linie Canin—Pta di Montemaggiore—Mt. Mia—Mt. Matajur—Mt. San Martino—Mt. Hum—Tribil—Höhen von Konstante«, das hieß im wesentlichen die Reichsgrenze, „in ununterbrochenem, und Nacht fortgesetztem Vordringen als erstes Ziel erreicht werden...
Es kommt alles darauf an, dem Feind nicht Zeit zu lassen, in einer Flankenstellung auf der Hochfläche von Iuanes oder nordöstlich Cividale nachhaltigen Widerstand vorzubereiten und zu leisten.
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
4. ortober.
Dis Mitte Oktober.
Die Gruppe Krauß hat gleichzeitig mit Teilkräften auf Resiutta und Den-zone anzugreifen, um so die rechte Flanke der Armee zu decken. Der linke Flügel der ö.-u. 10. Armee wird sich diesem Angriff anschließen. Gemeinsames nächstes Ziel: Fella-Tal von Pontebba bis Gemona.
Grundsatz für jede Angrisfshandlung im Gebirge ist: Gewinnen und Innehalten der Höhenlinien, um auf den Landrücken zum nächsten Ziel zu gelangen. Vermeintliche Umwege auf den Höhenlinien sind einem Überschreiten von Tälern und tiefen Schluchten vorzuziehen. Dies kostet mehr Feit und größere Anstrengungen. Die Täler sind zum raschen Nachziehen geschlossener Reserven, der fahrenden Artillerie und für den Nachschub zu benutzen. Jede Höhenkolonne muß freien Auslauf nach vorwärts haben; dadurch ergeben sich immer Möglichkeiten, einem etwa hängen gebliebenen Nachbarn durch Einschwenken in den Rücken seines Gegners weiter zu helfen."
Nach diesem Befehl hatte nicht mehr, wie ursprünglich beabsichtigt, der rechte, sondern der linke Flügel der 14. Armee das Ziel Cividale. Eine Schwierigkeit lag in der Ausgabe des von Flitsch auf Gemona angesetzten rechten Flügels, der von Saga durch das hier 25 Kilometer breite Gebirge mit Höhen bis zu 1700 Metern (zunächst vor allem Skutnik und Stol) sein Ziel erreichen sollte. Das Kommando der Südwestfront hatte daher nicht unberechtigte Bedenken gegen diese Richtung. General von Delow und sein Generalstabsches aber waren ebenso wie General Krauß überzeugt, daß die schwierige Aufgabe lösbar sei. Notwendig dazu war, daß der rechte Flügel der von Tolmein vorgehenden Kräfte das Vordringen der Gruppe Krauß nachdrücklich unterstützte, bis ihre Angriffe an den West-ausgängen des Gebirges zusammenflössen.
c) Die Bereitstellung der Angriffstruppen.
Der Eisenbahnaufmarsch war der Unterkunftsmöglichkeiten wegen und zum Schutze gegen feindliche Lustbeobachtung von Haus aus weit rückwärts, hinter dem Kamm der Iulischen Alpen geplant, über den die italienischen Flieger nur ausnahmsweise hinaus gelangten. Das Armee-Oberkommando 14 ging nach Krainburg. Zwei österreichisch-ungarische und drei deutsche Divisionen waren im Raume Villach—Klagenfurt, vier deutsche Divisionen und Armeetruppen im Save-Tal um Krainburg und bis Laibach unterzubringen. Teile des Alpenkorps und einige andere Truppen wurden zur Täuschung des Gegners vorher nach Tirol gefahren und dort an der Front gezeigt. Am 13. Oktober war der Eisenbahnaufmarsch beendet. Die Truppen, vor allem die nicht gebirgsgewohnten, wurden für ihre neue Ausgabe ausgerüstet und ausgebildet. An die An-griffsfront sollten sie erst in den allerletzten Tagen vorrücken. Dieser
Bereitstellung der Angriffstruppen.
225
Vormarsch war auf im ganzen vier Straßen angewiesen. Auf jeder waren bis zu drei Divisionen vorzuführen, dazu zahlreiche Artillerie. Für Munition und Nachschub auch der österreichisch-ungarischen Stellungs-truppen konnten einige Klein- und Seilbahnen mitbenutzt werden. Bei der aus großen Strecken völlig unzureichenden Breite der nach Tolmein führenden Straßen*) mußten Fahrzeugkolonnen und Truppen durch die oft mehrere Kilometer langen eingleisigen Strecken regelrecht „durchgeschleust werden. Die Vormarschregelung stellte in ihrer Gesamtheit ein überaus schwieriges Kunstwerk dar, und „man konnte von Glück sagen, wenn sie sich so vollzog, wie sie gedacht war"1).
Eine weitere überaus schwierige Ausgabe bot die Bereitstellung der Truppen zum Angriff selbst, denn sie mußte sich bei der geringen Zahl und Leistungsfähigkeit der nach Tolmein führenden Zufahrtftraßen durch Wochen hinziehen und dabei angesichts der Geländegestaltung in voller Sicht des Gegners stattfinden. Alle Bewegungen wurden in die Nacht gelegt; die Tmppen mußten sich in die Bereitstellungsräume förmlich „hineinschleichen" und sich bei Tage völlig unsichtbar machen. Unter solchen Verhältnissen in der gegebenen Zeit den schwierigen Artillerie-Aufmarsch, bei dem die Geschütze oft in mehrtägiger Arbeit von Mannschaften in die Gebirgsstellungen gezogen werden mußten, und das Bereitlegen der Munition (1000 Schuß für jedes leichte Geschütz, für schwere entsprechend weniger) durchzuführen, erforderte peinlichste Sorgfalt in den Anordnungen wie in der Ausführung. Dabei schwebte über der Führung durch Wochen unablässig die Sorge, daß der Gegner den Aufmarsch erkennen und mit Artillerie und Fliegern bekämpfen würde. Die feindliche Artillerie blieb aber lange Zeit völlig ruhig, und die italienischen Flieger hielten sich zurück, seit sie am 25. September zum ersten Male mit deutschen Jagdfliegern verlustreiche Bekanntschaft gemacht hatten.
Die Oberste Heeresleitung tat das Äußerste, die 14. Armee mit allem auszustatten, was zum Gelingen dieses ersten großen Angriffsunternehmens aus dem Stellungskriege im Gebirge und gegen einen völlig neuen Gegner beitragen konnte. Sie überwies über die zunächst zugesagte Artillerie hinaus noch eine größere Anzahl von Batterien der Heeres-Feld- und Fußartillerie, so daß sich die Gesamtzahl aus rund 540 deutsche Geschütze (davon 104 schwere), und zwar durchweg aller-neustes Gerät, belief. Dazu kamen 216 Minenwerfer und ein Gaswerfer-Bataillon, sowie zahlreiche Pionierformationen, Lastkraftwagen-Kolonnen usw., außerdem Luftstreitkräfte3). Sie bereitete ferner über die
') 6.220.
’) Tgb.-Aufzeichnung des Gen. von Krafst vom 16. Okt. 1917.
*) Näheres 6.230s. (Gliederung am 24. Okt.) und Beil. 29g.
Weltkrieg. XIII. Bd. 15
226
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Dis Mitte Oktober.
16. bis 23. Oktober.
zugesagten sechs Divisionen hinaus den Einsatz zweier weiterer Divisionen, der 8. bayerischen Reserve-Division und der erst im Aufmarschraum neu zu bildenden Deutschen Jäger-Division vor. Angesichts- der aufs äußerste gespannten Lage in Flandern mußte dann aber die erstere am 12. Oktober dorthin abgedreht werden, und General Ludendorff verlangte auch, sämtliche überwiesenen Heeresartillerie-Regimenter (60 Batterien) gleich nach den ersten Angrisfstagen zur Abbeförderung bereit zu halten und sich auf baldige Abgabe von Infanterie ebenfalls einzurichten. Damit erhob sich die Befürchtung, daß die Operation vielleicht gar nicht bis zum vollen Abschluß durchgeführt werden könne.
Weitere Sorgen bereiteten das Wetter und die Verhältnisse bei den österreichisch-ungarischen Verbänden. Anfang Oktober hatte anhaltendes Regenwetter eingesetzt, das zwar der Tarnung des Aufmarsches zugute kam, aber die Gebirgswasser gewaltig anschwellen ließ und die mit Kalkstein geschotterten Straßen aufweichte. Die Zusammenarbeit mit den österreichisch-ungarischen Verbänden gestaltete sich im großen und ganzen zwar durchaus erfreulich, doch trafen die für sie in Aussicht gestellten Verstärkungen an Artillerie und die Munition sowie auch wichtige Ausrüstungsteile erst auf Drängen des Armee-Oberkommandos 14 und nur unvollständig ein. Bei der Gruppe Krauß verzögerte sich dadurch der Artillerieaufmarsch, auch fehlten ihr bei Angriffsbeginn noch 25 v. H. der vereinbarten Munitionsmenge. Die ö.-u. 2. Isonzo-Armee konnte statt vier Divisionen nur drei an ihrem rechten Flügel zur Teilnahme am Angriff bereitstellen. Besonders bedenklich aber war, daß seit Anfang Oktober täglich eine Anzahl österreichisch-ungarischer Heeresangehöriger zum Feinde überlief1). Dieser mußte die Angriffsvorbereitungen erfahren haben. Um abzulenken, hatte General von Below am 9. Oktober eine demonstrative Erkundungsreise an die Tiroler Front unternommen, wo ohnehin noch deutsche Truppen und 21 Funkstationen zur Täuschung des Gegners eingesetzt waren. Am 15. Oktober traf auch Kaiser Karl dort ein und blieb bis zum letzten Tage vor Beginn des Angriffs.
Am 16. Oktober begann der auf fünf Tage berechnete Vormarsch der Infanterie aus den ersten Aufmarschräumen. Am gleichen Tage wurden aber auch bereits italienische Kräfteverschiebungen von Süden gegen die Angriffsfront gemeldet; die feindliche Artillerie verhielt sich jedoch noch ruhig. In dieser recht gespannten Lage mußte am 17. Oktober wegen der
*) Damit war übrigens österreichisch-ungarischerseits gerechnet worden. Das Kommando der Südwestfront hatte bereits am 28. Sept. befohlen, die Erkundungen von Deutschen dürften nicht auf die Tolmeiner Gegend beschränkt bleiben; Zweck: „daß eigene Überläufer an ganzer Front von Anwesenheit deutscher Truppen Kenntnis haben".
Schwierigkeiten des Aufmarsches.
227
noch unvollständigen Ausrüstung der Gruppe Krauß der Angrisfsbeginn verschoben werden, man nahm ihn für den 24. Oktober in Aussicht; die bereits im Marsch befindliche Infanterie hatte an den ohnehin völlig überlasteten Straßen einen Rasttag einzulegen. Inzwischen liefen am 20. und 21. Oktober unter anderen drei österreichisch-ungarische Offiziere, ein Tscheche und zwei Rumänen, zum Feinde über1), von denen einer, als Ordonnanz-Offizier einer Brigade verwendet, Karten mit Einzeichnungen bei sich führte und Kenntnis der Angriffszeiten, nicht allerdings des Angriffstages hatte, denn dieser war noch nicht bekanntgegeben. Gleichzeitig war der Isonzo zu einem gewaltigen Hindernis angeschwollen, auf den höheren Bergen lag Schnee. Das ganze Unternehmen schien aufs äußerste gefährdet. Weiteres Abwarten versprach keine Besserung der Verhältnisse. General von Be low befahl den Angriff für den 24. Oktober.
Das inzwischen bestimmt erwartete Massenfeuer gegen die so gut wie ungedeckten, dicht massierten Geschützaufstellungen und die in die Bereitstellungsräume einrückende Infanterie blieb zwar aus, doch nahm das feindliche Störungsfeuer zu, brachte auch einige Verluste, flaute aber am Vormittag des 23. Oktober wieder völlig ab. Insgesamt waren dabei nur 60 bis 80 feindliche Feuerstellungen erkannt worden, denen gegenüber jetzt 280 eigene Batterien bereitstanden. Unterdessen besserte sich das Wetter, die Gebirgswasser begannen abzufließen.
d) Die Lage beim Gegner vor Angriffsbeginn.
Beim Gegner war seit Abschluß der 11. Isonzo-Schlacht keine entscheidende Veränderung der Frontbesetzung festgestellt worden. Die Kampftätigkeit hatte seit Ende September auch am Mt. S. Gabriele so gut wie ganz aufgehört. Das Artilleriefeuer war sehr gering. Die Italiener bauten an ihren Stellungen, auch an rückwärtigen. Rach wie vor schien die Masse ihrer Streitkräfte südlich des Tolmeiner Brückenkopfes zu stehen. Auf der mehr als 60 Kilometer messenden Front vom Rombon nördlich von Flitsch bis zum Isonzo bei Selo nahm man bis zum 24. Oktobers nicht mehr als etwa neun italienische Brigaden^) als Stellungsbesatzung an, dazu etwa zwei in Reserve dahinter. Südlich von Selo bis zum Meere stand der Gegner wesentlich enger; hier rechnete man einschließlich Ab-
*) Ost. amtl. Werk, VI, S. 516. - Insgesamt liefen vor Beginn des Angriffs 4 Offiziere und etwa 60 Mann über. Nach einer Mitteilung des Gen. von Krafft vom September 1941 soll die Zahl sogar noch erheblich gröher gewesen sein.
2) Nach der Lagen karte der O. H. L. vom 24. Okt. 1917.
3) Wegen der verschiedenen Stärke der italienischen Divisionen rechnete die Abt. Fremde Heere der O. H. L. meist nach Brigaden.
15*
September bis Oktober.
228 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
H?otb*£. schnitts-Reserven mit etwa 50 Brigaden auf einer Front von 85 Kilometern. Fn der ersten Oktoberhälfte waren Nachrichten über Abgabe von Truppen zur Verstärkung der Front in Tirol gekommen; man sah darin einen Erfolg der dort getroffenen Täuschungsmaßnahmen. Hinter der Isonzo-Front wurden aber im Raume Cividale—Cervignano und östlich davon immer noch etwa 37 Brigaden als Armee- und Heeres-Reserven angenommen, von denen Teile in der letzten Zeit auch weiter nordwärts verschoben sein mochten. Allee in allem bestand der Eindruck, daß der Gegner die Angrifssvorbereitungen wohl erkannt habe, sich aber über Zeitpunkt und Stärke des bevorstehenden Angriffs nicht im klaren war. Es mochte ihn vollends irregemacht haben, daß der von den Überläufern ihm vermutlich als Angriffstag bezeichnete 22. Oktober verstrich, ohne daß sich etwas ereignete. Ausfallend blieb trotz allem die Untätigkeit seiner Artillerie.
Tatsächlich hatte General Graf Cadorna*) in Erwartung eines Angriffs an der Fsonzo-Front, an dem auch deutsche Truppen betelligt sein würden, am 18. September für die 2. und 3. Armee Vorbereitung der Abwehr „bis zum äußersten" befohlen. Am 21. September begründete er diesen Entschluß in einer Mitteilung an die Generale Robertson und Foch damit, daß das italienische Heer seit Mai des Jahres einschließlich Kranker bereits 720000 Mann verloren habe*). Die Westmächte glaubten an eine ernstliche Offensive der Mittelmächte in Italien nicht recht und zogen daher die bisher für den Angriff zur Verfügung gestellten 200 schweren Geschütze*) wieder zurück.
Gliederung und Stärke der Truppen an der Isonzo-Front entsprachen im wesentlichen dem, was die Mittelmächte annahmen. Allerdings sehten sich besonders die hinter der Front stehenden Reserven fast durchweg aus Divisionen zusammen, die in der 11. Isonzo-Schlacht schwer geblutet hatten und noch nicht wieder ausgefüllt waren. Sie waren also keineswegs als voll zu rechnen.
Die italienische 2. Armee hielt ihre Augen nach wie vor in erster Linie aus die Bainsizza-Hochsläche gerichtet und sah einem Angriff der Mittelmächte mit großer Zuversicht entgegen. Ihr Führer, General Capello, hielt es nicht für nötig, die feindlichen Angrifssvorbereitungen durch Artilleriefeuer zu zerschlagen, sondern wollte die nicht gerade reichlich vorhandene Munition für einen Gegenangriff auffparen, mit dem er den Ostrand der Bainsizza-Hochsläche zu erreichen hoffte. Dementsprechend
*) Anschluß an S. 212.
*) Sir W. Robertson: „Soldiers and Statesmen“, S. 252.
*) Davon 100 erst während der 11. Isonzo-Schlacht anrollend (vgl. S. 208).
Der Gegner vor Angriffsbeginn.
229
hielt er alle Reserven hinter Mitte und Südflügel seiner Armee zusammen.
General Cadorna billigte diese Pläne nicht, er rechnete nach wie vor auch mit Angriff gegen die Front südlich des Gebirges. Am 19. Oktober hatte et eine Besprechung mit General Capello, der Verstärkungen für den beabsichtigten Gegenangriff erbat; an demselben Tage meldeten ihm zwei zu den Korps der Armee entsandte Offiziere, daß besonders die an der Front Tolmein—Flitsch befehligenden Kommandos des XXVII. und IV. Korps durchaus zuversichtlich seien; Anzeichen eines bevorstehenden Angriffs fehlten, planmäßiges Einschietzen habe bisher nicht stattgefunden. So lehnte General Cadorna am 20. Oktober die Bitte der 2. Armee um Verstärkungen mit Rücksicht aus die Ersatzlage und die Notwendigkeit, starke Heeresreserven in der Hand zu halten, ab; aus weitreichenden Gegenangriff müsse verzichtet werden, die Armee müsse sich mit örtlichen Gegenstößen begnügen.
Am gleichen Tage und am 21. Oktober brachten die drei überlaufenden österreichisch-ungarischen Offiziere Klarheit über den am mittleren Isonzo bevorstehenden Angriff, an dem acht deutsche Divisionen beteiligt sein würden, und teilten auch Einzelheiten über Feuervorbereitung und anderes mit. Der Hauptangriff schien danach bei Tolmein, ein schwächerer bei Flitsch vorbereitet zu werden. Als Angriffstag sei der 25. oder 26. Oktober in Aussicht genommen. Nunmehr begann die Artillerie der bedrohten Front die Angrisssvorbereitungen mit Störungsfeuer zu belegen. Nennenswerte Änderungen in der Verteilung der Reserven wurden aber nicht vorgenommen. Am 22. Oktober suchte General Cadorna selbst die Führer des XXVII. und IV. Korps auf, die auch jetzt volles Vertrauen zur Widerstandskraft ihrer Stellungen und Truppen zeigten. Auch er selbst fühlte sich durch zahlenmäßige Gesamtüberlegenheit, an der auch einige deutsche Divisionen nichts Entscheidendes ändern konnten, jedem feindlichen An- 22.otteb«. griff durchaus gewachsen*).
l) Stärkeverhältnis nach italienischen, vor dem Angriff aufgestellten Berechnungen (Cadorna, II, S. 125ff.):
Italiener
Z.Armee: 9 Div. (108Btle., 119b Gesch.)
dahinter 4 Div. (60 Btle.) Heeresres. 2. Armee: 25 Div. (353 Btle., 2430 Gesch.)
dahinter 3 Div. (39 Btle.) Heeresres. Übrige Front: 22 Div. (231 Btle.)
_____________dahinter 15 Btle. Heeresres.
Mittelmächte 7Vr Div. (92 Btle.)
28 Div. (329 Btle.)
17V2 Div. (224 Btle.)
zusammen: b3 Div. (856 Btle.)
dazu: 4 Kav. Div. (2 am Isonzo verteilt, 2 im An-
rücken dorthin)
53 Div. (645 Btle.)
230 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
23. Oktober.
24. Oktober.
Die vom Angriff der deutschen 14. Armee bedrohte Front von Selo am Fsonzo bis zum Rombon war auch im einzelnen etwa so besetzt, wie es deutscher- und österreichisch-ungarischerseits angenommen wurde. Es standen vor dem Brückenkopf von Tolmein der linke Flügel des XXVII. Korps mit zwei Divisionen in der Front, Teilen von ihnen dahinter, nördlich anschließend das IV. Korps mit drei Divisionen in der Front und einer dahinter. Der südlichste Divisionsabschnitt war am schmälsten, die nördlichen hatten bis über zehn Kilometer Breite. Hinter dem Südflügel stand auf und hinter dem Höhenzug vom Mt. Kolovrat (1114 m) bis zum Mt. Mata-jur das VII. Korps mit fünf Brigaden *).
Das Feuer gegen die feindlichen Angriffsvorbereitungen wurde, nachdem es knapp drei Tage unterhalten worden war, am Vormittag des 23. Oktober wieder eingestellt, anscheinend Um die geringen vorhandenen Munitionsbestände für die Abwehr des eigentlichen Angriffs auszusparen. Unterdessen ergab sich aus abgehörten Ferngesprächen, daß der Beginn der feindlichen Feuervorbereitung bereits auf den 24. Oktober 2° morgens festgesetzt sei. Man traf keine weiteren Gegenmaßnahmen und sah den kommenden Dingen mit großer Zuversicht entgegen.
2. Der Durchbruchsangriff im Gebirge (12. Ifonzo-Gchlacht)*).-
a) Der Einbruch in die feindlichen Stellungen am 24. Oktober.
Gegen Mitternacht zum 24. Oktober bezog sich der bis dahin klare Himmel. Ein seiner Sprühregen, in den höheren Lagen Schneegestöber,
x) Gliederung an der Isonzo-Front am 24.Oktober:
Frontbesetzung | Reserven
Z. Armee: von der Küste bis 5 km südlich von Görz (13 km Frontbreite):
7 Div. | 6 Div.
2.Armee: von Görz einschl. bis Selo ausschl. (28 km Frontbreite):
13 Div. I 4 Div.
+ 3 Div. Heereeres.
von Selo einschl. bis zum Isonzo oberhalb von Tolmein: XXVII. Korps (10 km Frontbreite):
I Abschn.-Res. I Armee-Res.
2 Div. I 2 Brig. | 5 Brig. (VII. Korps)
vom Isonzo oberhalb Tolmein über Flitsch bis Rombon: IV. Korps (25 km Frontbreite):
3 Div. j 2 Brig. | 1 Brig.
2) Gliederung der Angriffsfront am 24. Oktober (Divisionen mit voller oder teilweiser Gebirgsausrüstung unterstrichen; den übrigen Divisionen waren nur einige Hebirgsbatterien zugeteilt):
Beginn des Angriffs.
231
ätzten ein, die sich im Lause des Tages zu Regen und Schneesall entwickelten. Im Gebirge über 1500 Meter lag der Schnee vielfach bereits meterhoch. Dieses Wetter behinderte die Artillerie-Vorbereitung aus den Bergen empfindlich, brachte aber auch den Vorteil, daß Wolken und Nebel die feindliche Beobachtung weitgehend ausschalteten und damit auch wesentliche italienische Flankierungsanlagen unwirksam machten.
Um 2° vormittags begann an der gesamten Angrisssfront das auf zweieinhalb Stunden festgesetzte Gasschiehen der Artillerie. Der Gegner antwortete nur mäßig und allmählich schwächer werdend; die zahlreichen feindlichen Scheinwerfer erloschen. Von 6° ab schossen sich die Minenwerfer ein. Um 630 begann das eigentliche Vorbereitungsfeuer der Artillerie, dem sich um 7° auch das Wirkungsschiehen der Minenwerfer anschloß.
Um 8° vormittags trat die Infanterie im Raume von Tolmein zum Sturm an, bei Flitsch, einem in der Nacht von General Krauß gestellten Antrage entsprechend, erst eine Stunde später. Unmittelbares Zusammenwirken mit ihr kam einstweilen ohnehin nicht in Frage. Alle Teile hatten den Befehl, dicht hinter den letzten Geschoheinschlägen zu folgen und in der zugewiesenen Richtung unaufhaltsam vorwärts zu streben; keiner sollte aus den anderen warten. Die von Haus aus sehr weit gesteckten letzten Ziele lagen jenseits des Gebirges in der Linie Gemona—Cividale, denn nur bei solcher Zielsetzung konnte man hoffen, Höchstes zu erreichen.
r.-u. 10.Armee: Gen. Ob. Freiherr von Krobattn mit 2 Dir»., 338 Geschützen, am linken
Flügel:
Gruppe des Gen. b. Inf. von Hordt mit ö.-u. 29. u. 59. Geb. Drig.
14. Armee:
ö.-u. I. Korps: Gen. d. gnf. Alfted Krauß mit ö.-u. Edelweih-Div. (bisherige 3.1. D.), 22. öst. Sch. D., ö.-u. 55. F.D.; dahinter deutsche Jäg. Div.
Gruppe des Genlt. Freiherr von Stein (Gen. Kdo. III. bayer. A. K.) mit ö.-u.50.F.D., 12. I. D., Alp. K.; dahinter 117. I. D.
Gruppe des Genlt. von Berrer (Gen. Kdo. z. b. 93. 51) mit 200. 3- dahinter 26. g. D.
Gruppe des Feldmlt. Seotti (Gen. Kdo. ö.-u. XV. Korps) mit ö.-u. 1. 3- D. ? dahinter 5. 3. D.
Armeereserven: ö.-u. 4. und 33. 3- ®«, öst. 13. Sch. D.
Artillerie (einschl. Div.Art.): 1845 Geschütze (davon 492 schwere und schwerste).
Luftstreitkräfte: 11 Fl. Abt. (davon 4 öst.-ung. Fl. Komp.), 4 8agdstaffeln (davon 1 öst.-ung. Komp.), zusammen rund 100 Flugzeuge, 6 Ballonzüge.
Heeresgruppe Boroevic:
2.3sonzo-Armee: Gen. d. 3ns. Ritter von Henriquez mit 10 Div., 835 Geschützen, am rechten Flügel als Stohgruppe: Gruppe des Feldmlts. Kosak mit ö.-u. 60., 35. 3. D.; dahinter ö.-u. 57. 3- D.
1. Fsonzo-Armee: Gen. Ob. Freiherr von Wurm mit 11 Div., 951 Geschützen.
232
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Aufgaben und Angriff der Truppen bei Flitsch.
24.o(tobet Die Gruppe Krauß mit drei österreichisch-ungarischen Divisionen
im ersten Tressen und der Deutschen Jäger-Division dahinter hatte einen
im wesentlichen selbständigen Angriff zu führen. Sie stand im Anschluß an die ö.-u. 10. Armee mit dem rechten Flügel im Gebiet des 2208 Meter hohen Rombon, von dem sich ein wild zerklüfteter Hochgebirgsrücken nach Westen zum Canin (2592 m) zieht. Hier sollte eine Seitenabteilung der Edelweiß-Division zum Schutz der Flanke zunächst die Prevala-Scharte (2063 m) erreichen, um dann nach Norden zum Nevea-Sattel (1195 m) absteigend zusammen mit der ö.-u. 59. Gebirgs-Brigade der 10. Armee
die nach Westen durch das Raccolana- ins obere Fella-Tal führende Straße
zu erreichen, während die Masse der Edelweiß-Division der im Isonzo-Tal bei Flitsch angreifenden öst. 22. Schützen-Division folgte. Diese Division hatte die Hauptaufgabe zu lösen und die am tiefsten gegliederten feindlichen Stellungen zu durchstoßen. Bei ihr waren daher besonders starke Artillerie und das deutsche Gaswerfer-Bataillon eingesetzt. Über Saga sollte die Division möglichst in einem Fuge den hier 1300 Meter über der Talsohle liegenden beherrschenden Stol (1668 m) erreichen. Während die nachfolgende Edelweiß-Division sich mit Teilen des Mt. Maggiore zu bemächtigen, mit den Hauptkräftem aber unter Besetzung des Skutnik (1719 m) auf der Straße über Accea sich nördlich der Pta. bi Montemaggiore (1615 m) nach Nordwesten in das Resia-Tal zu wenden hatte, sollte die öst. 22. Schützen-Division über diesen Gebirgsstock und südlich davon den Angriff bis zum Austritt aus dem Gebirge bei Tarcento fortsetzen. Die ö.-u. 55. Infanterie-Division, die in breiter Front aus den verkarsteten Höhen südöstlich von Flitsch bis in das Gebiet des Krn (2245 m) lag, hatte in erster Linie den vor ihrer Mitte liegenden Vrsic (1897 m) zu nehmen und Karsreit zu erreichen; ihr weiteres Ziel war die beherrschende Höhe des Mt. Iuanes (1168 m), auf der ein neuzeitliches italienisches Sperrfort im Bau oder auch schon fertig sein sollte.
Der Angriff am 24. Oktober brachte nur der öst. 22. Schützen-Division den erwarteten Erfolg. Sie fand dank ausgiebiger Artillerie-Vorbereitung und vorzüglicher Wirkung der Gas-Minen zunächst nur geringen Widerstand, durchstieß im Isonzo-Tal mehrere feindliche Stellungen, erbeutete 3000 Gefangene sowie 36 Geschütze und gelangte sechs Kilometer weit bis vor Saga, wo sie durch eigenes Artilleriefeuer und Zerstörung der Brücke über die Felsenschlucht des angeschwollenen Boka-Baches aufgehalten wurde. Fm Anschluß daran kamen an den Talhängen der linke Flügel der ö.-u. Edelweiß-Division bis Pluzne, der rechte der ö.-u. 55. Infanterie-Division bis unter den Höhenrand des Polounik. Im Norden
Der erste Angriffstag bei Flitsch und bei Tolmein.
233
aber, am Nombon und nördlich davon, hatte die Artillerie bei ungünstigem Wetter in überaus schwierigem Hochgebirge nicht ausreichend wirken können; der Angriff war über die Ausgangsstellungen nicht hinausgekommen. Auch südöstlich von Flitsch, am Vrsic, waren nur die vordersten feindlichen Gräben genommen. Von der Deutschen Jäger-Division hatte einstweilen nur ein Regiment einige Kilometer weit vorgezogen werden können.
Ausgaben und Angriff der Truppen im „Tolmeiner Brückenkopf".
An die Stellungen der Gruppe Krauß schloß, noch im Hochgebirge, in sieben Kilometer breiter Front die ö.-u. 50. Infanterie-Division der Gruppe Stein an. Es folgten im „Tolmeiner Brückenkopf" die 12. Infanterie-Division und das Alpenkorps, dann die 200. Infanterie-Division der ©nippe Berrer und die ö.-u. 1. Infanterie-Division der Gruppe Scotti. Bei diesen vier Divisionen lag der Schwerpunkt des gesamten Angriffs. Hier hatten die Divisionen daher nur etwa zwei Kilometer Frontbreite, und hinter ihnen standen die 117., 26. und 5. Infanterie-Division als zweites Treffen bereit. Hier war aber auch der Gegner am dichtesten und am tiefsten gegliedert.
Das Hauptziel der Gruppe Stein war der 15 Kilometer vor der Front liegende Mt. Matajur (1641 m), der, wenn auch nur mit Teilkräften, „schnellstens" erreicht werden sollte. Dieser Bergstock trägt, wie fast alle Höhenzüge westlich des Isonzo, bis zu etwa 1000 Meter Höhe mehr oder minder dichten Buschwald. Die Gipfel sind kahl, die Hänge sehr steil. Die 12. Infanterie-Division, zunächst im Fsonzo-Tale vorstoßend, sollte zum Mt. Matajur von Idersko über Luico aufsteigen, erhielt aber daneben die mündliche Weisung, nach Bedarf auch der Gruppe Krauß gegen den Stol vorwärts zu helfen. Das Alpenkorps hatte den Mt. Matajur über den langgestreckten Kolovrat-Rücken zu erreichen. Der Angriff dieser beiden Divisionen sollte rechts durch das Vorgehen der ö.-u. 50., links durch das der gegen die Stellungen im Ieza-Gebiet (929 m) angesetzten Gruppe Berrer begleitet werden. Weiterhin waren die Ge-birgsausgänge nördlich von Cividale das Ziel der Gruppe Stein, wobei vor allem die von Karfreit ins Natisone-Tal führende Straße eine Rolle spielte; westlich von dieser war der Mt.Mia(l 180m) der ö.-u.50. Infanterie-Division als Ziel gesetzt.
Rach wirksamster Artillerie-Vorbereitung trat die Infanterie zum Sturm an. Die ö.-u. 50. Infanterie-Division durchstieß die italienische Stellung an den Hängen beim Orte Krn und südlich davon, während ihr linker Flügel zusammen mit dem rechten der 12. Infanterie-Division die
234 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
r«. otto»«. feindliche Linie auf dem nördlichen Isonzo-Üser zu Fall brachte. Nachdem auch der rechte Flügel des Alpenkorps südlich des Flusses Raum geschafft hatte, war der Weg für den Talstotz der 12. Infanterie-Division auf Karfreit frei. Begünstigt von Nebelschwaden, die die Einwirkung von den Hängen beiderseits des Tales ausschalteten, überrannte die Division jeden feindlichen Widerstand und erreichte bereits 380 nachmittags Karfreit. Teile, die den Kolovrat-Rücken erstiegen, hatten bei Luico heftige Gegenstöße abzuwehren. Bon Karfreit aber drang eine vorderste Abteilung aus der ins Natisone-Tal führenden Stratze am Abend noch bis zur Reichsgrenze südlich von Robic vor. 15000 Gefangene, dabei ein Divisions- und zwei Brigade-stäbe, 100 Geschütze und unübersehbares Kriegsgerät waren die Beute des von den Unterführern vorderster Linie rücksichtslos vorgetragenen Angriffs.
Das Alpenkorps durchbrach die italienischen Talstellungen im ersten Anlauf, fand dann aber aus halbem Hange an der im Walde versteckten und vom Artillerieseuer nicht gefassten II. Stellung ernsten Widerstand, der nur aus dem rechten Flügel gebrochen werden konnte. Bis zum Abend war dieser nach einem Anstieg von insgesamt fast 1000 Metern und neuen Kämpfen von Norden her in die feindliche Schlüsselstellung auf der Höhe 1114 des Kolovrat eingedrungen, während der linke noch zurücklag.
Die Gruppe Berrer hatte zunächst die Ieza, dann den Mt. S. Martins (965 m) und Mt. Hum (9'05 m), weiterhin die Höhen über Cividale zum Ziel; sie sollte nach Bedarf außerdem bei Eroberung des im Angriffsfeld der Gruppe Stein liegenden Mt. Iuanes mitwirken. Die zunächst allein in vorderer Linie befindliche 200. Infanterie-Division überrannte ebenso wie das Alpenkorps die vordersten feindlichen Stellungen und fand bann beim Ausstieg im Walde noch erheblichen Widerstand. Abends hatte sie die Ieza (929 m) und den Kamm südlich davon in Besitz. Zwischen der Ieza und Höhe 1114 (auf dem Kolovrat) jedoch hielt der Feind noch. Die Division meldete Tausende von Gefangenen und an 100 erbeutete Geschütze.
Die Gruppe Scotti hatte die vor ihr liegenden Höhenstellungen südlich der Ieza, am Mt. Hum und aus dem Globocak wegzunehmen und dem rechten Flügel der 2. Isonzo-Armee den Weg über den Isonzo zu öffnen; weiterhin sollte sie über Castel del Monte südlich an Cividale vorbei vordringen. Die zunächst allein in der Front stehende ö.-u. 1. Infanterie-Division, seit Mai 1915 an diesem Abschnitt der Isonzo-Front eingesetzt, besatz zwar entsprechende Gebirgserfahrung, war aber für die Angriffs-aufgäbe weder ausgebildet noch ausgerüstet. Trotzdem hatte sie beim ersten Anlauf vollen Erfolg. Ihre rechte Flügel-Brigade brach nach schwie rigen Waldkämpsen und Überwindung tiefer Schluchten abends noch m die II. italienische Stellung ein, die sich von dem Höhenrücken westlich der
Der erste Angriffstag bei Tolmein und südlich.
235
am „ach Südsüdwesten zum Globocak (806 m) hinzog. Die linke Flügel-Brigade erreichte nach heftigen Kämpfen den Hrad vrh (687 m) und die Höhen südlich davon. Die Division zählte an diesem Tage eine Beute
von 4600 Gefangenen und 77 Geschützen.
Der Vormarsch der rückwärtigen Divisionen hatte durch verstopfte Strotzen teilweise erhebliche Verzögerungen erlitten. Die 117. Infanterie-Division erreichte hinter dem Alpenkorps erst am Morgen des 25. Oktober Tolmein. Das vorderste Regiment der weiter zurück befindlichen 26. Infanterie-Division kam hinter der 200. bis St. Luzia südlich von Tolmein. Rur die 5. Infanterie-Division konnte bereits am 24. Oktober den Isonzo überschreiten und stand abends mit zwei Regimentern hinter dem rechten Flügel der ö.-u. 1. Infanterie-Division aus dem Varda
vrh (672 m). ,
Aus dem rechten Flügel der 2. Isonzo-Armee stand die Gruppe Kosak mit ö.-u. 60. und 35. Infanterie-Division in vorderer Linie, der 57. dahinter, zum Angriff bereit; links sollte die ö.-u. 24. Infanterie-Division des XXIV. Korps mit vorgehen. Diese Divisionen, die bereits die August-Kämpfe aus der Bainsizza-Hochsläche mitgemacht hatten, befanden sich etwa gleichstarkem Feind gegenüber. Ihr erstes Ziel sollte die Hochfläche von Vrh sein; weiterhin war nach Überwinden des Isonzo über den Südteil des Kolovrat-Rückens die Korada (812 m) nördlich von Görz zu erreichen. Der Angriff blieb aber bereits nach geringen Anfangserfolgen liegen, und selbst diese wurden nachts wieder ausgegeben. Die sonstige Tätigkeit der ö.-u. 2. und 1. Isonzo-Armee beschränkte sich aus Stotztruppunternehmungen und Artilleriefeuer.
Maßnahmen der Führung.
Das Oberkommando der 14. Armee in Krainburg war während des ganzen Tages, insbesondere während der Vormittagsstunden schnell und zutreffend über die Erfolge an der Front unterrichtet worden. Über das rasche Vordringen der oft. 22. Schützen-Division gegen Saga sowie der 12. Infanterie-Division auf Karsreit bestand frühzeitig Klarheit, obgleich die Wetterlage des 24. Oktober nicht nur die Luftaufklärung unterbunden, sondern sogar jede Fliegertätigkeit unmöglich gemacht hatte*). Die Abend-
!) Die Luftwaffe hatte 1917 im Gebirge noch erhebliche Schwierigkeiten flugtechnischer Art zu überwinden. Die damals gebrauchten Flugzeuge waren noch nicht kräftig und trag-sähig genug, in ihrer Reichweite sehr beschränkt, die Motoren für die besonderen Lustverhält-nisse im Gebirge zu schwach. Auch fehlte den deutschen Fliegern Erfahrung im Fliegen unter den im Gebirge außerordentlich schwierigen atmosphärischen und sonstigen Bedingungen. Die Folge war, daß der Flugbetrieb schon bei Witterungsverhältnissen, die im Flachland keineswegs eine Einschränkung bewirkt haben würden, zum Erliegen kam.
236
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
24. Oktober.
25. Oktober.
Meldung an das Kommando der Südwestfront gab die Lage bei den Gruppen Krauß und Scotti im wesentlichen zutreffend wieder. Gruppe Stein wurde als im Besitz von Karfreit und im Kamps um die Kolovrat-Höhe 1114, Gruppe Berrer im Kamps um die Ieza angegeben. Ehe aber diese Höhen nicht fest in der Hand waren, schien noch nichts Entscheidendes erreicht.
Der Armeebefehl für den 25. Oktober forderte die Fortsetzung des Angriffs „auf der ganzen Front mit allem Nachdruck". Die Gruppe Stein wurde noch besonders auf möglichst baldige Wegnahme und Sperrung des Natisone-Tales und des Passes von Luico gegen die erwartete Heranführung italienischer Reserven hingewiesen. Die Heeresreserven (ö.-u. 4. und 33. Infanterie- und öst. 13. Schützen-Division) sollten gegen den Isonzo nachrücken; da sie vorerst ohne eigene Artillerie waren, wurde die Zuteilung deutscher Heeresartillerie befohlen.
Die 2. Isonzo-Armee hatte zunächst beabsichtigt, den Angriff ihres rechten Flügels am 25. Oktober unter Einsatz von Reserven wiederholen zu lassen. Munitionsmangel und geringe Gefechtsstärken der ö.-u. 35. Infanterie-Division führten aber zur Zurücknahme dieses Befehls. Ge-fangenenaussagen ergaben, daß der Gegner den Hauptangriff offenbar bei der 2. Isonzo-Armee erwartet hatte; nur hier und vor dem äußersten linken Flügel der 14. Armee (ö.-u. 1. Infanterie-Division) schien er Reserven eingesetzt zu haben. Die hinter der Front stehende ö.-u. 57. Infanterie-Division sollte nunmehr im Abschnitt der Gruppe Scotti nachgezogen werden.
b) Fortgang der Kämpfe am 25. Oktober.
In den Abendstunden des 24. Oktober hatte eisiger Nordwind, „Bora", eingesetzt. Auf den kahlen Bergen, vor allem in den mit Neuschnee bedeckten höheren Lagen, litten die von Kamps und steilem Aufstieg erhitzten Truppen stark unter dem Kälteeinbruch. Bis zum Morgen des 25. Oktober war aber der Himmel von Wolken reingefegt, und strahlende Sonne brachte rasch Erwärmung.
Am linken Flügel der ö.-u. IO. Armee blieb ein neuer Angriffsoersuch der ö.-u. 59. Gebirgs-Brigade abermals erfolglos.
Bei der Gruppe Krauß wurden die Stellungen des Gegners im Rombon-Gebiet morgens geräumt gefunden, er hielt aber hartnäckig am Bratni vrh (1988 m). Diesen südlich umgehend, erreichte die rechte Seitenabteilung der ö.-u. Edelweiß-Division (216. Infanterie-Brigade) ihr erstes Ziel, die Prevala-Scharte. Die öst. 22. Schützen-Division, an der zerstörten Boca-Brücke aufgehalten, gelangte ohne Kampf, aber zunächst
Der »weite Angriffstag.
237
auch ohne Artillerie, die auf Fertigstellung einer Behelfsbrücke warten mußte, nach Saga und wandte sich gegen den Stol. In Kämpfen, die den ganzen Tag über dauerten, konnte sie erst in der Nacht zum 26. Oktober um 3° den Gipfel (1668 m) des langgestreckten Höhenrückens gewinnen. Die Hauptteile der Edelweiß-Division, der 22. Schühen-Division bis Saga folgend, nahmen rechts von ihr gegen teilweise stärkeren Widerstand bis zum Abend den Skutnik, die Höhen nördlich von Uccea und diesen Ort selbst. Unterdessen marschierte die Deutsche Jäger-Division auf dem linken Isonzo-User an Saga vorbei bis Serpenizza und Trnovo. Bor der ö.-u. 55. Infanterie-Division hatte der Gegner in der Nacht die bis dahin noch behaupteten Gebirgsstellungen des Drsic-Gebietes bis auf geringe Nachhuten geräumt. Diesen nachdrängend, erreichte die Division über Karfreit abends mit vordersten Teilen Staro Selo.
Dicht westlich dieses Ortes hatten tagsüber Teile der 12. Infanterie-Division und der ö.-u. 50. Infanterie-Division der Gruppe Stein gefochten. Die bis Lreda—Robic vordringende Gruppe der 12. Infanterie-Division wurde durch starke italienische Kräfte gebunden. Erst am Nachmittag brachten ihr die vordersten Telle der ö.-u. 50. Infanterie-Division Entlastung, die nach Säuberung des Gebirges östlich von Karfreit auf Staro Selo nachgerückt war; bis zum Abend war der Mt. Mia in der Hand dieser Division. Die Gruppe der 12. Infanterie-Division hatte sich inzwischen südwärts gegen das Natisone-Tal wenden können, wo sie an der Reichsgrenze nach kurzem Kampf starke italienische Reserven warf. Die linke Flügelgruppe der Division hatte am Paß von Luico lange Zeit gegen vordrängende feindliche Reserven in hartem Kampfe gestanden, bis auf dem Kolovrat-Rücken über den Kuk (1243 m) nachmittags Teile des Alpenkorps herankamen. Gemeinsamer Angriff führte noch über Luico hinaus nach Südwesten; zahlreiche Gefangene wurden eingebracht. Der linke Flügel des Alpenkorps war zusammen mit der 200. Infanterie-Division der Gruppe Berrer durch die Säuberung des Kolovrat-Rückens mit seinen zwischen Höhe 1114 und der Ieza weit verzweigten Anlagen ausgehalten worden; auf der Straße zum Mt. Hum gelangten Teile der 200. Infanterie-Division bis Prapotnizza. Hinter der Front erreichte die 117. Infanterie-Division im Fsonzo-Tal Kamno und Selisce, die 26. Infanterie-Division mit vordersten Teilen die feindlichen Höhenstellungen dicht östlich der Ieza.
Bei der G r u p p e S c o t t i schob sich als rechter Flügel die 5. Infanteriedivision in die Kampffront vor, warf italienische Reserven bei Pusno und Srednje und stellte sich zum Angriff gegen den Mt. Hum (905 m) bereit, der am nächsten Morgen beginnen sollte. Währenddessen nahm
238 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
25.Ott,*«,, der rechte Flügel der ö.-u. 1. Infanterie-Division nach verlustreichem Kampfe die italienischen Stellungen am Globocak, ihr linker kam kämpfend über Ronzina hinaus.
Die Tätigkeit derFlieger stieß auch an diesem Tage aus große Schwierigkeiten. Die bisherigen Flugplätze lagen verhältnismäßig weit zurück im Save-Tal, die Wiederherstellung eines von den Italienern eingerichteten kleinen Flugplatzes bei Idersko war noch im Gange. Immerhin hatten Aufklärung und Lichtbilderkundung wieder aufgenommen werden können.
Die Anfänge der ö.-u. 57. Infanterie-Division der Gruppe Kosak der 2. Isonzo-Armee erreichten abends ebenfalls Ronzina. Vor der Front dieser Armee aber hatte der Gegner in der Nacht zum 25. Oktober bereits begonnen, seine Stellungen aus der Bainsizza-Hochfläche zu räumen. Nachdrängend erreichte die Armee bis zum Abend eine von Loga östlich an Vrh und Vate vorbei nach Süden zur bisherigen Front verlausende Linie. Die Isonzo-Brücke an der italienischen Rückzugsstraße über Canale wurde von österreichisch-ungarischen Fliegern mit 6500 Kilogramm Bomben beworfen.
General von Be low hatte am Morgen des 25. Oktober die Größe der tags zuvor erzielten Erfolge noch nicht klar übersehen können. General Krauß hatte die Verhältnisse an seinem Frontabschnitt keineswegs sehr zuversichtlich beurteilt. Ob das Alpenkorps und die 200. Infanterie-Division ihre ersten Ziele aus dem Kolovrat-Rücken (Höhe 1114 und Ieza) erreicht hatten, war noch nicht sicher. Die vorne kämpfenden Truppen mußten mit Ausnahme der 12. Infanterie-Division einstweilen ohne schwere Waffen sein, soweit diese nicht auf Tragetieren verlastet waren oder von den Mannschaften selbst mitgeführt wurden. Die Masse der schweren Maschinengewehre, Minenwerfer, die gesamte fahrende Artillerie, Troß und Munitions-Kolonnen von etwa sieben Divisionen, dazu die fechtenden Truppen von fünf Divisionen des zweiten Treffens sowie Verwundete und Massen von Gefangenen drängten sich im Isonzo-Tale zusammen und verursachten kaum entwirrbare Verkehrsstockungen. Am der kämpfenden Front ihre schweren Waffen ins Gebirge nachzufühlen, kamen nur wenige Wege in Betracht, der über llccea1), der von Karfreit über Bergogna, die Straße von Karfreit ins Natisone-Tal, der Weg über Luico und der über Ronzina. An Weitermarsch der noch rückwärts liegenden drei Divisionen der Armeereserve war einstweilen nicht zu denken. Die Verhältnisse drohten noch verwickelter zu werden, als bekannt wurde,
l) Diese Straße war auf den damals vorliegenden Karten über die Grenze nach Westen durchlaufend dargestellt.
Die Führung am zweiten Angriffstage.
239
daß die 2. Isonzo-Armee dem vor ihrer Front weichenden Gegner nachdränge und hinter ihrer 57. Infanterie-Division noch sechs weitere Divisionen über St. Luzia und Selo aus das westliche Isonzo-User nachführen und damit die der 14. Armee gehörige Talstraße nach Ronzina belegen wolle.
Nach Wege- und Geländeverhältnissen konnte die 14. Armee Verfolgung und Vormarsch mit der Masse ihrer Truppen nicht anders als in südwestlicher Richtung aus Cividale durchführen, denn von den genannten Fahrwegen traten nur die beiden nördlichsten bei Gemona und Tarcento, alle übrigen aber bei Cividale aus dem Gebirge; dabei zeigte der Vormarsch der Armee ohnehin schon sehr viel mehr nach Westen, als die österreichisch-ungarische Heeresleitung ursprünglich in Aussicht genommen hatte. Erst nach Erreichen der Ebene bot sich die Möglichkeit, nach Norden mehr zusammenzurücken. Vorerst aber mutzte der rechte Flügel der 2. Isonzo-Armee hinter dem linken der 14. Armee bleiben. Als Folge der dadurch gegebenen Anhäufung von Truppen auf den inneren Flügeln der beiden Armeen waren bedenkliche Reibungen unvermeidlich, da auch die Mitte der 2. Isonzo-Armee nicht eine einzige brauchbare nach Westen führende Stratze besaß. Da zudem eine zur Versorgung dieser Armee im Bau befindliche Feldbahn nicht rechtzeitig fertig geworden war, mußte sie auch fernerhin aus der ohnehin wenig leistungsfähigen, für die 14. Armee bestimmten Bahn Grahovo—St. Luzia mitversorgt werden. Weitere Stockungen aus der schon jetzt überlasteten und verstopften Stratze im Idria-Tale und im Raume von St. Luzia, wo der Verkehr zusammenlief, muhten die Folge sein, und zu allem Überfluß riß noch das Hochwasser die bei Tolmein über den Isonzo geschlagene Kriegsbrücke weg. So standen schwere Aufgaben bevor, die nur dadurch erleichtert wurden, daß der Munitionsverbrauch, solange man nicht auf starke neue feindliche Abwehr stieß, gering blieb und die Verpflegung den Vorräten des Feindes entnommen werden konnte. Es kam alles daraus an, möglichst rasch im Gebirge weiter Raum zu gewinnen und dadurch nach vorwärts Luft zu schaffen.
Bis zum Abend des 25. Oktober hatte sich die Lage an der Kampffront mehr und mehr geklärt. Die feindlichen Hauptstellungen waren auf der ganzen Front der 14. Armee durchstoßen. Insgesamt acht Divisionen der Armee standen bis zum Abend im Kampf, vier unmittelbar dahinter*). Die Gefangenen-Zahl und die Geschützbeute stiegen rasch,
') Vordere Linie: Edelw.D., öst. 22. Sch. D., ö.-u. 50. g. D., 12. I. D., Alp. K., 200. und 5. I. D., ö.-u. 1. g. D.; dahinter Deutsche gäg.D., ö.-u. 55. g. D., 117. und 26. 3. D.; Yeeree-Res. ö.-u. 4. g. D., öst. 13. Sch. D., ö.-u. 33. g. D.
240
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
bis zum Abend waren 25000 Mann und 200 Geschütze gemeldet. Der Gegner schien säst die gesamte Artillerie der eingesetzten Divisionen verloren zu haben, seine Widerstandskraft mutzte dementsprechend geschwächt sein; seine Reserven kamen verzettelt heran und waren bisher überall geworfen worden. Stärkerer Widerstand wurde am Mt. Iuanes erwartet. Im übrigen boten abgehorchte italienische Ferngespräche das Bild vollkommener Verwirrung beim Feinde; verzweifelte Anfragen und Hilferufe waren mitgehört worden.
c) Die Vollendung des Durchbruchs am 26. Oktober.
Nach wiederum recht kalter Nacht wurden am 26. Oktober alle Bewegungen durch hellen, warmen Sonnenschein außerordentlich begünstigt.
Am linken Flügel der ö.-u. l0. Armee und am äußersten rechten der Gruppe Krauß wurden nur unbedeutende Fortschritte erzielt; zwar ergab sich der Gegner am Dratni vrh Teilen der Edelweiß-Division, doch behauptete er weiterhin die Prevala-Scharte. Die übrigen Kräfte der Division erreichten mit den Ansängen Stolvizza im Resia-Tale, 'den Nizki vrh (1242 m) und kämpfend den Passo bi Tanamea (852 m) sowie die Pta di Montemaggiore (1615 m). Dabei erst stellte sich heraus, daß die Straße von Uccea ins Refia-Tal auf längerer Strecke nur ein Saumpfad war*). Die oft. 22. Schützen-Division überraschte, vom Stol hinabsteigend, bereits um 7° vormittags den Feind in Bergogna, machte 5000 Gefangene und kam abends bis zum Dorf Montemaggiore und auf den Mt. le Zuffine (1066 m), gegen den von Westen her auch der Gegner bereits im Aufstieg gewesen war. Ilm dem Nordflügel vorwärtszuhelfen und die südlichen Marschstraßen zu entlasten, hatte General von Below unterdessen angeregt, die ursprünglich über Karfteit angesetzte Deutsche Jäger-Division jenem Flügel nachzusühren. Sie näherte sich, durch Straßenverstopfungen aufgehalten, abends Uccea; General Krauß unterstellte sie dem Kommandeur der Edelweiß-Division, Generalmajor von Wieden. Die ö.-u. 55. Infanterie-Division rückte bis Borjana nach.
General von Stein hatte für den 26. Oktober schärfstes Vorgehen des rechten Flügels gegen den Mt. Iuanes angeordnet. Die ö.-u. 50. Infanterie-Division erreichte Prossenico, Rvbedisze und den Mt. Lupia, eine vorgeschobene Abteilung nach kurzem Gefecht die Hochfläche des Mt. Iuanes; das dort vermutete Panzerfort war noch unfertig und unbesetzt. Der Gegner im Natisone-Tal, in der linken Flanke bedroht, wich südwärts aus. Den Mt. Iuanes erklomm von Osten her auch der rechte
-) 6.238 Anm. 1.
Die Vollendung des Durchbruchs am dritten Angriffstage.
241
Flügel der 12. Infanterie-Division; die Masse der Division kam im Tal bis Pulfero; eine vorausgesandte Abteilung erhielt Azzida zum Ziel, um dem Alpenkorps den Austritt aus dem Gebirge zu öffnen. Die bei Luico stehende Gruppe der Division folgte der gegen den Mt. Matajur vorgehenden vordersten Abteilung des Alpenkorps. Diese hatte in verlustreichem Kampfe den Cragonza (1096 m) genommen, konnte am Mrzli vrh (1356 m) eine italienische Brigade überraschend im Rücken fassen und machte hier 2700 Gefangene. Dann entschied sie durch ihr Erscheinen im Rücken des Gegners auf dem Mt. Matajur auch den dort von Teilen der 12. Infanterie-Division geführten Kampf. Im übrigen gelangte das Alpenkorps, gegen feindliche Nachhuten fechtend, mit Teilen ins Natisone-Tal bei Teglio, mit dem Anfang seiner Hauptkräste über Savogna bis zwei Kilometer vor Azzida. Dem Korps zunächst folgend, erreichte die 117. Infanterie-Division Robic.
Don der Gruppe Berrer nahm die rechte Flügelkolonne der 200. Infanterie-Division in raschem Zupacken fast ohne Verluste den Mt. S. Martino (965 m) und gelangte, aus dem Höhenrücken weiter vorgehend, bis auf den Mt. Vainizza (394 m) unmittelbar über Azzida. Neben ihr kam die im Tal vorgehende linke Kolonne auf annähernd gleiche Höhe; sie traf dabei mit dem Ansang der über den Rücken des Mt. S. Maria Mna (683 m) anrückenden 26. Infanterie-Division zusammen.
Dieser Division hatte das vorderste Regiment der 5. Infanterie-Division der Gruppe Scotti durch Erstürmung des Mt. Hum (905 m) den Weg frei gemacht und dabei, unterstützt durch Teile der 200. Infanterie-Division, die von Norden angriffen, in verlustreichem Kampfe zwei italienische Brigaden geworfen; 3600 Mann und 61 Geschütze zählte die Beute an dieser Stelle. Ohne wesentliche weitere Kämpfe erreichte die 5. Infanterie-Division den Mt. S. Giovanni (703 m), während die ö.-u. 1. Infanterie-Division nach Kampf bei Kambresko bis Britof im Zudrio-Tal und auf der Höhenstraße bis in die Gegend von St. Jakob (747 m) gelangte. Bor ihr lag der vom Feinde anscheinend noch stark besetzte Bergklotz der Korada (812 m).
Die 2. Isonzo-Armee hatte aus ihrem rechten Flügel eine vier Divisionen starke Gruppe neu gebildet*), deren vorderste ö.-u. 57. Infanterie-Division an den Berghängen des westlichen Isonzo-Users bis zwei Kilometer nördlich von Canale kam. Hier hatte die ö.-u. 60. Infanterie-Division der Gruppe Kosak den Fsonzo ebenfalls überschritten und aus dem Kolovrat-Rücken Liga erreicht. Das Ostuser des Isonzo hatte der
') Een. d. Inf. Kaiser (Gen. Kdo. II. Korps) mit ö.-u. 57., 9., 28., 29. F. D. Weltkrieg. XIII. $b. 16
242
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
ie.oti»bet. Gegner bis zum Mt. Santo nördlich von Görz inzwischen geräumt, die 2. Isonzo-Armee war aus der ganzen Front gefolgt. Der Sieg der 14. Armee wirkte sich aber auch bereits an der Front der 1. Isonzo-Armee aus; rückgängige Bewegungen wurden gemeldet, bei Görz war die Eisenbahnbrücke gesprengt worden, der Flugplatz von Cormons war geräumt. Ein Vorstoß der ö.-u. 17. Infanterie-Division aus den Fajti hrib (432 in) hatte 3500 Gefangene ergeben.
Der dritte Angrisfstag hatte den Durchbruch durch die italienischen Stellungen vollendet, die Reserven des Gegners waren zu einem erheblichen Teile zerschlagen. Der Nachrichtendienst errechnete, daß der italienischen 2. und 3. Armee im ganzen nur noch neun unberührte Brigaden als Reserven zur Verfügung stünden. Von der Ebene trennte lediglich ein letzter Riegel von Randhöhen, und in diesen war mit der Eroberung des Mt. le Fuffine und Mt. Iuanes bereits Bresche geschlagen. Fahrende schwere Waffen und Gefechtstroß hatten begonnen, in das Gebirge nachzurücken. Noch aber hatte General von Be low keine Kenntnis von der weitreichenden Größe des Erfolges; zur Bezwingung der auf dem Mt. Iuanes und dem Mt. Madlessena vermuteten ständigen Werke ließ er eine starke Gruppe schwerer Artillerie bei Karfreit zusammenziehen.
Mit dem raschen Fortschreiten der Bewegungen war neue Festlegung der Armeegrenzen dringend geworden. Am 26. Oktober mittags bot das Kommando der Südwestfront der 14. Armee an, die Grenze im Süden für die nächsten Tage selber zu bestimmen, auch wenn dadurch Teile der 2. Isonzo-Armee zunächst aus der Front gedrückt würden. Erzherzog Eugen wollte sie dann vorübergehend als zweites Treffen folgen lassen und erst in der Ebene die Grenzen neu festsetzen. Unterdessen hatte General Ludendorff bei General von Arz angeregt, den „Schwerpunkt der ganzen Operation in Richtung Gemona" zu legen1) und der 14. Armee dazu weitere Kräfte zur Verfügung zu stellen, damit sie ihren rechten Flügel stark mache und die Linie Gemona—Cividale erreiche. Dagegen dachte die österreichisch-ungarische Heeresleitung, da Zuführung neuer Truppen wegen der Straßenüberfüllung hinter der Front zur Feit undurchführbar war, die Stoßkraft der 14. Armee durch Verengung ihres Angriffsstreifens zu stärken2), und bestimmte daher nachmittags die Linie Höhe 1114 (Kolovrat)—Azzida—Cividale als ihre Südgrenze. Das entsprach aber nach Ansicht des Armee-Oberkommandos 14,
!) Das entsprach den Absichten des A. O. K. 14 (S. 223f.). -) Ost. amtl. Werk, VI, S. 550.
Die Führung am dritten Angriffstage.
243
der Obersten Kriegsleitung und des Kommandos der Südwestfront nicht den gegebenen Verhältnissen. Für den Südslügel blieb es daher schließlich bei den bisherigen Anordnungen. Auf dem Nordslügel beabsichtigte die österreichisch-ungarische Heeresleitung, die in das Fella-Tal angesetzten Teile (Edelweiß- und Deutsche Jäger-Division) demnächst der ö.-u. 10. Armee zu unterstellen; sie begründete diese Maßnahme mit den Nachschubverhältnissen. Demgegenüber machte General von Below, der noch mit Benutzbarkeit der Straße über Uccea rechnete, geltend, daß durch solche Abgabe die im Gang befindliche Vorwärtsbewegung gegen den oberen Tagliamento leiden könne, die dem Gegner im Gebirge vor der 10. Armee den Rückzug abschneiden sollte. Die Abgabe unterblieb daraufhin.
In einem abends eingehenden Fernschreiben wies das Kommando der Südwestfront aber auch schon daraus hin, daß der bisherige Verlauf der Kämpfe die Möglichkeit eines italienischen Rückzuges hinter den Tagliamento näher rücke; in diesem Falle würde seitens der 14. und des rechten Flügels der 2. Isonzo-Armee „aus der derzeitigen mehr gegen Südwesten gerichteten Vorrückung in die Richtung gegen Westen überzugehen sein". Die Grenze sollte dann einige Kilometer südlich an Civi-dale vorbei über die Mitte von Adine nach Westen aus S. Odorico am Tagliamento lausen. Die Frage der Nordgrenze blieb noch offen.
General von Below konnte im Armeebefehl für den 27. Oktober einleitend sagen: Der rücksichtslose Vorstoß der 14. Armee, die zur Zeit keinen kampfkräftigen Feind mehr vor sich habe, müsse zu einem Zusammenbruch für die Italiener führen. Von Tarcento bis Cividale das war das Ergebnis der Lusterkundung — seien mittags die Gegend und die Bahnen vom Feinde frei gewesen, ebenso der Südteil des Mt. Matajur-Massivs, dagegen seien bei Cividale starker Verkehr und Ansammlungen beobachtet worden. Dann hieß es weiter:
„Die 14. Armee stößt mit rechtem Flügel der Gruppe Krauß (Edelweiß-und Deutsche Jäger-Division) über Resiutta und Venzone beschleunigt vor und schneidet so den Feind vor der 10. Armee ab.
Die Hauptkräfte der 14. Armee führen den Angriff über die befohlene Linie Gemona—Tarcento—Cividale zunächst bis in die Linie Eisenbahnbrücke über den Tagliamento bei Cornino—Majano—Ad ine so schnell als möglich durch.
10. Armee wird etwa weichendem Feind sich anhängen.
2. Isonzo-Armee dringt dem vor ihr weichenden Feinde nach." Es folgte der Sonderauftrag für die Gruppe Krauß, nach Gewinnung des Fella-Tales Sicherungen in die Linie Moggio—Mt. Amariana (öst-
16*
244
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
27. Oktober.
lich von Tolmezzo)—Mt. Facit vorzuschieben und die Befestigungen von Mt. Brancot und Mt. Festa wegzunehmen.
Die ö.-u. 50. Infanterie-Division der Gruppe Stein sollte zur Gruppe Krauß, die inzwischen bei Woltschach (westlich von Tolmein) eingetroffene oft. 13. Schützen-Division (bisher Armeereserve) dafür zur Gruppe Stein treten; die beiden letzten Divisionen der Armeereserve hatten noch in den bisherigen Unterkunftsräumen zu bleiben. Für den Weitermarsch gegen den Tagliamento waren die Grenzen in allen Einzelheiten genau festgelegt; danach hatte die Gruppe Stein mit dem linken Flügel über den Mt. Iove nördlich von Cividale, die Gruppe Berrer durch Cividale, die Gruppe Scotti südlich dieser Stadt in die Ebene hinauszutreten. Die Vormarschräume verliefen dann in allgemein westlicher Richtung, so daß Udine in den der Gruppe Scotti fiel.
d) Der Austritt in die Ebene am 27. Oktober.
Im Laufe des 27. Oktober änderte sich das Wetter. Starker Schnee-fall im Hochgebirge und wolkenbruchartiger Regen in tieferen Lagen behinderten vor allem das Vorwärtskommen der Gruppe Krauß. Vor der ö.-u. 59. Gebirgs-Brigade der ö.-u. 10. Armee gab der Gegner den Widerstand auf, die Brigade konnte bis zur Pahhöhe bei Revea durchstoßen. An der Prevala-Scharte aber kam die rechte Flügelbrigade der Edelweiß-Division nicht vorwärts; bei ihren schutzlos dem Wetter ausgesetzten Truppen traten zahlreiche Erfrierungen ein. Die im Resia-Tal vorgehende Abteilung der Gruppe Wieden gelangte unter Kämpfen abends bis vor S. Giorgio, wo sie aus stärkere neu herangekommene italienische Kräfte stieß. Die über den Rizki vrh (1242 m) angesetzte Hauptkolonne, die vor allem aus der noch wenig gebirgsgewohnten und auch nicht entsprechend ausgerüsteten Deutschen Jäger-Division bestand, hatte auf schmalem, teilweise abgerutschtem Saumpfade bei wölken-bruchartigen Regengüssen erhebliche Schwierigkeiten; abends traten ihre vordersten Teile südlich von S. Giorgio ins Gefecht, während das Ende noch am Rizki vrh zurück war. Die gesamte Artillerie (die Division hatte keinerlei Gebirgsartillerie oder sonstige Gebirgswaffen) und alle sonstigen Fahrzeuge hatten über Uccea nicht folgen können, sondern hatten zurückgeschickt werden müssen, um auf tagelangen Umwegen über Karsreit— Bergogna—Tarcento durch das Tagliamento-Tal wieder den Anschluß an die Division zu suchen1). Die linke Flügelabteilung der Edelweiß-Division hatte sich zunächst am Paß von Tanamea eines italienischen An-
*) Da auch diese Straße sich als unbefahrbar (wegen feindlicher Sprengungen) erwies, mußten sie schließlich sogar über Cividale ausholen.
Erreichen des Gebirgsausganges am vierten Angriffstage.
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griffe zu erwehren, konnte dann aber im Tal bis über Musi hinaus vordringen. Vorgeschobene Teile fanden zwei Kilometer westlich den Paß Forcella Musi (1019 m) vom Gegner beseht, ein von der Pta di Monte-maggiore (1615 m) auf dem Kamm vorgehendes Bataillon mußte wegen des Unwetters westlich des Mali vrh (1558 m) haltmachen. Die öst. 22. Schützen-Division erreichte unter Kämpfen Monteaperta und den Mt.Iauer (1094 m). Die ö.-u. 50. Infanterie-Division stieß auf stärkeren Widerstand, gewann aber nach hartem Kampf bis zum Abend den Mt. Regrad (984 m) und Mt. Carnizza (991 m). Die ö.-u. 55. Infanterie-Division war als Korpsreserve in ihren Unterkünften östlich von Bergogna belassen worden.
General von Stein hatte vorausgesehen, daß der Lauf der Wege und Gebirgszüge sowie die Anziehungskraft der Stadt Cividale zum mindesten erhebliche Teile seiner Truppen in der Richtung auf diese der Gruppe Berrer zugewiesene Stadt führen könnten; unerwünschtes Zusammendrängen der Truppen nach Süden und Vermischung der Verbände mußten die Folge sein. Ein Befehl, daß alle außerhalb des zugewiesenen Angriffsstreifens befindlichen Truppen zunächst in diesen zurückzukehren hätten, drang aber nicht rechtzeitig durch, da Teile der 12. Infanterie-Division und stärkere des Alpenkorps bereits dicht nördlich von Azzida standen. Doch bewirkte der Befehl, daß nunmehr auch den Randhöhen nördlich von Cividale ausreichende Beachtung geschenkt wurde. Der rechte Flügel der 12. Infanterie-Division brach zunächst im Verein mit dem linken der ö.-u. 50. Infanterie-Division stärkeren Widerstand westlich vom Mt. Iuanes, abends erreichte er den Gebirgsausgang bei Faedis. Eine zweite Kampfgruppe der Division kam unter erheblichen Geländeschwierigkeiten erst nachmittags auf den Mt. Madleffena, der entgegen den Erwartungen keine ständige Befestigung trug und bereits in Händen des Alpenkorps war. Dessen hier angreifende Teile waren aus dem Ratifone-Tal aufgestiegen, hatten mehr als 1000 Gefangene gemacht und waren bereits um 3° nachmittags als erste deutsche Truppe in das brennende, aber nicht verteidigte Cividale eingedrungen. Die übrigen Teile des Alpenkorps erreichten, befehlsgemäß nach Westen eingedreht, die Gebirgsausgänge nördlich von Cividale, eine vorgeschobene Abteilung kam bis Ronchis.
General von Berrer hatte in den ersten Morgenstunden, noch ohne Kenntnis des die Grenzen regelnden Armeebefehls, die 200. Infanterie-Division nördlich, die 26. südlich der Eisenbahn auf Adine angesetzt, das er noch an diesem Tage erreichen wollte. Die 200. Infanterie-Division wurde nach rascher Wegnahme von Azzida durch heftiges Feuer vom
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Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
27. Oktober. Mt. Purgessimo (445 m) ausgehalten, der, wie sich nachher herausstellte, von frisch herangekommenen italienischen Reserven beseht war. Den Angriff gegen sie führte unter erheblichen Schwierigkeiten von Osten her die 26. Infanterie-Division, sie - machte 3000 Gefangene. Damit war der Weg nach Cividale frei. Die 200. und 26. Infanterie-Division durchschritten die Stadt und setzten bei Dunkelheit und strömendem Regen den Marsch auf Udine fort. Die vordersten Teile der 200. Infanterie-Division erreichten Grions und Remanzacco, die der 26. Infanterie-Division, durch Brückensprengungen ausgehalten, im Laufe der Nacht Selvis. Damit standen die Ansänge von zwei deutschen Divisionen fünf Kilometer vor Udine.
Bei der Gruppe Scotti war das vorderste Regiment der 5. Infanterie-Division am Mt. Spigh (668 m) auf eine starke italienische Stellung gestotzen, die es erst bis 4° nachmittags nehmen konnte; sie war von vier italienischen Regimentern verteidigt worden, die 3000 Gefangene in deutscher Hand liehen. In scharfem Nachdrängen wurde der hochgelegene Ort Castel bei Monte überrannt, vorgeschobene Teile erreichten im Mt. Subit (244 m) die Höhen über Cividale, während das Gros der Division noch rund sieben Kilometer zurück war. Die ö.-u. 1. Infanterie-Division wurde im Iudrio-Tale durch Brückenzerstörungen und Feuer von der Korada-Höhe derart ausgehalten, dah sie erst in der Nacht nach S. Pietro di Chiazzacco und Colobrida kam.
Am rechten Flügel der 2. Isonzo-Armee hatten sich in dem engen Raum zwischen Iudrio und Isonzo nicht weniger als fünf Divisionen zusammengedrängt. General von Henriquez hatte der Gruppe Kaiser die Korada, der Gruppe Kosak die Höhe der Planina als Angriffsziel gegeben. Der Angriff kam aber nur langsam vorwärts, verstopfte Wege behinderten die Munitionsversorgung. Infolge des Verlustes der Höhen bei Cividale begann jedoch der Gegner bald auch die Korada zu räumen, nach Mitternacht konnte die ö.-u. 57. Infanterie-Division seine letzten Nachhuten vom Gipfel vertreiben. Die ö.-u. 60. und 35. Infanterie-Division waren bis Kamenca und Lozice gelangt, die Planina-Höhe war noch nicht genommen. Im übrigen hatte die Armee von Plava bis zum Mt. Gabriele den Isonzo erreicht. Bei der 1. Isonzo-Armee wurde ein italienischer Gegenangriff am Fajti hrib abgewiesen, der Nachstoß brachte 9000 Gefangene. Nachmittags begann der Gegner auf der ganzen Front zurückzugehen. Im Nachdrängen wurde kurz nach Mitternacht Eörz besetzt und südwestlich der Stadt über die brennende Isonzo-Brücke der Mt. Fortin erreicht.
Mit dem Austritt in die Ebene, vor allem dem Borstoh der Gruppe Berrer bis dicht vor Udine, war eine neue Lage geschaffen.
Maßnahmen des Gegners.
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e) Maßnahmen des Gegners^ und Betrachtungen.
Der Angriff der Mittelmächte hatte einen Frontabschnitt getroffen, der bisher ernstere Kämpfe kaum gesehen hatte. Von den Hergängen des ersten Kampftages erhielt die italienische Führung erst spät Kenntnis, da alle Verbindungen durch feindliches Fernfeuer unterbunden waren. Immerhin war bald zu erkennen, daß die Front nördlich von Tolmein auf das westliche Isonzo-Ufer zurückgeworfen war. Eine Division wurde von Cividale zur Sperrung des Ratisone-Tales nach Stupizza, zwei wurden aus der Gegend von Palmanova zur Stützung des Nordflügels und Sperrung der von Uccea über die Grenze führenden Verbindungen in die Gegend nördlich von Tarcento in Marsch gesetzt. General Montuori übernahm den Befehl über den linken Flügel der 2. Armee (IV. und VII. Korps). Die Truppen auf der Bainsizza-Hochfläche sollten in die größtenteils hinter dem Isonzo liegende Hauptstellung zurückgenommen werden. Am 25. Oktober berichtete der inzwischen erkrankte Oberbefehlshaber der 2. Armee, General Capello, in üdine persönlich über die von Stunde zu Stunde sich verschlimmernde Lage. Er hielt weiteren Widerstand am Isonzo sogar bei Einsatz frischer Kräfte für aussichtslos; Ausweichen der Armee hinter den Torre, vielleicht sogar den Tagliamento sei unvermeidlich. General Cadorna gab, wenn auch schweren Herzens, der Auffassung seines Armeeführers recht, obgleich sie das Ausweichen auch der 3. Armee nötig machte. Als aber General Montuori, der wegen der Erkrankung des Generals Capello an diesem Tage den Befehl über die gesamte 2. Armee übernahm, es für möglich erklärte, in der Linie Korada— Mt. Purgessimo bei Cividale—Mt. Maggiore zu halten, griff er gerne zu. Die für die 3. und 2. Armee bereits ausgefertigten Rückzugsbefehle wurden angehalten. Immerhin wurde der 3. Armee für alle Fälle befohlen, ihre schwere Artillerie hinter den Tagliamento zurückzuführen und die Zurücknahme der Front gegen den Isonzo vorzubereiten. Zwei ihrer Divisionen sollten sich verladebereit halten, zwei weitere wurden von der Tiroler Front zum Isonzo heranbesohlen.
Nachrichten über das unaufhaltsame Zurückweichen der 2. Armee durch das Gebirge brachten General Cadorna im Laufe des 26. Oktober aber doch zu der Überzeugung, daß der Rückzug hinter den Tagliamento, vielleicht sogar noch weiter, aus die Dauer nicht zu vermeiden sein werde; er muhte für die bei Görz und südlich dicht gedrängt stehenden Truppen besonders schwierig werden, da die südlichste benutzbare Marschstraße über Cervignano—Latisana führte. Über den Tagliamento standen von Latisana
*) Anschluß an S. 227ff.
DI,
'.Oktober.
248
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Dis 27. Oktober.
bis zur Einmündung des Fella-Tales 13 Brücken zur Verfügung*). Die Niederlage der 2. Armee begann aber auch schon die Karnische Gruppe, vielleicht sogar die 4. Armee zu gefährden. Sie hatten sich auf Ausweichen in die Linie der Besestigungsgruppen am Tagliamento-Knie östlich von Tolmezzo und im oberen Piave-Tal vorzubereiten, die allein noch verteidigungsfähig gehalten und besetzt wurden, während die Werke der übrigen Tagliamento-Front bereits seit dem Herbst 1915 abgerüstet waren. Jur Stützung des Nordflügels wurde eine Division mit der Bahn an den Ausgang des Fella-Tales, ein „Spezialkorps" von zwei Divisionen mit Fußmarsch auf dem westlichen Tagliamento-Üfer zu den Übergängen von Pinzano und nördlich in Marsch gesetzt. Bis auf eine hinter der 3. Armee verbleibende Division waren alle übrigen Reserven bereits in den Kampf geworfen.
Als dann gemeldet wurde, daß sich der Gegner über die Pta di Monte-maggiore bereits dem Gebirgsausgang von Gemona nähere, wurden in der Frühe des 27. Oktober die schon bereitliegenden Rückzugsbefehle ausgegeben. Die 3. Armee, diese mit einem Zwischenhalt am Torre, die 2. Armee und die Karnische Gruppe hatten die Tagliamento-Linie zu besetzen; die 4. Armee sollte dementsprechend ebenfalls ausweichen. General Cadorna nahm aber auch bereits Rücksicht darauf, daß weiterer Rückzug in die hinter dem Piave und dann über den Mt. Grappa zum Nordende des Garda-Sees verlaufende letzte Verteidigungslinie nötig werden könne. Erst in dieser Stellung wollte er den Entscheidungskampf annehmen. Die Rückwärtsbewegung der 4. Armee sollte zunächst nur soweit durchgeführt werden, daß alle Teile gleich weite Wege dorthin hatten. Für das Überschreiten des Tagliamento wurden der 5. Armee die Brücken bis westlich von Codroipo einschließlich, der 2. Armee die nördlich davon bis Braulins einschließlich zugewiesen.
Am Nachmittag des 27. Oktober brach auf den Randhöhen beiderseits von Cividale und bei dieser Stadt selber der Widerstand zusammen. Die
vorher übergroße Zuversicht war vielfach in Kleinmut umgeschlagen. Die
Haltung der Truppen begann unter dem Eindruck der schweren Niederlage
*) Eisenbahn- und Straßenbrücke bei Latisana,
Kriegsbrücke bei Madrisio,
„ Eisenbahnbrücke und Straßenbrücke bei Codroipo,
„ bei Rivis,
„ bei S. Odorico,
bei Dignano/Bonzicco,
Straßenbrücke und Kriegsbrücke bei Pinzano,
Eisenbahnbrücke bei Cornino,
Straßenbrücke bei Braulins.
Maßnahmen des Gegners und Betrachtungen.
249
nachzulassen, wenn auch einige Nachhuten an den Gebirgsausgängen noch Widerstand zu leisten suchten. Am 28. Oktober rechnete man bereits mit einem Verlust der 2. Armee von 60000 Gefangenen und 500 Geschützen.
Betrachtungen.
Der große Erfolg der deutschen 14. Armee einschließlich ihrer österreichisch-ungarischen Verbände war in erster Linie der mustergültigen Vorbereitung des Angriffs zu danken gewesen, die ohne Hetze in gründlichster und gewissenhaftester gemeinsamer Arbeit von Führung und Truppe hatte durchgeführt werden können. Vorbildliche Tarnungs- und Irreleitungsmaßnahmen, daneben die Überlegenheit der deutschen Jagdflieger, die die feindliche Lufterkundung fernhielten, hatten erreicht, daß die italienische Führung trotz fast täglich eintreffender Überläufer lange im Dunkeln blieb. Und doch wäre das große Ergebnis kaum erzielt worden, wenn nicht die feindliche Führung in fast allen ihren Schichten von einer bedenklichen Sorglosigkeit erfüllt gewesen wäre, die wohl nur aus Mangel an Vertrautheit mit den Verhältnissen großer Abwehrkämpfe zu erklären ist. Erfahrungen aus diesem Gebiet lagen allerdings in erster Linie aus deutscher Seite vor, sehr viel weniger bei den Westmächten und Italien, die seit dem Sommer 1916 stets Angreifer gewesen waren. So hat neben Munitionsknappheit vor allem wohl Unkenntnis der Gefahr dazu geführt, daß man nicht nur den Artillerieaufmarsch der 14. Armee, sondern, obgleich man schließlich Angriffstag und Stunde genau kannte, auch die Bereitstellung der Sturmtruppen sich vollziehen ließ ohne den ernsthaften Versuch, diese Maßnahmen durch Einsah aller nur irgend verfügbaren Munition zu zerschlagen. Ebenso war die rechtzeitige Verschiebung ausreichender Reserven versäumt worden, denn die höhere Führung schaute wie gebannt immer nur aus die Front südlich des tatsächlich bedrohten Abschnittes. So standen schließlich den zwölf Divisionen (ohne Armeereserven) mit über 1800 Geschützen der 14. Armee nur elf italienische Brigaden mit vielleicht 400—500 Geschützen gegenüber. Endlich hat auch die Gunst des Wetters, das manche italienische Verteidigungswerke, vor allem in höheren Lagen, blind machte, zur Größe des Angriffserfolges am ersten Tage beigetragen. Ausschlaggebend aber war doch die Vorzüglichkeit der getroffenen Vorbereitungen und Anordnungen sowie die Tapferkeit und zweckmäßige Ausbildung der eingesetzten Truppen. Das unentwegte Vorwärtsstürmen der deutschen wie österreichisch-ungarischen Verbände, entsprechend den ihnen für die Kampsführung im Gebirge mitgegebenen Richtlinien, hat dann rasch den völligen Zusammenbruch der zu schwach besetzten und daher zusammenhanglosen italienischen Front herbei-
250
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
geführt. Daß solchem Ansturm gegenüber die einzeln herangeführten und offensichtlich nur noch von geringem Kampswillen erfüllten Reserven die Lage nicht wenden konnten, ist begreiflich.
Z. Die Rümpfe in der Ebene bis zum Übergang über den
Tagliamento. a) Absichten der Führung.
Bei den über alles Erwarten raschen Fortschritten der 14. Armee lag der Gedanke nahe, ihren Erfolg durch Angriff aus Tirol zu einem ganz großen Ergebnis, vielleicht zur Vernichtung des gesamten italienischen Heeres zu steigern. Da beim weiteren Vormarsch der Raum zwischen Gebirge und Meer für die an der Isonzo-Front angehäuften Truppen ohnehin zu eng werden muhte, konnte man ihnen ohne Bedenken Kräfte entnehmen. Diese Gedanken sind daher fast gleichzeitig von der Obersten Kriegsleitung, von Feldmarschall von Conrad und von General von Krafft an die österreichisch-ungarische Heeresleitung herangebracht worden. 26.U.27. General Ludendorff hatte bereits in einer am 26. Oktober abends ottober' abgesandten Drahtung, anschließend an die Frage des Angriffsstreifens der 14. Armee1), einerseits den Angriff der 1. Isonzo-Armee mit starkem, rechten Flügel über Görz auf Cormons angeregt, um die weiter nördlich noch im Gebirge stehenden italienischen Kräfte abzufangen, andererseits gesagt: Ob es möglich sei, die Heeresgruppe Conrad für einen Angriff auf Asiago zusammenzuziehen oder nach Einnahme von Görz aus der Isonzo-Armee zu verstärken, entziehe sich seiner näheren Beurteilung; Zuführung deutscher Truppen nach Tirol beabsichtigte er jedenfalls nicht. Er sah die deutsche Beteiligung an den Operationen gegen Italien — entsprechend den im August und September getroffenen Abmachungen — mit Erreichung des Tagliamento als im wesentlichen abgeschlossen an. Inzwischen aber hatte sich die Lage an der Westfront durch den Rückschlag an der Laffaux-Ecke gegen damals erheblich verschärft. Daher drahtete er noch am 27. Oktober an General von Arz: „Nachdem der Schlag gegen Italien zu einem vollen Erfolge herangereift, muß ich an eine Stärkung der sehr angestrengten deutschen Westfront denken." <£r erbat eine österreichisch' ungarische Division der Isonzo-Front zur Herauslösung einer deutschen, vorübergehend zum Angriff in Galizien eingesetzten West-Division — eine Bitte, der auch entsprochen wurde.
Feldmarschall von Conrad hatte am 26. Oktober vorgeschlagen, bei weiterem Fortschreiten der Offensive auch seine Heeresgruppe am An-
>) 6.242.
Die Frage einer Offensive aus Tirol.
251
griff zu beteiligen. Er wünschte dazu Verstärkung aus den durch das Vorgehen der 14. Armee nach Westen demnächst aus der Front gedrückten Teilen der ö.-u. 10. Armee.
General von Krafft hatte sich vor allem wegen der Anhäufung von Divisionen auf der Grenze der 14. und der 2. Isonzo-Armee sowie der daraus entstandenen schweren Verkehrsstockungen am 27. Oktober vormittags unmittelbar an General von Waldstätten gewandt mit der Bitte, die Hinteren Divisionen der 2. Isonzo-Armee zunächst anzuhalten, um sie später je nach der Lage zu verwenden. Für eine Offensive in Tirol hatte er vorgeschlagen, jetzt schon alle an der Isvnzo-Front entbehrlichem Kräfte über den Brenner und durch das Pustertal zugleich abzufahren.
Die österreichisch-ungarische Heeresleitung stand der Frage eines Angriffs aus Tirol heraus mit Bedenken gegenüber. Der Chef der Operationsabteilung, Generalmajor Freiherr von Waldstätten, hielt auf Grund persönlicher Erfahrungen bei der Frühjahrsoffensive 1916 die Geländeschwierigkeiten auf der Hochfläche der „Sieben Gemeinden" für außerordentlich und kaum zu überwinden*). Immerhin befahl die österreichisch-ungarische Heeresleitung am 27. Oktober der Heeresgruppe Conrad, die „Offensive aus Tirol heraus vorzubereiten und ehemöglichst zu beginnen". Der 10. November wurde dafür in Aussicht genommen. An Truppen sollten zwei Divisionen der 1. Isonzo-Armee, deren Abtransport bereits am 28. Oktober abends begann, und eine abgesessene Kavallerie-Division von der Ostfront zugeführt werden 2).
Das Bild von der Niederlage des Gegners hatte sich im Laufe des 27. Oktober immer mehr vervollständigt. Nicht enden wollende Gefangenenmassen strömten auf den engen Gebirgsstraßen zurück, die Zahlen des erbeuteten Kriegsgeräts stiegen immer höher. Im Fella-Tal war der Abbau der italienischen Funkenstationen erkannt, ebenso vor der 1. Isonzo-Armee. Vor dieser deuteten auch gewaltige Feuersbrünste und Sprengungen auf Rückzugsabsichten des Gegners, es schien, daß er erst hinter dem Tagliamento wieder Front machen werde; Flieger hatten Truppentransporte von der Tiroler Front über Schio und Baffano nach Osten gemeldet.
Die Divisionen der 14. Armee waren in gutem Fortschreiten und konnten an diesem Tage (27. Oktober) bereits die Ebene erreichen. Vom
*) Zuschrift des Gen. d. Znf. a. D. Freiherrn von Waldstätten vom Okt. 1941.
*) 21. Sch. und 106. Ldst. D., 9. K. D. (letztere kam aber nachher doch nicht zur Hgr. Conrad). Mehr konnten die durch andere Transporte bereits bis zum äußersten belasteten Bahnen angesichts ihrer ohnehin beschränkten Leistungsfähigkeit, vor allem des Mangels »n Lokomotiven, einstweilen nicht befördern.
252 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Gebirgsausgang bei Cividale waren es nur zwei Tagemärsche zum Tagliamento. Der linke Flügel der Armee hatte es zu den Brücken von Codroipo nicht weiter als die italienischen Truppen bei Görz und südlich, deren Ansänge sich nach den Ergebnissen der Lufterkundung erst bei Cormons befanden. Gelang es, sie beim Wettlauf zum Tagliamento zu überholen und die Übergangsstellen vor ihnen zu erreichen, so konnte ein ganz großes Ergebnis erwartet werden. General von Below setzte daher mit Einverständnis des Kommandos der Südwestsront seinen linken Flügel von Cividale, dessen Einnahme ihm bereits gemeldet war, über Üdine auf die Brücken westlich von Codroipo an. Er befahl, am 28. Oktober die Tagliamento-2«.okt»b.r. Brücken bei Pinzano, Dignano, Codroipo zu gewinnen, ehe der Feind sie zerstöre. Das Armee-Oberkommando, dessen Vorverlegung von Krainburg bisher daran gescheitert war, daß es nicht gelang, längs der verstopften Straßen die nötigen Drahtleitungen herzustellen, wollte am 28. Oktober in Kneza im Idria-Tale, am 29. in Karsreit sein; beides erwies sich aber bereits am anderen Morgen als nicht ausführbar. Auch konnte der Befehl für den 28. Oktober nur an die Gruppen Krauß und Scotti durch Fernschreiber, mit dem das österreichich-ungarische Heer früher und reichlicher ausgestattet war als das deutsche, weitergegeben werden. Den Gruppen Stein und Berrer mußte er durch Funkspruch übermittelt werden, was aber nur unvollkommen gelang*).
Während der rechte Armeeflügel sich noch aus dem Hochgebirge zu entwickeln hatte, trat der linke gegen den Tagliamento hin in eine gut angebaute, von zahlreichen Straßen und Fahrwegen durchzogene Ebene. Die Ernte war eingebracht, die Übersicht also wenig behindert. Dagegen waren die von Nord nach Süd lausenden, sonst trockenen, nach dem Regen der letzten Tage aber angeschwollenen Gebirgsslüsse, „Torrenten", voraussichtlich ernste Hindernisse. Da das Hochwasser Steinblöcke und Baumstämme zu führen pflegte, mußten auch Brückenschläge über die zum Teil mehrere hundert Meter breiten Wasserläuse zum mindesten große Schwierigkeiten machen. Hin so mehr galt es, rasch vorwärts zu kommen, bevor der Gegner die vorhandenen Übergänge zerstören konnte. Die im Befehl
i) Die Übermittlung machte mit dem damals vorhandenen Gerät über das Gebirge sowie infolge von Gewitterstörung und zum Teil großer Entfernung zwischen Funkstationen und Kommandostellen erhebliche Schwierigkeiten. An die Gruppe Stein gelang es nur den Anfang des Befehls durchzubringen, der Befehl im ganzen kam erst am 29. Okt. bei >yr an! Verbindung durch Flieger herzustellen, ist nicht versucht worden, da außer dem no dürftig wiederhergestellten Flugplatz gdersko keine Flugplätze im vorderen Operationsgebiet vorhanden waren; auch bildete die ungünstige Wetterlage im Zusammenhang nn den ohnehin schwierigen Gebirgsverhältnissen ein erhebliches Hemmnis für die gesame Lufttätigkeit. (Vgl. S. 235, Anm.)
Vormarsch zum Tagliamento.
253
genannten Brücken über den Tagliamento waren durch ständige Brückenkopf-Befestigungen mit Panzerwerken geschützt, die aber möglicherweise nicht armiert und nicht besetzt sein mochten. Immerhin konnte der Einsatz stärkerer schwerer Artillerie nötig werden. Gerade jetzt aber verlangte die Oberste Heeresleitung die Abgabe von zunächst zwei Feldartillerie-Regimentern und schwerer Artillerie, demnächst der gesamten überwiesenen Heeresartillerie (insgesamt 12 schwere und 42 leichte Batterien).
Hinter der Angriffsfront von zehn Divisionen waren noch fünf im Gebirge zurück, eine sechste wurde vom Kommando der Südwestfront überwiesen^). Die Verkehrsverhältnisse im Isonzo-Tale begannen sich zu klären, allerdings bedrohte Hochwasser jetzt die Brücken. Die Straße im Zdria-Tale und ihre Fortsetzung über S. Luzia auf Ronzina, auf die ununterbrochen Truppen und Nachschub der 2. Isonzo-Armee hereinbrachen, war aber einstweilen noch hoffnungslos verstopft. Schlimm sah es auch mit der weiteren Verbindung durch das Gebirge zur Front aus, denn nicht nur die Straße von Flitsch über Uccea, sondern infolge von Sprengungen auch die von Karfreit über Bergogna erwies sich für Fahrzeuge einstweilen unbenutzbar. So drängten sich diese für fast die gesamte Armee auf die einzige Straße im Natisone-Tal zusammen, deren Leistungsfähigkeit aber ebenfalls durch Zerstörungen herabgemindert war.
b) Der Vormarsch am 28. und 29. Oktober. Einnahme von Udine und erste Kämpfe am Tagliamento.
Entsprechend dem Armeebefehl für den 27. Oktober^) hatte General rs.citobet. Krauß seinen Divisionen bereits Ziele auf den Höhen vor Tolmezzo und südlich davon gegeben. Im Laufe des 28. Oktober machte der rechte Flügel im verschneiten Hochgebirge aber nur geringe Fortschritte. Der bisher vor dem linken Flügel der ö.-u. 10. Armee noch standhaltende Gegner entzog sich der ihm zugedachten Umfassung. Ihm nachdrängend erreichten die ö.-u. 59. Gebirgs-Brigade Saletto, deutsche Jäger-Bataillone der Gruppe Wieden den Staulizze (822 m) und damit die den Ausgang in das Resia-Tal beherrschende Höhe über Resiutta. Im übrigen wurden nur geringe örtliche Fortschritte gemacht. An der Prevala-Scharte hatte sich der Gegner (200 Mann und sechs Geschütze) ergeben, aber die dort eingesetzt gewesene österreichisch-ungarische Truppe war so erschöpft, daß sie zur
') Dom Edelw. D., D. Iäg. D., öst. 22. Sch. u. 50. g. D., 12. g. D., Alp. K., 200.,
X>;5.3. D., ö.-u. 1. g. D.; dahinter: ö.-u. 55. g. D., öst. 13. Sch. D., 117. g. D., ö.-u. 4.,
3- D.; neu: ö.-u. 29. g. D.
2) S. 243.
254 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
uoiieb«. Ruhe bis ins Isonzo-Tal zurückgenommen wurde. Die öst. 22. Schützen-Division konnte nach kurzem Gefecht die nicht armierte Besestigungs-gruppe auf dem Mt. la Bernadia über Tarcento nehmen; ihre Vorhut stieß in diesem Ort am Torre aus Feind, der unter Sprengung der Brücke das Ostuser räumte. Die ö.-u. 50. Infanterie-Division, durch Kampf und angeschwollene Wasserläufe ausgehalten, erreichte die Gebirgsausgänge bei S. Gervasio und Attimis.
Bei der Gruppe Stein gelang es der Vorhut der südlichsten Kolonne des Älpenkorps, die Torre-Brücke bei Salt unversehrt in die Hand zu bekommen und aus dem Westuser Godia gegen italienische Rückerobemngs-versuche zu halten. Weiter nördlich kamen 12. Infanterie-Division wie Alpenkorps an dem bereits hochangeschwollenen Torre zum Stehen, die hinteren Teile des Alpenkorps sogar bereits an einem kleineren Gebirgs-wasser. Obgleich das Generalkommando in Bernasso (nordöstlich von Eividale) nahe hinter der Front lag, hatten die vorderen Divisionen die Verbindung zu ihm verloren.
Die Divisionen der Gruppe Berrer waren die ganze Nacht hindurch bei strömendem Regen und grundlosen Wegen im Vormarsch geblieben. Die Marschkolonnen waren weit auseinandergerissen, die Truppen zum Umfallen ermattet. Trotzdem erstritten Jäger-Bataillone der 200. Infanterie-Division um 4° früh den Übergang über den zu dieser Zeit noch durchfurtbaren Torre bei Beivars, überschritten die Bahn Gemona üdine, aus der noch lebhafter Verkehr herrschte, drangen um 10° vormittags in den Nordteil von üdine ein und besetzten nach kurzem Kamps die geräumte Stadt. Bedeutende Vorräte aller Art sielen hier, wie auch vorher schon in Cividale, in deutsche Hand. Die 26. Infanterie-Division war bereits um 2° morgens am Torre östlich von üdine aus so starken Widerstand gestoßen, daß sie den Angriff bis zum Hellwerden verschob. Inzwischen aber schwoll das Wasser an, der Angriff wurde unausführbar, doch räumte der Gegner angesichts des Einrückens der 200. Infanterie-Division in üdine nunmehr das Westufer. Auch die 26. Infanterie-Division erreichte über die nur unvollkommen zerstörte Brücke von S. Gottardo die Stadt. Unterdessen war General von Berrer, der sich, um seinen Einfluß aus die Vor wärtsbewegung zu voller Geltung zu bringen, bereits seit dem 26. Oktober bei den vordersten Truppen befand, am Vormittag bei einer Erkundungs-fahrt an dieser Brücke gefallen. Da er den Armeebefehl vom 27. Oktober noch nicht kannte, war seine letzte Absicht gewesen, sich mit allen erreich baren Kräften, dabei auch die ebenfalls auf üdine anrückende 5. Infanterie-Division der Gruppe Scotti, sogleich südwestwärts auf Latisana zu wen en, also gegen den südlichsten dem Gegner zur Verfügung stehenden Taglm-
Der Gegner in vollem Rückzug. Einnahme von Udine.____________________________
mento-Übergang vorzustoßen*). Der Tod des Kommandierenden Generals ließ es dazu nicht kommen. Die beiden Divisionen blieben abends in und um Udine. Der Kommandeur der 26. Infanterie-Division, Generalleutnant von Hosacker, übernahm den Befehl über die Gruppe.
Von der Gruppe Scotti wurde die 5. Insanterie-Divisionwor allem durch die vom Gegner in endlosen Reihen zurückgelassenen Fahrzeuge aufgehalten; sie versperrten die Straßen stellenweise völlig. Die Division gelangte abends mit dem vordersten Regiment noch bis Udine. Die Verbindung zum Gruppenkommando wie zur ö.-u. 1. Infanterie-Division war abgerissen. Diese war nach den Anstrengungen des Vortages erst nachmittags wieder aufgebrochen und selbst mit den vordersten Teilen nur bis Firmano gelangt.
Noch immer stieß die Tätigkeit der Flieger auf erhebliche Schwierigkeiten. Die Vorverlegung der Flughäfen hatte erst zum geringen Teile durchgeführt werden können, da der Transport von Zelten, Betriebsstoff usw. bei der Verstopfung der Straßen unverhältnismäßig lange dauerte.
Auch der Bau der notwendigen Fernsprechverbindungen konnte nur mit großer Mühe durchgeführt werden. Immerhin gelang es, mehrfach den Rückzug des Gegners durch Bombenabwürfe und Maschinengewehrangriffe aus Marschkolonnen und Unterkünfte zu stören; vereinzelt konnte auch die Luftaufklärung über den Tagliamento hinaus durchgeführt werden.
Dem Feinde nachdrängend, hatte die 2. Isonzo-Armee, hinter den vorderen Divisionen der 14. Armee einen vollen Tagemarsch zurück, die Linie Prepotto—Cormons, die 1. Isonzo-Armee anschließend den Unterlauf des Isonzo erreicht.
Der 29. Oktober brachte vorübergehend besseres Wetter, doch setzte 29. oh»»«. bereits abends wieder Gewitterbildung ein, die den Funkverkehr behinderte. Die Gebirgswasser waren teilweise noch im Steigen.
Der linke Flügel der ö.-u. 10. Armee besetzte die gesprengte Sperr-befestigung von Chiusasorte und rückte auch von Norden dem aus dem Hochgebirge weichenden Gegner langsam nach. Bei der Gruppe Krauß kam der rechte Flügel (Gruppe Wieden) nach fünftägigen Kämpfen unter schwierigstenHochgebirgsverhältnissen und nur mit geringer Gebirgsartillerie (neun Batterien für zwei Divisionen) ausgestattet mit den Ansängen über Resiutta im Fella-Tale und östlich von Venzone am Tagliamento nicht hinaus. Im Vorgehen gegen die Tagliamento-Brücke von Braulins er-reichten die vordersten Teile der öst. 22. Schützen-Division Gemona; bei
*) Mitteilung des damaligen Leutnants d. Res. Dr. von Herrmann, der vom Stabe der 5. g. D. zum Gen. Kdo. 51 entsandt war, vom Aug. 1938.
256 Der Angriff an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
29. Oktober, ihrer Annäherung sprengte der Feind die Befestigungen nördlich und westlich der Stadt. Die gegen die Brücken von Cornino und Pinzano angesetzte ö.-u. 50. und 55. Infanterie-Division, durch Brückenzerstörungen und Hochwasser aufgehalten, machten in der Gegend westlich von Tarcento und vor der zerstörten Torre-Brücke von Nimis halt.
General von Stein hatte, immer noch ohne Kenntnis des Armeebefehls vom 27. Oktober, gegen den Tagliamento nur Aufklärung angesetzt. Als er am 29. Oktober mittags die weitere Zielsetzung dieses Befehls erfuhr, erweiterte er die Aufgabe dahin, daß die Tagliamento-Über-gänge im Gefechtsstreifen der Gruppe „möglichst heute noch durch vorgeschobene Detachements in die Hand zu nehmen" seien; im übrigen sollten die Divisionen ihre rückwärtigen Teile über den Torre nachziehen. In ununterbrochenem Vormarsch, bei dem die Befestigung von Tricesimo verlassen gefunden wurde, erreichte die 12. Infanterie-Division um 2° in der Nacht zum 30. Oktober ostnordöstlich von S. Daniele den vom Gegner verteidigten Ledra-Kanal bei Majano. Südlich von S. Daniele überschritten die vordersten Teile des Alpenkorps bei Dunkelwerden den hier nicht verteidigten Kanal. Eine gegen die Brücke von Dignano/Bon-zicco angesetzte Unternehmung von Freiwilligen aus Kraftwagen kam, ohne daß es der Divisions-Kommandeur rechtzeitig erfuhr, nicht zur Ausführung, da es nicht gelungen war, die Kraftwagen zusammenzubringen.
Auch General von Hofacker erhielt erst am 29. Oktober früh Kenntnis vom Armeebefehl des 27. Oktober. Auf das Tagesergebnis seiner Gruppe blieb das ohne Einfluß. Vortruppen der 200. Infanterie-Division stießen abends vor der Brücke von Dignano/Bonzicco auf Widerstand, die der 26. Infanterie-Division erreichten südlich davon bis Rivis an mehreren Stellen das Tagliamento-üfer. Das mehr als kilometerbreite Flußbett war mit tosenden Wassermassen ausgefüllt. Die Brückentrains waren noch weit zurück, irgendwelche übersehmittel nicht aufzufinden. Auch war bei der augenblicklichen reißenden Strömung ein Übergang außerhalb schon bestehender Brücken, also durch Brückenschlag oder Übersehen, so gut wie ausgeschlossen.
Die 5. Infanterie-Division der Gruppe Scotti war auf sich selbst gestellt, da südlich von ihr die ö.-u. 1. Infanterie-Division noch weit zurück und Verbindung zum Gruppenkommando nicht zu erreichen war. Unter Sicherung gegen Süden schloß die Division bei üdine auf und sehte den Marsch nach Südwesten auf Codroipo fort. Unterdessen kam es wenige Kilometer südöstlich von üdine zum Kampf gegen angreifenden Feind; später stieß bei Basagliapenta auch die Vorhut auf Gegner. Die Kämpfe zogen sich bis in die Dunkelheit hin. Die Flieger, deren Tätigkeit durch die un-
Der Tagliamento in der Verfolgung erreicht.
257
günstige Wetterlage nach wie vor stark eingeschränkt war, meldeten den Rückmarsch starker italienischer Kräfte von Palmanova auf Codroipo. Die ö.-u. 1. Infanterie-Division kam mit den vordersten Teilen bis dicht östlich von Adine.
Hinter der Kampffront der 14. Armee waren die 117. Infanterie-Division und die öst. 13. Schützen-Division nördlich von Adine bis an den Dorre gekommen. Die ö.-u. 4. und 33. Infanterie-Division konnten am 29. Oktober wegen Verstopfung der Straßen erst über Tolmein vorgezogen werden, die ö.-u. 29. Infanterie-Division war noch östlich des Isonzo zurückgehalten.
Die 2. Isonzo-Armee gelangte inzwischen bis an und über die Eisenbahn Adine—Cormons, die 1. Isonzo-Armee überschritt ven Isonzo, eine vorausgesandte Abteilung kam über Cervignano hinaus bis Dorre Iuino.
c) Sie Führung am 28. und 29. Oktober.
Während die Ergebnisse der Luftaufklärung der letzten Tage außerordentlich gering geblieben waren und nicht ausreichten, der Führung ein einigermaßen klares Bild der Lage beim Feinde zu bieten, ergab sich aus dem italienischen Funkverkehr, daß der Gegner von der Kärntner Front bis zum Meere in vollem Rückzüge war. Das Kommando der Südwestfront glaubte bereits auf Ausweichen bis hinter den Piave schließen zu können. Truppen der Westmächte sollten zur Stützung des italienischen Heeres zu erwarten sein, doch konnte es sich einstweilen nur um unbedeutende Kräfte handeln, die die Lage nicht beeinflussen würden. Die Oberste Heeresleitung verlangte daher, mit der Zurückführung der schweren und leichten Heeresartillerie H nunmehr zu beginnen, und kündigte an, daß mit der Abgabe weiterer Kräfte für die Westfront zu rechnen sei. Das Kommando der Südwestfront regte an, den rechten Armeeflügel baldigst durch die noch zurück befindlichen Divisionen zu verstärken. Dem lieh sich jedoch, solange nicht die Straße von Saga in das Fella-Tal oder nach Tarcento fahrbar war, schwer entsprechen. Der einzige benutzbare Fahrweg zur Front führte immer noch durch das Ratisone-Tal nach Cividale. Aus ihm waren die bespannten Fahrzeuge mehrerer Divisionen im Nachrücken und aus ihm lastete bis auf weiteres der gesamte rückwärtige Verkehr von mehr als zehn Divisionen. Da der Munitionsverbrauch einstweilen sehr gering geblieben war und die Verpflegung fast ganz dem Lande entnommen werden konnte, blieben Stockungen in der Versorgung der Kampffront aus.
l) S. 253.
Weltkrieg. XIII. Bd.
17
258 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Die schon in den letzten Tagen aufgetretenen Schwierigkeiten der Verbindung des Armee-Oberkommandos mit den vorne kämpfenden Truppen hatten sich am 28. Oktober erheblich gesteigert. Die Fernsprechverbindung hatte aufgehört, und der Funkverkehr wurde durch Gewitter-bildung zeitweise völlig lahmgelegt; die Folgen des Wettersturzes behinderten auch die als letztes Mittel bleibenden Kraftfahrzeuge aufs äußerste. General von Be low entschloß sich daher, am nächsten Tage gleich bis Cividale vorzugehen; die Verbindung nach rückwärts konnte dann allerdings einstweilen nur durch Funkverkehr gehalten werden. Am
29. Oktober um 8° früh verlieh er Krainburg und erreichte mit dem Ope-rationsstabe um 5° nachmittags Cividale, auf verstopften Straßen und über beschädigte Brücken hatte er für noch nicht 150 Kilometer Fahrstrecke neun Stunden gebraucht. In Cividale erfuhr er, daß General von Berrer gefallen sei, über die Lage an der Front war aber auch hier nichts bekannt. General von Krafft fuhr noch bis Üdine vor, wo er gegen 8° abends General von Hofacker traf, der gerade von der Front zurückkam. Bei diesem hatte sich mittags der Generalstabsoffizier der 5. Infanterie-Division der Gruppe Scotti gemeldet, um zu erfahren, was besohlen sei; denn zu ihrem Gruppenkommando hatte die Division keine Verbindung. Aach Ansicht des Generals von Hofacker war rasches Überwinden des Taglia" mento bei dem jetzigen Hochwasser nicht sehr wahrscheinlich. Da die 2. und 1. Isonzo-Armee noch erheblich zurück zu sein schienen und den Italienern südlich von Codroipo außer einer Kriegsbrücke bei Madrisio*) noch die Übergänge von Latisana mit der großen Straße von Monfalcone zur Verfügung standen, war er zu demselben Entschluß gekommen wie schon sein gefallener Vorgänger und hatte mit der 5. Infanterie-Division für den
30. Oktober gemeinsamen Angriff auf dem östlichen Tagliamento-Üfer nach Süden auf Latisana verabredet. Jetzt unterrichtete er General von Krafft über die Lage seiner Gruppe und der rechts und links anschließenden Divisionen. Im übrigen teilte er ihm seine Absichten für den 30. Oktober mit; er wollte die Italiener noch östlich des Tagliamento vernichten, sofern nicht vorher noch der Flußübergang gelinge, wobei er auf etwaige Erfolge der gegen die Brücken von Dignano/Bonzicco und Codroipo angesetzten Abteilungen hoffte. General von Krafft beurteilte die Aussichten eines Tagliamento-Überganges wesentlich günstiger; vielleicht sei er inzwischen sogar schon irgendwo gelungen. Er bat, die Befehle für beide Fälle vorzubereiten, während er nach Cividale zurückfahre, um die Entschei-
1) Das A. O. K. erhielt erst bei dieser Gelegenheit Kenntnis vom Vorhandensein der Brücke bei Madrisio, die auf einem Teil der ausgegebenen Karten — darunter gerade den Karten des 21.0. K. — nicht eingezeichnet war. (Mitteilung des Gen. v. Krafft vom Sept. 19 )•
Die Frage des Abschwenkens auf Latifana.
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düng des Oberbefehlshabers einzuholen. General von Hofacker glaubte ihn aber doch von der Zweckmäßigkeit seines Entschlusses überzeugt zu haben1) und zweifelte nicht, daß er auch mit der Zustimmung des Oberbefehlshabers rechnen könne. Er erließ daher sofort die Befehle zum Vorgehen der 26. und 5. Infanterie-Division aus Latisana, während die 200. Infanterie-Division mit schwachen Kräften die Brücken von Dignano/ Bonzicco und Lodroipo besehen, die Masse aber bei Codroipo versammeln sollte, um den beiden anderen Divisionen nach Süden zu folgen.
Da es nicht gelungen war, mit dem Kommando der Südwestfront, der 2. Isonzo-Armee oder dem Gruppenkommando Scotti Verbindung zu bekommen, konnte General von Be low nur nach den Verhältnissen im Raume um Udine entscheiden. General von Krafst trug ihm eingehend über die Absichten des Generals von Hofacker vor. Der Oberbefehlshaber teilte die Zuversicht seines Generalstabschefs hinsichtlich der Gewinnung des Flußüberganges; nur dadurch konnte die Operation in Fluß gehalten werden, und das erschien wichtiger als eine mehr oder minder große Beute dieseits des Tagliamento?); wieweit der Gegner diesen bereits
1 ) Vgl. Aufsähe der Gen. v. Hofacker und v. Krafft im Ml.-Woch.-Bl. 1921, Rr. 12 und 1922, Ar. 30. Damals schrieb der inzwischen verstorbene Gen. v. Hofacker sogar, daß Gen. v. Krafft seinen Entschluß gebilligt und nur den Vorbehalt gemacht habe, daß vor der Ausführung der vorzubereitenden Befehle erst noch die Genehmigung der höheren Vorgesetzten eingeholt werden müsse. Demgegenüber hält Gen. v. Krafft nach einer Mitteilung vom Sept. 1941 es für ausgeschlossen, daß Gen. v. Hofacker habe annehmen können, ihn ganz von seiner Ansicht überzeugt zu haben, denn er (Gen. v. K.) habe ihm (Gen. v. H.) ausdrücklich gesagt, daß der Entschluß mit den bisherigen Absichten des Oberbefehlshabers nicht im Einklang stehe.
2) In einem an Gen. von Krafft gerichteten Schreiben vom 4. April 1926 führte Gen. von Below u. a. aus:
„... In unseren Erwägungen am 29. Okt. abends hat der Latisana-Entschluß des Gen. von Hofacker gar keine Rolle gespielt, nur die Aufstellung seiner Truppen ist besprochen worden. Ich selbst hatte während Ihres Voreilens nach Udine mir die Ansicht gebildet, nun scharf nach Südwest vorzustoßen, allerdings ohne jedes Kartenmaterial. (Es war in unserem 2. Auto liegen geblieben, das infolge des Zusammenbruchs der schon halb gesprengten Ratisone-Brücke vor Cividale hinter uns nicht mehr durchgekommen war.) Rach Ihrer Rückkehr aus Udine führten Sie Willisens (1. Genstb. Off. des A.O.K.) Einwand an, daß über die Codroipo-Brücken hinüber ein Vorlegen auf rechtem (westl.) Tagliamento-Üfer größere Erfolge bringen könne. Wagen um des größeren Erfolgs willen ist nie falsch! Das leuchtete mir bei näherem Kartenstudium um so mehr ein, als mir nun gleich die 2. Schlieffen-Aufgabe 1897 am Nordostsee-Kanal mit ihrer genialen Lösung vor die Seele trat, und mir in gehobener, siegesfreudiger Stimmung waren..
Die hier erwähnte Schlieffen-Lösung (Z. Aufgabe von 1896) lehnte Frontalverfolgung Segen den Nordostsee-Kanal ab und forderte Übergang seitwärts zur Parallelverfolgung, die in diesem Falle, ohne daß eingeschwenkt zu werden brauchte, den Gegner gegen das Meer gedrängt hätte.
17*
260 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
LS.Oktober, überschritten hatte, war nicht bekannt; die 2. Isonzo-Armee schien noch weit zurück zu sein, andernfalls hätte sie sich wohl schon bemerkbar gemacht. So ordnete der gegen Mitternacht erlassene Armeebefehl für den 30. Oktober an:
„1. Vor 14. Armee nur schwache zurückgehende Abteilungen. Die vom unteren Isonzo zurückgehenden italienischen Heeresteile haben anscheinend den Tagliamento noch nicht überschritten.
2. Die Verfolgung wird bis zur Vernichtung des italienischen Heeres fortgesetzt.
Z. Von der 14. Armee gehen die Gruppen Krauß, Stein (ohne 117. Infanterie-Division) ... und Hofacker (bisher Verrer) mit rechtem Flügel am Gebirgsrande entlang, mit linkem Flügel über S. Vito.
4. Sefechtsstreisen ..." Diese waren in allgemein südwestlicher Richtung so festgelegt, daß dem linken Flügel der Gruppe Krauß die Brückenstelle von Pinzano, der Gruppe Stein die von Dignano/Bonzicco, der Gruppe Hofacker die von Codroipo zufiel.
„Die durch 117. Infanterie-Division verstärkte Gruppe Scotti stößt über die Linie Basagliapenta—Pozzuolo—Lanzacco (in allgemeiner Richtung Latisana) vor. Verbindungsaufnahme mit rechtem Flügel 2. Isonzo-Armee ...“ Die ö.-u. 4. und 33. Infanterie-Division sollten auf Cividale, die ö.-u. 29. Infanterie-Division hinter dem rechten Flügel der 2. Isonzo-Armee aus Adine folgen.
An die Oberste Heeresleitung, die österreichisch-ungarische Heeresleitung und das Kommando der Südwestfront wurde durch Funkspruch gemeldet: „Verfolgungsabteilungen nähern sich Tagliamento Gemvna— Codroipo ... Absicht: Durch Fortführung Operation über Tagliamento und Angriff von Adine gegen Latisana Italiener zu vernichten."
Während also General von Hofacker beabsichtigt hatte, vor der Front des noch zurückhängenden linken Armeeslügels einen Stoß mit drei Divisionen am Tagliamento entlang von Norden nach Süden zu führen, ordnete der Armeebefehl eine Schwenkung der gesamten Armee aus der West- in die Südwestrichtung mit Adine als Drehpunkt an. Die beiden Divisionen der Gruppe Hofacker hatten damit im wesentlichen frontal gegen den Fluh bei Codroipo anzugreifen, während die mit ihren Hauptkrästen noch weiter zurück befindliche, aus drei Divisionen verstärkte Gruppe Scotti zum Stoß aus der Gegend von Adine auf Latisana, also nunmehr von Nordosten nach Südwesten angesetzt war.
Ohne Kenntnis von diesen Absichten der 14. Armee hatte Generaloberst von Boroevic, entsprechend der am 28. Oktober vom Kommando
Befehl der 14. Armee vom 29. Oktober abends.
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der Südwestfront zwischen 14. Armee und Heeresgruppe festgesetzten Grenze, für das weitere Vorgehen der 2. Zsonzo-Armee die Linie Udine—
S. Odorico als Nordgrenze gegeben. Damit liefen die Vormarsch- und Angriffsstreisen der 14. Armee und 2. Isonzo-Armee für den 30. Oktober ineinander.
d) 9er Vorstoß gegen Eodroipo und Latisana am 30. und 31. Oktober.
Vermischung der Verbände.
Der Armeebefehl vom 29. Oktober gründete sich auf die Voraus- so.ort»»«.. setzung, daß es alsbald gelingen werde, auf dem Westuser des hochangeschwollenen und zur Zeit wohl stellenweise mindestens 1000 Meter breiten Tagliamento festen Fuß zu fassen und ihn in mehreren Kolonnen zu überschreiten. Gelang das nicht, so mußte der Gegner jenseits des Flusses einen Vorsprung gewinnen, der schwer wieder einzuholen war.
General von Hosacker hatte von der Entscheidung des Armee-Oberkommandos durch Fernsprecher alsbald Kenntnis erhalten; der Plan, der seiner Ansicht nach der am Tagliamento westlich von Adine tatsächlich gegebenen Lage allein entsprochen hätte, war abgelehnt. Vorübergehend erwog er, trotzdem bei seinem Vorhaben zu bleiben, aber die Durchführung hätte schon daran scheitern müssen, daß unter den veränderten Verhältnissen mit der zur Gruppe Scotti gehörenden 5. Infanterie-Division neue Vereinbarungen nötig gewesen wären, für die Zeit und Möglichkeiten fehlten; denn weder zu dieser Division, noch zur Gruppe Scotti bestand irgendwelche Verbindung. Am 30. Oktober um 2° früh gab General von Hofacker der 200. und 26. Infanterie-Division dem inzwischen angetroffenen Armeebefehl entsprechend neue Weisungen. Da beide Divisionen schon Verschiebungen im Sinne des Gruppenbefehls vom 29. Oktober abends eingeleitet hatten, ergaben sich einige Reibungen, die aber auf den weiteren Verlaus der Dinge ohne entscheidenden Einfluß blieben. Bei Dignano räumte der Gegner angesichts des Angriffs der Vortruppen der 200. Infanterie-Division das Ostufer des Tagliamento, und als diese um 6° früh den Fluß erreichten, stellte sich heraus, daß der Westteil der etwa 1600 Meter langen Brücke zerstört war. Bei Eodroipo führten eine Straßen-, eine Eisenbahn- und eine Kriegsbrücke über den Fluß. Die ständigen Brückenkopfbefestigungen wurden unbesetzt gefunden. Die gegen die Brücken vorgehenden schwachen Teile der 200. und 26. Infanterie-Division überrannten bei Pozzo eine italienische Schutzstellung und trafen aus die Flut der über Eodroipo den Brücken zuströmenden Truppen. Unter Kämpfen gegen diese mehr oder minder führerlosen und völlig überraschten Massen wurden die Übergänge erreicht. Gemeinsam mit flüchtenden
262 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
ZS. Oktober. Italienern drängten die vordersten deutschen Trupps über die Brücken, die durch ineinandergefahrene Fahrzeuge aller Art nahezu verstopft waren. Aber kurz bevor sie das andere Ufer erreichten, flogen die Westteile aller drei Brücken in die Luft und alles, was daraus war, mit ihnen. Da der Tagliamento noch im Steigen und sein Westuser vom Feinde beseht war, bestand einstweilen keinerlei Möglichkeit, über die breiten, reißenden Wasser zu kommen.
Am östlichen Eingang der Brücken vermochten sich die schwachen deutschen Kräfte nur mit Mühe der von Osten und Süden alsbald einsetzenden italienischen Angriffe zu erwehren, bis die Hauptkräfte der nachfolgenden 26. Infanterie-Division unter heftigen Kämpfen Codroipo erreicht hatten. Aber auch diese gerieten angesichts von Osten nachrückender, immer neuer italienischer Kolonnen in eine schwierige Lage, vermochten sich jedoch zu behaupten. Sie machten 27000 Gefangene, dabei mehrere höhere Stäbe; aus der Straße von Ubine stand ein schweres Geschütz hinter dem anderen. Die 200. Infanterie-Division war weiter nördlich noch zurück.
Bei der Gruppe Scotti hatte der Kommandeur der 5. Infanterie-Division, Generalmajor von Wedel, immer noch ohne jede Verbindung mit seinem Gruppenkommando, den Armeebefehl bereits in den ersten Morgenstunden unmittelbar erhalten. Selbsttätig hatte er daraufhin die Führung der drei durch diesen Befehl zum Stoß bestimmten Divisionen übernommen und sie über die Linie Rivolto—Mortegliano zum Angriff nach Südwesten angesetzt. Aber schon an der Straße Codroipo—Palmanova kam das Vorgehen der 5. Infanterie-Division zum Stehen. Don der 117. und der ö.-u. 1. Infanterie-Division traten nur die vorderen Teile in den Kampf, die rückwärtigen wurden durch die von Osten die Marschstraßen kreuzende ö.-u. 60. Infanterie-Division der 2. Isonzo-Armee von ihnen getrennt. Gemeinsam mit Teilen dieser Division wurde nach längerem Kamps Feind bei Pozzuolo geworfen; der linke Flügel der Gruppe stand abends bei Mortegliano, das von der ö.-u. 1. Infanterie-Division in verlustreichem Gefecht genommen worden war.
Unterdessen war bei General von Be low in Cividale schon morgens um 8° ein Generalstabsoffizier der Gruppe Kaiser der 2. Isonzo-Armee eingetroffen und hatte um Freimachung der Straßen im Vormarschraum seiner Gruppe gebeten. Dabei hatte sich die völlig überraschende Tatsache ergeben, daß die Gruppe Kaiser bereits seit dem 29. Oktober abends bei Pradamano und südlich stand, die Gruppe Kosak links davon auf gleicher Höhe; nirgends vor der Front der 2. Isonzo-Armee sei ernster Widerstand oder
Der Südflügel der 14. Armee am Tagliamento.
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starker Feind gemeldet. Beim Armee-Oberkommando 14 nahm man nunmehr an, daß der Gegner bereits einen großen Vorsprung nach Westen gewonnen habe. Don der Fortsetzung des Angriffs der Gruppe Scotti nach Südwesten erhoffte man daher nicht mehr viel; sie erhielt Befehl, die der Gruppe Kaiser zustehenden Straßen nach Westen frei zu machen; ihre Hinteren Teile wurden angehalten. Der Gruppe Kaiser ließ General von Below übermitteln, er erwarte, daß sie und die übrigen Teile der 2. Isonzo-Armee sich der Verfolgung aus Latisana unverzüglich anschlössen. Um l30 mittags traf er in Udine ein und erfuhr hier von dem ernsten Kamps bei Pozzuolo; also mußten doch noch starke italienische Kräfte diesseits des Tagliamento und sogar noch weit nördlich der Straße Palmanova—Codroipo stehen. Dieser Eindruck wurde verstärkt durch weitere Nachrichten über die Kämpfe der Gmppe Scotti und dabei erreichte hohe Gesangenenzahlen. Andererseits wurde die Zerstörung der Brücke von Dignano/Bonzicco bekannt. Zn den ersten Nachmittagsstunden ließen schwere Detonationen vermuten, daß weitere Brücken gesprengt wurden. Dann aber traf gegen 7° abends von seinem Gefechtsstand her General von Hofacker ein, der von dem Ausgang der Kämpfe bei Codroipo und Sprengung der dortigen Brücken Kenntnis hatte, aber die Zerstörungen für so unbedeutend hielt, daß der Übergang für Infanterie unschwer zu bewerkstelligen sei. Da das Westufer stark beseht schien, wollte er am 31. Oktober noch vor Tagesanbruch mit der 26. Infanterie-Division den Angriff über die Brücken hinweg wieder aufnehmen; durch Überraschung in der Dunkelheit könne die Inbesitznahme glücken.
General von Below hegte zwar jetzt nur noch wenig Hoffnung aus das Gelingen des Unternehmens, entschloß sich aber, das Ergebnis abzuwarten. Aber Richtung und Stand des feindlichen Rückzuges sah er nicht klar, denn Regen und Gewitter hatten fast jeden Flugbetrieb unmöglich gemacht. Er wollte nunmehr in breiter Front nach Süden gegen die offenbar noch östlich des Tagliamento zusammengeballten feindlichen Massen angreifen. Dabei muhten sich neue Marschkreuzungen und Reibungen mit der Gruppe Kaiser der 2. Isonzo-Armee ergeben. Am einer Wiederholung der schon bisher daraus entstandenen ernsten Mihhellig-keiten vorzubeugen und da weder zum Kommando der Südwestfront noch zur Heeresgruppe Boroevic oder dem Kommando der 2. Isonzo-Armee, die sämtlich noch weit rückwärts in ihren ursprünglichen Unterkünften lagen, Verbindung bestand, suchte General von Below die Gruppe Kaiser zu entsprechenden Anordnungen zu veranlassen.
Dem um Mitternacht ausgegebenen Befehl für den 31. Oktober, der die Armee nach Süden schärfer zusammenfaßte, lag der schon im
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Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
so. ottpber. Befehl für den 30. Oktober enthaltene Gedanke zugrunde, die Offensive jenseits des Tagliamento mit dem rechten Flügel am Gebirgsfuß entlang weiterzuführen. Die Gruppe Krauß erhielt die Übergänge von Braulins und Cornino als nächstes Ziel und sollte die Verfolgung dann „in allgemeiner Richtung" über Pinzano nach Südwesten aus Sacile fortsetzen. Die Gruppe Stein sollte bei Pinzano übergehen und die Richtung auf Pordenone nehmen, außerdem mit erbeutetem italienischen Brückengerät einen Übergang bei Dignano/Bonzicco Herstellen. Die Gruppe Hofacker wurde über die Brücken von Codroipo aus Motta di Livenza angesetzt, die zu ihr tretende 5. Infanterie-Division auf dem östlichen Tagliamento-Ufer nach Süden auf Barmo, wo eine Furt sein sollte. Die Gruppe Scotti, nunmehr l 17. und ö.-u. 1. Infanterie-Division, hatte den gegenüberstehenden Feind über Mortegliano zurückzuwerfen und auf Latisana vorzustoßen. Alle damit in den Raum der Isonzo-Armeen übergreifenden Teile sollten, sobald diese näher herankämen, in den der 14. Armee zurückgezogen werden. Die Gruppe Kaiser wurde angewiesen, ihre Infanterie zunächst anzuhalten, ihre Artillerie aber zur Mitwirkung bei der 5. Infanterie-Division zur Verfügung zu stellen. Dem Kommando der Südwestfront und der Obersten Heeresleitung wurde über Krainburg als Absicht für den 31. Oktober gemeldet: „Inbesitznahme der Tagliamento-Übergänge und Fortsetzung der Verfolgung allgemeine Richtung Sacile— Pordenone—Motta—Varmo, Seitenkolonne auf Latisana." Unterdessen ging ebenfalls über Krainburg eine von 430 nachmittags stammende Weisung der Obersten Heeresleitung ein, in der es hieß: das Eindrehen von Teilen der 14. Armee östlich des Tagliamento auf die Drücke von Latisana könne „von vernichtender Bedeutung für die dort zurückflutenden italienischen Kräfte werden". Damit sah das Armee-Oberkommando 14 seine Auffassung von maßgebender Seite gebilligt.
DieHeeresgruppeBoroevic einschließlich ihrer bereits am Kampfe bei Pozzuolo beteiligten Truppen der 2. Isonzo-Armee erreichte am 30. Oktober mit vordersten Teilen die Linie Camposormido—Pozzuolo—Bi-cinicco—Cervignano; die vorausgesandte Abteilung der 1. Isonzo-Armee war in der Richtung aus Latisana bis S. Giorgio gekommen.
Das Kommando der Südwestfront war über den Vorstoß des linken Flügels der 14. Armee gegen Südwesten durch die 2. Isonzo-Armee unterrichtet, ebenso vermutlich über die daraus entstandenen Reibungen und wohl auch über die am Morgen erlassene Weisung des Generals von Below, daß die Gruppe Scotti die der ö.-u. 2. Isonzo-Armee zustehenden Straßen frei machen solle, nicht aber über dessen Befehl für den 31. Oktober, der
Südflügel der 14. Armee. Vermischung der Verbände.
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diese Regelung — ohne es allerdings besonders auszusprechen — wieder aufhob. Am Klarheit zu schaffen, befahl Erzherzog Eugen um 745 abends für die 2. Isonzo-Armee den Weitermarsch „im zugewiesenen Raume gegen Westen"; die dabei angetroffenen Teile der Gruppe Scotti sollten zur Heeresgruppe Boroevic treten. Als Raum der 2. Isonzo-Armee aber hatte nach einer Weisung vom 28. Oktober, sobald die Heeresgruppe die Linie Adine—Cervignano erreicht hatte (was jetzt der Fall war), das gesamte Gebiet südlich des Straßenzuges Adine—S. Odorico—Pozzo zu gelten1), so daß tatsächlich nicht nur die ganze Gruppe Scotti, sondern auch die Gruppe Hofacker in das Gebiet der 2. Isonzo-Armee fiel. Eine Fülle neuer Reibungen mußte sich ergeben. Eine etwa zwei Stunden später erlassene Weisung regelte die weiteren Operationen dahin, daß die südlichste Vormarschstraße der 14. Armee von Pozzo weiter nach Por-denone (mithin über die nördlichste der drei Brücken von Codroipo) und dann, nach Südwesten abbiegend, über Prata auf Fontanelle führen solle.
Bis zum 31. Oktober früh stellte die 26. Infanterie-Division der 3i.ott»b«. Gruppe Hofacker fest, daß die Zerstörungen an den drei Brücken von Codroipo den Abergang ohne Abersetzgerät unmöglich machten. Der Tagliamento führte noch immer Hochwasser. Die Division, deren fahrende Batterien inzwischen herankamen, entschloß sich, unter deren Schutze in der Rächt zum 1. November nördlich der Abergänge von Codroipo einen Brückenschlag vorzunehmen. Die 200. und die 5. Infanterie-Division wurden durch die Massen der stehengebliebenen italienischen Geschütze und Fahrzeuge sowie durch Truppen der 26. Infanterie-Division und auch der 2. Isonzo-Armee erheblich aufgehalten. Sie kamen ohne wesentliche Kämpfe bis westlich von Varmo und bis Madrisio. Auch hier war die Brücke bereits zerstört. Bei der Gruppe Scotti zeigten sich dieselben Schwierigkeiten in teilweise verstärktem Umfange. Während die 117. Infanterie-Division mit einer Seitenabteilung ebenfalls bis Madrisio vorstieß, kam die Masse bis Ariis und nördlich. Die ö.-u. 1. Infanterie-Division gelangte nur bis Pozzuolo und nördlich.
Die Gruppe Kaiser hielt sich an die Befehle der 2. Isonzo-Armee und trat ebenso wie die übrigen Teile dieser Armee den Marsch nach Westen an und erreichte westlich von Adine Tomba und Campoformido.
Bei der Gruppe Kosak hatten die beiden vordersten Divisionen keine Verbindung zu ihrem Gruppenkommando. Der Kommandeur der ö.-u.
*) Dieser Befehl ist von der Armee-Fernspr.-Abt. 20, Station Cividale, erst am 31. Okt.
226 vorm. aufgenommen worden; Gen. von Krafft erfuhr von ihm erst um 11° vorm. durch den Chef d. Gcnst. des ö.-u. II. Korps.
31. Oktober.
30. Oktober.
266_________Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.___
60. Infanterie-Division, Feldmarschalleutnant Goiginger, der vom Aufträge der Gruppe Scotti Kenntnis erhalten hatte, setzte dementsprechend aus eigene Verantwortung den Vormarsch der Gruppe sowie der nächststehenden Divisionen des südlich anschließenden XXIV. Korps nach Süd-westen an. Die vordere Brigade seiner eigenen Division erreichte abends denTagliamento beiMadrisio. Da die feindliche Gegenwirkung vom Westufer gering war, gelang es, das Feuer der brennenden Brücke bis zu dem herausgesprengten Teil am Westende (etwa 30 Meter) in der Nacht zu löschen1). Die ö.-u. 24. und 3S. Infanterie-Division blieben bei Ariis und östlich liegen, da sie aus Marschkolonnen der 1. Isonzo-Armee gestoßen waren. Feldmarschalleutnant Kosak, der das selbsttätige Handeln der 60. Infanterie-Division nicht billigte, hatte nur noch die ö.-u. 9. Infanterie-Division anhalten und die 35. nach Westen abdrehen können. Der linke Flügel der 2. Isonzo-Armee war noch zurück. Die vordersten Teile der l. Isonzo-Armee gelangten ihm voraus bis über Morteglione hinaus, bis vor Ariis und an den Stella-Abschnitt östlich von Latisana. Die Gros waren aber noch erheblich zurück. Die noch in Unter-Loitsch und Sesana befindlichen Hauptquartiere der beiden Isonzo-Armeen sollten nunmehr nach Cormons und Cervignano vorverlegt werden.
e) Die ö.-u. 10. Armee und der Nordflügel der 14. Armee am 30. und 31. Oktober.
Der fortschreitende Angriff der 14. Armee lockerte auch mehr und mehr die italienische Front vor der ö.-u. 10. Armee. Deren Oberbefehlshaber, Generaloberst von Krobatin, hatte beabsichtigt, unter Zurückhaltung seines rechten Flügels zunächst von Norden her das obere Taglia-mento-Tal bei Villa Santina und Tolmezzo einerseits, das Resia-Tal bei Moggio und Resiutta andererseits zu erreichen. Dort wollte er die Behebung der außerordentlichen Nachschubschwierigkeiten auf den vielfach zerstörten Gebirgsstraßen sowie die Gewinnung des Fella-Talausganges durch den rechten Flügel der Gruppe Krauß abwarten. Angesichts des schnellen Ausweichens der Italiener vor der gesamten Südwestfront hatte ihn aber die österreichisch-ungarische Heeresleitung am 29. Oktober angewiesen, nach Versammlung seiner Kräfte sogleich über Sappada und durch das obere Tagliamento-Tal in das obere Piave-Tal vorzustoßen. Dementsprechend erreichten Teile der ö.-u. 10. Armee, aus der Gegend des Plöken-Passes absteigend, am 30. Oktober Comeglians und Cedarchis, der linke Flügel schloß gegen Moggio und Resiutta aus._________________________
i) Nach ital. Quellen wäre die Brücke bereits am 29. Okt. durch Hochwasser zerstört worden.
Vorbereitungen zum Überschreiten des Tagliamento.
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Bei der 14. Armee hatte General Krauß die Deutsche Jäger-Division nördlich, die in der Front eingesetzte Brigade der Edelweiß-Division südlich der Fella zum Vormarsch nach Westen angesetzt. Erstere sollte Tolmezzo erreichen, dann nach Süden einschwenken und die Sperr-befestigungen am Tagliamento-Knie, vor allem das Panzerwerk auf dem Mt.Festa durch Handstreich nehmen, letztere am Fella-Talausgang aus Gemona abbiegen. Der Vormarsch wurde aber bereits im Fella-Tale aufgehalten und noch vor Erreichen des Tagliamento-Tales durch wirksames Fernfeuer vom Mt. Festa zum Stehen gebracht; für den Weitermarsch wurde die Dunkelheit abgewartet. Eine Seitenkolonne erreichte unterdessen Venzone, die öst. 22. Schützen-Division den Tagliamento westlich von Gemona; die Brücke von Braulins war gesprengt, der Gegner hielt das Westufer mit anscheinend stärkeren Kräften. Die ö.-u.
50. Infanterie-Division vertrieb feindliche Nachhuten am Ledra-Kanal und näherte sich der Eisenbahnbrücke von Cornino, die von vorausgesandten Teilen der ö.-u. 55. Infanterie-Division nach Ortsgefecht in Majano inzwischen erreicht wurde; der Belag war bis auf einen schmalen Gehweg abgetragen, das Westufer auch hier besetzt.
Bei der Gruppe Stein erkämpfte die 12. Infanterie-Division den Übergang über den Ledra-Kanal und nahm das hartnäckig verteidigte Vergstädchen S. Daniele. 10000 Gefangene, 50 Geschütze und der Troß von vier bis fünf Divisionen fielen hier in ihre Hand. Vor den besetzten Höhen von Ragogna und dem Tagliamento bei Spilimbergo kam das Vorgehen zum Stehen. Jenseits des Flusses herrschte reger Bahnverkehr.
Nach Gefangenen-Aussagen standen frisch herangeführte Reserven gegenüber, sie deckten die Brücken von Pinzano. Weiter südlich erreichte das Alpenkorps in breiter Front ebenfalls den Tagliamento und traf Vorbereitungen zum Übergang bei Dignano, wo die Lage unverändert geblieben war. Die öst. 13. Schützen-Division blieb, durch Marschkreuzungen mit der 117. Infanterie-Division aufgehalten, weiter rückwärts.
In der Nacht zum 31. Oktober trat die ö.-u. 10. Armee zur Süd- 3i.o«eb» Westfront über; die Grenze zur 14. Armee verlief künftig südlich des oberen Tagliamento über Mt. Festa und Mt. Facit. Im Laufe des Tages erreichten zwei Gebirgsbrigaden Villa Santina und Tolmezzo, zwei andere kamen im Fella-Tale bis Moggio und Resiutta.
Der Gruppe Krauß hatte General von Below im Befehl für den 31. Oktober1) die Tagliamento-Übergänge von Braulins und Cornino als nächstes Ziel und jenseits des Flusses die Richtung über Pinzano nach Südwesten gegeben, während die Gruppe Stein bei Pinzano übergehen
*) 6.263 f.
268 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
si.oitob« und mit erbeutetem italienischen Gerät eine Brücke bei Dignano schlagen sollte. Noch ohne Kenntnis von diesen Anordnungen hatte General Krauh am Abend des 30. Oktober der Gruppe Wieden, die ihn über die Vor-Marschziele der 10. Armee unterrichtete, auf ihren Antrag befohlen, im Tagliamento-Tale nach Süden aus Gemona abzubiegen. Es gelang ihr, noch in der Dunkelheit mit dem größten Teil ihrer Truppen unter den Befestigungen des Mt. Festa vorbeizukommen, so daß die Edelweiß-Division, deren noch' bei Saga liegende Brigade aus Tarcento heranzurücken hatte, bis südlich von Gemona kam, während die Deutsche Jäger-Division Ven-zone erreichte; ihre zurückgebliebenen Teile folgten am Abend nach; ein einzelnes Bataillon erhielt den Auftrag, sich von Norden her in Besitz der Werke des Mt. Festa zu setzen. An der Brücke von Braulins blieb die Lage unverändert. Bei Cornino war es der ö.-u. 55. Infanterie-Division geglückt, den bis zu einer Insel im Tagliamento führenden Ostteil der Eisenbahnbrücke durch Abschneiden der Zündschnüre gegen Sprengung zu sichern. Die Besetzung der Insel aber gelang nicht.
Der linke Flügel der ö.-u. 50. Infanterie-Division versuchte vergeblich im Verein mit dem rechten Flügel der Gruppe Stein, 12. Infanterie-Division und Teile der öst. 13. Schützen-Division, die stark befestigten Höhen von Ragogna zu nehmen. Nach sieben Tagen Kamps und Verfolgung durch schwieriges Gebirgsland machte sich bei allen Teilen Ermattung geltend; schwerer aber wog, daß Munition nicht in ausreichender Menge zur Stelle war, obgleich das Armee-Oberkommando bereits seit Tagen aus bevorzugtes Durchlässen der Munitionssahrzeuge aus den Gebirgsstraßen gedrängt hatte. Das Alpenkorps lag noch vor der Brückenstelle von Dignano/Bonzicco.
f) Stillstand am Tagliamento vom 31. Oktober bis 2. November.
Entscheidend für die weiteren Operationen war, wann und wo ein erster Übergang über den Tagliamento gelang. Beides aber hing einstweilen mehr von den Stromverhältnissen als vom Gegner ab. Dessen Gegenwirkung vom Westuser wäre wohl auszuschalten gewesen, aber Stärke und Breite der wild dahinbrausenden Wassermassen boten Schwierigkeiten, deren Überwindung, auch wenn die Brückentrains der Armee bereits herangewesen wären*), kaum gelingen konnte. Einstweilen war die
i) Man hatte weder damit gerechnet, innerhalb von sechs Tagen den Tagliamento zu erreichen, noch mit so großen Wassermassen in dem sonst an vielen Stellen durchfurtbaren Flußbett. Am 24. Okt. war schweres Brückengerät bei der O. H. L. erbeten worden, ie Verladung begann am 28. in Rumänien. Die Brückentrains der Armee hatten für cn Durchmarsch durch das straßenarme Gebirge zunächst weit hinten eingereiht werden müßen, ob und wann sie aus den engen und vielfach zerstörten Wegen durchkommen würden, war fraglich. Zunächst stand nur erbeutetes italienisches Brückengerät bei Udine zur Verfügung.
Schwierigkeiten am linken Flügel der 14. Armee.
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einzige Hoffnung, daß es doch noch glücke, eine der vorhandenen Brücken in benutzbarem oder leicht wiederherstellbarem Zustande in die Hand zu bekommen. Die Versuche in dieser Richtung sollten mit Nachdruck fort-gesetzt werden, wobei die Hoffnungen je nach den gerade vorliegenden Meldungen wechselten, sich aber schließlich in erster Linie auf die Übergänge bei Domino und Pinzano richteten, die nach Fliegermeldungen noch unzerstört sein sollten, deren Zugang aber durch die italienische Brückenkopsstellung bei Ragogna zunächst noch gesperrt war. Da sich das Wetter allmählich beruhigte und das Hochwasser zu fallen begann, schienen die Aussichten sich zu bessern. Planmäßige Zusammenfassung aller Äber-gangsmittel und entsprechender Streitkräste wurde vorbereitet.
Daneben nahmen die Reibungen mit den österreichisch-ungarischen Kommandostellen wegen der Verhältnisse am linken Armeeflügel die Aufmerksamkeit weiterhin stark in Anspruch. Dort waren im Laufe des 31. Oktober die Verbände von drei Armeen derart ineinander marschiert, daß Regelung der Befehlsverhältnisse dringend erforderlich war. Die dafür zuständige Stelle, das Kommando der Südwestfront, sah die Lösung in der naheliegenden und schon im Befehl vom 30. Oktober für die Gruppe Scotti getroffenen Anordnung, daß alle Truppen zunächst einmal unter den Befehl der Armee träten, in deren Vormarschstreifen sie sich zur Zeit befanden; spätere endgültige Regelung sollte vorbehalten bleiben. Demgegenüber erfüllte General von Be low die berechtigte Sorge, daß die erprobten Truppen, mit denen er den entscheidenden Sieg errungen, seinem Einfluß gerade in dem Augenblick entzogen würden, da alles darauf ankam, die erreichten großen Erfolge am Tagliamento zur Auswirkung zu bringen. Er war der Ansicht, daß ein Kommandowechsel die Unternehmungen an den Übergangsstellen von Codroipo und südlich ungünstig beeinflussen würde, und wehrte sich daher gegen die getroffene Regelung. Dabei konnte er sich darauf berufen, daß einschneidende Anordnungen für die 14. Armee nur im vorherigen Einvernehmen mit der Obersten Kriegsleitung getroffen werden sollten. Zwischen 5° und 6° nachmittags, als die erste Sprechverbindung zur zweiten Staffel des Oberkommandos der Südwestfront in Krainburg endlich fertig und damit wenigstens durch Umsprechen ein Verkehr zu den österreichisch-ungarischen Kommandostellen möglich geworden war, wurde das Oberkommando der Südwestfront über die Verhältnisse unterrichtet und gebeten, die 2. Isonzo-Armee wenigstens für den 1. November noch anzuhalten, bis die beabsichtigte Neuordnung der Verbände durchgeführt sei.
Unterdessen war man sich am Abend des Tages beim Armee-Oberkommando 14 darüber klargeworden, daß der Stoß auf Latisana zu spät
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Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
21. Oktober.
1. aitb 2. November.
gekommen sei. Der Gegner schien das östliche Tagliamento-Ufer so gut wie ganz ausgegeben zu haben; die Gefangenen- und Beutezahlen aber waren zu bisher in diesem Kriege nicht dagewesener Höhe gestiegen1). Die Luft-erkundung hatte auch am westlichen Tagliamento-Ufer nur geringe feindliche Kräfte festgestellt, dagegen starke Ansammlungen im Raume Por-denone—Sacile—Motta di Livenza, zurückmarschierende Kolonnen von Latisana auf Portogruaro. General von Below wollte die Truppen seines Südflügels, ausgenommen die am Tagliamento zum Übergang angesetzten Divisionen, nunmehr alsbald in den zugewiesenen Raum zurückführen, die letzteren aber nötigenfalls erst jenseits des Flusses. Als jedoch die hierfür erbetene und vom Kommando der Südwestfront auch in Aussicht gestellte Weisung bis zum späten Abend nicht eingetroffen und immer noch keine Verbindung zur Heeresgruppe Boroevic und ihren Armeen gelungen war, wies er in der Nacht zum 1. November der Gruppe Hofacker (200., 26., 5. Infanterie-Division) nach dem „mit allen Mitteln zu beschleunigenden Übergang über den Tagliamento" die Straße Codroipo—Pordenone— Prata als südlichste Straße zu; das entsprach der Weisung der Heeresgruppe vom 30. Oktober2). Die Gruppe Scotti (künftig ö.-u. 1. Infanterie-Division bei Udine, 4. bei Cividale, 33. bei Karfreit) sollte rasten, die 117. Infanterie-Division zur Gruppe Stein treten. Andererseits hatte bereits am frühen Nachmittag das Kommando der Südwestfront besohlen, daß die im Raume der Heeresgruppe Boroevic befindlichen Teile der 14. Armee (wie es in einer am Abend folgenden Weisung hieß: „angeblich 26., 200., 5., 117. Infanterie-Division") unter den Befehl der Armee zu treten hätten, in deren Raum sie sich befänden, und zwar mit dem Zeitpunkt, in dem sie eingeholt würden; den Ausgaben, welche diese deutschen Divisionen hätten, sei Rechnung zu tragen, soweit die Lage es zulasse; es sei wichtig, daß die 2. Isonzo-Armee sich alsbald mit der 14. Armee in Verbindung setze. Das Armee-Oberkommando 14 erfuhr diese von ihm nicht erwartete Regelung erst am 1. November abends. Unterdessen aber hatte der Streit über die Besehlsabgrenzung vorübergehend bedauerlich scharfe Formen angenommen, vor allem, da unmittelbare Aussprache mit den beteiligten hohen österreichisch-ungarischen Kommandostellen fehlte. Erst als am 1. November das Kommando der 2. Isonzo-Armee in Cormons eingetroffen war, wurde durch den abends dorthin entsandten Ersten Generalstabsossizier der 14. Armee, Major Freiherrn von Willisen, rasch eine Einigung erzielt, die den Belangen beider Seiten entsprach. Auch die Oberste Heeresleitung setzte sich für Ausgleich der
!) S. 276.
2) 6.265.
Versteifung der italienischen Abwehr.
271
Gegensätze ein, indem General Ludendorff tags darauf die 14. Armee bat, den Befehlen der Südwestfront nachzukommen und etwaige Wünsche in wichtigen taktischen oder Verwaltungssragen, wenn erforderlich, ihm vorzulegen.
Daß auf dem Nordflügel General Krauß den Vormarsch nach Westen ins obere Tagliamento-Tal, vor allem aber die Wegnahme der Werke am Ausgange des Fella-Tales nicht ausgeführt hatte, kam dem Armee-Oberkommando 14 sehr ungelegen. Damit blieb die für den Nachschub so wichtige Hauptstraße und Bahn von Villach über Tarvis nach Gemona wahrscheinlich bis auf weiteres gesperrt; denn die Kräfte des linken Flügels der ö.-u. 10. Armee schienen kaum ausreichend, um jene nach der Grenz-festsehung in ihrem Gebiet liegenden Befestigungen zu nehmen. Daher schlug General von Below dem Kommando der Südwestfront vor, diese Aufgabe dem als besonders tatkräftig bekannten General Krauß mit der ö.-u. Edelweiß- und der öst. 22. Schützen-Division zu übertragen und ihn hierzu der 10. Armee zu unterstellen. Damit wären der 14. Armee außer ihren sieben deutschen Divisionen immer noch sechs österreichisch-ungarische verblieben.
Unterdessen schien es, daß der Gegner seinen Rückzug vielleicht doch angehalten habe und versuche, die Tagliamento-Linie zu halten. Das Oberkommando der italienischen 2. Armee war von Tezze wieder nach Pordenone vorgegangen, und die Funkstation des Oberkommandos der italienischen 3. Armee, die in Motta bereits abgebaut gewesen war, hatte sich dort wieder gemeldet. Die an der Tiroler Front abgebauten Funkstationen waren noch nicht wieder festgestellt worden. Italienische Befehle erwähnten das bevorstehende Eintreffen von 100000 Franzosen. Am Abend des 2. November griffen italienische Flieger ein zurückgelassenes Munitionsdepot am Bahnhof Udine, das in die Luft ging, sowie auch das Armeehauptquartier und zahlreiche Punkte der Umgebung an.
Die Bemühungen, einen Tagliamento-Äbergang in die Hand zu bekommen, waren ohne Unterbrechung fortgesetzt worden. Schon am frühen Morgen des 1. November war der Brückenkopf auf den Höhen von Ragogna genommen und damit der Zugang zu den Brücken von Cornino und Pin-Mo geöffnet worden. Die aber hatte der Gegner gesprengt. 3000 Mann, die dadurch östlich des Flusses abgeschnitten waren, streckten die Waffen. Bei Cornino wurde die im Tagliamento liegende Insel besetzt. Dom Westteil der Eisenbahnbrücke ragten Pfeiler und zusammengestürzte Brückenteile noch so weit aus dem Wasser, daß die Vorbedingungen für Herstellung eines ersten Überganges gegeben schienen. Bei Latisana räumten an diesem
272 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
2. November.
28. Oktober
Tage die letzten italienischen Nachhuten vor der nachdrängenden 1. Isonzo-Armee das östliche Flutzufer.
Nach Cornino und zu der ebenfalls besonders geeignet erscheinenden nördlichen Brückenstelle von Pinzano wollte General von Below jetzt alles Brückengerät zusammenziehen. Der ohnehin dort befehligende, aus der Pionierwaffe hervorgegangene Kommandeur der 12. Infanterie-Division, Generalmajor Lequis, sollte das Übergangsunternehmen leiten. Falls aber auch dieser Versuch scheiterte, muhte das Vorgehen des künftig durch die zwei abzugebenden Divisionen verstärkten linken Flügels der 10. Armee ins obere Tagliamento-Tal die Übergänge öffnen.
Dort versuchten am 2. November früh die gegen den Mt. Festa angesetzten Teile der Deutschen Jäger-Division bei Amaro und Venzone über den Fluh zu kommen. Als dies scheiterte, befahl General Krauh, der inzwischen bei persönlicher Erkundung die Brückenstelle von Cornino als für einen Brückenschlag geeignet gefunden hatte, die Deutsche Jäger-Division bei Amaro zusammenzuziehen. Dort sollte sie, unterstützt durch ihre an diesem Tage herangekommene Artillerie1), den Übergang erzwingen und, durch das Gebirge nach Süden vordringend, die Brückenstelle von Cornino öffnen. Gleichzeitig aber ordnete er für den Abend zweistündige Artillerievorbereitung und Angriff der ö.-u. 55. Infanterie-Division über den Tagliamento bei Cornino an. Über die aus dem Wasser ragenden Brückenreste erreichten die braven Bosniaken das Westufer, stießen nach links bis an die Höhen über der Nordbrücke von Pinzano vor und behaupteten sich gegen mehrfache bis zum Morgen des 3. November geführte italienische Gegenangriffe. In der gleichen Nacht gelang es aber wenige Kilometer weiter stromabwärts auch der 12. Infanterie-Division, eine Abteilung aus das westliche Fluhufer zu bringen. Alle sonstigen Versuche, das Westuser zu erreichen, waren auch am 2. November gescheitert. Bei Cornino und Pinzano aber schien der Übergang auch für stärkere Kräfte gesichert.
g) Die Bewegungen des Gegners2). Betrachtungen. Deute und Verluste.
Bei General Cadorna hatte das offensichtliche Nachlassen der Widerstandskraft seiner Truppen bereits frühzeitig Zweifel geweckt, ob die Taglia-mento-Linie gehalten werden könne. Dazu drückte ihn die immer bestehende Sorge vor einem seindlichenAngrifs aus Tirol; er bestimmte fünf Divisionen zur Verfügung der Tiroler Front nach Bassano und Brescia. Aber auch die Durchführung des Rückzuges hinter den Hochwasser führenden
1) S. 244.
2) Anschluß an S. 247ff.
Rückzug der Italiener über den Tagliamento.
273
Tagliamento schien gefährdet; Verstopfung aller Straßen durch Troß und flüchtende Bevölkerung erschwerten die Bewegungen. Als dann am Vormittag des 28. Oktober der Gegner den Torre überschritt und Udine erreichte, war der Tagliamento bereits derart angeschwollen, daß außerhalb der Brücken ein Userwechsel nicht mehr möglich war. Nun wurden an diesem Tage aber auch noch die Brücken bei Rivis und bei S. Odorico vom Hochwasser zerstört, die bei Dignano/Bonzicco überflutet. Der aus diese Übergänge angesetzte Südflügel der 2. Armee mußte hinter der Z. Armee bei Codroipo übergehen. Unterdessen wurde am 29. Oktober auch die Brücke bei Dignano/Bonzicco vom Hochwasser fortgerissen, die von Madrisio überflutet. Etwa 23 Divisionen der 3. Armee und zwölf schwache Divisionen des Südflügels der 2. Armee drängten sich daher gegen die drei Brücken von Codroipo und die zwei von Latisana zusammen. In den von Truppen im wesentlichen freien Raum zwischen diesen Heeresteilen und dem Nordflügel der 2. Armee aber drangen die Divisionen der Gruppe Berrer bis gegen den Strom selbst vor. Damit war für die Verbände bei Codroipo und Latisana eine äußerst bedrohliche Lage entstanden, denn um Mitternacht zum 30. Oktober befanden sich dort noch 22 Divisionen östlich des Flusses, ßu einem geordneten Gegenangriff, der allein noch Rettung versprochen hätte, kam es nicht mehr. Bereits im Laufe des Tages schieden auch die Brücken von Codroipo durch das Vordringen des Gegners für den Übergang aus. Um Mitternacht zum 1. November standen bei Latisana noch drei volle Divisionen und die Reste von sechs weiteren auf dem Ostufer. An diesem Tage wurde der Übergang, wenn auch unter Zurücklassung ungeheurer Mengen an Gefangenen und Gerät, beendet; gegen 4° nachmittags wurden die Brücken gesprengt. Unterdessen hatte ebenfalls der Nordflügel der 2. Armee, etwa zwölf schwache Divisionen, den Tagliamento bei Pinzano und nördlich schon überschritten. Das dorthin vorausgesandte „Spezialkorps" hatte bei S. Daniele und Ragogna noch bis zum 31. Oktober einen ausgedehnten Brückenkopf auf dem Oftufer gehalten.
General Cadorna, der sein Hauptquartier inzwischen nach Treviso verlegt hatte, empfing dort am 30. und 31. Oktober den französischen und englischen Generalstabschef, die ihm Hilfe durch vier französische und zwei britische Divisionen nebst starker Artillerie zusagten; die ersten Transporte waren bereits seit dem 28. Oktober im Rollen. Als dann am 1. November der Widerstand der eigenen Truppen und das Wasser des Tagliamento dem Gegner doch Halt zu gebieten schienen, hoffte er, sich hinter dem Fluß noch längere Zeit behaupten, weiteren Rückzug vielleicht überhaupt vermeiden zu können, denn dieser mußte hinter den Piave führen. Damit
Weltkrieg. XIII. Bd. 18
so.Oktober bis 2. November.
274
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
aber hätte die gesamte Front bis zur Hochfläche von Asiago, also nicht nur die Karnische Gruppe, sondern auch die ganze 4. Armee zurückgenommen werden müssen. Am 2. November gab General Cadorna Befehle zum Halten der Tagliamento-Front, bereitete aber gleichzeitig auch alles für den vielleicht doch noch notwendig werdenden weiteren Rückzug vor.
Betrachtungen.
Die außerordentlichen Schwierigkeiten, vor die sich die deutsche Führung und Truppe bei Überwindung des straßenarmen Gebirges gestellt sahen, waren dem Gegner in weitestem Maße zugute gekommen. Hätte General Cadorna seine sehr starken Reserven frühzeitig mit Eisenbahn, Kraftwagen und Fußmarsch nordwestwärts verschoben, so hätte er den Angriff der zunächst nur mit ganz geringer Artillerie und unzureichender Munition ausgestatteten Truppen der 14. Armee an den Gebirgsaus-gängen von Gemona bis Cividale vielleicht doch zum Stehen bringen können. Auch ein geschlossener Gegenangriff aus dem Raume Cividale— üdine nach Norden hätte den Gegner aushalten können. Da aber General Cadorna seine Anordnungen für den Rückmarsch traf, ohne der 14. Armee ausreichende Kräfte entgegenzuwerfen, machte schließlich das Hochwasser des Tagliamento eine Katastrophe unvermeidlich und unterbrach erst, nachdem diese eingetreten war, die Verfolgung durch den Gegner.
Die Beute, die die deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen am östlichen Tagliamento-Üfer machten, war riesengroß. Sie hätte noch größer werden können bei schärferem Vorwärtsdrängen der beiden Isonzo-Armeen, vor allem aber bei Durchführung des von General von Hofacker für den 30. Oktober schon angesetzten Angriffs von drei deutschen Divisionen am Tagliamento entlang nach Süden aus Latisana. Wohl waren diese an Artillerie einstweilen sehr schwach, nur die 5. Infanterie-Division hatte die ihrige vollzählig zur Hand, die 26. hatte nur vier, die 200. sechs Gebirgs-Batterien und alle drei nur sehr wenig Munition. Der Angreifer wäre also vielleicht in eine recht schwierige Lage gekommen, denn sein Stoß führte in die Flut verzweifelt um ihr Dasein ringender, am Kampfe bisher nicht beteiligter italienischer Massen. Die Hergänge bei Codroipo und der heute bekannte Zustand der dort und weiter südlich zurückflutenden italienischen Truppen lassen aber kaum einen Zweifel, daß zielbewußte Fortsetzung des Stoßes nach Süden nicht nur die Beutezahlen noch wesentlich gesteigert, sondern — was wichtiger war — auch große Teile der bisher wenig erschütterten italienischen 3. Armee zur Auslösung gebracht hätte. Jedenfalls hätte der Gegner den Übergang bei Latisana nicht wie geschehen — bis zum 1. November ungestört fortsetzen können.
Betrachtungen zu den Operationen in der Ebene.
275
General von Krasft hat den Plan des Generals von Hosacker abgelehnt, General von Below hat ihn ernstlich gar nicht erwogen. Beide dachten in erster Linie an die Fortführung der Operation im großen über den Tagliamento. Da die Lufterkundung durch Wetter, Gebirge und sonstige Schwierigkeiten stark behindert war, wurde zu spät erkannt, wie große italienische Massen noch östlich des Flusses standen1). Der eigene Stromübergang aber mußte, auch im günstigsten Falle, das heißt, wenn man sofort die eine oder andere Brücke unzerstört in die Hand bekam, mehr Zeit in Anspruch nehmen als der des Gegners, der planmäßig über zahlreiche Brücken zugleich zurückmarschierte. Den in der Verfolgung gewonnenen Dorsprung jenseits des Flusses auch nur auftechtzuerhalten, bestand keine Aussicht. Als es dann gar noch Tage dauerte, bis die ersten Teile der Armee das Westuser des Tagliamento erreichten, war klar, daß man eine Gelegenheit versäumt hatte. Der für den 30. Oktober angesetzte Angriff, nicht mit dem rechten Flügel scharf am Fluß entlang nach Süden, sondern von Nordost gegen Südwest, hatte die Wirkung des vom General von Hofacker vorbereiteten Vorgehens nicht ersetzen können. Die aus ihm sich ergebenden Marschkreuzungen mit Teilen der Isonzo-Armeen und die daraus entstandenen Reibungen mit österreichisch-ungarischen Kommandostellen haben das frontale Nachdrängen wohl in Unordnung gebracht, aber nicht ausgehalten, sind also auf das Ergebnis der Operationen nicht von entscheidendem Einfluß gewesen.
Diese Reibungen wären sicherlich leichter auszugleichen gewesen, wenn die Verbindung zu den österreichisch-ungarischen höheren Kommandostellen gewahrt geblieben, diese also ftühzeitiger nach vorn verlegt worden wären. Daß damit ihre Verbindung nach rückwärts abriß, war kaum zu befürchten. Beim Oberkommando 14 war solcher mißliche Zustand die Folge der besonders ungünstigen Verhältnisse unmittelbar hinter der Front: Verkehrsengpaß von St. Luzia und zunächst nur eine einzige, stellenweise ernstlich beschädigte Nachschubstraße durchs Gebirge für mehr als zehn Divisionen. Taktisch befand sich das Armee-Oberkommando in Cividale und Udine rechtzeitig an der richtigen Stelle, operativ brachte der Platz aber bereits ernste Nachteile, denn es fehlte nicht nur die Verbindung nach rückwärts und zu den Nachbar-Armeen, sondern, was wichtiger war, auch zu dem ganzen Nordflügel (Gruppen Krauß und Stein) der eigenen Armee. Und doch wird man den Drang des Armee-Oberkommandos nach vorne nicht nur als berechtigt, sondern als vorbildlich anerkennen müssen.
L) Tatsächlich hatte die Luftaufklärung vor der Heeresgruppe Boroevie am 29. Oktober ein durchaus zutreffendes Bild der Lage vor den beiden gsonzo-Armeen ergeben. Dem A. O.K. 14 ist davon aber nichts bekannt geworden.
18*
276
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Im ganzen hatten General von Below und seine Truppen, deutsche wie österreichisch-ungarische, eine Leistung vollbracht, die zu den glänzendsten der Kriegsgeschichte gehört.
Dem entsprach das Ergebnis. Insgesamt waren nach einer Zusammenstellung des Kommandos der Südwestfront bis zum 2. November 260000 Gefangene und 2500 Geschütze (davon allein 200000 Gefangene und 1700 Geschütze bei der 14. Armee) als Beute gemeldet. Dazu rechnete man mit weiterem feindlichen Verlust von rund 40000 Mann, so dah die italienischen Streitkräste an der Isonzo- und der Karnischen Front, die man vor Beginn der Schlacht mit 450000 Mann und 3200 Geschützen angenommen hatte, aus etwa 150000 Mann und 700 Geschütze zusammengeschmolzen sein mochten1). Dem stand aus deutscher und österreichischungarischer Seite ein Verlust von etwa 30000 Mann (davon rund 4400 Deutsche) gegenüber.
Es war mit verhältnismäßig geringen Mitteln ein Sieg errungen, dessen Größe von keiner Seite auch nur im entferntesten vorausgesehen worden war.
4. Vom Übergang über den Tagliamento bis zur Einstellung
der Offensive, a) Ziele der weiteren Operationen.
In der Nacht zum 29. Oktober, noch ohne Kenntnis davon, daß sich die vordersten Teile der 14. Armee bereits dem Tagliamento näherten, hatte General Ludendorff bei General von Arz nach den weiteren Operationsabsichten gefragt: „mit Rücksicht aus die Westlage" sei bei Erreichen des Tagliamento mit Zurücknahme von Teilen der deutschen Truppen zu rechnen. General von Arz verlangte dazu eine Stellungnahme der Südwestfront unter der Annahme, daß „sukzessive" fünf deutsche Divisionen weggezogen würden. Erzherzog Eugen antwortete, er wolle die Offensive auch in diesem Falle über den Tagliamento fortsetzen; da die 14. Armee am weitesten voraus sei, könne sie jedoch „erst nach Forcierung des Flusses" Truppen abgeben. Inzwischen aber hatte auch General Ludendorfs eine andere Lösung in Aussicht genommen. Wie er am 29. Oktober nachmittags drahtete, legte er größten Wert darauf, von den deutschen Truppen in Italien möglichst wenig wegzuziehen und die Offensive dort nicht anzuhalten. Er schlug daher vor, von der Isonzo-Front statt der deutschen Divisionen sechs bis acht, noch im zweiten Treffen zurück befindliche österreichisch-ungarische Divisionen abzufahren, um mit
i) S. 508.
General Ludendorffs Auffassung über die weiteren Operationen.
277
diesen deutsche Ost-Divisionen für den Westen frei zu machen. Am 31. Oktober legte er in einer weiteren Mitteilung General von Arz seine Auffassung über die weiteren Operationen, für die er mit dem Eintreffen französischer Truppen in Oberitalien von Ansang November an rechnete, wie folgt dar:
„Westlich des Tagliamento hat der Weitermarsch zunächst bis an die Livenza nicht mehr den ausgesprochenen Charakter der Verfolgung, sondern den einer geschlossenen Vorwärtsbewegung, aus der jederzeit zur Schlacht übergegangen werden kann, anzunehmen. Die Versorgung an Munition gewinnt an Bedeutung, ebenso wie die Festigung der rückwärtigen Verbindungen, namentlich Vervollständigung des Eisenbahnnetzes. Während die 10. Armee den Schwerpunkt ihres linken Flügels nach Belluno legt, mutz auch die 14. Armee Teile ihres rechten Flügels, der besonders stark zu halten ist, aus den Höhen am Nordrande der italienischen Tiefebene im Anschluß an die 10. Armee entlang führen. Südlich der 14. Armee mutz eine der Isonzv-Armeen in geschlossenem Vormarsch, wenn auch zunächst gestaffelt, belassen werden. Die weniger beweglichen Teile sind bis westlich des Tagliamento vorzuziehen, um hier Brückenköpfe als Rückhalt auszubauen, so einen südwestlich Pinzano, einen westlich Casarsä, einen bei Portogruaro.
Die 11. Armee ist möglichst zu verstärken. Feldmarschall von Conrad und die 10. Armee haben daraufhin die Höhen nördlich Bassano und südlich Feltre—Belluno zu gewinnen."
Die Reibungen, die sich inzwischen hinsichtlich der Besehlsverhältnisse zwischen der 14. Armee und der Heeresgruppe Boroevic ergeben hatten, veranlaßten General Ludendorff ferner, am 1. November durch General von Cramon auch daraus hinzuweisen, daß die Verbände der 14. Armee weiterhin unter General von Below zusammenbleiben müßten. Er glaube, daß südlich von dieser Armee zunächst nur eine Isonzo-Armee Platz habe, während die andere zurückzuhalten und mit Teilen an die Ostfront oder nach Tirol zu fahren sei.
General von Arz hatte unterdessen am 1. November geantwortet, daß auch er, in Übereinstimmung mit dem Kommando der Südwestsront, das Erreichen des Piave als vorläufiges Ziel der gemeinsamen Operation betrachte. Den Aufgaben, die der Heeresgruppe Conrad und der 10. Armee zugedacht seien, stimmte er zu. Am 2. November äußerte er sich über die Abgabe von Truppen dahin:
Von den gegenwärtig in Venetien eingesetzten deutschen und österreichisch-ungarischen Kräften dürfe nichts abgezogen werden, denn es gelte, die gemeinsame Operation zu einem „möglichst definitiven, gedeihlichen"
SI.0kt»b«r.
1. und 2. November.
278 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Abschluß zu bringen, also den Gegner mindestens bis hinter den Piave zurückzudrängen. Dabei sei mit den von den Westmächten entsandten Verstärkungen zu rechnen. Abgabe von Truppen komme daher erst in Frage, wenn der Bewegungskrieg in den Stellungskrieg übergegangen sei. Falls aber die Verhältnisse eine Schwächung der italienischen Front zuließen oder die Lage an der Westfront sie erforderlich mache, bitte er, deutsche Divisionen bis auf zwei oder drei herauszuziehen. Eine österreichisch-ungarische Division sei zur Ablösung einer deutschen Ost-Division bereits bestimmt1). Weiterer Abgabe österreichisch-ungarischer Divisionen an die Ostfront könne er aber nicht zustimmen, solange sich noch deutsche Divisionen an der Südwestfront befänden; er würde das weder seinem Allerhöchsten Kriegsherrn noch der Armee gegenüber vertreten können. Die Abgaben, um im Osten an ruhiger Front deutsche, für den Westen bestimmte Divisionen abzulösen, würden von dieser als schwere Kränkung, als Zweifel in ihre Tüchtigkeit empfunden werden; es würde dies dem für alle Zukunft hochzuhaltenden, auf gegenseitiger Wertschätzung beruhenden Bundesverhältnisse der beiden Armeen bestimmt schwer schaden. „So dankbar wir Deutschland für seine selbstlose Unterstützung, welche uns erst das Niederkämpfen des italienischen Heeres gestattete, auch sind, so kann ich es vor der Armee, der Geschichte und der Dynastie doch nicht verantworten, wenn ich zustimmen würde, daß wir uns auf dem italienischen Kriegsschauplatz dauernd durch deutsche Truppen vertreten lassen". Schließlich führte General von Arz als Grund für die Ablehnung auch noch die längere Transportdauer und die weiteren Transportwege des Truppenaustausches von Italien über die Ostfront nach dem Westen an. Sie bedeuteten eine „derart unökonomische Verwertung der Bahnen und ihrer Betriebsmittel", daß er es, soweit Österreich-Ungarn in Betracht komme, „gegenüber den so dringenden Bedürfnissen der Bevölkerung nicht verantworten" könne. Er schloß mit einem Hinweis auf die uneingeschränkte Würdigung der deutschen Truppenhilfe seitens aller Stellen im Staate und mit der Erklärung, bei Teilung der Kriegsbeute deutschen Wünschen weitest entgegenzukommen, „um Deutschland zu seinen großen moralischen und kriegerischen Vorteilen auch größtmögliche materielle Vorteile für sein so bundesfreundliches Verhalten zu sichern".
General Ludendorsf versah dieses Fernschreiben, das durch Ablehnung aller seiner Vorschläge ernstliche Verstimmung hervorrief, mit dem Vermerk: „Ein Dokument."
Daneben hatte in diesen Tagen ein Gedankenaustausch über das Eintreffen der französisch-englischen Verstärkungen in Italien statt-
*) S. 250.
Meinungsaustausch zwischen O.H.L. und österr.-ungar. Heeresleitung. 270
gefunden. Die österreichisch-ungarische Heeresleitung hatte am 1. November mitgeteilt, ihres Erachtens könnten acht französische und eine . englische Division nebst 400 Geschützen mit der Bahn über den Mont Cenis und über Nizza, Material aus dem Seewege, zugeführt werden. Der Anfang könne bereits am 3. November bei Treviso, das Ende bis zum 28. November, vielleicht auch erst 12. Dezember eintreffen; außerdem könne bis 30. November eine Division vom Balkan herangezogen werden. Die deutsche Oberste Heeresleitung, die gebeten wurde, hierzu Stellung zu nehmen, meinte, daß die Westmächte, wenn sie „in selbstloser Weise" helfen wollten, mehr als zehn bis zwölf Divisionen senden würden; vier bis fünf könnten bis zum IS. November, zehn bestimmt bis zum Monatsende eingetroffen sein; mit diesen Grundlagen müsse man rechnen. Im übrigen kam die Abteilung Fremde Heere der Obersten Heeresleitung am 2. November zu dem Ergebnis, daß die Italiener am Tagliamento nur vorübergehenden Widerstand beabsichtigten, dagegen angeblich den Livenza-Abschnitt halten wollten; die Durchführbarkeit dieser Absichten werde aber von ihnen selbst bezweifelt und daher die Piave-Linie befestigt. Die Franzosen wollten insgesamt zehn, die Engländer acht und eine halbe Division nach Italien schicken, dazu außer der Divisionsartillerie 850 mittlere und schwere Geschütze sowie Tanks. Der Abtransport würde auf den genannten beiden Bahnen erfolgen, habe am 30. Oktober begonnen und solle in 14 Tagen beendet sein; das Gros der Truppen solle in den Raum westlich des Garda-Sees befördert werden. Dom Balkan seien zweieinhalb italienische Divisionen abberufen.
Schließlich hatte sich General von Arz wegen der Besehlsverhält-nisse in Benetien am 2. November, noch ohne genaue Kenntnis der Zusammenhänge, an Generalseldmarschall von Hindenburg gewendet und um „geneigte Einflußnahme" gebeten, damit die 14. Armee dem Befehl des Südwestfront-Kommandos nachkomme, da sonst jede einheitliche Führung unterbunden würde. General Ludendorsf hatte die 14. Armee alsbald entsprechend angewiesen*).
Die Gesamtheit der vorliegenden Fragen wurde am 3. November in einer Besprechung mit General von Waldstätten in Berlin behandelt. Dabei scheint die Oberste Heeresleitung ihre Verstimmung deutlich zum Ausdruck gebracht zu haben. Sie bestand aus der Ablösung weiterer deutscher Truppen im Osten, überliest es aber der österreichisch-ungarischen Heeresleitung, woher sie die Kräfte dazu nehmen wolle. Das Ergebnis wurde wie folgt festgelegt:
L November.
') 6.271.
280
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
3. November.
„1. Die deutsche Oberste Heeresleitung hat durch die Offensiven an der Ostfront und in Italien die deutschen Truppen im Westen überaus angestrengt. Diese Truppen bedürfen vermehrter Ausbildung und Ablösung. Das kann nur durch Neuzuführung von deutschen Truppen aus dem Osten erreicht werden.
Es ist deshalb geboten, die deutschen Truppen der Heeresfront Erzherzog Josef1), etwa vom 15. November ab, in täglich sechs bis acht Zügen abzufahren.
2. Die Offensive in Venetien wird zunächst bis zum Piave fortgesetzt. Ein Wegziehen deutscher Truppen aus Venetien und die weitere Ablösung deutscher Truppen der Heeresgruppe Böhm-Ermolli3) wird dann in die Wege zu leiten sein. Dies müßte auch dann eintreten, wenn die Operationen in Italien einen anderen Verlaus nehmen, vorausgesetzt, daß die Entente nicht stärkere Kräfte dorthin fährt, als bisher angenommen ist (etwa acht bis zehn Divisionen).
5. Die deutsche Oberste Heeresleitung strebt im Frühjahr 1918 einen Waffenerfolg im Westen an. Hierbei werden möglichst starke deutsche Truppen verwendet. Die Teilnahme von k. u. f.3) Divisionen wird willkommen sein, Artillerie schon vorher jederzeit."
In Ergänzung dieser Auszeichnung ließ General Ludendorfs am 4.November in Badens darauf hinweisen, daß innerhalb des letzten halben Jahres acht österreichisch-ungarische Divisionen ohne Ersatz von der Ost-an die Südwestfront abgegeben und diese Lücken durch Streckung der Front des Oberbefehlshabers Ost und Einschub von zwei bis drei deutschen Divisionen wieder ausgefüllt worden seien.
Am gleichen Tage suchte General von Arz durch ein persönliches Handschreiben an Generalseldmarschall von Hindenburg die entstandene Verstimmung zu überbrücken. General von Cramon, der es weiterzuleiten hatte, schrieb dazu: „Wunderbarer-, aber zugleich auch erfreulicherweise ist sowohl General von Waldstätten wie General von Arz von der gestrigen Aussprache sehr befriedigt; man betrachtet sie als ein reinigendes Gewitter, das Klarheit geschaffen hätte . . Ein herzlich gehaltenes Antwortschreiben des Generalfeldmarschalls an General von Arz beendete den Zwischenfall.
Unterdessen war die 14. Armee angewiesen worden, wenn deutsche Truppen, die in den Raum der Heeresgruppe Boroevic oder der 10. Armee
2) Dort standen noch 6 deutsche Div.
2) Dort standen noch 16 deutsche Div.
3) = österr.-ung.
4) = österr.-ungar. Heeresleitung.
Die Frage der Offensive aus Tirol.
281
kämen, seitens der Südwestsront diesen unterstellt würden, dem ohne weiteres zu entsprechen. Das Gleiche gelte umgekehrt für österreichischungarische Verbände. Das Südwestfront-Kommando sei gebeten, die alte Unterstellung stets so bald als möglich wiederherzustellen.
Daß auch die Offensive aus Tirol, die der Obersten Heeresleitung so wichtig erschien, daß sie dafür am 1. November sechs von der Isonzo-Front zunächst nach dem Westen bestimmte schwere Batterien (Mörser und 15-cm-Kanonen) zur Verfügung stellte, bei der Besprechung am 3. November erörtert worden ist, darf als sicher angenommen werden; Aufzeichnungen darüber fehlen. Die deutsche Oberste Heeresleitung hatte aber auch in ihrer Eigenschaft als Oberste Kriegsleitung nicht die Macht, ihre Ansicht in dieser Frage durchzudrücken, die schließlich immer als eine innere Angelegenheit der österreichisch-ungarischen Kriegführung angesehen wurde. Nun hatten aber um die Oktober/November-Wende nicht nur General Ludendorsf und General von Below, sondern auch Feldmarschall von Conrad nochmals auf Durchführung der Offensive aus Tirol gedrängt. Dieser nahm an, daß der italienische Rückzug erst am Piave zum Stehen komme; dann werde der Stoß aus Tirol entscheidende Bedeutung haben; für ihn mühten möglichst starke Kräfte verfügbar gemacht werden.
Die österreichisch-ungarische Heeresleitung konnte sich indessen nicht entschließen, mehr als die bereits dorthin entsandten zwei Divisionen*) dafür abzugeben?). Dagegen hatte sie für geboten gehalten, den Schwerpunkt der Offensive über den Tagliamerkto nunmehr auf den Südslügel zu legen. Die Südwestfront hatte dazu bereits am 2. November Weisung erhalten, beim Vorrücken gegen den Piave den Südflügel, „der den kürzeren Weg hat", stark zu halten. „An dem möglichst rasch zu erreichenden Piave angelangt, wird anzustreben sein, durch kräftigen, raschen Stoß in nördlicher und nordwestlicher Richtung dem nördlichen feindlichen Armeeflügel größtmöglichen Abbruch zu tun." Die Verhältnisse zwangen aber vorläufig dazu, das Schwergewicht auf dem Nordflügel zu belassen. Da im übrigen der Feind am Tagliamento hielt, beschränkte sich Erzherzog Eugen auf folgende am 3. November ausgegebene Weisung an die Heeresgruppe Boroevic: „Für den Fall, daß der Übergang eigener Kräfte bei
*) 6.251, die beiden Divisionen konnten erst am 8. November ganz dort eingetroffen sein.
2) Der im öst. amtl. Werk, VI, 6.601 vermutete Grund, man habe die Armeen in Venetien nicht schwächen wollen, da mit Abzug der deutschen Kräfte zu rechnen war, erscheint nicht überzeugend, da man spätestens seit dem 31. Oktober wußte, daß die deutschen Divisionen mindestens bis zum Piave eingesetzt bleiben würden.
282
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Cornino und Pinzano zu einer Fortsetzung des feindlichen Rückzuges führt, vertraut Südwestfront-Kommando der Energie der vorne befindlichen Kommandanten und Truppen der Heeresgruppe, daß es bei weiterer Vorrückung gelingen wird, sich wenigstens auf gleicher Höhe mit der 14. Armee zu halten. Armee-Oberkommando Baden hat für genannten Fall befohlen, den südlichen Flügel der Front, der den kürzesten Weg zum Piave hat, stark zu halten."
b) 9er Übergang über den Tagliamento und die Verfolgung.
Maßnahmen der Führung.
3 itotnnt.» Für die Fortsetzung der Operationen hatte General von Be low bereits in einem Befehl vom 30. Oktober ausgesprochen, daß er die Armee jenseits des Tagliamento mit dem rechten Flügel, auf dem der Schwerpunkt liegen sollte, längs des Gebirges, mit dem linken entlang der Meduna nach Südwesten gegen die Linie Bittorio—Motta weiterführen wolle, von da ab in rein westlicher Richtung, linker Flügel auf S. Polo. Dabei sollte der rechte Flügel so weit ins Gebirge hineingreifen, daß das Vorgehen in der Ebene gegen Flankenfeuer gesichert war. Mit diesen Absichten deckte sich folgende am l. November früh bei ihm eingehende Weisung, die General Ludendorss am 31. Oktober, gleichzeitig mit der Mitteilung an General von Atz1), an das Armee-Oberkommando 14 gerichtet hatte: „Wir müssen im weiteren Verlauf der Operationen, je weiter wir über den Tagliamento vorkommen, mit dem Auftreten französischenglischer Verstärkungen rechnen. Der geschlossene Zusammenhalt der 14. Armee für ihr Vorwärtsgehen, wenn auch im Staffelverhältnis zu den Isonzo-Armeen, tritt in Vordergrund". Der Schwerpunkt liege auch weiterhin auf dem rechten Flügel. Er halte es für erforderlich, daß die 14. Armee mit Teilen dieses Flügels auf den Höhen am Nordrand der Tiefebene vorgehe. Insonderheit wäre, solange die 10. Armee zurück und Belluno nicht in ihrer Hand sei, aus die Inbesitznahme der Höhenblocks nördlich von Sacile Wert zu legen. Die Mitte der Armee wäre über Sacile—Conegliano vorzuführen, der auf Motta angesetzte linke Flügel wieder heranzuziehen, sobald er auf ernsthaften Widerstand stoße und die 2. Isonzo-Armee hinreichend heran sei.
Am 2.November unterstellte das Kommando der Südwestfront die Edelweiß- und die oft. 22. Schützen-Division dem Vorschlage des Ge-
i) S. 276f.
Weisung des Kommandos der Südwestfront.
283
nerals von Below entsprechend H der 10. Armee, die nach Vertreibung des Gegners südwestlich von Tolmezzo mit den Hauptkräften nach Westen aus Pieve di Cadore vorgehen sollte. Mt.Pramaggiore und MtCitta wurden als Nordgrenze der 14. Armee bestimmt. Ihren rechten Flügel wollte General von Below dementsprechend auf Longarone ansetzen, Edelweiß- und öst. 22. Schützen-Division sollten bei Tolmezzo Anschluß an die 10. Armee gewinnen. Am 3. November traf Erzherzog Eugen in Udine ein. Fm Hinblick auf die zu dieser Zeit bekannt gewordene Erzwingung des Taglia-mento-Übergangs beiCornino undPinzano schlug ihm General vonBelow die Etsch als zu erreichendes Ziel vor und regte von neuem eine starke Offensive aus Tirol an. Der Erzherzog begrüßte diese Vorschläge, wollte sich aber vorerst mit dem Piave als Ziel begnügen. General von Below bezeichnete ihm daraufhin als seine Absicht, möglichst bald über Belluno das westliche Piave-Ufer zu gewinnen und, aus diesem abwärts stoßend, die Piave-Front und zugleich auch die Ostflanke der Tiroler Front des Gegners zum Einsturz zu bringen.
Die Vorschläge wirkten sich — so scheint es — in einer Weisung des Kommandos der Südwestsront vom 4.November aus, die — ohne Kenntnis der am Tage vorher von der Obersten Heeresleitung mit General von Waldstätten verabredeten Ziele — nunmehr die Brenta als Mindestziel vorschrieb. Hierzu sollten die den Tagliamento überschreitenden Kräfte „unausgesetzt dem Feinde am Leibe bleiben und ihm ein Festsetzen am Piave unmöglich machen". Die Heeresgruppe Boroevic hatte, „sei es auch vorerst nur mit einigen Divisionen, raschestens vorzudringen", um den vor der 14. Armee weichenden Feind nach Westen abzudrängen. Diese sollte gegen die Brenta unaufhaltsam vorstoßen, um auch der an der Tiroler Front stehenden italienischen 4. Armee alle über Belluno, Feltre und Cismon führenden Rückzugswege zu verlegen; dabei wurde aber ihre Nordgrenze südwärts in die Linie Longarone—Belluno (beide Orte ausschließlich) verlegt. Die 10. Armee sollte über Pieve di Cadore nach Belluno, Feltre und Primolano vorgehen, um dann zusammen mit der Heeresgruppe Conrad den Südrand der Hochfläche der Sieben Gemeinden in Besitz zu nehmen. Feldmarschall Conrad werde dazu am 10. November beiderseits von Asiago mit fünf Divisionen aus Valstagna im Brenta-Tal zum Angriff schreiten, sein linker Flügel (XX. Korps) gegebenenfalls über Fiera di Primiero nach Süden.
Auf Grund dieses Heeresfront-Befehls unterrichtete General von Below am 5. November die Gruppe Krauß dahin, daß es „nun darauf an-kmnme, mit starkem rechten Flügel auch durch das Gebirge vorzudringen".
” T)6.271.
s. November.
4. November.
6. November.
S. November.
284 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Nach ergänzenden Besprechungen mit General von Arz, der an diesem Tage als Begleiter Kaiser Karls nach Üdine kam, sowie mit dem Kommando der Südwestsront gab er am 6. November, als seine vordersten Truppen sich im Gebirge bereits Tramonti, in der Ebene der Livenza näherten, folgenden Armeebefehl: „Es ist damit zu rechnen, daß der Feind seinen Rückzug noch östlich des Piave-Tales bis1) Belluno und beiderseits Vittorio zu decken versuchen wird. Die 14. Armee greift daher über die Linie Belluno— Dittorio—Conegliano—Tezze an und wirft denFeind hinter denPiavezurück. Diesen Frontalangriff hat die Gruppe Krauß dadurch zu unterstützen, daß sie mit starken Kräften noch vor der 10. Armee die Linie Longarone—Piave-Knie nordöstlich Belluno durchstößt und auf dem Westufer in Richtung Feltre einschwenkt." Hierzu dürfe „nach ausdrücklicher Genehmigung der Südwestsront" die von dieser festgesetzte Nordgrenze der Armee überschritten werden. Der Gruppe Krauß wurden die Orte Vittorio, Pede-robba und Bassano als Südgrenze ihres Vorgehens zugewiesen, während die Südgrenze der Armee über Tezze auf Camisano (östlich von Vicenza) verlausen sollte.
Unterdessen war die Abgabe der öst. 22. Schützen-Division unterblieben, da aus einem mitgehörten Funkspruch der Angriff einer italienischen Division von Tolmezzo nach Süden gegen den rechten Flügel der 14. Armee erwartet wurde. Die Armee war neu gegliedert worden?).
Durchführung des Flußüberganges und Vormarsch.
Zunächst galt es noch den Tagliamento zu überwinden.
Die erste Meldung vom gelungenen Übergang der ö.-u. 55. Infanterie-Division bei Cornino hatte General von Below am frühen Morgen des 3. November erhalten; eine Gebirgsbrigade stehe bereits westlich des Flusses. Damit schien wenigstens eine Übergangsstelle gewonnen. Bald daraus kam auch Nachricht, daß es der 12. Infanterie-Division gelungen sei, bei Pinzano Teile über den Fluh zu bringen. Da das Wetter sich langsam besserte, begannen die Wassermassen abzufließen. Man durste hoffen, den Übergang bald auch an anderen Stellen bewerkstelligen zu können. Zunächst aber fehlte es noch an Drückengerät, das durch das Gebirge immer noch nicht heran war. Im Laufe des Tages gelang es bei Cornino, später auch bei Pinzano, Übergänge für Fußtruppen zu schassen. Da der Gegner sich an beiden Stellen bald völlig zurückhielt, waren weiteres Übergehen und Brückenschlag gesichert. Bis zur Mitternacht zum
!) So im Urtext. 2) S. 287.
Überschreiten des Tagliamento durch 14. Armee.
4. November stand die Infanterie von etwa anderthalb Divisionen aber mit nur einer einzigen dem Gegner abgenommenen Gebirgsbatterie auf dem Westufer des Flusses. Aus erbeuteten Befehlen ergab sich, daß ein besonders gebildetes italienisches Korps zur Verteidigung der Tagliamento-Front gegenübergestanden hatte, und abends aus einem aufgefangenen Funkspruch, daß die im Flußbogen zwischen Villa Santina und Cornino stehenden Truppen bereits gegen Mittag Befehl zum Zurückgehen nach Westen erhalten hatten. Das Überschreiten des Flusses bei Cornino und Pinzano schien sich auszuwirken. Auch die Heeresgruppe Boroevic glaubte, bei Latisana nur noch schwachen Feind auf dem jenseitigen Ufer vor sich zu haben. Einstweilen war es aber noch nicht gelungen, dort an weiteren Stellen Fuß zu fassen. Der Vormarsch nach Westen konnte erst in Gang kommen, wenn Fahrbrücken über den Tagliamento fertig waren.
Inzwischen hatte der Gegner am 4. November begonnen, auch vor dem äußersten linken Flügel der Heeresgruppe Conrad zurückzugehen; das ö.-u. XX. Korps folgte ihm. Die ö.-u. 10. Armee hatte mit Teilen den Angriff auf die Höhen südlich von Ampezzo begonnen und östlich davon bei Preone das südliche Tagliamento-Üser erreicht. Diese Teile sollten den Vormarsch nach Westen zum oberen Piave-Tal fortsetzen, während die Gruppe Hordt sich nach Süden gegen das Becken von Tramonti wandte, um den vor der 14. Armee weichenden Italienern den Rückweg zu verlegen. Bei der 14. Armee war bei Cornino durch Einbrechen der Behelfsbrücke eine Verzögerung im Übergang eingetreten; bei Pinzano wurde bis 3° nachmittags trotz zahlreicher italienischer Fliegerangriffe eine Fahrbrücke fertig. Bis zum Abend des Tages hatten die ö.-u. 55. Infanterie-Division und vier Bataillone der Deutschen Jäger-Division bei Cornino, die 12. und schwache Teile der ö.-u. 50. Infanterie-Division bei Pinzano das Westufer erreicht, Sicherungen in das Gebirge vorgeschoben und, ohne stärkeren Widerstand zu finden, südlich davon bis Cavasso und Spilimbergo Raum nach Südwesten gewonnen. Bei Dignanv aber verhinderte der Gegner an diesem Tage noch alle Übergangsversuche. Dagegen gelang es der ö.-u. 24. Infanterie-Division der 2. Isonzo-Armee am Abend des Tages bei Codroipo den hier nur noch 1,3 Meter tiefen Fluß zu durch-furten und gegen geringen feindlichen Widerstand das Westuser zu erreichen.
Während der linke Flügel der 10. Armee am 5. November nach Westen und Süden weiter vorwärts drängte, stieß der rechte der 14. Armee (Teile der von Cornino anrückenden Deutschen Jäger-Division) im Gebirge bei Pielungo auf zwei italienische Divisionen, die von San Francesco nach Süden marschierten. Der beiderseits verlustreiche Kamps währte bis zur
i. November.
». November.
286 Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Nacht. Weiter südlich vollzogen sich die Bewegungen ohne nennenswerte Kämpfe. Das Hochwasser der Gebirgsslüsse war schon weitgehend abgeflossen. Am Südrand des Gebirges überschritten die ö.-u. 55. und der Ansang der ö.-u. 50. Infanterie-Division die Meduna, hinter ihnen kam die öst. 22. Schützen-Division heran. Die Anfänge der 12. Infanterie-Division erreichten bei S. Leonardo und südlich bereits das Westufer der Cellma. Die 117. Infanterie-Division begann den Tagliamento bei Dignano/Bonzicco zu überschreiten, wo die Wiederherstellung der Brücke im Gange war. Alle übrigen Teile der 14. Armee befanden sich noch östlich des Flusses. Bei der Heeresgruppe Boroevic konnte der Tagliamento an mehreren Stellen auf Stegen und Kähnen überwunden werden. Die Brücken von Codroipo und Latisana wurden wiederhergestellt. Die vordersten Teile der 2. Isonzv-Armee kamen bis Azzano Decimo, die der 1. Isonzo-Armee bis Portogruaro und südlich.
6.9v>e«mb«. Am 6. November erreichte die Gruppe Hordt der 10-Arm e e Tramonti, eine über San Francesco vorgehende Seitenkolonne kam den bei Pielungo gegen die Deutsche Jäger-Division der 14. Armee im Kampfe stehenden Italienern in den Rücken; 4000 Mann und weitere 3000 am folgenden Tage streckten hier die Waffen. Andere Teile, die versucht hatten, westwärts zu entkommen, sielen bei Tramonti der Gruppe Hordt und über Meduno anrückenden Teilen der öst. 22. Schützen-Division in die Hand. Die Ge-sangenenzahl stieg damit auf 10000. Hinter der Front war der Angriff gegen die vom Gegner immer noch gehaltenen Befestigungen auf dem Mt. Festa, die den Ausgang des Fella-Tales sperrten, durch die Feuereröffnung einiger schwerer Batterien der 200. Infanterie-Division eingeleitet. Der Gegner wartete die Durchführung aber nicht ab, sondern sprengte am Abend des 6. November das Werk. Unterdessen beendete bei Cornino die öst. 22. Schützen-Division als letzte der Gruppe Krauß den Tagliamento-Übergang. Die ö.-u. 50. und 55. Infanterie-Division überschritten am Fuß des Gebirges die Cellina. Ihnen weit voraus kam die 12. Infanterie-Division der Gruppe Stein bei Sacile an die Livenza. Links von ihr näherte sich die 117. Infanterie-Division der Gruppe Hof-acker ebenfalls dem Fluß, während ihn Teile der beiden Isonzo-Armeen bei Meduna und an der Eisenbahn von Portogruaro bereits erreichten. Das Westufer war vom Gegner besetzt, der hier bereit schien, Widerstand zu leisten. Nachdem inzwischen auch die Brücke bei Dignano/Bonzicco fertig geworden war,, befanden sich von der 14. Armee am Abend des Tages noch das Alpenkorps, Teile der 117. und die 26. Infanterie-Division sowie die Armeereserven (5. und 200., ö.-u. 1., 4. und 33. Infanterie-Division) östlich des Tagliamento.
Vormarsch nach Überschreiten des Lagliamento. Kämpfe im Gebirge. 287
Am 7. November*) erreichte der rechte Flügel der 10. Armee (ö.-u. 94. Infanterie-Division) nach Kamps am Mauria-Paß (1299 m) das oberste Piave-Tal bei Lorenzago. Die Grenzbefestigungen in diesem Raume waren vom Gegner gesprengt. Auf dem rechten Flügel derl 4. Arm e e war die Gruppe Krauß (durch deutsche Gebirgstruppen verstärkte oft. 22. Schützen-Division), deren rasches Vordringen auf Longarone und Belluno besonders wirkungsvoll werden konnte, am Gebirgspaß östlich von Claut (Forcella Clautana 1439 m) aus stärkeren Widerstand gestoßen. Die Deutsche Jäger-Division, durch den Kamps bei Pielungo aufgehalten, wurde am Südfuß des Gebirges nachgeführt. Vor ihr waren die ö.-u. 55. und 50. Infanterie-Division im Weitermarsch nach Südwesten. Diesen voraus aber überschritt die 12. Infanterie-Division der Gruppe Stein nach kurzem Kampf bereits die Livenza bei Sacile. Auch weiter unterhalb leistete der Gegner an diesem Flußlaus keinen nachhaltigen Widerstand, so daß die beiden Isonzo-Armeen an einigen Stellen ebenfalls das Westufer erreichten.
Nach den bis zum Abend des 7. November vorliegenden Nachrichten begann der Gegner im Grappa-Gebiet und am Piave zahlreiche Truppen, wenn auch stark durcheinandergemischt, auszubauen; nach Aussage von
') Gliederung der Front gegen Italien am 7. Nov.:
Hgr. Conrad (14Div.):
Mitte: ö.-u. ll.Armee, Gen. Ob. Graf Scheuchenstuel mit 11 Div.
Linker Flügel: XX. Korps mit N/, Div.
Südwestfront:
ö.-u. lO.Armee (3 Div.): ö.-u. 94. g. D.
©t. des Gen. d. Inf. von Hordt mit ö.-u. 59. und 29. Geb. Brig. und Edelw. D. 14.Armee (14Div.):
bis 7. Nov.
Er. Krauß: D. Jag. D., öst. 22. Sch.
©., ö.-u. 50. und 55. g. D.
Gr. Stein: 12. g. D., öst. 13. Sch. D.
und Alp. K.
Gr. Hofacker: 117. und 26. I. D. Armeeres.: 200. und 5. I. D.
Sr. Scott! mit ö.-u. 1., 4., 33. g. D.
ab 8. Nov.
Gr. Krauß: D. Jag. D., öst. 22. Sch. D. und ö.-u. 55. I. D.
Gr. Scott!: ö.-u. 50. I. D. und Alp. K.
(später auch ö.-u. 1. g. D.)
Gr. Stein: 12. I. D. und öst. 13. Sch. D.
(später auch 200. g. D.)
Gr. Hofacker: 117. und 26. I. D. Armeeres, (nach Abgabe der 200. und ö.-u. 1.3- D.): 5. g. D., ö.-u. 4. und 33. I.D. Hgr. Boroevic (18Div.): ö.-u. 2. Isonzo-Armee (6 Div.): am rechten Flügel ö.-u. H. Korps (28. und _ S7.I.D.)
ö.-u. 1. Isonzo-Armee: 8'/, Div.
Reserven der Südivestfront: 3V»Div.
s. November.
8. bis 10. November.
28& Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Landeseinwohnern waren bei Conegliano und Treviso englische und französische Truppen gesehen worden. Gegen sie hatte das Kommando der Südwestfront, einem Hinweis der Obersten Heeresleitung*) entsprechend, „rücksichtsloses Draufgehen" als nach den Erfahrungen des West-krieges wirkungsvollste Taktik empfohlen.
Am 8. November konnten durch das Boite-Tal anrückende Teile des ö.-u. XX. Korps und, Piave abwärts vordringend, die ö.-u. 94. Infanterie-Division der 10. Armee nach Kampf bei Pieve diCadore 6000 Gefangene einbringen und 21 Geschütze nehmen. Die zahlreichen dortigen italienischen Befestigungen waren gesprengt. Die jetzt aus drei Divisionen bestehendes Gruppe Krauß hatte General von Below durch einen Befehl vom 7. November zum Vorgehen durch das Gebirge nördlich der Linie Mt. Costa—Mt. Artent—Mt. Grappa angesetzt. Der Befehl erreichte sie aber nicht mehr rechtzeitig. Ihr rechter Flügel (öst. 22. Schützen-Divison) kam gegen feindlichen Widerstand in schwierigem Gebirgsgelände, dessen Gipfel bis 2000 Meter anstiegen, nur langsam vorwärts. Die ö.-u. 50. Infanterie-Division marschierte am Fuß des Gebirges weiter und erreichte Bittorio, die Deutsche Jäger-Division war hinter ihr noch zurück. Am 9. November kam die zur Hälfte aus deutschen Truppen bestehende Vorhut der 22. Schützen-Division nach Kamps im Gebirge und anschließendem flotten Abstieg bereits gegen Mittag in das Piave-Tal bei Longarone; überschritt den hoch angeschwollenen Fluß auf einem teilweise überfluteten Wehr und verlegte den von Norden talabwärts zurückströmenden Kolonnen der italienischen 4. Armee den Weg. Nachdem abends weitere Teile der Division herangekommen und auch von Norden nachdrängende Teile der ö.-u. 94. Infanterie-Division der 10. Armee in den Kamps eingegriffen hatten, ergaben sich in den frühen Morgenstunden des 10. November 10000 Italiener mit 17 Geschützen. Talabwärts erreichte die öst. 22. Schützen-Division am Abend dieses Tages Belluno. Die ö.-u. 55. In-fanterie-Division, die sich am 9. November, auf dem Weg in den ihr zugewiesenen Vormarschraum, von Bittorio nach Norden gewandt hatte und bei Fadalto durch Widerstand aufgehalten worden war, gelangte von Osten her ebenfalls bis in die Gegend von Belluno. Weiter nördlich aber stauten sich im Piave-Tal Teile des ö.-u. XX. Korps der Heeresgruppe Conrad
1) Am 4. Nov. hatte Gen. Ludendorff an Gen. von Arz mitteilen lassen, daß Franzosen wie Engländer „einem gut vorbereiteten, energisch durchgeführten Angriff im Be wegungskrieg" nicht standhalten. „Dementsprechend halte ich nach den Erfahrungen Westkriegsschauplahes für die beste Taktik, unseren verbündeten Armeen ein rücksichtsloses Draufgehen zu empfehlen."
2) S. 287 Anm. 1.
Vorschlag des Generals Ludendorff für die weiteren Operationen.
289
und die Truppen der ö.-u. 10. Armee. Die Deutsche Jäger-Division erreichte Dittorio.
Unterdessen hatten in der Ebene die Gruppen Scotti, Stein und Hofacker, sowie die 2. und 1. Isonzo-Armee unter Kämpfen gegen feindliche Nachhuten aus der ganzen Front vom Gebirge bis zum Meer den Piave erreicht. Der Feind hielt das Westuser, wo er nach Einwohneraussagen Stellungen ausgebaut hatte. Alle Versuche, eine der Brücken über den breiten, Hochwasser führenden Strom unzerstört in die Hand zu bekommen, scheiterten am Widerstand des Gegners; seine Artillerie zeigte sich wesentlich tätiger als bisher.
General von Below verlegte sein Hauptquartier am 10.November nach Dittorio. Von seinen rückwärtigen Truppen überschritt die ö.-u. 1. Infanterie-Division an diesem Tage erst den Tagliamento, die ö.-u. 4. und 33. Infanterie-Division strebten den Brücken zu, die 5. Infanterie-Division befand sich noch im Ordnungs- und Sicherheitsdienst in Üdine.
c) Sie Kämpfe zwischen Brenta und Piave. Beginn des Stellungskrieges.
Maßnahmen der Führung, Angriff bei der Heeresgruppe
Conrad.
Am 6. November hatte General Ludendorff der österreichischungarischen Heeresleitung für die weiteren Operationen folgenden Vorschlag gemacht:
Ob sich die Italiener „hinter dem Piave, der Brenta oder der Etsch wieder zum Kampf stellen werden, ist noch nicht zu übersehen. Der weitere Vormarsch der verbündeten Armeen bis zur erwünschten kürzesten Front in der allgemeinen Linie Rovereto—Venedig ist in erster Linie abhängig von den Eisenbahnen und der Bewegungsfähigkeit unserer Truppen, er muß nunmehr aber in Betracht gezogen werden". Dazu hätten vorzugehen: Heeresgruppe Conrad und die ö.-u. 10. Armee westlich der Brenta, linker Flügel bis südlich von Bassano; 14. Armee nach Überschreiten des Piave im Raume von Feltre bis östlich des Montello, linker Flügel über Campo S. Piero; Heeresgruppe Boroevic mit starkem rechten Flügel gegen die Linie Campo S. Piero—Venedig. „Hält der Gegner am Piave stand, so wird ein etwa gleichzeitiges Überschreiten der Linie Asiago—Montello— Piave durch die verbündeten Armeen und ein Vorgehen in ihren Marschstreifen sie in die Lage versehen, die Italiener vernichtend zu schlagen und auf das Adriatische Meer zu werfen. Sollte der Gegner den Piave über-
9B«ltftleg. XIII. »b. in
Dis
.November.
290
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
11.stowmb«. Haupt nicht oder nur mit schwächeren Kräften halten, so kann der Vormarsch in die Ebene gegen die Linie Bassano—Venedig in ununterbrochenem Fluß gehalten werden."
General von Arz hatte gegen diese Pläne keine Einwendung. Über die nächste Frage, wie der Piave zu überwinden sei, berichtete ihm das Kommando der Südwestfront: 14. Armee und Heeresgruppe Vo-roevic würden versuchen, den Übergang „in kurzem Verfahren" zu öffnen. Bleibe der Erfolg, auf den „nicht mit Sicherheit, kaum mit Wahrscheinlichkeit" zu rechnen sei, aus, so käme eine Operation „aus zwei Fronten" in Frage, nämlich einerseits „systematische Fluhforcierung", die am leichtesten über den „geschlossenen Fluhlauf" vor der 1. Isonzo-Armee sein würde, andererseits Angriff aus der Linie Arsiero—Feltre nach Süden. Dazu sollten Teile der Heeresgruppe Conrad westlich der Brenta vorgehen, östlich dieses Flusses die bisher dort schon in vorderer Linie stehenden Truppen der 14. Armee; hinter diesen sei die 10. Armee am besten zunächst anzuhalten. Die österreichisch-ungarische Heeresleitung stimmte im wesentlichen zu: Der Zustand des italienischeil Heeres erfordere allseits energisches Anfassen, und zwar so früh als möglich. Die Heeresgruppe Conrad werde am 12. November (bisher war der 10. in Aussicht genommen gewesen) angreifen; „möglichst gleichzeitiger kräftiger Druck im Raume zwischen Brenta und Piave erscheint erwünscht". Mit dem Zurückhalten der 10. Armee war sie nicht ganz einverstanden. Das Ergebnis des Gedankenaustausches war ein Befehl des Erzherzogs Eugen vom 11.November, der das Ziel setzte, „wenigstens den Brenta-Abschnitt zu gewinnen", sofern nicht doch ein überraschender Piave-Übergang gelänge; in diesem Falle sollte das Ziel also noch weiter gesteckt werden. Die Heeresgruppe Boroevic und die 14. Armee sollten den planmäßigen Angriff über den Fluß von der Mündung bis in die Gegend südlich von Feltre führen. Die Gruppe Krauß, die der 14. Armee unterstellt blieb und durch die vorübergehend an die 10. Armee abgegebene Edelweiß-Division wieder verstärkt werden sollte, hatte zwischen Brenta und Piave anzugreifen. Hinter ihr wurden die übrigen Teile der 10. Armee und das XX. Korps der Heeresgruppe Conrad bei Longarone und oberhalb zunächst angehalten.
12.November. Wesentlich weitere Ziele hatte inzwischen die Oberste Kriegs-leitung ins Auge gefaßt. Sie war — wie sie am 12.November nach Baden mitteilte — „der Auffassung, daß bei dem jetzigen Durcheinander in Rußlands und der durch unsere Erfolge überaus gespannten Gesamt-läge der Entente neue Schläge in Italien sehr erwünscht sind und daß jeder weitere dortige Erfolg die Entente zu immer stärkeren Entsendungen von
!) S. 331 u. 342.
Erweiterte Ziele der Obersten Kriegsleitung.
291
Hilfstruppen und damit zur Schwächung ihrer Westfront zwingt oder aber Italien zum Einleiten eines Waffenstillstandes veranlaßt". In dieser Beziehung gewinne die Wetterführung der Operationen „jetzt auch vom Standpunkt der Obersten Kriegsleitung" ganz besonders an Bedeutung.
Es sei nun sehr wahrscheinlich, daß der Gegner, dem scharfen Druck der 10. und 14. Armee nachgebend, hinter den befestigten Bacchiglione oder die Etsch zurückgehen werde, und bei der günstigen operativen Lage scheine es durchaus geboten, zunächst diese als Ziel anzustreben. Damit ergebe sich im weiteren Verlauf die Möglichkeit einer Bedrohung der italienischen Nordslanke östlich des Garda-Sees auf Verona oder besser noch westlich des Sees auf Brescia. Dazu bot die Oberste Kriegsleitung eine gebirgs-erfahrene deutsche Division (195. Infanterie-Division) an, die unter dem Generalkommando des Karpaten-Korps zusammen mit der Deutschen Jäger-Division oder dem Alpenkorps, vielleicht auch weiteren österreichischungarischen Gebirgstruppen, am rechten Flügel der Heeresgruppe Conrad anzusetzen wäre. Mitbestimmend bei diesem Angebot war allerdings, daß die Oberste Kriegsleitung, angesichts der in Oberitalien erwarteten starken englisch-französischen Streitkräste, es als „zwingende Notwendigkeit" ansah, „die rückwärtigen Linien über Tirol durch deutsche Truppen fest in der Hand zu haben“1). Dagegen kam die Entsendung noch weiterer deutscher Truppen für eine Offensive der Heeresgruppe Conrad schon deswegen nicht in Frage, weil weitere für den Gebirgskrieg geeignete Verbände nicht vorhanden waren.
Inzwischen waren Versuche der Heeresgruppe Conrad, den Gegner, der bei Asiago am 9. November einige vorgeschobene Stellungen geräumt hatte, noch weiter zurückzudrängen, in den beiden folgenden Tagen gescheitert. Der planmäßig für den 12. November angesetzte Angriff von fünf Divisionen mit insgesamt 361 Geschützen mußte unter veränderten Verhältnissen stattfinden und brachte an diesem wie am folgenden Tage keinerlei nennenswertes Ergebnis. Diese Hergänge mögen dazu beigetragen haben, daß General von Arz die Verwendung der Truppen etwas anders wünschte als die Oberste Kriegsleitung. Er antwortete am 14. November in der Form entgegenkommend, dem Sinne nach aus- u. sneoemb«
weichend. Den Einsatz eines weiteren deutschen Generalkommandos schien er nicht zu wünschen, das Angebot einer deutschen Division nahm er sofort an. Deutscherseits wurde daraufhin veranlaßt, daß die 195. Infanterie-Division, am Abend des 15. November beginnend, mit täglich sechs Fügen nach Trient abrollte. Für die weiteren Operationen wollte General von Arz zunächst alle verfügbaren Kräfte zwischen Brenta und Piave ein-
*) Ferngespräch des Maj. Wetzcll mit Maj. von Williscn am 16. Nov. (S. 297).
19*
292
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
12. und 13. November.
setzen. Das Kommando der Südwestfront erhielt Weisung, die vperations-fähigen Teile der 10. Armee schon jetzt dorthin vorzuführen und außerdem drei Divisionen aus der venetianischen Ebene in das Becken von Belluno— Feltre zu verschieben. Sie sollten den dort angesetzten Kräften folgen oder, falls der Feind hinter den Bacchiglione oder die Etsch zurückgehe, am rechten Flügel der Heeresgruppe Conrad östlich des Garda-Sees nach Süden vorstoßen. Das Kommando der Südwestfront, das am 14. November nach Ädine übergesiedelt war, bestimmte die 94. Infanterie-Division zur Verstärkung der Gruppe Krauß; im übrigen waren die ö.-u. 4. und 33. Infanterie-Division der 14. Armee sowie die 35. Infanterie-Division der Heeresgruppe Boroevic nach Belluno und Feltre in Marsch zu sehen.
Die Kämpfe im Gebiet des Mt.Grappa und am Piave.
General von Be low hatte der Gruppe Krauß am 12. November die Aufgabe gestellt, mit vier Divisionen im Angriff von Norden aus der Linie Fonzaso—Feltre das Grappa-Massiv zu nehmen; schwere Artillerie sollte noch zugewiesen werden. General von Stein wurde mit der Leitung des gewaltsamen Piave-Äberganges bei Vidor und Wegnahme des Montello beauftragt, die Gruppe Scotti ihm dazu unterstellt. Die Gruppe Hofacker hatte gleichzeitig den Übergang an der Furt von Nervesa zu erzwingen. Während die Wegnahme des Grappa-Massivs mit möglichster Beschleunigung durchgeführt werden sollte, wollte General von Below für die Erzwingung des Piave-Äberganges den Zeitpunkt noch bestimmen.
Bei der Heeresgruppe Boroevic sollte der linke Flügel der 2. Isonzo-Armee den Fluß bei S. Bartolomeo in der Richtung aus Treviso, die 1. Isonzo-Armee ihn bei Jenson und unterhalb überschreiten.
Eine ernste Schwierigkeit für die Durchführung der gestellten Aufgaben bedeutete es, daß der Nachschub mit dem raschen Vordringen nach Westen nicht Schritt halten konnte. Dom Bahn-Endpunkt der 14. Armee, immer noch St. Luzia im Isonzo-Tale, zur Front waren bereits Wege von 150 und mehr Kilometern zurückzulegen. Besserung konnte erst erhofft werden, wenn die Bahn durch das Fella-Tal wieder in Betrieb war, deren Zerstörungen sich als verhältnismäßig gering herausgestellt hatten. Schlimmer noch als bei den deutschen Divisionen lagen diese Verhältnisse bei den österreichisch-ungarischen Verbänden, vor allem bei denen der beiden Fsonzo-Armeen, denen es an den nötigen Gespannen selbst für den Munitionsnachschub fehlte, da diese an die österreichisch-ungarischen Truppen der 14. Armee abgegeben worden waren, während für Lastkraftwagen die bisher großenteils nur leicht gebauten Tagliamento-Brücken nicht ausreichten. Es kam hinzu, daß westlich des Tagliamento
Vorbereitung des Angriffs auf das Grappa-Massiv.
293
die Wiederherstellung der zahlreichen zerstörten Brücken nur langsam fortschritt, daß sich die Straßen, aus denen soeben das italienische Heer zurückmarschiert war, in überaus schlechtem Zustand befanden und jetzt unter dem Verkehr eisenbereister Lastkraftwagen in bedenklicher Weise litten. Der General der Artillerie der 14. Armee, Generalmajor von Berendt, meldete am 13. November, daß die Munitionsausstattung bei der Gruppe Krauß zunächst nur ein „Vorwärtsdrücken", nicht aber einen großen Angriff gestatte; bei ihren österreichisch-ungarischen Divisionen waren einstweilen nur 20 bis 50 Schuß für jedes Geschütz, etwa 50 für jedes Gewehr vorhanden. Bei den Truppen in der Ebene war die Munitions-läge etwas besser, aber auch hier war wie überall Brücken- und Nachrichtengerät weit zurück. And doch hatten beide Isonzo-Armeen, um die Truppen vorderer Linie nur einigermaßen mit Gespannen ausstatten zu können, bereits ein volles Drittel ihrer Kräfte östlich des Tagliamento zurückgelassen.
Das Grappa-Massiv, das der Gruppe Krauß als Angriffsziel gewiesen war, erhebt sich, in der Ost-West- wie in der Nord-Süd-Richtung etwa 17 Kilometer messend, zwischen den schluchtartig, tief und eng eingeschnittenen Felsentälern von Brenta, Cismon und Piave. Es erreicht im Mt. Grappa 1779 Meter Höhe und fällt von da steil nach Süden zu der nur etwa 100 Meter über dem Meere liegenden Ebene ab. Die nördlichen Gipfel sind einige hundert Meter niedriger als der Mt. Grappa. Das Ganze ist ein teilweise wild zerklüfteter Gebirgsstock mit schwachem Waldbestand an den Hängen. Nur eine einzige brauchbare, von den Italienern erst im Kriege erbaute Straße führte aus der Ebene von Bassano auf den Mt. Grappa.
Zunächst galt es, die zum Angriff bestimmten Truppen im Raume nördlich des Grappa-Massivs bereitzustellen. Der Anmarsch dorthin war nur über Belluno und weiter nur auf einer einzigen durchlaufenden Straße auf dem westlichen Piave-Afer möglich, erforderte also erhebliche Zeit. General Krauß rechnete nicht mit ernstlichem Widerstand der Italiener im Grappa-Gebiet, mußte sich aber am 15. November bei seinem Eintreffen in Feltre doch davon überzeugen, daß er keinen weichenden Feind mehr vor sich habe. An den bereits 1916 angelegten Stellungen wurde nach Einwohner-Aussagen seit mehreren Tagen eifrig gearbeitet. Drei italienische Divisionen sollten am 12. November aus der Ebene nach dem Mt. Grappa aufgestiegen sein. Truppenmeldungen bestätigten die Besetzung der aus der Linie Fonzaso—Feltre 1000 und mehr Meter nach Süden ansteigenden mächtigen Höhenzüge und Gipfel. Nun war General Krauß auf Grund seiner Kriegsersahrungen der Auffassung, daß im
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Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
1Z. November.
Gebirgskriege der Talstoß grundsätzlich den Vorzug gegenüber dem Angriff über die Höhen verdiene. Er wollte daher keine starken Kräfte in das Innere des Grappa-Massivs führen; denn sie würden bei den schwierigen Wegverhältnissen artilleristisch nicht ausreichend zu unterstützen, mit Munition und Verpflegung schwer zu versorgen sein und könnten schon durch schwachen Gegner aufgehalten werden. Hauptsache sei, die Verbindungen durch das Cismon/Brenta- und durch das Piave-Tal in die Ebene zu öffnen; das aber sei nur durch Überraschung in den Tälern möglich. Dieser Auffassung entsprechend setzte er für den 14. November den Angriff in zwei Gruppen an: Edelweiß- und öst. 22. Schützen-Division sollten als Gruppe Wieden mit den Hauptkräften im Cismon- und Brenta-Tale auf Bassano durchstoßen, nur ein Regiment diesen Stoß in der Ostflanke auf dem von Arten über Mt. Roncone (1164 m), Mt. Cismon (1369 m) und Mt. Pertica (1559 m) zum Mt. Grappa (1779 m) ziehenden Höhenrücken begleiten. Die andere Gruppe, ö.-u. 55. Infanterie-Division und Deutsche Jäger-Division, von denen letztere aber erst Sedico erreichte, unter dem Kommandeur der ersteren, Generalmajor Prinzen zu Schwarzenberg, zusammengefaßt, hatte im Piave-Tal und „an den Hängen hart westlich davon" aus Pederobba durchzustoßen, „schwache Kräfte" auch über den vom Mt. Grappa nach Osten über den Mt. Tomba (868 m) nach Pederobba streichenden Höhenzug. Sollte sich herausstellen, daß die feindlichen Stellungen so stark ausgebaut und beseht seien, daß der Angriff mit der zunächst noch sehr geringen Artillerie und knapper Munition nicht ausführbar sei, so wollte General Krauß den Zeitpunkt für den Angriff neu festsetzen.
Unterdessen hatte seit dem 11. November anhaltender Landregen eingesetzt. Auf den Bergen fiel Schnee.
Als der Angriffsbefehl bei der Gruppe Wieden am späten Abend des
13. November einging, waren die Anordnungen für den 14. bereits getroffen. Die in das Gebirge angesetzten Kräfte waren reichlich doppelt so stark, wie General Krauß es gewollt hatte, und sollten zur Hälfte auch noch weiter östlich, als dieser befohlen hatte, über den Mt. Peurna vorgehen. Generalmajor von Wieden beließ es bei diesen Anordnungen, denn vom Stoß im engen, schluchtartigen Tal ohne gleichzeitige Inbesitznahme der Höhen versprach er sich keinen Erfolg. In einem abendlichen Ferngespräch mit General Krauß schlug er daher Angriff seiner ganzen Gruppe aus dem vom Mt. Roncone zum Mt. Grappa führenden Höhen-zuge vor, stieß aber auf Ablehnung.
14. November. Das Vorgehen kam am 14. November im Cismon-Tale an der Einmündung in das Brenta-Tal, vor dem Orte Cismon, zum Stehen; es
Angriff der Gruppe Krauß.
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hatte den fast 15 Kilometer langen Engpaß des Brenta-Tales noch vor sich. Im Gebirge, wo inzwischen vereiste Wege und Felsen das Vorwärtskommen erschwerten, wurde abends der Mt. Peurna (1381 m) genommen, im übrigen war der Angriff hier nur bis an die vordersten italienischen Stellungen herangekommen. Fm Piave-Tal erreichte die ö.-u. 55. Infanterie-Division den Bahnhof S. Maria und die Höhen westlich davon, während der Mt. Tomatico (1594 m) noch in Feindeshand geblieben war. Die engste Stelle des Tales war noch zu durchschreiten. Die Deutsche Jäger-Division erreichte Feltre.
General Krauß war über die geringen Erfolge enttäuscht. Da er sie auf unzureichende Angriffsenergie und ungeeignete Maßnahmen zurückführte, befahl er, den Angriff am 15. November in der von ihm angeordneten Form fortzusetzen. Falls er im Brenta-Tale auch an diesem Tage keine Fortschritte machte, wollte er ihn dort einstellen und den Druck nur noch aus den Oftflügel legen, um im Piave-Tal über Quero und den Mt.Tomba durchzustoßen. Beim Armee-Oberkommando 14, das von den Hergängen und Maßnahmen alsbald Kenntnis erhielt, war man zwar nicht ganz einverstanden, doch widerstrebte es General von Below, einem bewährten General für Einzelheiten der Gefechtsführung bindende Vorschriften zu machen.
Am 15. November wurden im Brenta- wie im Piave-Tal keine Fortschritte erzielt, wohl aber trotz des geringen Kräfteeinsatzes in den Bergen. Die Gruppe Wieden kam auf dem das Cismon- und Brenta-Tal östlich begleitenden Höhenkamm über den Mt. Cismon hinaus bis etwa auf Höhe des gleichnamigen Ortes, noch weiter östlich vom Mt. Peurna her bis vor den Mt. Fontana Secca (1608 m). Bei der Gruppe Schwarzenberg wurden der Mt. Tomatico und Mt. Santo (1532 m) genommen. Inzwischen waren bei allen Divisionen auch stärkere Teile ihrer Artillerie herangekommen. Der Angriff kam am 16. November im Brenta-Tal etwa einen Kilometer südlich über Cismon hinaus, in den Bergen bis vor den Mt. Pertica; vor dem Mt. Fontana Secca lag er fest. Im Piave-Tal verging der größte Teil des Tages mit dem Aufbau der in der Nacht herangekommenen Artillerie. Nachmittags befahl General Krauß, bei Einbruch der Dämmerung Quero zu nehmen, durch das dann die Deutsche Jäger-Division vorgehen und im Morgengrauen überraschend den Mt. Tomba nehmen sollte. Gegen hartnäckigen feindlichen Widerstand, bei dem 2400 Gefangene gemacht wurden, gelang es erst bis zum Morgen des 17. November im Gebirge Nocat Cisa und Mt. Cornelia, im Tale Quero zu nehmen. Damit mußte der Angriff der Deutschen Jäger-Division auf den Mt. Tomba bis zum frühen Morgen des 18. November verschoben
15. bis 18. November.
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Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
14. bis 16. November.
werden, denn die Bereitstellung dazu in dem vom Gegner völlig eingesehenen und artilleristisch beherrschten Becken von Alano war nur bei Dunkelheit möglich. Die Aussicht, den Gegner zu überraschen, war damit gemindert. Gegen den Mt. Tomba waren rechts neben der Jäger-Division Teile der ö.-u. 55. Infanterie-Division angesetzt, weitere Kräfte folgten als Reserven. Unter Verlusten durch Flankenfeuer aus der Gegend des Mt. Pallone und der Höhen nördlich davon wurde der mehr als 600 Meter steil ansteigende Nordhang des Mt. Tomba erklommen, am Kamme aber blieb der Angriff vor der ungeschwächten Abwehrkraft des Verteidigers im feindlichen Flanken- und Rückenfeuer liegen. Mittel, um ihn wieder in Gang zu bringen, vor allem Munition, fehlten; ein Stillstand war unvermeidlich.
Unterdessen war in der Ebene versucht worden, den Übergang über den Piave zu erzwingen. Die Vorbereitungen der Gruppe Hofacker bei Nervesa waren wegen Munitionsmangel eingestellt worden. Bei der Gruppe Stein sollten Übergang und Brückenschlag durch die 12. Infanterie-Division unmittelbar am Fuß des Gebirges bei S. Vito und außerdem etwas unterhalb von Pederobba stattfinden, während die öst. 13. Schützen-Division bei Falz« zu demonstrieren und, wenn möglich, einen Übergang mit Behelfsmaterial herzustellen hatte. Am Mittag des 14. November erteilte General von Below, um den Angriff der Gruppe Krauß wenigstens mittelbar zu unterstützen, den Befehl, diese Unternehmungen bereits am Abend des 15. November durchzuführen. Sie scheiterten aber an allen drei Stellen bereits in den ersten Anfängen unter erheblichen Verlusten im feindlichen Abwehrfeuer, teilweise aber auch infolge unzureichender Vorbereitungszeit. Weitere Versuche mußten angesichts der Munitionslage unterbleiben. Nur ein groß angelegter Angriff mit reichlichem Einsah von Geschützen und Geschossen konnte nach Ansicht des Armee-Oberkommandos noch zum Ziele führen.
Günstiger hatten sich zunächst die Übergangsunternehmen bei der Heeresgruppe Boroevic angelassen, wo die 2. Isonzo-Armee schon früh die Piave-Insel südlich von Tezze, die 1. Isonzo-Armee einen größeren Brückenkopf unterhalb von S. Dona gewonnen hatte. In der Nacht zum 16. November war es auch bei S. Bartolomeo geglückt, überzugehen. Der Enderfolg aber blieb infolge kräftiger feindlicher Gegenwehr überall aus: Bei Tezze gelang es nicht, den besonders tiefen und reißenden letzten Stromarm zu überwinden, bei S. Bartolomeo wurden die übergegangenen Teile durch übermächtigen italienischen Gegenangriff aufgerieben, bei S. Dona öffnete der Gegner die Dämme des hier kanalisierten Stromes und setzte damit die vorliegende Sumpsniederung unter Wasser.
Eintreffen französisch-englischer Divisionen.
297
Inzwischen lagen Nachrichten vor, nach denen französisch-englische Verstärkungen, darunter beste französische Angriffs-Divisionen, hinter der Piave-Front in Bassano, Vicenza und Mestre ausgeladen würden. Beim Armee-Oberkommando 14 nahm man an1), daß die Italiener diesen Aufmarsch am Piave decken wollten. Man sah das große Ziel der Operationen jetzt nicht mehr „nur im Erreichen der Brenta-Linie, sondern im Durchstoßen der italienischen Sicherungslinien und Hineinstoßen in den Aufmarsch der Entente". Man rechnete damit, daß bereits etwa sechs französisch-englische Divisionen eingetroffen seien, und machte sich daher auf ernstliche Gegenangriffe nach Überschreiten des Flusses gefaßt, lim so wichtiger war, daß der Angriff der Gruppe Krauß alsbald durchdrang und daß der Munitionsnachschub in Fluß kam. General von Below hatte daher die nächste Aufgabe der Gruppe Stein in artilleristischer Unterstützung der Gruppe Krauß gegen den Mt. Tomba gesehen und General von Berendt mit der Leitung des einheitlichen Einsatzes hierzu beauftragt, der sich aber beim Angriff in der Frühe des 18. Novembers noch kaum hatte auswirken können. Die Munitionsversorgung der Gruppe Krauß sollte künftig über Trient auf der Bahn durch das Suganer (oberes Brenta-) Tal stattfinden.
Unterdessen hatte General von Below auch Einzelheiten des ausschließlich aus Talangriffe zugeschnittenen Kräfteeinsatzes der Gruppe Krauß im Grappa-Gebiet erfahren. Er befahl daher am 19. November, nunmehr vor allem die durch ihre flankierende Wirkung so lästigen vorspringenden Höhenstellungen am Col dell'Orso (1677 m) und Mt. Spi-nuccia (1501 m) wegzunehmen. Dazu wurde der rechte Armeeflügel derart neu gegliedert?), daß General Krauß mit vier Divisionen westlich der Linie Mt. Cornelia—Possagno, also gegen das Grappa-Gebiet selbst, die seit dem 7. November links daneben eingeschobene Gruppe Scotti am Mt. Tomba und im Piave-Tal weiter anzugreifen hatte. Als Zeitpunkt wurde zunächst der 23. November bestimmt, er ließ sich aber wegen Verzögerung in derMunitionszusuhr nicht innehalten,'dennderVerpflegungsnachschub beanspruchte, nachdem die Vorräte des Landes im wesentlichen aufgezehrt waren, bereits einen großen Teil der ohnehin schon stark überanstrengten Kolonnen. Am 21. November wurde der Angriff auf den 26. November verschoben.
Vorher gelang es, in Einzelkämpfen allmählich noch etwas Gelände zu gewinnen. So drangen österreichisch-ungarische Truppen im Brenta-
') Ferngespräch des Maj. von Willisen mit Maj. Wehell am 16. Nov.
2) Gliederung des rechten Flügels der I4.Armee ab 19. Nov.:
Gr. Krautz: Edelw. D., oft. 22. Sch. D., ö.-u. 55. und 94. F. D.
Scotti: D. Jag. D., Alp. K., ö.-u. 1. und 50. F. D.
Dis i. November.
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Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
23.9tM.m6«. Tale bis über S. Marino vor und nahmen im Gebirge den Mt. Pertica sowie, unterstützt von deutschen Truppen, den heiß umstrittenen Mt. Fontana Secca; auch die Deutsche Jäger-Division konnte ihre Stellungen am Mt. Tomba um einiges verbessern. Entscheidendes war damit aber trotz aller Hingabe der Truppen nicht erreicht. Der heraufziehende Winter machte sich mehr und mehr geltend.
Unterdessen hatte Feldmarschall von Conrad am 16. November nochmals angeregt, ihm Verstärkungen aus der Heeresgruppe Boroevic zu überweisen; er schlug vor, statt des Angriffs über den Piave mit starken Kräften beiderseits der Brenta anzugreifen. Die österreichisch-ungarische Heeresleitung sah aber die Lösung in dem bereits befohlenen Angriff zwischen Mt. Grappa und Piave und wollte Verstärkung nach Südtirol erst nach Erzwingung des Piave-Überganges geben. Am 22. und 23. November wiederholte die ö.-u. 11. Armee bei Asiago nochmals den Versuchs, durch Wegnahme des Mt. Meletta (1827 m) in der Richtung auf Valstagna Raum zu gewinnen. Trotz hoher Blutopfer — die Gefechtsverluste der Heeresgruppe betrugen seit dem ersten Angriff am IO. November mehr als 8000 Ntann2) — blieb der Erfolg aus.
d) Die Einstellung der Offensive.
Die Entschlüsse der Führung.
Die geringen Erfolge im Grappa-Gebiet hatten beim Armee-Oberkommando 14 bereits am 19. November zu Erwägungen darüber geführt3), was geschehen solle, „wenn die Bewegungen in ein langsames, schrittweises Vorwärtskommen auslaufen, das schließlich im Stellungskriege versanden wird". Auf baldige durchschlagende Erfolge der Heeresgruppe Conrad westlich der Brenta schien ebensowenig Aussicht wie aus solche der Heeresgruppe Boroevic am unteren Piave. Die jetzt gewonnene Front bildete, wenn der Südrand des Grappa-Gebirges erreicht war, eine operativ wie taktisch brauchbare Abschluhlinie. Brenta oder Etsch waren ohne ernsten Kampf gegen die inzwischen eingetrosfenen französisch-englischen Truppen nicht zu erreichen und gewährten für spätere Abwehr kaum günstigere Bedingungen als der Piave. Es war also zu entscheiden, ob man in den demnächst zu erreichenden Linien zur Abwehr übergehen oder die Offensive mit weitgesteckten Zielen wieder aufnehmen solle; letzteres bedingte große Vorbereitungen und damit eine Operationspause
i) Vgl. S. 291.
-) Ost. amtl. Werk VI, S. 672.
8) Tgb.-Aufzeichnung des Gen. von Krafft vom 19. Nov. 1917.
Erwägungen der Führung.
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bis zum nächsten Frühjahr. Über diese Gedanken unterrichtete General von Krafft am 20. November den Generalstabsches der Südwestfront, der sie vermutlich an die österreichisch-ungarische Heeresleitung weitergab.
Tags daraus, am 21. November, drahtete General von Arz an die Oberste Kriegsleitung, wenn der zwischen Brenta und Piave beabsichtigte Angriff nicht zum Erfolge führe, so sei er für „Festhalten unserer jetzigen Stellungen und deren technischen Ausbau"; im übrigen halte er dafür, daß vom italienischen Kriegsschauplatz einstweilen keine Truppen wegzuziehen wären, da man über die von den Westmächten dorthin entsandten Kräfte noch nicht klar sehe. Die Oberste Kriegsleitung stimmte zu. Auch sie wollte, obgleich gerade eben durch den englischen Tankangrifs bei Cambrai (20. November) an der Westfront ein ernster Rückschlag eingetreten war, vorläufig keine Kräfte aus Italien abziehen; wenn es aber dort zum Stellungskriege komme, würde „die beste Entlastung dieser Front durch Verstärkung der Westfront und dortige Offensive" erreicht werden.
Noch aber hatten sowohl Erzherzog Eugen und die ihm unterstellten Armeen wie auch Feldmarschall von Conrad den Gedanken an Fortsetzung der Offensive nicht aufgegeben. Nach einer Besprechung mit den Generalstabschess der beiden Isonzo-Armeen gab das Kommando der Südwestfront am 23. November eine Weisung für die Fortsetzung der Offensive, bei der es sich darum handele, das italienische Heer „am und jenseits des Piave erneut zu schlagen, bevor fremde Hilfe sich wirksam geltend machen kann"; an mehreren Stellen sollte der Flußübergang erzwungen werden. Im Zusammenhang damit befahl ebenfalls am 23. November auch General von Be low den Angriff: Im Grappa-Gebiet sollte die feindliche Front zwischen Mt. Pallone und dem Piave durchbrochen, dieser bei Vidor und gegenüber dem Montello überschritten werden.
An demselben Tage befahl Kaiser Karl, der seit 22. November mit General von Arz bei der ö.-u. 11.Armee weilte, die vorläufige Einstellung des dortigen Angriffs. Am 24. hatte er in Polpet (nördlich von Belluno) eine kurze Aussprache mit General von Below. Der Kaiser sah die Lage nicht sehr aussichtsreich an. General von Below sprach sich aber, nachdem er soeben neuen Angriff befohlen hatte, im allgemeinen recht zuversichtlich aus. Am 25. November meldete in Feltre General Krauß dem Kaiser, daß er hoffe, vorwärts zu kommen, wenn nur der Gegner am Piave auch angegriffen und seine Reserven dadurch gefesselt würden. Nachdem der Kaiser dann am 26. November in Villach auch Erzherzog Eugen und Generaloberst von Boroevic gehört hatte, wollte er die befoh-
24. bis 26. November.
300
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
24. bis 26. November.
27. und 28. November.
lenen Angriffe nicht aufhalten; er gab Weisung, die ohnehin schon erlassenen Befehle nun auch tatsächlich durchzuführen x).
Der Angriff war bei der 14. Armee vorläufig auf den 30., bei den beiden Isonzo-Armeen aus den 29. November angesetzt. Aber schon bald stellte sich heraus, daß diese Zeiten nicht innegehalten werden konnten. General Krauß meldete bereits am 26. November, daß die Wegnahme der vorgeschobenen feindlichen Stellungen am Col dell'Orso und Mt. Spi-nuccia, die dem Hauptangriff vorausgehen sollte, erst möglich sei, wenn die angeforderte Munition und das nötige Fernsprechgerät eingetroffen seien. An demselben Tage ließ General vonBelow der Obersten Heeresleitung eine „Beurteilung der Lage" im Sinne der bereits am 19. November angestellten Erwägungen zugehen. Über den bevorstehenden Angriff hieß es darin, er könne aus Munitionsnachschub- usw. Rücksichten frühestens Anfang nächsten Monats erfolgen. „Zu diesem Zeitpunkt kann die Entente nach hiesiger Rechnung etwa sechs Divisionen frei verfügbar haben. Jede weitere Verzögerung erschwert die Lösung der Aufgabe". Wie sich im übrigen „die österreichische Führung, Truppe und Organisation mit dem Ententegegner abfinden wird", bleibe eine offene Frage. Die Beurteilung schloß: „Es erscheint demnach die Möglichkeit gegeben, dem Italiener abermals einen Schlag zu versehen und auch die Hilfskräfte dabei mit zu treffen. Man muß hierbei aber auf schwere Kämpfe gefaßt sein".
Am 27. November ergaben sich bei den Gruppen Krauß und Scott! hinsichtlich des Artillerieaufmarsches, bei ihren österreichisch-ungarischen Divisionen auch hinsichtlich der Munitionsversorgung, weitere derartige Schwierigkeiten, daß die Wegnahme der vorgeschobenen Stellungen mindestens bis zum 2., der Hauptangriff bis zum 4. oder 5. Dezember hinausgeschoben werden muhte; dementsprechend änderte sich auch der Zeitpunkt des Angriffs über den Piave.
Diese immer neuen Verzögerungen verringerten die ohnehin nicht allzu großen Ersolgsaussichten. Als dann eine am 28. November eintreffende Mitteilung der Obersten Kriegsleitung die Beendigung des Gesamtaufmarsches von 11 bis 14 französisch-englischen Divisionen bereits für Anfang Dezember ankündigte, sank die Hoffnung auf durchschlagenden Erfolg der künftigen Offensive immer mehr. Die Aussicht, die Italiener nochmals allein zu treffen, war endgültig dahin. Die Überlegenheit der französisch-englischen Divisionen an Artillerie, Munitionsausstattung, artilleristischer Technik und Kampfversahren gegenüber einem großen Teil der österreichisch-ungarischen Divisionen war zu berücksichtigen. Bestenfalls
!) Arz: „Zur Geschichte des Großen Krieges 1914-1918", 6.183 und bst. amtl. Werk VI, S. 676.
Entschluß, die Offensive einzustellen.
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konnte man noch hoffen, den Feind in langsamen, verlustreichen Kämpfen frontal weiter zurückzudrücken. Die vorgerückte Jahreszeit sprach gegen Fortsetzung der Offensive; es schien geboten, sie einzustellen.
Aus Grund der von General von Below am 26. November abgesandten Beurteilung der Lage wandte sich General Ludendorfs am 28. unter gleichzeitiger Mitteilung an die 14. Armee an General von Arz mit der Frage, „ob es unter den veränderten Verhältnissen nicht richtiger wäre, von einem weiteren Angriff abzusehen und an dem für die Verteidigung besonders günstigen Piave-Abschnitt, vielleicht nach Verbesserung der Stellung des rechten Flügels und der Mitte der 14. Armee, unsere gemeinsame Offensive abzuschließen". Beim Angriff am 3. oder 4. Dezember müsse man auf Eingreifen der Entente-Verstärkungen gefaßt sein. Mit Sicherheit sei daher „nach Erkämpfen des Piave-Abschnittes mit verstärktem Widerstand und harten Kämpfen zu rechnen. Ob hierzu unsere rückwärtigen Verbindungen, insonderheit die Eisenbahnverhältnisse^), hinreichend gefestigt sind, kann hier nicht übersehen werden; die fortgesetzten Verschiebungen des Angriffs sprechen allerdings nicht dafür".
Damit war die Entscheidung gefallen, wenn sich auch noch ein umfangreicher Meinungsaustausch zwischen den beteiligten weiteren Dienststellen anschloß. Dabei trat die österreichisch-ungarische Heeresleitung mit dem Gedanken hervor, daß zunächst die 14. Armee die Linie Bassano— Montello gewinnen könne und dann erst die Heeresgruppe Boroevic den Piave-Übergang erkämpfen solle, ein Vorschlag, den General von Krafft bei einer Besprechung mit dem Kommando der Südwestsront und in Übereinstimmung mit diesem mit großer Bestimmtheit ablehnte. Am 2.Dezember befahl die österreichisch-ungarische Heeresleitung: „Offensive einstellen! Dauerstellung einrichten, jedoch derart handeln, daß dem Feinde bis auf weiteres intensive Vorbereitung einer allgemeinen Offensive vorgetäuscht wird ..." Bei der Heeresgruppe Conrad blieb der gegen den Mt. Meletta vorbereitete Angriff der ö.-u. 11. Armee noch durchzuführen. Die Südwestsront hatte sich aus Abgabe von sechs Divisionen, davon drei deutschen-), einzurichten, nachdem die 195. Infanterie-Division, ohne an die Front gekommen zu sein, bereits am 30. Dezember wieder zurückgerufen worden war. Das Armee-Oberkommando 14 mit seinen zwei deutschen Generalkommandos und vier deutschen Divisionen-) sollte vorläufig noch in Italien bleiben.
lS. Nov. beanstandete die österr.-ung. Heeresleitung, daß „am 13. Nov., also Tage nach Wiederinbesitznahme der Görzer Eisenbahnbrücke, das Material für deren le erherstellung noch nicht einmal avisiert war! Diese Unglaublichkeit ist unverständlich..."
2) 12., 26., 5. I.D. 3) 117., 200. g. D., Alp. K., D. Zag. D.
2. Dezember.
302
Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
4. und 5. Dezember.
Dis
Jahresschluß.
Die letzten Kämpfe.
Ein größerer Erfolg war nur noch der Heeresgruppe Conrad befrieden, deren ö.-u. l l. Armee unter Generaloberst Gras Scheuchenstuel in der Richtung aus Valstagna im Brenta-Tal Raum gewinnen sollte. Der Angriff führte nach gründlicher Vorbereitung am 4. Dezember zu einem vollen Erfolge der östlich des Mt. Meletta (1827 m) angreifenden ö.-u. 18. Infanterie-Division, während westlich des Berges zunächst ein Rückschlag eintrat. Der 5. Dezember brachte die Vollendung des Sieges, der Gegner wurde über die Frenzela-Schlucht und vom Höhenrand in das Tal von Valstagna zurückgeworfen; 18000 Gefangene wurden eingebracht und 90 Geschütze erbeutet. Nunmehr wünschte Feldmarschall von Conrad die Front auch noch weiter, bis an den Rand der Hochfläche nördlich von Bassano vorzutragen, wobei er an entsprechendes Mitgehen des rechten Flügels der 14. Armee dachte; er beantragte drei frische, voll aufgefüllte Divisionen. Die Heeresleitung stand diesen Absichten jetzt weniger ablehnend gegenüber, „allein man verfügte nicht über die erbetenen Kräfte'"). Feld-marschall von Conrad beschränkte sich daher auf eine geringere Stellungsverbesserung. Sie wurde am 23. Dezember mit der Erstürmung des Col del Rost» (1276 m) erreicht. Damit war der Gegner auch westlich der Frenzela-Schlucht zurückgeworfen, abermals waren 8000 Gefangene in der Hand siegreicher österreichisch-ungarischer Truppen geblieben.
Weniger erfolgreich waren die Angriffe des rechten Flügels der 14. Armee im Grappa-Gebiet. Hier hatten sich die Divisionen nach den vorausgegangenen Kämpfen und Märschen, ohne Winterbekleidung, ohne Obdach aus nacktem Fels und im Schnee, aber auch ohne Gerät und Baustoffe für den Stellungsbau, verhältnismäßig schnell verbraucht; die Edelweiß-Division zählte am 27. Oktober nur noch 2000 Gewehre. So waren die schließlich ermatteten Truppen in den ersten Dezembertagen abgelöst worden?). Der aus den 11. Dezember festgesetzte und durch das Feuer von 400 Geschützen (davon 110 schweren) mit allerdings nur geringer Munition vorzubereitende Angriff der Gruppe Krauß wurde durch Nebel ernstlich behindert. Die Ergebnisse waren dementsprechend gering.
x) Öft. amtl. Werk, VI, 6. 695 f.
2) Truppen im Grappa-Gebiet am N. Dezember:
Gr. Krauh mit:
ö.-u. 4. und 94. I. D. (von der Brenta bis Col dellDrso).
Genmaj. von Wedel mit 200. lind 5.1. D. (anschließend bis zum Mt.Tomba ausschl.).
Von Gruppe Scotti:
Alpenkorps am Mt.Tomba urid bis zum Piave.
Beginnender Stellungskrieg.
303
Vor allem gelang es nicht, den feindlichen Stellungsvorsprung nördlich vom Mt. Meate und Mt. Pallone zu beseitigen, wenn auch der Gipfel des Mt. Spinuccia genommen war. Bis zum 16. Dezember wurde nach weiteren Ablösungen in der Front auch der Mt. Asolone noch erobert. Dann setzten bis zum 21. Dezember währende italienische Gegenangriffe ein; sie wurden überall abgewiesen.
Die Kämpfe hatten gezeigt, daß Stellungsverbesserungen im winterlichen Gebirge jetzt nur noch unter stärkstem Kräfteeinsatz und dabei auch erheblichen Verlusten zu erreichen waren. General von Be low entschloß sich daher, den Angriff auch im Grappa-Gebiet einzustellen. Dabei ergab sich die Frage, die von Westen immer noch unter Flankenfeuer gehaltene Tomba-Stellung auszugeben. Bevor sich jedoch die österreichisch-ungarische Heeresleitung hierüber schlüssig geworden war, brach am 30. Dezember die französische 47. Alpenjäger-Division unter Mitwirkung einer großen Zahl von Schlachtfliegern in die Stellung der inzwischen dort eingesetzten ö.-u. 50. Infanterie-Division ein, machte 1400 Gefangene und nahm sieben Geschützes. Die Front mußte aus das Norduser des Ornigo zurückgenommen werden.
Am Piave war die Kampstätigkeit schon seit Mitte November immer mehr abgeflaut. Der Brückenkopf von Jenson wurde in Erwartung eines feindlichen Angriffs am 26. Dezember rechtzeitig geräumt.
Mit Abschluß des Jahres fanden auch die Kämpfe ihr Ende. An der Front in Italien trat Ruhe ein. Insgesamt waren dort nur noch drei deutsche Divisionen, davon zwei im Grappa-Gebiet, eingesetzt, die übrigen bereits im Abtransport oder herausgezogen. Andererseits standen dem bisher von deutschen Truppen besetzten Abschnitt der 14. Armee insgesamt vier englische und französische Divisionen gegenüber, weitere lagen rückwärts bereit. Am 10. Januar 1918 wurde das Armee-Oberkommando, im Februar die letzte deutsche Division zum Abtransport aus der Front gezogen. Die Beteiligung am österreichisch-ungarischen Kriege gegen Italien war beendet.
e) Maßnahmen des Gegners 2) und abschließende Betrachtungen.
Als in der Nacht zum 3. November von deutschen und österreichischungarischen Truppen der Tagliamento-Übergang bei Pinzano und Cornino erzwungen worden war, hatte General Cadorna den Rückzug der dadurch im Rücken bedrohten noch am oberen Tagliamento bei Tolmezzo stehenden Teile der Karnischen Gruppe befohlen und am 4. November, als auch die
*) Palat, La grande guerre sur le front Occidental, XIII, S. 2.
2) Anschluß an S. 272ff.
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Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Di»
Iahresschluh.
Gegenwehr des bei Pinzano—Cornino eingesetzten „Spezialkorps" gebrochen war, die bereits vorbereiteten Befehle zum Rückzüge auf die Piave-Linie ausgegeben. Unterwegs sollte dem Gegner an der Livenza Aufenthalt bereitet werden. Schwierig muhte sich der Rückzug der 4. Armee durch das obere Piave-Tal nach Süden gestalten, wenn der Feind durch das Gebirge rasch dorthin vorstieß; doch konnten die aus dem Raum von Tolmezzo ausweichenden Kräfte als hinreichender Flankenschutz angesehen werden. Bedenklicher war die immer drohende Möglichkeit feindlichen Angriffs aus Tirol.
In einer Besprechung der verbündeten Staatsmänner und General-stabschefs am 5. November in Rapallo1) legte General Cadorna den ganzen Ernst der Lage dar und drängte aus erheblich stärkere Unterstützung als die bisher zugesagten sechs Divisionen, die über Nizza sowie über den Mt. Cenis anrollten; die Zahl wurde auf acht erhöht. Sie sollten zunächst, südlich des Garda-Sees am Mincio aufmarschieren, um dann je nach der Lage am Piave oder gegen einen Angriff aus Tirol verwendet zu werden.
Als dann der Gegner bereits am 7. November an einzelnen Stellen die Livenza überschritt, wurde diese Fluhlinie ausgegeben. Am 8. November erhielten die Nachhuten Befehl, auch das östliche Piave-User zu räumen. Hinter dem Fluh stand künftig die italienische 3. Armee vom Meer bis zum Montello ausschließlich. Die 4. Armee, deren Ostslügel infolge der Vernichtung der die Flanke deckenden Kräfte bei Pielungo und Tramonti auf dem Rückzüge aus dem Hochgebirge noch gefaßt worden war und erhebliche Einbuhen erlitten hatte, übernahm die Piave-Front am Montello und das wichtige Grappa-Gebiet, dessen Verteidigung bereits im Sommer 1916 vorbereitet worden war. Westlich der Brenta schloß die 1. Armee an. Die 2. Armee und mit ihr die aufzulösende Karnische Gruppe wurde zur Wiederherstellung der Verbände hinter die Front genommen.
Am 8. November übernahm General Diaz den Oberbefehl über das italienische Heer; General Gras Cadorna wurde Vertreter Italiens bei dem inzwischen gebildeten gemeinsamen „Obersten Kriegsrat" der Entente^). In weiteren Verhandlungen mit den Westmächten wurde die Vermehrung der zugesagten Divisionen von acht aus elf (sechs französische und fünf englische) erreicht. Ihr Aufmarsch sollte, vor allem zur Hebung der Stimmung, vom Mincio in den Raum von Vicenza vorverlegt werden. Das Eintreffen zog sich aber bis Ende November hin.
So hatten die italienischen Armeen die Abwehrkämpfe der nächsten Wochen aus eigener Kraft zu bestehen. Dabei kam ihnen die natürliche
!) 6.314. 2) Ebenda.
Maßnahmen des Gegners seit 3. November.
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Stärke der Piave- wie der Grappa-Verteidigung zugute. Auch standen in der Front jetzt fast überall Verbände, die bei den bisherigen Kämpfen gar nicht oder wenig gelitten hatten. Im Grappa-Gebiet waren bereits am 7. November Truppen für die Vorbereitung der Abwehr eingetroffen; am 13. November, dem Tage vor Beginn des deutschen Angriffs, standen vier Divisionen (43 Bataillone und 40 Batterien) zwischen Piave und Brenta, einschließlich der Täler, bereit. Damit konnte die Verteidigung des wichtigen Gebirgsstockes fürs erste gesichert erscheinen. Bis zum 26. November war die Stärke der Besetzung dort auf acht Divisionen (110 Bataillone und 116 Batterien, davon 62 schwere und schwerste) gestiegen. Ansang Dezember rückten zwei englische Divisionen am Montello, zwei französische westlich anschließend, bis zum Mt. Tomba einschließlich, in die Front ein. Hinter der Front standen drei weitere englische Und ebensoviel französische Divisionen verteilt.
Die im wesentlichen erfolgreichen Abwehrkämpfe am Piave und im Grappa-Gebiet sowie das Bewußtsein, auf rasche Unterstützung durch die mit Waffen, Munition und Gerät reichlich ausgestatteten englischen und französischen Divisionen rechnen zu können, führten dazu, daß die nach dem Zusammenbruch am Isonzv und Tagliamento tief gesunkene Stimmung im Heere sich bis zum Jahresende wieder zu heben begann. 300000 Versprengte und ebenso viele Ersatzmannschaften hatten die entstandenen Lücken zu einem großen Teil wieder geschlossen. Wenn auch die gewaltige Einbuße an Waffen und Gerät noch nicht wieder erseht war, so sah man doch weiteren Kämpfen mit Vertrauen entgegen.
Betrachtungen.
Der Zusammenbruch des italienischen Widerstandes am Tagliamento hatte bei den Mittelmächten weitgehende Hoffnungen ausgelöst, die Ergebnisse der Verfolgung durch das Gebirge gegen den oberen Piave hatten sie weiter genährt, schließlich aber waren sie doch nicht in Erfüllung gegangen. Mit größter Hingabe waren die siegreichen Truppen dem Gegner gefolgt und hatten ihm — wie sie glaubten — keine Möglichkeit gelassen, sich vorwärts des Piave auch nur vorübergehend nochmals zu setzen. Ob aber der Gegner nach seiner schweren Niederlage nicht etwa bewußt ohne Aufenthalt ausgewichen war, bis er das schützende Hindernis des breiten, vom Herbstregen angeschwollenen Flusses zwischen sich und den Verfolger gelegt hatte, konnte man nicht wissen. Am Piave war der eigenen Vorwärtsbewegung in der Ebene ein natürliches Ziel gesetzt. Der Gegner fand Zeit, sich auf nachhaltigen Widerstand einzurichten. Er war ent-
«feltttteg. XIII. 3b. 20
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Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
schlossen, hier die Entscheidungsschlacht anzunehmen. Die Hoffnung auf bald herannahende Hilfe der Westmächte gab ihm neue Zuversicht. Demgegenüber reichte die Angrissskrast der zunächst nur mit schwachen Teilen, und vor allem mit nur ganz geringer Munitionsausstattung an den Fluß herankommenden Verfolger nicht aus. In der Ebene gelang es nirgends, in raschem Nachstoß aus dem anderen Piave-Aser festen Fuß zu fassen. Am so mehr wandte sich die Hoffnung dem Angriff durch das Gebirge zu, wo man am Oberlauf des Flusses schon frühzeitig auf beiden Äsern stand. Damit bot sich die Möglichkeit, und aus sie gründete sich die Hoffnung, wie bei Beginn der Offensive am Isonzo und dann am Tagliamento, so auch am Piave und vielleicht auch noch weiterhin die feindliche Front von der Nordflanke her zu Fall zu bringen. Im Gebirge lag daher der Schwerpunkt der Operation; vom Gelingen des Angriffs auf das Grappa-Massiv und dem Vorwärtskommen der Heeresgruppe Conrad hing ihr Ausgang ab.
Seitens der oberen Führung ist wohl alles geschehen, um den Nord-flügel der 14. Armee so stark als möglich zu machen. Das aber und vor allem sein Vorwärtsschreiten fanden eine Grenze in den Schwierigkeiten des Gebirges, in dem die Angriffstruppen schließlich aus nur einer einzigen durchgehenden Straße und daher im wesentlichen nur nacheinander den Ausmarschraum gegen das Grappa-Gebirge erreichen konnten. Das Nachziehen der Artillerie über zerstörte Brücken kostete Zeit, und erst recht war ausreichende Munitionszufuhr in Frage gestellt, zumal da alsbald auch die gesamte Verpflegung nachgeführt werden muhte.
Der Versuch des örtlichen Führers an der Grappa-Front, unter Vermeidung des schwierigen Gebirgsgeländes durch überraschendes Durchstoßen der schluchtartigen Engen des Cismon-Brenta- und des Piave-Tales den Weg in die Ebene zu öffnen, konnte nur dann Erfolg haben, wenn man einen Gegner vor sich hatte,, der noch ebenso wie bisher nur an Rückzug dachte. Das aber war nicht der Fall. Man stieß auf frische Truppen, die in vorbereiteter Stellung zu zähem Widerstande entschlossen waren. Gegen die Zweckmäßigkeit des von General Krauß befohlenen, fast ausschließlichen Talangrisfs sind schon vor und während der Durch' sührung von vorgesetzten wie untergebenen Stellen berechtigte Bedenken geäußert worden. Nach dem, was über den Gegner bekannt ist, kann kein Zweifel darüber bestehen, daß ein Angriff, bei dem der Schwerpunkt von Haus aus auf die Höhen gelegt wurde, trotz der Schwäche der zunächst nur zur Verfügung stehenden Kräfte beim ersten Anlauf bessere Ergebnisse gebracht hätte. Vielleicht wäre sogar der Mt. Grappa selber genommen worden. Von Tag zu Tag aber wurde der Angriff auch auf den Höhen
Abschließende Betrachtungen.
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schwieriger und erforderte damit den Einsah stärkerer Kampfmittel und schließlich auch frischer Truppen. Daß es Wochen dauerte, bis beide, und auch dann nur mit beschränkter Munition herankamen, hat nicht an irgendwelcher Unterlassung von Führung oder Truppe, sondern an den schwierigen Verkehrs- und Nachschubverhältnissen im Gebirge gelegen. Inzwischen aber hatte sich die Widerstandskraft des Gegners so weit verstärkt, daß man vor Ausgaben des Stellungskrieges stand, noch erschwert durch Gebirge und herausziehenden Winter.
Eine weitere Frage ist, ob nicht der Angriff im Grappa-Gebiet durch gleichzeitigen Angriff der Heeresgruppe Conrad auf dem westlichen Brenta-Ufer wirkungsvoller unterstützt werden konnte. Dazu wäre allerdings nötig gewesen, die Angrifsskraft dieser Heeresgruppe durch Zu-fühmng geeigneter Truppen und reichlicher Artillerie nebst Munition rechtzeitig entscheidend zu stärken. Nun war bereits am 27. Oktober von mehreren Seiten bei der österreichisch-ungarischen Heeresleitung angeregt worden, alsbald starke Kräfte von der nunmehr allzu dicht besetzten Isonzo-Front der Tiroler Front zuzuführen. Dafür standen zwei Bahnen, über den Brenner und durch das Pustertal, zur Verfügung, wobei die durch das Pustertal geleiteten Verbände von Franzensfeste ab auf Fußmarsch angewiesen werden konnten. Tatsächlich sind aber nur zwei Divisionen, beginnend am 29. Oktober, zur Heeresgruppe Conrad gefahren worden. Die Betriebsverhältnisse der österreichischen Eisenbahnen geben dafür allein keine ausreichende Erklärung. Da an der Front gegen Rußland Ruhe herrschte, kann es an verfügbaren österreichisch-ungarischen Kräften nicht gefehlt haben. Weitere Zuführung deutscher Divisionen verbot dagegen die Lage im Westen, wo gleichzeitig in Flandern, bei Laffaup und schließlich bei Cambrai schwer gekämpft wurde.
Sieht man von der vielleicht vorhandenen Möglichkeit ab, die italienische Nordslanke durch rasche Inbesitznahme des Grappa-Blockes und wirksames Eingreifen der Heeresgruppe Conrad zum Einsturz zu bringen, so hat die Offensive in Italien schließlich durch die Gesamtverhältnisse ihren natürlichen Abschluß gefunden. Die Truppen, die am 24. Oktober am Isonzo einen stürmischen Siegeslauf begannen, hatten in 16 Tagen unter Überwindung des Hochwasser führenden Tagliamento bis zu 140 Kilometer Marschentfernung zurückgelegt. Die Schwierigkeit des Überganges über diesen Fluß hatte aber die vorher dicht besetzte Front in schmale Ansänge und große Tiefe aufgelöst. Der Nachschub kam erst recht nicht mit. Die Truppe selber war von Kämpfen und Märschen schließlich schon erheblich mitgenommen, als sie vor die neue, besonders schwere Ausgabe gestellt wurde, die von Natur starke und hartnäckig verteidigte Grappa- und
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Der Krieg an der italienischen Front. Angriff der Mittelmächte.
Piave-Front zu überwältigen. So führte hier das Gleichgewicht der Kräfte zum Stellungskriege.
Die dem Bundesgenossen in seiner größten Not zu Hilfe gesandten und dabei von dessen Oberstem Kriegsherrn auf dem eigensten Kriegsschauplatz Österreich-Ungarns gar nicht einmal gern gesehenen deutschen Divisionen wurden an anderer Stelle für neue Ausgaben gebraucht. Durch ihren Einsatz gegen Italien war ohnehin schon weit mehr erreicht, als irgend jemand bei der Entsendung zu hoffen gewagt hatte. Entlastung der österreichisch-ungarischen Front war das ursprüngliche Ziel gewesen, mit Erreichen des Tagliamento sollte die Aufgabe beendet sein. Statt dessen hatte der glänzende Anfang der Offensive über alles ursprüngliche Planen hinaus rund 100 Kilometer weiter nach Westen geführt. Starke französische und englische Kräfte waren vom Westkriegsschauplatz abgezogen worden. Österreich-Ungarns Heer hatte einen lebhaften Auftrieb erhalten, hatte wieder Zuversicht und festen Halt gewonnen. Schulter an Schulter hatten deutsche und österreichisch-ungarische Truppen in siegreichem Kampfe Vorbildliches geleistet. Seit Beginn der Offensive hatte das italienische Heer an die 400000 Mann, davon gegen 300000 Gefangene, und über 3000 Geschützes verloren, die Mittelmächte nur etwa 65000 Mann, davon 10600 bei den deutschen Truppen. Aus dem italienischen Kriegsschauplatz war ein Krästeausgleich geschaffen, der auch nach Abzug der deutschen Divisionen zu vollem Vertrauen in die weitere Entwicklung berechtigte. Die deutschen Kommandostellen aber hatten aus eigener Anschauung die Überzeugung mitgenommen, daß es auch im verbündeten Heere noch Führer und Truppen gebe, die den schweren Ausgaben des Kampfes an der Westfront gewachsen sein würden.
*) Nach italienischen Quellen betrugen die Verluste vom 24. Ott. bis 10. Nov.: 10000 Tote, 30000 Verwundete, 293000 Gefangene, 350000 Versprengte, 50000 Fahnenflüchtige, insgesamt 733000 Mann; dazu 3152 Geschütze, 1772 Minenwerfer, 1600 Kraftwagen.
VI. Der Brieg zur Luft').
Die Organisation der Luftstreitkräfte stand seit dem Winter 1916/17 im wesentlichen fest. Der Ausbau wurde fortgesetzt, fand aber seine Grenze darin, daß die Verluste an kriegserfahrenen Besatzungen wie an Material bereits schwer zu ersetzen waren.
An der Westfront bestand in der zweiten Hälfte des Jahres 1917 die zahlenmäßige Überlegenheit der Gegner in der Luft weiter. Auch an der italienischen Front konnte sie während des dortigen Einsatzes der 14. Armee nicht ausgeglichen werden. Gegen die feindliche Überzahl vermochte sich die deutsche Luftwaffe nach wie vor nur durch bessere Leistungen von Personal und Material zu behaupten. Eine zahlenmäßige Überlegenheit im Luftraum ließ sich immer nur bei größeren Angriffsunternehmungen durch scharfe Zusammenfassung der Kräfte und auch dann nur vorübergehend erzielen. Die Luftkämpfe fanden daher vorwiegend diesseits der deutschen Linien statt. An der Westftont, der gegenüber alle anderen nur eine geringe Rolle spielten, verloren die Gegner im Lause des zweiten Halbjahres 1917 rund 1400 Flugzeuge, davon 1100 im Luftkamps, während die deutschen Verluste in der gleichen Zeit einschließlich des operativen Luftkrieges im Westen und Osten etwa 600 betrugen, dazu gegen 1800 Mann fast durchweg fliegenden Personals.
In zunehmendem Maße unterstützte die Luftwaffe den Erdkamps. Richt nur Flieger, sondern auch Flugabwehrkanonen, diese vor allem gegen feindliche Tanks, waren dabei beteiligt. Über unmittelbare Mitwirkung beim Kampfe hinaus leisteten Aufklärungsflugzeuge insbesondere durch die immer mehr vervollkommnete Ausnahme und Auswertung von Reihenbildern hervorragende Dienste. Kampfgeschwader griffen in vermehrtem Maße militärische Anlagen hinter der feindlichen Kampffront, vor allem Truppen- und Munitionslager sowie Eisenbahnen und Werke der Rüstungsindustrie an.
Im ganzen verfügte die Oberste Heeresleitung über vier Kampfgeschwader mit zusammen 21 Staffeln, davon waren die Kampfgeschwader 2 und zunächst auch 4 im Raume der Heeresgruppen Deutscher Kronprinz und Herzog Albrecht gegen Bahnhöfe im Marne-Tal (besonders
Sommer und Herbst 1917.
*) Anschluß an Bd. XII, S. 529 ff.
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Der Krieg zur Luft.
Sommer- und Herbst 1917.
Epernay, ChLlons und Dar le Duc), vor allem aber gegen Anlagen bei Verdun und Rüstungswerke bei Nancy tätig. Gegen letztere wurden im Juli elf, im August ein, im Oktober und November je fünf, im Dezember acht Angriffe unternommen und dabei Bomben bis zu 90 und mehr Kilogramm Gewicht teilweise aus niedrigen Höhen (weniger als 600 Meter) abgeworfen. Des öfteren fielen mehr als 6000 Kilogramm in einer Nacht auf eine einzige Stadt, auf Frouard einmal mehr als 9000 Kilogramm. Bestimmte Angaben über den Erfolg fehlen, doch scheint es, wie schon im Februar, zu Stillegungen größerer Betriebe gekommen zu sein. Die französische Bodenabwehr war stark.
Kurz vor Beginn der Schlacht in Flandern wurde das Kampfgeschwader 4 zur 4. Armee verlegt, bei der bisher schon das Kampfgeschwader 1 tätig war, während das ebenfalls im Bereich dieser Armee untergebrachte Kampfgeschwader 3 gegen die französischen Kanalhäfen und England flog1). Schon vorher hatte eine dem Kampfgeschwader 1 zugeteilte Staffel des Kampfgeschwaders 4 den Angriff bei Lombartzyde (10. Juli) so wirksam unterstützt2), daß künftig auch bei anderen Geschwadern die mit OFlugzeugen2) ausgerüsteten Staffeln zu unmittelbarem Eingreifen in den Erdkampf eingesetzt wurden. Die Kampfgeschwader 1 und 4 unterstützten diesen weiterhin, und zwar zunächst vornehmlich in unmittelbarem Zusammenwirken mit der Infanterie. Daneben wurde ihnen auch die Bekämpfung feindlicher Batterienester als Aufgabe gestellt; der Erfolg gegen diese gut getarnten Ziele entsprach jedoch bei starker feindlicher Abwehr nicht den Erwartungen. Die Oberste Heeresleitung entschied daher am 21. Oktober, daß Angriffe der Kampfgeschwader auf Batteriestellungen einzustellen seien. Dafür wurden wieder Bahn-, Hafen- und Fabrikanlagen, sowie Munitionslager und Flughäfen weit hinter der feindlichen Front als Ziele zugewiesen.
Unter Beteiligung des Kampfgeschwaders 3 waren unterdessen in den Nächten zum 5., 11., 21. und 24. August Dünkirchen, die für den feindlichen Munitionsnachschub wichtigen Bahnhöfe von Aire und Isbergues (dicht südlich davon), das Hüttenwerk Isbergues sowie der Bahnknotenpunkt St. Omer angegriffen und mit zahlreichen Bomben, darunter solchen von 100 und 300 Kilogramm, belegt worden. Anschließend setzten die Großangriffe gegen Etappenorte hinter der feindlichen Front und besonders gegen die französischen Kanalhäfen ein, über die fast der gesamte Nachschub aus England kam. In der Zeit vom 2. bis 6. und 10. bis 13. Sep-
') 6.311.
-) 6.57.
S) Zweisitzer mit Masch.-Grw.-Ausrüstung.
Operative Luftangriffe.
311
tember wurden Boulogne, dreimal Calais und Dünkirchen sowie wiederum die Eisenbahnanlagen von St. Omer angegriffen. Nach einer kurzen Pause folgten vom 24. September ab weitere Angriffe. Die in einer Nacht aus einzelne Ziele geworfenen Bombenmengen betrugen bis zu 10000 Kilogramm. Als Erfolg wurden beispielsweise in Dünkirchen vier Tage und Nächte anhaltende Brände festgestellt, durch die Fabriken, große Lager mit Heeresvorräten und Hasenanlagen schwer beschädigt wurden. Auch feindliche Flughäfen wurden bei den mit kurzen Unterbrechungen bis Ende des Jahres anhaltenden Angriffen heimgesucht.
In der zweiten Novemberhälfte gab der plötzliche feindliche Durchbruchsversuch bei Cambrai Veranlassung, auch bei der 2. Armee starke deutsche Vombenkräfte einzusetzen. Das Kampfgeschwader 4 wurde Ende November nach dem italienischen Kriegsschauplatz verlegt.
Die Erfahrungen im zweiten Halbjahr 1917 führten zu einer Neugliederung der Kampfgeschwader. Aus den Kampfgeschwadern 1, 2 und 4 wurden sechs Geschwader zu je drei Bombenstasfeln gebildet, nur das Kampfgeschwader 3 behielt sechs. Die Geschwader wurden in „Bombengeschwader" umbenannt.
Die Luftangriffe gegen England hatten bereits Ende Mai begonnen. Durch sie sollten nicht allein die feindliche Rüstungsindustrie getroffen und militärische Kräfte, die sonst an der Front in Frankreich hätten eingesetzt werden können, gebunden werden, sondern man hoffte auch, die Widerstandskraft des englischen Volkes zu schwächen. Das Kampfgeschwader 3 war dazu Ende Juni wieder auf die frühere Stärke von sechs Staffeln gebracht worden.
Die Schwierigkeit der stundenlangen Flüge über den Kanal, der, wie sich bereits bei den ersten Flügen gezeigt hatte, eine Wetterscheide zwischen dem Festland und England bildete, wurde durch die Anfang Juli nach kurzer Unterbrechung H wieder aufgenommenen Angriffe voll bestätigt. Zudem lag das Hauptangriffsziel London an der Grenze der Reichweite der Flugzeuge. Von sechs in den Monaten Juli und August unternommenen Flügen über den Kanal konnte nur einer, am 7. Juli, bis London durchgeführt werden; 22 Flugzeuge warfen dabei in wenigen Minuten insgesamt 4475 Kilogramm Bomben ab. Neben erheblichem Sachschaden fielen 250 Menschen dem Angriff zum Opfer. Die Verluste des möglichst geschlossen fliegenden Geschwaders waren trotz starken wohlgezielten Abwehrfeuers und zahlreicher Luftkämpfe gering: nur ein Flugzeug wurde abgeschossen. In Verbindung mit dem Angriff vom 13. Juni
*) Bd. XII, S. 534 f.
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Der Krieg zur Luft.
Sommer und Herbst 1917.
hatte dieser Angriff den Engländern gezeigt, daß ihre Hauptstadt jederzeit durch deutsche Geschwaderangrisfe ernstlich bedroht mar1). Bei Flügen, die London nicht erreichten, wurden Ziele an der Küste bombardiert, so Dover und Häsen an der Themse-Mündung durch elf Flugzeuge am 22. August. Dabei gingen drei Flugzeuge verloren. Der Angriff hatte aber gezeigt, daß Flüge weit über feindliches Gebiet am Tage nur noch schwer durchzuführen waren. Man ging daher auch gegen England künftig zu Nachtflügen über, die weniger Opfer forderten.
Nachtangriffe über den Kanal wurden nunmehr sowohl vom Bombengeschwader 3 als auch, unabhängig davon, wie bisher schon von Luftschiffen der Marine ausgeführt. So griffen acht Marine-Luftschiffe in der Nacht zum 22. August, elf in der zum 25. September und 13 in der zum 20. Oktober Industriegebiete der englischen Ostküste, bei der letzten Fahrt auch London selbst an. Bei dieser führten aber die Witterungs-Verhältnisse — vier Luftschiffe wurden nach Frankreich, eines bis nach Mitteldeutschland abgetrieben — zu so schweren Verlusten, daß man von weiteren Unternehmungen mit Luftschiffen Abstand nahm2). Die Nachtslüge des Bombengeschwaders 3 hatten inzwischen in der Nacht zum 3. September begonnen, es folgten in demselben Monat weitere sechs, im Oktober vier, im November einer, im Dezember drei. London wurde dabei trotz guter Abblendung am Themse-Lauf leicht ausgemacht und achtmal erreicht. Die in einer Nacht abgeworfene Last an Spreng- und Brandbomben schwankte zwischen 400 und 4000 Kilogramm.
Für die Landkriegführung lag die Bedeutung der Angriffe auf England darin, daß ein großes Aufgebot von Abwehrkräften auf der Insel festgehalten und damit der Front in Frankreich entzogen wurde, die aus Flandern sogar eine größere Anzahl von Jagdfliegern abgeben mußte, für die deutschen Flieger eine nicht zu unterschätzende Entlastung. Auch bedeutende Munitionsmengen wurden durch die Abwehr im englischen Heimatland verbraucht; mehr als 20000 Schuß wurden gelegentlich eines einzigen deutschen Angriffs verfeuert. Ein wesentliches weiteres Ergebnis war die oft stundenlange Unterbrechung der Arbeit und damit Verzögerung in der Erzeugung wichtigsten Kriegsbedarfs, nicht nur in dem angegriffenen
*) Engl. amtl. Werk, „The War in the Air“, V, S. 38: „Dieser zweite kühne Angriff auf das Herz von London schaffte eine gespannte Atmosphäre... Der Feind war ungehindert am hellen Tage zum zweitenmal in wenigen Wochen quer über England geflogen, und dafür konnte die englische Öffentlichkeit keine Entschuldigungen finden."
2) Im übrigen waren im Oktober Marine-Luftschiffe an der Eroberung der Baltischen Inseln beteiligt (S. 201). Eine für damalige Verhältnisse fahrtechnische Leistung erster Ordnung vollbrachte im November L/59, das von Mazedonien den Weg zum oberen Nil und zurück (zusammen gegen 7000 Kilometer) ohne Zwischenlandung machte (S. 459).
Bombenangriffe auf England.
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Raum selbst, sondern in dem gesamten vom An-und Rückfluge beunruhigten Raum. In den von Fliegeralarm betroffenen Gebieten stellten 75 v. H. der Munitionsarbeiter die Arbeit ein. Im ganzen wurden durch Nachtangriffe über 800 Personen getötet oder verletzt*), London hatte mit 538 Personen den größten Anteil. 31 Gebäude der Stadt wurden völlig zerstört, 162 schwer beschädigt, 75 sich ausdehnende Brandherde waren entstanden. Besonders schwer aber fiel die Wirkung aus die seelische Haltung der Londoner Bevölkerung ins Gewicht. Während der Angriffswelle Ende September stieg die Erregung ständig und versetzte die Negierung in Sorge.
Schließlich führten die Luftangriffe aber doch zur Versteifung des englischen Widerstandswillens. Sie wurden zum Anlaß genommen, um die Mannschaftswerbung anzuspornen und die nationalen Kräfte wachzurütteln. „Der großzügige Ausbau des ganzen Militärflugwesens in England während des Krieges und letzten Endes sogar die Schaffung eines gesonderten Luftfahrtdienstes sind zum größten Teil aus die von Bomben geschwängerte Atmosphäre zurückzuführen, welche in den englischen Städten explodierten" ?).
Als Erwiderung der deutschen operativen Luftangriffe führten die Franzosen und weiterhin auch die Engländer Bombenangriffe auf das deutsche Heimatgebiet durch. Die Hauptangrifse richteten sich gegen das lothringisch-luxemburgische Industriegebiet einschließlich Metz; die Zahl dieser Angriffe betrug nicht weniger als 43. Sie hatten das Ziel, durch Lahmlegung der wichtigsten Eisenbahnknotenpunkte das ganze Eisenerzbecken abzusperren. Dank der wirksamen Abwehr gegen die meist nicht einheitlich durchgeführten Angriffe wurde dies nicht erreicht. Fm übrigen wurden das Saargebiet zwölfmal, die Pfalz mit Mannheim und Ludwigshafen zehnmal, Stuttgart fünfmal, Frankfurt a. M. sowie Trier und Umgebung viermal, Freiburg i. Br., Ossenburg und Tübingen dreimal, Lahr und Oberndorf zweimal angegriffen.
Der durch feindliche Luftangriffe auf das deutsche Heimatgebiet verursachte Schaden war im Vergleich zur Zahl der Angriffe gering. Die Gesamtzahl der Toten und Verletzten betrug etwa 250.___________________________
1) Gesamtverlust in England im Jahre 1917 mehr als 2100 Personen.
2) Amtl. engl. Werk, „The War in the Air“, V, S. 153.
VII. Die Kriegführung der Gegner im Gommer und 6ecbft J9J7*
Seit das französische Heer infolge seiner mißlungenen Frühjahrs-offensive und innerer Zersetzung nur noch beschränkt angriffsfähig war, während das britische Heer in Flandern kämpfte, um die deutschen Unterseebootstützpunkte zu erobern, bestand zwischen den beiderseitigen operativen Maßnahmen kein unmittelbarer Zusammenhang mehr. Die Franzosen waren an der britischen Offensive nur mit ihrer 1. Armee (sechs Divisionen) beteiligt und hatten im übrigen durch ihre Angriffe, bei Verdun im August und gegen die Lauffaux-Ecke im Oktober, deutsche Kräfte zu binden versucht. Noch weniger als zwischen den Westmächten selbst konnte von einer Zusammenarbeit zwischen ihnen und dem russischen Heere die Nede sein; dieses verfiel seinem Schicksal, ohne daß die Westmächte helfen konnten. Auch das italienische Heer erhielt erst nach schwerer Niederlage durch ihre Unterstützung die Möglichkeit, der Offensive der Mittelmächte am Piave endgültig Halt zu gebieten; sechs französische und fünf britische Divisionen waren dazu im November nach Oberitalien entsandt worden*). DieAbgabe bedeutete für die britische Heersührung einen willkommenen Grund zur Einstellung der überaus verlustreichen und auch sonst enttäuschenden Offensive in Flandern.
Im Zusammenhang mit der Hilfeleistung für Italien ist es bei Besprechungen der führenden Generale und Staatsmänner in Rapallo am 5. November zur Vereinheitlichung der gemeinsamen Kriegführung durch Bildung eines „Obersten Kriegsrats" der Verbündeten gekommen. Ihm sollten neben den leitenden Staatsmännern Frankreichs, Englands und Italiens und je einem weiteren Regierungsmitglied je ein General der verbündeten Staaten als Berater angehören, und zwar der französische General-stabschef General Foch, der englische General Wilson, der bereits früher die Verbindung mit der französischen Heeresleitung zu halten gehabt hatte und das besondere Vertrauen des Premierministers Lloyd George wie der Franzosen genoßt), für Italien der bisherige Oberbefehlshaber des Heeres
!) 6.305.
a) Bd. XII, S. Ivsf.
#
oberster Kriegsrat. — Ersatzschwierigkeiten.
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General Graf Cadorna, für Amerika General Tasker H. Bliß. Dieser Oberste Kriegsrat, der monatlich einmal in Versailles zusammentreten sollte, hatte die Führung des Krieges im Großen zu überwachen, die Unterlagen für die Entschlüsse der Regierungen zu schaffen, deren Durchführung zu verfolgen und an die beteiligten Regierungen darüber zu berichten. Die Verantwortlichkeit der Oberbefehlshaber und Generalstäbe ihren eigenen Regierungen gegenüber blieb im übrigen unberührt. Mit dieser Regelung war ein erster Schritt aus dem Wege zum einheitlichen Oberbefehl getan. In der Frage der Hilfeleistung für Italien hatte der Oberste Kriegsrat sich zum erstenmal und mit Erfolg betätigt.
Die Verluste des Jahres 1917 waren schwer gewesen, beim französischen Heere rund 500000, beim britischen 800000 Mann, die nicht voll wieder erseht werden konnten, zumal da gleichzeitig vor allem Artillerie, Tankwafsen und Luststreitkräfte ausgebaut wurden.
In Frankreich waren daher bis zum 1. November 1917 bereits 235 Infanterie-Bataillone aufgelöst und der Bestand der Depots bei den Divisionen auf die Hälfte herabgesetzt worden, was einem weiteren Ausfall von etwa 100 Bataillonen gleichkam. Die Kopfstärke des Feldheeres an der Front im Westen (einschließlich Italien) war bis zum Jahreswechsel um 216000 Mann gesunken. Die noch im Gange befindliche Umwandlung der Divisionen zu vier Regimentern in solche zu drei konnte nicht mehr, wie ursprünglich beabsichtigt, der Aufstellung neuer Verbände dienen, sondern nur noch der Deckung von Ausfällen. Am 2. Oktober hatte General Petain die Auflösung von sechs Divisionen innerhalb Jahresfrist vorgeschlagen, für drei Divisionen wurde sie bereits im November angeordnet. Andererseits war gleichzeitig die Vermehrung der Feldartillerie um 100, der schweren um 250 Batterien beabsichtigt. Alles in allem aber mußte damit gerechnet werden, daß die Kopsstärke an der Front gegen Deutschland, wenn die Verluste aus bisheriger Höhe blieben, bis zum Herbst 1918 um voraussichtlich 700000 Mann sinken würde.
Auch beim britischen Expeditionsheere hatten die Ersatzquellen nicht ausgereicht, die Verluste zu decken. In den letzten Monaten waren durchschnittlich 15000 Fehlstellen entstanden. Da man die Bataillonszahl der Divisionen (zwölf) nicht herabsetzen wollte, mußten vier in der Heimat befindliche Divisionen aufgelöst werden. Die Artillerie blieb in ihrem Bestände im wesentlichen unverändert, Tankwafse und Luststreitkräste wurden vermehrt.
Die Lage war recht ernst geworden. Das führte in Frankreich dazu, daß am 16. November mit Clemenceau ein Mann von fanatischem Siegeswillen an die Spitze der Regierung berufen wurde. Das war
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Die Kriegführung der Gegner im Sommer und Herbst 1917.
einerseits ein Zeichen der schweren Not, in der sich Frankreich befand, andererseits aber auch ein Beweis für die Entschlossenheit, die das französische Volk noch beseelte. Als Ministerpräsident und Kriegsminister zugleich verkörperte er ebenso wie Lloyd George in England den Willen zur Fortsetzung des Kampfes bis zum vollen Endsiege.
In England hatten sich angesichts der ungeheuren Blutopser aber geringen Erfolge der Offensive in Flandern ernste Reibungen zwischen Lloyd George und den führenden Generalen ergeben. Da diese, ebenso wie die französische Heeresleitung, aber auch wie einige Mitglieder des englischen Kriegskabinetts der Ansicht waren, daß die Entscheidung unbedingt an der Westfront gesucht und daher dort der letzte Mann eingesetzt werden müsse, hatte der Premierminister darauf verzichtet, den Abbruch der Schlacht in Flandern zu verlangen. Ihr Verlaus schien ihm aber zu bestätigen, daß der Krieg durch Angriff gegen die deutsche Westfront nicht zum siegreichen Ende zu bringen, sondern daß Deutschland nur nach vorheriger Ausschaltung seiner Verbündeten, vor allem Osterreich-Ungarns, zu überwinden sei. In diesem Sinne war er, im Gegensatz zum Reichsgeneralstabsches, General Robertson, und zum Oberbefehlshaber des Expeditionsheeres, Feldmarschall Haig, schon frühzeitig für kräftige Unterstützung Italiens eingetreten, um es zum Angriff auf die Donaumonarchie zu befähigen. Mit der Herbstniederlage des italienischen Heeres war dieser Plan zerronnen. Der Gedanke, statt dessen nunmehr die türkische Front zum Einsturz zu bringen, ließ sich aus Mangel an Schiffsraum für den Transport von Truppen und Gerät einstweilen nur in der beschränkten Form des Angriffs auf Palästina ausführen.
Operativ bedeutungslose Geländegewinne an verschiedenen Stellen der deutschen Westfront, geringfügige auch am Balkan und etwas größere in Palästina waren seit dem Frühjahr die einzigen militärischen Erfolge der Entente gewesen. Sie wurden völlig überschattet durch das Ausscheiden Rußlands und Rumäniens, die Niederlage Italiens und schließlich auch den Erfolg des deutschen Gegenangriffs westlich von Cambrai bei gleichzeitigem Anhalten der würgenden Wirkung des Unterseekrieges und bedenklicher Schrumpfung der eigenen Wehrkraft. Der östliche Arm der Zange, in der man die Mittelmächte bisher zu erdrücken versucht hatte, war endgültig zerbrochen. Auf Sowjet-Rußland war überhaupt nicht mehr zu rechnen, auch die Hoffnungen auf die Ukraine entschwanden bald, nur im unbesetzten Teile Rumäniens war die französische Militärmission einstweilen noch tätig.
Durch die Gesamtheit dieser Verhältnisse und die Abgaben an das italienische Heer einerseits, durch das Freiwerden bisher gegen Rußland eingesetzter deutscher Truppen andererseits war an der Front in Frankreich
Gesamtlage und Hoffnung auf die Hilfe Amerikas.
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und Belgien ein Umschwung im Stärkeverhältnis eingetreten. Zum ersten Male seit Kriegsbeginn schien die zahlenmäßige Überlegenheit der Westmächte in Frage gestellt.
Die Hoffnung der Entente gründete sich jetzt hauptsächlich auf das Eingreifen des amerikanischenExpeditionsheeres. Dabei aber wurde ihre Geduld auf eine harte Probe gestellt. Bei aller Bereitwilligkeit der Bereinigten Staaten zu schneller Hilfe waren vor allem infolge von Aus-bildungs- und Transportschwierigkeiten bis Ende 1917 doch erst 145000 Mann amerikanischer Truppen in Frankreich eingetroffen. Der Oberste Kriegsrat mußte damit rechnen, daß das amerikanische Expeditionsheer erst im Laufe des Jahres 1918, unter Umständen erst im Jahre 1919, so stark sein werde, daß man wieder zum Angriff schreiten könne.
Das Jahr 1917 hat Präsident Poincar« als „l’annee trouble“ bezeichnet1). Die Initiative auf den europäischen Kriegsschauplätzen war der Entente entglitten. Sie mußte sich aus Abwehr beschränken. Haushalten mit den in bedrohlichem Maße schwindenden Kräften, bis die Amerikaner angriffsbereit waren, blieb die vordringlichste Aufgabe. Die Hoffnungen für die nächste Zukunft gründeten sich hauptsächlich auf Härte und Willen der beiden Persönlichkeiten, die jetzt die Geschicke ihrer Länder lenkten: Clemenceau und Lloyd George.
*) „Au Service de la France“, Bd. IX.
Mai/Juni.
VIII. Die Oberste Heeresleitung im Gommer und Herbst 191 und Rückblick auf die Kriegführung seit Herbst 1916.
In der Mitteilung der Obersten Heeresleitung: „Lage an der Westfront am 26. Mai 1917" waren zum ersten Male auch die Amerikaners erwähnt worden. Es hieß dort: Nach den Erfahrungen der Engländer seien für Ausstellung, Ausrüstung und Ausbildung größerer Verbände etwa zehn Monate erforderlich. Die Beanspruchung des Schiffsraums für die Versorgung der Entente schließe größere Mannschaftstransporte aus, und zwar um so mehr, solange der Unterseekrieg wirksam bleibe. Es könne daher dahingestellt bleiben, inwieweit die Entente in der Lage sei, starke amerikanische Kräfte nach Europa zu schaffen. Da die Reguläre Armee den Stamm für die Neusormationen abgeben müsse, stehe sie mit ihrer Masse vorläufig nicht zur Verfügung. Doch sei aus politischen Gründen die Überführung von ein bis zwei Divisionen nach Frankreich im Laufe des Sommers möglich. Die dann im Juni dort gelandeten ersten amerikanischen Truppen hatten anscheinend die Stärke einer Division, deren seldmäßige Ausrüstung aber noch unvollständig sein sollte. Aus mehr als zwei Divisionen rechnete man für das Fahr 1917 auf dem europäischen Kriegsschauplatz nicht, denn die Masse des Heeres könne vor Anfang 1918 nicht transportbereit sein und der Umfang der Transporte werde von dem dann noch verfügbaren Schiffsraum abhängen.
In einer Denkschrift vom 20. Juni hielt es Major Wetzell allerdings für recht fraglich, ob der Unterseekrieg das Eingreifen starker amerikanischer Heeresteile verhindern werde. Man müsse also die Zeit bis zu ihrem Wirksamwerden ausnutzen, „um durch aktives Handeln auf dem Landkriegsschauplah unseren Gegnern die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage klar vor Augen zu führen". Dies sei nur zu erreichen, wenn das Jahr 1917
*) Bd. XII, S. 166. — Die Mitteilungen „Lage an der Westfront" wurden von der Abteilung „Fremde Heere" bearbeitet und seit 26. Februar 1917, von General Ludendorfs unterschrieben, wöchentlich bis zu den Armee-Oberkommandos einschl. ausgegeben.
Eintreffen der Amerikaner und Untersee krieg.
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durch einen sichtbaren (Erfolg abschließe wie 1915 gegen Rußland und Serbien, 1916 gegen Rumänien. Nur aus diesem Wege bestehe „neben dem automatisch wirkenden U-Boot-Krieg die Möglichkeit, vielleicht zu einem Frieden noch im Jahre 1917, bevor Amerikas Hilfe wirksam werden kann, zu kommen". Er schlug vor, nach Abschluß der soeben begonnenen Offensive in Galizien und nachdem die Entscheidung in der in Flandern erwarteten Schlacht gefallen sei, einen Angriff gegen Italien zu führen, und wiederholte damit die schon mehrfach von ihm vertretene Auffassung1), daß ein gemeinsam mit dem österreichisch-ungarischen Heere geführter entscheidender Schlag die „schon weit gediehene innere Zersetzung des italienischen Volkes vollenden und es wahrscheinlich für einen Frieden gefügig machen werde".
Eine Stellungnahme des Generals Ludendorffzu dieser Denkschrift liegt nicht vor2). Bei ihm stand die Hoffnung, daß der Unterseekrieg bei gleichzeitiger erfolgreicher Abwehr im Westen und siegreicher Gegenoffensive im Osten die Gegner bis zum Winter zum Nachgeben zwingen werde, durchaus im Vordergründe. Das wiederum sehr hohe Versenkungs-ergebnis des Monats Funi, das auf mehr als eine Million Tonnen (Mai nur 870000 Tonnen) angegeben wurde, konnte solche Hoffnung wohl bestärken. Der Admiralstab hatte der Mitteilung hinzugefügt: „Diese Erfolge rechtfertigen volles Vertrauen in die unausbleibliche und entscheidende Wirkung auf unsere Gegner". Derselben Auffassung war auch General Ludendorff. Andererseits leitete ihn — wie er nach dem Kriege schrieb2) — der Gedanke, „Rußland und Rumänien zu schlagen, um 1918 die Entscheidung im Westen durch einen Angriff in Frankreich unter Mitwirkung des U-Boot-Krieges zu erstreben, falls dieser allein die erhoffte Wirkung noch immer nicht erzielt haben sollte".
Äußerste Sparsamkeit mit den eigenen Kräften war geboten, um unabweisbaren Forderungen einigermaßen gerecht zu werden. Solange mit Kriegsmüdigkeit und baldigem Nachgeben der Gegner gerechnet wurde, kam aber das Einsparen von Truppen durch freiwillige Zurücknahme von Frontabschnitten nur im äußersten Notfall in Frage; es wäre als Zeichen von Schwäche ausgelegt worden, hätte den Gegnern neuen Auftrieb gegeben, die Stimmung im eigenen Volke aber gedrückt. Daher wurde mit einer dem Nichteingeweihten fast kleinlich erscheinenden Ge-
’) S.ZSff.
') 6.37.
8) „Meine Kriegserinnerungen", 6.379; ähnlich auch in: „Kriegführung und Politik, S.198. %
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Die Oberste Heeresleitung im Sommer und Herbst 1917.
Dis Ende Juli.
nauigkeit über jeden Kräfteemfatz gewacht*), nachdem seit Anfang Zum im ganzen zehn deutsche West-Divisionen ohne Ersah nach dem Osten abgegeben waren. Selbst kleinste Angrisssunternehmungen mußten wegen des mit ihnen verbundenen Verbrauchs auf ihre Durchführbarkeit geprüft werden. Einschub auch nur einer einzigen Division mehr an einer Haupt-kampsftont zog das Bereithalten von zwei weiteren Divisionen zur Ablösung nach sich und verminderte dementsprechend die freien Reserven. Geradezu ängstlich mußte dauernd der Munitionsverbrauch geregelt werden.
Unterdessen nahm — abgesehen von Verhandlungen mit der Reichsleitung wie mit Österreich-Ungarn über Friedensfragen?) — vor allem die dauernd aufs äußerste gespannte Lage an der Westfront Aufmerksamkeit und Arbeitskraft der Obersten Heeresleitung voll in Anspruch. Alle operativen Erwägungen standen unter dem Drucke der seit dem 31. Juli entbrannten Abwehrschlacht in Flandern, aber auch der Bedrohung anderer Abschnitte durch wuchtige französische Teilangrisfe. Der Gegner schrieb durch seine große zahlenmäßige Überlegenheit das Gesetz des Handelns vor. Von der Lage im Westen hing es ab, mit welchen Kräften die begonnene Gegenoffensive im Osten fortgesetzt und weitere Angriffs-Unternehmungen eingeleitet werden konnten. Bis zur Grenze des Möglichen hat die Oberste Heeresl.eitung die Westfront geschwächt, um die Unter-
i) Am 25. guli, bei gespannter Lage vor Verdun, mahnte die Hgr. Deutscher Kronprinz offensichtlich auf Veranlassung der Q. H. L. die Oberbefehlshaber ihrer Armeen, „sich mit ihrer ganzen Person für weitgehendste Sparsamkeit mit Kräften und Munition einzusehen".
Nach einer Aufzeichnung des Generals von Kühl vom 2.August 1917 (während der Schlacht in Flandern) verlangte General Ludendorff an diesem Tage, daß die Gruppe Ypern der 4. Armee statt vier nur drei Division in ihre Front einschiebe. „Sonst können die Operationen im Osten nicht durchgeführt werden." Auch bei der Gruppe Wytschaete sollte möglichst eine Division herausgezogen werden.
Eine Tagebuch-Aufzeichnung vom 16. August lautet: „... Ludendorff rief mich gestern abend an, die Munition reicht nicht, die 4. Armee müsse weniger feuern.“
Am 20. August heißt es in den Aufzeichnungen des Generals von Kühl: „Ludendorff ruft an, wie lange wir mit unseren eigenen Kräften die Schlacht in Flandern durchkämpfen können. Danach werde entschieden, ob die Operation bei Mitau gemacht werden kann oder nicht." Antwort: Es geht bis Anfang Oktober, doch müßten wir dann die Divisionen schon zum dritten Male einsetzen.
Am 18. Oktober, angesichts französischer Artillerievorbereitung gegen die Laffaux-Ecke, heißt es im Kriegstagebuch der Hgr. Deutscher Kronprinz: „Von O. H. L. Hinweis, daß mit Gasmunition zu sparen ist, nachdem erst kurz vorher auch auf Sparsamkeit mit Brisanz-Munition für l. F. H. und s. F. H. hingewiesen wurde."
Am gleichen Tage antwortete die O. H. L. auf eine Meldung dieser Heereegwppe über unzureichende Luftstreitkräfte, daß, „solange der Grohkampf in Flandem dauert, nennenswerte Verstärkungen an Luftstreit- und Flakkräften nicht zugeführt werden können .
-) S. 14f.
Gespannte Lage an der Westfront.
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nehmungen gegen Rußland in Gang zu setzen und im Gang zu halten und damit zunächst einmal im Osten den Krieg zum Abschluß zu bringen. „Die Kriegslage verlangte, daß ich Schweres auf mich nahm, so Schweres, daß es auch an mir rüttelte" — schrieb General Ludendorsf nach dem Kriege1) — „... Don dem Deutschen Kronprinzen wurde mir im Lause der Ereignisse oft gesagt, ich solle die Lage im Westen nicht überspannen... Konnte die Oberste Heeresleitung das Festlegen der Divisionen im Osten überhaupt verantworten? Richt nur der Deutsche Kronprinz, auch einzelne sehr ruhig denkende Chefs2) schüttelten den Kopf."
Die Abwehrsront vor Verdun hatte man nicht so ausstatten können, wie es erwünscht gewesen wäre, und doch auch zum Ausweichen sich nicht entschließen können. Es entstand vorübergehend eine so gespannte Lage, daß General Ludendorsf am 13. August zum Angriff auf Riga bestimmte Divisionen zum Abtransport nach dem Westen bereitstellen ließ und, als am 20. August morgens der französische Angriff bei Verdun einsetzte, ihre Verladung befahl. Verdun wurde ein schwerer Rückschlag, nachdem erst zwei Tage vorher ein neuer gewaltiger Ansturm der Italiener gegen die österreichisch-ungarische Südwest-Front und auch am Isonzo eine bedenkliche Lage geschaffen hatte. Trotzdem entschloß sich General Ludendorff bereits am Nachmittag des 20. August, die Ost-Divisionen zum Einsatz gegen Riga wieder freizugeben. Denn alles in allem beurteilte er nach dem Siege in Galizien und nach erfolgreicher Abwehr der englischen Großangriffe vom 31. Juli, 10. und 16. August in Flandern die Gesamtlage doch nicht ungünstig2).
In der „Auffassung der Lage4") vom 22.August wurden die geringen Erfolge der englischen Dauer- und Massenanstürme in Flandern wie auch der neuesten französischen Angriffe vor Verdun dem so viel größeren Ergebnis der deutschen Offensive im Osten gegenübergestellt. Weiter hieß es:
„Sollten die Angriffe unserer westlichen Gegner beweisen, daß sie doch nicht mehr aus die amerikanische Hilfe warten können?... Die Konferenz in London2) verlies nicht zur Zufriedenheit der Teilnehmer.
‘) „Meine Kriegserinnerungen", S. 379 ff.
2) Wer damit gemeint war, ist nicht bekannt.
*) S. 16.
4) Die „Auffassung der Lage" wurde von der Polit. Abtlg. der O. H. L. bearbeitet und, von General Ludendorff unterschrieben, nach Bedarf an die Heeresgruppen sowie an die militärischen Vertreter bei Bundesgenossen und Neutralen ausgegeben. l) Sie hatte am 7. und 8. August stattgefunden.
Weltkrieg. XIII. Sb. 21
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Die Oberste Heeresleitung im Sommer und Herbst 1917.
End« August. Italiens Eroberungspläne fanden nicht die volle Billigung. Die kleinen Staaten waren gar nicht hinzugezogen. Das neue Schlagwort .Elsaß-Lothringen' zieht nicht mehr, um die Kriegsmüdigkeit Frankreichs zu unterdrücken. Ribot, ja auch die Präsidentschaft Poincares sind in Gefahr. Fn England sind gleiche Anzeichen, daß die inneren Verhältnisse sich schwieriger gestalten. Der Fortgang Hendersons4) und die Mittel Lloyd Georges, sich am Ruder zu erhalten, sind kennzeichnend für die Auffassung der Arbeiter gegen die Regierung. Die Wirkung des U-Boot-Krieges tritt mit zwingender Kraft immer mehr in die Erscheinung. Daran wird auch eine vorübergehende Verringerung der U-Boot-Erfolge wie im Mai nichts ändern. Sie ist eine natürliche Erscheinung, bedingt durch größere Überholungen nach jeder Zeit besonders wirksamer Tätigkeit. England fordert seine an Frankreich geliehenen Schiffe zurück."
Eine Verringerung der Ergebnisse des Unterseekrieges war - wie um diese Zeit bekannt wurde — im Juli tatsächlich eingetreten; sie waren aus 811000 Tonnen gesunken. Admiral von Holhendorfs aber war seiner Sache nach wie vor gewiß. Er hatte gelegentlich eines Besuches an der Front der 4. Armee am 20. August Kronprinz Rupprecht gegenüber sogar versichert^), „seiner Meinung nach werde der U-Boot-Krieg England bereits bis Ende Oktober niederzwingen". Den Rückgang der Versenkungsziffern führte der Admiralstab 3) auf. verminderten Seeverkehr und nicht auf Verstärkung der feindlichen Abwehr zurück. Immerhin weckte dieser Rückgang bei der Obersten Heeresleitung Bedenken.
„Sechs Monate des U-Boot-Krieges" — schrieb General Ludendorff nach dem Kriege4) — „waren verflossen. Er hatte viel, rein zahlenmäßig mehr, aber in seinem Enderfolge nicht das geleistet, was vorausgesagt war. Roch hatte ich die Hoffnung, daß die Vermutungen der Marine sich doch in naher Zeit erfüllen würden." Am 28. August ging eine von ihm persönlich entworfene Anftage an den Chef des Admiralstabes: Der Tauchboot-krieg weise nur geringe Ergebnisse aus; er würde es nicht für zweckmäßig halten, wenn — wie gesagt worden sei — Unterseeboote für Kampfzwecke zurückgestellt würden. Admiral von Holtzendorsf antwortete in beruhigendem Sinne.
*) Minister und Führer der Ladour-Partei.
a) Aufzeichnung des Kronprinzen Rupprecht von diesem Tage („Mein Kriegstagebuch« n, S. 248).
*) Aufzeichnung des Kronprinzen Rupprecht vom 28. August 1917 („Mein Kriegstagebuch« II, S. 251). Die dort erwähnte „Denkschrift« des Admiralstabes konnte nicht ermittelt werden.
*)„Meine Kriegserinnerungen«, 6.348.
Sinkende Ünterseekriegs-Ergebnisse. — Entspannung im Westen.
523
Als unterdessen am 23. August die österreichisch-ungarische Heeresleitung mit der Bitte um deutsche Unterstützung gegen Italien vorstellig wurde, da sie sonst weiteren Anstürmen des Gegners nicht standzuhalten vermöge, war der Widerstandswille Rußlands trotz großen Erfolges in Galizien noch keineswegs gebrochen. Die galizische Offensive war an der russischen Grenze zum Stehen gekommen, und in Rumänien war nichts Entscheidendes erreicht. Die Regierung Kerenski hatte die Leitung durchaus in der Hand. Sie stand ebenso wie die rumänische fest zur Entente und wurde von dieser, vor allem auch von Amerika, nach Kräften unterstützt. Von dem jetzt unmittelbar bevorstehenden Angriff auf Riga wurde weitere Wirkung erhofft. Die dann folgende Offensive in die Moldau sollte die entscheidende Wendung der Lage im Osten bringen. Der Entschluß, statt dessen nach Abschluß des Unternehmens gegen Riga und, sofern es die Lage im Westen gestattete, sechs Divisionen an den Zsonzo zu geben, ist General Ludendorff besonders schwergefallen; er wollte sie daher auch nur für kurze Zeit und nicht weiter als bis zum Tagliamento zur Verfügung stellen.
Im Westen aber schien sich die Lage doch allmählich zu entspannen; seit zwei Wochen hatte kein englischer Großangriff mehr stattgefunden. Beim Kronrat am I I. Septembers gewann die Oberste Heeresleitung den Eindruck, daß ein Friedensfühler von englischer Seite vorliege.
Bei einer Besprechung, zu der am 19. September die Generalstabs-chefs der drei westlichen Heeresgruppen sowie des Oberbefehlshabers Ost, der Heeressront Erzherzog Josef und der Heeresgruppe Mackensen, ferner General von Cramon nach Kreuznach gekommen waren, gab General Ludendorss — nach Tagebuchauszeichnungen des Generals von Kühl vom 20. September^) — folgendes Bild der Gesamtlage: „Eine große Offensive bei uns im Westen kommt nicht in Betracht. Die Engländer und Franzosen haben mit den stärksten Mitteln keinen Durchbruch zustande gebracht.
:) S. 17. — Nach einer Aufzeichnung des Kronprinzen Rupprecht vom 12. September 1917 („Mein Kriegstagebuch" II, S. 260) lagen Nachrichten vor, nach denen „England allmählich des Krieges müde zu werden" schien. Dort heißt es weiter: „Wie ein aus dem Osten kommender General mir sagte, hatte er (Ludendorff) kurz vor der Einnahme von Riga (Z. September) erklärt, seiner Überzeugung nach werde der Krieg noch in diesem Winter zu Ende gehen."
2) Ergänzt durch Aufzeichnungen des Kronprinzen Rupprecht von Bayern („Mein Kriegstagebuch" II, S. 263) vom 20. September nach dem ihm von General von Kühl erstatteten Bericht. Dabei heißt es zum Schluß: „gm Großen Hauptquartier meint man, er Krieg werde noch in diesem Jahre zu Ende gehen". Die Akten enthalten nichts über I Besprechung. Bei Hans von Geeckt: „Aus meinem Leben" (6.607s.) wird die Besprechung lediglich erwähnt. Was den Anstoß zu ihr gegeben hat, ist nicht bekannt.
September.
21*
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Die Oberste Heeresleitung im Sommer und Herbst 1917.
s.pt«nb«r. In Italien sind die inneren Verhältnisse sehr gespannt, es kann eine Revolution geben. In Frankreich ist die Stimmung der Armee besser als im Mai... Unsere Ersatzlage ist schwer." Für das Wirtschaftsleben seien 1026000 Kriegsverwendungsfähige zurückgestellt; man hoffe etwa 300000 davon herauszuziehen. Der Ersahbedarf betrage für Preußen zur Zeit monatlich 44000 Ausgebildete, 16000 Rekruten1); bis Januar sei er gedeckt, von da ab schwierig, da der nächste Jahrgang (1900) erst im Herbst 1918 eingezogen werden könne. „Von diesem Gesichtspunkt aus sind alle Unternehmungen zu unterlassen, die nicht nötig sind." Die Pferde-lage sei sehr ernst; die Futterlage werde auch durch die neue Ernte nicht gebessert. Im Verbrauch von Benzin sei äußerste Sparsamkeit geboten, doch hoffe man im Frühjahr weiteres Benzin aus Rumänien zu erhalten. Durch Explosion einer großen Pulverfabrik sei die Pulvererzeugung um ein Achtel zurückgegangen. Die Kohlenfrage sei sehr schwierig. „Aber alle diese Schwierigkeiten sind auch beim Feind. Sie werden keinen entscheidenden Einfluß auf unsere Kriegslage haben"2), ottos«. Ant 3. Oktober lag bei der Obersten Heeresleitung eine Agentenmeldung vor, nach der England den Krieg zu beenden suche, bevor Amerika sein Schwert in die Waagschale geworfen habe, denn es fürchte dessen Übergewicht für die Friedensfragen und suche daher durch militärische Erfolge wie durch andere Mittel einen annehmbaren Frieden. Als dann tags daraus die Meldung eines anderen Agenten einging, die militärische Situation der Entente dränge zur Entscheidung, es sei daher mit energischer Fortsetzung der Angriffe an der Westfront zu rechnen, hielt General Ludendorff diese beiden Nachrichten doch für so bedeutsam, daß er sie mit der Einleitung: „Zwei zuverlässige Agenten melden" an die Heeresgruppen Kronprinz Rupprecht und Deutscher Kronprinz weitergehen ließ. Soweit aus den Akten erkennbar, unter dem Eindruck dieser Nachrichten, daneben wohl auch angesichts der immer schwieriger werdenden und stets überaus verlustreichen Abwehr der feindlichen Großangriffe im Westen, zuletzt am 4. Oktober in Flandern mit wiederum mehr als 4000 Gefangenen, fragte er am 6. Oktober früh bei der 4. Armee
!) Für Bayern, Sachsen und Württemberg war noch knapp ein Drittel hinzuzurechnen, so daß sich der Gesamtbedarf auf etwa SöOM Ausgebildete und 21 OCX) Rekruten gestellt haben dürfte.
2) Ebenfalls im September (Tag unbekannt) sprach General Ludendorff in einem Brief an den Verleger der Königsberger Allgemeinen Zeitung, Alexander Wyneken, ähnliche Gedanken aus: „Fch kann aus innerster Überzeugung sagen: Unsere Lage ist trotz Österreich-Ungarn besser wie die der Entente ... Wir haben also allen ©rund, unsere Nerven zehn Minuten länger wie unsere Feinde zu behalten. Hierauf kommt es an" („Am heiligen Quell deutscher Kraft, Ludendorffs Halbmonatsschrift" vom 5.Mai 1939).
Vorübergehende Hoffnung auf Einlenken der Gegner.
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und der Heeresgruppe Kronprinz Nupprecht an, wie oft der Feind dort noch angreifen werde, und fügte hinzu: „Wenn wir diesen Herbst durchhalten, haben wir gewonnen'"). An die Heeresgruppe ließ er unmittelbar darauf ein eigenhändig entworfenes Fernschreiben abgehen, das mit den Worten begann: „Für den Ausgang des Krieges ist die Erhaltung der eigenen Kraft in Flandern von ausschlaggebender Bedeutung. Halten wir dort kampfkräftig bis Winterbeginn durch, so ist unsere Lage ein sehr gute. Wir dürfen uns daher nicht zerschlagen lassen und müssen Geländeverluste in den Kauf nehmen, um dies Ziel zu erreichen. Die Sicherung unserer U-Boot-Basis läßt aber nur beschränkten Geländeverlust zu". Eine Woche später, nach den Abwehrerfolgen des 9. und 12. Oktober, meinte er daher, „dah wir möglichst wenig Gelände dem Gegner preisgeben sollten, da ja doch bis in 14 Tagen alles gewonnen sei"2).
Die hier zutage tretende Auffassung, dah der Krieg den Winter nicht überdauern werde, scheint aber doch nur noch kurze Feit bestanden zu haben. Der Grund lag vielleicht in dem weiteren Absinken der Erfolge des Unterseekrieges. Im August war die Versenkungszisser nicht wieder gestiegen, im September war sie gar mit 672000 Tonnen auf den niedrigsten Stand seit Beginn der warnungslosen Torpedierungen am 1. Februar heruntergegangen. Obgleich diese Form des Handelskrieges zur See nun volle acht Monate (statt der vom Admiralstab ursprünglich veranschlagten fünf) gewirkt und, soweit die Meldungen erkennen ließen, über Erwarten hohe Ergebnisse gebracht hatte2), war von einer ernst zu nehmenden Neigung zum Einlenken, trotz gelegentlich anders lautender Nachrichten, bei den Gegnern immer noch nichts zu spüren. Im großen und ganzen schien der Tiefstand ihrer Stimmung, der im Mai-Juni geherrscht hatte, überwunden. Sie stellten ihren Völkern in Aussicht, daß im Frühjahr 1918 das Eingreifen des amerikanischen Heeres den Sieg bringen werde, und stärkten dadurch ohne Zweifel den Willen zum Durchhalten und
*) Aufzeichnung des Gen. von Kühl vom 6. Oktober 1917. (Ähnlich Kronprinz Rup-precht an demselben Tage: „Mein Kriegstagebuch", S. 268.)
!) Aufzeichnung des Kronprinzen Rupprecht vom 13. Oktober („Mein Kriegstagebuch" n, S. 272). Generaloberst von Einem schrieb am 16. Oktober („Ein Armeeführer erlebt den Weltkrieg", S. 344): „Die Kriegslage wird als sehr günstig angesehen".
Worauf sich die Zuversicht der O.H. L. außer auf die militärische Lage (Flandem, Landung auf Osel) gegründet haben könnte, hat sich bisher nicht feststellen lassen. Dah etwa die Reichstagsrede des Staatssekretärs von Kühlmann vom 9. Oktober mit dem Satze: „Außer dem französischen Wunsche auf Elsah-Lothringen soll es kein Friedenshindernis geben" — mitgesprochen hat, ist kaum anzunehmen, da sie letzten Endes eine scharfe Absage an Frankreich enthielt und seit dem 10. Oktober bekannt war, daß England in dieser Frage hinter Frankreich stehe. So bedeutete sie vielmehr das Ende aller Friedensanknüpfungen.
3) Bd. XII, S. 83 und 539. Gemeldete Versenkungsergebnisse S. 448.
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Die Oberste Heeresleitung im Sommer und Herbst 1917.
ouofrtr. die Kampffreudigkeit. Aber auch von der durch den Unterseekrieg erhofften Entlastung der deutschen Westfront war bei den bisherigen Kämpfen wenig zu merken, es sei denn, daß ohne den Unterseekrieg die feindliche Übermacht an Zahl und Material noch erdrückender gewesen wäre. Als die Oberste Heeresleitung beim Admiralstab wegen wirksamerer Störung der Transporte zwischen England und Frankreich anfragen ließ, antwortete Admiral von Holtzendorff am 24. Oktober: Größtmögliche Störung werde dauernd angestrebt; seit 1. Februar seien im östlichen Kanal, wo der Transportverkehr im wesentlichen stattfinde, 104 Schiffe mit 167434 Tonnen versenkt worden; mehr Boote als bisher dort anzusetzen, sei aber wenig aussichtsvoll und entzöge diese dem Unterseekrieg in lohnenderen Gebieten.
Fn der nach Abschluß des Monats Oktober herausgegebenen „Auffassung der Lage" (seit dem 22. August war keine mehr erschienen), die die Oberste Heeresleitung an die militärischen Vertreter bei Bundesgenossen und Neutralen verteilen ließ, hieß es: „In kurzen Pausen folgen sich die Großkampftage in Flandern. Das beweist, wie der U-Boot-Krieg wirkt. England versucht alles, um vor dem Winter unseren U-Booten ihre Stützpunkte an der flandrischen Küste zu nehmen. Kein Einsatz an Menschen und Material wird gescheut. Heftiger sind die Kämpfe denn je. Unsere Front hält aber und wird halten". Weiter wurden Mitteilungen über die Erfolge gegen Rußland und Italien sowie über politische und wirtschaftliche Verhältnisse gemacht. Der Unterseekrieg wurde also erwähnt, großes Vertrauen auf seine Wirkung als alleiniges Mittel zur Kriegsentscheidung hatte man aber offensichtlich nicht mehr1).
Unterdessen war am 23. Oktober in dem voll gelungenen französischen Ansturm gegen die Lassaux-Ecke die wieder erstarkte Angriffskraft des französischen Heeres klar zum Ausdruck gekommen. Tags darauf hatte aber auch die deutsch/österreichisch-ungarische Offensive zur Entlastung der Front des Verbündeten gegen Italien mit glänzendem Anfangserfolg End« Oktober, begonnen. In Flandern ging das schwere Ringen weiter. Der Verlauf der Schlacht veranlaßte zu Erwägungen darüber, wie zu verfahren sei, um der Wiederholung des bisherigen kräfteverzehrenden Ab-wehrkampfes in der Zukunft vorzubeugen. Nachdem die ver-
x) Am 6. Nov. heißt es in einer Tagebuchaufzeichnung des Gen. von Kühl: „Man hört wenig mehr vom U-Boot-Krieg. Ich glaube, es war ein Schlag ins Wasser". — Am 11. Nov. wird in den Aufzeichnungen des Gen. Ob. von Plessen aus dem Marinevortrag beim Kaiser die Schwierigkeit angedeutet, den Unterseekrieg in bisheriger Stärke fortzusetzen: „Die angespannteste Fabrikation unserer U-Neubauten ist erforderlich, um nicht mit den Monatserfolgen zurückzugehen. Aber die Materialbeschaffung, die Kommunikationsschwierigkeiten und der Arbeitermangel sind erhebliche Erschwernisse".
Künftige Führung der Abwehr im Westen.
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schiedenen Versuche, die im Frühjahr bewährte Taktik dem neuen Angriffsverfahren der Gegner, vor allem der gesteigerten Artilleriewirkung und den Angriffen mit beschränktem Fiel, anzupassen, nicht befriedigt hatten, sann die Heeresgruppe Kronprinz Nupprecht auf neue Abhilfen. Die Unterlage bildete ein Bericht der 4. Armee1), in dem diese ausgeführt hatte, daß man mit Abwehr allein auf die Dauer nicht auskomme; nur durch Angriff könne der Gegner endgültig ausgehalten werden. Fehlten zum Angriff die Kräfte, so ergebe sich für das Frühjahr 1918 die „Frage, ob wir uns auch dann den sicher einsetzenden zermürbenden Dauerangrifsen des Gegners aussetzen sollen, oder ob es sich empfiehlt, planmäßig auszuweichen und dann gegen den nachdrängenden Gegner offensiv zu werden". Solche Operation bedürfe aber eingehender Vorbereitung von langer Hand.
Diesen Bericht legte die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht am 25. Oktober der Obersten Heeresleitung mit einer „Denkschrift" vor. Sie ging davon aus, daß die Kräfte wahrscheinlich auch im Fahre 1918 nicht ausreichen würden, um die englische Offensive durch Angriff auf die Dauer zum Stehen zu bringen. Sie würden nicht einmal ausreichen für eine „Entlastungsoffensive"; nur „Gegenangriffe kleineren Umfangs" kämen in Frage. Für einen solchen bei Gheluvelt trat die Heeresgruppe ein, doch fehlten ihr auch dazu die Mittel. Im Spätherbst würden Erschöpfung und Ungunst der Jahreszeit der englischen Offensive ein Ziel setzen. Im Jahre 1918 sei im Westen, wenn nicht etwa das Ostheer frei werde, nach Eintreffen der Amerikaner aus gesteigerte feindliche Überlegenheit zu rechnen, während wir eine „bemessene Verstärkung" nur an Fliegem und Maschinengewehren erreichen könnten. Die Ersatzlage werde noch mehr als bisher' zu sparsamer Verwendung der Menschenkräfte zwingen. „Eine große Offensive unsererseits würde angesichts der starken Überlegenheit der feindlichen Reserven sich allmählich totlaufen. Sie könnte daher den Feind auch auf die Dauer nicht hindern, selbst durch Angriff die Entscheidung zu suchen. Ebensowenig werden wir uns aber auf eine Abwehr der feindlichen Offensiven in wohlvorbereiteten Abwehrschlachten beschränken dürfen... Wir dürfen dem Feinde nicht den Gefallen tun, uns in großen Materialschlachten allmählich zerschlagen zu lassen", deren Nachteile auch durch Änderung des Kampfverfahrens oder Vermehrung der Maschinengewehre nicht ausgeglichen werden könnten. „Wir müssen also den feindlichen Angrifssschlachten ausweichen", um zu »stärkeren, ausfallartigen Ofsensivschlägen" befähigt zu sein. Aber auch das würde im wesentlichen nur Kampf um Zeitgewinn bedeuten.
') 6. 86.
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«xd« Ottos«. Geländeverlust dürfe bei ihm „weniger eine Rolle spielen als das Ziel, den Feind durch Schläge möglichst zu schädigen und unsere Menschen möglichst zu sparen". Man könne dabei aus der Schwerfälligkeit der Engländer Nutzen ziehen und daraus, daß sie zu großen Angriffsschlachten ihr Material in langer Vorbereitung festlegen müßten. Auch der Vorteil, daß wir weit in Feindesland stehen und dieses streifenweise der Zerstörung durch den Kamps preisgeben könnten, müsse verwertet werden. Ob man in Flandern im Frühjahr wiederum die Abwehrschlacht mit allen ihren Nachteilen annehmen oder ihr planmäßig ausweichen solle, hänge aber davon ab, wie hoch der Schutz der Unterseeboot-Basis zu stellen sei. Um die erforderlichen Vorbereitungen rechtzeitig treffen zu können, sei eine Entscheidung der Obersten Heeresleitung über die Grundzüge der künftigen Operationen erwünscht1).
Die Geschehnisse an der Laffaux-Ecke mit außergewöhnlich schweren Einbußen an Gefangenen wie an Gerät2) hatten die von der 4. Armee wie von der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht betonte Aussichtslosigkeit der reinen Abwehr erneut grell beleuchtet. Es waren ähnliche Erfahrungen, wie man sie bereits im Wytschaete-Bogen und dreimal vor der Nordftont von Verdun gemacht hatte. Als der Verbindungsoffizier der Obersten Heeresleitung bei der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz am 24. Oktober meldete: „Der Verlauf der Schlacht an der Laffaux-Ecke hat erneut gezeigt, daß konzentrisch von allen Seiten zu fassende, durch Vergasung nach rückwärts leicht abzusperrende Stellungen, trotz bester Organisation der Abwehr auch durch gute Truppen, gegen eine solche Feuervorbereitung, wie die Franzosen sie jetzt zusammenfassen, nicht zu halten sind", hatte General Ludendorff daneben geschrieben: „Das wollen wir beherzigen". Zu demselben Ergebnis war die Heeresgruppe Deutscher Kronprinz in einer der Obersten Heeresleitung eingereichten Verfügung, ebenfalls vom 24. Oktober, gekommen, in der sie mahnte: „Wir müssen aus den hierdurch bestätigten Erfahrungen dieses Jahres... die notwendigen Lehren ziehen..." Die Zurücknahme der Front von dem lange und heiß umstrittenen Höhenrücken des Chemin des Dames wurde eingeleitet. Bei der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht fragte General Ludendorff an, wie man bei St. Quentin, wo die Abwehrverhältnisse ebenfalls ungünstig lagen, den Großkamps führen wolle: „Ist dort bereits die Möglichkeit
l) Zu diesen Vorschlägen zeichnete General von Kühl am 24. Oktober in seinem Tagebuch auf: „Ich bin neugierig, was die Oberste Heeresleitung dazu sagen wird. Vielleicht: wir seien schlappe Leute. Man muß aber die Wahrheit sagen".
*) Der französische Heeresbericht meldete bereits am 24. Okt. 7500 Gefangene und 20 Geschütze, abschließend am A. Nov. 11000 Gefangene und 200 Geschütze.
Künftige Führung der Abwehr im Westen.
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vorhanden, um einige Kilometer auszuweichen?" An den Admiralstab ging die Frage, ob es mit erfolgreicher Fortführung des Unterseekrieges vereinbar sei, bei nötig werdendem Ausweichen in Flandern die dortigen Unterseeboot-Stützpunkte auszugeben*).
So schlotz sich General Ludendorfs in seiner Antwort vom 28. Oktober den von der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht vorgebrachten grundsätzlichen Gedankengängen „im allgemeinen" an, ohne allerdings näher auf sie einzugehen. Im einzelnen bemerkte er, ein Entlastungsangriff bei Gheluvelt sei nur möglich, wenn die englischen Angriffe nachliehen und die Heeresgruppe selber die nötigen Kräfte (es handelte sich um drei bis vier Divisionen) auszusparen vermöge. Aus keinen Fall könne sie bei der jetzigen Lage auf dem Westkriegsschauplah auf vermehrte Zuführung von Divisionen rechnen. Für einen von der 4. Armee angeregten Gegenangriff in der Richtung Armentieres—Bailleul, wie ihn früher die Heeresgruppe ähnlich auch schon vorgeschlagen hatte2), der aber erst im Frühjahr ausgeführt werden sollte und nur taktischen Erfolg und Zeitgewinn bringen konnte, erbat General Ludendorss einen allgemeinen Entwurf. „Wenn er durchführbar wäre, so müßte er so früh als möglich beginnen, um der Einwirkung der Amerikaner zuvorzukommen. Andererseits müßten dazu so starke Kräfte eingesetzt werden, als nur irgend möglich... Dann würde auch das zu steckende Ziel, die Engländer zu schlagen... und die englische Flandern-Offensive aufzuhalten, erreicht und vielleicht eine ganz neue Kriegslage geschaffen werden". In diesen Worten blickte bereits die Hoffnung durch, im Frühjahr möglicherweise doch zu einer größeren Offensive stark genug zu sein.
Mit der Frage, wie der Krieg im kommenden Jahre weiterzuführen sei, hatte man sich bei der Obersten Heeresleitung, da die kriegsentscheidende Wirkung des Unterseekrieges auf sich warten ließ, in zunehmendem Maße beschäftigt. „Es war zu erwägen" — so schrieb General Ludendorff später2) — „ob die Oberste Heeresleitung ähnlich wie im Frühjahr 1917 den Ausgang des Krieges allein auf den Erfolg des U-Boot-Krieges aufbauen sollte. Jenes uneingeschränkte Vertrauen hatte sie zu ottob«. dieser Waffe nicht mehr, selbst wenn sie auch weiterhin von ihrem Wirken bedeutungsvollste Unterstützung erhoffte. Der U-Boot-Krieg war ein sehr wesentliches Mittel zum Siege geblieben, aber nicht mehr das alleinige".
*) Aufzeichnung des Kronprinzen Rupprecht vom 11. Nov. („Mein Kriegstagebuch" II»
S. 287). — Andere Quellen fehlen.
2) 6.62.
S) „Kriegführung und Politik", S. 207.
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Die Oberste Heeresleitung im Sommer und Herbst 1917.
o«»b«r. So war allmählich der Gedanke herangereift1), „neben dem Angriff der Marine zur See auch zu Lande wieder zum Angriff, das heißt von der »Ermattungsstrategie' zu einer unmittelbar die Entscheidung suchenden Kriegführung überzugehen, um den Sieg zu erringen, bevor die Streitkräfte der Vereinigten Staaten wirksam eingreifen konnten".
Dieselben Gedanken finden sich in einer Denkschrift des Majors Wetzell vom 23. Oktober:
«Wie sind unter Betrachtung unserer Lage im Frühjahr 1918 unsere Operationen im Winter 1917/18 zu führen und welche Vorbereitungen imFrühjahr 1918 zu treffen?" Diese Frage findet sich damit zum ersten Male in einer Niederschrift bei der Obersten Heeresleitung, während sie vorher nur gelegentlich mündlich berührt worden ist. Major Wetzell legte einleitend dar: „Wollen wir uns keinen Trugschlüssen hingeben, so müssen wir damit rechnen, daß der Zusammenhalt der Entente den Winter übersteht, daß Rußland nicht abfällt und damit auch weiter erhebliche Teile unserer Kräfte im Osten bindet. Wir müssen ferner damit rechnen, daß mit Beginn des Frühjahrs 1918 die Amerikaner dem Westkriegsschauplah beträchtliche Kräfte zugeführt haben werden (10 bis 15 Divisionen). Als Leitgrundsah unserer militärischen Gesamtlage bleibt nach wie vor, daß die Entscheidung auf dem Westkriegsschauplatz fällt". Es gelte daher, „dem Engländer einen vernichtenden Schlag beizubringen, bevor die amerikanische Hilfe wirksam werden kann'"). Nach diesem Ziel müsse das gesamte Handeln aus allen Kriegsschauplätzen im Winter eingerichtet werden. Bei der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz sollten daher durch teilweises Zurücknehmen der Front, „Gudtun-Bewegung'"), 20 Divisionen frei gemacht werden, 15 weitere Divisionen müsse die Ostfront geben. Dazu sei aber nötig, den Russen, denen nach der Wegnahme von Riga und Iakobstadt soeben auch die Baltischen Inseln entrissen worden waren, sowie den Rumänen vorher eine vernichtende Niederlage beizubringen, da andernfalls die Russen „trotz des inneren Wirrwarrs" unter dem Hochdruck der Entente, vor allem Amerikas, bis zum Frühjahr militärisch wieder erstarken könnten. Zu diesem Angriff an der Ostfront brauche man fünf Divisionen, von der italienischen Front; die beiden anderen dorthin abgegebenen wären der Westfront zuzuführen.
*) „Kriegführung und Politik", S. 196.
S) Weiteres über den geplanten Angriff im Westen in Bd. XIV.
3) Bd. XII, S. 553.. — Kronprinz Rupprecht zeichnete bereits am 29. August auf („Mein Kriegstagebuch" II, S. 251): „Die Oberste Heeresleitung trägt sich mit dem Gedanken, bis zum Frühjahr durch Beziehen der Gudrun-Stellung eine weitere Verkürzung der Front herbeizuführen".
Major Wetzell über die künftigen Operationen.
331
Sollten allerdings die Westmächte erhebliche Kräfte zur Stützung der Italiener nach Oberitalien bringen, so bekäme die Lage „selbstredend ein anderes Gesicht, und die beabsichtigte Offensive käme zunächst in Fortfall'"). Zusammenfassend wurde vorgeschlagen: Nach erfolgreicher Beendigung der Offensive in Italien: 1. Angriff gegen Rußland, beginnend Ende November bis Mitte Dezember, 2. Vorbereitung des großen Angriffs im Westen für 1918, 3. Gudrun-Bewegung Anfang 1918. Sollte aber selbst nach Heranführung der nötigen Kräfte aus dem Angriffsplan im Westen nichts werden, so würde die dortige Front durch die frei gemachten Kräfte doch „eine derartige Stärke erreichen, daß wir auch in der Abwehr trotz Auftretens der Amerikaner dem Ausgang der Westkämpfe im Jahre 1918 voll guten Vertrauens entgegensehen können".
Diese Niederschrift versah General Ludendorff am 24. Oktober mit dem Vermerk: „Gut, alles kommt auf Italien an". Da sich die Lage dort bis zum Monatsende bereits über alles Erwarten günstig entwickelte und das russische Heer bis auf weiteres offensichtlich keine Angriffstraft mehr besaß, sollte Österreich-Ungarn künftig gegen Italien wie gegen Rußland ohne deutsche Truppen auskommen, wenn möglich sogar im Westen mithelfen. Am 3. November wurde Generalmajor Freiherr von Wald- sr»o«mb«r. statten, der Chef der Operationsabteilung der österreichisch-ungarischen Heeresleitung, bei der Besprechung in Berlin3) in diesem Sinne unterrichtet.
Als dann seit dem 5. November Gerüchte über neue Unruhen in Petersburg eingingen und am 8. November die Nachricht kam, daß dort der Arbeiter- und Soldatenrat die Macht an sich gerissen habe, schien das nach längerer Unklarheit über die innerrussischen Machtverhältnisse eine Wendung der Gesamtlage zu bedeuten, denn mit diesem zweiten Umsturz in Rußland kamen die Bolschewiken unter Lenin ans Ruder, der nicht bereit war, für die Belange der Westmächte weiterzukämpfen. Wenn auch ihr endgültiger Sieg noch keineswegs gesichert erschien3), so wuchs doch die Hoffnung, im Osten bald den Rücken frei zu bekommen. Dann konnte man die ganze Kraft im Westen einsetzen.
Unterdessen flaute die Schlacht in Flandern Mitte November allmählich ab, und auch an der französischen Front trat eine Entspannung ein. Damit erhielt die Oberste Heeresleitung eine Freiheit in operativer Entschlußfassung auch im Westen, wie sie seit mehr als einem Jahre nicht
*) Gemeint war hier offenbar die im Osten in die Moldau.
a) S. 279f.
a) Weiteres 6.342 f.
332
Rückblick auf die Oberste Heeresleitung seit Herbst 1916.
3ioo*mb«. mehr bestanden hatte. Sie konnte angesichts des völlig überraschend geführten englischen Tankangrifss bei Cambrai bereits zehn Divisionen der Westfront, nebst entsprechender Artillerie und Munition, zum raschen Eegenschlag heranführen. Dessen Verlaus bestätigte aber nicht nur die Ansicht, daß ein großer Angriff wesentlich längerer Vorbereitungszeit bedürfe, sondern er zeigte auch, daß dazu ganz erheblich stärkere Mittel bereitgestellt werden müßten. Seine Erfahrungen bildeten neben den seit dem Juli im Osten und in Italien gewonnenen die Grundlage für die Vorbereitung der Offensive des Frühjahrs 1918. In welchem Umfange sie ausführbar sein würde, hing vom Freiwerden von Kräften des Ost-heeres1) ab.
Rückblick auf die Kriegführung der dritten Obersten Heeresleitung vom Herbst 1916 bis Herbst 1917.
Generalfeldmarschall von Hindenburg und General Ludendorff hatten ihr verantwortungsschweres Amt Ende August 1916 in überaus ernster Lage angetreten. Unverbrauchte Kraft und eiserner Wille einerseits, unbegrenztes Vertrauen von Heer und Volk andererseits gaben ihnen eine Machtfülle, über die der Vorgänger nicht verfügt hatte. Das erleichterte die Ausgabe. Ein neuer Geist zog in die Oberste Heeresleitung ein. Zunächst aber war sie gezwungen, den Krieg im wesentlichen mit denselben Zielen fortzusetzen, wie sie ihn übernahm: Abwehr an den Hauptfronten, Angriff gegen Rumänien. Auch bei der Forderung des uneingeschränkten Unterseekrieges handelte es sich um die Fortsetzung eines von General von Falkenhayn soeben erneut eingeleiteten Schrittes. Dabei war die bestimmte Voraussage des Admiralstabes, daß England durch die gesteigerten Schiffsversenkungen binnen kurzer Zeit zum Einlenken gezwungen sein werde, für die neuen Führer mitentscheidend; denn unter dieser Voraussetzung spielte die Gefahr keine ausschlaggebende Rolle, daß Amerika die neue Form des Unterseekrieges zum Anlaß nehmen könnte, um offen ins Lager der Feinde überzutreten. Wohl aber muhten, bevor der uneingeschränkte Unterseekrieg einsetzte, die Landfronten feststehen. Dazu mußte Rumänien niedergeworfen sein, im übrigen vor allem die Westfront so gestärkt werden, daß sie den für das Frühjahr 1917 erwarteten neuen gewaltigen Anstürmen der Gegner unbedingt standhielt. Gelang das, so schien durch die Wirkung des Unterseekrieges der Sieg in absehbarer Zeit gesichert. Damit bekam die Gesamtkriegführung ein neues
Gesicht.
i) S. 342 ff.
Der Winter 1916/17.
333
Hatte General von Falkenhayn seit dem Sommer 1916 ohne irgendwelche greifbare Siegeshosfnung mit lange sich hinschleppendem Abwehr-kampfe rechnen müssen, so stand jetzt die Zuversicht im Vordergrund, das gewaltige Ringen im Laufe des Jahres 1917 durch die Unterseeboote zum siegreichen Abschluß zu bringen. Die Kraft des ganzen deutschen Volkes sollte dazu mehr als bisher und beschleunigt in den Dienst des Krieges gestellt werden. Das Heer sollte bis zur Höchstgrenze des Möglichen ausgebaut, die Waffen- und Munitionssertigung in kürzester Zeit — teilweise auf ein Mehrfaches der bisherigen Leistung — gesteigert werden.
Der Übergang zum uneingeschränkten Unterseekrieg griff in das Gebiet der auswärtigen Politik über, die geplanten Rüstungsmaßnahmen berührten die innere Politik und das Wirtschaftsleben. Beide Vorhaben konnten daher ohne Mitwirkung der Reichsregierung nicht durchgesetzt werden. Dabei aber ergab sich, daß aus die Unterstützung des Kanzlers, der seinerzeit mit an erster Stelle den Wechsel in der Obersten Heeresleitung betrieben hatte, in der Rüstungsfrage nur mit Einschränkung zu rechnen war, und daß er die Verschärfung des Unterseekrieges wie bisher zu verhindern wünschte. Seine Gesamthaltung entsprach nicht der ernsten Lage Deutschlands, die schärfste Zusammenfassung aller Kräfte ebenso erforderte wie Vermeidung jeglichen nach außen erkennbaren Zeichens von Schwäche. So ergab sich alsbald ein Gegensatz der Obersten Heeresleitung zum Reichskanzler. Sie sah sich, ganz gegen ihr ursprüngliches Wollen, immer mehr an politischen und wirtschaftlichen Fragen beteiligt und konnte sich ihnen nicht entziehen, ohne die Aussichten der Kriegführung zu schädigen.
Aus ein zusammen mit Österreich-Ungarn geplantes Friedensangebot, das der Kanzler mit Rücksicht auf die Volksstimmung für unentbehrlich hielt, ging die Oberste Heeresleitung ein, nachdem die Erfolge in Rumänien solchen Schritt nicht mehr lediglich als Ausdruck der Schwäche erscheinen lassen konnten. Wenn sie sich auch kaum Erfolg von ihm versprach, so wollte doch auch sie nichts unversucht lassen, zum Frieden zu kommen. Zum mindesten aber sollte die Lage eindeutig geklärt werden, bevor man zum uneingeschränkten Unterseekrieg als letztem Mittel griff. Als das Angebot von den Gegnern in schroffster Form abgelehnt war, setzte die Oberste Heeresleitung vermöge ihres größeren Ansehens trotz des Widerstrebens des Kanzlers durch, daß am 1. Februar 1917 der uneingeschränkte Untersee-krieg begann. Auch der beschleunigte Ausbau der Rüstung wurde nach den im „Hindenburg-Programm" zusammengefaßten Forderungen in Angriff genommen, doch mußte sich die Oberste Heeresleitung hierbei mit einer vom Reichstage bedenklich verwässerten Form des zur Durchführung des Programms notwendigen „Hilssdienstgesehes" abfinden.
334
Rückblick auf die Oberste Heeresleitung seit Herbst 1916.
Unterdessen war mit dem Kampf gegen Rumänien die letzte große Ofsensiv-Unternehmung abgeschlossen. Sie hatte bedeutenden und schnellen Erfolg gebracht; eine unmittelbare große Gefahr war beseitigt, wenn auch volle Vernichtung des Gegners nicht erreicht war. Die Ostfront verlief künftig von der Donau-Mündung fast geradlinig zum Rigaschen Meerbusen. Zu Lande galten seitdem alle weiteren Planungen und Maßnahmen der reinen Verteidigung mit dem Ziele: Aushalten, bis der Unterseekrieg gewirkt hat, also wahrscheinlich bis zum Sommer, allenfalls auch Herbst 1917. Für die Lösung dieser nächsten Aufgabe wurden in vorbildlicher Weise alle Maßnahmen getroffen: Aus organisatorischem Gebiet durch Erweiterung und Vereinheitlichung des Heeresausbaus, auf materiellem durch Vermehrung und Erneuerung von Waffen und Gerät, auf taktischem durch Ausgabe lange entbehrter zeitgemäßer Vorschriften, besonders der über die „Abwehrschlacht im Stellungskriege", sowie durch entsprechende Ausbildung von Führern und Truppe, auf operativem durch Ausbau rückwärtiger Stellungen, vor allem der Siegfried^Stellung; der Rückzug dorthin verdarb den Gegnern den Plan für ihre große Frühjahrs-offensive. Ohne diese sinnvoll einander ergänzenden und mit größter Willensstärke in kurzer Zeit durchgeführten Vorbereitungen hätten weder der Heldenmut der Truppe, die in wochenlangem Trommelfeuer von bisher unbekannter Stärke ausharrte, noch die Leistungen der unteren und mittleren Führung genügt, dem englisch-französischen Massenanstürmen des Frühjahrs 1917 standzuhalten und dem französischen Heere dabei sogar einen Schlag zu versetzen, der ihm für den Rest des Jahres nur die Kraft zu Teilunternehmungen ließ. Die erfolgreiche Abwehr bei Arras, an der Aisne und in der Champagne ist das große Verdienst der neuen Obersten Heeresleitung.
Eine wesentliche Hilfe war ihr dabei der völlig unerwartete Zusammenbruch Rußlands, in dem die seit Tannenberg dem Zarenreiche immer wieder von neuem versetzten schweren Schläge endlich ihre Wirkung zeigten. Diese Lage ist nicht zum Fangstoß gegen den niedergebrochenen Gegner benutzt worden — die Kräfte dürften dazu auch kaum hingereicht haben —, sondern die Oberste Heeresleitung hat Rußland im Sinne ihrer Gesamtplanung und dabei im vollen Einvernehmen mit der Reichsregierung, wenn auch aus durchaus anderen Gründen, zunächst seinem Schicksal überlassen. Sie glaubte dadurch seine innere Auslösung zu fördern, vor allem aber brauchte sie vorerst alle Kraft für den Abwehrkampf im Westen. Ersah und Munition konnten so gut wie ausschließlich diesem zufließen. Der Versuch, den Ostgegner unterdessen durch Propaganda zum Erliegen zu bringen, hat über die schwierigste Zeit hinweggeholfen. Aus die Dauer
Das Frühjahr 1917.
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schlug er fehl und konnte nicht verhindern, daß Kriegsminister Kerenski zusammen mit den militärischen Führern den Kampfeswillen des russischen Heeres so weit wieder ansachte, daß es Anfang Juli gegen österreichisch-ungarische Truppen in Ostgalizien beachtliche Angriffserfolge erzielte. Inzwischen aber war die Lage an der Westfront einigermaßen gesichert. Dort bereit gehaltene, wenn auch zahlenmäßig geringe Reserven konnten zum Eegenschlage im Osten abgegeben werden.
Unterdessen hatten sich die Versenkungsergebnisse des uneingeschränkten Unterseekrieges seit seinem Beginn fünf Monate hindurch ganz erheblich über dem vom Admiralstab veranschlagten Soll gehalten; es nahte der Zeitpunkt, für den Admiral von Holtzendorff den Zusammenbruch der englischen Widerstandskraft mit Bestimmtheit vorausgesagt hatte. Diese Wirkung wurde aber gefährdet, wenn die Gesamthaltung der Mittelmächte eine Schwäche, ein vorzeitiges Friedensbedürfnis erkennen ließ, das den Gegnern neue Hoffnung gab. Daß es im Österreich-Ungarn Kaiser Karls in dieser Hinsicht nicht günstig stand, war der Obersten Heeresleitung bekannt, ließ sich aber kaum entscheidend ändern. Um so wichtiger war, daß Deutschland eine zum Siege fest entschlossene Einheit darstellte. Im Streben nach diesem Ziele aber vermißte die Oberste Heeresleitung ausreichende Mitarbeit des Reichskanzlers. Im Ringen um diese wurde sie immer weiter in das Getriebe der Politik hineingezogen. Sie erreichte dabei wohl den Sturz des Kanzlers, fühlte sich aber doch nicht stark genug, die Friedensresolution des Reichstages zu verhindern. Unterdessen hatten die Friedensbestrebungen Kaiser Karls, das Bekanntwerden der absichtlich pessimistisch gehaltenen Denkschrift des Grafen Czernin über die hoffnungslose Lage Österreich-Ungarns und innerpolitische Hergänge in Deutschland den Gegnern die Schwäche der Mittelmächte bereits in bedenklicher Weise offengelegt. Die Friedensresolution mußte solchen Eindruck bestärken. Ob damit im Sommer 1917 die Möglichkeit zu einer auch deutschen Belangen entsprechenden Verständigung mit den Gegnern zerstört worden ist, steht dahin; ihr Vorhandensein hat sich nicht nachweisen lassen.
Die Hoffnung der Obersten Heeresleitung blieb auch weiterhin auf kriegsentscheidende Wirkung des Unterseekrieges gerichtet. Roch im Oktober schien es ihr, daß die Gegner einzulenken bereit seien; General Ludendorff rechnete mit großer Zuversicht darauf, daß der Krieg den Winter nicht mehr überdauern werde. Diese Hoffnung wurde enttäuscht.
Unterdessen hatte die große englische Offensive in Flandern mit schier unerschöpflichem Einsatz von Menschen, Gerät und Munition die deutsche Landfront seit Monaten aus eine neue, vielleicht die schwerste Probe
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Rückblick auf die Oberste Heeresleitung seit Herbst 1916.
gestellt. Mit ungeheuren Opfern wurde den Gegnern in der Richtung auf die Unterseeboot-Häsen an der belgischen Küste jeder Schritt Boden streitig gemacht, doch bestand nur geringe Aussicht, das Vorwärtskommen des Angreifers endgültig zum Stehen zu bringen. Dazu kamen verlustreiche Einzelrückschläge an anderen Frontabschnitten. Gegen große Durch-bruchsangrisfe hatte das für die Abwehr ausgebildete Verfahren bisher gesichert, gegen gut vorbereitete Angriffe mit beschränktem Ziel reichte es aber offensichtlich nicht aus. Dabei wurde es immer schwerer, die eingetretenen Verluste zu ersetzen. Auch hatten schon frühzeitig maßgebende Unterführer daraus hingewiesen, daß die Moral der Truppe leiden müsse, wenn der Gegner trotz gründlichster Vorbereitung der Abwehr und größten Heldenmutes der Truppe doch immer wieder neue, wenn auch nur örtliche Erfolge erringe; es müsse versucht werden, die Lage durch eigenen Angriff zu wenden.
Stellt man die Zahl der vorhandenen Divisionen einander gegenüber und rechnet außerdem mit der oft bewiesenen und von allen Führern mit Recht betonten inneren Überlegenheit der deutschen Truppen, so erscheint die Frage berechtigt) ob nicht ein willensstarker und geschickt operierender Feldherr mit 156 Divisionen (Stand im Juni1)) einen Gegner, der über nur 19 Divisionen mehr verfügte, hätte schlagen können. Die Kriegsgeschichte kennt Kriege und Schlachten genug, in denen bei weit ungünstigerem Verhältnis der an Zahl Schwächere den Sieg errang. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Zahl der Divisionen das Stärkeverhältnis für die deutsche Seite sehr viel günstiger erscheinen läßt, als es nach Zahl der Kämpfer wie der Waffen tatsächlich war; in der Geschütz-ausstattung stellte es sich wie 11:18, in der Munitionsausrüstung war es wohl noch um vieles ungünstiger. Auch lagen im Stellungskampfe des Weltkrieges die Verhältnisse wesentlich anders als in Bewegungskriegen früherer Zeiten. Eine Offensive war ohne Einsatz artilleristischer Überlegenheit sowohl an Rohren wie an Munition nicht mehr möglich; die aber konnte deutscherseits nur unter wesentlicher Schwächung anderer Fronten zusammengebracht werden. Ihre Bereitstellung und das Heranführen der Angriffstruppen hätte Wochen erfordert, in denen die eigenen Kräfte festlagen, der Gegner aber an den geschwächten übrigen Fronten Handlungsfreiheit hatte. Auch war nach den Erfahrungen von bald drei Kriegsjahren auf schnelle Entscheidung im Angriff nicht zu rechnen. Man mußte vielmehr auf lange, krästeverzehrende Kämpfe gefaßt sein und hätte an der Angriffsstelle, wenn nicht sonst irgendwo, nach und nach die ganze Streitmacht der Gegner vor die Klinge bekommen, wobei sich dann
!) S.32f.
Der Sommer 1917.
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seine Gesamtüberlegenheit an Zahl, Gerät und Munition voll auswirken muhte. Bestenfalls konnte mit verhältnismäßig geringen Verlusten ein schöner Anfangserfolg errungen werden; im weiteren Verlaus kam man um eine Material- und Dauerschlacht nicht herum, wobei die Verluste des Angreifers wie in allen ähnlichen Fällen wahrscheinlich weit über die des Verteidigers hinauswuchsen.
Über diese Verhältnisse ist sich die Oberste Heeresleitung klar gewesen. Ein größerer Angriff im Westen kam für sie deshalb nicht in Frage1). Soweit bekannt nur bei einer einzigen Gelegenheit, bei Anwesenheit des General-stabschefs des Oberbefehlshabers Ost im April 1917 in Kreuznachs), hat General Ludendorff den Gedanken erörtert, wenn einmal das deutsche Ostheer frei geworden sei, im Westen anzugreifen. Im übrigen hat er solchen Gedanken, so oft er von anderer Seite an ihn herangetragen wurde, mit Recht entschieden abgelehnt, so schwer ihm das bei seiner Gesamteinstellung zum Wesen der Kriegführung gefallen sein mag. Erst als die Jahreszeit größeren feindlichen Unternehmungen ein Ende gesetzt hatte, an allen Teilen der Westfront eine gewisse Entspannung eingetreten war und daher auch eine größere Zahl einigermaßen ausgeruhter Divisionen zur Verfügung stand, war es ihm möglich, den englischen Angriff bei Lam-brai mit einem Gegenschlag zu beantworten. Aber gerade dessen Verlaus zeigte deutlich, daß ein Angriff aus dem Stellungskriege gründlichste Vorbereitung von langer Hand erfordert. Was erreicht wurde, war ein Anfangserfolg gegen einen eng begrenzten und schwach besetzten Teilabschnitt, an dem der Gegner überrascht wurde. Trotzdem war es ein Erfolg von größter Bedeutung; sie lag vornehmlich aus moralischem Gebiet.
Der Erfolg von Cambrai läßt aber doch auch die Frage auswerfen, ob es nicht schon früher möglich gewesen wäre, die Kräfte wenigstens für Angriffsunternehmungen mit beschränktem Ziel zusammenzubringen und damit die Abwehr im ganzen beweglicher zu gestalten. Dazu muß zunächst gesagt werden, daß taktisch ähnlich günstige Ausgangstagen, wie die durch den englischen Angriff bei Cambrai geschaffene, sich an der Westfront sonst nirgends geboten haben. Im übrigen hätte man sich wahrscheinlich entschließen müssen, an anderen Fronten größere Geländeteile freiwillig aufzugeben, um die für den Angriff nötigen Kräfte zu gewinnen. Die Mai-Denkschrift3) des Majors Wehell hatte diesen Vorschlag enthalten. Er hatte die Zurücknahme der 6. Armee im Kampfraum von Attas, vor
') Bd. XII, S. 2.
2) Bd. XII, S. 495.
3) Bd. XII, S. 548ff.
Weltkrieg. XIII. Bd. 22
338
Rückblick auf die Oberste Heeresleitung feit Herbst 1916.
allem aber des rechten Flügels der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz empfohlen, der nach Verlust der bisherigen vorderen Stellungen durch die französische Frühjahrsoffensive in wenig günstiger Linie stand, die dauernd starke Besetzung erforderte. Auch im Wytschaete-Bogen, dann an der gesamten Nordftont von Verdun, deren Zurücknahme die Heeresgruppe Deutscher Kronprinz bereits im Januar vorgeschlagen hatte, und ebenso im St.-Mihiel-Bogen wäre es möglich gewesen, durch Absetzen vom Gegner günstigere Kampfbedingungen und damit eine Kräfteersparnis zu erzielen. Gewiß bekam bei jedem Ausweichen bald auch der Gegner Kräfte frei, doch konnte man ihm gegenüber zeitlich einen wertvollen Vorsprung gewinnen. Denkt man vollends rückschauend an die schweren Rückschläge des 7. Zum bei Wytschaete, des 20. August bei Verdun und des 23. Oktober an der Laffaux-Ecke mit erheblichen Einbußen an Gefangenen und Geschützen, so kann die Zweckmäßigkeit des Ausweichens an diesen Stellen, auch ohne daß man an anderer Stelle angreifen wollte, kaum noch zweifelhaft sein.
Solches Ausweichen hätte auch durchaus dem vor Verdun bei den ernsten Rückschlägen des 24. Oktober und 15. Dezember 1916 gemachten Erfahrungen wie dem von der Obersten Heeresleitung selber mehrfach, zuletzt noch in den Weisungen vom 10. Juni und verschärft am 25. Juli 19171) festgelegten Grundsatz entsprochen, daß ungünstig gelegene und daher übermäßig viel Kräfte beanspruchende Stellungsteile rechtzeitig aufzugeben seien. Warum man diesen richtigen Gedanken im Einzelfalle nicht in die Tat umgesetzt hat, ist mit operativen oder rein taktischen Erwägungen kaum zu erklären. Die Gründe sind aus psychologischem und politischem, daneben auch auf taktisch-technischem Gebiet zu suchen, denn jedes Ausweichen war im Stellungskriege wegen der Masse des eingebauten Gerätes bei Mangel an Arbeitskräften und Gespannen überaus schwierig und daher ohne Verluste an schwer ersetzbarem Material kaum unbemerkt auszuführen; auch fehlten genügend vorbereitete rückwärtige Stellungen. Vor allem aber verriet Ausweichen in jedemFalle Schwäche, zumal wenn es sich um bisher zähe verteidigtes Gelände handelte. Gewiß konnte ein alsbald folgender wirkungsvoller Schlag an anderer Stelle den ungünstigen ersten Eindruck durchaus wieder wettmachen; es war das aber unter den gegebenen Gesamtverhältnissen eine recht unsichere Aussicht. So war General Ludendorss an sich gegen jedes Ausweichen. Er hat das oft genug durch Ablehnung bei ihm vorgebrachter Anregungen deutlich erkennen lassen und sich auch zum Siegfried-Rückzuge nur sehr schwer ent-schließen können. Er hat daher auch in Fällen, bei denen er selber gegen
') S. 30 u. 40.
Der Herbst 1917.
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weiteres Festhalten von Stellungsteilen Bedenken hatte, diese gerne zurückgestellt, wenn die örtliche Führung das Halten für aussichtsvoll erklärte. Hinsichtlich des Wytschaete-Bogens wie der Laffaux-Ecke war er nach dem Kriege der Ansicht, er hätte das Ausweichen befehlen sollen. Insgesamt steht man unter dem Eindruck, daß in der Lage des Sommers und des Herbstes 1917, bei weniger starrem Festhalten am Geländebesitz im Westen, sich manche Verluste hätten vermeiden und zugleich auch die freien Reserven vermehren lassen. Damit hätte sich dann eine gesichertere Eesamtlage ergeben können.
Tatsächlich hat sich die Tätigkeit der Obersten Heeresleitung an der Westfront im Sommer und Herbst 1917 im wesentlichen auf rechtzeitige Bereitstellung und Zuführung von Truppen und Munition für die Abwehr in Flandern sowie für die Kampfabschnitte der 5. und 7. Armee und auf Nutzbarmachung der in den Kämpfen gesammelten Erfahrungen beschränkt. Was an Reserven erübrigt werden konnte, wurde an der Front gegen Rußland und gegen Italien eingesetzt, wo mit verhältnismäßig geringen Kräften Ergebnisse zu erreichen waren, die die Gesamtkriegslage beeinflussen konnten. Die Oberste Heeresleitung hat hierfür, Mitte Juni beginnend, an der Westfront im ganzen zehn Divisionen frei gemacht und ist mit deren Entsendung auf weit entfernte Kriegsschauplätze wohl bis an die Grenze des zu Verantwortenden gegangen. Die damit in Galizien, vor allem aber in Italien erzielten Erfolge übertrafen alle Erwartungen.
Auch sonst zeigt das Kriegsjahr 1917 zu Lande, trotz der im großen bewußt einseitigen Einstellung auf Abwehr, sehr bemerkenswerte Leistungen. Klar und eindeutig liegt der Weg vor uns, den die Oberste Heeresleitung, ohne abzuweichen, dabei gegangen ist. Es war der Weg zum „totalen Kriege". In den Dienst des Krieges, und zwar zu Lande zunächst allein des Abwehrkrieges, sollten die ganze Kraft des Volkes und alle seine Hilfsmittel gestellt werden. Wenn das nicht in jeder Hinsicht voll erreicht wurde, so lag die Schuld an Verhältnissen, die zu überwinden auch die Macht der Obersten Heeresleitung nicht genügte. Arbeitskräfte, Fabriken und Rohstoffe reichten nicht aus, alle Forderungen des Hinden-burg-Programms in der gestellten kurzen Frist zu erfüllen, vor allem nicht bei völlig unzureichender Unterstützung durch die Volksvertretung sowie die von ihr mehr oder minder abhängige Reichsregierung. So ist die Waffen- und Munitionserzeugung wohl gewaltig gesteigert worden, dis zum Herbst 1917 aber doch nicht wesentlich über das hinausgewachsen, was auch vorher schon geplant und eingeleitet gewesen war. Gleichzeitig aber begann sich die vermehrte Anspannung aller Kräfte
22*
340
Rückblick auf die Oberste Heeresleitung seit Herbst 1916.
für rein militärische Aufgaben auf anderen Gebieten in verstärktem Maße auszuwirken: Der Landwirtschaft fehlten Arbeitskräfte, daneben Pferde, Maschinen, Treibstoff, Düngemittel; die Ernten gingen zurück. Die Ernährungslage blieb trotz der Zufuhren aus Rumänien durchaus unbefriedigend; die Verpflegung der Truppe reichte nur gerade noch hin, die Pferde hungerten. Besonders schwierig aber war die Transportfrage: Die Eisenbahnen waren in drei Kriegsjahren stark heruntergewirtschaftet, der Krastwagenverkehr litt unter Mangel an Treibstoffen wie an Gummi.
Trotz dieser auf fast allen Gebieten zunehmenden Erschwernisse, trotz dauernder feindlicher Angriffe mit entsprechenden Verlusten und angespanntester Ersatzlage ist es der Obersten Heeresleitung gelungen, das Heer in allen seinen Teilen im wesentlichen kampffähig zu erhalten und für besondere Zwecke immer wieder angriffskräftige Verbände und auch hinreichende Munition zur Verfügung zu stellen. Die Ausstattung mit Waffen, Munition und Gerät wurde verbessert und vermehrt. Rur der Tankwaffe hat man keine große Aufmerksamkeit geschenkt, zum Teil offenbar, weil ihre Bedeutung aus Grund der Meldungen von der Front bis zum Tage von Cambrai unterschätzt wurde. Auch kann es, solange man nur mit Abwehr und dann mit Frieden rechnete, begreiflich erscheinen, daß bei dem ohnehin bestehenden Mangel an Rohstoffen wie an Arbeitskräften die Herstellung einer reinen Angriffswasfe nicht für dringlich gehalten wurde. Dagegen wurde Deutschland wegweisend in der Verwendung der Unterseeboote wie der Luftwaffe als Mittel der operativen Offensive, und auf beiden Gebieten war die Oberste Heeresleitung die entschieden vorwärts treibende Stelle. Auf dem Gebiete der Propaganda drängte sie, den gewaltigen Vorsprung vor allem Englands einzuholen, ohne allerdings angesichts der bei der Reichsregierung bestehenden Widerstände Wesentliches zu erreichen.
Das Heer konnte sich in seinem ununterbrochenen schweren Ringen noch mehr als bisher durch das Bewußtsein gestärkt fühlen, daß die Schwesterwaffe zur See nach Kräften mithalf und daß ihm auch sonst, soweit es in der Macht der militärischen Führung lag, alle nur erdenkliche Erleichterung geschaffen wurde. Damit ist es gelungen, die Anstürme der großen feindlichen Übermacht im Westen abzuwehren und gleichzeitig Russen wie Italienern schwere Schläge zu versetzen. Gewiß eine glänzende Leistung, nicht nur der kämpfenden Truppe, die sich in Abwehr wie Angriff über jedes Lob erhaben zeigte, sondern auch der obersten Führung, die bei knappsten Mitteln Großes vollbracht hat.
Das Ziel, das sich die Oberste Heeresleitung für die Kriegführung des Jahres 1917 zu Lande gesteckt hatte, war vollauf erreicht. Rein äußer-
Das Ergebnis des Jahres 1917.
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lich gesehen mag das Ergebnis unbefriedigend erscheinen. Zieht man aber in Betracht, daß die Kräfte auch zu Teilangriffen nicht ausgereicht hätten und daß den Gegnern auch der gewaltigste Einsah von Menschen und Material keinerlei entscheidenden Erfolg, wohl aber so schwere Verluste gebracht hat, daß ihre Kampfkraft schließlich mehr gelitten hatte als die deutsche, so wird man in der Haltung der Obersten Heeresleitung weise Selbstbeschränkung erkennen müssen.
Waren die hochgespannten Siegeshosfnungen der Westgegner schon im Frühjahr durch die Erfolge der deutschen Abwehr hinweggefegt worden, so haben Tarnopol, Riga, Iakobstadt und Ösel dazu beigetragen, die bereits geschwächte Widerstandskraft Rußlands vollends zu zermürben. Die 12. Isonzo-Schlacht hat Österreich-Ungarn auch von seinen Sorgen an der italienischen Front befteit und vorübergehend sogar die deutsche Westfront entlastet. Als unterdessen eindeutig klar wurde, daß die Wirkung des uneingeschränkten Unterseekrieges allein nicht ausreiche, um die West-gegner zum Einlenken zu veranlassen, und als damit auch die Gefahr des Eingreifens stärkerer amerikanischer Truppenaufgebote in Europa näherrückte, konnte man bereits darauf hoffen, demnächst ausreichende Kräfte aus dem Osten frei zu bekommen, um im Frühjahr 1918 auch im Westen zum Angriff überzugehen. So war Anfang November, als die Nachricht vom zweiten Umsturz in Rußland und vom Friedensangebot der dortigen neuen Machthaber einging, die Zeit der „Ermattungsstrategie" zu Lande beendet. Alles Planen und alle Vorbereitungen galten bald nur noch dem künftigen Vernichtungsschlage gegen die Westgegner zu Lande, der zusammen mit dem Unterseekrieg Sieg und Frieden bringen sollte.
9. November.
15. November.
Zweiter Teil.
Die Ereignisse außerhalb der Westfront bis Kriegsende.
IX. Der Abschluß der Dämpfe im Osten') seit Herbst J9J7.
A. Waffenstillstand und Friedensverhandlungen.
t. Der weg zum Waffenstillstand.
Am 9. November schlug der soeben ins Leben getretene russische „Rat der Volkskommissare" allen am Kriege beteiligten Staaten einen „demokratischen Frieden ohne Annexionen und Kontributionen" vor und gleichzeitig sofortigen Waffenstillstand für drei Monate. Noch schien es aber keineswegs sicher, ob die jetzigen Machthaber sich auch würden halten können. Immerhin teilte die Oberste Heeresleitung dem Oberbefehlshaber Ost mit, es sei beabsichtigt, „falls die politische und die militärische Lage in Rußland es zuläßt", im Laufe des Winters außer den bereits früher befohlenen Truppenverschiebungen2) noch zwölf deutsche Divisionen seines Befehlsbereichs nach dem Westen zu überführen. Im übrigen begegnete sie ebenso wie auch das Auswärtige Amt den neuen Verhältnissen in Rußland zunächst mit Zurückhaltung; in Verhandlungen über einen Frieden der vorgeschlagenen Art sah sie eine Gefahr. Dagegen war sie bereit, auf größere Unternehmungen im Osten und damit vor allem aus den Feldzug in die Moldau3) nunmehr zu verzichten und die Kampftätigkeit nur soweit aufrechtzuerhalten, daß demoralisierende Verbrüderungen verhindert würden. Noch am 15. November hatte sie den Eindruck, daß in Rußland bisher keine der beiden Parteien gesiegt habe; selbst ein Ausgleich, der Kerenski an der Spitze ließ, erschien noch nicht
*) Anschluß an S. 207 u. 331.
2) Drei Divisionen für den Westen, Ersatz durch drei öst.-ung. Divisionen.
3) S. 173 ff. u. 190.
Russisches Waffenstillstandsangebot.
343
ausgeschlossen. Größere Klarheit kam erst, als am 22. November bekannt 22.7iocemt.er. wurde, daß die Bolschewikenführer die russische Front zum Abschluß einer Waffenruhe aufgefordert hatten und sich die Zahl entsprechender örtlicher Vereinbarungen in den nächsten Tagen vermehrte.
Unterdessen hatten die Mehrheitsparteien des Reichstages, vor allem Zentrum und Sozialdemokratie, bereits versucht, auf Grund ihrer Friedensresolution vom 19. Juli über Kopenhagen und Stockholm unmittelbare Verbindung zu den Bolschewiken aufzunehmen. Das Eingreifen der Obersten Heeresleitung machte diesem Treiben ein Ende. Ihr lag gewiß daran, rasch zu einem Abschluß zu kommen, um Rückenfreiheit und Truppen für den Westen zu erhalten, aber nicht unter Preisgabe der bisher von ihr vertretenen deutschen Belange im Osten, vor allem nicht unter Verzicht auf Abtretung der nichtrussischen Randgebiete an der Ostsee. Außer zur deutschen Reichstagsmehrheit ergaben sich aber auch Gegensätze zur Politik Österreich-Ungarns, mit dem man ohnehin über die Zukunft Polens und die Größe des im Falle der austropolnischen Lösung an Deutschland zu überlassenden Grenzstreifens russisch-polnischen Gebietes verschiedener Meinung war1) und dessen Außenminister jetzt unter Berufung auf das Friedensbedürfnis der Monarchie öffentlich für die Friedensformel der Bolschewiken eintrat. Andererseits stellten sich die Türkei und Bulgarien angesichts ihrer Gebietsansprüche aus den deutschen Standpunkt.
Für die zu erwartenden Verhandlungen kamen Oberste Heeresleitung und Auswärtiges Amt dahin überein, daß erstere zusammen mit Vertretern dieses Amtes die Waffenstillstandsverhandlungen, das Auswärtige Amt zusammen mit militärischen Vertretern später die Friedensverhandlungen führen solle. Mit den Waffenstillstandsverhandlungen wurde im (Einvernehmen mit der österreichisch-ungarischen Heeresleitung der Oberbefehlshaber Ost betraut.
Nach zahlreichen Teilabschlüssen über Waffenruhe suchte am 26. No- ®nbe
vember der vor vier Tagen an die Spitze des russischen Heeres getretene Anfang"' „Fähnrich" Krylenko, ursprünglich Politiker und Advokat, bei der Obersten ®,,e,n6"‘ Heeresleitung um Waffenstillstand nach. Anfang Dezember trafen die Vertreter Deutschlands, Österreich-Ungarns, der Türkei, Bulgariens und Rußlands im Hauptquartier des Oberbefehlshabers Ost in Brest-Litowsk zusammen.
Da die in der russischen Front stehende rumänische Armee in das bisherige Waffenstillstandsangebot nicht eingeschlossen war, suchte unmittel-
l) 6.20 f. ~ •
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Abschluß der Kämpfe im Osten. Verhandlungen in Brest-Litowsk.
5. bis 11. Dezember.
bar darauf General Schtscherbatschew, als Oberbefehlshaber der gesamten Front südlich desPripjet, der „Ukraine-Front", noch gesondert um Waffenstillstand nach.
Daß die Ukraine, ebenso wie andere Teile des Russischen Reiches, seit dem Umsturz eine mehr oder minder große völkische Selbständigkeit zu erreichen suchte, war bekannt. Deutscherseits waren diese Bestrebungen stets unterstützt worden, dagegen war Österreich-Ungarn besorgt wegen der Rückwirkung aus seine eigene ukrainische Bevölkerung, die „Ruthenen". Seit Juli 1917 bestand ein besonderes ukrainisches Ministerium. Die Absonderung ukrainischer Truppenteile, ebenso wie übrigens auch der polnischen und finnischen, von den übrigen russischen war im wesentlichen bereits vollzogen. Am 21. November hatte der Generalkommissar Petljura die Ukraine zu einer von Rußland unabhängigen Republik erklärt, Anfang Dezember hatte er 350000 ukrainischen Soldaten den Befehl gegeben, die russischen Fronten zu verlassen. Das neue Staats-wesen bekämpfte den auch in seinem Gebiet sich fühlbar machenden Bolschewismus und stand damit nicht nur völkisch, sondern auch weltanschaulich in scharfem Gegensatz zu den Machthabern in Petersburg und Moskau, war dafür aber mit Rumänien zu einer Verständigung gekommen. Die Führung der Verhandlungen mit General Schtscherbatschew sollte in Foc-sani stattfinden und wurde in die Hand des Oberkommandos Mackensen gelegt.
Unterdessen erklärten die Russen in Brest schon am 5. Dezember, daß sie vor Abschluß eines Abkommens zur Berichterstattung nach Petersburg fahren müßten. Am 7. Dezember wurde für die Zeit ihrer Abwesenheit, bis zum 17. Dezember, Waffenruhe für die russische Front vereinbart. Danach sollten Truppenverschiebungen von Divisionsstärke und mehr bis 28 Tage nach Abschluß des Waffenstillstandes nur noch zugelassen sein, soweit sie bereits befohlen seien. Diese angesichts der dringenden Bedürfnisse der Westfront schwer tragbaren Bindungen hatten die Oberste Heeresleitung zu der Weisung an den Oberbefehlshaber Ost veranlaßt, sofort die Abbeförderung von 15 Divisionen zu befehlen, sowie zu einer entsprechenden Weisung an das Oberkommando Mackensen. Für den Vertrag selber hatte sie zum mindesten nach 28 Tagen, „jedenfalls vom 10. Januar ab", volle Freiheit zu Truppenverschiebungen verlangt. Am 11. Dezember setzte sie die Zahl der vom Oberbefehlshaber Ost in nächster Zeit abzugebenden Truppen aus 26 Divisionen und 5Kavallerie-Divisionen fest. Unter der Voraussetzung, daß die Verhandlungen mit den Russen günstig verliefen, wurde eine neue Abgrenzung gegen die Heeresfront Erzherzog Josef
Abschluß des Waffenstillstandes.
345
in Aussicht genommen, an der alle deutschen Divisionen gegen österreichisch-ungarische ausgetauscht werden sollten1). Der Oberbefehlshaber Ost rechnete damit, daß er bei nur grenzschutzartiger Besetzung der verkürzten Front statt 71 nur noch 26 Divisionen brauchen würde. Insgesamt 45 Divisionen, dazu vier von der rumänischen Front, sollten somit nach und nach für die Oberste Heeresleitung frei werden.
Inzwischen war mit General Schtscherbatschew am 9. Dezember in Focsani für die Ukraine-Front und damit auch für die rumänische Armee ebenfalls ein Waffenstillstand abgeschlossen worden.
Am 15. Dezember wurde in Brest der Waffenstillstandsvertrag mit Rußland unterzeichnet, der zunächst bis 14. Januar 1918 in Kraft bleiben und dann mit siebentägiger Kündigungsfrist weiterlaufen sollte. Er enthielt die Verpflichtung „von der Front zwischen Schwarzem Meer und Ostsee keine operativen Truppenverschiebungen durchzuführen, es sei denn, daß die Verschiebungen im Augenblick der Unterzeichnung schon eingeleitet" seien; dabei galten auch die auf lange Sicht befohlenen Verschiebungen als „schon eingeleitet". Im übrigen enthielt der Vertrag unter anderem Bestimmungen, die die Einschleppung des Bolschewismus nach Deutschland verhindern sollten.
Am 17. Dezember erklärte General Schtscherbatschew die Brester Abmachungen als für seine Front nicht verbindlich. Am gleichen Tage trafen in Brest Abgesandte der Ukraine aus Kiew ein. So begann neben Rußland und Rumänien ein dritter Gegenpartner sich einzuschalten. Dabei blieben die rumänischen Truppen, diese immer noch betreut von einer französischen Militärmission, nach wie vor unter dem gemeinsamen Oberbefehl des Generals Schtscherbatschew, und die Ablösung russischer Truppen durch ukrainische, meist aber rumänische, nahm an der Front ihren Fortgang. Diese Zusammenarbeit, deren Ziel noch recht unklar war, erforderte schärfste Beobachtung, denn ukrainische, zur Mannszucht zurückgeführte Truppen konnten zusammen mit den gut disziplinierten Rumänen wieder einen beachtlichen Gegner abgeben. Dabei war den Mittelmächten noch nicht einmal bekannt, daß die Ukraine zunächst Anschluß bei den Westmächten gesucht hatte und von Frankreich und England Anfang Dezember als selbständiger Staat anerkannt worden war. Erst als sich herausstellte, daß die Westmächte nicht in der Lage waren, gegen die Bolschewiken zu helfen, hatte sich die provisorische Regierung, die „Zentralrada", zu Verhandlungen mit den Mittelmächten entschlossen2).
9. Sie 15. Dezember.
17. Dezember.
') S. 279f. und Beil. 28a.
ä) Borys Krupnickyj, Geschichte der Ukraine, S. 286.
346 Abschluß der Kämpfe im Osten. Verhandlungen in Brest-Litowsk.
Von weniger unmittelbarer Bedeutung war, daß Anfang Dezember auch Finnland seine Selbständigkeit erklärt und die Anerkennung der ausländischen Mächte nachgesucht hatte.
2.Die Friedensverhandlungen mit Sowjet-Rußland und der Ukraine in Brest-Litowsk.
Die bei den Friedensverhandlungen an Rußland zu stellenden Forderungen wurden am 18. Dezember in einem Kronrat zu Kreuznach besprochen. Die in der Verwaltung des Oberbefehlshabers Ost stehenden Gebiete, Kurland und Litauen, deren „Landesräte" den Schuh des deutschen Kaisers erbeten hatten, sollten dem Reich angegliedert werden. Für Livland und Estland, die noch in russischer Hand waren, stellte die Oberste Heeresleitung, damit England sich nicht über Murmansk im Baltikum festsetzen könne, das gleiche Verlangen, stieß aber dabei auf den Widerstand der politischen Leitung. Diese Frage blieb daher ebenso in der Schwebe wie die des polnischen Grenzstreifens, der im Falle der austropolnischen Lösung an Deutschland fallen sollte; ein von Österreich-Angarn hierzu gemachter Vorschlag wurde als ungenügend abgelehnt.
22.»«am»«. Am 22. Dezember begannen die Friedensverhandlungen in Brest,
bei denen die Hauptbeteiligten: Deutschland durch Staatssekretär von Kühlmann, Österreich-Ungarn durch Außenminister Graf Czernin, Rußland durch Volkskommissar Joffe vertreten waren; der Vorsitz sollte zwischen den Mittelmächten täglich wechseln. Die Oberste Heeresleitung hatte nach Entscheidung des Obersten Kriegsherrn an den Friedensverhandlungen „verantwortlich" mitzuwirken.
Die russischen Bevollmächtigten nahmen die Gelegenheit wahr, durch propagandistische Ausführungen ihre Weltanschauung zu verbreiten; an raschem Abschluß der Verhandlungen schien ihnen wenig gelegen. Graf Czernin als Vertreter der friedensbedürftigen Habsburger Monarchie war bereit, die russische Friedensformel anzunehmen, nach der die Bevölkerung der Randgebiete, Finnland, Estland, Livland, Kurland, Litauen, Polen, Kaukasien, in „freier Volksabstimmung" über ihr Schicksal entscheiden sollte. Staatssekretär von Kühlmann hatte damit für die deutschen Forderungen einen schweren Stand; sein Streben war, unter Ausnutzung aller Mittel diplomatischer Verhandlungskunst nach und nach zum Ziele zu kommen. Die Oberste Heeresleitung aber drängte auf rasche Annahme aller Forderungen, zunächst mit Rücksicht auf die militärische Lage, aber auch wegen der gefährlichen Rückwirkung jeder Verschleppung auf die politische Gesamtlage wie auf Stimmung und Haltung
Oberste Heeresleitung und Auswärtiges Amt.
347
des deutschen Volkes, auf das der abermalige Umsturz in Rußland zum Teil schon bedenklich zu wirken begonnen hatte. Sie hielt es daher für geboten, als Sieger gegenüber dem Besiegten aufzutreten, General Hoffmann hatte ihr jeden Abend und nach jeder Sitzung zu berichten; ohne ihre ausdrückliche Zustimmung sollte kein Abschluß stattfinden.
Schon am dritten Tage, dem 25. Dezember, wurde unter Vorsitz des rs. *>«»«*«*. Grafen Czernin den Russen eine Unterbrechung der Verhandlungen bis 4. Januar bewilligt, damit die Entente-Mächte nochmals Gelegenheit erhielten, sich zur Teilnahme bereit zu erklären. Die Oberste Heeresleitung war mit dieser neuen Verzögerung durchaus nicht einverstanden;
General Hofsmann hatte daher künftig vor jeder einzelnen Entscheidung ihre Zustimmung einzuholen. Er sollte den Standpunkt vertreten, daß Rußland nach Abschluß des Friedens alle Gebiete mit nichtrussischer Bevölkerung, also Livland, Estland, den Rest von Galizien, die Moldau und Armenien zu räumen und möglichst auch Finnland freizugeben habe, wogegen die Mittelmächte ihre Truppen hinter die allgemeine Linie Smorgon —Brest—Bug zurückziehen würden. Falls Rußland auf diese Bedingungen nicht eingehe, herrsche vom 14. Januar ab wieder Kriegszustand.
Andererseits war Staatssekretär von Kühlmann angesichts eines Hin- Jahr«-»»»»« weises des Grasen Czernin auf die Möglichkeit eines österreichisch-unga- m7/t8, rischen Sonderfriedens bereit, auf die russische Formel einzugehen, daß die in Frage kommenden Gebiete wohl zu räumen seien, daß danach aber die Bevölkerung in „freier Abstimmung" über ihre Zukunft entscheiden solle.
Die Gegensätze, die sich hinsichtlich der zu stellenden Bedingungen zwischen Oberster Heeresleitung und Auswärtigem Amte herausgebildet hatten, veranlaßten Generalfeldmarschall von Hindenburg, sich am 31. Dezember in einem längeren Schreiben an den Kanzler zu wenden. In diesem Schreiben hieß es, er müsse sich für die weiteren Verhandlungen „eine größere Einflußnahme und die ausdrückliche Zustimmung zu allen Vorschlägen und Entscheidungen wahren". Damit war die Frage der Verantwortlichkeit für die Friedensschlüsse gestellt. Am 2. Januar wurde in einem Kronrat in Berlin versucht, die sachlichen Meinungsverschiedenheiten auszugleichen. Aber die Frage des an Deutschland abzugebenden polnischen Grenzstreifens hatte sich der Kaiser inzwischen durch General Hoffmann unmittelbar Vortrag halten lassen, wobei dieser, abweichend von der Forderung der Obersten Heeresleitung, aber übereinstimmend mit der Auffassung des Kaisers und der Reichsregierung, sich mit einem schmalen Gebietsstreifen begnügen wollte. Es kam zu einer ernsten 3«»»«.
®rtse, da General Ludendorff erwog, eine andere Verwendung zu erbitten.
Der Generalfeldmarschall stellte sich vor ihn und wandte sich am 7. Januar
348 Abschluß der KSmpfe im Osten. 1918, Verhandlungen in Drest-Litowsk.
gaimar. in einet ausführlichen Eingabe an den Kaiser, in der es hieß: „In der polnischen Frage haben Euere Majestät geruht, das Urteil des Generals Hoffmann höher zu stellen als das meinige und das des Generals Luden-dorff. General Hoffmann ist mir unterstellt und ohne eigene Verantwortung in der polnischen Frage. Der Vorgang am 2. Januar ... ist für uns ein Zeichen, daß Euere Majestät in einer das Leben des deutschen Vaterlandes berührenden Frage unser Urteil hintansetzen..Abschließend erbat der Generalseldmarschall eine grundlegende Entscheidung und fügte hinzu: „Meine und des Generals Ludendorff Person dürfen bei Staatsnotwendigkeiten keine Rolle spielen".
Bevor der Kaiser antwortete, fand zwischen dem Reichskanzler, dem er das Schreiben des Generalfeldmarschalls zur Stellungnahme zugeleitet hatte, und der Obersten Heeresleitung ein Gedankenaustausch statt. Der Kanzler wünschte „Abgrenzung der Verantwortlichkeit" beiden Friedensverhandlungen. Der Generalfeldmarschall und General Ludendorff erachteten die ihnen hierfür vorgeschlagene Formulierung zwar für entbehrlich, denn sie regle Fragen, die gar nicht strittig seien, und die moralische Verantwortung vor dem deutschen Volk, der Geschichte und dem eigenen Gewissen könne ihnen niemand abnehmen, doch stimmten sie einem Schriftsatz des Kanzlers zu, der besagte: Die staatsrechtliche Verantwortung für die Friedensverhandlungen, die dabei zu erstrebenden Ziele, die anzuwendende Taktik und die Ergebnisse trägt allein der Reichskanzler. Die militärischen Dienststellen: Chef des Generalstabes des Feldheeres, Erster Generalquartiermeister, Kriegsminister und Chef des Admiralstabes haben Recht und Pflicht, beratend hinsichtlich der militärischen Belange mitzuwirken. Diese waren dabei so weitherzig ausgelegt, daß alle Gebiete der Staats- und Volksführung von ihnen berührt wurden. Forderungen, die die militärische Durchführung des gegenwärtigen Krieges beträfen, sollten vor anderen bedacht werden. Falls keine Einigung erzielt werde, sei die Entscheidung des Kaisers einzuholen. Im übrigen verteidigte der Kanzler die bisherige Führung der Verhandlungen in Brest, die insofern einen großen Erfolg darstelle, als jetzt nur noch ein Friede mit Rußland allein in Frage komme, während man den Westmächten gegenüber von allen Fesseln früherer Erklärungen vollständig frei sei. Der Friedensresolution des Reichstages vom 19. Juli 1917 habe die Regierung damals zugestimmt, weil sie „in dem Augenblick, wo sie gefaßt wurde, den tatsächlichen Machtverhältnissen und der politischen Lage zu entsprechen schien". Inzwischen hätten die Voraussetzungen sich geändert, und die Regierung werde jetzt, „unbekümmert um die Stimmung in weiten Kreisen, die politisch notwendigen Konsequenzen der neuen Situation ziehen".
Reichskanzler und Oberste Heeresleitung.
349
Am 24. Januar beantwortete der Kaiser die Eingabe des Generalfeldmarschalls vom 7. mit einem in Worten wärmster Anerkennung gehaltenen Schreiben. Er stimmte der vom Reichskanzler entworfenen Abgrenzung der Verantworlichkeiten zu und sprach „vertrauensvoll die Erwartung" aus, daß es dem Generalfeldmarschall und General Ludendorsf gelingen werde, „weitere Bedenken fallenzulassen, um sich unbeeinflußt den Aufgaben der eigentlichen Kriegführung widmen zu können".
Damit war der augenblickliche Streitfall zwischen Kanzler und Oberster Heeresleitung in einer für beide Teile annehmbaren Form beigelegt. Die sachlichen Meinungsverschiedenheiten aber blieben bestehen. Dem Buchstaben nach hatte der Kanzler recht behalten, in der Wirklichkeit war die Stellung der Heerführer stärker denn je, zumal da aus ihr Betreiben am 16. Januar der Chef des Zivilkabinetts des Kaisers, Wirklicher Geheimer Rat von Valentin!, ausgeschieden war, in dem sie seit langem den Vertreter einer schwächlichen Politik gesehen hatten.
Welchen Eindruck die bisherige Haltung der Mittelmächte in Rußland gemacht hatte, zeigte ein Funkspruch des russischen Oberbefehlshabers an alle Truppen: „Genossen, ein Lroßer Sieg ist errungen. Die gierigen Räuber der deutschen Bourgeoisie haben sich vor dem Willen der russischen Revolution gebeugt. Sie wagen es nicht, uns Forderungen des Raubes und der Sklaverei zu stellen, sie fürchten ihr Volk". Ebenso hatte Volkskommissar Trotzki am 29. Dezember in einer nochmaligen Einladung an die Entente-Staaten und ihre Völker durch Funkspruch verkündet: Die feindlichen Regierungen seien „vor allem unter dem Drucke der Arbeitermassen dem Programm der Demokratie entgegengekommen"; die Verhandlungen würden am 8. Januar an einem neutralen Orte wieder aufgenommen werden. Als sich die Bevollmächtigten der Mittelmächte verabredungsgemäß am 4. Januar wieder in Brest vereinigten, blieben die Russen aus und verlangten Fortsetzung der Verhandlungen in Stockholm. Scharfe Ablehnung dieser Forderung veranlaßte sie, am 7. wieder zu erscheinen. Ihr Führer war diesmal Volkskommissar Trotzki.
In den nächsten Tagen folgten ergebnislose Verhandlungen über Räumung der noch von den Russen besetzt gehaltenen Gebiete. Es zeigte sich immer mehr, daß Trotzki die Verhandlungen in die Länge zu ziehen suchte, um durch weit ausschweifende Reden für die Weltrevolution zy wirken. Dies veranlaßte am 12. Januar eine scharfe Mahnung an die Russen; General Hosfmann hielt ihnen vor, daß sie sich anmaßten aufzutreten, als wären sie die Sieger, die auf erobertem Boden ständen; die Verhältnisse lägen umgekehrt; sie forderten Selbstbestimmungsrecht für die
350 Abschluß der Kämpfe im Osten. 1418, Verhandlungen in Brest-Litowsk.
von den Mittelmächten besetzten Gebiete, unterdrückten aber jede freie Meinung im eigenen Lande; die deutsche Oberste Heeresleitung lehne eine Einmischung in die Angelegenheiten der besetzten Gebiete ab, deren Völker bereits unzweideutig den Wunsch der Lostrennung von Rußland zum Ausdruck gebracht hätten. Die Verhandlungen kamen aber auch weiterhin j*”' nicht vom Fleck. Am 15. Januar berichtete General Hoffmann, „daß die Russen möglicherweise darauf hinaussteuern, die Verhandlungen an der Räumungsfrage zum Scheitern zu bringen um sich dadurch einen für ihre Zwecke geeigneten Abgang zu schaffen".
Die Oberste Heeresleitung verfolgte die Hergänge mit wachsender Ungeduld. Am 16. Januar teilte sie dem Kanzler mit, daß sich Trohki an das internationale sozialdemokratische Büro in Stockholm gewandt habe: An Sonderfrieden mit Deutschland sei nicht zu denken; es komme nur darauf an, „die Verhandlungen in die Länge zu ziehen, um unterdessen die internationale Sozialdemokratie zwecks Herbeiführung eines allgemeinen Friedens mobil zu machen". Der Generalfeldmarschall fügte hinzu: „Diese Meldung bestätigt die Vermutung, daß Trohki in Brest nur zum Verhandlungssenster hinausredet. Sobald Klarheit über die Absichten der Ukrainer gewonnen ist, muß diesem Vorgehen Trotzkis durch ein Ultimatum ein Ende bereitet werden. Das Hinausziehen der Verhandlungen verschlechtert unsere militärische Lage. Diese bedingt Klärung der Verhältnisse und eintretendenfalls Zurückgewinnung der militärischen Handlungsfreiheit im Osten ...“
Die Ukraine hatte inzwischen bereits am 26. Dezember für ihre Vertreter in Brest gleichberechtigte Teilnahme an den Verhandlungen gefordert. Die Verhältnisse in der Ukraine waren aber noch recht ungeklärt. Siegte die Regierung in Kiew, die „Rada", die nach wie vor mit Rumänien eng zusammenarbeitete, über die Bolschewiken im Lande, was aber noch keineswegs sicher war, so konnte die Lösung der rumänischen Frage recht schwierig werden. Um die Jahreswende hatte die Heeresfront Erzherzog Josef geurteilt: Die Ziele des Generals Schtscherbatschew seien noch unklar. Doch sprächen sein Vorleben und die augenfällige Unterstützung durch die Entente dafür, daß er ententegünstige Zwecke verfolge. Er gehe planmäßig an die Arbeit, im Süden Rußlands „ein organisiertes Sondergebiet mit einer disziplinierten Sonder-Armee unter dem Schlagwort ,Ukraina° zu schaffen". Die großrussischen Truppen würden „durch Der-pflegungsentzug zum Abziehen ins Hinterland gezwungen, wo sie ent-ganoar. wasfnet oder interniert werden, eventuell nach Großrußland abziehen, wo sie, solange kein Frieden geschlossen, einen Kräfteausgleich zwischen Nord und Süd repräsentieren". Diese Bewegungen widersprächen den
Verzögerung der Verhandlungen. Die Akraine.
351
Waffenstillstandsverträgen, und daraus ergebe sich eine Handhabe, den Quertreibereien entgegenzutreten. Es stände fest, „daß sich die ukrainische Bewegung Schtscherbatschews unter dem Schutze des Waffenstillstandes aus den ungefährlichen Anfängen zu einem respektablen Feinde entwickeln kann, der zum mindesten Kräfte festhält und zu seiner späteren Nieder-zwingung bedeutenden Einsatz verlangt...“ Damit war die Gefahr klar aufgezeigt, wenn auch von einer Seite, deren Regierung die Bildung einer selbständigen Ukraine nicht wünschte. Da aber in Focsani die Verhandlungen mit General Schtscherbatschew und den Rumänen ebenso wenig wie die in Brest mit den Russen vorwärts kamen, mußte versucht werden, wenigstens mit den Vertretern der Rada baldigst zum Abschluß zu kommen. Das erschien angesichts ihrer zunehmenden inneren Schwierigkeiten um Mitte Januar schon eher erreichbar als bisher, denn in Charkow hatte sich eine bolschewistische Gegenregierung gebildet.
Auch der Widerstand österreich-Ungarns war jetzt leichter zu überwinden, da die Donaumonarchie unter schweren inneren Erschütterungen litt. Aus Wien gingen verzweifelte Hilferufe um Nahrungsmittel bei Graf Czernin ein; er möge sich „sofort an Berlin um Hilfe wenden, da sonst Katastrophe vor der Tür stände"1). Er bemerkte dazu: „Sowie die russischen Unterhändler merken, daß die Revolution bei uns im Anzug ist, schließen sie keinen Frieden, da ihre ganze Spekulation auf diesen Faktor berechnet ist." Es folgten Nachrichten über „große Streikbewegung, die auf gekürzte Mehlquote und auf den schleppenden Verlauf der Brester Verhandlungen zurückzuführen" sei; die Arbeiter verlangten an diesen Verhandlungen teilzunehmen. Als einzige Rettung erschien rascher Friede mit der Ukraine, von dem man baldige Versorgung mit Getreide erhoffte. Graf Czernin drängte daher zum Abschluß. Er leistete der ukrainischen Forderung aus das bisher zu Russisch-Polen gehörige Gebiet von Cholm keinen Widerstand mehr und war auch bereit, den Ukrainern in Ostgalizien eine gewisse Selbständigkeit einzuräumen. Andererseits hatten die Ukrainer ihr Desinteressement an Bessarabien bekanntgegeben, so daß man damit Rumänien entgegenkommen konnte.
Am 17. Januar erklärte Trohki, daß er demnächst für etwa 6 Tage zur Eröffnung der konstituierenden Versammlung nach Petersburg fahren müsse, am 19. reiste er ab. Erst am 29. Januar sollten die Verhandlungen m Brest wieder aufgenommen werden. Angesichts dieser neuen zehntägigen Verschleppung drängte die Oberste Heeresleitung beim Reichs-jfflzler und drahtete darüber am 28. Januar an General Hoffmann: Sie
') Ottokar Czernin: „gm Weltkriege", 6.323ff.
352
Abschluß der Kämpfe im Osten, ldl8, Verhandlungen in Brest-Litowsk.
Iansar.
Februar.
habe dem Kanzler erklärt, daß sie wegen der beabsichtigten Operationen größten Wert darauf legen müsse, „im Osten je eher, je lieber unbedingt klare Verhältnisse zu erlangen... Vom militärischen Standpunkt aus haben wir jedenfalls nicht die Zeit, um die nur auf Revolutionierung der deutschen Arbeiter abzielenden Reden der Russen anzuhören". Diese Reden aber zeigten ihre Wirkung bereits in der an demselben Tage auch in Deutschland einsetzenden großen Streikbewegung2).
Friedensschluß mit der Ukraine und Aussprache mit Gras Czernin in Berlin.
Am 31. Januar wurden die Verhandlungen in Brest wieder aufgenommen; aus Verständigung mit Trotzki war aber nicht mehr zu hoffen. Dagegen erklärten sich die Ukrainer angesichts der zunehmenden Macht der Bolschewiken in ihrem Lande — Kiew selbst war in deren Hände gefallen — rückhaltlos zum Frieden und zur Lieferung von 1000000 Tonnen Getreide bereit; eine Kündigung des Waffenstillstandes mit Rußland oder Rumänien würde sie nicht berühren. Am 2. Februar gab Gras Czernin daraufhin die feierliche Anerkennung der Ukrainischen Volksrepublik durch die Mittelmächte bekannt. Bevor sie mit dieser abschlössen, hielten er und Staatssekretär von Kühlmann aber noch eine Aussprache mit der Obersten Heeresleitung für nötig.
Die Aussprache fand am 4. und 5. Februar in Berlin statt. Graf Czernin kam es dabei angesichts der Pläne der Obersten Heeresleitung daraus an, „endlich einmal schriftlich festzulegen", daß Österreich-Ungarn „nur für den vorkriegerischen Besitzstand Deutschlands zu kämpfen verpflichtet" fei2). Er schlug ein entsprechendes „Dokument für Auslegung des Bündnisvertrages" vor, in dem aber doch gleichzeitig gesagt sein sollte, daß kein Teil Frieden schließen werde, solange die Entente nicht auf jeden Wirtschaftskrieg verzichte, und daß auch von dem Rechte, gegebenenfalls unabhängig vom anderen Frieden zu schließen, kein Teil Gebrauch machen werde, solange er nicht durch „vollständige Erschöpfung oder andere zwingende Gründe unbedingt" dazu genötigt sei. Ohne solchen Zwang würden beide Teile den Krieg fortsetzen, „bis ein Friede möglich ist, der ihnen eine Vermehrung ihrer politischen Sicherheiten und wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten gewährleistet". Diesem Dokument, das an den tatsächlichen Verhältnissen nichts änderte, stimmte der Reichskanzler zu; er machte nur die Einschränkung, daß es „in der Öffentlichkeit nicht gebraucht werden dürfe. Im übrigen handelte es sich bei der Aussprache um die
*) Weiteres hierüber wird Bd. XIV enthalten.
2) Czernin, a. a. O. S. 334.
Graf Czernin in Berlin. Friede mit der Ukraine.
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Rumänien aufzuerlegenden Bedingungen*) und um die Frage, wie in Brest weiter zu verfahren sei. Während General Ludendorss vor allem mit Trotz« brechen, „etwas gegen die Großrussen unternehmen" und „auf diese Weise auch den deutschen Besitz in Livland und Estland schützen" wollte, schlug Gras Czernin vor: 1. Friede mit der Ukraine, 2. Friede mit Rumänien, 3. möglichst auch Friede mit den Großrussen. Diesem Plan trat dann auch die Oberste Heeresleitung bei.
Am 7. Februar drahtete Generalfeldmarschall von Hindenburg an den Oberbefehlshaber Oft, Kaiser Wilhelm habe beim gestrigen Vortrag „die feste Absicht" ausgesprochen, „den Deutschen in den bisher nicht besetzten Teilen Livlands und Estlands den von ihnen erbetenen Schutz zuteil werden zu lassen. Mit den Operationen, die hierfür in Aussicht genommen find2), wird daher als feststehend zu rechnen fein. General Hosfmann erhält hiermit zugleich den Auftrag, die Räumung von Livland und Estland seitens der russischen Truppen oder den Bruch mit Trotz« zu erwirken". Graf Czernin machte zunächst noch einen letzten Versuch, sich mit Trotz« zu verständigen. Als dieser fehlschlug, wurde in der Nacht zum 9. Februar der Friede mit den Vertretern der Ukraine unterzeichnet. Dabei wurde ihnen das Gebiet von Cholm und die Umwandlung des hauptsächlich von Ukrainern bewohnten Ostteiles von Galizien in ein selbständiges österreichisches Kronland — letzteres als Geheimklausel des Vertrages — zugesagt. Als Gegenleistung verpflichtete die Ukraine sich, große Mengen von Getreide an Deutschland und Österreich-Ungarn zu liefern.
Durch diesen Abschluß waren für die militärische Lage insofern klarere Verhältnisse geschaffen, als Österreich-Ungarn von Wiederaufnahme der Feindseligkeiten gegen Sowjet-Rußland künftig nicht mehr unmittelbar berührt wurde. An seiner Ostgrenze herrschte — abgesehen von der Front in Rumänien — Friede. Deutschland hatte gegen Sowjet-Rußland mehr als bisher freie Hand.
Abschluß der Verhandlungen.
Die Russen versuchten unterdessen weiterhin, den inneren Halt der deutschen Truppen zu erschüttern. Ihre Heeresleitung verbreitete durch Rundfunk am 9. Februar einen Befehl, der unter Hinweis auf die Wohltat weitgehender Entlassung russischer Reservistenjahrgänge sowie aus „Revolution in Deutschland und Beschießung deutscher Arbeiter durch eigene Truppen" die russischen Soldaten aufforderte, „deutsche Truppen an-zuleiten zum Vorgehen gegen ihre Peiniger, Generale, Offiziere". Dieser
*) 6.357.
2) 6.363 ff.
Weltkrieg. XIII. Bd. 23
354 Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Verhandlungen in Brest-Litowsk.
S«br»ar. russische Vorstoß veranlaßte nunmehr Kaiser Wilhelm in einer Drahtung nach Brest zu verlangen, daß schleunigst ein Ende gemacht werde; Trotzki müsse bis morgen, 10. Februar abends, den Frieden nach unseren Bedingungen kurzweg unterzeichnen unter sofortiger Ausgabe des Baltikums; im Weigerungsfälle oder bei Hinschleppungsversuchen sei der Waffenstillstand zu kündigen; der Oberbefehlshaber Oft gehe dann gegen die vorgeschriebene Linie vor. Noch hatte aber Staatssekretär vonKühlmannBe-denken. Er sah „hohe Wahrscheinlichkeit", daß Trotzki einlenken werde. Wegen der Forderung, Estland und Livland zu räumen, dürfe es dann nicht zum Bruch kommen; „Sprengung des Bündnisses mitöfterreich und Entfesselung innerpolitischen Konflikts in Deutschland würden unmittelbar" folgen. Da der Reichskanzler dieser Auffassung beitrat, war der Kaiser damit einverstanden, daß die Forderung der Räumung von Estland und Livland nicht in die Form eines Ultimatums gekleidet und zunächst noch das Ergebnis der Verhandlungen des 10. Februar abgewartet wurde.
Der Schwierigkeiten der Lage wurde die deutsche Vertretung dadurch enthoben, daß Trotzki an diesem Tage mündlich und schriftlich die Erklärung abgab, „daß Rußland, indem es darauf verzichtet, einen annexio-nistischen Vertrag zu unterzeichnen, seinerseits den Kriegszustand mit Deutschland, Österreich-Ungarn, der Türkei und Bulgarien für beendet erklärt. Den russischen Truppen wird gleichzeitig der Befehl zur vollständigen Demobilisierung an allen Fronten erteilt". Staatssekretär von Kühlmann erwiderte sofort: Die verbündeten Regierungen ständen mit Rußland zur Zeit noch im Kriege; der Waffenstillstand sei abgeschlossen, um zum Abschluß des Friedens zu kommen. Die Erklärung Trotzkis könne diesen Abschluß nicht ersehen. Sie bedeute die Kündigung des Waffenstillstandes und nach dessen Ablauf den Wiedereintritt des Kriegszustandes. Fm übrigen war er ebenso wie der Reichskanzler und auch die Bundesgenossen der Meinung, man solle es ohne Wiederaufnahme der Feindseligkeiten bei der Erklärung Trotzkis bewenden lassen.
Demgegenüber vertrat die Öberste Heeresleitung mit Nachdruck den Standpunkt, daß nach Ablauf des Waffenstillstandes, also am 18. Februar, die militärischen Operationen gegen Sowjet-Rußland sofort wieder aufzunehmen und bis zur Linie Dünaburg—Pleskau—Narwa durchzuführen seien. Da die Beteiligung von Truppen der Verbündeten hierbei nicht in Frage kam, handelte es sich um eine rein deutsche Angelegenheit. Über sie wurde am 13. Februar in einem Kronrat entschieden. Dabei führte die Oberste Heeresleitung neben dem Bedürfnis, Estland und Livland von der Herrschaft der Bolschewiken zu befreien, auch die Notwendigkeit ins Feld, die Ukraine vom bolschewistischen Druck zu entlasten, da man
Friedensschluß nach Wiederaufnahme der Feindseligkeiten.
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sonst nicht daraus rechnen könne, die zugesagten und dringend notwendigen Lebensmittel von ihr zu erhalten; auch müsse verhindert werden, daß England sich in Estland festsetze, und daß Finnland vergewaltigt werde. Entscheidend sei im übrigen, daß im Osten klare Verhältnisse geschaffen würden, um Truppen für die Westfront frei zu bekommen. Demgegenüber bezweifelte Staatssekretär von Kühlmann, daß die Bolschewiken durch militärische Unternehmungen gezwungen werden könnten, einen ihnen nicht genehmen Friedensvertrag zu unterschreiben; wir sollten im Osten abwarten und erst eingreifen, wenn wir dazu gezwungen würden. Vizekanzler von Payer schloß sich aus innenpolitischen Gründen dieser Auffassung an. Das Endergebnis war aber, daß die Oberste Heeresleitung, auf deren Seite der Kaiser stand, ihren Willen durchsetzte.
So sprachen vom 18. Februar mittags an wieder die Waffen1), und zwar, nachdem die Ukraine tags zuvor deutsche Hilfe gegen die Bolschewiken in ihrem Gebiet erbeten hatte, auch an der ukrainischen Front. Oberste Heeresleitung und Auswärtiges Amt vereinbarten unterdessen im wesentlichen folgende künftige Friedensbedingungen:
Räumung Estlands, Livlands, Finnlands, der Aalands-Znseln und der Ukraine durch russische Truppen und Rote Garde; Besetzung von Estland und Livland durch deutsche Polizei, bis „die Sicherheit durch eigene Landeseinrichtungen gewährleistet und die staatliche Ordnung hergestellt ist";
Verpflichtung Rußlands, sofort mit der „Ukrainischen Volksrepublik" Frieden zu schließen;
Räumung der türkischen Gebiete Kleinasiens;
Sofortige völlige Demobilmachung des Heeres, Überführung der Flotte in sowjetrussische Häfen oder ihre Desarmierung;
Unterlassung jeder Agitation oder Propaganda in den Ländern der Mittelmächte.
Weitere Forderungen bezogen sich auf wirtschaftliche Fragen und Gefangenenaustausch.
Diese Bedingungen wurden am 22. Februar russischen Kurieren mitgegeben, die mit einem Protestschreiben gegen die Wiederaufnahme der Feindseligkeiten in Dünaburg eingetroffen waren. Am 24. Februar teilte die Räteregierung durch Funkspruch die Annahme der Bedingungen mit, versuchte aber am 26., da der deutsche Vormarsch Petersburg bedroht erscheinen ließ, noch einmal den völlig zusammengebrochenen Widerstand neu zu beleben, doch ohne jeden Erfolg. So erklärte am 1. März eine
l) S. 362 ff.
18. Februar.
22. Februar bis 3. Marz.
23*
356 Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Verhandlungen mit Rumänien.
Sie Ende gamrar.
Februar.
neue russische Friedensdelegation in Brest, sie sei gekommen, „die von den Deutschen mit der Waffe in der Hand diktierten Bedingungen anzunehmen". Diese waren unterdessen durch die türkische Forderung auf sofortige Räumung der 1878 an Rußland verlorenen Gebiete an der kaukasischen Grenze noch ergänzt worden.
Am 3. März nachmittags wurden die Feindseligkeiten eingestellt und der Friedensvertrag mit Sowjet-Rußland unterzeichnet.
Z. Die Friedensverhandlungen mit Rumänien in Buftea.
Ebenso schwierig wie die Verhandlungen mit Rußland gestalteten sich die mit Rumänien, dessen Heer in der Hand seiner Führer geblieben war. Unter dem Einfluß der französischen Militärmission und im Zusammenhang mit den zunächst auch noch einigermaßen geordneten ukrainischen Verbänden des Generals Schtscherbatschew stellte es immer noch einen nicht zu unterschätzenden Gegner dar, es zählte noch etwa 18 Divisionen neben etwa 30 ukrainischen. Ihnen gegenüber standen in der Heeresgruppe Mackensen und der Heeresfront des Feldmarschalls Freiherr Köveß von Köveßhaza*) Ende Januar 1918 noch 12 deutsche, 15 österreichisch-ungarische, 3 bulgarische und 1 türkische Division, dazu 6 österreichisch-ungarische und 1 bulgarische Kavallerie-Division?). Als Mitte Januar vier deutsche Divisionen abrollen sollten, ohne daß bisher irgendein Fortschritt in den Verhandlungen erzielt war, schlug Generalfeldmarschall von Mackensen vor, die Rumänen vor die Wahl zu stellen, entweder innerhalb 24 Stunden Frieden zu erbitten oder die Kündigung des Waffenstillstandes zu gewärtigen; denn er glaube nicht, daß sie ohne Zwang zum Frieden zu bringen sein würden. Gegen militärisches Vorgehen bestanden aber einstweilen Bedenken mit Rücksicht aus die Ukraine, mit der man gerade zum Frieden zu kommen hoffte.
Unterdessen vertrieben die Rumänen in teilweise heftigen Kämpfen die noch an ihrer Front stehenden sowjetrussischen Truppen. Am 28. Januar wurde bekannt, daß Sowjet-Rußland die Beziehungen zu Rumänien abgebrochen habe. Damit waren die Grundlagen des Waffenstillstands-Abkommens völlig verschoben und neue Verhandlungen nötig. Sie sollten am 4. Februar in Focsani beginnen und im Aufträge des Oberkommandos Mackensen durch General von Morgen geführt werden, während General-
’ x) Feldm. von Köveh hatte am 15. Jan. den Befehl von Erzherzog Josef übernommen, der eine Heeresgruppe in Italien erhielt.
2) Seit Anfang November 1917 waren ohne Ersatz abbefördert: 24 deutsche, 5 österr.-ung., 1 türk. Div.
Die Friedensbedingungen.
357
major Hell die Oberste Heeresleitung, Legationsrat Freiherr von Richthosen das Auswärtige Amt zu vertreten hatten. Die Forderung der Obersten Heeresleitung, den Rumänen sofort zu eröffnen, daß ein neuer Waffen-stillstandsvertrag nur dann in Frage käme, wenn sie ihre künftigen militärischen und politischen Ziele offen bekannt gäben, wurde zurückgestellt, als Graf Czernin am 2. Februar mitteilte, König Ferdinand von Rumänien habe sich unmittelbar an Kaiser Karl gewandt1). Am 4. Februar erklärte er in Berlin, man brauche nur noch wenige Tage. Im Gegensatz hierzu meldete General Hell als Eindruck des ersten Verhandlungstages, daß ein Entgegenkommen der Rumänen nicht zu erwarten sei; nur durch rücksichtslose Festigkeit dürfte etwas zu erreichen sein. So wurde am 5. Februar von der rumänischen Regierung gefordert, innerhalb von vier Tagen die seitens der Obersten Heeresleitung verlangte Erklärung abzugeben.
Bei den Berliner Besprechungen am 4. und 5. Februar?) waren unterdessen als Friedensbedingungen, die den Rumänen aber zunächst noch nicht bekanntgegeben werden sollten, vereinbart worden:
Einsetzung einer den Mittelmächten genehmen Regierung;
Abtretung der ganzen Dobrudscha an die vier Verbündeten „zu gesamter Hand", wobei Constanza (dieses als Freihafen) und die Bahn Cernawoda—Constanza Deutschland zufallen sollten;
Grenzberichtigungen in den Karpaten zugunsten Österreich-Ungarns;
Rumänische Gebietserwerbungen von Rußland in Bessarabien;
Belastung des mobilen rumänischen Heeres an der Front gegen die Ukraine, wo zu dieser Zeit die Bolschewiken dieMachtansich gerissen hatten; Demobilmachung aller dort nicht eingesetzten Truppen;
Fortdauer der Besetzung Rumäniens durch Truppen der Mittelmächte unter deutschem Oberbefehl und deutscher Verwaltung bis auf weiteres;
Bestimmungen über Wirtschaftsfragen, Betrieb der Eisenbahnen in der Moldau, Donau-Schiffahrt und Gefangenenaustausch.
Nachdem dann am 9. Februar der Friede mit den Vertretern der Ukraine unterzeichnet war, verlangte die Oberste Heeresleitung, daß die Rumänen in Focsani nunmehr „vor kurzen Entschluß" gestellt würden, denn es schien nach einem aufgefangenen italienischen Funkspruch wahr-
*) Die Anregung war von Kaiser Karl ausgegangen, der Oberst Ritter von Randa mit der Mitteilung zu König Ferdinand entsandt hatte, er sei „gern bereit, mit Rumänien eine Allianz zu schließen. Hauptzweck derselben wäre, die internationale Revolution der Bolschewik!, welche alle Monarchen der Welt in gleichem Maße bedrohen, zu bekämpfen". Oberst von Randa kehrte, ohne eine Antwort erhalten zu haben, zurück.
2) 6.352 f.
358 Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Verhandlungen mit Rumänien.
Februar.
scheinlich, daß sie in der Hoffnung aus Entente-Hilfe noch Widerstand leisten würden. Unterdessen verzögerte sich die geforderte Erklärung über ihre Absichten durch Neubildung der Regierung. Rumänien verlangte Bedingungen, wie sie „unabhängigen Staaten zugebilligt" würden, und erbat wegen Schwierigkeiten der Regierungsbildung am l Z. Februar Verlängerung des Waffenstillstandes um 20 Tage. Diesem Hinausziehen gegenüber befand sich die Oberste Heeresleitung in schwieriger Lage, da alle übrigen Vertreter der Mittelmächte militärischen Druck ablehnten und selbst das Oberkommando Mackensen ihn zu vermeiden wünschte, weil ihm die deutschen Kräfte allein dazu nicht ausreichend erschienen. So wurde nur gefordert, daß die Friedensverhandlungen spätestens am 22.Februar in Buftea bei Bukarest beginnen müßten.
Die inzwischen bevorstehende neue Offensive gegen Sowjet-Rußland, vor allem aber die am 17. Februar von der Akraine gestellte Bitte um Hilfe gegen die Bolschewiken in ihrem Gebiete änderten die Lage abermals. Die Oberste Heeresleitung hielt es für erwünscht, daß Rumänien sich an der Hilfeleistung in der Akraine beteilige, indem es den Kampf gegen die Bolschewiken nicht nur bis zur Inbesitznahme ganz Bessarabiens weiterführe, sondern auch Odessa — allerdings ohne künftige Besitzansprüche — besetze. Andererseits zeigte sich mehr und mehr das Streben Österreich-Ungarns, die im Zusammenhang mit der austropolnischen Lösung angebotene wirtschaftliche Vormachtstellung Deutschlands in Rumänien1) einzuschränken; die ohne Wissen des Bundesgenossen eingeleitete unmittelbare Fühlungnahme zwischen Kaiser Karl und König Ferdinand schien der erste Schritt in dieser Richtung gewesen zu sein. Auf Veranlassung des Grafen Czernin warnte Kaiser Karl in einem Briefe an den Deutschen Kaiser davor, den Rumänen schwerere Bedingungen aufzuerlegen, als unvermeidlich sei. Kaiser Wilhelm aber sah darin nur das Abrücken von der jetzt mit den Forderungen der Akraine belasteten austropolnischen Lösung, um statt dessen Deutschland aus Rumänien zu verdrängen.
Der deutsche Einmarsch in die Akraine muhte zur operativen Umfassung der rumänischen Armee führen und sie damit in eine hoffnungslose Lage bringen. Bei Vorbesprechungen mit dem neuen rumänischen Ministerpräsidenten General Averescu ergab sich daher jetzt dessen Bereitschaft, aus die Forderungen der Mittelmächte einzugehen bis auf die Abtretung der Dobrudscha; falls auf diesem Verlangen bestanden würde, sei es möglich, daß sich das rumänische Heer bis zum letzten Mann schlage. Neue Verzögerungen ergaben sich daraus, daß Staatssekretär von Kühl-r) e. 19 ff.
Stocken der Verhandlungen und Ultimatum.
359
mann Aufschub der letzten Verhandlungen verlangte, bis Graf Czernin und er in Brest mit den Russen abgeschlossen hätten, denn die rumänische Frage werde Deutschlands „Bundesverhältnis zu Österreich-Ungarn, Bulgarien und der Türkei einer so schweren Belastungsprobe unterziehen, daß die persönliche Anwesenheit der Chefs der auswärtigen Politik aller Verbündeten bei den Verhandlungen erforderlich sei".
So begannen schließlich erst am 24. Februar Vorverhandlungen mit den Rumänen, die wegen der Dobrudscha-Frage ergebnislos verliefen. Anwendung militärischer Gewalt wurde erwogen. Aber General Hell hatte Bedenken, für die hierbei in erster Linie stehenden bulgarischen Belange noch einen Wassengang zu unternehmen, der nicht etwa einen militärischen Spaziergang, sondern einen verlustreichen Kampf bedeute. General Ludendorfs hielt dem entgegen, daß auch die österreichischungarische Heeresleitung bereit sein würde, die Forderungen mit Waffengewalt zu unterstützen; die Rumänen würden es daher auf einen Kampf nicht ankommen lassen.
Unterdessen hatte am 27. Februar Gras Czernin, der bis Herbst 1916 österreichisch-ungarischer Gesandter in Bukarest gewesen war, eine lange persönliche Aussprache mit König Ferdinand, wobei er diesem abschließend eröffnete, entweder würden die Bedingungen der Mittelmächte innerhalb von 48 Stunden als Verhandlungsbasis angenommen, oder die Dinge nähmen ihren unabänderlichen Lauf, das heiße, daß Rumänien in längstens vier Wochen zu bestehen aufgehört hätte.
Zm Anschluß an die Meldung über diesen Vorgang fragte General Hell bei der Obersten Heeresleitung an, ob die zum Abtransport nach dem Westen zurückgezogenen deutschen Divisionen nun zum „Halali" (Deckname für den Endangriff) gegen die Moldau bereitgestellt werden sollten. Die Antwort lautete „ja", aber derart, daß eine Division — falls der König nachgibt — sofort verladen werden kann. Als General Ludendorff gleichzeitig den Reichskanzler bat, weitere Verzögerung des Abschlusses nunmehr zu verhindern, erfuhr er, daß Kaiser Karl sich bisher nicht habe bereit finden lassen, für den Fall der Ablehnung durch Rumänien neue Operationen seines Heeres zu befehlen; Graf Czernin wolle sich dafür einsehen, brauche dazu aber deutsche Zugeständnisse in Rumänien zugunsten Österreich-Ungarns wenigstens auf wirtschaftlichem Gebiet. Der Kanzler fragte schließlich, ob denn die Mitwirkung der Bulgaren und Türken bei neuem Wafsengang gesichert sei, und ob die Oberste Heeresleitung diesen auch dann beginnen wolle, wenn Österreich-Ungarn nicht teilnehme. Die Lage war recht unklar. Mit Generaloberst von Arz waren zwar alle erforderlichen Vereinbarungen getroffen, General Ludendorff war aber
360
Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Verhandlungen mit Rumänien.
im Zweifel, ob Kaiser Karl „Stange halten" werde. Auch über Mitwirkung der Bulgaren und Türken bestand keine Klarheit. Das Oberkommando Mackensen meldete, ohne Teilnahme Österreich-Ungarns könne mit durchschlagendem Erfolg nicht gerechnet werden; mit fünf deutschen Divisionen allein würde die Offensive nach kurzer Zeit stecken bleiben und das Ergebnis „als Sieg der Rumänen erscheinen".
Mit Ablauf der 48stündigen Frist ging am l.März ein Schreiben des rumänischen Ministerpräsidenten ein, dessen Inhalt „ungenügend" war. Auf Bitten des Grasen Czernin kam es zu nochmaligem Aufschub um 24 Stunden. General Ludendorss erhob Einspruch. General Hell sollte aus Graf Czernin einwirken, General von Cramon bei Kaiser Karl vorstellig werden, damit die österreichisch-ungarischen Truppen an dem anscheinend unvermeidlichen neuen Waffengang teilnähmen, so daß nach Niederwerfung der Rumänen die deutschen Truppen schnellstens für die Offensive im Westen frei würden. Am 2. März traf die Zusage Kaiser Karls ein; die Heeressront Köveß habe bereits entsprechenden Befehl. Erst daraufhin war auch der Kanzler mit Kündigung des Waffenstillstandes einverstanden.
Als dann eine Stunde vor Ablauf der Frist Ministerpräsident Ave-rescu mitteilen ließ, die rumänische Antwort könne erst nachmittags abgegeben werden, wurde ihm nur eröffnet, daß die Kündigung des Waffenstillstandes für 12° mittags bestehen bleibe. Drei Tage später, am 5. März mittags, sollten die Operationen beginnen. Aber bereits am Nachmittag des 2. März erklärte sich Rumänien bereit, die Bedingungen anzunehmen. Neue Forderungen, die am 3. März Bulgarien für seine Teilnahme an einem etwa nötigen Kampfe stellte, waren damit bedeutungslos.
Am S. März nachmittags wurden die Friedensbedingungen von einem nach Buftea entsandten Bevollmächtigten der rumänischen Regierung unterschrieben. Sie enthielten gegenüber den am 3.Febmar verabredeten im wesentlichen nur folgende Änderungen:
Rumänische Unterstützung der Ukraine gegen die Bolschewiken fiel weg, dafür hatten die Rumänen den Transport von Truppen der Mittelmächte durch die Moldau und durch Bessarabien nach Odessa eisenbahntechnisch mit allen Mitteln zu unterstützen.
Mindestens acht rumänische Divisionen waren sofort zu demobilisieren. Die Offiziere der Entente waren sofort zu entlassen.
Damit war zwei Tage nach dem Abschluß in Brest auch mit Rumänien ein Borsriede zustande gekommen, aber noch sollten zwei Monate vergehen,
Vorfriede von Buftea und Friede von Bukarest.
361
bis der endgültige Friedensvertrag unterzeichnet war. Die Hauptschwierigkeit bereitete der türkisch-bulgarische Gegensatz in der Dobrudscha-Frage. Bulgarien forderte mehr, als ihm im Abkommen vom Spätsommer 1915 für den Fall des Eintritts Rumäniens in den Krieg zugesagt worden war1), und entsprechend größer wurden auch die Ansprüche der Türkei aus Rückgabe bulgarischen, früher türkischen Gebietes in Thrazien. Auch abermalige Umbildung der rumänischen Negierung, an deren Spitze Mitte März Ministerpräsident Marghiloman trat, brachte Verzögerungen. Der ursprünglich nur bis zum 19. März laufende Waffenstillstand mußte mehrfach verlängert werden. Die zum Abtransport bestimmten vier deutschen Divisionen konnten daher immer noch nicht weggezogen werden, denn auf österreichisch-ungarische Waffenunterstühung war bei etwaiger Wiederaufnahme der Feindseligkeiten nicht mehr zu rechnen.
Am 26. März, fünf Tage nach erfolgreichem Beginn der großen Offensive in Frankreich, verlangte die Oberste Heeresleitung schließlich von General Hell bis Mitternacht 28./29. März Meldung, daß ihre im Einvernehmen mit den maßgebenden Reichsbehörden gestellten Forderungen über Getreidelieferung, Erdölgewinnung, Eisenbahnen und Donau-Schisfahrt in ihren Grundzügen vertragsmäßig soweit festgelegt seien, daß der Abtransport der Divisionen unbekümmert um weitere Einzelberatungen durchgeführt werden könne. „Gestützt auf unsere Erfolge im Westen", dürfe nach keiner Richtung mehr nachgegeben werden. Diese Erfolge haben die Verhandlungen denn auch tatsächlich so erleichtert, daß es bereits am 26. März zu dem geforderten vorläufigen Abschluß kam: Das rumänische Heer war bis auf zwei Infanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen in Bessarabien zu demobilisieren; weitere acht Divisionen durften in Friedensstärke weiter bestehen. Die Räumung des besetzten rumänischen Gebietes wurde späteren Vereinbarungen vorbehalten. Am 28. März meldete General Hell, daß der Abtransport der Divisionen nunmehr beginnen könne.
Mit Bulgaren und Türken wurde in weiteren langwierigen Verhandlungen schließlich bis Anfang Mai eine Einigung dahin erzielt, daß der Südteil der Dobrudscha bis durchschnittlich sieben Kilometer südlich der Bahn Cernawoda—Constanza sofort an Bulgarien gegeben, der Nordteil einstweilen unter deutscher Oberleitung gemeinsam verwaltet werden sollte.
Am 7. Mai wurde daraufhin zu Bukarest der endgültige Friede der Mittelmächte mit Rumänien unterzeichnet. Für Deutschland, das keine Gebietsforderungen zu stellen hatte, brachte er die Zusage von Getreidelieferungen für 1918 und 1919 sowie sieben weitere Jahre, vor-
*)Bd. X, S. SSL f.
Mai.
7. Mai.
362
Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Friede mit Rumänien.
r.Wau wiegenden Einfluß auf die Erdölgewinnung für 90 Fahre, und Zugeständnisse hinsichtlich der Donau-Schiffahrt sowie der Eisenbahnverbindung zum Schwarzen Meer.
Dieser Friede war zwar mit einer erst vor kurzem eingesetzten, den Mittelmächten zuneigenden rumänischen Regierung, aber doch unter dem Druck der Waffen, zustande gekommen. Es gab daher weite Kreise im Lande, die sich von einer Wendung des Kriegsglücks Besserung versprachen und auf solche hofften. Der Wert der Friedensabmachungen war völlig abhängig von der Entwicklung der militärischen Gesamtlage. Unter diesen Umständen bedeutete es immerhin eine Gefahr, daß der bisher nicht besetzte Teil des Landes auch weiterhin seine volle Unabhängigkeit behielt, daß in Bessarabien mobile rumänische Divisionen stehen blieben und daß die übrige Armee, wenn auch größtenteils demobilisiert, mit ihrer vollen Bewaffnung und Ausrüstung weiter bestand. Es kam hinzu, daß die Gesandtschaften und zahlreiche sonstige Vertretungen der Entente nach wie vor im Lande blieben und damit die Fäden zu den Gegnern der Mittelmächte weiterspinnen konnten.
Mehr als der Friedensvertrag festsetzte, war aber bei den beschränkten militärischen Kräften der Mittelmächte, wie auch angesichts der Sonderbelange Österreich-Ungarns,, nicht zu erreichen gewesen.
B. Die Miederaufnahme des Kampfes im (Dften.
Als Sowjet-Rußland am 10. Februar die Verhandlungen in Brest abbrach und damit die Wiederaufnahme des Kampfes wahrscheinlich wurde, hatte die Ostfront der Mittelmächte bereits erhebliche deutsche Kräfte nach dem Westen, österreichisch-ungarische nach Italien abgegeben*); mri-
x) Gliederung der Ostfront Mitte Februar 1918 (Abgaben nach dem Westen Veil. 28a):
Hgr. d. Sen. Feldm. von Mackensen. Chef d. Genst.: Genmaj. Hell.
Bulg. 3. Armee: Gen. Todorow mit 2 I. D., 1 K. D.
9. Armee: Gen. d. Inf. von Eben mit 13 g. D., 2 K. D. (davon 1 öst.-ung. und 1 türk. I. D., 2 öst.-ung. K. D.).
Österr.-ung. Heeresfront d. Feldm. Freiherr Köveß von Köveßhaza. Chef d. Genst.: Genmaj. Ritter von Steinitz. ö.-u. 1. Armee: Gen. Ob. Freiherr von Rohr mit 7 g. D. und 2 K. D. ö.-u. 7. Armee: Gen. Ob. Kritek mit 7 F. D. und 2 K. D.
Oberbefehlshaber Ost Gen. Feldm. Prinz Leopold von Bayern. Chef d. Genst.: Genmaj. Hoffmann.
ö.-u. 2. Armee: Feldm. Freiherr von Böhm-Ermolli mit 19 I. D., 1 K. D. (davon 11 deutsche g. D.).
Wiederaufnahme des Kampfes gegen Sowjet-Ruhland.
363
tere Abgaben standen bevor. Von den verbleibenden Verbänden aber kamen für die Wiederaufnahme des Kampfes gegen Sowjet-Rußland wie auch für etwaige Unterstützung der Ukraine gegen die Bolschewiken zunächst nur die deutschen Truppen, vor allem die des Oberbefehlshabers Ost, in Betracht; denn Österreich-Ungarn war zur Mitwirkung nicht bereit, und an der Front der Heeresgruppe Mackensen gingen die Verhandlungen mit den Rumänen weiter.
Unter dem Oberbefehlshaber Ost standen Mitte Februar an deutschen Truppen noch 50y2 Divisionen Infanterie und 9 Kavallerie-Divisionen, davon eine berittene. Diese Truppen hatten aber ununterbrochen ihre besten Kräfte an Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften wie an Pferden und Material jeder Art nach dem Westen abgegeben. Sie waren daher nicht nur zahlenmäßig schwach, sondern auch ihrer Zusammensetzung nach nicht mehr voll leistungsfähig. Besonders fehlte es an Kolonnen für den Nachschub. 27 000 Pferde, abgesehen von denen der abzugebenden Formationen, gingen noch zu Anfang des Monats nach dem Westen. Eine Krastfutterzulage für die zum Vormarsch bestimmten Truppen und Kolonnen wurde abgelehnt.
J. Der Einmarsch in Sowjet-Rußland.
Beilage 24.
Schon am 5. Januar hatte die Oberste Heeresleitung dem Oberbefehlshaber Ost für den Fall des Scheiterns der Brester Verhandlungen die Vorbereitung eines Angriffs auf Dünaburg befohlen. Am 31. Januar hatte sie weitere militärische Vorbereitungen (Deckname „Faustschlag^ angeordnet, um „mit zwei bis drei Divisionen längs der Eisenbahn Wenden
Hgr. d. Gen.Ob. von Linsingen. Chef d. Genst.: Obstlt. Keller.
Abschnitt Lipa: Gen. d. Kav. von Falkenhayn mit 3 I.D. (davon 2 öst.-ung.).
0.-U..4. Armee: Gen. Ob. Graf Kirchbach auf Lauterbach mit 4 g. D., 1 K. D. (davon 2 deutsche g. D.).
Abschnitt Kowel: Gen. d. Kav. von Bemhardi mit 5 F. D., iy2 K. D. (davon 1 öst.-ung. g. D.).
Armee-Abt. d. Gen. d. Art. von Gronau mit 4 F. D., 3 K. D.
Abschnitt Slonim: Gen. d. Inf. von Briehke mit 4y, I. D.
Hgr. d. Gen.Feldm. von Eichhorn*). Chef d. Genst.: Genmaj. Freiherr Schmidt von Schmidtseck (ab 16. Febr. Ob. Frotscher).
10. Armee: Gen. Feldm. von (Eichhorn mit 11 F. D., 1 y2 K. D.
Armee-Abt. D: Gen. Ob. von Kirchbach mit 6 F. D., 1 K. D.
8. Armee: Gen. Ob. Graf Kirchbach mit 7 F. D., 2 K. D.
*) Am 18. Dez. 1917 zu diesem Dienstgrad befördert.
Dis 16. Februar.
364 Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Einmarsch in Sowjet-Rußland.
Dis 16. Februar.
18. Februar.
—Walk—Pleskau vorzudringen und die Besatzung von Ösel, Dagö und Moon über das Eis auf das Festland über- und dann in Richtung Pernau vorzuführen". Sie billigte auch den Plan des Oberbefehlshabers Ost, diese Offensive bis zu den Rokitno-Sümpfen nach Süden auszuweiten; denn mit nennenswertem Widerstand rechnete sie bei dem Zustande des russischen Heeres nicht. Die für die Westfront geforderten Abgaben aller Art sollten daher weiter geleistet werden, wenngleich sie die Gefechtskraft immer mehr schwächen muhten. Die Operationen waren mit einem Mindestmaß von Kräften, und dabei größtenteils nicht vollwertigen, zu führen.
Einstweilen bereitete der Oberbefehlshaber Oft alles vor, um nach Ablauf des Waffenstillstandes am 18. Februar mittags den Vormarsch sofort anzutreten. Nachdem dann im Kronrat vom 13. Februar endgültig entschieden war, daß die Feindseligkeiten wieder aufzunehmen seien, meldete er am 16.Februar folgende Absichten an die Oberste Heeresleitung: Bei der Heeresgruppe Eichhorn sollten eine Abteilung nach Osten auf Minsk, eine weitere über Smorgon—Molodeczno und als Bindeglied zwischen beiden zwei schwächere Abteilungen an und nördlich der Bahn Bogdanow—Molodeczno vorgehen; weiter sei beabsichtigt: Wegnahme von Dünaburg, Vormarsch aus den Stellungen östlich von Riga, Marsch von Moon über das Eis auf Pernau. Von der Heeresgruppe Linsingen sollte eine Division aus dem Abschnitt Slonim ebenfalls auf Minsk angesetzt werden, um Verbindung mit dem dort stehenden aus dem russischen Heere ausgeschiedenen polnischen I. Korps zu gewinnen. Die ersten Marschziele müßten der geringen Angriffskraft entsprechend nahe gewählt werden. Die Fortführung der Operationen sei vom Verhalten der russischen Truppen und der Bevölkerung abhängig sowie vom Vorbau der Bahnen'). Aber auch die weiteren Ziele mühten wegen der geringen Kampfkraft und Marschsähigkeit der Truppen begrenzt bleiben. Den am Vormarsch beteiligten Verbänden legte ein Aufruf die Gründe klar, die zur Wiederaufnahme der Feindseligkeiten zwangen.
In der Nacht zum 18. Februar wurde mit der Verbreitung eines Flugblattes begonnen, das der Bevölkerung hinter den russischen Linien eröffnete, die Wiederaufnahme des Kampfes gelte nur den Bolschewiken und ihrer „Roten Garde". Alle für den Angriff nötigen Verschiebungen und Bereitstellungen waren inzwischen beendet. Auch hatte sich ergeben, daß die feindlichen Stellungen nur noch ganz schwach beseht waren und daß mit nennenswerter russischer Artillerie nicht zu rechnen sei. Es herrschte
') Zunächst mußte über die beiderseitigen Stellungszonen der Anschluß an die russischen Bahnen hergestellt, dann mußten diese auf deutsche Spur umgenagelt werden, soweit man nicht etwa mit erbeuteten russischen Lokomotiven und Wagen weiter fahren konnte.
Vorbereitungen.
365
Winterwetter; der Boden war mit Schnee bedeckt, die Wasserläufe und Seen zugefroren. Am die Mittagstunde des 18. Februar wurden zum Zeichen, daß der Kriegszustand wieder begonnen habe, an allen Frontabschnitten einige Kanonenschüsse abgegeben. Wegen der Kürze des Nachmittags (Sonnenuntergang in Wilna etwa um 5° deutscher Winterzeit) und um die Operationen mit dem Vorgehen der Heeresgruppe Linsingen in Einklang zu bringen, begann der Vormarsch aber erst am 19. Februar früh. Hinter den vormarschierenden Truppen blieb die alte Stellung beseht.
a) 9er Vormarsch der 10. Armee über Minsk zum Dnjeper.
19. Februar bis 9. März.
Der Schwerpunkt der Operationen der 10. Armee1) des General- i9.s«bto«. feldmarschalls von Eichhorn lag beim III. Reservekorps, das mit seinen vier Divisionen über Smorgon aus Molodeczno vorgehen sollte. Aus diesen hatte Generalleutnant Graf von Bredow, wenn auch nur kleine, so doch vollkommen kämpf- und marschfähige Formationen zusammenstellen lassen. Bei Molodeczno hoffte man Vorräte und vor allem Bahnmaterial in die Hand zu bekommen. Den Hauptstoß dorthin führte die 14. Landwehrdivision. Eine vorausgesandte Abteilung (Kavallerie, Radfahrer und Schneeschuhläufer mit Maschinengewehren aus Wagen) erreichte schon am 19. Februar, ohne Widerstand zu finden, Molodeczno und damit den Endpunkt der russischen Eisenbahnen. Mit Truppen und Material beladene Züge und sonstige Beute fielen in ihre Hand. Die Bahn war bis auf einige Unterbrechungen betriebsfähig, das Personal zur Bedienung bereit. Damit ergab sich die Möglichkeit, den Vormarsch unter Ausnutzung der Bahn als „Eisenbahnvormarsch" fortzusetzen. Auch die aus den südlich und nördlich anschließenden Korpsabschnitten angesetzten Abteilungen konnten über die alten Stellungen vorstoßen.
Bei so reibungslosem und schnellem Verlauf des Vormarsches gab man die bisherigen beschränkten Ziele auf, um die bei den Russen herrschende Verwirrung auszunutzen und vor allem den großen Bahnknotenpunkt Minsk schnell zu besetzen. Die dorthin vorausgesandte Abteilung der 14. Landwehr-Division erreichte am 21. Februar die Stadt, in der ri.F«broar.
x) Front der 10.Armee (vom rechten Flügel):
Gen. Kdo. z. b. V. 66: Gen. d. Inf. von Held mit 95. R.I.Br., 94. I.D.
Gen. Kdo. z. b. V. 57: Gen. d Kav. Ritter von Fromme! mit 93. I.D., 21. und 11. L.D. ni.R.K.: Genlt. Graf von Bredow mit 16. L.D., 40. I.D., 14. und 46. L.D.
Gen. Kdo. z. b. V. 67: Gen. d. Inf. Freiherr von Scheffer-Boyadel mit9. L.Br., 226. I.D.,
23. R. D.; 16. K.Br., 17. L. D.
366 Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Einmarsch in Sowjet-Rußland.
sie Teile des polnischen I. Korps antraf. Weitere Truppen der Division folgten noch an demselben Tage. Beutevorräte und rollendes Material wurden von den Polen übergeben. 3000 russische Offiziere und 10000 Mann, darunter der gesamte Stab der russischen Westftont, die sich noch in der Stadt befanden, spielten die Rolle unbeteiligter Zuschauer. Die entlang der Bahn Baranowicze—Minsk anrückende 18. Landwehr-Division des Abschnitts Slonim (Heeresgruppe Linsingen) hatte inzwischen die zerstörte Riemen-Brücke erreicht, wurde von dort durch entgegengesandte Eisenbahnzüge nach Minsk überführt und trat zur 10. Armee. Nördlich von Minsk war der Oberlauf der Wilia erreicht. Der aus Polozk angesetzte Nordflügel des III. Reservekorps hatte im Eisenbahnvormarsch ein Drittel der Strecke Molodeczno—Polozk zurückgelegt.
22.g«6*m«. Am Vormittag des 22. Februar befahl der Oberbefehlshaber Ost, Minsk fest in die Hand zu nehmen; jenseits der Stadt seien mit Rücksicht aus das polnische Korps nur Erkundungen an den Bahnen vorzunehmen. Die Oberste Heeresleitung erweiterte den Befehl: „Düna auswärts ist der Besitz von Polozk anzustreben. Über Minsk hinaus sind Vortruppen bis Boriszow, Züge bis Orscha vorzuschieben". Die Polen sollten um Bobruisk verbleiben und am Dnjeper den Bahnknotenpunkt Zlobin besetzen.
Die Truppen des III. Reservekorps wurden, meist durch Bahntransport, um Minsk zusammengezogen. Eisenbahnvorstöße wurden nach Bobruisk, Boriszow und Polozk angesetzt, um vor allem weiteres rollendes Material in die Hand zu bekommen. Das rückwärtige Gebiet, in dem die Einwohner sich wohlgesinnt zeigten, wurde in Verwaltung genommen. Das polnische Korps räumte Minsk; an deutschen Angriffen sich zu beteiligen, lehnte es ab.
Da die Bahn zwischen Boriszow und Orscha unterbrochen war, wurde versucht, Orscha durch das Gebiet des polnischen Korps über Bobruisk—Zlobin—Mogilew zu erreichen. Eine gemischte Abteilung des III. Reservekorps kam auf diesem Wege, durch Bahnunterbrechungen aufgehalten, erst am 27. Februar bis Zlobin, am 28. bis Rogaczew. Eine von Boriszow mit Fußmarsch aus Orscha angesetzte Abteilung war 50 Kilometer über Boriszow hinaus gelangt. Gegen Polozk waren Truppen des Generalkommandos 67 vom Narocz-See her auf der Bahn über Glubo-koje und an der Disna entlang im Vormarsch; in Polozk aber waren inzwischen über Drissa schon Truppen der Armee-Abteilung D eingetroffen.
Unterdessen war Sowjet-Rußland bereit, die Friedensbedingungen 2. Mörz, anzunehmen*). Am 2. März teilte der Oberbefehlshaber Ost mit, daß der
!) 6.355f.
Über Minsk zum Dnjeper.
367
Friede voraussichtlich am 3. März unterzeichnet würde. Die Operationen seien an diesem Tage um 1° mittags einzustellen. Bis dahin war der Eisenbahnvormarsch über Zlobin bis Mogilew gelangt, von Boriszow her war trotz bolschewistischer Gegenwehr der westlich von Orscha gelegene Güterbahnhof erreicht. Östlich dieser Punkte wurde mit den Russen eine Demarkationslinie vereinbart, die auch die Stadt Orscha in deutschen Besitz brachte.
b) Vormarsch der Armee-Abteilung D auf Polozk und Pleskau.
18. bis 28. Februar.
Erste Ausgabe der Armee-Abteilung D1) war die Einnahme von Dünaburg. Generaloberst von Kirchbach setzte dazu Truppen der Generalkommandos 53 und 56 von Süden und Westen her an. Mit feindlichem Widerstand diesseits der Düna rechnete er nicht, aber er befürchtete die Zerstörung der wichtigen Düna-Brücken und erwirkte daher die Erlaubnis, den Vormarsch schon am 18. Februar mittags anzutreten, insbesondere durch die zum Teil auf Kraftwagen beförderte 5. Ersatz-Division eiligst die Brücken zu besehen. Schon um l50 nachmittags am 18. Februar waren sie unbeschädigt in deutscher Hand; unmittelbar anschließend wurden die Bahnhöfe mit ihrem rollendem Material in Besitz genommen. Die anderen auf Dünaburg angesetzten Divisionen wurden seitlich der großen Straße durch Wegeschwierigkeiten und Schneeverwehungen ausgehalten. Nordwestlich von Dünaburg überschritten Truppen des Generalkommandos 53 die Düna und riegelten die von Dünaburg nach Osten führenden Eisenbahnen ab. Eine starke, Pleskau zustrebende russische Marschkolonne und andere nach Osten flüchtende Kolonnen und Züge wurden durch Flieger mit Maschinengewehren und Bomben wirksam angegriffen. Am 19. Februar rückten deutsche Truppen längs der Eisenbahn gegen Drissa vor. Generalleutnant Limbourg sehte aus Kraftwagen verladene Teile auf der Straße, andere auf der Petersburger Eisenbahn nach Pleskau in Marsch. Bereits auf den nächsten Stationen wurden beladene Züge der Bolschewiken erbeutet.
Nach diesen ersten schnellen Erfolgen befahl Generaloberst von Kirchlich. „Es kommt jetzt darauf an, durch tiefen Nachstoß den Zusammenbruch der Bolschewiken zu erzwingen. Deshalb schnelle Verfolgung mit ganz schwachen Kräften unter äußerster Ausnutzung der Kraftwagen und der Eisenbahn für alle Waffen. Langsames Nachziehen der Hauptkräfte
*) Front der Armee-Abt. D (vom rechten Flügel):
<rn. Kdo. z. b. V. 53: Genlt. Limbourg mit 85. L. D., 3. F. D., 5. E. D. und 23. R. D. en.Kdo. z. b. V. 56: Gen.d.Kav. Freiherr von König mit 23. L. D., 8. K. D. und 87. F.$>.
18. Februar.
19. Februar.
368 Abschluß der Kämpfe im Osten. ISIS, Einmarsch in Sowjet-Rußland.
Sie 26. Februar.
19. bis 26 Februar.
unter sorgsamer Schonung und sorgsamer Versorgung für Mann und Pferd". Pleskau und damit der Ausgangspunkt der nach Petersburg führenden Hauptbahn wurde dem Generalkommando 53als das unter Einsatz aller Transportmittel zu erreichende Ziel gegeben. Die Masse des erbeuteten Bahnmaterials und alle verfügbaren Lastkraftwagen-Kolonnen wurden hierfür zur Verfügung gestellt.
Am 2l. Februar erreichten die Truppen des Generalkommandos 55 Rositten, bis zum Abend des 23. Ostrom, am 24. abends nahmen sie Pleskau mit seinen zahlreichen Verbindungen und großen Vorräten in Besitz. Tags darauf wurde von Drissa her der bereits im Vormarsch-streifen der 10. Armee gelegene Bahnknotenpunkt Polozk besetzt und am 26. Februar darüber hinaus gegen Witebsk und Newel aufgeklärt. Die Operationsziele der Armee-Abteilung D waren erreicht.
c) Der Vormarsch der 8. Armee nach Livland und Estland.
19. Februar bis 5. März.
Der Vormarsch der 8. Armee des Generalobersten Graf von Kirch-btich1) sollte Livland und Estland von bolschewistischer Bedrückung befreien, unter der namentlich die deutschstämmige Bevölkerung schwer zu leiden gehabt hatte. Erstes Ziel für den Vormarsch war die Linie Marienburg— Walk; gleichzeitig sollten die Besatzungen von Ösel, Moon und Dagö (Nordkorps) über das Eis das Festland erreichen und sich gegen Pernau oder Reval wenden. Es handelte sich nach den vorliegenden Nachrichten — vor allem in Livland — um ein von den Russen völlig ausgesogenes Gebiet. Die Regelung des Vormarsches mußte dem Rechnung tragen.
In der Frühe des 19. Februar stießen vom VI. Armeekorps zwei Divisionen in breiter Front an und südlich der Bahn Riga—Walk—-Pleskau 50 Kilometer weit vor, ohne daß es gelang, rollendes Material zu erbeuten. Generalleutnant von Heineccius entschloß sich daher, Abteilungen aus Schlitten vorauszusenden. Die drei Divisionen des Generalkommandos 60 drangen auf schmaler Front zwischen der Bahn und dem Rigaschen Busen, ohne aus Gegenwehr zu stoßen, 25 Kilometer weit vor. Die Am strengungen waren infolge von Schneeverwehungen überall sehr groß,
i) Front der 8.Armee (vom rechten Flügel):
Een. Kdo. z. b. D. 58: Eenlt. Graf Egon von Schmettow mit Landsturm.
VI. A. K.: Genlt. von Heineccius mit 2. L. D., 205. und 219. g. D.
Gen. Kdo. z. b. D. 60: Genlt. von Papprih mit 77. R. D., 4. K. D. und 19. L. • Gouv. Ösel: Eenlt. Freiherr von Seckendorfs mit Besahungstruppen der Ins« n
forps).
1. K. D. (beritten).
Einnahme von Dorpat und Reval
369
die Truppen mußten in dem weitgehend zerstörten Gebiet trotz der Kälte biwakieren. Am 20. Februar wurden die Höhenstellungen südöstlich von Wenden unbesetzt gefunden. Wolmar und Lemsal wurden erreicht. Da die Wegeschwierigkeiten sich noch steigerten, wurde aus dem Gebiet der Armee-Abteilung D Zuführung von rollendem Material erbeten; doch konnte dort vorerst noch nichts entbehrt werden. Abends gab Generaloberst Graf von Kirchbach neue Ziele in der Richtung nach Norden.
Am 22. Februar erreichte die 77. Reserve-Division Walk und trat zum VI. Armeekorps, das den Schwerpunkt nunmehr zum Vorstoß aus Dorpat verlegte. Abteilungen aus Schlitten überholten am 23. Februar zahlreiche russische Kolonnen, deren frische Pferde den Schlittenbespannungen zugute kamen. So konnten sie, sowie Kavallerie- und Radfahrer-Abteilungen schon am 24. Februar Dorpat besetzen. Mit dort vorgefundenem Bahnmaterial stießen Abteilungen nach Norden vor und unterbrachen am 26. Februar, westlich von Wesenberg, im Rücken der noch in Estland stehenden russischen Kräfte, die Bahn nach Petersburg. Die angetroffenen feindlichen Truppen flüchteten unter Hinterlassung ihrer Waffen. Inzwischen waren durch die Besetzung von Fellin und Weißenstein starke nach Osten strebende Teile der russischen 1. Division abgeschnitten worden, sie streckten am 26. Februar die Waffen. Mit der Bahn von Walk her und aus Schlitten über das Eis des Rigaschen Busens wurde Pernau erreicht.
Das Nordkorps hatte unterdessen mit der Hauptkolonne am 19. Februar von Moon, einer nördlichen Nebenkolonne in der Nacht zum 21. Februar von Dagö den Vormarsch über das Eis angetreten und in Hapsal Verbindung mit einem estnischen, früher russischen Regiment ausgenommen; feindliche Truppen konnten auch von Fliegern nirgends festgestellt werden. Dem Nordkorps wurde daher statt Pernau die estnische Hauptstadt Reval als Ziel gegeben. Rollendes Eisenbahnmaterial fehlte; hohe Schneeverwehungen verzögerten den Fußmarsch. Das Nordkorps bildete daher hauptsächlich aus seinen fünf Radsahr-Bataillonen eine Sonder-Abteilung, die den anderen Truppen voraus Reval zustrebte und bereits am 23. Februar den Bahnknotenpunkt südwestlich der Stadt erreichte. Deren Befestigungen wurden als unbesetzt erkannt, aber der Führer des Nordkorps rechnete doch mit feindlichem Widerstand, besonders der in Reval liegenden russischen Flottenteile. Daher sollten sich die Truppen am 24. Februar nur an die Festung heranschieben und erst am 25. zum planmäßigen Angriff schreiten. In der Frühe dieses Tages aber drangen vorgeschobene Einheiten bereits aus eigenem Entschluß, ohne noch Widerstand zu finden, von verschiedenen Seiten in die Stadt ein; 226 Geschütze und große Vorratslager wurden erbeutet.
23. Februar bis 4. März.
Weltkrieg. XIII. Bd.
34
370 Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Einmarsch in Sowjet-Rußland.
Am 26. Februar erhielt das Nordkorps Befehl, die Bahn Reval— Narwa und Narwa selbst in Besitz zu nehmen. Inzwischen aber erreichte die von Dorpat entsandte Abteilung des VI. Armeekorps, von Süden her noch verstärkt, am 27. Februar bereits Wesenberg, wo sie viel rollendes Material erbeutete. Auch konnte die Armee-Abteilung D nunmehr 15 erbeutete Lokomotiven und 300 Wagen an die 8. Armee abgeben. Beim weiteren Vorgehen nach Osten kam es um den Bahnhof Iewe zu wechselvollen Kämpfen, an denen sich auch inzwischen mit der Bahn herankommende Truppen des Nordkorps beteiligten. Alle hier zusammengeführten Verbände erstürmten dann unter einheitlichem Befehl am 1. März Iewe; am 4. März konnte nach weiteren Kämpfen auch die von den Russen den Friedensbedingungen entsprechend aufgegebene Stadt Narwa beseht werden, während südlich davon der Narowa-Abschnitt durch die inzwischen über den Nordteil des Peipus-Sees anrückende 1. Kavallerie-Division vom Feinde gesäubert wurde.
Mit Erreichung der Dnjeper-Linie Zlobin—Orscha, sowie der Städte Polozk, Pleskau und Narwa war die Aufgabe der Heeresgruppe Eichhorn erfüllt. Sie hatte zum Teil schon während der Operationen fünf Divisionen zum Westen abzugeben.
Da aber der Friedensvertrag durch Sowjet-Rußland einstweilen noch r.Mürz. nicht ratifiziert war, befahl die Oberste Heeresleitung am 5.März, die Truppen an der Nordostfront für alle Fälle so zu gruppieren, daß „die Operationen mit den Schwerpunkten in der Richtung Petersburg und Moskau weitergeführt werden könnten". Bei diesem „Fangstoß" wollte der Oberbefehlshaber Ost die „zur Zeit abgebrochenen" Operationen auf Witebsk, sowie aus der Gegend von Pleskau und vom Narowa-Abschnitt auf Petersburg fortsetzen. Generalfeldmarschall von Eichhorn beabsichtigte, dazu die 10. Armee, zu deren Oberbefehlshaber am 5. März General der Infanterie von Falkenhayn*) ernannt worden war, auf Smolensk anzusetzen und dadurch Moskau unmittelbar zu bedrohen. Für die beiden anderen Armeen wurde eine gemeinsame Operation gegen Petersburg in Aussicht genommen. Mit der Ratifizierung des Friedens durch die Russen 16. März, am 16. März entfielen diese Operationen.
Die neubesetzten Gebiete wurden unter Militärverwaltung gestellt. Soweit sie nach dem Friedensvertrag zu Sowjet-Rußland gehörten, sollten sie erst nach dessen völliger Demobilmachung geräumt werden. Livland und Estland sollten besetzt bleiben, bis eigene Landeseinrichtungen die staatliche Ordnung und Sicherheit gewährleisten könnten. ____________________
x) Bisher in der Türkei (S. 420 ff.).
Friede mit Sowjet-Rußland. Truppen für Finnland.
371
2. Die Hilfeleistung für Finnland. 2J.Februar bis 2. Mai.
Beilage 25.
In Finnland*) hatte Ende Januar die von Sowjet-Rußland in jeder Weise unterstützte „Note Garde" den Südteil des Landes in der Hand, im Norden behauptete sich die „Weiße Garde" unter dem früheren russischen Generalleutnant Baron Mannerheim. Dieser verfügte, da die Finnen seit Auflösung ihrer Armee im Jahre 1901 vom Wehrdienst fast ganz ausgeschlossen gewesen waren, nur über einen geringen Bestand an Unterführern und Ausgebildeten. Waffen hatte seit Herbst 1917 Deutschland geliefert. Dort war auch bereits 1916 aus finnischen Freiwilligen das „Preußische Jäger-Bataillon Nr. 27" aufgestellt und ausgebildet worden, das auch an der Front (bei Riga) zeitweise eingesetzt war. Im Februar 1918 wurde es in Stärke von etwa 2000 Mann2) auf Antrag des Generals Baron Mannerheim auf Eisbrechern über den zugefrorenen Bottnischen Meerbusen nach Wasa (200 Kilometer nördlich von Björneborg) überführt. Es bildete seitdem den Kern des Führerkorps der auszustellenden finnischen Armee.
Unterdessen hatte sich die Lage durch Zuzug weiterer sowjet-russischer Kräfte zur Roten Garde derart verschärft, daß sich die finnische Regierung nach Abbruch der Friedensverhandlungen zwischen den Mittelmächten und Sowjet-Rußland am 14. Februar mit einem Hilferuf an Deutschland wandte. In ihm hieß es: „Es versteht sich von selbst, daß die Entsendung deutscher Truppen nach Finnland das kräftigste Mittel zur Rettung des Landes sein würde". Das führte dazu, daß dem finnischen Gesandten am 21. Februar im Großen Hauptquartier zu Kreuznach die Entsendung eines Hilfskorps nach Finnland zugesagt wurde. Deutsche Belange sprachen dabei entscheidend mit. Es galt, die Bildung einer neuen feindlichen Front zu verhindern, denn bereits hatten die Engländer Murmansk besetzt. Deutsche Truppen und Schiffe in Finnland bedrohten die Murman-Bahn und waren wichtig für Beherrschung der Ostsee, vor allem des Zugangs zum Finnischen Meerbusen und damit nach Petersburg. In Danzig wurde daher unter Generalmajor Graf von der Goltz die „Ostsee-Division" mit einer Verpflegungsstärke von rund 10000 Rlann3) gebildet. Sie sollte nahe dem Westflügel des Generals Baron Mannerheim in Rauma gelandet werden, um sofort gegen Rücken und Flanke der gegenüberstehenden
*) S. 206.
*) Rach Mil.-Wochenbl. vom 17. Ott. 1941, S. 433.
’) Stab d. 95. R. g. Br. mit 3 gäg. Btln., 6 Radf. Kompn., 3 Kav. Sch. Rgtrn. (Stärke etwa je l Btl.), 5 Bttrn. (davon 2 (chm.).
21. Februar.
24*
372
Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Hilfeleistung für Finnland.
Roten Garde vorzugehen. Als Basis für die Landung waren vorher die Alands-Inseln zu besetzen.
Dorthin brachte durch dickes Packeis nach zweimaligen vergeblichen M»s*Aprii. Versuchen ein Flottenverband unter Konteradmiral Meurer am 5.März zunächst ein Jäger-Bataillon, das die Inseln von Bolschewiken säuberte. Die Fahrt erwies aber die Unmöglichkeit, durch das Eis zur finnischen Westküste zu gelangen. Die Ostsee-Division mutzte daher nach dem eisfreien Hafen Hangö überführt werden, und damit ergab sich die Einnahme der nahegelegenen Landeshauptstadt Helsingsors als nächstes Operationsziel, zumal da dort aus Petersburg dauernd Waffen für die Rote Garde eingingen und zahlreiche Gefangene von den Bolschewiken festgehalten wurden. Auch war gegen Helsingsors Mitwirkung der Flotte möglich.
Die Streitkräste des Generals Baron Mannerheim zählten Anfang April etwa 11000 Mann. Ihnen gegenüber standen etwa 50—60000 Mann Rote Garde. Sie waren in eine West- und eine Ostarmee gegliedert, die aber in etwa 400 Kilometer Breite vom Bottnischen Busen bis Wiborg verteilt standen. Ihre am 9. März begonnene „Offensive" hatte General Baron Mannerheim bisher abwehren können, ihnen am 6. April sogar Tammersors entrissen.
Unterdessen hatte am 3. April nach Vorbereitungen durch den inzwischen verstärkten Flottenverband*) und unter dessen Schutz und Mitwirkung die Landung der aus 19 Dampfern herangeführten Ostsee-Division bei Hangö begonnen. Die russische Besatzung der dortigen Küstenbatterie hatte sich neutral erklärt. Roch an demselben Tage wurden die Brücken bei sie u.Hptii. Ekenäs besetzt. Am 6. April trat General Gras von der Goltz nach zweitägigem Kampf bei Karis unter Sicherung der Nordflanke den Vormarsch aus Helsingsors an. Am 11. April wurde die Linie der Landsorts durchbrochen und die Mitwirkung des Flottenverbandes eingeleitet; angesichts der Eisverhältnisse des minenverseuchten Fahrwassers und der zahlreichen der Küste vorgelagerten Felseninseln und Klippen eine an sich schon recht schwierige Ausgabe. Da aber die Besatzungen der Seebesestigungen und der im Hasen noch ankernden russischen Kriegsschiffe sich neutral verhielten, konnte Admiral Meurer ohne Kamps am 12. April den Hafen von Helsingsors erreichen. Die Stadt selbst kam erst nach Stratzenkämpfen am 13. April ganz in deutsche Hand.
Inzwischen war seit dem 7. April eine von Reval entsandte deutsche Brigade unter Oberst Freiherr von Brandenstem?) östlich von Helsingsors
J) 3 Schlachtschiffe, 1 älteres Küsten-Panzerschiff, 4 kleine Kreuzer, Torpedoboots-, Minensuch- und Sperrbrecher-Verbände, einschl. Hilfsschiffe 154 Fahrzeuge.
*) Stab d.Z.G. K. Br. mit 3 Btln., 1 Rad f. Btl., 2 Feld-Bttrn., zusammen 3000 Mann.
Vernichtung der roten Armeen.
373
bei Lovisa im Ausladen. Sie sollte die Verbindungen der Roten Westarmee mit Petersburg durchschneiden. Ganz aus sich allein gestellt, stieß sie dazu trotz Bedrohung der rechten Flanke vom Kymin-Abschnitt her S0 Kilometer nach Norden vor und unterbrach am 13. April die Bahn Wiborg—Lahti, mußte dann aber vor Übermacht ausweichen. Erst am 17. April gelang es, Funkverbindung mit der Ostsee-Division herzustellen.
Für die Hauptkräfte der Ostsee-Division hatte General Baron Mannerheim den Vormarsch von Helsingsors aus Tavastehus erbeten, während er selbst von Tammerfors aus staffelweise vom rechten Flügel nach Süden angreifen würde. Dazu wollte General Erasvon der Goltz am 19. April von Helsingsors nach Norden vorgehen; die Brigade Brandenstein hatte sich bei Lahti einem Ausweichen des Gegners nach Osten vorzulegen. Bei Tauwetter und Regen trat die Ostsee-Division den Marsch an und nahm am 26. April nach kurzem Gefecht Tavastehus. Von hier nach Osten einschwenkend stieß sie am 27. und 28. April aus zahlenmäßig weit überlegenen Feind, der vor den Finnen nach Südosten auswich. Es bestand die Gefahr, daß die deutsche Absperrung bei Lahti durchbrochen würde. General Graf von der Goltz griff gegen die rechte Flanke des von Tuulos auf Lahti drängenden Feindes an, und auch Oberst von Brandenstein ging zum Angriff über, mit Teilen nördlich um den Päijärvi-See. Durch dieses gleichzeitige Vorgehen von Südwesten, Osten und Nordosten wurde die Rote Westarmee in schweren Kämpfen vom 30. April bis 2. Mai zusammengedrängt und eingekesselt, so daß sie in Stärke von 25000 Mann mit 200 Maschinengewehren und 50 Geschützen die Waffen streckte. Unterdessen hatte General Baron Mannerheim selber mit den Truppen seines Ostflügels am 28. April bei Wiborg auch die Rote Ostarmee geschlagen und nach Westen abgedrängt, wo sie sich auslöste. Die Befreiung Finnlands vom Bolschewismus war vollzogen. Die Mitwirkung der Ostsee-Division hatte entscheidend dazu beigetragen. Bei einer schließlichen Gesamtstärke von etwa 13000 Mann hatte sie rund 1000 Mann Gefechtsverluste gehabt.
Auf Bitten der finnischen Regierung verblieb eine verminderte deutsche Truppenzahl unter General Graf von der Goltz noch im Lande zurück. Sie half bei Ausstellung und Ausbildung einer nationalen finnischen Wehrmacht, bis diese deutsche Mitwirkung infolge des unglücklichen Ausganges des Krieges eingestellt werden mußte.
IS. April bis 2. Mai.
374
Abschluß der Kämpfe im Osten. ISIS, Einmarsch in die Ukraine.
DI»
18. Februar.
Z. Der Einmarsch in die Ukraine. 18. Februar bis 22. Mai.
Beilage 24.
Als die ukrainische Rada-Regierung^) am 9. Februar den Frieden mit den Mittelmächten abschloß, war Kiew bereits in der Hand bolschewistischer Kräfte, die sich aus Charkow mit seinen Arbeitermassen stützten. Die durch Petljura aus der alten russischen Armee für die Rada aufgestellten ukrainischen Truppen hatten versagt. Die im Friedensvertrage vereinbarten Getreidelieferungen waren völlig in Frage gestellt. Die Oberste Heeresleitung hielt unter diesen Umständen die Unterstützung der Rada gegen die Bolschewiken und damit den Einmarsch in die Ukraine für unvermeidlich, und zwar gleichzeitig mit Wiederaufnahme der Feindseligkeiten gegen Sowjet-Rußland.
Unterdessen war in Deutschland bereits seit längerer Zeit die Bildung von Truppen aus ukrainischen Kriegsgefangenen im Gange. Aus ihnen wurde Mitte Februar bei Kowel unter Zuteilung der nötigen deutschen Offiziere, sonstigen Personals und Materials, aber unter einem ukrainischen General und in ukrainischen Uniformen ein Truppenverband zusammengestellt, der sich am Einmarsch beteiligen sollte. Rach Zuführung weiterer Ukrainer aus den Lagern und bei erhofftem weiterem Zulauf aus dem Lande selbst wollte man im Lause des Vormarsches größere Verbände aus ihnen entwickeln.
Am 15. Februar berichtete der in Kowel befehligende General von Bernhardt auf Aufforderung der Obersten Heeresleitung und in Bestätigung von deren Auffassung, die Anarchie in der Ukraine mache jede Ausfuhr unmöglich. Deutsche Hilfe sei nötig, denn es sei zweifelhaft, ob sich die Rada aus eigener Kraft würde behaupten können. Die Hilfe sei eilig, um die vorhandenen Vorräte vor Plünderung und Vernichtung zu schützen. Am gleichen Tage wandte sich aber auch die ukrainische Friedensabordnung in Brest an die deutsche Regierung mit einer Darlegung der starken Bedrohung durch Moskau. Darin hieß es: „In diesem harten Kampf um unsere Existenz sehen wir uns nach Beistand um ... Das deutsche Heer, das in der Flanke unseres nördlichen Feindes steht, besitzt die Macht, uns zu helfen und durch sein Eingreifen unsere nördlichen Grenzen vor dem weiteren Eindringen des Feindes zu schützen". Inzwischen war die Rada-Regierung bis an die Westgrenze ihres Landes geflohen. Der zu ihr entsandte Verbindungs-Offizier der Obersten Heeresleitung, Oberstleutnant Engelien, berichtete am 16. Februar, die Wiederherstellung der Lage durch ukrainische Truppen sei ausgeschlossen; Hilfe könne nur von Deutschland kommen.
So konnte kein Zweifel mehr sein, daß den Ukrainern aktive militärische Hilfe geleistet werden mußte, wenn nicht das ganze Gebiet end-i) Vgl. S. 345 und 350ff.
Operationoziele. 375
gültig in die Hände der Bolschewiken fallen sollte, was mit Ausfall der dringend nötigen Getreidelieserungen gleichbedeutend war. Als erwünschte Nebenwirkung versprach sich die Oberste Heeresleitung, daß der deutsche Einmarsch Rumänien veranlassen werde, seine unnachgiebige Haltung bei den Friedensverhandlungen aufzugeben*).
Zu dieser Zeit waren die österreichisch-ungarischen Truppen auf Grund des mit der Ukraine geschlossenen Friedens in Ostgalizien bei Tarnopol und Vrody bereits wieder bis an die Reichsgrenze vorgerückt. Beteiligung am Einmarsch aber lehnte Kaiser Karl zum mindesten sollte gewartet werden, bis der Friede mit Rumänien abgeschlossen sei. Als diese Stellungnahme durch GeneraloberstvonArz am 17.Februar derObersten Kriegsleitung mitgeteilt wurde, erwiderte sie, daß es für Deutschland bei der versprochenen Waffenhilfe bleibe; es würde aber sehr zu begrüßen sein, wenn österreichisch-ungarische Truppen längs der Bahnen zwischen Czerno-wih und Brody vorrücken würden, zumal der Friede mit den Rumänen wahrscheinlich sei. Am 18. Februar bat Graf Czernin, die Hilfeleistung vom Nachgeben der Ukraine in der Cholm-Frage3) abhängig zu machen. Die Oberste Kriegsleitung lehnte aber jedes Hinausschieben des Einmarsches ab.
So traten am 18. Februar nur deutsche Truppen zum Vormarsch an.
a) Die Einnahme von Kiew und Gomel.
Beim Gegner hatte man einerseits mit den in der Demobilmachung begriffenen russischen Truppen zu rechnen, die sich wahrscheinlich neutral verhalten würden, andererseits mit bolschewistischen Banden. Nur gegen 15,5e6,aar„ Mcfe richtete sich das Vorgehen. Die Leitung der Operationen lag in der Hand der Heeresgruppe Linsingen.
Nach den Weisungen des Oberbefehlshabers Ost vom 15. Februar sollte sie ansetzen:
»a) Stärkere Kräfte auf Luck—Rowno. Erste Ausgabe: Besetzung beider Städte, Sicherung der Verbindung dorthin. t>) GemischteAbteilung aufLuninieczurBesetzung desBahnknotenpunktes. o) Gemischte Abteilung aus Siniawka zur Besetzung der Bahnlinie, d) Stärkere Kräfte an der Bahn nach Minsk. Ziel dieser Operation Minsk, um dort die Verbindung mit dem aus Richtung Bobruisk aus Minsk operierenden polnischen Korps3) aufzunehmen."
Generaloberst von Linsingen hatte als erstes Ziel die Bahnlinie Rowno—Sarny—Luniniec bezeichnet. Dazu sollten vorgehen:
215. Infanterie-Division des Abschnitts Lipa auf Dubno;_______
l) 6.358. 2) 6.351. 3) 6. 364.
376
Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Einmarsch in die Akraine.
Korps des Generals der Kavallerie von Knoerzer*) aus dem Bereich der ö.-u. 4. Armee und des Abschnitts Komet auf Luck—Rowno;
91. Infanterie-Division und 4. bayerische Kavallerie-Brigade des Abschnitts Kowel auf Maniewicze—Sarny;
224. Infanterie-Division der Armee-Abteilung Gronau auf Luniniec. Der Abschnitt Slonim sollte die Eisenbahnknotenpunkte Siniawka und ©noro2) besetzen.
's«»««.." Am 18. Februar wurde der Vormarsch planmäßig angetreten. Die bisherige Stellung blieb besetzt. Die in der Demobilmachung begriffenen russischen Stäbe und Soldatenmassen sahen dem deutschen Vorgehen teilnahmlos zu.
Der Vormarsch aus Dubno wurde nicht gestört. Ebenso konnten am 18. Februar Luck, am 20. Rowno, Rasalowka, Luniniec und die Bahn Luniniec—Baranowicze beseht werden.
Rach den ersten leichten Erfolgen hatte der Oberbefehlshaber Ost schon am 19. Februar befohlen: „Die Operationen in der Akraine sind entlang der über Rowno—Sarny und Luniniec führenden Bahnen so rasch als möglich fortzusetzen. Zweck der Operationen ist Wiederaufrichtung sieT.mäti. der Macht der Zentralrada, die Herstellung von Ruhe und Ordnung im Lande und der Beginn von Handelsbeziehungen". Als nächstes Operations-ziel bestimmte Generaloberst von Linsingen Inbesitznahme der Bahnen bis zur Linie Kiew—Reczyca, also bis zum Dnjeper. Der Vormarsch sollte mit größter Beschleunigung durchgeführt werden, um vor allem die Hauptstadt Kiew möglichst bald in die Hand zu bekommen.
Schon in den ersten Tagen war viel rollendes Material erbeutet worden, und aus der Truppe zusammengestelltes Betriebspersonal hatte einzelne Bahntransporte ermöglicht. Inzwischen aber hatte sich auch das ukrainische Bahnpersonal zum Dienst für die deutschen Truppen bereit erklärt. So wurde auch in der Akraine bald ein allgemeiner Eisenbahn-vormarsch möglich. Behelfsmäßig ausgerüstete Panzerzüge führenden Transportzügen voraus. Diese selbst, mit Feldküchen und Derpflegungs-Vorräten ausgestattet und angesichts des Winters zu tagelangem Wohnen eingerichtet, umfaßten jeweils geschlossene Kampfeinheiten.
Die von Dubno vormarschierende 215. Infanterie-Division wurde dem Korps Knoerzer unterstellt. Dessen Eisenbahnvormarsch aus Kiew, 45. und 7. Landwehr-D iv ision von Rowno über Berdyczew, 91. Infanterie-Division von Sarny über Ißkoroßt, stieß mehrfach aus Bahnunterbrechungen.
*) Stab d. 7. L. D. mit 7. u. 45. L. D. u. (berittener) 2. K. D.
2) Unmittelbar vor der Front gelegen.
Einnahme von Kiew. Beteiligung Österreich-Ungarns.
377
Ukrainische Truppen halsen, sie zu beseitigen und schickten auch Leerzüge dem deutschen Vormarsch entgegen. Teile der 2. Kavallerie-Division mit Panzerkraftwagen, die zwischen beiden Bahnlinien von Rowno über Shitomir ostwärts marschierten, warfen tschechoslowakische Einheiten*) zurück. General von Knoerzer entschloß sich, der Beschleunigung halber die zuerst eintreffenden Teile seiner Divisionen ohne Aufmarsch sofort aus Kiew anzusehen.
Am I.März bemächtigte sich das vorderste Bataillon der ^.Landwehr-Division in kühnem Zugriff des Bahnhofs in Kiew und stieß bis zur Dnjeper-Brücke durch; auf dem östlichen Ufer zogen tschechoslowakische Kräfte ab. Am 2. März rückten die deutschen Truppen im konzentrischen Vormarsch von Südwest, West und Nordwest in Kiew ein. Am 7. März kehrte auch die Rada-Regierung dorthin zurück.
Die Armee-Abteilung Gronau hatte in Luniniec genügend rollendes Material für den Eisenbahnvormarsch nach Osten vorgefunden.
General von Gronau hatte die 224. Infanterie-Division auf Sperrung der von Kiew nach Norden führenden Bahn hingewiesen. Das bedeutete Inbesitznahme der Bahnknotenpunkte Koljenkowitschi und Gomel. Koljen-kowitschi wurde am 24. Februar, die Dnjeper-Brücke bei Neczyca am 28. Februar bolschewistischen Kräften im Kamps entrissen. Nach Zurückweisen feindlicher Panzerzüge wurde am 1. März Gomel besetzt.
Inzwischen hatte sich Österreich-Ungarn entschlossen, nun doch am 25-^n“,t Vormarsch teilzunehmen. Die Erkenntnis, daß dabei ohne große Opfer Anfang Ais»,. Wesentliches zu erreichen war, mag mitgesprochen haben. Entscheidend aber war die zwingende Not, für die hungernde Bevölkerung den Getreideanteil aus der Ukraine zu sichern. So hatte Generaloberst von Arz bereits am 25. Februar der Obersten Kriegsleitung mitgeteilt, die aus dem österreichisch-ungarischen Bereich ostwärts führenden Bahnen würden mit Rücksicht aus ihre Wichtigkeit für die Getreideeinfuhr aus der Ukraine von österreichisch-ungarischen Abteilungen besetzt werden. Am 28. Februar wurde daraus der Vormarsch von zunächst sechs Divisionen aus der Front der ö.-u. 7. und 2. Armee mit dem Ziele Odessa. Es kam zu einem Wettlauf dorthin, denn die österreichisch-ungarische Heeresleitung drängte ihre Truppen, diese Stadt „rasch und noch vor den Deutschen" zu erreichen2). Sie befürchtete, wie sie am 6. März dem Minister des Äußeren darlegte, daß die Monarchie durch Deutschland vom Schwarzen Meer ganz abgedrängt werde, wenn dieses neben der Festsetzung an der unteren Donau und in Rumänien auch noch die Bahn nach Odessa in die Hand bekomme. Zur Behebung von Reibungen wurde einstweilen der Bug als Grenze der Vormarschgebiete vereinbart.
l) S. 152. 2) Öft. amtl. Werk, VII, S. 123.
378
Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Einmarsch in die Ukraine.
d) Vordringen bis Odessa, Cherson und Charkow.
Beilage 24.
3.roa»j. Nach der Einnahme von Kiew waren die Operationen nach folgenden am 3. März von der Obersten Heeresleitung gegebenen Gesichtspunkten fortzusetzen: „Der Rada ist die Verwaltung des Landes baldmöglichst zu überlassen. Unterstützung der Rada in Erfüllung des Friedensvertrages, besonders wegen Beschaffung von Lebens- und Futtermitteln usw. für Deutschland. Dazu Inbetriebsetzung der Eisenbahnen, Ankauf und Sammlung der für Deutschland bestimmten Vorräte an den Eisenbahnen". Gleichzeitig bat aber General Ludendorfs zu erwägen, ob man nicht mit weniger Kräften auskommen könne. Der Oberbefehlshaber Ost jedoch hielt dies zur Zeit nicht für ratsam, da wegen der noch ungeklärten Lage der Schutz der Etappenlinien stärkere Kräfte erfordere.
Zunächst mußten die aus den Bahnlinien weit auseinandergezogenen Divisionen um Kiew und Gomel aufschließen und weitere Divisionen zum Schutze der Bahnen nachgezogen werden. Das Generalkommando des I. Armeekorps (Generalleutnant Groener), sowie die 92. Infanterie- und 15. Landwehr-Division, bisher bei der ö.-u. 2. Armee, traten zur Heeresgruppe Linsingen. Die aus Kriegsgefangenen zusammengestellte „ukrainische 1. Division"*) wurde nach Kiew befördert. Die zeitweise erwogene t. jna*j. Beteiligung rumänischer Truppen war inzwischen aufgegeben worden.
Am 4. März wurden dem weiteren Vormarsch folgende Gliederung und Ziele gegeben:
Die südliche Gruppe, Korps Knoerzer3), sollte von Berdyczew aus die Häfen des Schwarzen Meeres, Odessa, Nikolajew und Cherson erreichen.
Die um Kiew versammelte mittlere Gruppe, I. Armeekorps unter General Groener3), sollte das getreidereiche Gouvernement Poltawa und das Industriegebiet von Charkow besetzen.
Die als nördliche Gruppe um Gomel aufschließenden Teile der Armee-Abteilung Gronau4) hatten auf Bjelgorod und Lgow vorzugehen und die nach Sowjet-Rußland führenden Bahnen zu sperren.
Als dann am 5. März Rumänien im Vorfriedensvertrag3) das Durch-marschrecht durch die Moldau und Bessarabien zugestanden hatte, ergab sich die Möglichkeit, auch Truppen der Heeresgruppe Mackensen zu
1) S. 374.
2) 92. und 215. I.D., 7. und I5.fi.D., 4.b.K.Brig.
3) 91. I.D., 45.fi.©., 2. K.D.
4) 224. I. D., 47. fi. ©., 35. R. ©.
6) 6.3ö0f.
Einnahme von Odessa.
379
den Operationen heranzuziehen. Am 6. März wurde hierzu das Korps des Generals der Infanterie Kofeh1) bestimmt.
General Kofeh sandte die 229. Infanterie-Brigade als fliegende Kolonne von Braila auf Lastkraftwagen voraus; sie erreichte am 11. März Tiraspol. Am Tage vorher hatte auch der Eisenbahnvormarsch seiner übrigen Truppen begonnen. Vor Odessa kam es am 13. März zum Kampf, in den auch mit der Bahn von Norden anrollende österreichisch-ungarische Verbände des Generalobersten Graf von Kirchbach eingrissen. In der Frühe des 14. März konnte Odessa besetzt werden. Die im Hafen liegenden russischen Kriegsschiffe hatten diesen verlassen.
Don der Heeresgruppe Linsingen hatte das Korps Knoerzer den Eisenbahnvormarsch fortgesetzt. Inzwischen war ihm am 11. März als Trennungslinie gegen den österreichisch-ungarischen Vormarsch aus Odessa der Bug von Olwiopol bis zum Meer bestimmt worden. Die Oberste Heeresleitung hatte hinzugefügt, es sei „von Bedeutung, daß wir bald Nikolajew erreichen". Zugleich war eine Neugliederung der Vormarsch-gruppen nötig geworden 2).
General Groener hatte von Kiew am 8. März über Poltawa und Bachmatsch den Vormarsch aus Charkow angetreten. Die 91. Infanterie-Division stieß bei Bachmatsch auf stärkeren Widerstand tschechoslowakischer Truppen. Nach Bachmatsch hatte aber auch General von Gronau die 224. Infanterie-Division von Gomel her angesetzt. Der Ort siel nach Kämpfen vom 11. bis 14. März. Infolge zahlreicher Zerstörungen mußte der weitere Eisenbahnvormarsch des I. Armeekorps durch Fußmarsch mehrfach unterbrochen werden. Teile der Armee-Abteilung Gronau besetzten Konotop. Gegen weiteres Vorgehen nach Nordosten erhob die Sowjet-Regierung angesichts des inzwischen von ihr unterzeichneten Friedens Einspruch. Deshalb sollten nur noch die nach Osten führenden Vormarschbahnen gegen Norden gesichert werden. General von Gronau ging daher über Konotop vorläufig nicht hinaus, zog aber zur Sicherung der langen Nordflanke noch die 95. Infanterie- und 20. Landwehr-Division aus der alten Stellung nach.
Unterdessen hatte der Oberbefehlshaber Ost am 15. März der Obersten Heeresleitung gemeldet, General Groener sei der Ansicht, man müsse bis an die Bahn Krim—Charkow herankommen, um die Getreidegegenden zu erreichen; aus dem bisher besetzten Gebiet sei Getreide nicht heraus-zuholen. Zu so weitem Vormarsch würden aber die deutschen Truppen
Gen. Kdo. z. b. V. 52 mit 217. F. D., ö.-u. 145. g. Br., b. K. D.
Korps Knoerzer: 7. und 15. L. D., 4. b.K.Brig.
I. Armeekorps: 92., 215., 91. I.D., 45. L.D., 2. K.D.
S. bi« 18. März.
März.
380
Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Einmarsch in die Ukraine.
März und April.
nicht ausreichen und auch österreichisch-ungarische herangezogen werden müssen. Da diesen Odessa überlassen werden sollte, wurde das Korps Kosch am 18. März auf Nikolajew und Cherson angesetzt und ihm weiterhin Einrücken in die Krim in Aussicht gestellt. Der rechte Flügel der Heeresgruppe Lmsingen wurde dementsprechend noch weiter nach Norden abgedreht, so daß das Korps Knoerzer zu beiden Seiten der Bahn Olwio-pol—Fekaterinoslaw vorzugehen hatte.
Unterdessen war Nikolajew bereits am 17. März dem Korps Kosch übergeben worden. Cherson wurde auf Hilferufe hin am 19. März schwach beseht, mußte aber am 20. März vor Übermacht wieder geräumt werden. Da auch in Nikolajew Unruhen drohten, konnte Hilfe zunächst nicht gebracht werden; am 22. März kam es zu einem auch von außen genährten Aufstand in der Stadt. Zeitweise waren dort die deutschen Kräfte, darunter auch das Generalkommando Kosch, von den Bolschewiken eingeschlossen. Erst am 24. März waren ausreichende deutsche und österreichisch-ungarische Truppen zur Stelle, so daß sich die Krise am 25. März nach harten Kämpfen löste. Cherson aber wurde erst am 5. April durch österreichisch-ungarische Truppen mit deutscher Unterstützung den Bolschewiken wieder entrissen. Als Vorbereitung für den weiteren Vormarsch ließ General Kosch am 9. April die Dnjeper-Brücke von Berislaw besetzen.
Inzwischen hatten Teile des Korps Knoerzer vor allem bei Ielisawet-grad Kämpfe zu bestehen gehabt. Am 3. April erreichte die 7. Landwehr-Division Fekaterinoslaw.
Beim I. Armeekorps war am 29. März Poltawa in die Hand der 2. Kavallerie-Division gefallen. Vor Charkow aber versteifte sich der bolschewistische Widerstand. Erst am 8. April konnte die Stadt genommen werden, reiche Beute und umfangreiches Bahnmaterial sielen in die Hand des Korps. Zur Sicherung wurden Losowaja, Izium und Kupiansk beseht.
Die bisherige Armee-Abteilung Gronau, seit dem 27. März XXXXI. Reservekorps genannt und durch Mell. Landwehr-Division verstärkt, hatte am 28. die 224. Infanterie-Division auf Bjelopolje angesetzt. Der Ort siel nach Kamps am 31. März. Die Division ging dann teils mit der Bahn, teils mit Fußmarsch gegen Bjelgorod weiter, das die Heeresgruppe zum Schutz der Flanke des I. Armeekorps als nächstes Ziel gesetzt hatte; auch dieser Ort mußte am 11. April durch Kamps genommen werden.
c) Entwicklung der inneren Verhältnisse der Ukraine.
Damit die beiden Besatzungmächte der Rada gegenüber als geschlossene Einheit dastanden, hatte eine in Kiew zur Regelung der Befehlsverhältnisse und Abgrenzung der Gebietsbereiche eingesetzte gemischte Kommission am
Einnahme von Charkow. Regelung mit öfterreich-llngam.
381
14. März vorgeschlagen, Generaloberst von Linsingen zum gemeinsamen Oberbefehlshaber der verbündeten Hilfstruppen in der Ukraine zu bestimmen. Kaiser Karl aber war unbedingt gegen diese Regelung. Er hatte mit der Führung seiner Truppen sofort ebenfalls einen Generalobersten betraut und wollte, daß „jede Partei in ihrem Gebiet im Einvernehmen mit der ukrainischen Regierung unumschränkter Herr" sei. Auch ein Telegramm des Deutschen Kaisers, der sich unter Hinweis auf die Abmachungen über einheitlichen Oberbefehls in seiner Eigenschaft „als Oberste Kriegsleitung" an Kaiser Karl wandte, hatte an dessen Haltung nichts zu ändern vermocht. Am 28. März war dann nach langwierigen Verhandlungen vereinbart worden, daß der südwestliche Teil Wolhyniens und die Gouvernements Podolien, Cherson und Iekaterinoslaw Österreich-Ungarn, der Rest der Ukraine, Taurien und die Krim Deutschland zur Besetzung zufallen sollten2); die Kohlen- und Erzgebiete von Iekaterinoslaw sollten zu gleichen Teilen gemeinsam verwaltet und ausgenützt werden. An demselben Tage ernannte Kaiser Karl Feldmarschall von Böhm-Ermolli zum Oberbefehlshaber seiner Truppen in der Ukraine. Am 31. März gab er den Befehl, den Hauptteil der Truppen zum „requirieren" zu verwenden, da, um den Krieg fortführen zu können, bald eine Besserung der Getreideersassung für Österreich-Ungarn erforderlich sei.
Auch in der Besetzung der deutschen obersten Befehlsstelle trat eine Änderung ein, indem am 28.März Generalfeldmarschall von Eichhorn den Befehl übernahm2). Chef des Generalstabes der nunmehrigen Heeresgruppe Eichhorn in Kiew wurde Generalleutnant Groener, der auf wirtschaftlichem Gebiet Erfahrungen besaß. Er hatte, noch ehe er seine neue Stellung antrat, am 23. März an General Ludendorff über die Lage in der Ukraine berichtet: Die Rada-Regierung versage völlig. Es bleibe nur übrig selbst zu regieren und dabei, soweit angängig, wenigstens „das Gesicht der gegenwärtigen oder einer anderen Regierung zu wahren". Dazu seien aber „dringend mehr Truppen für die weiten Räume" nötig. Die Schaffung eines ukrainischen Heeres sei jedoch nicht zu unterstützen, denn es sei fraglich, ob es in schwieriger Lage aus unserer Seite stände4). Die Volksstimmung sei gegen die Besatzungsmächte. General Groener warnte davor, „auf baldige Zufuhr von Getreide in erheblichen Mengen
*) Bd. XI, S. 21 und 486.
2) Abgrenzung als gerissene rote Linie in der Karte.
3) Gen. Ob. von Linsingen wurde Oberbefehlshaber in den Marken und Gouverneur von Berlin.
4) Die bisher vorhandenen ukrainischen Truppen (S. 374 u. 378) hatten sich im Kampfe gegen die Bolschewiken nicht bewährt. Sie wurden im Einverständnis mit dem ukrainischen Kriegsminister am 23. April aufgelöst.
382
Abschluß der Kämpfe im Osten. 1913, Einmarsch in die Ukraine.
-W- nach Deutschland zu rechnen"; Voraussetzung für jeden wirtschaftlichen Erfolg sei „starke militärische Besetzung des Landes, ohne die nichts zu machen ist. Die bisherigen deutschen Kräfte sind nicht nur nach meiner Ansicht und der mir unterstellten Kommandeure, sondern auch nach der Auffassung vieler Kenner des Landes, die ich gesprochen habe, zu schwach".
Besonders schlimm wirkten sich die radikalen Bestimmungen der Rada-Regierung über die Landverteilung aus, da sie der Aushebung des Besitzes gleichkamen und infolgedessen mit geordneter Landbestellung und für die Mittelmächte ergiebiger Ernte nicht zu rechnen war. Am 6. April ließ daher Generalfeldmarschall von Eichhorn bekanntmachen: „Demjenigen, der das Land bestellt, gehört auch die Ernte; er erhält für seine Ernte angemessene Bezahlung in barem Gelde". Für Nichtbestellung wurden Strafen angedroht. Ohne der späteren gesetzlichen Regelung der Landverteilung vorzugreifen, sollten die Gutsbesitzer dort, wo sie noch vorhanden wären, die Bestellung ihrer Güter vornehmen. Die deutschen militärischen Stellen aber hätten die alleinige Verantwortung dafür, daß die Landbestellung in Gang käme.
Aprii. Zn diesem Erlaß sah die Rada einen unzulässigen Eingriff in ihre Regierungsrechte. Im übrigen griffen bei der Schwäche der Regierung Raubzüge und Plünderungen mehr und mehr um sich. Die Truppe mußte dauernd mit Straseppeditionen eingreifen. Unter diesen Eindrücken meldete der Bevollmächtigte der Obersten Heeresleitung, Oberst Freiherr von Stolhenberg, am 15. April, man müsse sich fragen, ob man die jetzige Regierung noch stützen dürfe. Er schlug vor, sobald das am 2. April mit ihr abgeschlossene Getreideabkommen unterschrieben sei, die Bildung einer mehr rechts gerichteten Regierung zu versuchen. Auch General Groener meldete am 16. April, man könne mit der bestehenden Regierung keine praktische Arbeit leisten. Beim Auftreten der militärischen Macht aber sei „eine scharfe Grenze zwischen militärischen Maßnahmen und inneren Angelegenheiten der Regierung" unmöglich. Die Kommandogewalt müßte „in die inneren Angelegenheiten eingreifen, da sonst Anordnung und Unfug in Permanenz erklärt sind und die Sicherheit im Lande nicht gewährleistet ist". Der Oberbefehlshaber Ost schloß sich dieser Ansicht an. Auch der inzwischen bei der Rada-Regierung beglaubigte Deutsche Botschafter Freiherr Mumm von Schwarzenstein berichtete demAuswärtigen Amt entsprechend. Am 17. April bat General Groener nochmals, „alle anderswo entbehrlichen Truppen nach der Ukraine zu senden"; denn, wo die deutschen Bajonette nicht hinreichten, herrsche Chaos. Daraufhin wies die Oberste Heeresleitung den Oberbefehlshaber Ost an, nach Unterzeichnung des Getreideabkommens „auf klare Verhältnisse zu drücken".
Innere Verhältnisse in der Akraine.
383
Am 23. April wurde das Abkommen unterschrieben. Im Anschluß daran ergab eine Besprechung des Generals Groener mit dem Botschafter und den Bevollmächtigten der beiden Heeresleitungen, daß eine Zusammenarbeit mit der Rada-Regierung nicht möglich sei. Es müsse eine ukrainische Regierung geschaffen werden, die die militärischen und wirtschaftlichen Maßnahmen der Besatzung nicht hindere. Dem schloß sich auch das Auswärtige Amt grundsätzlich an, hatte jedoch noch Vorbehalte.
Aber die Oberste Heeresleitung lehnte jede Verzögerung ab. Die Heeresgruppe Eichhorn in Kiew wurde angewiesen, „die Getreidelieserungen durchzudrücken". Die schon in dieser Frage bestehenden Spannungen zwischen ihr und der Rada-Regierung hatten sich inzwischen noch durch innerpolitische Vorgänge verschärft, die am 25. April zur Verhaftung von Regierungsmitgliedern und zur Einsetzung von Feldgerichten auch für die Aburteilung von Ukrainern führten. Die Rada-Regierung aber forderte Ablösung des Generalfeldmarschalls von Eichhorn. Nochmals wies General Groener am 26. April auf die verworrene Lage hin; Getreide- Apr«w,dMar. lieferungen seien von der jetzigen Regierung nicht zu erwarten. Er hielt „militärische Exekutive" für nötig und schloß: „Daher Truppen her, soviel als möglich".
In diesem Augenblick allgemeiner Unsicherheit wurde in Kiew in einer Versammlung von Bauern und Gutsbesitzern am 29. April der bisherige russische General Skoropadski als „Diktator und Hetman der Ukraine" ausgerufen. Er stimmte allen Maßnahmen der Besatzungsmächte zu. Am 5. Mai konnte General Ludendorss feststellen: „Dank dem Eingreifen der Heeresgruppe Eichhorn scheinen sich die Verhältnisse in der Ukraine zu unseren Gunsten zu bessern".
d) Besetzung der Krim und des Vonez-Gebietes.
Mit der Besetzung der Ukraine bis Charkow war das ursprüngliche Operationsziel erreicht. Die Verhältnisse aber zwangen dazu, auch noch die Krim und das Donez-Gebiet durch deutsche Truppen zu sichern.
Die russische Flotte im Schwarzen Meer, darunter zwei erst während des Krieges fertig gewordene Großkampfschiffe, die in den Händen der Bolschewiken war, gefährdete nicht nur die Schiffahrt, sondern störte auch durch Landung bolschewistischer Abteilungen immer wieder die Ordnung und Sicherheit des Küstengebietes. Ihre Basis war der Kriegshafen Sewastopol. Damit ergab sich die Notwendigkeit, auch noch die aus der Akraine nur über zwei schmale Zugänge erreichbare Halbinsel Krim in besitz zu nehmen. Das hierzu bestimmte Korps Kosch wurde nach Erreichen des Dnjeper der Heeresgruppe Eichhorn unterstellt und nach
384
Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Einmarsch in die Ukraine.
April and Mai. Einnahme von Iekaterinoslaw auch die 15. Landwehr-Division des Korps Knoerzer nach Süden über Aleksandrowsk zu ihm abgedreht.
Das Korps Kosch*) überschritt den Dnjeper bei Berislaw, stieß aber an der Enge von Perekop aus Widerstand, der am 19. April durch die 217. Infanterie-Division gebrochen wurde. Zn Auflösung flüchtete der Feind vor der verfolgenden bayerischen Kavallerie-Division. Diese schwenkte mit Teilen nach Osten ab und öffnete damit der im Eisenbahnvormarsch herankommenden 15. Landwehr-Division die Eisenbahnbrücke in die Krim. Der für den 26. April beabsichtigte Angriff auf Sewastopol erlitt dadurch Verzögerungen, daß sich bei Simferopol Transporte ukrainischer Truppen eigenmächtig in den Aufmarsch eingeschoben hatten, die ebenfalls die Krim vom Bolschewismus befreien wollten. So konnte erst am 28. April eine Abteilung der 15. Landwehr-Division über das Gebirge nach Jalta angesetzt werden, um Sewastopol auch von Südosten her anzugreifen. Am 29. April wurde von Simferopol auch der Vormarsch unmittelbar aus die Festung angetreten. Am 30. April nahm die 217. Infanterie-Division die den Hasen beherrschenden Nordbefestigungen. Die beiden Groß-kampfschifse, 15 neuzeitliche Zerstörer und 10 Dampfer liefen daraufhin nachmittags nach Noworossijsk aus, nur ältere Schiffe und Unterseeboote blieben im Hasen zurück. Am 1. Mai wurde die Stadt selbst beseht. Erst in der Nacht zum 2. Mai langten die zum Abfangen der russischen Flotte unter Vizeadmiral von Rebeur-Paschwitz vom Bosporus herankommenden türkischen Flottenteile, dabei die „Soeben", vor Sewastopol an. Inzwischen hatte die bayerische Kavallerie-Division am 30. April Feodosia genommen, sie erreichte am 2. Mai Kertsch. Damit war auch der Zugang zum Asowschen Meere und zur Don-Mündung in deutscher Hand.
Der Zwang zur Besetzung des Donez-Gebietes ergab sich daraus, daß die Ukraine ohne die dort vorhandenen Kohlen und Erze nicht lebensfähig war. Vor allem zunehmende Kohlennot, unter der Eisenbahnbetrieb und wirtschaftliche Unternehmungen aufs schwerste litten, erforderte gebieterisch die Vertreibung der Bolschewiken auch aus dem Donez-Gebiet. Im Einvernehmen mit der Obersten Heeresleitung hatte der Oberbefehlshaber Ost daher bereits am 10.April der Heeresgruppe Eichhorn befohlen, mit den Hauptkräften des Korps Knoerzer auf Tagan-rog, mit einer Seitenabteilung auf Mariupol zur Besetzung der Häfen des Asowschen Meeres und Beherrschung der Bucht von Rostow am Don vorzugehen. Das I. Armeekorps sollte von Charkow aus die Bahnlinie Rostow—Moskau beiderseits von Millerowo erreichen und gegen Sowjet-Rußland sperren. Anschließend hatte das XXXXI. Reservekorps mit dem
!) 217. g. D., b. K. D., 15. L. D. und (von Rumänien in Anmarsch) 212. g. D.
Besetzung der Krim und des Donez-Gebietes.
385
rechten Flügel bei Bjelgorod gegen Norden und Nordosten zu sichern. Für Besetzung des Hinterlandes wurden der Heeresgruppe noch die 92. Infanterie-Division und zur Förderung der Getreideerfassung, deren Dringlichkeit General Ludendorfs am 22. April auf Veranlassung des Kriegs-ernährungsamtes nochmals betonte, die I. Kavallerie-Division von der 8. Armee in Aussicht gestellt. Die Etappe Bug sollte die alte Stellung als Sperrlinie übernehmen, um möglichst viel Truppen für die Ukraine frei zu bekommen').
Dom Korps Knoerzer hatte bis zum 21. April die ö.-u. 59. Infanterie-Division von Aleksandrowsk her Bolnowacha erreicht, die 7. Landwehr-Division war östlich von Iekaterinoslaw versammelt, nördlich anschließend die 4. bayerische Kavallerie-Brigade; die 215. Infanterie-Division erreichte von Losowaja her erst nach Kampf Slawjansk. Aus dieser Aufstellung wurde der Vormarsch in das um Bachmut gelagerte Kohlengebiet angetreten. Der Feind wich im allgemeinen kampflos aus. Während die ö.-u. 59. Infanterie-Division und die 215. Infanterie-Division das Kohlengebiet besetzten, hatten die 7. Landwehr-Division und die bayerische Kavallerie Taganrog und die wichtige Hafenstadt Rostow am Don zu nehmen. Nördlich von Taganrog zersprengter Feind suchte aus seine Schiffe oder nach Rostow zu entkommen. Taganrog wurde am l.Mai besetzt. Am 8. Mai war auch der Aufmarsch zu umfassendem Angriff aus Rostow beendet. Aber die Bolschewiken nahmen den Kamps hier nicht an, sondern flüchteten über den Don nach Süden, da das Gebiet östlich von Rostow in der Hand der ihnen feindlichen Don-Kosaken war.
Vom I. Armeekorps, seit Ende März unter Generalleutnant Mengelbier, fuhren die 16. Landwehr- und 91. Infanterie-Division, zunächst ohne Widerstand zu finden, auf der von Losowaja und Charkow ostwärts führenden Bahn über Slawjansk und über Kupiansk—Lugansk auf Millerowo vor. Die 2. Kavallerie-Division marschierte nördlich davon nach Osten, während andere Teile die Nordflanke deckten. Allmählich verstärkte sich der feindliche Widerstand. Am 28. April wurde die Gegend von Lugansk erreicht. Am 29. April konnte die 2. Kavallerie-Division bei Millerowo eine nach Norden gerichtete bolschewistische Transportbewegung durch Sprengung der Bahn unterbinden. Am 1. Mai erreichte auch die 91. Infanterie-Division Millerowo. Starke bolschewistische Kräfte standen noch im Donez-Bogen nördlich von Rostow. Gegen sie stießen am 7. Mai
') Gliederung für den Vormarsch:
T 9, e ’Cr3<t: 7l 215‘ 3- D.. ö.-u. 59. g. D., 4. b. K. Br.
Yyvvt 1' Uni>224- 3- D-. 16. und 45. L. D.. 2. K. D.
XXL K-: 11. und 47. L. D., 95. g. D., 35. R. D.
Weltkrieg. XIII. 93b. 25
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Abschluß der Kämpfe im Osten. 1918, Einmarsch in die Ukraine.
April »xd Mai. die 16. Landwehr-Division und Teile der 91. Infanterie-Division vor.
Durch Don-Kosaken, die Nn>. Tscherkask im Besitz hatten, am Ausweichen verhindert, streckten die Bolschewiken am 12. Mai die Waffen.
Das XXXXI. Reservekorps hatte nur noch eine nach Norden gerichtete Sicherungslinie auszubauen. Es schob seine Mitte bis zum 21. April in der Richtung auf Kursk und Briansk, teilweise kämpfend, noch bis Lgow—Starodub vor.
Mit den an der Südgrenze Sowjet-Rußlands an Stelle der bisherigen regellosen Banden nunmehr eingesetzten Truppen der „Roten Armee" wurden im Lause des Monats Mai Waffenruhe und eine Demarkationslinie vereinbart. Östlich des von den deutschenTruppen besetzten Raumes, der dieBahn Rostow—Millerowo noch einschloß, dauerten im Don-Gebiet die Kämpfe der Kosaken mit bolschewistischen Kräften weiter an. Mit diesen zusammen aber wirkte eine russische „Freiwilligen-Armee", die zur Entente in engsten Mal »nd Juni. Beziehungen stand. Um so mehr blieb es bedenklich, daß starke Teile der russischen Flotte nach Roworossijsk entkommen waren. Der Oberbefehlshaber Ost hatte daher beabsichtigt, auch diesen wichtigen Hasen noch zu nehmen, und zwar unter Beihilfe von Flotteneinheiten durch das Korps Kosch von Kertsch aus. Als dann aber bei den inzwischen eingeleiteten Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Sowjet-Rußland die Auslieferung der Schiffe erreicht wurde, entfiel diese Unternehmung. Ein Großkampfschiff, sechs Zerstörer und ein Hilfskreuzer trafen am 19. Juni in Sewastopol wieder ein, wo sie abgerüstet liegen blieben, die übrigen Schiffe waren von der Besatzung versenkt worden.
e) Der Abschluß der Operationen in der Ukraine.
Innerhalb von etwa drei Monaten war die Ukraine von der bolschewistischen Bedrückung befreit worden. Die Operationen hatten im großen in einem Eisenbahnseldzug bestanden, der von den Führern aller Grade schnelle Entschlüsse und Selbständigkeit in der Wahl von Aushilfen erfordert hatte. Die durch Abgaben jeder Art stark ausgekämmten Truppen hatten dabei Vorbildliches geleistet. Vielerorts trieben sich aber noch bewaffnete Banden herum, und in der Nacht zum 11. Juni landeten auf zahlreichen Transportschiffen bei Taganrog sogar 10000 9Rann, die erst am 14. Juni durch Truppen unter General von Knoerzer vernichtet wurden.
Mit Abschluß der militärischen Operationen richtete Generalfeld' marschall von Eichhorn sechs Militärverwaltungsbezirke ein: Tau-rien mit der Krim, Rostow, Charkow, Gomel, Kiew und Wolhynien.
General Ludendorfs hatte seit Übernahme der Regierung durch Het-man Skoropadski auf starke Hebung vor allem der landwirtschaftlichen Er-
Ende der militärischen Operationen.
387
zeugung gehofft. Er hatte daher General Groener am 19. Mai mitgeteilt, er „brauche Menschen für Heer und Heimat und Entlastung unserer Kriegswirtschaft, und gleichzeitig angekündigt, daß er die Truppen in der Ukraine vermindern müsse; daraus ergebe sich, daß „mir die Ukraine so weit wie möglich durch die Ukrainer regieren"; auch müsse die Ukraine Arbeitskräfte liefern. Dieser Auffassung der Obersten Heeresleitung standen aber die anhaltend starke Wühlarbeit und die Bandenbildung bolschewistischer Elemente im Lande entgegen, zu deren Bekämpfung selbst die bisher vorhandenen Kräfte kaum ausreichten.
C. Die Ostfront nach Abschluß der militärischen Operationen.
Auch nach den Friedensschlüssen von Brest-Litowsk und Bukarest sowie nach Beendigung der Operationen in Finnland wie in der Ukraine blieben noch manche Fragen offen, zu deren Lösung militärische Macht erforderlich werden konnte.
So standen innerhalb der deutschen Ostfront zunächst noch zwei aus ehemals russischen Truppen gebildete polnische Verbände, das II. Korps in der Ukraine bei Uman, bei diesem auch Reste des bisher im österreichisch-ungarischen Heere noch bestehenden Polnischen Hilsskorps*), das I. bei Bobmisk und östlich. Sie störten die Aufbauarbeit in den von ihnen besetzten Gebieten und bedeuteten angesichts der in ihren Reihen zunehmenden großpolnischen Bestrebungen eine Gefahr. Soweit sie nicht bereit waren, die Waffen abzugeben, um dann in ihre Heimat zurückzukehren, wurden sie Ende Mai gewaltsam entwaffnet und in Kriegsgefangenschaft abgeführt.
InRumänien bestand die „Besatzungsarmee" unter Generalfeld-marschall von Mackensen seit dem Friedensschluß (10. Mat) nur noch aus Tmppen in Stärke von sechs Divisionen, davon zwei österreichisch-ungarische. Die rumänische Armee war zwar in der Demobilmachung begriffen, hatte aber ihre Waffen behalten und bildete innerhalb des von den Mittelmächten besetzten Gebietes in der Moldau und in Bessarabien einen Fremdkörper, dessen Verhalten nicht unbedingt sicher war.
Schwierig blieb das Verhältnis zu Sowjet-Rußland. Dort herrschten noch völlig unklare Verhältnisse. Die Regierung der Bolschewiken sah keineswegs fest im Sattel. Gegen sie, die sich vor allem aus lettische Regimenter als Kerntruppe stützte, arbeitete mit zunehmendem Erfolg die
') S. 20.
25*
388
1918» Der Osten nach Abschluß der Kampfe.
Wai»«d g»»i. von der Entente unterstützte Sozialrevolutionäre Partei. Im Norden waren englische Truppen in Murmansk gelandet und drangen zusammen mit Weißer Garde längs der Bahn gegen Süden vor. Auch an der Wolga suchte die Entente unter Stützung auf ein aus Kriegsgefangenen und Überläufern gebildetes tschechisches Korps von drei Divisionen und sibirische Truppen eine neue Front aufzubauen. In den weiten Räumen östlich des Asowschen Meeres und der Don-Mündung hatte sich eine russische Freiwilligen-Armee gebildet, die unter den Generalen Alexejew, früherem Generalstabschef des Zaren, und Denikin die Bekämpfung der Sowjet-Regierung und Wiederherstellung des Großrussischen Reiches im Bunde mit der Entente erstrebte und von dieser auch unterstützt wurde. Andererseits war östlich der Linie Rostow—Millerowo ein selbständiger Don-Kosaken-Staat entstanden, der unter General Kraßnow als Ataman Anschluß an die Ukraine und Deutschland suchte.
In der Ukraine schienen sich die Verhältnisse allmählich zu bessern, doch stand der Abschluß eines Friedens mit Sowjet-Rußland einstweilen nicht in Aussicht. Vorläufige Grenze war die mit den Truppen der Heeresgruppe Eichhorn vereinbarte Demarkationslinie. Der ukrainische Staat aber begann trotz der Anwesenheit deutscher und österreichisch-ungarischer Truppen eine Anziehungskraft auf seine Nachbarn auszuüben, soweit diese die Rückkehr bolschewistischer Herrschaft zu fürchten hatten. So machten sich außer bei den Don-Kosaken auch bei den Weißrussen um Minsk Anschlußbestrebungen bemerkbar, die jedoch nach dem Willen der Reichsregierung nicht begünstigt wurden, da sie die durch den Frieden von Brest-Litowsk an der Ostfront erreichte Ruhe gefährden konnten. Nach einem Erlaß des Kaisers vom 28. Mai sollten über die bisher deutscherseits erreichten Linien hinausführende ukrainische Bestrebungen weder militärisch noch diplomatisch unterstützt werden.
Von Bedeutung war auch das Verhältnis zu der südlich des Kaukasus neu erstandenen Transkaukasischen Republik, die bereits seit Herbst 1917 durch deutsche Unterseeboote Geld und Waffen erhalten hatte, sich aber im Mai 1918 angesichts des Vormarsches der Türken1) in drei selbständige Republiken: Georgien mit Tiflis, Armenien und Aserbeidschan auslöste. Im Gebiet der letzteren bildete das wichtige Erdölgebiet von Baku das von der Türkei mit allen Mitteln erstrebte Ziel; dem standen aber die Belange der Ukraine und damit Deutschlands sowie Sowjet-Rußlands scharf entgegen.
Über die Gesamtlage im Osten sagte die Oberste Heeresleitung in einer für den Reichskanzler bestimmten Beurteilung vom 9. Juni:
i) 6.432 f.
Gesamtlage im besetzten Ostraum.
389
„Wir haben in Rücksicht auf unseren Menschenmangel die im Osten stehenden Divisionen weiter schwächen müssen. Sie haben die Kraft, ihre Okkupationsausgaben zu erfüllen. Fhre Kraft reicht aber nicht aus, wenn die Verhältnisse sich im Osten verschlechtern. Wir müssen uns für alle Fälle bei der unklaren Haltung der schwachen Sowjet-Regierung nach weiteren Bundesgenossen im Osten umsehen.
gm Norden ist Finnland, das sich dank des deutschen Einmarsches militärisch festigt. Wir können hoffen, daß wir in Finnland für alle Fälle eine gute militärische Unterstützung finden werden. Die Ukraine hat es zur Bildung eines Heeres noch nicht gebracht. Wir brauchen sie, um zu leben und uns mit Rohstoffen zu versorgen. Daß wir Truppen dort verwenden, ist damit militärisch gerechtfertigt; sonst wäre es ein Fehler.
In Georgien bietet sich Gelegenheit, ähnlich wie in Finnland, mit schwachen Streitkrästen unsere Macht zu vervielfältigen. Wir müssen dort die georgische Armee organisieren... Haben wir in Georgien einen Stützpunkt, so ist zu hoffen, daß sich der Kaukasus nach und nach beruhigt und wir von dort die uns so dringend notwendigen Rohstoffe beziehen können".
Am 18. Juni wurde das gesamte Gebiet des Oberbefehlshabers Ost neu gegliedert in:
Ukraine unter der Heeresgruppe Eichhorn.
Später an Sowjet-Rußland zurückzugebende Gebiete um Minsk und nördlich unter den Oberkommandos der 10. Armee und der Armee-Abteilung v. Militärverwaltung Litauen unter einem Militärgouverneur.
Baltikum (Kurland, Livland, Estland mit den Znseln) unter dem Armee-Oberkommando 8.
Der von Österreich-Ungarn besetzte Teil der Ukraine unterstand seit dem 16. Mai dem Kommando der ö.-u. Ostarmee unter General der Infanterie Krauß.
Unterdessen berichtete der Deutsche Gesandte in Moskau, Graf von Mirbach-Harff, daß in Sowjet-Rußland der Einfluß der Entente im Wachsen sei. Auch der Oberbefehlshaber Ost rechnete mit der Möglichkeit, daß eine ententefteundliche Regierung plötzlich ans Ruder käme. Am 23. Juni beftagte ihn General Ludendorff, welche Punkte in solchem Falle militärisch besetzt werden könnten. Jener hielt es mit den verfügbaren Kräften für möglich, mit der 10. und 8. Armee bis zur Linie Orscha— Witebsk—Bahnkreuz östlich von Gatschina vorzustoßen; Petersburg selbst wollte er wegen der zu erwartenden Verpslegungsschwierigkeiten nicht besetzen; aus der Ukraine nach Rußland vorzudringen, sei nicht möglich,
390
1918. Der Osten nach Abschluß der Kämpfe.
gniti und Juli.
Anfang
August.
da die dort vorhandenen Truppen als Besatzung nur eben noch ausreichten. Zu einem von russischen Monarchisten erhofften Vormarsch auf Moskau fehlte es an Kräften. General Ludendorff hielt aber die Inbesitznahme von Smolensk für erforderlich, um die Lage der Ukraine zu bessern.
Am 6. Juli wurde der Deutsche Gesandte in Moskau, Graf von Mirbach, von einem Sozialrevolutionär ermordet. Am 10. Juli meldete der Militär-Attachä, Major Schubert, alles deute auf baldigen politischen Umschwung hin. Auch in der Ukraine nahm die Unsicherheit zu. Am 30. Juli wurde in Kiew, ebenfalls durch einen Sozialrevolutionär, Generalfeldmarschall von Eichhorn ermordet. Nachfolger wurde der bisherige Oberbefehlshaber der 8. Armee, Generaloberst Graf von Kirchbach. Die zuständigen deutschen Stellen in der Ukraine hielten nach diesem Vorfall stärkere militärische Machtentfaltung zur Stützung der Hetman-Regierung für geboten. Um dieselbe Zeit machte sich aber auch zunehmende Gärung in der rumänischen Armee, vor allem im Offizierkorps, bemerkbar; man mußte mit der Möglichkeit rechnen, daß sie wieder zu den Waffen griff. Im ganzen gesehen, begann die schwieriger werdende Lage des deutschen Westheeres*) sich an der Ostfront auszuwirken.
Über die Verhältnisse in Sowjet-Rußland sprach der Nachfolger des Gesandten in Moskau, der bisherige Staatssekretär Dr. Helsferich, in einem am 3. August der Obersten Heeresleitung zugeleiteten Bericht die Ansicht aus: „Die Herrschaft der Bolschewik!, deren letzte Karte schrankenloser Terror ist, steht vor dem Zusammenbruch ... Im Augenblick ist ihre stärkste Stütze der hier herrschende Eindruck, daß wir sie halten". Deutschland müsse daher nunmehr gegen die Bolschewiken bei den an ihrem Sturz arbeitenden Parteien Anschluß nehmen. In demselben Sinne berichtete der Militärattache. So verlockend dieser Gedanke war, so lehnte ihn doch der Staatssekretär des Auswärtigen Amts vonHinhe ab, da die Bolschewiken die einzige Partei in Rußland waren, die mit der Entente in Gegensatz geraten war, und da mit Beseitigung ihrer Macht auch der von ihnen unterschriebene Friedensvertrag von Brest-Litowsk fiel; denn dessen einzige Vertreter waren eben die Bolschewiken. Bei der Obersten Heeresleitung stand die militärische Erwägung im Vordergründe, daß angesichts der Lage im Westen keinerlei Aussicht bestand, in absehbarer Zeit eine ausreichende Truppenzahl zur Verfügung zu haben, um beim Fall der Sowjet-Regierung die deutschen Belange im Osten wirksam zu vertreten. So blieb nichts anderes übrig, als den Dingen ihren Lauf zu lassen. In Moskau aber erschien die Deutsche Gesandtschaft bereits derart gefährdet, daß sie
*) Der deutsche Angriff vom 15. Juli hatte nur geringen Erfolg gebracht und war am 18. mit einem wuchtigen französischen Gegenangriff beantwortet worden.
Gefahr wachsenden Entente-Einflusses in Sowjet-Rußland. 391
am 6. August nach Petersburg und am 10. in das deutscherseits besetzte Gebiet nach Pleskau zurückverlegt wurde.
Inzwischen lagen Nachrichten vor, daß ententefmmdliche Kriegsgefangene, vor allem Tschechen, in großer Zahl nach Murmansk unterwegs seien. Für diesen Fall muhte der Vormarsch von Pleskau und Narwa aus Petersburg nun doch in Aussicht genommen werden; Mitwirkung der deutschen Truppen in Finnland wurde erwogen. Dann war die Nachricht gekommen, daß auch Franzosen in Murmansk gelandet seien, und Ansang August hatte die Sowjet-Regierung, wohl in der Hoffnung aus deutsche Hilfe gegen die Umtriebe der Entente, das „Vorgehen deutscher Truppen gegen die Murman-Bahn, die Don-Kosaken und Alexejew" angeregt. Während Staatssekretär von Hinhe diesen Gedanken keineswegs ablehnend gegenüberstand, hatte ihm General Ludendorff am 4. August erklärt: „Ein militärisches Bündnis und ein Zusammenkämpfen Schulter an Schulter mit den Bolschewiken halte ich für unsere Armee für ausgeschlossen. Eine Operation gegen die Engländer in Ostkarelten1) ist ausführbar. Allerdings nur, wenn wir die Murman-Bahn von Petersburg aus benutzen können und somit unsere rückwärtige Verbindung gesichert ist". Die Mitwirkung der finnischen Armee sei unerläßlich, die Besetzung von Petersburg politisch von allergrößter Bedeutung. Vorgehen gegen die Don-Kosaken, zu denen man beste Beziehungen unterhielt, kam überhaupt nicht in Frage. Im übrigen nahm General Ludendorfs zu der Auffassung des Gesandten Dr. Helfferich am 7. August dem Staatssekretär gegenüber dahin Stellung, daß er es vor allem deshalb nicht für zweckmäßig halte, den Zusammenbruch der Bolschewiken „unsererseits zu beschleunigen und ein anderes Regime ans Ruder zu bringen, weil wir zur Zeit kaum die dazu nötigen Machtmittel verfügbar machen können". Er fuhr dann fort: „Ich stimme Euerer Exzellenz durchaus zu, daß wir die militärische Paralyse Rußlands erstreben, bin aber der Ansicht, daß wir andererseits verhindern müssen, daß Rußland in seiner Ohnmacht eine Beute der Entente wird, eine Gefahr, die noch keineswegs ausgeschlossen ist, auch wenn wir uns in Berlin mit den Bolschewisten verständigen^). Ich bin bereit, gegen die Engländer an der Murman-Küste zu kämpfen, falls wir Petersburg besetzen. Gegen die Tschechoslo-waken reichen unsere Machtmittel nicht aus, da sie an der mittleren Wolga zu weit ab von uns stehen und wir uns nicht auf geordnete Verhältnisse in Moskau stützen können. Ein Kamps gegen Alexejew würde ein militärisches Zusammengehen mit den Bolschewisten bedeuten, die Alexejew von Süden
*) Erbiet beiderseits der Murman-Bahn.
*) Das bezog sich auf im Gange befindliche Verhandlungen zur Ergänzung des Vertrages von Brest-Litowsk (S. 392f.).
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1918. Der Osten nach Abschluß der Kämpfe.
August! her angreifen. Es würde dies eine einseitige Unterstützung der Bolschewisten sein, die ich nicht empfehlen kann ..
An dem Tage, da dieses Schreiben abging, befahl die Oberste Heeresleitung als Vorbereitung für ein Vorgehen gegen die Murman-Bahn: „Truppen bei Rarwa find bereitzustellen, um aus Befehl die Bewegung in Richtung Murman-Bahn zu beginnen". Im übrigen.war geplant, zu diesem „Schlußstein"-Unternehmen die Ostsee-Division aus Finnland auf Petersburg und finnische Truppen nördlich des Ladoga-Sees vorgehen zu lassen. Voraussetzung war dabei allerdings, daß die Sowjet-Regierung die Besetzung von Petersburg und Kronstadt als Basis für die Operationen zugestehe. Sobald das geschehen, sollte die Versammlung der Truppen angeordnet werden.
Die zunehmende Verschärfung der Lage an der Westfront*) nötigte die Oberste Heeresleitung indessen dazu, bereits in den nächsten Tagen Truppen aus der Ukraine zurückzufordern. Sie wies dabei darauf hin, daß günstige Ernteaussichten in Deutschland die Getreidezufuhr weniger dringlich erscheinen ließen. Der Oberbefehlshaber Ost wehrte sich aber mit Nach-bm<f Unb ^klärte sich nur imstande, noch eine Division abzugeben.
®nt>« August. 3u gleicher Zeit trat neben den Plan der Offensive gegen die Murman-Bahn der einer Operation gegen die rumänische Armee. Am 12. August hielt die Oberste- Heeresleitung „Vorbereitungen für einen konzentrischen Vormarsch möglichst starker Kräfte gegen die Moldau und Bessarabien" für erforderlich. Dazu stand die deutsche Besatzungsarmee in Rumänien am Sereth bereit, in die Moldau vorzustoßen,- ferner sollten angesetzt werden: ungarische Truppen aus Ungarn, zwei Divisionen des Oberbefehlshabers Ost von Czernowitz westlich des Pruth auf Fasst, von der österreichisch-ungarischen Ostarmee zwei Divisionen aus der Ukraine auf gassi und eine Gruppe von Tiraspol auf Kischinew.
Des weiteren wurde der Oberbefehlshaber Ost angesichts der Entwicklung im Kaukasus-Gebiet*) am 23. August angewiesen, eine verstärkte Kavallerie-Brigade und- zwei Tage später noch eine verstärkte Infanterie-Brigade dorthin abzugeben. Am 29. folgten neue Forderungen für den Westen, an denen die Oberste Heeresleitung trotz aller Bedenken des Oberbefehlshabers Ost festhalten mußte.
Unterdessen hatte die Weiterentwicklung der Lage Verhandlungen über eine Ergänzung des Friedensvertrages von Brest-Litowsk nötig gemacht, die vom Auswärtigen Amt in Berlin geführt, am 27. August zum
*) 2tm 8. August hatte ein englischer Angriff zu tiefem Einbruch in die Front vor Amiens geführt.
*) Näheres 6.431 ff.
Neue Offensivpläne.
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Abschluß kamen: Die Sowjet-Regierung gab Livland und Estland endgültig frei und erklärte sich mit der Anerkennung Georgiens als selbständigen Staates durch Deutschland einverstanden; Deutschland erklärte sich bereit, nach Abschluß des Friedens zwischen Sowjet-Rußland und der Ukraine die Gebiete am Schwarzen Meer bis zur Grenze Georgiens zu räumen und das weitere Vordringen einer anderen Macht (gemeint war die Türkei) nach Norden nicht zu dulden; dafür sollte Deutschland ein Viertel der Ölausbeute von Baku erhalten, das durch den Zerfall der Transkaukasischen Republik wieder in die Hände von Sowjet-Rußland gekommen war.
Für den deutschen Vormarsch gegen die Murman-Bahn Kronstadt und Petersburg zur Verfügung zu stellen, schien die Sowjet-Regierung aber nicht bereit. Daneben blieben als Bedenken gegen die Durchführung des Unternehmens die bevorstehende Abgabe weiterer Kräfte an den Westen und die Frage der Ernährung der Petersburger Bevölkerung. Der Oberbefehlshaber Ost, Prinz Leopold von Bayern, trat trotzdem mit Nachdruck für die Durchführung ein. Die Unterstützung durch die Flotte gegen Kronstadt wurde vorbereitet. Mitwirkung der finnischen Armee kam aber nach dem Urteil des Generals Grasen von der Goltz wegen ihrer geringen Kampfkraft nicht in Frage. Als dann am 4. September Nachrichten über eine schwere Erkrankung Lenins und bevorstehenden Sturz der Sowjet-Regierung eingingen, befahl die Oberste Heeresleitung: „Einmarsch derart vorbereiten, daß er in kürzester Frist erfolgen kann".
Eine Woche später begann sich aber auch die Lage an der Balkan-Front in Mazedonien zuzuspitzen1). Generalfeldmarschall von Mackensen trat daher für Durchführung der Offensive gegen die Rumänen ein, um „eine Reinigung des hiesigen politischen Horizonts zu erreichen". Am 11. September schlug die Oberste Heeresleitung daraufhin Generaloberst von Arz vor, den Aufmarsch gegen Rumänien zu vollziehen, um ultimativ Demobilmachung und Waffenabgabe zu erzwingen; die Gefahr der Neubildung einer Ostfront müsse unbedingt beseitigt werden. Am 13. September erhielt die Heeresgruppe Mackensen Befehl, den Aufmarsch zum „Fangstoß" durchzuführen.
Andererseits ergaben sich neue Schwierigkeiten für den Vormarsch auf Petersburg. Am 14. September mußte General Ludendorff dem Oberbefehlshaber Ost mitteilen, die Unternehmung könne, „sofern nicht ganz besondere Ereignisse eintreten, frühestens stattfinden, wenn mit Rumänien abgerechnet" sei; auch solle der Oberbefehlshaber Ost wegen des immer größer werdenden Bedarfs im Westen mit weiteren Abgaben rechnen. Nachdem dann am 15. September Verhandlungen über die Räumung des
*) S. 407ff.
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1918, Der Osten nach Abschluß der Kämpfe.
Gebiets östlich der Beresina zum Abschluß gekommen waren, mußten das Oberkommando der Armee-Abteilung D, ein Generalkommando und zwei Divisionen abgegeben werden.
Als dann aber am 16. September Kaiser Karl die Teilnahme an der Operation gegen die Rumänen ablehnte, sah sich die Oberste Heeresleitung gezwungen, auch den Aufmarsch für diese anzuhalten. Am 17. September befahl sie, daß die Operation vorläufig ausfalle.
Zn diesen Tagen begann die Front in Mazedonien bereits zusammenzubrechen. Am 26. September mußte die Oberste Heeresleitung den Oberbefehlshaber Ost dahin unterrichten: „Die Erfolge der Entente in Mazedonien haben die Widerstandskraft der bulgarischen Armee gebrochen. Gerücht über bevorstehenden Friedensschluß zwischen Bulgarien und der Entente bedarf noch der Bestätigung". Um die Balkan-Front zu stützen, eJuüXtt. wurde das Herausziehen weiterer Kräfte aus der Ostfront erwogen, denn — so meinte die Oberste Heeresleitung: „Der ganze Osten nützt uns wenig, wenn wir die Herrschaft auf dem Schwarzen Meer und auf der Donau verlieren". Am 27. September folgte daher der Befehl: „Schlußstein-Unternehmen (gegen Petersburg) findet in absehbarer Zeit nicht statt. Vorbereitungen können abgebrochen werden". Um Kräfte einzusparen, regte General Ludendorff an, den Grenzschutz zu vermindern und die an Sowjet-Rußland zurückzugebenden Ostgebiete beschleunigt zu räumen. Doch der Oberbefehlshaber Ost äußerte sich gegen Verminderung des Grenzschutzes, da sie die Gefahr „des Eindringens bolschewistischer Elemente und ihrer Propaganda in das besetzte Gebiet und die Heimat wesentlich steigern" würde. Schon jetzt sei die bolschewistische Beeinflussung der Truppe und Bevölkerung fühlbar. Er stellte aber zwei Divisionen zur Verfügung und bei planmäßiger Durchführung der Räumung allmählich noch drei weitere in Aussicht. Von beschleunigter Räumung wurde abgesehen, da dann neben sehr ungünstiger Einwirkung auf die Bevölkerung wesentliche Vorräte an Heeresgut, Rohstoffen und Verpflegung verlorengegangen wären.
Unterdessen schloß Bulgarien am 29. September Waffenstillstand mit der Entente H und gewährte deren Truppen das Durchmarschrecht. Die Rückwirkung aus die Haltung Rumäniens zeigte sich sofort; trat dieses Land auf die Seite der Entente, so war der Balkan für die Mittelmächte verloren. Rach allen vorliegenden Nachrichten war mit Erhebung der rumänischen Armee zu rechnen. Es wurde daher erwogen, den „Fangstoß" nun doch durchzuführen; General Ludendorfs wollte aus der Ukraine dazu noch die 7. Landwehr-Division heranziehen. Generaloberst von Arz hielt die ver-fügbaren Kräfte gegen eine mobilisierte rumänische Armee für zu schwach.
i) S. 412.
Bedenkliche Haltung Rumäniens.
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Generalfeldmarschall von Mackensen erachtete die Durchführung des „Fangstoßes" für unbedingt nötig, allerdings nach Zuführung neuer Truppen.
Doch woher solche nehmen? Die Westfront konnte angesichts der ununterbrochenen schweren Angriffe der Entente nichts abgeben. Wenn in absehbarer Zeit Entente-Truppen an der Donau-Grenze Rumäniens erschienen, war dieses Land militärisch nicht mehr zu halten; die verfügbaren Truppen genügten nach Ansicht der Obersten Heeresleitung nicht, die Sereth- und Donau-Linie zu verteidigen; man müsse sich daher der Neutralität und der ölaussuhr Rumäniens versichern. Dazu sehte Kaiser Karl am 5. Oktober die neuerliche Entsendung des Obersten Ritter von Ranlm1) nach Iassi durch, um die dortige Stimmung zu erkunden, aber ohne daß man damit weiter kam.
Am 7. Oktober teilte Generaloberst von Arz mit, er könne Kräfte am ou»l>«r. Dniester und an der ukrainisch-bessarabischen Grenze bereitstellen. General Ludendorss erörterte daher mit dem Oberkommando Mackensen nochmals den „Fangstoß" und unterstellte das durch Serbien nach Norden ausweichende Oberkommando Scholtz zur Übernahme des Donau-Schuhes Generalfeldmarschall von Mackensen. Dieser erwartete, wie er am 9. Oktober meldete, schon vom bloßen Aufmarsch gegen die Rumänen die Entfernung der Gesandtschaften und sonstigen Angehörigen der Entente aus Iassi, die beschleunigte Demobilmachung der rumänischen Armee und den Bruch mit der Entente. Jedoch schon am 11. Oktober mußte General Ludendorff die Zuführung von Kräften wegen des Kräfteverbrauchs im Westen und der Transportschwierigkeiten wieder absagen; noch aber wollte er die Walachei mit dem Olgebiet unbedingt halten. Am 14. Oktober ließ er den „Fangstoß"-Eedanken fallen und bat Generaloberst von Arz zur Verteidigung nach Süden österreichisch-ungarische Truppen über Siebenbürgen heranzuführen. Am 19. Oktober fragte er aber doch nochmals beim Oberkommando Mackensen an, ob nicht ein Vorstoß in die Moldau noch möglich sei. Das aber muhte Generalfeldmarschall von Mackensen verneinen. Die Reichsleitung hoffte, Rumänien durch das Angebot der Dobrudscha noch halten zu können. Aber schon näherten sich durch Bulgarien französische Truppen der rumänischen, serbische Divisionen der ungarischen Donau-Grenze«). Am 26. Oktober schlug Generalfeldmarschall von Mackensen daher vor, falls es zur Berührung mit Entente-Kräften und der rumänischen Armee komme, abschnittsweise auf die Karpaten-Pässe zurückzugehen.
l) S. 357, Anm. *) S. 416.
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1918. Der Osten nach Abschluß der Kämpfe.
oh»i>«. An demselben Tage schied General Ludendorff aus der Obersten Heeresleitung aus. Sein Nachfolger wurde General Groener.
Als Ende Oktober die 11. Armee im Rückzüge vom Balkan die Donau bei Belgrad erreichte, standen:
an der rumänischen Front noch deutsche Truppen in Stärke von6 Divisionen, dazu 1 Kavallerie-Division und 13 Landsturm-Bataillone; an der Front des Oberbefehlshabers Ost im ganzen noch 20 Divisionen, 5Brigaden und 173 Landwehr- und Landsturm-Bataillone, davon 14 Divisionen und 57Landwehr- und Landsturm-Bataillone in der Ukraine; im Generalgouvernement Warschau, das am 15. November vom Oberbefehlshaber Ost mitübernommen werden sollte, 36 Landsturm-Bataillone.
3n einem Stimmungsbericht der Heeresgruppe Kiew aus der Ukraine 3to"mb9«,. t)om 1. November hieß es: „Der Zusammenbruch der Türkei, der Abfall Bulgariens, die fortschreitende innere Zerrüttung Österreich-Ungarns, die Zurückverlegung des rechten Flügels der Westfront, die mit diesen Ereignissen im Zusammenhang stehende Regierungsänderung im Deutschen Reich und die Waffenstillstandsanträge der neuen Regierung lassen im Verein mit der fortdauernden Abbeförderung deutscher Truppen aus der Ukraine bei der Bevölkerung nicht den Gedanken zur Ruhe kommen, daß wir das Land nächstens räumen werden... Das Ansehen unserer Truppen hat infolge des allgemeinen Ganges der kriegerischen Ereignisse und besonders infolge Zuchtlosigkeit einzelner Truppentransporte gelitten. Die von uns unterdrückte Revolution glimmt überall im Lande unter der Asche weiter und bricht in dem Augenblick aus, in dem der letzte deutsche Soldat das Gebiet verlassen hat. Für die ukrainische Regierung ist die Lage natürlich äußerst gefährlich. Allgemein ist die Ansicht vertreten, daß sie ohne uns machtlos ist".
Zu dieser Zeit schieden infolge des am 31. Oktober einsehenden Zerfalls der Donau-Monarchie deren Truppen überall aus der Front aus. Der am 3. November von Österreich-Ungarn mit der Entente abgeschlossene Waffenstillstand*) gab dieser das Recht, alle ihr strategisch wichtig erscheinenden Punkte zu besehen, und bestimmte, daß deutsche Truppen, die nach dem 20. November noch aus österreichisch-ungarischem Boden sich befänden, der Kriegsgefangenschaft verfallen sollten.
Damit war die deutsche Front in Rumänien wie in der Ukraine unhaltbar geworden.
Die Heeresgruppe Mackensen erhielt daher am 5. November den Befehl, mit Bahn und Fußmarsch quer durch Ungarn nach Oberschlesien
1) S. 417.
Die Räumung Rumäniens.
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oder den von Deutschland besetzten russischen Gebieten durchzubrechen, das deutsche Zivilperson«! und die Frauen dabei mitzunehmen. Bevor aber diese Bewegung in Gang kam, stellte Rumänien unter dem Druck der Entente am 10. November die unmögliche Forderung, das Land innerhalb von 24 Stunden zu räumen oder die Waffen zu strecken. Eine Antwort erfolgte nicht. Generalfeldmarschall von Mackensen verlegte den bisher für den 12. November angesetzten Abmarsch aus den 10. und meldete der Obersten Heeresleitung: „Oberkommando Mackensen geht heute nacht von Donau- und Sereth-Front aus Gebirge zurück, wird über Kronstadt— Hermannstadt Richtung Klausenburg durchbrechen". Der Generalfeldmarschall begab sich nach Hermannstadt. Der Kriegszustand mit Rumänien trat wieder in Kraft. Mit Bahn und Fußmarsch erreichten die Tmppen unter vielen Beschwerden die deutsche Grenze. Generalfeldmarschall von Mackensen selbst, der bis zum Abtransport seiner letzten Tmppen geblieben war, wurde in Ungarn aus Verlangen der Franzosen festgehalten und später von diesen als Kriegsgefangener nach Saloniki gebracht. Von dort kehrte er erst im Dezember 1919 nach Deutschland zurück.
Für das weitere Verhalten in der Ukraine hatte die Oberste Heeresleitung am 5. November die Richtlinie ausgegeben: „Der Ukraine soll deutsche Hilfe, solange als möglich belassen werden, um das befreundete Land nicht wieder der Anarchie preiszugeben. Hierin begegnen sich die Interessen Deutschlands, der Ukraine und des Don. Die angeknüpften guten Beziehungen zwischen diesen Ländern werden auch nach Friedensschluß für alle Beteiligten immer von Nutzen bleiben".
Am 11.November erfuhr dann der Oberbefehlshaber Ost die u.9u>»«mb«. angenommenen Waffenstillstandsbedingungen, durch die die Friedensverträge von Brest-Litowsk und Bukarest aufgehoben wurden. Er ordnete daraufhin die Räumung der Ukraine in sechs Etappen an, die der übrigen Ostgebiete sollte dem angepaßt werden. Die Durchführung wurde aber durch Kohlenmangel und das nun wieder voll aufflammende bolschewistische Bandenwesen ernstlich bedroht. Sie gelang nur unter großen Schwierigkeiten in der Hauptsache über Warschaus.
Betrachtungen.
Als am 21. März das deutsche Westheer zur Offensive antrat, standen im Osten, einschließlich Rumänien, und am Balkan — abgesehen von den bereits zum Abtransport bestimmten Truppen — 40 Divisionen und 3 Ka-vallerie-Divisionen, Anfang November waren es nach weiteren Abgaben
l) Näheres enthält Bd. I der „Darstellungen aus den Nachkriegskampfen deutscher Tmppen und der Freikorps": „Die Rückführung des Ostheeres".
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1918. Der Osten nach Abschluß der Kämpfe.
für den Westen noch 31 Divisionen und drei Kavallerie-Divisionen, davon 13 Divisionen und drei Kavallerie-Divisionen in der Ukraine. Da im Westen schließlich jeder Mann gebraucht wurde, ist die Frage aufgeworfen worden, ob man nicht im Osten mit weniger Truppen hätte auskommen können; vor allem der Einmarsch und die Besetzung der Ukraine habe ein starkes Truppenaufgebot erfordert, aber wirtschaftlich nur recht geringe Ergebnisse gebracht. Dazu ist zu sagen:
Die im Frühjahr und bis zum Herbst 1918 im Osten verwendeten Truppen hatten an Menschen wie an Material so viel abgegeben, daß sie, wenn auch zahlenmäßig wieder aufgefüllt, als Kampftruppen für den Westen nicht in Frage kamen. Allenfalls hätte man Teile als Stellungs-besatzung an ruhigen Fronten verwenden können; aber auch damit war nicht viel geholfen, denn mehr Kampfkräfte und bewegungssähige Divisionen, als für die große Offensive ohnehin schon bereitgestellt wurden, hätte man damit kaum gewonnen*). Es ist daher auch der Gedanke ausgesprochen worden, man hätte die Osttruppen zum Stellungsbau für den Fall eines Rückzuges einsetzen sollen. Dem aber steht entgegen, daß die Oberste Heeresleitung im Frühjahr 1918 die Offensive vorbereitete, die den Krieg entscheiden sollte. Dafür galt es auch, soweit möglich Sicherheit zu schaffen, daß die Heimat nicht unter Ernährungsschwierigkeiten zusammenbrach. Der Gedanke an den Ausbau rückwärtiger Stellungen für den Fall der militärischen Niederlage kam demgegenüber gar nicht in Frage. Die Ernährung aber mußte nicht nur bis zur Ernte 1918, vor der eine gefährliche Verknappung zu erwarten war, sondern auf längere Zeit sichergestellt werden, denn die Aushebung der Blockade blieb auch bei vollem Siege zu Lande noch fraglich.
So hat denn die Oberste Heeresleitung entsprechend den Forderungen des Kriegs-Ernährungsamtes mit der Sicherstellung der Ukraine-Vorräte nicht nur an den Sommer 1918 gedacht, sondern es sollte eine Kornkammer auch für kommende Jahre gewonnen werden.
Nun hat das Ergebnis der Ukraine-Lieferungen im Sommer 1918 zweifellos schwer enttäuscht. Die gesamte Wirtschaft war dort nach vier Jahren Krieg und Revolution derart in Unordnung geraten, daß Vorräte in größeren Mengen kaum greifbar waren. Um aber das, was vorhanden war, herauszuholen, hätte es entsprechender Gegenleistungen oder größerer Gewalt, also stärkerer militärischer Kräfte, bedurft. Im Sommer, als sich die Hetman-Regierung gefestigt hatte, besserten sich die Verhältnisse, und es bestand berechtigte Aussicht auf ausreichende Lieferungen aus der Ernte 1918 wie auch für die weitere Zukunft.
*) Näheres wird Bd. XIV enthalten.
Betrachtungen.
399
In Deutschland ist' die Zeit vor der neuen Ernte allerdings überstanden worden, ohne daß die Ukraine bis dahin das Erwartete geliefert hatte, aber doch nur unter Kürzung der schon aus 200 Gramm gesunkenen Tages-Mehlportion auf 160 Gramm im Juni (Friedens-Durchschnittsverbrauch 350 Gramm). Unter diesen Umständen und zumal, da die Lieferungen aus Rumänien wegen Mißernte völlig ausfielen, waren für die kritischen Wochen auch die geringen aus der Ukraine zufließenden Mengen*) eine wertvolle Hilfe, um die knappste Zeit vor allem für die Bevölkerung der Großstädte zu überbrücken; daneben erhielten Heer und Landwirtschaft bis Ende Oktober 53000 Pferde allein aus der Ukraine.
Die Lieferungen kamen aber nicht nur Deutschland, sondern, was ebenso wichtig war, auch den Verbündeten, vor allem auch Österreich-Ungarn zugute, ohne dessen Durchhalten der Krieg schon wegen des unentbehrlichen rumänischen Öls, aber auch rein militärisch gesehen, gar nicht zu gewinnen war. So sollten denn von den Lieferungen aus der Ukraine nur 30 v.H. an Deutschland, 50 an Österreich-Ungarn, der Rest an Bulgarien und die Türkei fallen. Wie dringend zum Beispiel Wien dieses Zuschusses bedurfte, zeigt, daß dort am 30. April nach Deutschland bestimmte Getreideschiffe zur Beruhigung der ernstlich hungernden Bevölkerung angehalten und trotz deutschen Einspruchs ausgeladen wurden*). Graf Czernin urteilte, daß die Donaumonarchie „ohne diese Zuschübe überhaupt nicht hätte bis zur nächsten Ernte leben können"*).
Alles in allem bedeutete die Besetzung der Ukraine eine Stärkung für die Wirtschaft der Mittelmächte. Die Hoffnung aus Zufuhr russischen Erdöls aus dem Kaukasus stellte weiterhin auch die dringend nötige Besserung der Treibstofflage in Aussicht. Unter diesen Gesichtspunkten hat die Oberste Heeresleitung sich seinerzeit mit Recht entschlossen, die zum Schutz der Ukraine gegen den Bolschewismus nötigen Truppen zur Verfügung zu stellen. Sie hat die Operationen dann unter bescheidenstem Kräfte-Einsatz so weit geführt, wie es zur Sicherung der deutschen Ernährungswirtschast nötig war. Daß inzwischen die militärische Front im Westen ins Wanken geraten und die Heimatfront zusammenbrechen werde, durfte sie bei ihren Entschließungen nicht voraussehen.
') Genaue Fahlen waren nicht zu ermitteln. Bis Ende Oktober kamen nach Deutschland unter anderem rund 52000 t Getreide, Mehlprodukte, Hülsenfrüchte und Futtermittel, 24000 t Zucker, 45 Mill. Eier, 29000 Rinder, 48000 Stück sonstiges Schlachtvieh.
*) General Landwehr: „Hunger, die Erschöpfungejahre der Mittelmächte 1917/18" (S. 191 ff.).
*) Ottokar Ezernin: „Im Weltkriege", S. 328.
Juli/August
1917.
X. Der Abschluß der Dämpfe an den Nebenfronten feit Gommer
A. Die mazedonische Sront1)
Beilage 24.
J. Die Ereignisse bis zum Gommer J9J8.
Solange Griechenland unter der Führung von König Konstantin an der Neutralität festgehalten hatte und damit für die Entente-Armee in Mazedonien keine Sicherheit im Rücken bestand, hatte dieObersteKriegsleitung mit der Möglichkeit eines Abbaus des feindlichen Saloniki-Unternehmens gerechnet. Mit der Abdankung des Königs und dem förmlichen Anschluß Griechenlands unter dem Ministerpräsidenten Venizelos an die Entente war es jedoch unwahrscheinlich geworden, daß die Westmächte ihre Truppen zurückziehen würden. Sie hätten damit den eben gewonnenen Bundesgenossen preisgegeben und auf seine mit etwa 300000 Mann zu veranschlagende Waffenhilfe verzichtet. Die deutsche Kriegführung rechnete daher im Sommer 1917 bis auf weiteres mit Verbleiben starker Entente-Truppen in Mazedonien. Vom Standpunkt der Gesamtkriegslage war das nicht unwillkommen, blieb doch auf diese Weise durch die Bulgaren, deren Kampfkraft auf anderen Fronten kaum zur Wirkung gebracht werden konnte, über eine halbe Million feindlicher Truppen fern von den entscheidenden Kriegsschauplätzen gebunden. Aus der gleichen Auffassung schrieb der österreichisch-ungarische Generalstabschef, General von Arz, am 3. Juli an Generäl Ludendorff: „Ich identifiziere mich mit der Ansicht Euerer Exzellenz, daß für uns keine Veranlassung vorliegt, die Entente zur Aufgabe der völlig verfehlten Saloniki-Operation vorzeitig zu veranlassen".
Der Verlauf der Front hatte sich seit der Einstellung der Entente-Angriffe im Frühjahr kaum geändert?). An die dünn besetzte österreichisch' ungarische Front in Albanien schloß vom oberen Skumbi bis östlich des
*) Anschluß an Bd. XII, S. 527. s) Gliederung im Juli 1917:
Unter der öst.-ung. Heeresleitung:
ö.-u. XIX. Korps (Gen. d. gnf. Trollmann).
Frontverlauf und Zahlenverhältnis.
401
Doiran-Sees die Heeresgruppe des Generals der Artillerie von Scholtz an. Sie zählte rund 270000 Mann, davon 70000 Mann deutsche Truppen, die vor allem bei der 11. Armee nördlich von Monastir und im Cerna-Bogen eingeseift waren; auch die höhere Besehlsführung lag bei dieser Armee großenteils in deutscher Hand (Generalkommandos z. b. V. Nr. 61 und 62). Die bulgarische 2. Armee stand im Anschluß an die Heeresgruppe mit rund 91000 Mann in starken Stellungen hinter der Struma bis zum Golf von Orfano. Österreichisch-ungarische Verbände waren in die Front der bulgarischen Heeresleitung nur in ganz geringer Zahl eingestreut. Die letzte türkische Division wurde Anfang Juli aus der Struma-Front weggezogen^; nur eine Abteilung von wenigen tausend Mann blieb im Seenabschnitt am Westslügel der Heeresgruppe Scholtz, da die türkische Heeresleitung aus politischen Gründen mit Truppen aus dem mazedonischen Kriegsschauplatz vertreten bleiben wollte.
Auf feindlicher Seite standen seit dem Abflauen der Frühjahrs-kämpfe 25V2 Divisionen, davon acht französische, sechs englische, zweieinhalb italienische, sechs serbische, eine russische und zwei griechische, in 450 Kilometer weitem Bogen vom Ägäischen Meer über den Doiran-See, Monastir, Prespa-See und Südalbanien bis zum Adriatischen Meer und deckten damit den neuen Bundesgenossen Griechenland. Mit rund 500000 Mann war der Feind den Mittelmächten nach wie vor erheblich überlegen. Den Befehl über die „Verbündeten Armeen im Orient", ausgenommen das italienische Korps in Albanien, führte wie bisher der französische General Sarrail. Ihre Versorgung, die sich fast ausschließlich auf den leistungsfähigen Hafen von Saloniki stützte, litt in unangenehmer Weise durch den Unterseekrieg der Mittelmächte.
Unterlegenheit an Zahl und Schwierigkeiten desNachschubs — er reichte kaum für die ruhig stehende Front — machte einen größeren Angriff der Mittelmächte nahezu unmöglich. Die Aufgabe blieb aber, den gegenüberstehenden Feind in voller Stärke zu binden. Ein von österreichischungarischer Seite Anfang Juli vorgeschlagener Angriff aus Korea, um dem Gegner die für seinen Westslügel wichtige Etappenstraße Santi Quaranta (südlich von Valona)—Florina zu sperren, mußte aus Mangel an Kräften unterbleiben. Erst recht aber konnte auf den Wunsch der Bul-
Mntec der bulgar. Heeresleitung, Gen. gekow mit Gen. gostow als Genst.Chef: Hgr. Scholtz (Genst.Chef: Obstlt. Graf von Schwerin):
II. Armee unter Gen. d. Fnf. von Steuden (Genst. Chef Obstlt. Kirch; ab 30. Sept. 1918 Obstlt. Lämmerhirt).
Bulg. 1. Armee unter Gen. Geschow.
Bulg. 2. Armee unter Gen. Todorow, seit Februar 1918 General Lukow. l) €. 420.
Weltkrieg. XIII. Bd.
26
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Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1317. Mazedonien.
8nlim",t Sslrcn ni<^ eingegangen werden, die nunmehr mit deutscher Hilfe am liebsten Griechenland angegriffen hätten. Dagegen wurde versucht, den Kampfwillen der Serben, die durch den fehlgeschlagenen Angriff im Mai erheblich enttäuscht waren, sowie der Russen und der königstreu gebliebenen Teile des griechischen Heeres durch Propaganda zu schwächen. Im übrigen lähmte die Hitze des Hochsommers zunächst jede Kampftätigkeit. Am 21. Juli urteilte die Heeresgruppe Scholtz: „Eine feindliche Offensive ist wohl erst nach dem Einsatz der Hauptkräste der griechischen Armee und nicht vor dem Herbst zu erwarten".
Auf der Gegenseite bestand wie schon bisher keine volle Übereinstimmung zwischen Engländern und Franzosen. Erstere sahen auf dem mazedonischen Kriegsschauplatz keine großen Erfolgsaussichten und waren daher für Verringerung ihrer Streitkräfte zugunsten der Palästina-Front; denn wichtiger als der Kampf auf dem Balkan erschien ihnen schon im Hinblick auf Indien ein schneller Sieg im Nahen Orient. Zwei britische Divisionen wurden daher im Lause des Sommers nach Palästina abgegeben; die verbleibenden vier erhielten dafür allerdings entsprechend mehr Ersatz. Andererseits sah die französische Heeresleitung jede Schwächung der mazedonischen Front als untunlich an wegen der Rückwirkungen auf den russisch-rumänischen Kriegsschauplatz, aus dem am 1. Juli die Kerenski-Osfensive begonnen hatte. Auch befürchtete sie ungünstigen Einfluß auf den gerade gewonnenen griechischen Bundesgenossen. Bor allem aber sah sie den Balkan-Kriegsschauplatz als das Sprungbrett an, von dem aus die Kriegführung der Mittelmächte in Europa wirksamer beeinflußt werden konnte als von Dorderasien aus. Übereinstimmung zwischen Engländern und Franzosen bestand nur darin, daß sie bis auf weiteres von Angriffshand-lungert absehen wollten.
Erst die Erfolge der Mittelmächte im Osten gaben der Entente den Anstoß zu neuen Unternehmungen an der mazedonischen Front. Täuschungsangriffen am Doiran-See, am Dobropolje und im Cerna-Bogen folgte, zur Entlastung der russisch-rumänischen Front bereits viel zu spät, eottob«t?/ öm b. September von Korea aus der Hauptangriff einer französischen Division gegen einen vorspringenden österreichisch-ungarischen Stellungs-teil südlich vom Ochrida-See. Am 10. fiel Pogradec. Die schwachen österreichisch-ungarischen Truppen wichen westlich des Sees bis zu 40 Kilometer nach Norden aus. Noch zweimal, Ende September und Ende Oktober, versuchte der Gegner, dort weiter vorzustoßen. Mittlerweile angelangte österreichisch-ungarische und bulgarische Verstärkungen geboten ihm Halt.
Unterdessen sah sich Italien nach dem Zusammenbruch seines Heeres in der 12. Isonzo-Schlacht genötigt, im November einen großen Teil seiner
Geringe Kampftätigkeit. Abgabe deutscher Tmppen.
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Truppen vom Balkan zurückzurufen. Zugleich ließ der neue Umsturz in 2u>»«mb«r reiz Rußland den Kampfwert der russischen Truppen vollends dahinschwinden; Msrz'lsis. sie wurden nach und nach abbesördert, die letzten Teile im Februar 1918.
Dafür trafen über Sibirien zwei in Rußland aus serbischen Freiwilligen aufgestellte Divisionen*) neu ein. Bon der griechischen Armee (neun Divisionen mit 110 000 Mann) standen bis Ende 1917 erst drei Divisionen mit 37000 Mann als rechter Flügel an der Front hinter dem Tahinos-See.
Weitere Kräfte waren bei den noch ungeklärten inneren Verhältnissen Griechenlands erst im Frühjahr 1918 zu erwarten. Reibungen mit Italien, dessen Truppen im nördlichen Epirus aus griechischem Boden sich festgesetzt hatten, erschwerten die Einheitlichkeit der Führung. Den Befehl über die Streitkräfte am Balkan, die sich bis zum Frühjahr 1918 auf 550000 Mann erhöhten, übernahm im Dezember General Guillaumat.
Auf seiten der Mittelmächte rechnete man einstweilen nicht mehr mit feindlichem Angriff; eher konnten Franzosen und Engländer durch den deutschen Angriff im Westen gezwungen sein, ihre Front am Balkan zu schwächen. Andererseits suchte die Oberste Kriegsleitung möglichst viele deutsche Truppen für den Westkriegsschauplatz frei zu bekommen, die durch bulgarische Truppen von der rumänischen Front abgelöst werden konnten. Dem aber widerstrebte Bulgarien, solange nicht der Friede mit Rumänien zustande gekommen und dabei die Dobrudscha-Frage gelöst war2). An der mazedonischen Front sollte neben den deutschen Kommandobehörden und Einzelformationen eine vollständige deutsche Division als Reserve hinter der Heeresgruppe Scholtz zurückbleiben. Fm März wurden sechs deutsche Bataillone und sechs schwere Batterien nach Deutschland, vier weitere Bataillone und kleinere Einheiten nach Palästina abbefördert und durch bulgarische Truppen ersetzt.
Aber bereits am 2. April erbat Generalfeldmarschall von Hindenburg, «p*« isis. um den Kräfteverbrauch der Großen Schlacht in Frankreich zu decken, die Zustimmung der bulgarischen Heeresleitung zur Abbeförderung der gesamten deutschen Infanterie sowie der Artillerie, letzterer soweit sie zahlenmäßig durch bulgarische erseht werden könne. General Iekow erkannte die militärische Berechtigung dieser Forderung an, machte aber geltend, daß die deutschen Truppen damit gerade in dem Augenblick abberufen würden, wo das Eingreifen des neuen Feindes Griechenland und daher noch eine ernste Aufgabe bevorstehe; der Abzug der deutschen Truppen würde aus die bulgarischen eine „Wirkung haben, deren Folgen nicht im voraus zu
*) Bd. XI, S. 51, Anm. 2.
8) 6.361 f.
26*
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Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Mazedonien.
ersehen sind". Ebenso sprach sich die bulgarische Regierung durch den Bevollmächtigten im Großen Hauptquartier, General Gantschew, ablehnend aus, wobei sie, im Gegensatz zur deutschen und österreichisch-ungarischen Auffassung, wie schon früher auf die Bestimmungen der Militär-Konvention von 1915 hinwies, nach der Deutschland und Österreich-Ungarn verpflichtet seien, je sechs Divisionen an der Balkan-Front zu halten1). Die Verhandlungen zogen sich bis zum Abschluß des Friedens mit Rumänien hin, der zugleich die vorläufige Einigung in der Dobrudscha-Frage brachte2).
Mar io» Am 7. Mai, dem Tage des Friedensschlusses, stimmte General Iekow der Abgabe von sechs deutschen Bataillonen und sechs Batterien unter der Voraussetzung zu, daß „nötigenfalls die erforderliche Hilfe gemäß den Vertragsverpflichtungen und rechtzeitig gebracht wird". Andererseits wünschte er, daß nunmehr auch die letzten türkischen Truppen die mazedonische Front verließen,' sie wurden noch im Mai abbefördert. Doch schon zwang der Bedarf der Westfront noch in demselben Monat zu neuen Forderungen der Obersten Kriegsleitung. Die deutschen Mannschaften der schweren Batterien sollten nach und nach herausgezogen, das Gerät den Bulgaren übergeben werden, etwa vom 1. August ab sollte der Rest der Infanterie und Feldartillerie folgen; weiteres Hinausschieben der Termine sei „nicht mehr möglich".
Unterdessen begannen sich an der Front die von General Iekow vorausgesagten Schwierigkeiten zu zeigen. Aus einen im Mai westlich vom Ochrida-See geplanten Gegenangriff zur Wiedergewinnung der im September 1917 verlorenen Stellungen mußte verzichtet werden, da die bulgarischen Truppen sich weigerten, anzugreifen. Am 30. Mat gab bulgarische Infanterie bei Huma westlich des Barbar ihre Stellungen vor griechischem Angriff ohne ernsten Widerstand auf. General von Scholtz meldete an die Oberste Heeresleitung: „Bulgarische Infanterie scheint versagt zu haben". Mit weiteren feindlichen Teilangrissen wäre zu rechnen, da „die dem Feinde durch Überläufer und Gefangene bekannte schlechte Stimmung der bulgarischen Infanterie hierzu ermutigen wird". Ein bulgarischer Gegenangriff sei nicht möglich „wegen Zustandes der dafür bestimmten bulgarischen Infanterie". Er sah daher die ihm jetzt noch verbliebenen drei deutschen Bataillone als „Mindestmaß" an; ihr Ausscheiden sei davon abhängig, ob der Feind stärkere Teile seiner verfügbaren französischen und englischen Reserven nach Frankreich abbefördere, und wie weit sich der Wert der bulgarischen Armee in den nächsten Wochen wieder bessere2).
*) Bd. XI, S. 342.
2) 6.361 f.
3) Regelmäßige „Beurteilung der Lage" vom 8. guni.
Nachlassen der bulgarischen Kampfkraft.
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Am 16. Juni trat das Ministerium Radoslawow zurück. Deutschland gern. verlor in dem scheidenden Ministerpräsidenten einen zuverlässigen Freund.
Man warf ihm vor, daß er Bulgariens Belange in der Dobrudscha nicht nachdrücklich genug vertreten habe. Ob der neue Ministerpräsident Malinow in der gleichen Bundestreue wie sein Vorgänger zu den Mittelmächten halten werde, stand dahin. Am 17. Juni nahm General gekow zu dem neuen Verlangen der Obersten Heeresleitung auf Truppenabgabe Stellung. Er wies nach Anhörung seiner Regierung und zweiwöchiger Fühlungnahme mit Führern und Truppen der Front wiederum darauf hin, daß jede weitere Schwächung in Mazedonien höchst gefährliche Rückwirkungen haben könne. Rach dreijährigem, „oder richtiger gesagt nach sechsjährigem" Kriege (seit 1912) befinde sich die bulgarische Armee, schlecht bekleidet wie auch sehr schlecht verpflegt, in einem moralischen Zustande, der ihm äußerste Sorge bereite. Dem bulgarischen Heere von 14 nicht aufgefüllten Divisionen, aber ohne jede Reserve, ständen jetzt 25 feindliche Divisionen (vier englische, acht französische, sec§s serbische, eine italienische, sechs griechische) gegenüber, die alsbald durch weitere sechs griechische verstärkt werden könnten. Er habe „die große Befürchtung, daß die bulgarische Armee mit ihren schwachen Kräften und geringer Ausrüstung nicht in der Lage sei, bis zum Ende des Krieges den starken Druck des übermächtigen Gegners auszuhalten".
Demgegenüber wies Generalfeldmarschall von Hindenburg am 19. Juni darauf hin, daß die bulgarischen Divisionen meist doppelt so stark wie die feindlichen feien1); die serbischen Divisionen wären aus Regimentsstärke zusammengeschrumpft, die griechischen minderwertig und die französischen hätten ihre jungen Mannschaften bereits an die Westftont abgegeben; dem Gegner fehlten also die Mittel zum Angriff. Immerhin wolle er die deutsche Infanterie noch über den 1. August hinaus an der mazedonischen Front belassen.
Obgleich an demselben 19. Juni auch Reichskanzler Graf Hertling aus politischen Gründen sich bei der Obersten Heeresleitung sehr nachdrücklich für Belassung der deutschen Truppen einsetzte, blieb es angesichts der überaus ernsten Ersatzlage des deutschen Heeres bei der getroffenen Entscheidung. Ende August befanden sich außer Kommandobehörden und Stäben atagaf*. nur noch dreiBataillvne,!? Gebirgs-Maschinen-Gewehr-Kompanien, 50Bat-terien, dazu Luftstreitkräfte, Nachrichten-Truppen und Etappenpersonal mit einer Verpflegungsstärke von 33000 Mann an der mazedonischen Front.
Unterdessen mehrten sich die Anzeichen für weiteres Nachlassen des bulgarischen Kampfwillens. Es wurde von deutscher Seite mit
') Dgl. Bd. IX, 6.231.
406__________Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Mazedonien.
«-g-st 1918. allen Mitteln bekämpft. Militärische Fachschulen und Übungslager hinter der Front sollten mit besserer Beherrschung der Waffe auch Selbstvertrauen und Kampflust des einzelnen Mannes heben. Für reichlichere Verpflegung und bessere Ausrüstung konnte aber deutscherseits bei der eigenen Notlage und den bestehenden Nachschubschwierigkeiten nicht viel getan werden. Trotzdem ging den Bulgaren deutsche Bekleidung zu. An Lebensmitteln litt Bulgarien an sich kaum Not, es fehlte nur an Organisation und Verkehrsmitteln für zweckmäßige Verteilung. So sah sich das Heeresgruppen-kommando mehrfach genötigt, auch mit deutschen Verpslegungsbeständen dem notleidenden, hungernden bulgarischen Bundesgenossen auezuhelfen. Damit aber waren die Übelstände nicht mehr zu beseitigen. Der bulgarische Soldat sah, daß nicht nur seine Gegner, sondern auch der deutsche Bundesgenosse in so vieler Hinsicht besser gestellt war als er selbst, und damit fand die feindliche Propaganda, die von der in Sofia verbliebenen amerikanischen Vertretung wirksamste Stützung erhielt, einen günstigen Nährboden. Schon Ende Juni hatte General von Scholtz „schwere ünbotmäßigkeiten" bei der Infanterie gemeldet, Anfang August: „Zahl der sich ins Hintergelände entfernenden bulgarischen Mannschaften nimmt zu"1). Das Versanden der deutschen Offensive in Frankreich und vollends die Nachrichten von den schweren Rückschlägen des 18. Juli und 8. August taten ein übriges, die Haltung der Bulgaren ins Wanken zu bringen. Am 17. August meldete die Heeresgruppe Scholtz: In der bulgarischen Armee werde dafür agitiert, daß die Mannschaften im September die Waffen niederlegen und nach Hause gehen sollten; als Termin werde der 23. September genannt. Diese Gerüchte seien auch der bulgarischen Heeresleitung bekannt. Am 31. August wurde gemeldet, daß Desertionen und überlaufen zum Feinde anhielten; „Gerüchte über im September bevorstehende Meutereien mehren sich".
An der Front in Mazedonien hatte den Sommer über Ruhe geherrscht. In Albanien hatten Italiener und Franzosen im Juli Berat genommen. Im Gegenangriff warf das ö.m. XIX. Korps, nunmehr unter Generaloberst Freiherrn von Pflanzer-Baltin-), den Gegner bis Ende
2 In einer von Gen. von Mertz im guni 1940 zur Verfügung gestellten Tagebuchaufzeichnung aus dem Fahre 1918 über Vortrag des Obstlt. Grafen Schwerin bei Sen. Ludendorff am 25. Juli heißt es: „Er erklärte uns ganz offen, daß die Heeresgruppe für nichts mehr die Verantwortung übernehmen könnte, wenn wir noch den Rest von deutschen Kampftruppen aus der mazedonischen Front nehmen würden... Die Schilderungen, die er mir über die Heeresversorgung der bulgarischen Truppen machte, lauteten geradezu erschütternd. Wie sich die bulgarischen Soldaten im Falle eines gegnerischen Angriff» schlagen würden, sei nicht vorauszusehen."
*) Bd. XI, 6.355.
Beginn des Angriffs der Entente.
407
August im wesentlichen wieder in seine Ausgangsstellungen zurück. Inzwischen schienen aber auch in Mazedonien Kämpfe bevorzustehen. Am 31. August meldete die Heeresgruppe Scholtz nach Spa: „Nachrichten über bevorstehende größere feindliche Angriffe verdichten sich. Sie sind bei 11. Armee besonders am und beiderseits des Dobropolje, bei bulgarischer I. Armee südlich Huma und beiderseits des Vardar zu erwarten". Die gleiche Feststellung machte die Lagenbeurteilung vom 14. September.
2. Der Zusammenbruch der mazedonischen Front.
a) 9er französisch-serbische Angriff. 14. bis 20. September.
Ende Juni hatte der inzwischen durch abermaligen Wechsel zum Oberbefehlshaber der Saloniki-Armee ernannte General Franchet d'Esperey die Weisung erhalten, mit Rücksicht aus die Gesamtlage zum Angriff überzugehen. Die Verhältnisse wären dafür besonders günstig angesichts der eigenen Stärke und der kriegsmüden Stimmung der Bulgaren, die sich von den Deutschen im Stich gelassen fühlten. General Franchet d'Esperey entschloß sich zum Durchbruch aus dem Dobropolje. Er verfügte Mitte September über 28 Divisionen (acht französische, vier englische, sechs serbische, neun griechische, eine italienische). Zum Durchbruchsangriff setzte er davon aber nur fünf Divisionen an, zwei französische und drei serbische.
Aach gelungenem Einbruch sollten sie so schnell als möglich auf Krivolak—
Gradsko vorstoßen, um die feindliche Front vollends zu zerreißen.
Am 14. September eröffnete der Feind an der ganzen Front starkes i4.s«pt«mb». Artilleriefeuer, das sich mit besonderer Heftigkeit gegen die Stellungen der bulgarischen 2. und 3. Division der 11. Armee richtete1). Im Morgengrauen des folgenden Tages griffen hier zwei französische und eine serbische Division in etwa 15 Kilometer Breite an und erzielten bis gegen Mittag an einzelnen Stellen Erfolge. Da der Angriff gegen einen der von Natur stärksten Abschnitte der bulgarischen Gebirgssront erfolgte, wo ihm auch zahlenmäßig schwacher Widerstand größte Schwierigkeiten bereiten
*) Gliederung Mitte September:
Unter der öst.-ung. Heeresleitung:
Armeegruppe Albanien unter Gen. Ob. von Pflanzer-Baltin (ö.-u. XIX. Korps).
Unter der bulgar. Heeresleitung:
Heeresgruppe Scholtz wie bisher mit:
II. Armee (Gen. Kdo. 62 und 61 mit zus. 7 Div.).
Bulg. 1. Armee (3 Div.).
Bulg. 2. Armee (3 Div.).
Dulg. 4. Armee, Dezember 1917 neugebildet, (etwa 1 Div.).
14. bis 20. September ISIS.
408 Kämpfe an den Nebensronten seit Sommer 1917. Mazedonien.
konnte, und da die örtlichen Reserven sich bereits dem Kampffeld näherten, hoffte der Oberbefehlshaber der 11. Armee, General von Steuben, den feindlichen Stoß noch in der I. Stellungszone aufzufangen. Vorzeitige Rückzugsbefehle der angegriffenen bulgarischen Divisionen machten diese Hoffnung zunichte. Bis zum Abend erweiterte der Feind, der in den Mittagsstunden noch zwei frische serbische Divisionen in den Kamps geworfen hatte, den Einbruch auf rund elf Kilometer Breite. Nachhaltiger Widerstand sollte nun in der II. Stellung geleistet werden. Heeresgruppe und 11. Armee hatten hierzu ihre Reserven in der Gesamtstärke von etwa einer Brigade zur Verfügung gestellt. Die am 16. September früh wieder auslebenden serbisch-ftanzösischen Angriffe führten jedoch bis zum Abend zum Verlust auch der II. Stellung. Die bulgarische Kampfkraft ließ sichtlich nach. Mit dem Entschluß der bulgarischen 2. Division, hinter die Cerna zurückzugehen, siel am 17. September auch die HI. und letzte Stellung. Ebenso gab es bei der bulgarischen 3. Division kein Halten mehr; mit ihrem rechten Flügel wich sie hinter die Belaznica zurück. Damit war die Verbindung zwischen den beiden angegriffenen Divisionen in Frage gestellt. Kräfte, um dem feindlichen Vordringen an dieser Stelle Halt zu gebieten, waren nicht vorhanden. Der Durchbruch durch die bulgarische Front in einer Tiefe von 15 und einer Breite von 30 Kilometern war nahezu vollzogen, die Bahnlinie Nisch—Gjevgjeli und damit die Lebensader der Heeresgruppe Scholtz unmittelbar bedroht.
Bereits am 15. September abends hatte General von Scholtz das bedenkliche Nachlassen der bulgarischen Widerstandskraft an die Oberste Heeresleitung gemeldet, tags darauf erbat er eine deutsche Division. Zugleich beantragte die bulgarische Heeresleitung, bei der soeben General Todorow an die Stelle des erkrankten Generals Iekow getreten war, „schnellstens Verstärkungen in Höhe von wenigstens sechs Divisionen mit zugehöriger schwerer und leichter Artillerie", und Zar Ferdinand unterstützte diese Bitte an die Oberste Kriegsleitung noch besonders. Aber die schweren Kämpfe im Westen beanspruchten bereits alle deutschen Kräfte. Nur ganz geringfügige Verstärkungen wurden in Aussicht gestellt. Generalfeldmarschall von Hindenburg antwortete dem Zaren: „Der ganze Kriegsausgang würde aufs Spiel gesetzt, wenn jetzt eine Schwächung dieser Front (Westfront) vorgenommen würde. Demgegenüber muß die Aufgabe weiteren Geländes in Mazedonien, sofern die bulgarischen Truppen nicht in den jetzigen Linien durchhalten sollten, im Interesse des Ganzen in den Kauf genommen werden".
Die bis zum 20. September bei der Obersten Kriegsleitung eingehenden Meldungen zeigten die zunehmende Auflösung der bulgarischen
Zusammenbruch des bulgarischen Widerstandes.
409
Infanterie im Hauptkampfraum, wenn auch einzelne Teile sich nach wie vor sehr brav hielten. Sollten die Cerna- und Belaznica-Linie verloren gehen, so hielt General von Scholtz die Zurücknahme der anschließenden Fronten für unvermeidlich. Die bulgarische Heeresleitung und Zar Ferdinand wiesen nachdrücklich aus die ernsten Folgen hin: Eine allgemeine Zurücknahme der Front wäre der erste Schritt zum völligen Zerfall der bulgarischen Widerstandskraft. Die äußersten Anstrengungen wurden gemacht, die geschlagenen Truppen in den am 17. September eingenommenen Stellungen zum Stehen zu bringen und ihnen Verstärkungen zuzuführen. Damit gelang es bis zum 20. September, die Reste der bulgarischen 2. Division hinter der Cerna festzuhalten, dagegen hatte sich der Rückzug der bulgarischen 3. Division in der Richtung auf den Vardar-Abschnitt Gradsko —Demirkapu nicht verhindern lassen.
b) Bis zum Abschluß des Waffenstillstandes durch Bulgarien.
Der feindliche Durchbruch zwischen Cerna und Vardar hatte am 20. September bereits 40 Kilometer Breite und Tiefe erreicht. In der Richtung auf Gradsko hatte sich der Gegner auf zehn Kilometer der Bahn im Dardar-Tal genähert. Längeres Stehenbleiben beiderseits des Ein-bruchraumes gefährdete das Schicksal der Anschlußfronten. Unter Belastung des rechten Flügels in seinen Stellungen vom Skumbi bis nördlich von Monastir wurde die Front der 11. Armee auf die Höhen südlich von Prilep und Gradsko zurückgenommen. Die noch kampfkräftigen Teile der bulgarischen 3. Division sollten den Vardar-Abschnitt Krivolak—Demirkapu halten, die bulgarische 1. Armee mit rechtem Flügel hinter den Vardar, mit Mitte und linkem Flügel aus die bulgarische Grenze nördlich des Doiran-Sees zurückgehen. Damit wollte man versuchen, den feindlichen Angriff aufzufangen und den Bulgaren einen ihnen aus geschichtlichen Erinnerungen besonders teuren Teil Mazedoniens zu sichern.
Aber auch die neue Front ließ sich nicht halten. Bei Prilep brach der bulgarische Widerstand am 21. und 22. September zusammen. Ein Durchbruch des Gegners nach Veles und Asküb rückte in drohende Nähe. Auch die Reste der bulgarischen 3. Division am Vardar hielten nicht mehr; die bei ihr eingesetzten Verstärkungen wurden in ihren Rückzug mitgerissen. Nur schwache deutsche und bulgarische Truppen hielten noch den Flußabschnitt Gradsko—Krivolak, dem der Gegner sich mit starken Kräften näherte. Die Auslösung der bulgarischen Infanterie hatte weitere Fortschritte gemacht und begann aus die bulgarische 1. Armee überzugreifen.
Die westlich des Einbruchsraumes befindliche Front vom Skumbi bis westlich von Monastir lief bereits Gefahr, von ihren nach Norden und
ZI.««» 22. September.
112___________Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer Mazedonien.
a'eZT"^dosten laufenden Verbindungen abgeschnitten und in das unwegsame albanische und montenegrische Hochland abgedrängt zu werden. Bisher hatte die Heeresgruppe den Entschluß, die fast drei Jahre gehaltene Front preiszugeben, hinausgezögert. Politische Erwägungen, die Zar Ferdinand und die bulgarische Heeresleitung mit besonderem Nachdruck vorbrachten waren dabei stark ins Gewicht gefallen, denn weiterer Rückzug bedeutete die Aufgabe des bulgarischen Siegespreises Mazedonien, für den das bulgarische Volk in den Krieg getreten war und drei Fahre Opfer gebracht hatte. Es war zu befürchten, daß unter der Wucht dieser Erkenntnis der Widerstandswille des bulgarischen Volkes vollends zusammenbrechen würde. Der bulgarische Sonderfriede, von dem schon seit dem Herbst 1917 mehrfach gesprochen worden war, stand dann drohend vor der Tür.
Aber die militärischen Gesichtspunkte beanspruchten den Vorrang, um so mehr als der Rückzug durch wegearmes Gehirgsland führte, das für den Marsch wie für die Verpflegung der Truppen allergrößte Schwierigkeiten tot1). Der Weg nach Norden führte für alle Teile über Üsküb. Am 22. September gab General von Scholtz den Rückzugsbefehl. Die 11. Armee hatte mit ihrem Westflügel unter Generalleutnant Fleck (Generalkommando 62) aus dem Abschnitt Ochrida-See—Prilep über die Linie Debra-Kicevo-Brod und, den Wegeverbindungen entsprechend, weiter über Kalkandelen Üsküb zu erreichen. Um ihm die hierzu nötige Zeit zu verschaffen, sollte der Ostflügel der Armee unter Generalleutnant Surfen (Generalkommando 61) solange als möglich das Vardar-Tal bei Veles sperren und später gleichfalls auf Üsküb und östlich zurückgehen. Die bulgarische 1. Armee hatte feindliches Vordringen über die Linie Stip— Strumica zu verhindern und an die noch an der Struma stehende bulgarische 2. Armee Anschluß zu halten. Die Rückzugsbewegung bedingte auch die Zurücknahme der österreichisch-ungarischen Front in Albanien, zunächst hinter den Skumbi beiderseits von Elbasan. In der neuen Front vom Adriatischen Meer über Üsküb—Veles bis zur bulgarischen Grenze bei Strumica wollte man weiterem feindlichen Vordringen nach Alt-Serbien und Bulgarien hinein Widerstand leisten. Um dem Gegner das Nach-drängen zu erschweren, wurde weitgehende Zerstörung aller Kunstbauten, vor allem an der Bahn im Vardar-Tal angeordnet und in den nächsten Tagen auch ausgeführt?).
. „ ])939,1 9361 IX< S. 264s., 271, 297 und 312f. sowie Karte 5, die auch Gelände-darstellung enthält.
'- Wenngleich die Zerstörung des großen Tunnels von Demirkapu nicht voll geglückt zu sein scheint, waren doch die Zerstörungen in ihrer Gesamtheit so wirksam, daß der durch-aufen e Verkehr erst am 16. Dezember wieder aufgenommen werden konnte.
Rückzugskämpfe der 11. Armee.
411
Unter Nachhutkämpfen mit französischen und italienischen Truppen vollzog sich vom 23. September ab die Zurücknahme der Front Ochrida-See—Prilep auf Kalkandelen. Am 29. September näherten sich die Anfänge von Westen her Üsküb. Weniger günstig verlies der Rückzug der drei stark mitgenommenen Divisionen des Oftflügels der 11. Armee. Gradsko ging am 24., Stip am 25. und Veles am 26. September verloren. Damit stand der Gegner im Vardar-Tal 45 Kilometer südlich von Üsküb. In Stellungen, die von der Einmündung der Pcinja in den Vardar bis auf die Hochfläche des Ovce Polje reichten, sollte nunmehr feindliches Vordringen gegen die Linie Üsküb—Kumanovo verwehrt werden. Bei der Bedeutung der Stadt Üsküb für die weiteren Operationen hatte General von Scholtz dort bulgarische und deutsche Kräfte bereitgestellt. Aber die Bulgaren waren am Ende ihrer Kräfte. Im Morgengrauen des 29. September löste ein Überfall westlich des Vardar vorgehender feindlicher Kavallerie eine Panik aus. Üsküb ging verloren, am folgenden Tage sollte es zurückerobert werden.
Der drohende Zusammenbruch Bulgariens hatte dieObersteKriegs-leitung unterdessen genötigt, sich zu neuer Waffenhilfe zu entschließen. Am 22. und 23. September hatte sie die Überführung des Alpenkorps von der Westfront und der 217. Infanterie-Division aus Rumänien nach Mazedonien angeordnet, einige Tage später auch der 219. Infanterie-Division aus dem Baltikum. Die österreichisch-ungarische Heeresleitung hatte ihre 9. und 30. Infanterie-Division überwiesen; die Frage der Entsendung von drei weiteren österreichisch-ungarischen Divisionen schwebte noch. Damit wurde unter Hintansetzung der Bedürfnisse des italienischen und französischen Kriegsschauplatzes ein letzter Versuch gemacht, den Zusammenbruch Bulgariens mit allen seinen Auswirkungen zu verhindern. Zugeständnisse in der Dobrudscha-Frage sollten in der gleichen Richtung wirken.
Die bulgarische Heeresleitung hatte der Obersten Kriegsleitung den Ernst der Lage nicht vorenthalten. Am 24. September hatte General Todorow bei weiterem Andauern der Rückschläge eine „sichere Katastrophe" vorausgesagt. Zur Wiederherstellung der Lage hielt er schnelles Eingreifen von zehn Divisionen der Mittelmächte für erforderlich. Auch Zar Ferdinand machte in einem Telegramm an Kaiser Wilhelm vom 25. September auf den außerordentlichen Ernst der Lage aufmerksam: „Der Schlag an der mazedonischen Front ist das Verhängnis für alle".
In ihrer Antwort vom 27. September bezeichnete die Oberste Kriegsleitung als Hauptaufgabe: „Zeit für den Aufmarsch der im Antransport befindlichen deutschen und österreichisch-ungarischen Kräfte bei
SU
29. September.
412 Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Mazedonien.
Tir r”*mfu und südlich Nisch zu gewinnen"; dies setze die Deckung von Alt-Serbien
r»t». voraus. Weitere Ausgabe sei, einen feindlichen Einbruch in Bulgarien zu
verhindern. „Gelingen diese Ausgaben, dann werden wir imstande sein, aus unserer neuen Krästegruppierung heraus die Offensive von Norden her wieder aufzunehmen". Das Telegramm schloß: „Wir kommen mit allen verfügbaren Truppen zur Hilfe und zur Rettung".
Aber die Entwicklung war bereits zu weit vorgeschritten. Die öfter-reichisch-ungarischeFriedensnote vom 14. September*) wirkte sich aus.Nach-richten aus Sofia ließen erkennen, daß die Führung des Staates dem Zaren allmählich aus den Händen glitt. Die militärische Hilfe kam nach bulgarischer Ansicht zu spät und erschien auch unzureichend. Bereits am 24. September hatte Ministerpräsident Malinow im Kabinettsrat beantragt, auch ohne Zustimmung der Verbündeten Verhandlungen mit den Gegnern einzuleiten. Auf entschiedenen Einspruch des Zaren war die Entscheidung vertagt worden. Aber bereits am Tage daraus veranlaßte die Nachricht, daß meuternde Truppen auf dem Marsche nach Sofia seien,
den Ministerpräsidenten dazu, aus eigener Machtvollkommenheit eine Waffenstillstandskommission nach Saloniki zu senden. Im Lande brachen Unruhen aus. Die Republik wurde ausgerufen und das Herrscherhaus für abgesetzt erklärt. Es gelang zwar, die Unruhen zu unterdrücken, aber den vom Ministerpräsidenten eingeleiteten Schritt konnte Zar Ferdinand nicht rückgängig machen. Die 217. Infanterie-Division wurde nach Sofia geleitet, um dessen wankende Stellung zu stützen. Aber am 29. September vernichtete die Nachricht, daß nun auch Äsküb in serbische Hand gefallen sei, die letzten Hoffnungen aus erfolgreichen Widerstand.
Am Abend dieses Tages unterzeichneten die bulgarischen Unterhändler in Saloniki die englisch-französischen Waffenstillstands-Bedingungen. Sie umfaßten: Sofortige Räumung der besetzten griechischen und serbischen Gebiete, Kriegsgefangenschaft der noch südwestlich von Usküb stehenden bulgarischen Truppen, Demobilmachung des Heeres bis auf drei Divisionen und Durchmarschrecht für die Entente durch Bulgarien. Als Gegenleistung war die Erhaltung des bulgarischen Gebietsstandes zugestanden.
Zu dieser Zeit stand die bulgarische 1. Armee in starken Stellungen an der bulgarisch-serbischen Grenze mit dem rechten Flügel bei Kriva-Palanka. Die bulgarische 2. und 4. Armee hielten noch ihre bisherigen Stellungen an der Struma. Die bei ihnen befindlichen wenigen deutschen Truppen waren zur bulgarischen 1. Armee in Marsch gesetzt.
*) Näheres Bd. XIV.
Das Ausscheiden Bulgariens.
413
c) Der Rückzug der deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen
aus Serbien.
Nach Ausfall der bulgarischen Wassenhilfe versuchte die Oberste Kriegsleitung eine neue Front in Serbien auszubauen, um „die Donaulinie aktiv zu verteidigen" und Rumänien, dessen Öl für die Kriegführung unentbehrlich war, gegen feindlichen Angriff zu schützen. Die Verstärkung der Abwehr-Front mußte sie angesichts der schweren Belastung im Westen im wesentlichen Österreich-Ungarn überlassen. Der Verbündete, durch die neue Entwicklung am unmittelbarsten bedroht, führte denn auch eine weitere Infanterie- und eine Kavallerie-Division aus dem Osten heran. Damit waren im ganzen drei deutsche und drei österreichisch-ungarische Divisionen auf dem Wege nach Serbien.
Noch aber hoffte man aus die Möglichkeit eines Umschwunges in Bulgarien. Die Heeresgruppe Schottz sah, wie sie am 30. September der Obersten Kriegsleitung meldete, ihre Hauptaufgabe darin, den „Aufmarsch der neuen Divisionen in Gegend Nisch unbedingt zu sichern und gleichzeitig Lage in Sofia nach Möglichkeit zu stützen". Mit ununterbrochener Fortsetzung der feindlichen Operationen mußte gerechnet werden. General von Scholh erwartete den Vormarsch der Engländer und Griechen nach Osten aus Konstantinopel, den der Franzosen und Serben nach Norden gegen die Donau. Zunächst galt es, die deutschen Truppen möglichst schnell aus den bulgarischen Armeen herauszulösen. Die bei der 11. Armee eingesetzten Teile sollten sich bei Pristina—Vranje sammeln, um im Verein mit der inzwischen bei Vranje ausladenden ö.-u. 9. Infanterie-Division das Vordringen des Gegners auf Nisch zu verhindern; die deutschen Einheiten der bulgarischen 1., 2. und 4. Armee wurden zur 217. Infanterie-Division aus Sofia in Marsch gesetzt. Eine Meldung der Heeresgruppe vom 2. Oktober schloß mit der Feststellung: „Im ungünstigsten Fall Beschränkung auf Verteidigung Nord-Serbiens, mit jetzigen Kräften für Angriff zu schwach ... Aus die Dauer ... wird Durchbruch starker feindlicher Kräfte mit den vorhandenen Truppen nicht verhindert werden können..."
Mit dem am 3. Oktober durch die bulgarische Friedenspartei erzwungenen Thronverzicht des Zaren Ferdinand zugunsten seines ältesten Sohnes schwanden auch die letzten Hoffnungen auf einen günstigen Umschwung in Bulgarien. Wie in Sofia selbst die Lage von deutscher Seite beurteilt wurde, zeigt ein Bericht des Militärbevollmächtigten von jenem Tage. Oberst von Massow meldete: „Feind scheint alles an die Rückeroberung Serbiens zu setzen. Vormarsch auf altbulgarische Grenze bisher nirgends festgestellt. Wahrscheinlich sind Griechen und Serben durch ge-
Nach dem 29. September.
Anfang
Oktober.
414
Kämpfe an den Äebenfronten seit Sommer 1317. Mazedonien.
Mn ma.^eime Klausel des Vertrages verpflichtet, Alt-Bulgarien nicht zu betreten,
während bulgarische Regierung sich gegen entsprechende territoriale Zugeständnisse eintretendenfalls zwingen lassen wird, gegen Türkei zu marschieren. Bis auf Wochen hinaus ist bulgarisches Heer hierzu nicht fähig. Rach uns gemachten vertraulichen Eröffnungen wird bulgarische Heeresleitung, falls Feind die Heeresfolge Bulgariens erpreßt, hinhalten, wie Griechenland es tat ..
General Franchet d'Esperey wußte, daß nach dem Ausfall Bulgariens nur geringfügige und durch die vorhergegangenen Kämpfe geschwächte deutsche und österreichisch-ungarische Truppen seinem Vormarsch gegen die Donau entgegentreten würden, daß aber jeder Zeitverlust den Mittelmächten die Heranführung von Verstärkungen erlaube. Er befahl der östlich von Äsküb stehenden serbischen 1. Armee (drei schwache Divisionen), am 1. Oktober auf der einzigen brauchbaren Straße, das Tal der Süd-Morawa abwärts, auf Risch vorzustoßen, das am 8. Oktober erreicht werden sollte. Auf den Ansatz weiterer Truppen in dieser Richtung mußte er verzichten angesichts der Unmöglichkeit, für mehr als die serbische 1. Armee den Nachschub über Üsküb zu leisten. Die übrigen Kräfte wurden bereit gehalten zum Vormarsch entlang der Küste des Ägäischen Meeres auf Konstantinopel sowie für den etwa notwendig werdenden Einmarsch in Alt-Bulgarien.
Bereits am 3. Oktober griff die serbische 1. Armee, auf beiden Flügeln von starker Reiterei begleitet, die ö.-u. 9. Infanterie-Division südlich von Vranje mit starker Übermacht an. Die Division, die mit 3300 Gewehren einen Abschnitt von 15 Kilometern und darüber zu halten hatte, wurde von Stellung zu Stellung zurückgedrängt, wobei ein Teil der zugeteilten deutschen Batterien verlorenging. Serbische Banden im Rücken der kämpfenden österreichisch-ungarischen und deutschen Truppen vermehrten die Einbuße an Menschen und Gerät. Dem Fall von Vranje am 3. Oktober folgten trotz Einsatzes der übrigen deutschen Truppen des Generals Sur6n weitere Geländeverluste, so daß die zur Verteidigung sehr geeignete Enge des Morawa-Tales von Vranje bis Lescovac ausgegeben werden mußte. Unter steten Kämpfen näherte sich der Rückzug am 9. Oktober Risch. Die ö.-u.-9. Infanterie-Division zählte nur noch 500 Gewehre, ein zugeteiltes deutsches Jäger-Bataillon noch 38. Außer den Verlusten der vierzehntägigen Kämpfe vom 15. bis 30. September inmitten des bulgarischen Zusammenbruchs hatten auch die nach der bulgarischen Waffenstreckung erforderliche Loslösung und der schwierige Rückmarsch große Einbuße, namentlich an Geschützen und Fahrzeugen verursacht, deren Mitnahme an schlechten Wegen, Erschöpfung der Zugtiere oder Mangel an Betriebsstoff gescheitert war.
Rückzugstämpfe in Serbien.
415
Während dieser Rückzugskämpfe hatten sich die unter General Fleck chm«. zurückmarschierenden deutschen Einheiten, zumeist technische Truppen, in äußerst beschwerlichen Gebirgsmärschen über Pristina—Kursumlija durchgeschlagen; ihre Gesechtskrast war begrenzt. Unterdessen hatten die Ausladungen der anrollenden Verstärkungen im Raum von Risch begonnen.
Dorthin wurde auch die 217. Infanterie-Division von Sofia herangezogen.
Aber erst für Mitte Oktober konnte General von Steuben damit rechnen, die 219. Infanterie-Division und das Alpenkorps vollzählig zur Hand zu haben. Aus den sonst noch bei der Heeresgruppe befindlichen deutschen Truppenteilen wurde die 6. Reserve-Division*) neu ausgestellt. Mit Eintreffen der ö.-u. 30. und 59. Infanterie-Division war erst für die zweite Oktoberhälfte zu rechnen. Mitte Oktober zählte die ganze 11. Armee nicht mehr als 13000 Gewehre!
Aus der zunehmenden Bedrohung Ungarns hatte sich unterdessen ergeben, daß die Leitung der Operationen aus dem serbischen Kriegsschauplatz an die österreichisch-ungarische Heeresleitung überging, zumal da die Bewegungen in Serbien mit denen in Albanien in Einklang zu bringen waren. Am 8. Oktober hatte Feldmarschall Freiherr Köveß von Köveßhaza?) den Befehl über die Heeresgruppe in Albanien und Serbien übernommen, General von Scholh, zur Heeresgruppe Mackensen übertretend, den Donauschutz in Rumänien. Die 11 .Armee mit vier deutschen und drei österreichisch-ungarischen Divisionen«) gehörte künftig zur Heeresgruppe Köveß.
Die dieser Heeresgruppe von der österreichisch-ungarischen Heeresleitung gestellte Aufgabe, Alt-Serbien und Montenegro durch Verteidigung in der Linie Ipek—Risch möglichst in der Hand zu behalten, erwies sich bald als undurchführbar. Angesichts der Unterlegenheit an Zahl und des mangelhaften Zustandes der Truppen mußte die Preisgabe von ganz Serbien in Rechnung gestellt werden. In diesem Fall sollte die Heeresgruppe „die Verteidigung der Grenzen der Monarchie" hinter die Donau/Save-Linie und an die Ostgrenze Bosniens verlegen. Die Armeegruppe Albanien, die am 12. Oktober mit dem Anfang Skutari erreichte, sollte im Falle der erzwungenen Räumung Montenegros die Reichsgrenze im Raume von Cattaro verteidigen.
*) Die Div. war im August im Westen aufgelöst worden (Dd. XIV). S) Bisher Oberbefehlshaber der ö.-u. Ostarmee in der Ukraine.
*) Gen. Kdo. XXXIX. R. K. mit Alp. K. und ö.-u. 30. g. D.
Gen. Kdo. 53 mit 217. und 219. g. D.
6. R. D. (in der Bildung begriffen), ö.-u. 9. und 59. g. D.
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Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Mazedonien.
«tob«»iS. Unterdessen hatte die Saloniki-Armee die Aufgabe erhalten, über Rumänien in das südliche Rußland vorzudringen, um mit den der Entente treu gebliebenen Teilen des russischen Heeres und tschechischen Freiwilligen-Verbänden eine neue Ostfront gegen die Mittelmächte zu bilden. Dem mußte aber die Zurückdrängung der deutschen und österreichisch-ungarischen Kräfte über die Donau vorangehen. Wie bisher blieb dies auf serbischem Gebiet im wesentlichen serbischen Truppen vorbehalten. Andere Teile der Saloniki-Armee wurden in westlicher Richtung angesetzt, um Montenegro zu befreien und zum Adriatischen Meer vorzustoßen. Wieder andere hatten im Vorgehen östlich der serbischen Armee, also teilweise durch bulgarisches Gebiet, die Donau zu erreichen, um so schnell als möglich die Stromschiff-fahrt der Mittelmächte zu unterbinden. Die durch französische und griechische Truppen verstärkte britische Orient-Armee wurde gegen die Türkei angesetzt.
Vom 9. Oktober ab kam es zu Kämpfen um den Besitz von Risch. Zn der Nacht zum 12. Oktober mußte General von Steuben die Stadt aufgeben und die 11. Armee, die erst mit der Hälfte ihrer Truppen kampfbereit war, in die Linie Krusevac—Aleksinac zurücknehmen. Am 19. Oktober rückte die serbische 1. Armee mit starken Kräften von Risch weiter gegen Norden vor, die serbische 2. Armee näherte sich mit Anfängen Pristina. Der Absicht des Generals von Steuben, in Anbetracht von Stärke und Zustand seiner Truppen keinen entscheidenden Kampf anzunehmen, sondern „schrittweise gegen die Donau/Save-Linie zurückzugehen", stimmte Feldmarschall von Köveß zu. So wich die Armee in der Nacht zum 22. Oktober in eine vorbereitete Stellung hinter der West-Morawa aus. An den Grenzflüssen wurde Ubersetzgerät bereitgestellt. Aber auch in der neuen Stellung gab es kein Halten. Außer unter feindlicher Einwirkung hatten die Truppen durch die in vollem Aufruhr stehende Bevölkerung zu leiden. Große Marschleistungen bei strömendem Regen aus grundlosen Wegen, mangelhafter Ernährung und unzureichender Bekleidung setzten ihr zu. Bei österreichisch-ungarischen Truppenteilen slawischer Nationalität begannen Meutereien und Unbotmäßigkeit. Mit etwa einem Tagesmarsch Abstand folgten die Serben in breiter Front der zurückweichenden 11. Armee. Beiderseits von Belgrad wurde in den letzten Oktober- und ersten Novembertagen der Uferwechsel über Donau und Save vollzogen. Zu gleicher Zeit erreichte die Armeegruppe Albanien die Reichsgrenze bei Cattaro. Am 1. November rückten die Serben in ihre Hauptstadt Belgrad ein.
31"anb6“ Der Umsturz in Österreich-Ungarn am 31. Oktober und der Zer-i.3i»”«nb*t. fall der Donau-Monarchie veranlaßten das Ausscheiden aller deutschen
Der Rückzug zur Donau.
417
Truppen aus der Heeresgruppe Köveß. Da der von Österreich-Ungarn am 3. November mit der Entente abgeschlossene Waffenstillstand die Bestimmung enthielt, daß alle nach 15 Tagen (gerechnet vom 4. ab) noch auf österreichisch-ungarischem Boden befindlichen deutschen Truppen der Kriegs-gefangenschaft verfallen sollten und daher auch Rumänien schleunigst geräumt werden mußte1), fiel der 11. Armee der Flankenschutz für den Rückmarsch durch Siebenbürgen zu, den sie mit vier deutschen Divisionen an der Donau beiderseits von Belgrad bis zum 8. November ausübte. Der Abschluß des deutschen Waffenstillstandes am 11. November traf diese letzten Teile der mazedonischen Front im Rückmarsch durch Ungarn nach Deutschland, den gleichzeitig auch die übrigen Truppen des Generalfeldmarschalls von Mackensen antraten.
Z. Betrachtungen.
Der Zusammenbruch der Front in Mazedonien hat das Ausscheiden Bulgariens aus dem Bunde der Mittelmächte veranlaßt, der sich damit aufzulösen begann. Die Türkei wär abgeschnitten, Österreich-Ungarn von neuem ernstlich bedroht. Man hat daher gerade dem Zusammenbruch in Mazedonien ganz besondere Bedeutung beigemessen und die Schuld dem Umstande zugeschoben, daß General von Falkenhayn es unterlassen habe, nach Niederwerfung des serbischen Heeres die Entente-Truppen aus Saloniki zu vertreiben. Der Wille dazu war vorhanden gewesen, aber die Ausführung war in der dafür verfügbaren Zeit, das heißt vor Beginn des Angriffs auf Verdun, wegen der ungewöhnlich schwierigen Nachschubverhältnisse nicht möglich gewesen*). Der Gedanke, daß der Verbleib der Entente in Saloniki eine Gefahr bedeuten könne, hatte damals nicht wohl aufkommen können und ist auch später niemals aufgetaucht. Im Gegenteil sahen nach Beseitigung der rumänischen Gefahr auch die dritte Oberste Heeresleitung und die österreichisch-ungarische Heeresleitung, ebenso wie General von Falkenhayn, mit Recht einen Vorteil darin, daß das bulgarische Heer, dessen Verwendung an anderen Fronten nicht in Frage kam, wenigstens starke feindliche Kräfte am Balkan band. Erst das Sinken der militärischen Gesamtkraft der Mittelmächte im Sommer 1918 hat die Front in Mazedonien zu einem Gefahrenherd gemacht. Das Wegziehen der deutschen Truppen hat die Gefahr rasch anwachsen lassen. Ob das zu vermeiden war, kann nur im Rahmen der Gesamtkriegführung, vor allem der Lage an der Westftont beurteilt werden.
Si»
!>. November.
*) S. 396.
*) Bd. IX, 6.305, 312ff.
Weltkrieg. XIII. Bd.
27
418
Kämpfe an den Slebenfronten seit Sotnmer 1917. Mazedonien.
Die Oberste Kriegsleitung ist über die unzureichende Widerstandskraft des bulgarischen Heeres von allen Seiten rechtzeitig und ausreichend unterrichtet worden. Hilfe aber war bei der im Sommer 1918 im Westen entstandenen Lage kaum noch möglich. Als sie in Gestalt einer abgekämpften und zweier anderer an sich schon wenig kampfkräftiger Divisionen gesandt wurde, war es bereits zu spät. Die deutsche Führung an der mazedonischen Front aber befand sich in der bedrückenden Lage, daß sie das Unheil kommen sah, jedoch nicht helfen konnte. Was zu tun möglich war, hat sie getan.
Der Zusammenbruch des Kriegswillens im bulgarischen Volk und damit auch im bulgarischen Heer ist aber keineswegs allein auf das Wegziehen der wenigen deutschen Truppen zurückzuführen, die seit dem Frühjahr 1917 ohnehin nur noch in Mazedonien eingesetzt gewesen waren. Sie lagen wesentlich tiefer. Nach den Balkan-Kriegen von 1912 und 1913, die trotz größter Kraftanstrengung und schwerer Blutopser nur unbeftiedigende Ergebnisse, in der Dobrudscha sogar Gebietsverlust gebracht hatten, war Bulgarien 1915 an der Seite der Mittelmächte in den Krieg getreten in der Hoffnung, durch schnellen Schlag und ohne allzu schwere neue Opfer die Vereinigung aller bulgarischen Volksteile in einem Balkan-Großstaat zu erreichen. Statt dessen war der Niederwerfung Serbiens ein Jahr später der Krieg gegen Rumänien gefolgt. Nach einem weiteren Kriegsjahr aber gewann man im Sommer 1918 auch in Bulgarien, wo immer noch der amerikanische Gesandte tätig war, bald Klarheit darüber, daß der deutsche Sieg im Westen, der allein den günstigen Kriegsausgang auch für das eigene Land verbürgte, mehr und mehr zweifelhaft wurde. Der vierte Kriegswinter stand bevor, ohne daß ein siegreiches Ende abzusehen war. Die schon immer einflußreiche Opposition im bulgarischen Parlament brachte das Kabinett Radoslawow zu Fall, das das Bündnis mit den Mittelmächten unterzeichnet und, ebenso wie Zar Ferdinand, Kronprinz Boris und General Iekow stets treu zu seinen Bundesgenossen gestanden hatte. Vorwürfe, daß Deutschland die bulgarischen Ansprüche in der Dobrudscha gegenüber der Türkei nicht genügend unterstütze, und ebenso haltlose Anschuldigungen, daß deutscher Aufkauf von bulgarischen Verpflegungsbeständen die Notlage im Lande und an der Front hauptsächlich verschulde, wurden im Volke verbreitet und schufen eine gefährliche Stimmung gegen den Bundesgenossen. Die mehrfachen Erklärungen der deutschen Regierung, keine Gebietserwer-bungen anzustreben, erweckten den Verdacht, daß Deutschland sich auch von den sehr weitgehenden bulgarischen Gebietsforderungen absetzen wolle; der dauernde Abzug deutscher Kräfte aus der mazedonischen Front wurde in diesem Sinne gedeutet. Entscheidend für das Absinken des bulgarischen
Betrachtungen.
419
Kriegswillens, besonders vom August 1918 ab, war jedoch das Schwinden der Hoffnung auf den deutschen Endsieg im Westen.
So ist die Kampfkraft und schließlich sogar fast jeder Widerstandswille in dem bisher tapferen und von starkem völkischen Selbstbewußtsein getragenen bulgarischen Heer nicht durch Schläge des Gegners, sondern von innen heraus allmählich zermürbt worden. Doch haben sich gar manche Telle bis zum Schluß vorzüglich gehalten1). Im großen und ganzen aber begann der Kampfeswille im September rasch völlig zu erlöschen.
Mit dem bulgarischen Waffenstillstand verloren die Mittelmächte einen Verbündeten, der unter der Obersührung des Generalfeldmarschalls von Mackensen in vorbildlicher Tapferkeit im Herbst 1915 an ihrer Seite gefochten und sich auch im Herbst 1916, im Feldzug gegen Rumänien bei der Eroberung der Dobrudscha wie beim Übergang über die Donau ausgezeichnet hatte. Ohne Bulgariens wirksame Mithilfe wäre die schwierige Aufgabe aus dem Balkan für die Mittelmächte nicht zu lösen gewesen. Sein Ausscheiden riß eine Lücke in ihre Front, die nicht mehr zu schließen war. Der Landweg zur Türkei war unterbrochen, Österreich-Ungarn an der Balkan-Front wieder unmittelbar bedroht, die Versorgung mit Getreide und öl aus Rumänien gefährdet.
B. Der Krieg der Türkei*).
Beilage 1.
J. Die Ereignisse bis Vkcober J9J7.
Die Lage auf den türkischen Kriegsschauplätzen hatte sich im Sommer s»mm« im.
1917 gegenüber dem Frühjahr kaum verändert. An der Front gegen Rußland herrschte Waffenruhe. In weitgespanntem Bogen stand die Kaukasische Heeresgruppe mit der 2. und 3. Armee von Bitlis bis Tireboli am Schwarzen Meer; ihre Gefechtskraft war gering. Auf russischer Seite nahm die Auflösung der Front infolge der revolutionären Zersetzung im Laufe des Sommers zu. Im Irak begnügten sich die Engländer seit der Einnahme von Bagdad mit Ausbau und Sicherung ihrer Eroberungen.
Die Reste der türkischen 6. Armee bei und östlich von Tekrit litten unter zu-
*) So berichtete unter anderem im Juni 1940 Genlt. a. D. Dieterich, im September
1918 Führer bulgarischer Truppen im Verbände des Gen. Kdo. 61: Seine bulgarischen Truppen hätten mit Ausnahme eines Bataillons in allen Kämpfen seine Achtung herausgefordert; auch die bulgarischen Eskadrons und Batterien bewiesen bis zum letzten Tage äußerste Hingabe.
*) Anschluß an Bd. XII, S. 529.
27*
420 Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Der Krieg der Türkei.
enuKtuu. nehmenden Versorgungsschwierigkeiten. Von der türkischen 4. Armee, deren Befehlsbereich sich über ganz Syrien bis zum Taurus erstreckte, hielt im südlichen Palästina die Sinai-Gruppe unter Oberst Freiherr Kreß von Kressenstein die bisher erfolgreich verteidigte Front Gaza—Birseba; offensichtlich bereiteten die Engländer hier einen neuen Angriff vor. Eine nach Medina abgezweigte Abteilung wurde von aufständischen Arabern belagert. An der Mittelmeer-Küste (5. Armee unter General Liman von Sanders) herrschte Ruhe. Die 1. Armee bei Konstantinopel bestand nur noch aus Rahmentruppen. Auf europäischen Kriegsschauplätzen standen zwei Divisionen (VI. Korps) an der rumänischen Front, an der mazedonischen seit Ansang Juli nur noch eine kleine Abteilung aller Massen1); die anderen bisher dort eingesetzten Truppen waren im Rücktransport nach Konstantinopel, um in Asien Verwendung zu finden.
Die Waffenruhe in Armenien gestattete, Aufmerksamkeit und Machtmittel den südlichen Kriegsschauplätzen zuzuwenden. Sowohl in Palästina wie im Irak war ein Angriff geplant, um die Engländer wieder auf ägyptisches Gebiet zurückzuwerfen und im Irak Bagdad zurückzugewinnen ^).
Für den Feldzug im Irak hatte die Oberste Heeresleitung General von Falkenhayn zur Verfügung gestellt. Rach Rücksprache mit den maßgebenden Persönlichkeiten in Konstantinopel hatte er Ende Mai nach Kreuznach gemeldet, daß das Unternehmen „zwar ungemein schwierig, aber doch mit Hoffnung auf Erfolg zu führen" sei. In einer Denkschrift vom 1. Juni faßte er das Ergebnis persönlicher Erkundungen, die ihn in 14 Tagen bis Mosul und Jerusalem und zurück geführt hatten, dahin zusammen, daß sowohl im Irak als auch in Palästina mit englischen Angriffen zu rechnen sei. Die Kräfte der Türkei gestatteten aber nur, auf einem der beiden Kriegsschauplätze ihnen durch Gegenangriff zuvorzukommen. Beim Abwägen der Angriffsauösichten kam er zu dem Schluß, „entschieden zu der Operation aus Bagdad raten" zu sollen, die er durch „strategische Umgehung gegen die rückwärtigen Verbindungen des Feindes" führen wollte. Er rechnete aber auch mit der Möglichkeit, daß vor Durchführung des Angriffs auf Bagdad die Lage zum Gegenangriff in Palästina zwingen könne. Am 3. Juni berichtete er ergänzend hierüber an die Oberste Kriegsleitung, es sei möglich, daß die türkische Heeresleitung, um Jerusalem zu halten, starke Teile der gegen Bagdad bestimmten Kräfte an der Sinai-Front verwenden müsse. „Für den Fall, daß Maßnahmen der Engländer Verlegung des Schwergewichts der Operationen an Sinai-Front erforderlich machen
l) S. 401.
*) Bd. XU, S. 528.
Gesamtlage. Vorbereitung des Feldzuges im Irak.
421
sollten, ehe ich tatsächlich an Irak-Front gebunden bin, wird Befehl an Sinai-Front von mir übernommen".
Einstweilen aber bereitete er den Angriff auf Bagdad vor, der durch die Heeresgruppe!', von den Türken „gilderim" (Blitz) genannt, geführt werden sollte. Als deren deutsche Kerntruppe befand sich das „Asienkorps" bereits in der Bildung. Es zählte mit drei Infanterie-Bataillonen, entsprechender Artillerie, vier Flieger-Abteilungen und einer Reihe vor allem auch technischer Einzelformationen im ganzen etwa 4500 Mann. Bei seiner Aufstellung waren alle bisherigen Erfahrungen auf türkischen Kriegsschauplätzen berücksichtigt worden. Pferde, Zug- und Tragtiere nebst Fahrzeugen sowie auch Trainmannschaften für den Trotz sollte die Türkei stellen; die aber konnte schon für ihre eigenen Verbände die notwendigen Tiere nicht mehr ausbringen. Die Nachschubbedürfnisse der deutschen Formationen waren grotz; die Anforderungen an die Transportleistung der Eisenbahn stiegen für das Asienkorps auf das Mehrfache des Bedarfs türkischer Formationen von gleicher Kopsstärke. Zu General von Falkenhayn als Oberbefehlshaber trat Oberst von Dommes als Generalstabschef, dazu neben elf türkischen 64 deutsche Offiziere, die aber, fast durchweg unmittelbar von den Kriegsschauplätzen in Mitteleuropa kommend, die Bedingungen der türkischen Kriegführung nicht kannten.
Mitte Juli wurde die Heeresgruppe F unter Befehl des Generals von Falkenhayn, der dazu zum türkischen Marschall ernannt worden war, endgültig gebildet. Sie umfaßte die 6. Armee unter General Halil Pascha im Irak mit sechs sehr schwachen Divisionen, die aus zusammen rund 25000 Gewehre ausgefüllt werden sollten, und die unter General Mustapha Kemal Pascha, bisher Oberbefehlshaber der 2. Armee in Armenien, bei Aleppo neu zu bildende 7. Armee, von wo sie gegebenenfalls auch in Palästina eingesetzt werden konnte. Zu ihr traten drei bisher in Europa verwendete und dementsprechend verhältnismäßig gut ausgerüstete Divisionen und zwei der 2. und 5. Armee entnommene sehr viel weniger kampfkräftige Divisionen. Die Verpflegungsstärke dieser Armee wurde aus 90000 Mann berechnet; ihre Verstärkung war in Aussicht genommen. Einem Antrag aus Zuführung der beiden noch in Rumänien stehenden türkischen Divisionen hatte die Oberste Kriegsleitung jedoch vorerst nicht entsprechen können.
Während die 6. Armee wie bisher den Feind beiderseits des Tigris zu binden hatte, war die 7. Armee dazu bestimmt, zusammen mit dem deutschen Asienkorps den Hauptangriff euphratabwärts gegen die West-flanke der Engländer zu führen. Das Heeresgruppenkommando blieb zunächst in Konstantinopel und war bemüht, den rechtzeitigen Aufmarsch der
422 Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Der Krieg der Türkei.
Sommer »17. 7. Armee sicherzustellen. Bei Maschinen- und Kohlenmangel der Bahnen und zweimaliger Fahrtunterbrechung im Taurus-Gebiet waren aber bis Ende September erst drei von fünf Divisionen bei Aleppo versammelt. Die Beförderung des deutschen Asienkorps vollzog sich noch langsamer. Große Teile befanden sich im September noch in Deutschland, andere warteten in Konstantinopel auf Abtransport. Unterdessen wurden erhebliche Mengen des bei Haidar Pascha, dem Kopfbahnhof der Anatolischen Bahn, bereitgelegten deutschen Kriegsgeräts durch eine Explosion vernichtet; die Vermutung eines Sabotageaktes lag nahe.
In Palästina waren im Laufe des Sommers die Angriffsabsichten des Gegners immer deutlicher zutage getreten. Das Kräfteverhältnis hatte sich weiter zu türkischen Ungunsten verschoben. Die türkische Heeresleitung sah Verstärkung der 4. Armee durch eine Division als notwendig an, die den gegen Bagdad bestimmten Verbänden entnommen werden mußte. Unter diesen Umständen befürwortete General von Falkenhayn, der die Sicherheit der Abwehr in Palästina durch Zuführung nur einer Division nicht für gewährleistet hielt und weitere Abgaben dorthin voraussah, in Palästina einen schnellen Schlag „mit beschränkten Kräften und beschränktem Ziel" zu führen; dieser Schlag sollte dem Angriff auf Bagdad vorangehen. Der Obersten Kriegsleitung, die um Unterrichtung über die Lage bat, legte Enver Pascha demgegenüber am 24. August die Auffassung der türkischen Heeresleitung dar. Er wies darauf hin, daß die Engländer wahrscheinlich vor Mitte November an der Sinai-Front angreifen würden, und daß Festhalten dieser Front eine Vorbedingung für das „Iilderim"-Unternehmen sei. Er schloß: „Vorläufig ist mein Entschluß: Verteidigung von Syrien unter Verstärkung dieser Front um eine Infanterie-Division und Weiterführung der Filderim-Unternehmung...“ Andererseits umriß General von Falkenhayn in einem Bericht vom 3. September nochmals klar seine abweichende Einstellung: „Das geplante Bagdad-Unternehmen ist von der Lage an der Sinai-Front abhängig ... Deshalb muh das Bagdad-Unternehmen zunächst in den Hinter-, die Sicherung der Sinai-Front in den Vordergrund treten..." Auf Wunsch Enver Paschas begab sich General von Falkenhayn Anfang September an die Palästina-Front, um zunächst persönlich ein Urteil zu gewinnen, ob der von ihm geplante Angriff überhaupt durchführbar wäre. Sein Bericht betonte, daß ein Angriff in Palästina „unbedingt nötig" wäre; bis Anfang November würden die erforderlichen Kräfte zur Verfügung stehen können.
Angesichts dieser Beurteilung der Lage durch den ehemaligen Chef des Generalstabes des deutschen Feldheeres ließ Enver Pascha seine Einwendungen fallen. Der Bagdad-Angriff wurde zurückgestellt zugunsten
Entwicklung der Lage in Palästina.
423
sofortigen Angriffs in Palästina. Kostbare Wochen waren aber durch die Klämng der Meinungsverschiedenheiten verlorengegangen; denn alle Transporte hatten einstweilen nur bis Aleppo geführt werden können. Bei der Länge und Schwerfälligkeit des Transportweges von dort nach Palästina ließ sich der Zeitverlust nicht wieder einbringen. Am 30. September übernahm General von Falkenhayn den Oberbefehl an der Palästina-Front. Sein Hauptquartier war inzwischen von Konstantinopel nach Aleppo verlegt worden. Die dort versammelte 7. Armee und Teile des deutschen Asienkorps wurden nunmehr nach dem südlichen Palästina weiter in Marsch gesetzt. Die bisherige 4. Armee wurde aufgelöst, ihr Führer, General Djemal Pascha, mit dem Oberkommando in Syrien und West-Arabien betraut; ihm unterstanden damit auch die nicht zur Heeresgruppe F gehörenden dortigen Truppen und Etappen-Einrichtungen. Der Kriegsschauplatz im Irak aber blieb General von Falkenhayn unterstellt, trotz Übernahme des Befehls an der Palästina-Front.
Wenige Tage später, am 4. Oktober, hatte General von Falkenhayn eine Rücksprache mit dem Führer der Armee im Irak, General Halit Pascha. Da der russische Druck sich erheblich vermindert hatte und damit das in der Ostflanke der Engländer stehende türkische XIII. Korps entlastet war, konnten die Aussichten für den Gegenangriff auf Bagdad günstig erscheinen. Ausnutzung dieses Vorteils kam aber bei der kritischen Versorgungslage und dem dadurch verursachten ernsten Zustand der 6. Armee nicht in Frage. General von Falkenhayn schied mit dem Eindruck, daß diese bis auf weiteres nicht verwendungsfähig wäre, hielt aber an dem Gedanken fest, nach glücklicher Beendigung der Palästina-Operation sich dem Bagdad-Angriff zuzuwenden. Erst Ende Oktober, nach einem neuerlichen Rückschläge am Euphrat, sah er sich genötigt, der Obersten Kriegsleitung zu melden, daß eine Unternehmung mit dem Ziel Bagdad, soweit zur Zeit ein Urteil möglich sei, erst nach Ablauf der heißen Monate im kommenden Sommer, also erst für Ende September 1918, in Aussicht genommen werden könne. Ansang November mußten die Türken dann vor englischem Druck auch am Tigris von Tekrit auf Fatha zurückgehen.
2. Der Rampf in Palästina im Herbst und Winter J9J7/J8.
Die Truppen an der Palästina-Front wollte General von Falkenhayn in zwei Armeen gliedern. Die in Linie Gaza—Teil Scheria stehenden Truppen der bisherigen Sinai-Front hatten als 8. Armee unter Oberst von Kreß die Abwehr fortzusetzen. Den Abschnitt Tell Scheria—Birseba hatte die 7. Armee unter General Fewzi Pascha zu übernehmen. Der
September/
Oktober.
Oktober/
Dezember.
424 Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Der Krieg der Türkei.
Oktober/
Dezember
1917.
Aufmarsch konnte aber erst bis Ende des Jahres beendet sein. Vorläufig unterstand die ganze türkische Front Gaza—Birseba Oberst von Kreß.
Der Raum zwischen dem Meer und dem bis über 1000 Meter ansteigenden wald- und wasserlosen Gebirge, etwa 40 Kilometer breit, ist leicht gewelltes, angebautes Land. Die zahlreichen zum Meer führenden Fluheinschnitte gestatten abschnittsweise Verteidigung, bilden aber nur nach dem Regen der Wintermonate Hindernisse, während der übrigen Jahreszeit führen die „Wadis" kein Wasser. Schwieriger lagen die Verhältnisse im Gebirge, wo beide Teile auf wenige Strahen und vom Verkehr selbst geschaffene, aber für schwere Fahrzeuge unbrauchbare Pfade angewiesen waren.
a) Die unglücklichen Kämpfe der 8. Armee.
Ende Oktober standen von Gaza bis Birseba etwa acht türkische Infanterie-Divisionen und eine Kavallerie-Division mit einer Gesamtgefechtsstärke von nur 23000 Gewehren, einschließlich der deutschen Truppen des seit 1916 dort kämpfenden Pascha-Korps und österreichisch-ungarischer Artillerie. Mehr als sechs Divisionen waren in und hinter dem Abschnitt Gaza—Teil Scheria, der Rest nebst Kavallerie bei Birseba eingesetzt. Eine aus Europa wieder überwiesene Division war hinter der Front im Ausladen begriffen. Vom deutschen Asienkorps war bisher nur eine Flieger-Abteilung eingetroffen, die sich aber mit den besonderen Verhältnissen des Kriegsschauplatzes noch nicht hatte vertraut machen können. Ernst war die Nachschublage. Die zunehmende Erschöpfung des Landes und seiner Hilfsmittel machte es immer schwieriger, der Truppe auch nur die notdürftigste Verpflegung und ausreichende Munition zuzuführen. Sogar die Wasserfrage machte große Schwierigkeiten. Im übrigen beanspruchte die Ausbreitung des von England über Akaba wirksam unterstützten Araber-Aufstandes an der Hedschas-Bahn immer stärkere türkische Kräfte, um notdürftig die Verbindung mit Medina aufrechtzuerhalten. DasHeeresgruppen-kommando sollte am 31. Oktober nach Jerusalem verlegt werden.
In dieser Lage traf der englische Angriff die türkische Palästina-Front. Der britische Oberbefehlshaber, GeneralAllenby, verfügte über sieben Infanterie- und dreieinhalb berittene Divisionen. Mit rund 80000 Gewehren hatte er an Infanterie nahezu das Vierfache der türkischen Stärke. An Artillerie war er doppelt so stark (400 gegen 191 Geschütze), an Reiterei um das Iwölffache überlegen. Außerdem konnten englische Seestreitkräfte gegen die türkischen Küstenstellungen bei Gaza mitwirken. Die längs der Küste nachgebaute Bahn und eine Wasserleitung führten bis unmittelbar hinter die englische Front. Gewaltige Mengen an Verpflegung und
Unglückliche Kämpfe in Palästina.
425
Munition waren aufgestapelt. Nachrichten über dauernden Zustrom türkischer und deutscher Verstärkungen für die Palästina-Front bestärkten General Allenby in dem Entschluß, alsbald zu handeln. Dem Hauptangriff gegen die Front Gaza—Tel! Scheria sollte die Wegnahme von Virseba, das als Wasserbasis Bedeutung hatte, vorangehen. Von Virseba aus sollte die türkische Stellung bei Tell Scheria aufgerollt werden. Gegen Gaza hatte die Flotte mitzuwirken.
Am 27. Oktober begann die britischeArtillerie Gaza heftig zu beschießen, vom 30. Oktober an unterstützt durch Seestreitkräfte. Nördlich von Gaza wurden Landungsvorbereitungen vorgetäuscht. Am 31. Oktober gingen zwei Infanterie-Divisionen von Südwesten, zwei berittene Divisionen von Osten gegen Virseba vor, das abends in englischer Hand war; die Besatzung geriet größtenteils in Gefangenschaft.
Die Meldung hiervon erreichte General von Falkenhayn noch in Aleppo. Da die für diesen Tag beabsichtigte Abfahrt nach Jerusalem seine Führung für zwei Tage fast gänzlich ausgeschaltet hätte, entschloß er sich, vorerst noch in Aleppo zu bleiben. Er ordnete einen Vorstoß der inzwischen im Kampfgebiet eingetroffenen 19. Infanterie-Division von Tell Scheria gegen Birseba an, um den Gegner vom Vorgehen aus der über Hebron aus Jerusalem führenden Höhenstraße abzuziehen. Aber ein britischer Einbruch an der Küste bei Gaza sowie ein neuer feindlicher Vorstoß am Ge-birgsrand verzögerten die Ausführung. Schwierigkeiten in der Befehls-unb Nachrichtenübermittlung veranlaßten General von Falkenhayn am 4. November, trotz der entgegenstehenden Bedenken die Fahrt nach Jerusalem anzutreten. Abends erreichte ihn in Damaskus die Meldung des Obersten von Kreß, daß die Lage bei Gaza äußerst ernst sei und dort wie bei Tell Scheria feindlicher Durchbruch drohe; die Gefahr könne nur durch Zurücknahme des rechten Flügels gebannt werden. General von Falkenhayn war einverstanden. In der Nacht zum 7. November wurde Gaza geräumt. Vorher aber hatte am 6. November auch der englische Hauptangriff auf Tell Scheria begonnen. Drei englische Divisionen durchbrachen gegen Abend die schwache türkische Front beiderseits der Bahn nach Birseba. Von General von Falkenhayn angeordnete türkische Gegenangriffe vermochten die Lage nicht zu ändern.
Am 7. November befahl General von Falkenhayn auch die Zurücknahme der übrigen Frontabschnitte. Noch hoffte er, mit den am Gebirgs-rand und im Gebirge zurückgehenden Truppen einen Schlag gegen den britischen rechten Flügel führen zu können. Aber der Feind ließ es dazu nicht kommen; durch immer neue Angriffe hielt er die Türken in der Abwehr und zwang sie zum Einsah aller Kräfte. Der Rückzug gestaltete sich außer-
426 Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Der Krieg der Türkei.
®°«£Ür« ordentlich verlustreich; zahlreiches Kriegsgerät, darunter viele Geschütze, »11. blieben wegen fehlender Gespanne liegen. Der ungünstige Verlauf der nun schon acht Tage dauernden Schlacht, daneben unzureichende Verpflegung und Wassermangel ließen den Kampfgeist der Truppen sinken. Zwischen Meer und Gebirge, wo die englischen Hauptkräste vorgingen, mußte eine Widerstandslinie nach der anderen aufgegeben werden; im Gebirge selbst vermochten sich die Truppen länger zu halten. Am S.No-vember lösten starke britische Fliegerangriffe bei Et Tine, dem Hauptetappenort der 8. Armee, eine große Panik aus. Um gänzlicher Auflösung vorzubeugen, ordnete General von Falkenhayn am 13. November weiteren Rückzug an.
An demselben Tage hatte er eine Aussprache mit Enver Pascha, der nach Jerusalem geeilt war. Beide waren einig in dem Willen, die Stadt zu halten. In einem Bericht an die Oberste Kriegsleitung vom 16. November sprach General von Falkenhayn der 8. Armee keine Kampfkraft mehr zu und berechnete die Stärke der 7. Armee auf die einer deutschen Division; längere Behauptung von Jerusalem sei zweifelhaft. Eine Wendung der Lage hielt er nur für möglich, „wenn die Eisenbahnverhältnisse von Grund auf gebessert und verhältnismäßig starke deutsche Kräfte hier noch während der kühlen Jahreszeit eingesetzt werden könnten". Beides war ausgeschlossen.
d) Der Verlust von Jerusalem.
Die 8. Armee hatte inzwischen die Linie Jaffa—Ludd erreicht, die sie halten sollte. Die 7. Armee sperrte im Anschluß daran in großer Breite mit der Front nach Südwesten die aus der Ebene nach Jerusalem hinauf führenden Wege; ein Korps hatte die Stadt selbst zu verteidigen. Die Haupt-kräfte der Armee aber hatte General von Falkenhayn nördlich der Stadt bereitstellen lassen, um dem von Westen her erwarteten englischen Angriff in Flanke und Rücken zu stoßen. Am 17. November wurde die 8. Armee erneut geworfen und wich hinter den Wadi el Audscha aus. Dabei fiel Jaffa, ein wichtiger Hafen, in feindliche Hand; er konnte als neue Basis für den Angriff gegen Jerusalem dienen. Das Heeresgruppenkommando wurde nach Nazareth zurückverlegt. Unterdessen nahm der feindliche Druck im Gebirge zu. Unter Bindung der türkischen Kräfte im Küstenland verschoben die Engländer den größeren Teil ihrer Truppen dorthin. Um Jerusalem zu Fall zu bringen, versuchten sie, aus nordwestlicher Richtung mit zwei Infanterie- und einer berittenen Division die Stadt von ihrer Verbindung nach Norden, der Sttaße nach Nablus, abzuschneiden. Vier Infanterie-Divisionen und eine Kavallerie-Division der türkischen 7. Armee
Unglückliche Kämpfe in Palästina.
427
mit allerdings sehr geringen Gefechtsstärken suchten das Vordringen des Gegners aufzuhalten und machten am 27. November bei gleichzeitigem Entlastungsvorstoß der 8. Armee sogar einen Gegenangriff. Ein endgültiger Erfolg war bei der sehr großen Überlegenheit des Feindes — 33000 gegen kaum 20000 Mann — freilich nicht möglich. Aber erst nach Einsah neuer Kräfte griffen die Engländer am 5. Dezember mit nunmehr vier Infanterie-Divisionen Jerusalem selbst, und zwar die befestigten Höhenstellungen vor der West- und Südseite an. Am 8. Dezember kam es hier zu Kämpfen, in denen die Türken zurückgedrückt wurden. In der Nacht zum 9. Dezember räumten sie Jerusalem. Am nächsten Morgen rückten die Engländer in die Stadt ein.
Diese seit Ende Oktober andauernden Kämpfe hatte die Heeresgruppe in den ersten Wochen ohne nennenswerte Verstärkungen bestehen müssen. Nur eine türkische Division war im Anmarsch, von der Infanterie des Asienkorps traf die erste Kompanie am 8. Dezember im Kampfraum ein. Material- und Verpflegungstransporte, um auch nur die Kampfkraft an der Front zu erhalten, hatten die Eisenbahn fast ganz in Anspruch genommen, denn deren Leistungsfähigkeit hatte sich durch Kohlen- und Loko-motivmangel weiterhin vermindert*). Unterbringungs- und Verpfle-gungs-, vor allem aber sanitäre Verhältnisse und Wassermangel ließen Fußmarsch nicht in Frage kommen2), denn die eintreffenden Truppen verfügten weder über Fahrzeuge und Zugtiere, noch über Tragtiere, und Beschaffung im Lande erwies sich als aussichtslos. Schon bei Aufenthalten an den besonders vorbereiteten ümladeplätzen der Eisenbahn ergaben sich Krankheitsaussälle. Die Führung aber stand diesen Verhältnissen machtlos gegenüber.
Erst für Ende Dezember konnte General von Falkenhayn einen Gegenangriff mit bis dahin herankommenden Verstärkungen in Aussicht nehmen; er hatte die Wiedergewinnung von Jerusalem zum Ziel, das
l) Beispiele für die Transportverhältnisse:
gm Jahre 1916 brauchten die M. G. K. 601-608 für den Transport von Berlin bis Birseba 51 Tage, davon 25 Tage Fahrt, 26 Tage Unterbrechung, von diesen 19 in tzaidar Pascha.
Im Jahre 1917 brauchte das Jnf.Btl. 701 vomTr.-Abgs.-Pl.Neuhammer (Schlesien) bis Nablus 90Tage, davon 27Tage Fahrt, 63Tage Unterbrechung, von diesen 22 bei Haidar Pascha, 25 am Amanus, 15 bei Nazareth.
*) Ob. Gen. Arzt Dr. Steuber, Armeearzt in Palästina unter Gen. von Falkenhayn, schreibt darüber: „Die fast tropische Hitze der heißen Zeit und die Ungangbarkeit der Wege während der Regenzeit, deren Beginn Ende Oktober zu erwarten war, würden einen solchen Versuch ohne Frage sehr bald zum ©(heitern gebracht haben." (Schlachten des Weltkrieges, Bd. 4: “gilbetitn“, S. 65.)
428 Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Der ctrieg der Türkei.
noch in Reichweite der türkischen Geschütze lag. Ader schon vorher, am 21. Dezember, wurde der rechte Flügel der 8. Armee am Wadi El Audscha durch einen englischen Nachtangriff überrannt und mußte in eine weniger von der Natur begünstigte Widerstandslinie südlich von Kalkilje ausweichen. Ein am 27. Dezember unter Beteiligung des einzigen bisher eingetroffenen Bataillons des Asienkorps von Norden und Osten gegen die Engländer bei Jerusalem geführter Angriff scheiterte. Tags darauf warf ein englischer Gegenangriff die Türken nördlich und östlich der Stadt zurück. Die türkischen Stellungen verliefen seitdem von Kalkilje über den 1011 Meter hohen Teil Azur zum fast 400 Meter unter dem Meeresspiegel liegenden Toten Meer südöstlich von Jerusalem. Seit Beginn der Kämpfe am 27. Oktober hatte die Heeresgruppe 25000 Mann verloren, davon die Hälfte Gefangene, und 100 Geschütze. Nur die nach und nach eintreffenden Verstärkungen hatten sie kampffähig erhalten.
c) Maßnahmen der obersten Führung und weitere Ereignisse
an der Front.
Der unglückliche Verlauf der Kämpfe beirrte General von Falkenhayn keineswegs in dem Entschluß, so bald als möglich wieder zum Angriff überzugehen, um Jerusalem zurückzugewinnen. War dies Ziel erreicht, sollte der Angriff im Küstenland vorgetragen werden. Beides ließ sich aber wegen der in.mer schwieriger werdenden Nachschublage nicht vor dem Frühjahr 1918 und erst nach Eintreffen von Verstärkungen verwirklichen.
Ende November, als sich der Ilmfang der Niederlage übersehen ließ, hatte Enver Pascha fünf Divisionen in Aussicht gestellt. Die Oberste Kriegsleitung, bei der eine vollständige deutsche Division als Angriffs-truppe erbeten worden war, hatte vier Bataillone, mehrere Batterien und technische Truppen von der mazedonischen Front1), sowie eine der beiden noch in Rumänien stehenden türkischen Divisionen2) zur Verfügung gestellt. Bis jedoch diese Kräfte in Palästina verfügbar waren, mußte noch erhebliche Zeit vergehen. General von Falkenhayn schlug aber auch die Räumung des Hedschas vor, da ungefähr 12000 Türken bei Medina und als Bahnsicherungen im Ostjordanland gebunden waren. Enver Pascha gab die militärische Zweckmäßigkeit zu, willigte aber aus politischen Gründen vorerst nur in Verminderung der Besatzung von Medina ein. Andererseits wurde das Gebiet des „Oberkommandos Syrien und West-Arabien",
1) 6.403.
2) S. 420. Die letzte Division wurde dort erst nach Klärung der Dobrudscha-Frage (S. 361 f. it. 404) im Frühjahr 1918 frei.
Erwägungen und Maßnahmen der Führung.
429
durch das die Etappenstrahe der Heeresgruppe lief, nunmehr General von Falkenhayn unterstellt; General Djemal Pascha kehrte nach Konstantinopel zurück.
Ausschlaggebend für die Fortsetzung des Kampfes blieb die Nachschublage. Während der Gegner seine Truppen auch unter Benutzung des Hafens von Jaffa über See dauernd reichlich versorgen konnte, war die türkische Kriegführung auf eine leistungsunfähige Bahnlinie angewiesen.
Bereits im November hatte sich Enver Pascha daher an die Oberste Kriegsleitung gewandt: „Es kann jetzt für die Kriegführung hier keine wirksamere Unterstützung seitens der Obersten Kriegsleitung geben als die Förderung unserer Bahnen und sonstigen Transportmittel mit aller Kraft". Diese Förderung sollte vornehmlich in erhöhten deutschen Kohlen- und Loko-motivlieferungen bestehen. Aber General Ludendorff mutzte die Anträge bis auf Zuführung einigen technischen Personals ablehnen, da die schwierige Kohlenlage Deutschlands Abgaben „unter keinen Umständen" zuließ. Gestellung von Lokomotiven sah er als unmöglich an, „solange die Betriebslage in Deutschland und den besetzten Gebieten selbst schon Transportkrisen befürchten lätzt. Dieser Sachlage" — so schloß er — „müssen sich die Operationen anpassen".
Unterdessen fühlte sich die Oberste Kriegsleitung über die in Palästina drohende Gefahr türkischerseits nicht rechtzeitig und nicht ausreichend unterrichtet. Sie wünschte daher Generalleutnant von Bronsart als türkischen Generalstabschef durch den mit den Verhältnissen ebenso vertrauten General von Liman zu ersehen. Den aber lehnte Enver Pascha auf Grund früherer Meinungsverschiedenheiten ab. So wurde im Januar 1918 Se- 3<ma« ms. neralmajor von See dt1), der bereits seit Mittp Dezember 1917 im Aufträge der Obersten Kriegsleitung in der Türkei weilte, türkischer Generalstabschef. Nach Aussprache mit General von Falkenhayn in Nazareth berichtete er der Obersten Kriegsleitung, er sehe „die Lage durchaus nicht als hoffnungslos an". Er empfahl wenigstens für die nächste Zeit Übergang zur Abwehr, wobei er weitere Zurücknahme der Front für unnötig erklärte. Besonderen Wert legte er auf Erhöhung der Nachschubleistungen. Bedenklich sei die Übernahme des Verwaltungsgebietes „Syrien und West-Arabien" durch General von Falkenhayn, da mit stillem Widerstand der dortigen türkischen Dienststellen zu rechnen sei. Tatsächlich gelang es General vonFalkenhayn denn auch nicht, die Mitarbeit der türkischen Etappenbehörden zu erreichen, so daß die Verpflegungslage an der
*) Bisher Genst. Chef der Hgr. Erzherzog gosef; Gen. von Bronsart erhielt eine Division.
430 Kämpfe an den Aebenfronten seit Sommer 1917. Der Krieg der Türkei.
s«ws«t leis. Front sich verschlechterte, statt sich zu bessern. Auch mit der türkischen Heeresleitung geriet er in scharfen Gegensatz; er glaubte, sich über unnötige Eingriffe sowie über mangelnde Berücksichtigung seiner Forderungen beklagen zu müssen. Diese Unstimmigkeiten führten Mitte Februar zu seiner Abberufung. General von Falkenhayn übernahm die 10. Armee an der Ostfront; sein Nachfolger in Palästina wurde General von Liman, der als Oberbefehlshaber der 5. Armee seit seiner erfolgreichen Abwehr an den Dardanellen im wesentlichen ausgeschaltet gewesen war. Er erhielt die Weisung: „Aufgabe der Heeresgruppe ist die nachhaltige und hartnäckige Verteidigung Palästinas". Die 0. Armee im Irak schied aus ihr aus, die Truppen in Medina und an der Hedschas-Bahn wurden ihr unterstellt.
stara/HptH. Aber bevor noch General von Liman den Befehl übernehmen konnte, wurde die türkische Front östlich von Jerusalem aus Jericho und über den Jordan zurückgedrückt. Die arabische Aufstandsbewegung an der Hedschas-Bahn erhielt dadurch neuen Auftrieb. Am 9. März folgte ein neuer englischer Angriff beiderseits der von Jerusalem nach Nablus führenden Straße. In heftigen Kämpfen mußten die Türken bis zum 11. März die beherrschende Höhenstellung des Teil Azur aufgeben. Ende März richtete sich ein starker Angriff der Engländer gegen die Stellungen am Jordan. Ihr Versuch, nach Es Salt und Aman vorzudringen und damit das ganze Ostjordanland den Türken zu entreißen, scheiterte aber unter beträchtlichen Verlusten für sie. General von Liman gliederte die Heeresgruppe neu: 8. und 7. Armee sperrten wie bisher südlich der Linie Tul Kerim—Nablus zwischen Meer und Jordan. Am Ostuser des Jordan stand im Anschluß daran bis zum Toten Meer die neugebildete 4. Armee unter General Djemal Pascha II; ihre Gefechtsstärke betrug Ende April aber nur 3400 Gewehre. Wie erschreckend gering die Gefechtsstärken auch westlich des Jordan waren, ergab eine Meldung der 8. Armee von Anfang März, nach der für ihren linken Abschnitt von 28 Kilometer Ausdehnung noch nicht 4000 Gewehre zur Verfügung ständen. Die aus Konstantinopel ankommenden Transporte genügten kaum, um die durch Kämpfe, Krankheiten und immer mehr um sich greifende Fahnenflucht verursachten hohen Ausfälle zu decken. Trotz der geringen Kopfstücken reichte der Nachschub nicht aus; Bekleidung wie Ernährung der Truppen blieb unzureichend, dazu kam Wassermangel. Ebenso wie vordem General von Falkenhayn, aber auch ebenso vergeblich, versuchte General von Liman die Zurückziehung der Truppen aus Medina und von der Bahn dorthin durchzusetzen. Um so mehr fiel das Einrücken von Teilen des deutschen Asienkorps ins Gewicht, die bei der 8. Armee östlich der Bahn eingesetzt wurden. Ausbildung und Ausrüstung gaben
Weitere Rückschläge in Palästina.
431
ihnen einen ihre Kopfzahl weit übersteigenden Wert; sie bewährten sich bereits am 10. April, als ein britischer Versuch, nach der Bahnstation Kalkilje durchzustoßen, abgeschlagen wurde.
Ansang Mai richteten sich neue Angriffe englischer berittener Truppen gegen das Ostjordanland mit den Zielen Es Salt und Aman; aber nur erstere Stadt, und auch diese nur vorübergehend, fiel in feindliche Hand. Ein Entlastungsvorstoh der 7. Armee warf die Engländer unter für sie schweren Verlusten wieder über den Jordan zurück. Erst im weiteren Verlaufe des Monats trafen auch Teile der aus Mazedonien kommenden, bereits im November 1917 zur Verfügung gestellten deutschen Truppen bei der 4. Armee ein. Ihre Abbeförderung*) hatte sich durch Überlastung der Orientbahn mit Verpflegungs- und Kohlen-Transporten für das hungernde Konstantinopel verzögert, und aus der Anatolischen Bahn hatten sich diese Verzögerungen in verstärktem Umfange fortgesetzt. Wochenlange Aufenthalte an den Umladeplätzen brachten erhebliche Krankheitsaussälle. So trafen diese Truppen, an Zahl bereits zusammengeschmolzen, erst ein, als der Beginn der heißen Jahreszeit den Kämpfen in Palästina zunächst ein Ende bereitete.
Z. Ereignisse an der Raukasus-Front und zur See.
Gegenüber den schweren Rückschlägen in Palästina und geringeren im Irak hatte die türkische Kriegführung als Gewinn des Jahres 1917 den Abschluß des Waffenstillstandes mit Rußland zu buchen. Entscheidende Entlastung war damit aber doch nicht eingetreten. An der Front in Armenien hatte schon seit März Waffenruhe geherrscht; alle entbehrlichen Truppen waren bereits anderen Kriegsschauplätzen zugeführt worden. Nur etwa 20000 Mann waren der Kaukasischen Heeresgruppe verblieben. Persien hatten die Russen allmählich geräumt. Dafür schickten sich die Engländer an, aus Südpersien nach Norden vorzudringen.
Aus dem Schwarzen Meer hatte der Waffenstillstand den Seeweg von Konstantinopel nicht nur zu den Kohlengruben von Sunguldak, sondern auch zur Kaukasus-Front wieder gefahrlos gemacht. Die türkische Seekriegsleitung hatte wesentlich größere Bewegungsfreiheit gewonnen. Vizeadmiral von Rebeur-Paschwih, seit August 1917 Nachfolger des Admirals Souchon als Befehlshaber der Flotte, suchte sie im Januar zu einem Vorstoß in das Ägäische Meer auszunutzen, um den regen englischen Transportverkehr zu stören, der von Saloniki nach Palästina und Ägypten ging. Die dazu unter seiner Führung auslaufenden beiden Kriegsschiffe, Großer i) S. 428.
Mai.
Dis Januar.
432 Kämpfe an den Äebenfronten seit Sommer 1917. Der Krieg der Türkei.
Februar bis April 1918.
Kreuzer „Soeben" („Sultan Iavus Selim") und Kleiner Kreuzer „Breslau" („Midilli") vernichteten am 20. Januar vor den Dardanellen zwei englische Monitore, gerieten aber dabei in Minenfelder. Die „Breslau" sank; die „Soeben" konnte schwer beschädigt die Meerenge wieder erreichen. Da Wiederherstellungsarbeiten Monate erforderten, mutzte sich die türkische Kriegführung im Ägäischen Meer wieder wie bisher auf die Tätigkeit der Unterseeboote beschränken.
Im Februar brachte dann die vorübergehende Wiederaufnahme der Feindseligkeiten an der Gesamtsront gegen Ruhland auch die türkischen Truppen in Armenien in Bewegung. Die Kaukasische Heeresgruppe war nach Abschlutz des Waffenstillstandes aufgelöst worden, das Oberkommando der 2. Armee hatte den Küstenschutz bei Alexandrette übernommen. Die 3. Armee unter General Wehib Pascha trat jetzt den Vormarsch auf Erzerum an und erreichte Ende März die Reichsgrenze. Rach dem inzwischen am 3. März abgeschlossenen Frieden von Brest-Litowst*) hatte die Türkei aber das Recht, das Schicksal der bis 1878 türkisch gewesenen Gebiete von Kars, Ardahan und Datum in Übereinstimmung mit der dortigen Bevölkerung zu regeln. Mit der im südlichen Teil des Kaukasus-Gebietes neu entstandenen Transkaukasischen Republik waren hierüber Verhandlungen im Gange. Als diese ergebnislos blieben, setzte die 3. Armee den Vormarsch über die Grenze fort. In der ersten Aprilhälste rückte sie in Kars und Batum ein und setzte den Vormarsch in der Richtung auf ihre vor 1878 gültigen Grenzen fort. Bei neuen Verhandlungen stellten die Türken über den Brester Friedensvertrag hinausgehende Gebietsforderungen; denn das Aufhören jeglichen russischen Widerstandes hatte der „turanischen Bewegung" starken Austrieb gegeben, die, Staatsführung und Heeresleitung ergreifend, den Zusammenschluß aller im asiatischen Raum lebenden turko-tatarischen Völkerschaften unter türkischer Führung anstrebte, damit aber auch den Besitz der kriegswichtigen Öl- und Erzlager des Kaukasus-Gebietes^). Dementsprechend nahm die türkische Heeresleitung wieder eine allmähliche Verstärkung ihrer Streitkräste an der kaukasischen Grenze vor.
Den türkischen Absichten standen deutsche Bedürfnisse entgegen^). Der Militärbevollmächtigte in Konstantinopel, General von Lossow, wurde mit Wahrnehmung der deutschen Belange in Batum beauftragt.
Durch den starken Krästeeinsatz im Kaukasus-Gebiet schädigte die Türkei die ihr im Rahmen der Gesamtkriegsührung zufallende Ausgabe,
x) S. 355f.
*) Das Ölvorkommen im eigenen Lande (im Irak zwischen Mosul und Suleimanie) war bekannt, harrte aber noch der Erschließung.
*) 6.388.
Ereignisse an der Kaukasus-Front.
433
möglichst starke britische Truppen in Palästina und im Irak zu binden. Schließlich störte der Streit der Türkei mit der Transkaukasischen Republik den weitzielenden Plan der Obersten Kriegsleitung, unter Einschaltung jenes Staatswesens als Verbündeten „am Kaspischen Meer die Grundlage zu schaffen, um von dort im Zusammenwirken mit Afghanistan die englische Herrschaft in Indien zu treffen"1).
Als die Verhandlungen mit der Transkaukasischen Republik keinen befriedigenden Verlauf nahmen, überschritten die Türken Mitte Mai die neue Grenze östlich von Kars und drohten mit Vormarsch auf Tiflis. In Aserbeidschan planten sie die Bildung einer „Islam-Armee"; eine Division sollte sogar über den Kaukasus nach Wladikawkas entsandt werden, um die Unabhängigkeitsbestrebungen auch der dortigen mohammedanischen Ve-völkerung zu unterstützen. Als Folge des türkischen Vorgehens fiel die wenig lebenskräftige Transkaukasische Republik Ende Mai auseinander.
Angesichts dieser Entwicklung war die Oberste Kriegsleitung, um den Türken entgegenzukommen, bereit, über den Brester Vertrag hinaus sich mit Angliederung Aserbeidschans an die Türkei und damit türkischer Ausdehnung bis zum Kaspischen Meer abzufinden, jedoch unter Ausschluß des Erdölgebietes von Baku, das nunmehr Rußland verbleiben sollte; denn vordringlich war ihr, daß im Kaukasus-Gebiet Ruhe eintrat und die dort eingesetzten türkischen Truppen gegen die Engländer frei wurden. Dabei wünschte die Oberste Kriegsleitung jetzt ihr Vorgehen aus dem Kaukasus-Gebiet durch West-Persien in die englische Flanke bei Bagdad mit dem weiteren Ziele, die Engländer auch aus Persien zu vertreiben. In diesem Sinne wurde versucht, durch General von Seeckt auf Enver Pascha einzuwirken. Da man aber in Konstantinopel wenig bereit war, auf die deutschen Wünsche einzugehen, wurden die Weisungen der Obersten Kriegsleitung in Form und Ton allmählich schärfer. Als türkische Truppen durch armenische Freischaren auf persischem Gebiet eine empfindliche Schlappe erlitten hatten, schloß ein Telegramm des Generals Ludendorff vom 25. Mai: „Wenn die türkische Regierung die Verteidigung des eigenen Landgebiets über politischen und wirtschaftlichen Bestrebungen in anderer Richtung verabsäumt und uns im Kaukasus Schwierigkeiten macht, von wo aus wir die Engländer treffen könnten, kann sie nicht damit rechnen, daß wir ihr später auf unsere Kosten ihr eigenes Landgebiet wieder verschaffen". Um ihrem Willen Geltung zu verschaffen, ernannte die Oberste Kriegsleitung in Übereinstimmung mit dem Auswärtigen Amt Ende Mai
*) Drahtungen des Een. Ludendorff an den Mil.-Bevollinächtigten Gen. von Lossow vom 15. März und N.Mai.
Weltkrieg. XIII. »b. 90
Wa!/Aog»ft.
454 Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Der Krieg der Türkei.
W-i/Aag»st
1918.
Oberst von Kreß unter Beförderung zum General zum „Chef der Deutschen Delegation im Kaukasus" mit dem Sitz in Tiflis. Aus russischer Gefangenschaft frei gewordene deutsche Soldaten übernahmen den Schutz der Bahn bei Tiflis, bis im Juni vom Oberbefehlshaber Ost zwei deutsche Bataillone zugeführt wurden. General von Kreß hatte für Ausstellung einer georgischen Streitmacht und Ausnutzung der wirtschaftlichen Kräfte des Landes zugunsten der deutschen Kriegswirtschaft zu sorgen.
Indessen schritten die Türken, unbeirrt durch die auf dem Wege über General von Seeckt vorgebrachten Einsprüche der Obersten Kriegsleitung, im Juni zur Besetzung weiterer georgischer Grenzgebiete. Es kam zu Zusammenstößen mit deutschen Truppen, die den Bahnschutz in diesen Gebieten übernommen hatten. Immer offensichtlicher zeichnete sich ab, daß die Inbesitznahme der kaukasischen Bahnen und des reichen Olgebietes von Baku ein wesentliches Ziel der türkischen Politik war. Persien geriet dagegen mehr und mehr in englische Hand, britische Truppen näherten sich dem Kaspischen Meer.
Die Oberste Kriegsleitung wandte sich nunmehr unmittelbar an den verantwortlichen Leiter der türkischen Operationen. Am 8. Juni richtete General Ludendorff ein ernst gehaltenes Telegramm an Enver Pascha, das mit der Bemerkung schloß, daß „das vertragswidrige Vorgehen der Türken für mich jedes Zusammengehen mit Eurer Exzellenz ausschließen würde". Tags daraus folgte ein Telegramm des Generalfeldmarschalls, das nunmehr die Räumung aller über den Brester Friedensvertrag hinaus von den Türken besetzten kaukasischen Gebiete und den Einsatz der ganzen auf diesem Kriegsschauplatz befindlichen Kraft gegen die Engländer im Irak und in Persien forderte. Aber EnverPascha war gewillt, eher von seiner Stellung zurückzutreten, als diesen Forderungen nachzugeben. General v o n S e e dt bemühte sich zu vermitteln. Ansang Juli konnte er der Obersten Kriegsleitung melden, daß ihre Forderung, den Schwerpunkt der türkischen Kriegführung in der Richtung auf Bagdad zu sehen, in Konstantinopel mehr Verständnis als bisher fände. Eine Heeresgruppe Ost unter General Halil Pascha sei dazu in der Bildung begriffen: Mit der im südlichen lautesten aus sechs Divisionen neu aufgestellten 9. Armee sei Vorgehen durch Persien gegen die Ostslanke der englischen Stellung bei Bagdad geplant, dem sich dann die 6. Armee am Tigris anschließen werde; die im Kaukasus-Gebiet verbleibende 5. Armee diene lediglich Besatzungszwecken, ihre Stärke sei auf ein Mindestmaß herabgesetzt*).
Am die trotzdem noch bestehenden Unstimmigkeiten zu beseitigen, legte Generalfeldmarschall von Hindenburg in einem Telegramm vom
') S. 437 Anm.
Ereignisse an der Kaukasus-Front.
435
13. Juli an Enver Pascha dar: Hauptaufgabe der türkischen Kriegführung sei die „Bekämpfung der englischen Streitkräste in Syrien, Mesopotamien und Persien mit dem Endziel, die Engländer allmählich wieder aus diesen Ländem zu vertreiben". Es müsse vermieden werden, „daß wir Rußland", mit dem man inzwischen wegen Öllieferungen aus Baku verhandelte, „durch Unternehmungen in Rordkaukasien in die Arme der Entente treiben". Besonders hob Generalfeldmarschall von Hindenburg die Notwendigkeit hervor, die reichen Rohstoffe des kaukasischen Gebiets namentlich an Öl der deutschen Kriegswirtschaft nutzbar zu machen. Er schloß mit der Forderung, „daß in Transkaukasien Maßregeln unterlassen werden, die uns in Gefahr politischer und militärischer Verwicklungen... bringen...". Am 16. Juli antwortete Enver Pascha entgegenkommender. Deutscherseits wurden zwei weitere Bataillone und drei Batterien nach Georgien entsandt, ein „Lehrkommando für den Kaukasus" sollte die Aufstellung georgischer Truppenteile unterstützen. In der Baku-Frage aber kam es zu neuen Spannungen.
Nachrichten von einer Besetzung des Ölgebiets durch armenische Banden gaben den Türken dann aber Anlaß zum Vormarsch dorthin. Sie begründeten ihn mit dem Hinweis, daß Baku aus sowjetrussischem in armenischen Besitz übergegangen und damit eine neue Lage entstanden sei. Das türkische Vorgehen erweckte aus deutscher Seite größte Besorgnisse wegen nachteiliger Rückwirkungen aus die mit Sowjetrußland schwebenden Verhandlungen. Am 4. August forderte General Ludendorss durch General von Seeckt die sofortige Einstellung des türkischen Vormarsches auf Baku mit der Begründung: „Ich kann es nicht dulden, daß durch das offenkundig vertragswidrige Verhalten türkischer verantwortlicher Stellen die Gefahr eines neuen Krieges mit Groß-Ruhland heraufbeschworen wird". In einer erregten Besprechung mit General von Seeckt stritt Enver Pascha jede Mitwisserschaft am Vorgehen aus Baku ab und schob es auf Eigenmächtigkeit der dortigen Führer; sie wurden angewiesen, jede weitere Angriftstätigkeit zu unterlassen. Mitte August aber stellte sich heraus, daß inzwischen englische Truppen, über das Kaspische Meer kommend, bei Baku gelandet waren.
Unter diesen Umständen ließ General Ludendorff das Auswärtige Amt am 19. August wissen: „Ich sehe nunmehr keine andere Möglichkeit, um zu dem dringend notwendigen Öl aus Baku zu kommen, als daß sich Rußland mit der Vertreibung der Engländer einverstanden erklärt: Diese Vertreibung kann angesichts der wenigen verfügbaren deutschen Truppen nur durch uns und die Türken erfolgen ..." Da von russischer Seite wohl eine deutsche, aber nicht eine türkische Unternehmung gegen Baku zu-
28*
436 Kampfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Der Krieg der Türkei.
September
ISIS.
Juni ISIS.
gestanden wurde, sollten die deutschen Truppen (bisher vier Bataillone, drei Batterien und technische Truppen, zusammen 5000 Mann, dazu zwei in der Aufstellung begriffene georgische Divisionen mit 45000 Mann) durch eine Infanterie- und eine Kavallerie-Brigade aus der Ukraine verstärkt werden, die Ende August zur Überfahrt nach Poti eingeschifft wurden.
Zu ihrem Einsatz kam es aber nicht mehr, denn Baku wurde bereits Mitte September durch türkische Truppen beseht. Die Engländer waren abgezogen, ohne die Ölfelder zu zerstören. Sowjet-Rußland begnügte sich mit einem Protest. Die inzwischen am 27. August vertraglich mit ihm festgelegten, für die deutsche Kriegführung dringend benötigten Öllieferungen hingen aber künftig von der verbündeten Türkei ab, die sich in allen Aus-fuhrfragen bisher äußerst zurückhaltend gezeigt hatte. Ihre militärischen Befehlshaber verhielten sich in Baku ausgesprochen deutschfeindlich. Andererseits suchte die türkische Heeresleitung nunmehr, angesichts der „durch die Besetzung von Baku geschaffenen günstigen Lage", durch eine Weisung vom 19. September die Operation durch Persien vorwärts zu treiben, wozu es aber wegen der inzwischen in Palästina eingetretenen Ereignisse nicht mehr kam.
4. Der Endkampf in Palästina.
Bereits im Juni hatte sich die Oberste Kriegsleitung durch die Lage an der Westftont genötigt gesehen, wie aus Mazedonien so auch aus der Türkei deutsche Truppen zurückzufordern. Aus diesem Anlaß drahtete General Ludendorff am 12. Juni an General von Geeckt: Wenn die türkische Heeresleitung die für Operationen nach dem Nordkaukasus bestimmte Truppenstärke für Palästina frei macht, so könnten die deutschen Truppen „wenigstens in der Mehrzahl aus Palästina verschwinden". Getreu seiner Überzeugung, daß ein günstiger Kriegsausgang für die Türkei vom Siege Deutschlands an der Westftont abhing, gab Enver Pascha seine Zustimmung, bat jedoch um Belastung aller „unbedingt erforderlichen Spezialtruppen"; den Ausfall an Kampfkraft an der Palästina-Front sollte die Heranführung neuer türkischer Divisionen ausgleichen. Stärkste Bedenken hatte dagegen General von Liman. Er wandte sich aus Grund seiner besonderen Stellung1) am 20. Juni an den Botschafter in Konstantinopel und sagte dabei, wenn die deutschen Truppen weggezogen würden, „den Zusammenbruch der Palästina-Front in kürzester Zeit" voraus: „Nur dadurch, daß deutsche
*) Sen. von Liman war schon vor dem Kriege aus dem deutschen Heere ausgeschieden und als Chef der „Deutschen Militärmission" durch besonderen Vertrag in türkischen Diensten angestellt gewesen (Bd. IX, S. 136).
Beurteilung bet Lage in Palästina.
437
militärische Kraft und das deutsche Ansehen, welches allein den Arabern Garantien für die Zukunft gewährt, hinter den Türken gestanden hat, ist es möglich gewesen, einen großen Teil von Palästina und ganz Syrien unserem Bundesgenossen zu erhalten". Vermutlich daraufhin bat der Reichskanzler in einem Schreiben an Generalfeldmarschall von Hinden-burg, „wenn irgend tunlich von der Zurückziehung der Truppen Abstand zu nehmen und die in dieser Hinsicht etwa bereits getroffenen Anordnungen rückgängig zu machen. Sonst lausen wir Gefahr, daß uns das Bündnis mit der Türkei ohne unseren Willen entgleitet". Unter diesen Umständen wurde die Abberufung der deutschen Truppen bis auf ein Bataillon, das bereits nach Konstantinopel in Marsch gesetzt worden war, aus später verschoben.
Anfang Juli erbat General Ludendorff vom Chef des türkischen gmi. Generalstabes einen „zusammenfassenden Überblick über die militärische Gesamtlage". Der Grundton des daraufhin am 6. Juli abgehenden Berichts war zuversichtlich gehalten, wenn auch General von Seeckt auf Ermüdungserscheinungen im türkischen Heere hinwies: Obgleich im ganzen rund 3000000 Mann zum Heeresdienst eingestellt worden wären, betrage die Eewehrstärke nur rund 124000 Mann1).
Es sei zu erwarten, „daß es auch weiterhin gelingt, dem Feind Widerstand zu leisten, solange er seine Kräfte nicht wesentlich verstärken kann, und daß es möglich wird, bei Zusammenfassen aller Kräfte Verlorenes wiederzugewinnen". Über die Palästina-Front urteilte er: „Der Feind hat infolge der Abgaben an die europäische Front und Einstellung indischer Truppen an Offensivkraft verloren ... Alle Angriffe haben sich durch Mangel an Energie und Planlosigkeit der Führung ausgezeichnet. Tritt hierin keine Änderung ein, so ist damit zu rechnen, daß die Heeresgruppe auch fernerhin Angriffe abweist. Ob sich nach Zuführung der Verstärkungen [türkische 37. und 47. Division2)] die Aufnahme der Offensive im Herbst ermöglichen lassen wird, kann noch nicht mit Sicherheit beurteilt werden".
Im August forderte die Oberste Kriegsleitung auch General v o n L i m a n äugest zum unmittelbaren Bericht auf. Er meldete am 22. August: Man müsse sich entscheiden, ob der Palästina-Feldzug „mit Aussicht aus Erfolg durchgeführt werden soll, — oder ob hier nur ein Hinhalten beabsichtigt" sei.
*) Hgr. F. (4., 7. und 8. Armee in Palästina) ................ 44000 Gewehre
Hgr. Ost (6. And 9. Armee, für spätere Operationen gegen Bagdad) 28000 „
3. Armee (Kaukasus-Front) .................................. 12000 „
2. Armee (Alexandrette) ..................................... 8000
5.Armee (Küste des Ägäischen Meeres) ..................... 32000 „
2) Von der Kaukasus-Front.
438 Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Der Krieg der Türkei.
Sagest 1918.
September.
Im ersten Falle müsse mit allen Mitteln geholfen werden, in letzterem müsse klar ausgesprochen werden, daß Hinhalten „nur noch für begrenzte und absehbare Zeit möglich" sei. Über die augenblickliche Lage urteilte er aber nicht ungünstig: „Die militärische Lage an der Palästina-Front zwischen Meer und Jordan ist im allgemeinen als gesichert anzusehen. Die außerordentlich schwache Kopfstärke der türkischen Truppen — Bataillone im Durchschnitt 130 bis 180 Mann — läßt lokale Rückschläge immer möglich erscheinen, doch ist anzunehmen, daß die Front hier im großen und ganzen gegen frontale Angriffe gehalten werden wird". Reue feindliche Angriffe würden sich vermutlich gegen das Ostjordanland richten.
Mit Herannahen der kühleren Jahreszeit änderte sich jedoch das Bild. Es mehrten sich die Anzeichen, daß in Palästina ein großangelegter feindlicher Angriff zu erwarten sei. Die türkische Versorgungslage war inzwischen immer schlechter geworden. Im Vergleich zum Mai hatten die Transportleistungen der Bahn im August um fast zwei Drittel abgenommen. Schuld daran trug der Kohlenmangel. Diese Verhältnisse verzögerten auch die beabsichtigte Verstärkung der Front. Von den beiden neu überwiesenen Divisionen trafen im August lediglich vier schwache Bataillone ein.
Fm September standen von elf Divisionen mit einer Gesamtstärke von etwa 20000 Gewehren zehn in der weitgespannten Front zwischen Mittelländischem und Totem Meer. Die im Verhältnis zur Kopfzahl viel zu breiten Divisions-Abschnitte hatten nur durch die nach der Tiefe gegliedette Besetzung mit Maschinengewehren eine gewisse Widerstandskraft. Die Reiterei zählte 1000 Säbel. Von den sechs deutschen Bataillonen standen je drei bei der 8. Armee östlich der Bahn und bei der 4. Armee östlich des Jordan. Ihre Kopfzahl war durch Gefechtsverluste und Krankheiten bereits sehr zurückgegangen. Auch war ihnen wegen des Bedarfs im Westen seit dem Frühjahr kein Ersatz mehr zugeflossen, so daß nur etwa 2500 Mann in der Front standen. Besonders ungünstig hatten sich die Verhältnisse für die deutsche Luftwaffe entwickelt. Die Flieger waren an Zahl und Güte der Maschinen den Engländern unterlegen, außerdem herrschte große Benzinknappheit. Schwere Verluste in Luftkämpfen nötigten sie, die Luftaufklärung großenteils einzustellen; bei Beginn des englischen Angriffs waren nur fünf deutsche Flugzeuge verwendungssähig.
Angesichts der schwierigen Lage hatte General von Liman mehrfach eine Rückverlegung der Front erwogen, hatte aber davon Abstand genommen. Richt nur, weil es dem Aufträge, Palästina zu verteidigen, widersprochen hätte, sondern auch weil die Truppen nicht marschgeübt waren und auch die nötigen Transportmittel fehlten, um schwere Geschütze und Kriegsgerät zurückzubringen. Zudem hätte jedes Ausweichen Verhängnis-
Der Endkampf in Palästina.
439
volle Rückwirkungen aus die an sich schon dauernd wachsende arabische Aus-siandsbewegung haben müssen. Ohne die Gefahren zu verkennen, die mit einer Annahme des englischen Angriffs verknüpft waren, hielt es General von Liman für richtiger, die bisherige Front zu behaupten.
Der britische Oberbefehlshaber in Palästina, General Allenby, beabsichtigte den Angriff für September. Mit sieben Infanterie-Divisionen (56000 Gewehre) sowie vier berittenen Divisionen (11000 Säbel) und insgesamt etwa 550Geschützen hatte er eine außerordentliche Überlegenheit.
Am 17. September erfolgten Bahnunterbrechungen weit hinter der türkischen Front bei dem wichtigen Knotenpunkt Dera, vermutlich durch aufständische Araber. In den frühen Morgenstunden des 19. September brach der englische Angriff im Küstenabschnitt los. Trommelfeuer ls.s«ptm>b«. leitete den Infanterie-Angriff ein. Ohne ernstlichen Widerstand zu finden, durchstieß die britische Infanterie, unterstützt von zahlreichen Fliegern, die Front der türkischen 8. Armee. Der weitaus größte Teil der hier stehenden Truppen geriet in englische Gefangenschaft. Die britische Kavallerie fand den Weg nach Norden und Nordosten geöffnet. Auch östlich der Bahn gaben die türkischen Verbände nach. Der hier befehligende Führer des Asienkorps, Oberst von Oppen, sah sich genötigt, seine Front gleichfalls zurückzunehmen. Da die Drahtverbindungen teils durch das Artilleriefeuer zerstört, teils wohl von der arabischen Bevölkerung durchschnitten worden waren, erhielt General von Liman erst gegen Mittag Meldungen, die erkennen liehen, daß die Lage auf dem westlichen Flügel der Heeresgruppe überaus ernst war. Die Hoffnung, daß sich wesentliche Teile nördlich der bisherigen Front wieder gesetzt hätten, wurde immer geringer. Mehr noch als durch die englische Infanterie war der nun unvermeidlich gewordene weitere Rückzug zwischen Meer und Gebirge durch die starke feindliche Reiterei gefährdet, der frische Kräfte nicht entgegengestellt werden konnten.
Unter Sperrung der Gebirgsengen östlich von Tul Kerim beabsichtigte General von Liman, den linken Flügel der 8. Armee auf Djenin, die 7. Armee, die bisher standgehalten hatte, aus Besän zurückzunehmen; die 4. Armee sollte sich zum Rückzug nach Norden, in den Raum um Dera, vorbereiten.
Am 20. September kurz nach Tagesanbruch wurde das Heeresgruppenkommando in Nazareth völlig überraschend von britischer Kavallerie an-gegriffen. Sie wurde zwar abgeschlagen, aber das Auftreten feindlicher Truppen 80 Kilometer hinter der eigenen Front kaum 24 Stunden nach Kampsbeginn kennzeichnete aufs nachdrücklichste die Schwere der Niederlage. Meldungen, daß die Paßstraßen östlich von Tul Kerim nicht gehalten worden seien und daß der Feind von der Küste her immer weiter nach
440 Kämpfe an den Nebenfronten seit SomNrer 1917. Der Krieg der Türkei.
e.pk-mb«!lil's. worden überflügele und herumgreise, machten ersichtlich, daß die zwischen Meer und Jordan führenden Straßen für den Rückzug ausfielen. General von Liman mußte sich daher am 21. September entschließen, die Heeresgruppe längs und östlich des Jordan zurückzuführen, Am Farmuk-Abschnitt Samach—Dera beabsichtigte er wieder Front zu machen. Zur Deckung der rechten Flanke gegen die bereits westlich des Tiberias-Sees stehende feindliche Kavallerie wurden einige gerade erreichbare Truppen an der Jordan-Senke nördlich des Tiberias-Sees eingesetzt.
Schon an diesem dritten Kampftag zeigte sich klar, daß unter den dauernden Angriffen feindlicher Flieger, die unbestritten die Luft beherrschten, und infolge der großen Marschanstrengungen bei starker Hitze und wenig Wasser die an sich schon geringe türkische Widerstandskraft und Haltung vollends zusammengebrochen war. Die durch das Gebirge führenden Straßen waren durch Geschütze und Fahrzeugkolonnen verstopft, die feindlichen Fliegerangriffen zum Opfer gefallen waren. Fast die gesamte Artillerie ging verloren. Mit der Auslösung der türkischen Truppen nahm die feindselige Haltung der arabischen Bevölkerung zu, die sich in Überfällen auf abgesplitterte Marschteile Luft machte. e«pt«nb«! 2lm 22. September leitete die kaum angegriffene 4. Armee den Rückmarsch auf Dera ein; deutsche Truppen bildeten die Nachhut. Tags darauf traten die wenigen noch gefechtsfähig gebliebenen Teile der 8. Armee, darunter deren deutsche Truppen, wenn auch unter Verlusten durch nachdrängenden Feind, südöstlich von Besän auf das östliche Jordan-User über. Sie sollten beiderseits des Tiberias-Sees die Flanke decken. Der Befehl hierzu erreichte sie aber nicht, so daß sie den Marsch nach Nordosten gegen den Raum westlich von Dera fortsetzten. Die gleiche Richtung schlugen die Reste der 7. Armee ein. Die Flanke am Tiberias-See aber blieb nur unzureichend geschützt, der feindlichen Kavallerie stand der Weg über den Jordan aus Damaskus offen. Frische Kräfte standen nicht zur Verfügung. Wohl war am 22. September die im Küstenschutz bei Alexandrette stehende, überaus schwache1) 2. Armee der Heeresgruppe unterstellt worden; sie konnte aber nur wenige arabische Bataillone von zweifelhaftem Gefechts-wert abgeben, die mit der Bahn nach Damaskus in Marsch gesetzt wurden. Bereits am 24. September verstärkte sich der feindliche Druck am Tiberias-See, am 25. gingen Samach und Liberias verloren. bfsi.‘o/tobn' General von Liman mußte die Absicht, am Iarmuk-Abschnitt Front zu machen, aufgeben. Weiterer Rückzug auf Damaskus, das möglichst lange gehalten werden sollte, wurde unvermeidlich. Am 27. September räumten die Nachhuten der Reste von drei türkischen Armeen das Iarmuk-Tal, am ‘) S. 437.
Der Snbkampf in Palästina und Syrien.
441
gleichen Tage mußte die Flankenstellung nördlich des Tiberias-Sees vor Umfassung britischer Kavallerie ausgegeben werden. Auch ein Widerstandsversuch zusammengeraffter schwacher deutscher und türkischer Truppen bei el Kunetra südwestlich von Damaskus brach bald zusammen; Syriens Hauptstadt mußte ausgegeben werden. Der Rückzug wurde aus Rajak weiter fortgesetzt. Am 1. Oktober zogen Engländer und Araber in Damaskus ein; am gleichen Tage fiel aber auch schon als neue Basis für weiteres Vordringen die Hafenstadt Beirut in ihre Hand. Die Absicht, bei Rajak zu halten, mußte damit aussichtslos erscheinen.
Nur durch weites Absetzen von dem unablässig folgenden Gegner konnte es gelingen, die Truppen wieder in die Hand zu bekommen und zu neuem Widerstände fähig zu machen. General von Liman entschloß sich, nach vorübergehendem Halt bei Homs erst bei Aleppo zur Verteidigung Nord-Syriens wieder Front zu machen. Da aber auch dort die arabische Bewegung gefährlich um sich griff und Nachrichten von feindlichen Truppenlandungen bei Alexandrette einliefen1), verlegte er den schwachen Rest der 2. Armee (wenige tausend Mann) sowie die deutschen Truppen (noch etwas über 2000 Mann) in den Raum von Adana; er selbst blieb in Aleppo.
Unterdessen zwangen Nachschubschwierigkeiten den Gegner, der in zwei Wochen 200 Kilometer durch das an Vorräten arme Land vorgerückt war, zu einer Kampfpause. Erst am 25. Oktober griff er unter Beteiligung der arabischen Bevölkerung Aleppo an. Die 7. Armee, einschließlich der Reste der inzwischen ausgelösten 4. und 8. Armee nur 11000 Mann zählend, räumte die Stadt und bezog nördlich von ihr neue Stellungen. Der Feind folgte und griff wiederum an.
Unterdessen hatte Bulgarien bereits ant 29. September dieWaffen niedergelegt. Die Verbindung nach Deutschland war bald nur noch durch Rumänien oder Süd-Rußland über das Schwarze Meer möglich. Konstantinopel war durch englischen Vormarsch von Saloniki her bedroht. Bevor ausreichende türkische Kräfte zum Schutze der Hauptstadt eintreffen konnten, mußten Wochen vergehen. Zunächst hatte die Oberste Kriegsleitung die 16. Landwehr-Division aus der Krim nach Konstantinopel entsandt, wo sie Anfang Oktober eingetroffen war. Sie wurde sofort in den Raum nördlich von Gallipoli vorgeführt.
Am 5. Oktober richtete die Türkei zugleich mit Deutschland und Österreich-Ungarn ein Waffenstillstandsangebot an Präsident Wilson. Am 13. trat der Großvesir Talaat Pascha mit seinem Kabinett zurück. Ange-
*) Das Erscheinen englischer Torpedoboote hatte den Eindruck einer bevorstehenden Landung erweckt; eine solche hat aber tatsächlich nicht stattgefunden.
L. bis 31. Oktober.
442 Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Der Krieg der Türkei.
ota*«t reis. s'chts der hoffnungslosen Lage leitete der Nachfolger, Marschall gzzet Pascha, bis zum Waffenstillstand mit Rußland Oberbefehlshaber an der Kaukasus-Front, alsbald Sonderverhandlungen mit England ein. Es gelang ihm, für die deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen die Rückbeförderung in die Heimat durchzusehen. Am 30. Oktober wurde der Waffenstillstand unterzeichnet, am 31. trat er in Kraft. Aus Befehl des Grvßvesirs übergab General vonLiman das Kommando an General Mustapha Kemal Pascha und kehrte nach Konstantinopel zurück. 32 000 Mann deutscher Truppen und Behörden von Heer und Marine waren heimzubefördern, davon 6600 aus Kaukasien. Wegen Mangels an Schiffsraum und wegen großer Entfernungen zu den Einladehäfen zog sich der Rücktransport bis in den Juni 1919 hin.
5. Betrachtungen.
3m Jahre 1914 hatte es sich darum gehandelt, ob die Türkei den Mittelmächten oder der Entente beitreten werde. Daß sie auf Kriegsdauer neutral bleiben könne, hielt man mit Recht für ausgeschlossen. So war das Bündnis mit den Mittelmächten an sich schon Gewinn für diese. Darüber hinaus hat es der Kriegführung der Mittelmächte einen Nutzen gebracht, der alles, was sich an Sorgen und an Hilfeleistung durch Truppen, Gerät und Geld aus dem Bündnis ergab, mehr als aufwog. Gewiß haben sich manche weitgehende Hoffnungen, wie die auf Entfesselung des „Heiligen Krieges", der die englische Gesamtstellung in der islamitischen Welt erschüttern sollte, oder auf entscheidende Erfolge gegen Ägypten und den Persischen Golf, oder der Plan, auch nur den Suez-Kanal zu sperren, nicht erfüllt, denn zur Erreichung selbst des geringsten dieser Ziele genügten die Kräfte der Türkei nicht. Die Versuche, bei den Senussi im westlichen Ägypten oder in Persien und Afghanistan nennenswerte Unterstützung gegen England zu finden, schlugen fehl. Aufgaben, wie sie der Kampf gegen die englische Macht in Afrika und Vorderasien mit sich brachte, waren nicht zu lösen ohne Mitwirkung starker deutscher Kräfte, stärkerer jedenfalls, als sie angesichts unzureichender militärischer Erfolge in Europa abgegeben werden konnten.
Die türkische Kriegführung war genötigt, von der Hand in den Mund zu leben. Es mangelte ihr so gut wie an allem, was zu erfolgreicher Durchführung von Operationen und Kämpfen notwendig war. Zwar war das Wichtigste, ein in seinen wesentlichen Bestandteilen tapferes, bedürfnisloses und lenksames Volk, vorhanden. Es fehlte aber die bei der Weite des türkischen Reiches doppelt notwendige Organisation auf politischem, militärischem und wirtschaftlichem Gebiet. Die Staatsgewalt reichte nicht
Betrachtungen.
443
überall bis an die eigenen Grenzen, vor allem nicht bis an die Arabiens. Zahlenmäßige Stärke, Ausbildung und Ausrüstung' der Wehrmacht genügten in keiner Weise. Eisenbahnen waren kaum vorhanden, die Küstenschiffahrt, die sie im Frieden teilweise ersetzte, war durch die Gegner bald so gut wie ganz unterbunden. Es fehlten Kohle, Rohstoffe und Fabriken. Selbst die Ernährung war ohne Zufuhren, vor allem für die Hauptstadt Konstantinopel, nicht gesichert. So hat die Türkei dauernd Hilfe gebraucht, und diese ging fast ausschließlich zu Lasten Deutschlands, das sie aber nur in ganz kleinen Raten zu gewähren vermochte.
Das Dardanellen-Unternehmen der Entente zwang Deutschland zu ausschlaggebendem Kräfteeinsatz gegen Serbien und entzog damit dem Kampfe gegen Rußland vorzeitig deutsche Truppen. Es ist schließlich von den Türken im wesentlichen mit eigenen Kräften abgewiesen worden, aber doch vor allem dank deutscher Führung und entscheidender Mitwirkung deutscher Marineteile. Später ist die Zahl der vom Heere in die Türkei entsandten Einheiten und Behörden nebst Führungs- und technischem Personal allmählich bis auf 25000 Köpfe gestiegen, davon nur rund 5000 Mann (sieben Bataillone, sowie einige Batterien, Pionier-Kompanien, Fliegerabteilungen usw.) fechtende Truppen, an der Gesamtstärke des deutschen Heeres gemessen eine gewiß verschwindend kleine Zahl, in ihr allerdings unverhältnismäßig viele für Führerstellen geeignete Männer. Dieser Zuschuß hatte genügt, die militärische Kraft der Türkei so weit zu stärken, daß sie den an Zahl und Ausrüstung überlegenen gegnerischen Armeen volle vier Jahre Widerstand leisten und gleichzeitig auch noch Truppen, zeitweise bis zu sieben Divisionen, für den Kampf in Galizien, in Mazedonien und gegen Rumänien zur Verfügung stellen konnte. Daß sie sich hierzu bereit fand, ist vor allem der willensstarken Führung des Dizegeneralissimus EnverPascha zu danken, der in klarer Erkenntnis der großen Zusammenhänge des Krieges fast immer bereit war, auf die Wünsche und Anregungen der Obersten Heeres- und später Kriegsleitung einzugehen. Deutschland hatte vor allem in ihm einen treuen und stets hilfsbereiten Bundesgenossen.
Wesentlich hat die Türkei dazu beigetragen, die Widerstandskraft Rußlands zu schwächen. Wenn auch ihr erster Angriff im kaukasischen Grenzgebiet mit schwerem Mißerfolg endete, so hat sie dort doch dauernd russische Kräfte in der Stärke von etwa 300000 Mann gefesselt. Vor allem aber hat sie durch Sperrung des Eingangs zum Schwarzen Meere die einzige leistungsfähige Verbindung Rußlands zu den Westmächten unterbunden; die Wege über Schweden—Norwegen, über Archangelsk und später über die Murman-Bahn oder gar über Sibirien und Nordamerika konnten den durch das Mittelmeer niemals ersehen. Rußland, das an Waffen, Muni-
444 Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Der Krieg der Türkei.
tion und Kriegsgerät aller Art Mangel litt, konnte darin, dank der Haltung der Türken, von seinen Bundesgenossen nur ganz unzureichend unterstützt werden. Starke englische Kräfte, zeitweise bis zu 18 Divisionen mit 1000000 Mann sind durch die türkischen Armeen dem Kriegsschauplatz in Europa ferngehalten worden, die zunächst durch Angriff, und, als dann die Kräfte dazu nicht mehr reichten, in der Abwehr ihr Teil zu den kriegerischen Erfolgen der Mittelmächte beigetragen haben.
Wenn der türkische Widerstand schließlich zusammenbrach, so lag das an der nach vier Jahren Krieg ohne ausreichende Hilfe von außen und schließlich auch ohne Hoffnung auf glücklichen Ausgang eingetretenen Erschöpfung aller Kräfte. Diese Verhältnisse sind von den in der Türkei wirkenden deutschen Generalen nur teilweise rechtzeitig erkannt worden, und wo sie erkannt wurden, war es meist nicht möglich, ausreichend zu helfen, teils wegen des eigenen Mangels an Mitteln, teils wegen der besonderen Schwierigkeiten der Kriegführung in der Türkei. Dort mußten alle Entschlüsse, wie Enver Pascha im November 1917 der Obersten Kriegsleitung schrieb, wegen der mangelhaften Bahnverbindung und langen Dauer aller Transporte sehr früh gefaßt werden. Die Truppenverbände wurden durch die Bahnfahrt auf lange Zeit auseinandergerissen, so daß Ausbildung und innerer Zusammenhalt litten. Dazu kam, vor allem infolge der Unmöglichkeit, die Truppen mit Verpflegung und Kleidung ausreichend zu versorgen, ein Überhandnehmen der Fahnenflucht. Im Irak waren die türkischen Soldaten schließlich nur noch in Lumpen gekleidet, viele liefen barfuß. Daß unter diesen Umständen die operativen und taktischen Pläne und Befehle mit den Verhältnissen noch nicht voll vertrauter deutscher Führer zum Versagen verurteilt waren, kann nicht wundernehmen.
General von Falkenhayn hat im Frühjahr 1917, bevor er den Oberbefehl in Palästina und im Irak übernahm, die Aussichten der Lage zweifellos überschätzt. Aber auch General von Seeckt hat noch am 6. Juli 1918, als die Lage schon um sehr vieles ungünstiger war, sich durchaus zuversichtlich geäußert. Der bereits seit Dezember 1913 in der Türkei wirkende und dadurch mit ihren Verhältnissen am meisten vertraute General von Liman hat sogar noch vier Wochen vor dem Zusammenbruch, am 22. August 1918, wenn er auch die Gesamtlage zutreffend beurteilte, doch die augenblickliche Lage in Palästina als gesichert angesehen. Es war offenbar außerordentlich schwer, sich ein richtiges Bild von den tatsächlichen Verhältnissen zu machen.
Auf den Gang der Ereignisse in Palästina hat General von Falkenhayn nur verhältnismäßig geringen Einfluß üben können. Bevor seine Führung zur Wirkung kommen konnte, war die von einem seit Kriegsbeginn
Betrachtungen.
445
in türkischen Diensten bewährten Führer befehligte Gaza-Front, die von allen zuständigen Stellen als fest stehend angesehen wurde, durch britische Übermacht in wenigen Tagen zum Zusammenbruch gebracht. Da alle Verstärkungen an Truppen wie an Gerät wegen der völlig unzureichenden Leistungsfähigkeit der Bahn nur tropfenweise herankamen, konnte es auch nicht gelingen, eine widerstandsfähige neue Front aufzubauen. General von Liman ist es, obgleich ihm für Neuordnung des Widerstandes sechs mhige Monate zur Verfügung standen, ebensowenig gelungen, den erwarteten neuen englischen Angriff abzuwehren. Beide deutschen Führer waren letzten Endes vor unlösbare Aufgaben gestellt. Die Überlegenheit des Gegners an Zahl und Material war vor allem dank seiner besseren rückwärtigen Verbindungen allzu groß.
Die türkische Unternehmung gegen Baku — denn das war das nächste Hauptziel des Vormarsches über die im Brester Frieden zugestandenen Grenzen hinaus — hat die deutscherseits anerkannte und gestützte Transkaukasische Republik zum Einsturz gebracht und dem Kriegsschauplätze in Palästina Kräfte vorenthalten. Das Verlangen der Obersten Kriegsleitung, die dazu angesetzten türkischen Heeresteile nach Süden gegen die englische Bagdad-Armee abzudrehen, war berechtigt. Diese Operation aber mußte sich für den Nachschub aus die von Batum und Poti über Tiflis nach Djulfa führende kaukasische Bahn stützen. Solange diese nicht durch deutsche Truppen gesichert war, war es daher begreiflich, daß die türkische Heeresleitung angesichts der im Kaukasus-Gebiet herrschenden Unruhe bestrebt war, die Bahn und damit auch Tiflis durch eigene Truppen zu besehen. Darin liegt vielleicht die Erklärung dafür, daß die mit der türkischen Heeresleitung zusammenarbeitenden deutschen Generale von Seeckt und von Kreß deren Maßnahmen, soweit sie nicht geradezu auf den Besitz von Baku abzielten, im wesentlichen gutgeheißen haben. Die Frage des Vormarsches auf Baku aber hat vor allem deswegen eine so scharfe Zuspitzung erfahren, weil türkisches Vorgehen dorthin die zwischen Deutschland und Sowjet-Rußland eingeleiteten Verhandlungen über Ausbeutung der Olfelder ernstlich gefährden konnte.
Sieht man von der daraus entstandenen vorübergehenden Trübung des Verhältnisses zur türkischen Heeresleitung ab, so haben deutsche und türkische Führung mit einer in Bündniskriegen seltenen Einmütigkeit zusammengearbeitet. Dabei hat die Türkei unter der verständnisvollen Leitung EnverPaschas die Bedürfnisse der Gesamtkriegführung niemals aus dem Auge verloren und sich daher, oft unter Zurückstellung näher liegender eigener Belange, als ein stets hilfsbereiter Bundesgenosse erwiesen. Als einziger Staat der Mittelmächte hat sich die Türkei im Oktober 1917
446 Kämpfe an den Nebenfronten seit Sommer 1917. Der Krieg der Türkei.
bereit gefunden, mit Deutschland eine für das künftige Friedensverhältnis bestimmte Militärkonvention abzuschließen').
Gewiß bildeten die geringen in die türkischen Verbände eingereihten deutschen Truppen nur zu oft den Kern des Widerstandes. Ein Urteil aus Feindesmund über ihr Verhalten bei den letzten Kämpfen mag das bekräftigen: „Sie waren zweitausend Meilen von ihrer Heimat entfernt, ohne Hoffnung im fremden, unbekannten Land, in einer Lage, verzweifelt genug, um auch die stärksten Nerven zu brechen. Dennoch hielten die Trupps fest zusammen, geordnet in Reih und Glied, und steuerten durch das wirr wogende Meer von Türken und Arabern wie Panzerschiffe, schweigsam und erhobenen Hauptes. Wurden sie angegriffen, so machten sie halt, nahmen Gefechtöstellung und gaben wohlgezieltes Feuer. Da war keine Hast, kein Geschrei, keine Unsicherheit. Sie waren prachtvoll*)".
Aber auch die Anstrengungen der türkischen Truppen gingen bis an die Grenzen ihres Leistungsvermögens. Die Tapferkeit des türkischen Soldaten ist, solange er nur einigermaßen ausreichend versorgt war und Vertrauen zur Führung behielt, über jedes Lob erhaben gewesen.
Das Ausscheiden der Türkei als Verbündeter am 30. Oktober 1918 hat für die Gesamtkriegführung der Mittelmächte nicht mehr die große Bedeutung gehabt wie einen Monat vorher das Ausscheiden Bulgariens. Der Unterseekrieg, der in den türkischen Gewässern noch Stützpunkte gehabt hatte, war bereits am 21. Oktober eingestellt worden*). Immerhin wurde der Weg ins Schwarze Meer und damit die Verbindung nach Südrußland für die Entente-Flotten frei, denen die dortigen deutschen Streitkräste in keiner Weise gewachsen waren. Die deutsche Stellung an den Küsten des Schwarzen Meeres war gefährdet, der Seeweg und damit die einzige Verbindung nach Transkaukasien nicht mehr benutzbar.
*) Betr. Österreich-Ungarn vgl. 6.21.
*)Lawrence: „Revolt in the Desert“ (Deutsche Übersetzung), S. 338; ähnlich auch im austral. amtl. Werk, VII, S. 445.
*) S. 449.
XI. Die Ereignisse zur See und in Ostafrika.
A. Der Krieg zur See seit Gommer J9J71).
gm Vordergründe der Seekriegführung stand seit dem 1. Februar 1917 eo,wJ£1917 der uneingeschränkte Unterseekrieg gegen die feindliche Schiffahrt. ***»»«>. Nachdem die von den Unterseebooten gemeldeten Versenkungsziffern im April und Zum ihren Höchststand erreicht hatten, gingen sie im weiteren Verlaus des Krieges langsam zurück. Maßgebend dafür war neben verstärkter feindlicher Gegenwirkung durch Bewachungs- und Sicherungs-fahrzeuge, Minen und Wasserbomben vor allem das Fahren in Geleitzügen. Dagegen haben Maßnahmen, die deutscherseits mit Rücksicht auf noch neutrale Staaten getroffen waren, wie Zugeständnisse für die norwegische und dänische, holländische und spanische Fischerei, sowie schonende Behandlung argentinischer, schwedischer und Schweizer Transporte, die Führung des Untersee-Handelskrieges nicht nennenswert beeinträchtigt.
Die Hoffnung allerdings, durch solche Nachgiebigkeit wirtschaftliche Zugeständnisse von den Neutralen zu erhalten, erwies sich als trügerisch, da diese längst nicht mehr Herren ihrer Entschlüsse waren. Das Verhalten gegenüber der amerikanischen Schiffahrt wurde bis zum August 1917 von der Überlegung geleitet, „die Feindseligkeiten von unserer Seite nicht zu eröffnen, um es dem Präsidenten zu erschweren, die vorläufig noch flaue Kriegsstimmung zu beleben^)". Angesichts der zunehmenden Zwangsund Erpressungsmahnahmen, durch die England seine gelichteten Schifss-bestände aus der neutralen Schiffahrt zu ergänzen bemüht war, erweiterte Deutschland am 22. November das Sperrgebiet um England so weit nach Westen, daß es feindliche Schiffe nicht mehr in einer Nacht durchfahren konnten. Gleichzeitig wurde ein neues Sperrgebiet um die Azoren gelegt, um die dort beobachtete Zusammenstellung der feindlichen Geleitzüge zu stören. Zm Mittelmeer siel der neutrale Streifen für die Fahrt nach Griechenland weg, da dieser Staat Ende Zuni in die Reihe der Gegner getreten war. An der nordamerikanischen Küste begnügte man sich aber auch weiterhin mit der Handhabung des Kreuzerkrieges.___________________
l) Anschluß an Bd. XII, S. 536ff.
*) Denkschrift des Admiralstabes vom 3. Sept. 1917.
448
Die Ereignisse zur See 1917/18.
L»mm« len Im Juli 1917 befanden sich 127 Unterseeboote in der Front, von denen
Heetst 1918. jeweils etwa 30 im Atlantischen Ozean und in der Nordsee, etwa 10 im Mittelmeer tätig waren, während sich die übrigen auf der Ausreise oder Rückreise, in Reparatur oder auf den Stützpunkten zum Einfahren und zu Übungen befanden. Die Gesamtzahl blieb dauernd auf etwa gleicher Höhe, da der Zuwachs an neuen Booten nur immer gerade den Verlust (von Februar bis Ende 1917 im ganzen 63, bis Oktober 1918 weitere 69 Boote) deckte. Am den Bootsbau vorwärts zu treiben, fehlte es vor allem an Facharbeitern. Sie konnten, wenngleich der Unterseeboots-Bau auf der „Dringlichkeitsliste I" stand, solange auch das Heer nach Zahl und Material noch im Ausbau war, nicht in genügender Menge verfügbar gemacht werden.
Die gemeldeten Versenkungsergebnisse übertrafen bis in den Sommer 1918 hinein durchweg die Tonnenzahl, die der Admiralstab ursprünglich für nötig erachtet hatte, um England binnen fünf Monaten auf die Knie zu zwingen. Da es seine Verluste aber durch den Schiffsraum neu hinzutretender Mächte sowie auch neutraler Staaten weitgehend wieder ersetzte, und da die tatsächlichen Dersenhmgsergebnisse erheblich unter den angenommenen lagen1), blieb das erwartete Ergebnis aus. Wohl hatte die Lage — wie Admiral Iellicoe nach dem Kriege schrieb — von Febmar bis einschließlich August 1917 aus des Messers Schneide gestanden. Dann aber hatten sich die inzwischen eingespielten Gegenmaßnahmen geltend gemacht. Nur ein geringer Bruchteil des Schiffsverkehrs nach England konnte wirklich gefaßt werden. So sollen z. B. von 6000 Dampfern, die von April bis Dezember 1917 das Seegebiet zwischen England und Norwegen durchfuhren, nur 70 verlorengegangen sein. Rund zwei Millionen amerikanischer Truppen kamen ohne Verluste über den Ozean; nur einiges „Material", davon 142000 Tonnen durch „Torpedos", ging verloren^).
*) Abgerundete Gesamtversenkungsergebnisse durch „kriegerische Maßnahmen" in Brutto-Register-Tvnnen:
Nach damaligen Bekanntmachungen des Admiralstabes:
Februar bis Dezember 1917:
8945000
Januar bis September 1918:
5198000
(Für Oktober sind keine Ergebnisse mehr bekanntgemacht worden.)
*) Lord Iellicoe: „Zwischen Skagerrak und Scapa Flow", S. 121.
Nach jetzigen Feststellungen der Kriegswiss. Abtlg. der Marine („Der Handelskrieg mit U-Booten", IV, 6.503):
5822000 (dazu beschädigt 871000, zusammen 6693000).
Nach englischen Angaben (andere fehlen einstweilen): Bis Kriegsfchluß etwa 2600000.
Der Unterseekrieg.
449
Als dann im Spätsommer und Herbst 1918 die deutsche Front in Frankreich allmählich zurückgedrängt wurde und damit schließlich auch die flandrische Küste ausgegeben werden mußte, während am Mittelmeer Bulgarien am 29. September als verbündetes Land ausschied, verlor der Unterseekrieg wichtigste Stützpunkte. Die seit 11. August unter dem Chef des Admiralst'abes, Admiral Scheer, neu geschaffene Seekriegsleitung war aber gewillt, ihn durch verstärkten und wesentlich beschleunigten Bootsbau auch weiterhin in Gang zu halten. Wenngleich die Oberste Heeresleitung die hierfür in Aussicht gestellten 40000 Facharbeiter wegen der Lage der Westfront schließlich doch nicht herausziehen konnte, wurde am 1. Oktober 1918 in gemeinschaftlicher Sitzung der Behörden und Industrievertreter beschlossen, das große Bauprogramm durchzuführen. Es sah, einschließlich der bereits vorher bestellten, den Bau von 376 Unterseebooten vor, die bis zum Dezember 1919 abgeliefert sein sollten. Diesen Plänen wurde aber bereits am 21. Oktober der Boden entzogen, als die Reichsregierung entgegen allen Vorstellungen der Obersten Heeresleitung wie der Seekriegsleitung den Forderungen des Präsidenten Wilson nachgab und anordnete, daß Unterseeboote keine Passagierdampfer mehr versenken dürften. Da diese nicht kenntlich, alle Schiffe aber bewaffnet waren, muhten noch am gleichen Tage alle Boote zurückgerufen werden. Der Unterseekrieg gegen die feindliche Handelsschifsahrt war beendet. Er hatte im ganzen rund 13 Millionen Tonnen Handelöschifssraum vernichtet von etwa 35 Millionen Tonnen, die die Feindmächte einschließlich der später hinzutretenden besessen hotten1). Er hatte die englische Kriegführung im Frühsommer 1917 in eine so kritische Lage gebracht, daß sie kein Blutopser scheute, um die deutschen Unterseeboote von der flandrischen Küste zu vertreiben. Die vom Unterseekriege erhoffte kriegsentscheidende Wirkung aber war ausgeblieben.
Die Tätigkeit derHochseeflotte trat gegenüber den Unternehmungen der Unterseeboote nach außen wenig hervor. Da die Hochseeflotte für die Durchführung des Unterseekrieges unentbehrlich war und sich die englische Flotte infolge der Beschränkung aus die Fernblockade außer Reichweite hielt, fehlten für das Gros der deutschen Flotte unmittelbare Kampsaufgaben. Diese Lage drückte aus die Stimmung der Schisssbesahungen, deren beste Teile vielfach an die Unterseeboote abgegeben waren. So entstand ein günstiger Nährboden für die hetzerische Tätigkeit der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei; Ansang August 1917 kam es auf einzelnen Schiffen zu Unbotmäßigkeiten. Diese konnten zwar von den ört-
*) England 21, Frankreich und Italien zusammen 3,5, alle sonstigen nnd neutralen Mächte zusammen 11 Millionen Tonnen.
Weltkrieg. XIII. Bd.
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Die Ereignisse zur See 1417/18.
Sommer 1917 Wo Herbst 1918.
lichen Dienststellen bald unterdrückt werden, doch verhinderte die Reichstagsmehrheit, daß die eigentlichen Drahtzieher der Bewegung, durch ihre Immunität geschützte Abgeordnete, zur Rechenschaft gezogen wurden.
Hauptaufgabe der Hochseeflotte blieb der Schuh der Such- und Räum-verbände, die den Weg durch die immer wieder neu entstehenden feindlichen Minensperren zu bahnen hatten, und das Geleit der 'Unterseeboote durch die geschaffenen Lücken. Solcher Dienst stellte große Anforderungen vor allem an die leichten Fahrzeuge. Im übrigen war der Seeverkehr in der Ostsee, vor allem die Erzzufuhr aus Schweden, zu sichern.
Im Oktober 1917 wurde die Masse der Hochseeflotte vorübergehend in der Ostsee zusammengezogen, um in ausschlaggebender Weise die Eroberung der Baltischen Inseln vorzubereiten und zu unterstützen1). Daneben wurden in der Nordsee Vorstöße gegen die feindliche Blockade unternommen. So zersprengten am 17. Oktober zwei kleine Kreuzer einen Geleitzug an der norwegischen Küste, am 17. November folgte ein Torpedoboots-Vorstoß in die norwegisch-schottischen Gewässer.. Diese beiden Unternehmungen leichter Überwasserstreitkräfte gegen Geleitzüge zwischen Norwegen und England hatten, ohne daß dies auf deutscher Seite während des Krieges erkannt wurde, weitreichende Wirkungen auf das Verhalten der englischen Flotte. Deren Oberbefehlshaber mußte in Zukunft starke Kräfte zum Schutz der wichtigen Verbindung nach Norwegen einsetzen, so daß er auch bei sich bietender günstiger Gelegenheit eine Flottenschlacht nicht mehr anstrebte. Am 15. Februar 1918 griff die II. Torpedoboots-Flottille eine von den Engländern quer über den Kanal gelegte Sperre an. Im März/April nahmen Flottenteile an der Hilfeleistung für Finnland gegen die Bolschewiken teil2). Dann stieß am 23. April die Hochseeflotte selber bis in das Seegebiet zwischen Norwegen und Schottland vor, ohne bei diesem weitreichenden Unternehmen auf einen Geleitzug oder feindliche Seestreitkräfte zu treffen.
Aus den Weltmeeren war die deutsche Flagge nur noch durch die Hilfskreuzer „Seeadler" und „Wolf" vertreten. Ersterer fand östlich von Neu-Guinea am 2. August 1917 sein Ende in einem Sturm, letzterer traf nach mehr als einjähriger erfolgreicher Kaperfahrt am 18. Februar 1918 wieder in der Heimat ein. Die mitgebrachten Rohstoffe, vor allem Gummi, waren eine wertvolle Unterstützung der deutschen Kriegswirtschaft.
Als dann am 21. Oktober 1918 der Unterseekrieg gegen die feindliche Schiffahrt abgebrochen war, wurde der Weg frei für bedingungslosen Einsatz der Hochseeflotte, für den ihr künftig auch die Gesamtzahl der Unter-
!) Näheres S. 200ff.
>) Näheres 6. 371 ff.
Die Hochseeflotte.
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seeboote zur Mitwirkung zur Verfügung stand. Die Seeschlacht auch gegen Übermacht erschien unter diesen Umständen nicht aussichtslos. Fm Einvernehmen mit der Obersten Heeresleitung entschloß sich Admiral Scheer daher, die Hochseeflotte nunmehr zur Entlastung der schwer ringenden Landfront einzusehen. Angriff aus die englische Flotte und dazu Vorstoß gegen den Kanal war geplant. Unterdessen hatte sich aber die Stimmung der Schisfsbesatzungen infolge der niemals ganz unterbrochenen Wühlarbeit der Unabhängigen Sozialdemokratie abermals derart verschlechtert, daß am 29. Oktober aus einigen der vor Wilhelmshaven in der Versammlung begriffenen Schiffe Meutereien ausbrachen. Sie machten den Einsatz der Flotte gegen den Feind unmöglich, griffen alsbald auch auf Marineteile an Land über und leiteten damit den nach außen sichtbaren Beginn des deutschen Zusammenbruchs ein.
Die deutsche Flotte hat während des ganzen Krieges vielleicht noch größerer Übermacht als das Heer gegenübergestanden. Trotzdem hat sie volle vier Jahre hindurch den Feind von den deutschen Küsten ferngehalten und den Verkehr auf der Ostsee gesichert. Allein dadurch schon hat sie das Heer in wesenüichen Stücken entlastet und die Versorgung der Heimat mit manchen kriegsnotwendigen Rohstoffen ermöglicht. Gelegenheit zu unmittelbarer Unterstützung der Operationen und Kämpfe an Land hatte sich nur in der Ostsee geboten. In der Nordsee wäre die Verhinderung der englischen Truppen- und Materialttansporte über den Kanal gewiß wertvoll gewesen. Dazu aber hätte, ebenso wie zu jeder wirksamen Unterstützung der Kämpfe an der flandrischen Küste, der Sieg über die an Zahl der Einheiten wie an Gesamttonnage weit überlegene englische Flotte vorausgehen müssen. Da sich diese auf die Fernblockade beschränkte, war angesichts des Stärkeverhältnisses, der ungünstigen Lage der deutschen Flottenbasis im innersten Winkel der Nordsee und bei begrenzter Schlagweite der Hochseeflotte auf solchen Sieg nur unter besonders günstigen Umständen zu hoffen. Trotzdem ist es Admiral Scheer vor dem Skagerrak gelungen, durch Überlegenheit der Führung, der Manövrier- und Schieh-leistungen wie auch des Materials einem Teil der englischen Flotte einen schweren Schlag zu versetzen, bevor deren Gros voll zur Wirkung kommen konnte.
Während eine Kriegsentscheidung vom Einsatz der Hochseeflotte nicht zu erwarten war, durste man vom Unterseekrieg gegen den feindlichen Handel sehr wohl kriegsentscheidende Wirkung gegen England und damit gegen die Entente in ihrer Gesamtheit erhoffen. Diese Wirkung dürfte auch eingetteten sein, wenn der Unterseekrieg von Ansang an nach einheit-
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Die Ereignisse zur See 1917/18.
eemmw,1617 lichem Plane geführt, das heißt, wenn er nach frühzeitigem Bauauftrag Herbst 1918. mit einer ausreichenden Anzahl von Booten überraschend und schlagartig eröffnet worden wäre. Daß die Planung uneinheitlich und schwankend war, lag aber in allererster Linie an der Sorge der politischen Leitung, durch rücksichtslose Versenkung feindlicher Tonnage die Vereinigten Staaten von Amerika zum offenen Eintritt in den Krieg zu veranlassen. So ist der Unterseekrieg in seiner allein voll wirksamen uneingeschränkten Form erst durch die nachdrückliche Fürsprache der dritten Obersten Heeresleitung in Gang gekommen. Er hat im Zusammenwirken mit dem Handelskrieg der Auslandskreuzer die feindliche Schiffahrt aufs schwerste geschädigt. Seine Wirkung reichte aber nicht aus, um England die Hoffnung auf den Endsieg zu nehmen.
Fm ganzen haben Führung und Besatzung der deutschen Flotte mit der Skagerrak-Schlacht ebenso wie mit den Heldentaten ihrer Unterseeboote und Auslandsschiffe Leistungen vollbracht, denen die Gegner während des ganzen Krieges Ähnliches nicht gegenüberzustellen haben.
B. Der Krieg in Ostafrika seil I9J6‘).
Beilage 26.
Frühjahr 191«. Ostafrtka war im Februar 1916 die einzige deutsche Kolonie, die sich noch hielt. Seit Kriegsbeginn war sie, abgesehen von der einmaligen Ankunft eines Hilfsschiffes mit allerdringendstem Bedarf, von der Heimat völlig abgeschnitten. Der Gouverneur, Dr. Schnee, war durch Ausgaben im Innern, darunter auch Versorgung der Schutztruppe mit Trägern und Verpflegung, vollauf beschäftigt. Die Operationen gegen den Feind lagen in der Hand des Kommandeurs der Schutztruppe, Oberst vonLettow-Vorbeck, der hierbei völlig selbständig handelte. Er hatte bisher alle Einbruchsversuche an den Grenzen abgewiesen, so daß das Schutzgebiet bis auf einen unbedeutenden Grenzstrich nördlich des Kagera (westlich vom Viktoria-See) noch vollständig in deutscher Hand war. Mit der Hauptmacht stand er nach wie vor im Gebiete des Kilimandscharo, östlich davon, bei Taveta,'sogar auf britischem Boden. Hier galt es, den am dichtesten von Weißen besiedelten und längs der Nordbahn Tanga—Neu-Moschi am besten angebauten Teil der Kolonie zu schützen. Andererseits drohte hier
i) Anschluß an Bd. IX, S. 480ff., vgl. ferner Bd. X, S. 621, Bd. XI, S. 27, Bd. XII,
gm übrigen wird über den Krieg in den Kolonien ein Sonderband erscheinen (vgl. Bd. IX, S. 459, Anm. 1).
Der Krieg in Ostafrika seit ISIS.
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von der Uganda-Bahn und ihrer im Bau befindlichen Abzweigung von Boi auf Taveta die meiste Gefahr, gm übrigen waren die Truppen an den Grenzen der Kolonie »erteilt. Sie waren durch weitere Einziehung Weißer, die gelandeten Besatzungen des Vermessungsfahrzeuges „Möwe", seit guli 1915 auch des Kleinen Kreuzers „Königsberg", sowie durch Neuanwerbung Farbiger (Askari) auf 60 Kompanien und eine Anzahl kleinerer Einheiten mit rund 14500Mann angewachsen [3000Meitze1), 11500Astaris] mit 96 Maschinengewehren und 51 Geschützen (darunter zehn 10,5 cm Kanonen der „Königsberg"). An den Grenzen, die im Norden dicht an den Äquator heranreichten und, in der Luftlinie sowie über die großen Binnenseen hinweg gemessen, im ganzen 3300 Kilometer lang waren, standen im Norden und Südwesten britische, im Westen belgische Streit-kräfte gegenüber. Nur im Süden lag aus 600 Kilometer Länge noch neutrales, portugiesisches Gebiet, das aber stark unter englischem Einfluß stand. Nachdem die Gegner, Engländer und Belgier, anderthalb Jahre Zeit zu Vorbereitungen gehabt hatten, war damit zu rechnen, datz sie im Frühjahr 1916 eine planmäßige Offensive mit stärkeren Kräften unternehmen würden. Sie konnten vor allem von Norden, aber auch von Westen über die Landgrenzen und die von ihnen völlig beherrschten großen Seen angreifen, außerdem an der 700 Kilometer langen Küste des Indischen Ozeans jederzeit Truppen landen.
Die Gegner hatten bis zum Beginn des Jahres 1916, einschließlich etwa 10000 Mann belgischer Truppen, 40000 Mann (9000 weihe, 14000 indische, 17000 schwarze Soldaten) mit 100 Geschützen und zehn Flugzeugen gegen Ostaftika bereitgestellt. In der Südafrikanischen Union war nach Freiwerden der gegen Deutsch-Südwestafrika verwendeten Kräfte ein Expeditionskorps in der Stärke einer Division in der Bildung begriffen, das in der Hauptsache bis Ende Februar in Britisch-Ostaftika einttas. Auch waren, indische Truppen aus Europa, andere aus Indien selbst, dorthin unterwegs. Nachdem der Versuch, von der See her in die Kolonie einzudringen, bei Tanga im November 1914 gescheitert war, hielt man es briti-scherseits trotz der Beherrschung des Meeres für geboten, derartige Operationen zu vermeiden und den Hauptangriff auf die Nordgrenze zu richten. Maßgebend dafür sollen gewesen fein2): die Schwierigkeit zu landen, die große Hitze und das ungesunde Klima in dem sumpfigen Küstengürtel, in
*) Diese und weitere Stärkeangaben über deutsche wie feindliche Truppen weichen von den Angaben in den früheren Bänden zum Teil ab, da neuerschlossene Quellen oder andere Berechnung Berichtigungen nötig machten.
*) Vortrag des Generals Smuts vor der Royal Geographical Society am 28. Januar 1918 („The Geographical Journal“, vom März 1918).
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Die Ereignisse in Ostafrika seit 1916.
Frühjahr 1916.
betn in kurzer Zeit eine einbringende Truppe durch die Malaria dahingerafft sein müßte, und die große Schwierigkeit, größere Operationen von Gesund Landftreitkräften zeitlich miteinander in Einklang zu dringen. Die Belgier verstärkten sich ebenfalls, gm März trat Portugal als neuer Bundesgenosse hinzu. Seitdem konnte die deutsche Kolonie auch über die Südgrenze angegriffen werden. Engländer und Belgier nahmen von allen Seiten den Vormarsch aus, und zwar im März der zum Oberbefehlshaber der britischen Hauptmacht in Britisch-Ostasrika und Uganda ernannte Kriegsminister der Südafrikanischen Union General Smuts mit drei Divisionen, dabei auch zahlreiche berittene Formationen, zusammen 46000 Mann gegen das Kilimandscharo-Gebiet, im April der belgische General Tombeur mit 15000 Mann gegen die Nordwestecke der Kolonie, im Mai der britische General Northey mit 4000 Mann aus Rhodesia und Njassa-Land gegen Bismarckburg und Neu-Langenburg. Später landete auch ein portugiesisches Expeditionskorps in Palma. Eine einheitliche Gesamtleitung der Operationen bestand zunächst nicht.
Bei Beginn der feindlichen Offensive waren von den deutschen Streitkräften 41 Kompanien unter dem unmittelbaren Befehl des Obersten von Lettow an der Nordost- und Südfront, an der Küste und im Innern verteilt, davon 26 Kompanien im Kilimandscharo-Gebiet. 19 Kompanien deckten unter Generalmajor Wahle die Nordwest- und Westgrenze vom Viktoria-See einschließlich bis zum Südende des Tanganjika-Sees. Durch die feindliche Übermacht in der linken Flanke umfaßt, sah sich Oöerst von Lettow nach blutigen Kämpfen (8. bis 21. März) genötigt, das Gebiet zwischen Kilimandscharo und Pare-Gebirge zu räumen und hinter den Oberlauf des Pangani auszuweichen. Während die Regenzeit weiteren Operationen gegen die deutsche Hauptmacht ein Ziel setzte, sandte General Smuts eine Division unter General van Deventer über Aruscha—Kondoa-Irangi vor. Zwei Kompanien suchten sie aufzuhalten. Auch von der Mittellandbahn in Marsch gesetzte Verstärkungen konnten nicht verhindern, daß Kondoa-Frangi am 19. April vom Gegner beseht wurde. Oberst von Lettow entschloß sich, gegenüber der britischen Hauptmacht an der Nord-bahn nur zehn Kompanien stehen zu lassen, und rückte mit den eigenen Hauptkräften zur Mittelandbahn ab, um sie aus dieser nach Dodoma zu bringen und der Division Deventer entgegenzuwerfen. Es gelang, vorgeschobene britische Abteilungen auf Kondoa-Irangi zurückzutreiben. Nach verlustreichem Angriff auf die Höhen südlich des Ortes am 9. Mai und in der folgenden Nacht kam das Vorgehen aber zum Stehen.
Unterdessen hatte General Smuts die Abzweigung der Aganda-Bahn über Taveta zum Anschluß an die Nordbahn weiterbauen lassen und
Kämpfe im Norden der Kolonie.
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nahm am 20. Mai die Offensive mit zwei Divisionen wieder aus. Fechtend ainaen die zehn deutschen Kompanien zurück, zunächst längs der Nordbahn, von Mombo ab auf der über Handeni zur Mittellandbahn führenden Etappenstratze. Oberst von Lettow mutzte sich daher mit den Hauptkrästen wieder gegen General Smuts wenden, dessen Vormarsch vor der Kanga-Stellung eine Unterbrechung von Ende Zum bis Anfang August erfuhr. e»mm« wie.
Inzwischen hatte der Gegner von Kondoa-Jrangi her Ende Juli die Mittellandbahn bei Dodoma erreicht. Die Verbindung der deutschen Hauptmacht mit dem Westbesehlshaber war unterbrochen. Vom Viktoria-und vom Tanganjika-See her strebten britische und belgische Truppen gegen Tabora vorwärts, auf das die Westtruppen zurückgingen. Weitere britische Kräfte waren nördlich des Njassa-Sees über Neu-Langenburg im Vor dringen auf Jringa und Mahenge. Deutscherseits war der grötzte Teil der noch bei Daressalam stehenden Kompanien teils an die Hauptkräste herangezogen, teils über Jringa an die Südwestsront entsandt worden. An der portugiesischen Grenze war es bisher nur zu Plänkeleien gekommen; der Gegner schien hier noch mit Vorbereitungen beschäftigt.
Angesichts der nunmehr drohenden Einkreisung durch drei britische Divi-sionen wich Oberst von Lettow mit der Hauptmacht Ende August von Moro- wie. goro und Kilossa nach Süden aus, wobei es ihm gelang, bei Kissaki am 7. September zwei südafrikanische Brigaden und am 8. eine weitere einzeln zu schlagen. Mitte September bezog er hinter dem Mgeta-Flutz und vorwärts des Ruaha-Flusses Stellungen, vor denen die feindliche Offensive zum Stehen kam. Unterdessen besetzte der Gegner sämtliche Küstenstädte. Der Westbesehlshaber schlug am 14. September vor den Toren von Tabora eine belgische Brigade, muhte dann aber in der Nacht zum 19. nach Süd-osten abmarschieren, um sich drohender Umklammerung von West und Ost durch zwei weitere feindliche Brigaden zu entziehen. Dabei richtete er aus den rückwärtigen Verbindungen der bereits östlich von Jringa und Lupembe stehenden britischen Truppen des Generals Northey grotze Verheerungen an und veranlahte sie, aus diese Orte zurückzugehen. General Smuts sah sich genötigt, von Kilossa her eine Division nach Jringa zu werfen. Am 22. November fanden die Westtruppen Anschluß an den östlich von Lupembe stehenden linken Flügel der Hauptkräste. Südlich davon stand der Gegner schon in Ssongea.
Die Küste sowie der ganze Norden und Westen der Kolonie waren verloren, doch war es den Gegnern nicht gelungen, die deutschen Streitkräfte zum Endkampf zu stellen und damit den Krieg in der Kolonie zu beenden.
Noch hielt die Schutztruppe unbesiegt, wenn auch an Fahl stark zusammen-
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Die Ereignisse in Oftafrika seit 1916.
geschmolzen, den Südostteil der Kolonie. Die Europäer-Verluste hatten we- auch durch Einziehung des mit dem Vordringen des Gegners frei werdenden Personals der Zivilverwaltung und einiger Landsturmpflichttger der Südbezirke nur zum geringsten Teil ersetzt werden können, die Farbigen-Verluste durch Rekruteneinstellung ebenfalls nur noch in sehr beschränktem Umfange. Dagegen hatte bereits während der Kämpfe am Kilimandscharo ein zweites deutsches Hilfsschifs vor allem Waffen und Munition (2000 Karabiner, vier Maschinengewehre, vier leichte Feldhaubitzen, zwei Gebirge-geschütze) gebracht.
Im Gegensatz zu dem unaufhaltsamen Dahinschwinden der deutschen Stteitkräste wuchsen die Truppen der Gegner trotz aller Gefechts- und Krankheitsverluste durch über See eintreffende Verstärkungen und Neuaufstellung schwarzer Bataillone immer mehr an. Am 1. Oktober betrug die Gesamtstärke der gegen die deutsche Schuhtruppe eingesetzten Streitkräfte rund 87000 Mann (davon 43000 Weihe) mit 164 Geschützen und 36 Flugzeugen*).
General Smuts hatte eine Division auf dem Seewege nach Kilwa gebracht, von wo sie in den Rücken der deutschen Aufstellung auf Liwale vorgehen sollte. Zum Schuhe ihrer rechten Flanke besetzte die Division Kibata in den Matumbi-Bergen. Oberst von Lettow ging mit Teilen, die er von der Mgeta-Front wegzog, zum Angriff über und zwang den Gegner, den Vormarsch auf Liwale aufzugeben. Portugiesische Truppen, die den Marsch auf Massassi angetreten und am 26. Oktober Rewala erreicht hatten, wurden von zwei über Liwale entgegengeworfenen Kompanien im Verein mit bereits dauernd im Süden stehenden schwachen Kräften Ende November geschlagen und über die Grenze aus Palma zurückgeworfen. ms/ü. Nachteilig wirkte sich seit Verlassen der Mittellandbahn die Einengung des Raumes besonders auf die Ernährungslage der Truppe aus. Sie wurde im Januar 1917 durch scharfes persönliches Eingreifen des Kommandeurs gerade noch gemeistert, indem er trotz aller Widerstände
*) Die Truppen des Gen. Smuts hatten von Februar bis September rund 2000 Mann Gefechtsverluste (davon 763 Weihe) gehabt, waren aber vom Juni bis Oktober trotzdem von 52000 auf 63000 Mann (34000 Weihe, 20000 Inder, 9000 Schwarz«) angewachsen. Die Gesamtstärke aller Gegner betrug am 1. Oktober:
Truppen des Gen. Smuts.............................. 63000 Mann, davon 34000 Weihe
Belgier ............................................. 12000 „ 700 „
(ungerechnet 3000 schwarze Rekruten)
Truppen des Gen. Northey.............................. 4000 „ „ 2200
Portugiesen ........................................ 8000 „6000 „
(ungerechnet 6000 schwarze Besatzungstruppen)__________________________________
Zusammen 87000 Wann, davon 42900 Weih«
Abnehmen der Kampfkraft.
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bie Rationen der Lage entsprechend herabsetzte und den schweren, aber unvermeidlichen Entschluß faßte, alle nicht mehr kampffähigen oder entbehrlichen Esser, vor allem einen hohen Prozentsatz des schwarzen Trosses, zum Feinde abzuschieben. Die Verpslegungslage blieb aber ein Faktor, der in Zukunst die gesamte Kriegführung mehr oder weniger beherrschte. An Zahl war die Schutztruppe im Lause des Jahres 1916 bei einem Kampf-verlust von 1000 Weihen und 4100 Schwarzen um etwa ein Drittel, auf rund 10500 Mann gesunken, von denen aber eine größere Zahl verwundet oder krank in den Lazaretten lag oder nur garnison- oder arbeitsdienstsähig war. So zählten die Kampftruppen nur noch rund 8000 Mann, davon 1000 Europäer.
Aber auch die Gesechtskrast des Gegners hatte — unbeschadet des Anwachsens der Gesamtstärke — seit dem Frühjahr durch Kämpfe und Krankheiten schwer gelitten, vor allem bei den weißen und indischen Einheiten. Von den britischen Truppen lagen im September (Revierkranke bei den Truppen nicht gerechnet) 9000 Mann in Lazaretten, davon allein 4000 Weiße und über 200 Offiziere. Ende Oktober waren 12000 Weiße den Anstrengungen der Kriegführung in den Tropen nicht mehr gewachsen, sie wurden zur Erholung nach Südastika gebracht. Der Verbrauch an Pferden und Maultieren hatte im Laufe des Jahres mit dem Dreifachen des Sollbestandes seinen höchsten Stand in Ostastika erreicht, hauptsächlich durch Tsetse und Pserdesterbe; allein in der Zeit von Mitte September bis Mitte November waren 10000 Pferde, 10000 Maultiere, 11000 Ochsen und 2500 Esel verendet. Unter diesen Umständen wurden die britischen Streitkräste neu organisiert. Die nur aus Weißen bestehenden Truppenteile wurden größtenteils aufgelöst, ihre Mannschaften verteilt. Andererseits wurden neue Verstärkungen an schwarzen Truppen herangebracht. Die Zahl der Flugzeuge wurde trotz dauernder Verluste ständig vermehrt und bis Anfang Februar 1917 auf 60 betriebsfähige Maschinen gebracht.
Unterdessen hatte General Smuts um die Jahreswende 1916/17 eine neue allgemeine Offensive begonnen, und zwar mit je einer Division von Kibata nach Norden und Westen, von Morogoro gegen die Mgeta-Etellung und von Iringa nach Südosten, mit schwächeren Kräften von Lupembe und Ssongea aus nach Osten. Diese aus dreiseitige Umfassung angelegte Bewegung kam jedoch bereits nach drei Wochen, ohne besonderen Geländegewinn gebracht zu haben, zum Stehen. Es war nicht gelungen, die einzelnen Telle der deutschen Hauptmacht voneinander und von ihrem Etappengebiet abzuschneiden. Die einsetzende Regenzeit erschwerte weitere Operationen im Stromgebiet des Ruhudje, Ulanga und Rufiji und machte den Nachschub teilweise unmöglich. Das ungesunde Klima in
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Die Ereignisse in Ostafrika seit 1916.
Winter
1919/17.
Frühjahr und Sommer 1917.
Herbst 1917.
den überschwemmten Niederungen gab den weißen und indischen Einheiten den Rest, so daß sie in gesündere Gegenden zurückgezogen werden mußten. Die einzige noch beibehaltene berittene Brigade verlor zum zweiten Male binnen kürzester Frist ihre sämtlichen Tiere.
Die deutschen Stellungen nördlich des Rufiji waren hinter diesen Fluh zurückgenommen worden. General Smuts hielt den Feldzug in Ostafrika für beendet; nur das Hinwegfegen der Reste des Gegners bleibe noch übrig. Am 20. Januar gab er den Oberbefehl an General Hoskins ab, der nach Ergänzung der Verluste eine neue Offensive von der Küste her einleiten wollte. Am Rufiji ließ er nur schwache Kräfte stehen und zog die übrigen aus dem Seewege teils nach Kilwa, teils nach Lindi. Bevor aber die Vorbereitungen beendet waren, wurde er am 29. Mai durch General van Deventer ersetzt.
Angesichts des nunmehr auch von der Küste her drohenden feindlichen Vorgehens hatte Oberst von Lettow inzwischen die Rufiji-Linie allmählich geräumt und seine Hauptkräfte nach Süden in die Gegend von Mpotora verlegt. Von hier ging er Ende März südlich umfassend gegen die feindliche rückwärtige Verbindung Kilwa—Njinjo vor und zwang den Gegner, seine in der Linie Kibata—Njinjo mit der Front nach Westen stehenden Truppen in die Linie Njinjo—Kilwa zu ziehen und Front nach Süden zu nehmen.
Gegen Mitte Juni begann die britische Offensive von Lindi, Ansang Juli auch von Kilwa, Iringa und Ssongea aus. Gleichzeitig verdrängten britische Truppen, die östlich des Njassa-Sees durch portugiesisches Gebiet vorgingen, eine deutsche Abteilung, die in der Gegend von Mwembe seit April Verpflegung beschaffte, und besetzten am 23. August Tundum.
An der Küste operierten zweieinhalb britische Divisionen, gegen Ma-henge zwei belgische und eine britische Brigade, am Unterlauf des Rowuma standen portugiesische Truppen in Stärke von eineinhalb Brigaden. Immer bedenklicher zeichnete sich die neue Einkreisung ab. Die deutschen Truppen vor Lindi unter General Wahle gingen schrittweise Lukuledi aufwärts zurück, die vor Kilwa zunächst auf Nahungo am Mbemkuru, dann diesen Fluß aufwärts, um kurz vor Nangano nach Süden abzubiegen. Am 9. Oktober wurde die Verbindung mit den bei Mahenge stehenden Westtruppen durch eine die Hauptmacht westlich umfassende Brigade unterbrochen. In den Tagen vom 15. bis 18. Oktober kam es bei Mahiwa zum blutigsten Kamps des ganzen Feldzuges; Oberst von Lettow gelang es, durch kühne Ausnutzung der inneren Linie mit 18 deutschen Kompanien und sechs Geschützen gegen eineinhalb feindliche Divisionen das Feld zu behaupten. Gegen Mitte November mußte er aber, inzwischen zum Generalmajor befördert, vor den nunmehr bei Massassi vereinigten zweieinhalb feindlichen Divisionen
Ausweichen der Schutztruppe über die Südgrenze.
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unter dauernden schweren Kämpfen auf das Makonde-Plateau ausweichen, auf dessen Westrand seine letzten Magazine lagen. Bald gingen Verpflegung, Munition, Sanitätsmaterial zu Ende; mit Bekleidung und Ausrüstung stand es nicht besser. Das Schutzgebiet war bis zum Äußersten verteidigt worden. Der größte Teil der Truppen war am Ende seiner körperlichen und, was noch viel schlimmer war, seiner seelischen Kraft. Doch ihr willensstarker Führer hielt sie in seinem Bann. Noch stand der Weg nach Süden in die portugiesische Kolonie offen. Er war aber nur gangbar für voll leistungsfähige Kämpfer. Es war ein schwerer Entschluß, alle übrigen zurückzulassen, um den Rest mit dem Notwendigsten, vor allem Munition und Verpflegung, auszurüsten und dadurch gefechtsfähig zu machen.
Am 19. November marschierte General von Lettow von Kitangari über Newala mit dem kleinen, aber auserlesenen Reste seiner Truppen, 14 Kompanien, 30 schweren, sieben leichten Maschinengewehren und zwei Eebirgsgeschützen, insgesamt 267 Europäern, etwa 1700Askaris, 4000 Trägern und 470 Boys, zum Rowuma, dann diesen aufwärts. Der Gouverneur, dessen Tätigkeit als Leiter der Zivilverwaltung mit Räumung des Schutzgebietes ihr Ende gefunden hatte, begleitete die Truppe. Am 25. November überschritt General von Lettow den Rowuma bei Ngomano und nahm am gleichen Tage im Sturm den dortigen, von sechs Kompanien und einer Maschinengewehr-Kompanie besetzten portugiesischen Grenzposten. Kurz vorher hatte das Reichskolonialamt, noch ohne Kenntnis vom Abmarsch von Kitangari, versucht, der Schutztruppe aus dem Luftwege wenigstens einige Munition und Arzneimittel zuzuführen; doch mußte das Luftschiff „L. 59", das vom bulgarischen Lusthasen Iamboli aus am 23. November morgens die Höhe von Khartum erreicht hatte, infolge der inzwischen bekanntgewordenen Veränderung der Lage sunkentelegraphisch zurückgerufen werden.
Die Westtruppen, bei Unterbrechung der Verbindung noch 15 Kompanien unter Hauptmann Tafel, die Befehl erhalten hatten, nach möglichster Ausnutzung der in ihrem Gebiet befindlichen Verpflegung zur Hauptmacht zu stoßen, hatten inzwischen die Station Mahenge am 9. Oktober geräumt, waren kämpfend auf Dapate zurückgegangen und hatten von dort am 11. November mit 14 tägiger Verpflegung den Abmarsch nach Süden angetreten. Nach glücklichen Gefechten mit englisch-belgischen Truppen, die ihnen am oberen Mbemkuru den Weg zu versperren suchten, bogen sie, die Hauptmacht noch auf dem Makonde-Plateau vermutend, mehr und mehr nach Osten ab und stießen am 25. November, nahe Newala, auf britische Truppen, die in der Verfolgung nach Südosten begriffen waren. Es gelang ihnen zwar, sich nach Süden durchzuschlagen und den Rowuma
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Die Ereignisse in Ostafrika seit 1916.
zu überschreiten, dann aber zwang sie vollkommener Mangel an Verpflegung am 28. November zur Kapitulation.
General von Lettow zog von Ngomanv am Lujenda aufwärts, breitete sich unter Brechung jeglichen Widerstandes in Portugiesisch-Ostafrika nach Westen und Osten aus, setzte sich in der Linie Mwembe—Nanungu—Mvn-tepuesi fest und trieb Erkundungsabteilungen weit nach Süden bis in die Höhe von Fort Iohnston—Mozambique vor. Unterdessen begann General van Deventer bereits im Dezember, Truppen aus dem Njassa-See nach Mtengula und Fort Iohnston sowie aus dem Seewege nach Porto Amelia Vas gahr Isis, zu schaffen. Anfang Januar 1918 trat er von Westen und Osten mit je fünf Bataillonen den Vormarsch an. Schrittweise wichen die deutschen Abteilungen auf Nanungu aus. Als dann die beiden britischen Kolonnen im letzten Drittel des Mai im Begriff standen, sich dort die Hand zu reichen, rückte General von Lettow nach Süden ab.
General van Deventer hatte inzwischen weitere britische Truppen, annähernd zehn Bataillone, nach Mozambique, Quelimane und in die Gegend des Chilwa-Sees gebracht, die im Verein mit den zehn von Norden kommenden Bataillonen und portugiesischen Truppen ein wahres Kesseltreiben gegen die schwachen Reste der deutschen Schutztruppe veranstalteten. Diese konnten sich nirgends mehr längere Zeit festsetzen. Ihre Basis waren bald portugiesische, bald englische Magazine, aus denen es immer wieder, teilweise in überreichem Mähe, gelang, Verpflegung, Waffen, Munition und Ausrüstung zu ergänzen. Allerdings kostete das mehr und mehr Opfer an Menschen. Um den Abgang an Askaris, am 1. August 1918 seit Überschreiten des Rowuma rund 500 Mann, einigermaßen auszugleichen, wurden 400 Träger als Rekruten eingestellt. Der Weg führte nach Süden bis Nhamacurra, dann über Oziwa nach Namirrue, von dort, um einen Vormarsch aus Mozambique vorzutäuschen, nach Chalaua, nun direkt nach Westen, um bei Ille—Namorroe wieder nach Norden abzubiegen. Von sechs Bataillonen verfolgt, mußte sich die Schutztruppe vom 24. August bis 6. September durch acht zum Schutze des Njassa-Landes bereitstehende Bataillone hindurch in schweren Kämpfen einen Weg nach Norden bahnen. Am 28. September betrat sie bei Magwamira wieder deutschen Boden, aber nur um ihn am 1. November bei Fise wieder zu verlassen und in Rhodesien einzufallen.
Die Erhaltung der Truppe machte es erforderlich, ein vom Krieg noch unberührtes Land aufzusuchen. General von Lettow wählte die portugiesische Kolonie Angola an der Westküste Afrikas als Ziel. Der Marsch dorthin, mitten durch Fentralasrika, und die Ungewißheit, wohin sich die Deutschen wenden würden, sollte auch weiterhin beträchtliche englische,
Das Ende des Heldenkampfes.
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belgische, portugiesische Truppen binden. Bis diese in ausreichender Zahl zu neuer Jagd bereitgestellt waren, mutzten wieder Monate vergehen.
Am 13. November, zwei Tage nach Abschluß des Waffenstillstandes in Europa, stand die Vorhut der deutschen Schutztruppe am Chambezi, die Nachhut hielt bei Kasama ein britisches Bataillon auf. Unbesiegt mutzten, den Wafsenstillstandsbedingungen gemätz, am 25. November bei Abercorn 155 weitze und 1168 schwarze deutsche Soldaten die Waffen niederlegen. Don diesen aber waren nur noch sieben schwere Maschinengewehre deutscher Herkunft; alles übrige: Gewehre, 16 schwere sowie 14 leichte Maschinengewehre und ein Gebirgsgeschütz samt Munition, waren im Kampfe Engländern und Portugiesen abgenommen worden. Ein Ringen, das die ganze Welt in Staunen und Bewunderung versetzt hatte und in der Geschichte wohl einzig dasteht, hatte seinen tragischen Abschluß gesunden.
General von Lettow hatte einst, am 15. Mai 19141), in einer Eingabe an das Reichskolonialamt geschrieben: „Der Krieg hier in der Kolonie darf doch auch nicht so ganz als eine Episode für sich aufgefaßt werden. Er und der große Krieg beeinflussen sich gegenseitig. So verhindern wir durch energisches Verhalten den Abtransport englischer Truppen, zwingen den Feind, Verstärkungen über See heranzuführen und zu deren Schutz Kriegsschiffe zu binden. Dadurch aber gewinnen unsere Kreuzer Vorteile für den Kaperkrieg gegen feindliche Handelsschiffe. Hat die Schutztruppe aber nur einige Aussicht, Einfluß auf den großen Krieg zu gewinnen, so muß sie dies auch tun". Die hier niedergelegten Gedanken bildeten die Richtschnur seines Handelns im Kriege. Sie banden ihn nicht an den Boden von Deutsch-Ostafrika. Wie er in den ersten eineinhalb Jahren Vorstöße nach Britisch-Ostasrika, Belgisch-Kongo, Rhodesien und Njassa-Land unternommen hatte, um die Gegner zu zwingen, Truppen zum Schutze ihrer Kolonien heranzubringen, so sah er auch mit dem Verlust der letzten Ecke der deutschen Kolonie seine Aufgabe noch nicht als beendet an, sondern sehte den Kamps zielbewußt fort, bis ihn ein volles Jahr später der Waffenstillstand zwang, ihn aufzugeben.
210000 bis 240000 Mann Truppen, davon allein 77000 Weiße, und mindestens 700000 Träger und Arbeiter waren im Laufe des Krieges gegen die kleine deutsche Heldenschar in Bewegung gesetzt worden, von denen zum mindesten Teile dem Einsatz auf anderen Kriegsschauplätzen entzogen wurden. So hat die Hartnäckigkeit und Ausdauer des deutschen Widerstandes zugleich die Kriegführung in Europa und Vorderasien entlastet. Diese Aufgabe, die sich General von Lettow aus eigenem Entschluß gestellt
*) Bd. ix, S. 482.
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Die Ereignisse in Ostafrika seit 1916.
»a,g<chrl»u. hatte, hat er mit seinen 3600 Europäern und 14600 Askaris in einer Weise gelöst, die jede Erwartung übertraf. Fn seinem Handeln kam die ganze Kraft unbeugsamen Willens und heroischen Pflichtbewußtseins zur Entfaltung. Es offenbarte sich das schöpferische Wirken einer wahren Führernatur, die das Gesetz des Handelns in der eigenen Brust trägt, an dem einmal für richtig erkannten Ziel unerschütterlich festhält, der ganzen Truppe ihren Stempel ausdrückt und sie mitreißt zu unsterblichen Taten.
Ohne die Opferwilligkeit und Treue der Eingeborenen aber wären die vollbrachten Leistungen niemals zu erzielen gewesen, und in diesem Sinne ist es die deutsche Kolonialarbeit schlechthin, die im Lettow-Feldzuge ihren höchsten Triumph gefeiert hat.
Nachweis des wesentlichsten Schrifttums.
Die Verzeichnisse der früheren Bände gelten auch für den vorliegenden Band. Nur einige grundlegende Werke sind nochmals aufgeführt.
1. Deutsche» Schrifttum.
„Schlachte« des Weltkriege» 1914-1918." Herausgegeben unter Mitwirkung des Reichs-
^Band 11: „Weltkriegsende an der mazedonischen Front." Oldenburg 1®.
Band 12a und b: „Der Durchbruch am gsonzo." Oldenburg/Berlin 1926.
Band ZI: „Die Tankschlacht bei Cambrai." Oldenburg/Berlin 1929.
Warine^lrchiv: „Der Krieg zur Tee 1914-1918." „Der Krieg in den türkischen Gewässern."
„Der Kampf um die Meerengen." Band 2. Berlin 1938.
„Ter Krieg in den deutsche« Schutzgebieten." Herausgegeben vom Reichsrmnisterium für Wiederaufbau, Kolonialzentralverwaltung. 11. Mitteilung. Berlin 1922.
Die deutsch-russischen Ergänzungsverträge zu den Verträgen von Brest-Litowsk." Berlin 1918.
Carl vo« Bardolff: „Soldat im alten Österreich." Erinnerungen aus meinem Leben. Jena 1938.
Admiral Bauer: „Das Unterseeboot." Mittler Sohn. Berlin 1931.
M. »orchert: „Der Kampf gegen Tanks." Berlin 1931.
Ritter von EimaunSberger: „Der Kampfwagenkrieg." München/Berlin 1938.
M. Erzberger: „Erlebnisse im Weltkrieg." Stuttgart und Berlin 1920.
Rüdiger Graf vo« der Goltz: „Als politischer General im Osten (Finnland und Baltikum) 1918 und 1919.“ Leipzig 1936.
Freiherr Grote: „Die Höhle von Beauregard." Mittler & Sohn. Berlin 1930.
F. Guse: „Die Kaukasusfront im Weltkrieg bis zum Frieden von Brest." Leipzig 1940. H. Halter: „Preußisches Jäger-Bataillon 27." Leipzig 1938.
C. Henke und G. LieSner: „Um Finnlands Freiheit." Berlin 1932.
Admiral Hopman: „Das Kriegstagebuch eines deutschen Seeoffiziers." Berlin 1925. Alfred Krauß: „Das Wunder von Karfreit, im besonderen der Durchbruch bei Flitsch und die Bezwingung des Tagliamento." II. Auflage. München 1937.
0. randfried: „Der End kämpf in Mazedonien 1918.“ Berlin 1923.
Fritz vo« Loßberg, General der Infanterie a. D.: „Meine Tätigkeit im Weltkriege 1914 bis 1918. “ Berlin 1939.
General von der Marwitz: „Weltkriegsbriefe." Herausgegeben von E. von Tschischwitz. Berlin 1940.
G. Michaelis: „Für Staat und Volk." Berlin 1922.
C. Mühlman«: „Das deutsch-türkische Waffenbündnis im Weltkriege 1914-1918.“ Leipzig 1940.
Joseph Pomiantowski: „Der Zusammenbruch des Ottomanischen Reichs." Wien 1928. Hans von Geeckt: „Aus seinem Leben 1918-1936." Herausgegeben von Friedrich von Rabenau. Band II. Leipzig 1940.
M. Schwarte: „Der grohe Krieg 1914-1918." Band 3 und 5. Leipzig 1922.
B. Schwerts eget: „Kaiser und Kabinettschef." Oldenburg 1931.
464
Nachweis des wesentlichsten Schrifttums.
Chlodwig Schwarzleitner: „Die Krisis der 3. italienischen Arr unteren Tagliamento, Oktober 1917" Veröffentlicht in b< technischen Mitteilungen" 1922, Heft 11/12 und 1923, Heft Wehrzeitung" 1920, Nrn. 44 u. 47.
Werner Steuber: „Arzt und Soldat in drei Erdteilen." Berlin 1940.
E. „Armee und Marine bei der Eroberung der Baltischen Inseln." Berlin
Ernst Bolckheitn: „Die deutschen Kampfwagen im Weltkriege." Berlin 1937.
G. P. von gezschwitz: „HeigPs Taschenbuch der Tanks." Teil III: „Der Panzerkampf" München/Berlin 1938. n
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Sir E. Swinton: „Augenzeuge." („Eyewitness.“) Berlin 1940. Überseht von goh. Spieß.
4. Belgisches Schrifttum.
Etat-Major G6n6ral de l’Arm^e, Section de l’Historique: „Les Campagnes Coloniales Beiges 1914-1918.“ Tome II und HI. Brüssel 1929 und 1932. (Amtlich.)
Etat-Major G6n6ral de l’Arm^e: „Les Opörations de l’armee beige pendant la Campagne de 1914—1918.“ Aufsätze in „Bulletin Beige des Sciences Militaires“. 1928. Tome II, No. 5 und folgende.
Beyens: „La Belgique pendant la Guerre.“ Brüssel 1923.
Woeste: „M6moires pour servir a l’Histoire contemporaine de la Belgique.“ Band I—III. Brüssel 1927-1937.
5. Italienisches Schrifttum.
Aldo Cabiati: „La battaglia dell’ottobre 1917“ und „La Riscossa“.
Enrico Caviglia: „Le tre battaghe del Piave.“
Dittorio Beneto: „Le tre battaglie del Piave.“
Amadeo toftt und Dittorio Beueto: „La guerra Italo-Austriaca 1915-1918.“
ree und die Ereignisse am n „Militärwissenschaft!, u. 1/2, sowie in der „Osten.
Nachweis des wesentlichsten Schrifttums.
465
6. Amerikanisches Schrifttum.
Armv War College. Historical Section: „Order of Battle of the United States Land Forces.“ Band I u. II. Washington 1931 und 1937.
2, P. Ayres: „The War with Germany. A Statistical Summary.“ Washington 1919. H 2. McEntee: „Military History of the World War, a complete account of the campaigns on all fronts.“ New Port 1937.
Sohn Z. Pershing: „My Experiences in the World War.“ Band I u. II. New Port 1931. 923. D. Puleston: „High Command in the World War.“ New Jork, London 1934.
7. Portugiesisches Schrifttum.
General Gomes da Costa: „A Guerra nas Colonias.“ Lissabon.
8. Russisches Schrifttum.
N. Eidemann und W. Melikow: „Die Armee im Jahre 1917." Moskau/Leningrad 1927. 91. E. Kakurin: „Der Verfall der Armee im Jahre 1917." Moskau/Leningrad 1925. Erinnerungen des Generals A. S. Lrrkomski, Band I. Berlin 1922, und deutsche Übersetzung davon, Band I und II. Berlin 1923.
91. Monasterev: „Dom Untergang der Zarenflotte." (Deutsche Übersetzung.) Berlin 1930. Robert von Raupach: „Russische Schatten." (Deutsche Ausgabe.) Leipzig 1939.
9. Tschechisches Schrifttum.
Dr. Frant. V. Steidler: „Zborow. Operationen der Tschechoslowakischen Brigade bei Zborow und Tarnopol im Jahre 1917." Prag 1922.
Weltkrieg. XIII. Bd.
30
personenverzeichnis.
Albert, König der Belgier 52. Albrecht, Herzog von Württemberg, Gen. Feldm., O. B. einer Hgr. 43. Albrecht, Genlt., Komm. Gen. XVIII.
A. K. 87. 89.
Albrieci, ital Gen 50.
Alexejew, russ. Gen., Oberster Befehlshaber (bis 3.8.1917), spater Führer einer Freiwilligen-Armee 149.388.391. Allenby, brit. Gen., O.B. Palästina-Front 424f. 439.
Anthoine, franz. Gen., O. B. 1. Armee 52. 59. 68.
Herzog von Aosta, ital. Genlt., O. B.
3. Armee 208.
Frhr.Arz von Strauhenburg, ö.-u.Gen. b. Ins., seit 9.2.1918 Gen. Ob., Chef d. Genst. 19. 173. 210. 214ff. 218f. 242. 250. 276ff. 282ff. 288. 290f. 299 ff. 359. 375. 377. 393 ff. 400. Averescu, rumän. Gen., O. B. 2. Armee, spater rumän. Ministerpräsident 181. 358. 360.
Bacon, brit. Admiral, Befehlshaber der Seestreitkräfte im Kanal 72. Balujew, russ. Gen., O. B. „Besondere Armee" 150.
Bartenwerfer, Hptm. im Genst. 219. Baucheron de Boissoudy, franz. Gen.,
0.B. 7. Armee 51.
von Below (Fritz), Gen. d. gnf., O.B.
1. Armee 42. llOff.
von Below (Otto), Gen. d. Inf., O.B.
6. Armee, später 14. Armee 42. 221. 222ff. 226f. 238. 240. 242f. 252.258f. 262ff. 267.269 ff. 275f. 278.281 ff. 288f.
292. 296ff. 299 ff. 303.
Benedikt XV., Papst 9. 16.
Ritter von Benigni in Müldenberg, ö.-u. Fldzgmstr., Komm. Gen. VIII. Korps 181.
von Berendt, Genmaj., Gen. d. Fußart. Abschn. gloczow, dann 14. Armee 163.
293. 297.
von Bernhard!, Gen. d. Kav., Komm.
Gen. Gen. Kdo. z. b. D. 55 363. 374. von Berrer, Genlt., Komm. Gen. Gen. Kdo.z.b.D. 51 152. 163f. 168. 193ff. 231. 245. 254f. von Bethmann-Hollweg, Reichskanzler
4. 5. 7. 11.
Bjelkowitsch, russ. Gen., O. B. 7. Armee 150.
Blih, Taster H., amerik. Gen., Mitgl. d.
Obersten Kriegsrates d. Entente 314. von Blomberg, Major, 1. Genst. Off.
7. Armee 113. von Böckmann, Genlt., Komm. Gen. G. K. 82.
Frhr.vonBöhm-Ermolli,ö.-u.Gen.Ob., seit 31.1.1918 Gen.Feldm., O.B. einer Hgr. 160. 171 f. 362. 381. von Boehn, Gen. d.Inf., O.B. 7.Armee 42. 110.
Boroevic von Bojna, ö.-u. Gen.Ob., O.B. 5. (Fsonzo-) Armee 209f. 214f. 260. 299.
Boris, Kronprinz von Bulgarien 418. Graf von Bothmer, Gen. Ob., O.B. Deutsche Südarmee 148. 154.167.169. 172.
Bramsch, Major, Derb. Off. der O.H.L.
bei Hgr. Deutscher Kronprinz 110.112. Frhr. von Brandenstein, Oberst, Kbr.
3. G. Kav. Brig. 372f.
Graf von Bredow, Genlt., Komm. Gen. III. R. K. 365.
Personenverzeichnis.
467
von Briehke, Gen. d. Inf., Befehlshaber Abschn. Slonim 363.
Brinckmann, Major, 1. Genst. Off. O.B.
Ost 161 f. 164. 173.
Bronsart von Schellendorfs (Bernhard), Oberst, Chef d. Genst. 5. Armee (bis 27.8.1917) 43. 101.
Bronsart von Schellendorff (Walter), Oberstlt., Chef d. Genst. 9. Armee 181. Bronsart von Schellendorff (Friedrich), Genlt., bis 31.12.1917 Chef d. Genst. Osmanische Armee, dann Kdr. 4. E. D. 429.
Brussilow, russ. Gen., seit 3.6.1917 Oberster Befehlshaber 150. 153. 155 f. 158. 177.
Frhr. von dem Bussche-Ippenburg, Major, Verb. Off. d. O. H. L. bei O.B. Ost 162. 179.
Sir g. Byng, brit. Gen., O.B. 3.Armee 52. 127.
Graf Cadorna, ital. Gen., Chef d. Genst., später Mitgl. d. Obersten Kriegsrates d. Entente 49. 208 ff. 228 f. 248 ff. 272 ff. 303 f. 314.
Capello, ital. Genlt., O. B. 2, Armee 208. 228. 247
vonCarlowih, Gen. d. Inf., Komm. Gen.
III. R. K. 157. de Castelnau de Curiöres, franz. Gen., O.B. Hgr. Ost 51.
ChalesdeBeaulien, Genlt., Komm.Gen.
XIV. A. K. 63. 68.
Churchill, Winston, brit. Marineminister 2.
Clemenceau, franz. Ministerpräsident u.
Kriegsminister 315. 317.
Frhr. Conrad von Höhendorf, ö.-u. Feldmarschall, bis 27.2.1917 Chef d. Genst., später O.B. Hgr. Tirol 37. 209. 213. 250. 281. 298 f. 302. von Conto, Genlt., Komm. Gen. Kar-patenkörps 169. von Cramon, Genmaj., Bevollmächtigter deutscher General bei d. ö.-u. Heeresleitung 19. 21. 173. 214ff. 218. 278. 280. 323. 360.
Cristescu, rumän. Gen., O.B. 1.Armee 181.
Csicseries von Baesany, ö.-u. Feldmlt., Komm. Gen. XXIII. Korps 209.
Graf Czernin, ö.-u. Außenminister 9. 15. 17 ff. 21. 335. 346 f. 351. 357 ff. 375. 399.
Debeney, franz. Gen., Chef d. Genst. d.
O.B. in Frankreich 51.
Denikin, russ. Gen., O.B. Westfront, später Führer einer Freiwilligen-Armee 149. 388.
Deventer, brit. (südafrikan.) Genlt., Ostafrika 454. 453. 460.
Diaz, ital. Gen., seit 8.11.1917 Chef d.
Genst. 304.
Dieffenbach, Genlt., Komm. Gen. IX.
R. K. 63. 68. 73.
Dieterich, Genlt., 1918 Führer bulg.Truppen 419.
Djemal Pascha, türk. Gen., O.B. in Syrien u. West-Arabien 423. 429. Djemal Pascha II, türk. Gen., O.B.
4. Armee 430.
Djewad Pascha, türk. Genmaj., Komm.
Gen. XV. A. K. 149.
Burggraf und Gras zu Dohna-Schlo-bitten, Gen. d. Kav., Komm. Gen. G. K. 73.
von Dommes, Oberst, Chef d. Genst.
Hgr. F (Palästinafront) 421. Drechsel, Oberstlt., Chefd.Genst.A. Abt.B 43.
Duchöne, stanz. Gen., O.B. 10.Armee 51.
von Eben, Gen. d. Inf., O.B. 9.Armee 181. 362.
von Eichhorn, Gen. Ob., seit 18.12.1917 Gen.Feldm., O.B. 10.Armee, seit 5.3.1918 einer Hgr. 156 f. 365. 370. 331 f. 386. 390. von Einem gen. von Rothmaler, Gen.
Ob., O. B. 3. Armee 42. 325. Engelien, Oberstlt., Verb. Off. derO.H.L. bei ukrain. Regierung 374.
30*
468
Personenverzeichnis.
Enver Pascha, türk. Gen., Vize-Genera-lissimus 422. 426. 428 f. 433 ff. 443 ff. Erdeli, russ. Gen., O.B. 11.Armee 150. Erzberger, Reichstagsabgeordn. 9ff. Frhr. von Esebeck, Major, Chef d. Genst.
A. Abt. A 43. von Estorsf, Genlt., Kdr. 42. I. D. 204. Etna, ital. Genlt., O.B. 6.Armee 208. Erzherzog Eugen, ö.-u. Feldm., O.B. Südwestfront 209. 221 f. 242. 265. 276. 281. 283 f. 290. 299.
von Fabini, ö.-u. Feldmlt., Komm. Gen XVII. Korps 169. von Falkenhayn (Erich), Gen d. Inf. (ehem. Chef d. Genst. d. Feldheeres), O.B. 9.Armee, ab 28.4. 1917 in die Türkei entsandt (O. B. Hgr. F), seit 5.3. 1918 0.53. 10. Armee 37. 181. 189. 332f. 370. 417. 420ff. 425ff. 444. von Falkenhayn (Eugen), Gen. d. Kav., Komm. Gen. XXII. R. K. 363. Fayolle, franz. Gen., O.B. Hgr. Mitte
51.
Ferdinand, Zar von Bulgarien 408ff. 418. Ferdinand, König von Rumänien 149. 357ff.
Fewzi Pascha, türk. Gen., O. B. 7.Armee 423.
Fleck, Genlt., Komm. Gen. Gen. Kdo z. b.
53. 62 410. 415.
Foch, stanz. Gen., Chef d. Genst., Mitglied d. Obersten Kriegsrates d. Entente 48 f. 228. 314.
Franchet d^Esperey, franz. Gen., O.B. Hgr. Nord, seit 18.6.1918 O.B. d. Verbündeten Armeen im Orient 51. 115f. 407. 414. von Francois, Gen. d. Inf., Komm.Gen.
VII. A. K. 104.
Frantz, Major, Chef d. Genst. I. A. K. 159f. 163.
Ritter von Frommel, Gen. d. Kav., Komm. Gen. Gen. Kdo. z. b.V. 57 365. Frotscher, Genmaj., Chef d. Genst. 10. Armee, seit 16.2. 1918 Hgr. Eichhorn 156. 363.
Fuchs, Genlt., O.B. A.Abt. C 43.
vonGallwih, Gen.d.Art.,O.B.5.Armee 23. 43. 101. 107.
Gantschew, bulg. Gen., Bevollmächtigter im deutschen Großen Hauptquartier 404.
vonGarnier,Genlt.,Komm. Gen.V.R.K. 104.
Geraldi, ital. Genlt., O. B. 1. Armee 208. G6rard, franz. Gen., O.B. 8.Armee 51. von Gerok, Gen. d. Inf., Komm. Gen.
XXIV. R. K. 181.
Geschow, bulg. Gen., O. 53. 1. Armee 401.
von Glaise-Horstenau, Leiter der Presseabteilung d. ö.-u. Heeresleitung 14. 18. Goiginger, ö.-u. Feldmlt., Kdr. 60.I.D. 266.
Graf v. d. Goltz, Genmaj., Kdr. d. „Oft-see"-Div. 371 ff. 393.
Sir tz. Gough, brit. Gen., 0.53. 5. Armee
52. 59. 68 f. 73. 91.
Gouraud, franz. Gen., O. B. 4. Armee 51. Groener, Genlt., Komm. Gen. I.A. K., seit 28.3.1918 Chef d. Genst. Hgr. Eichhorn-Kiew, seit 26.10.1918 Erster Generalquartiermeister 378 f. 381 f. 386. 396.
von Gronau, Gen. d. Art., O.B. einer A. Abt. 379. von Gündell, Gen. d. Inf., O.B.
A. Abt. B 43.
Guillaumat, franz. Gen., 0.53.2. Armee, seit 22.12.1917 O. B. der Verbündeten Armeen im Orient 51. 103. 403. Gutor, russ. Gen., O.B. Südwestfront 149 f. 177.
von Hadfy, ö.-u. Feldmlt., Komm. Gen.
XXVI. Korps 153.
Sir Douglas Haig, brit. Feldm., O.B. d. Heeres in Frankreich 50. 52. 58ff. 65. 67. 69. 72. 76. 78. 81. 83. 85. 87. 89. 91. 93. 95f. 127. 132. 138. 316. Halil Pascha, türk. Gen., O.B. 6.Armee 421. 423. 434.
Hassenstein, Obstlt., Chefd. Genst. Gruppe Vailly 113.
Personenverzeichnis.
469
p0n Heineceius, Genlt., Komm. Gen. XXV. 9*. K., später VI. 21. K. 149. 169. 368.
von Held, Gen. d. Inf., Komm. Gen.
Gen. Kdo. z. b. V. 66 365.
Dr. Helfferich, Staatssekretär des Reichsamtes d. Innern und Stellvertreter des Reichskanzlers, 1918 Gesandter in Moskau 21. 390.
Hell, Genmaj., Chef d. Genst. Hgr. Mackensen 180. 183. 185. 186. 357. 359ff. Ritter von Hemmer, Oberst, Chef d.
Genst. Deutsche Südarmee 148. Henderson, brit. Minister, Führer d. 2a-bour-Partei 322.
RittervonHenriquez, ö.-u.Gen.d. Inf., 0.95. 2. Isonzo-Armee 221. 231. 247. Dr. von Herrmann, Lt. d. Res., Stb.
5. g. D. 255.
Graf tzertling, bayer. Ministerpräsident, später Reichskanzler 9. 21 f. 405.
Heye, Oberst, Chef d. Genst. Hgr. Woyrsch, seit 9.9.1917 Hgr. Herzog Albrecht 43. von Hindenburg, von Beneckendorff
und , Gen. Feldm., Chef d. Genst.
d. Feldheeres 4ff. 10ff. 19. 21. 168. 189. 215. 280f. 332. 347ff. 405. 408. 434f. 437.
von Hinhe, Staatssekretär d. Ausw.Amtes 390f.
von Hofacker, Genlt., Kdr. 26. I. D., seit 27.10.1917 Führer Gen. Kdo. z. b. 93. 51 255f. 258f. 261. 263. 274f. Hoffmann, Oberst, Chef d. Genst. O. B.
Ost 38. .159. 161 f. 190.321.347ff. 362. Hofmann, Genlt., Komm. Gen. Beskiden-Korps 163. 169.
Hofmann, ö.-u. Feldm., Komm. Gen.
XXV. Korps 149. 169. von Holtzendorff, Admiral, Chef d. Admiralstabs 322. 335. von Hordt, ö.-u. Gen. d. Inf., Befehlshaber einer Gruppe 231. 285.
Sir H. S. Hörne, drit. Gen., O. B.
1. Armee 52.
Horsehky Edler von Hornthal, ö.-u. Feldmlt., Komm. Gen. XXVI. Korps 169.
Hoskins, brit. Genmaj. (Ostafrika) 458. Humbert, franz. Gen., O. B. 3. Armee 51. von Hutier, Gen. d. Inf., 0.95. 8. Armee 191. 193. 195. 203. 205.
Iekow, bulg. Gen., 0.95. d. Heeres 401.
403 ff. 408. 418. gellieoe, brit. Adm., Erster Seelord, 0.95.
der Flotte 59. 448.
Joffe,russ. Volkskommissar 346. Erzherzog Josef, ö.-u. Gen. Ob., 0.95.
einer Heeresfront 170.
Jostow, bulg. Gen., Chef d. Genst. 401. Zzzet Pascha, türk. Marschall, O.B. Kaukasusfront, dann Großwesir 442.
Kaiser, ö.-u. Gen. d. Inf., Komm. Gen.
II. Korps 242.
Kapp, Senerallandschaftsdirektor 22.
Karl I., Kaiser von Österreich, König von Ungarn 10. 13f. 18f. 44. 210. 214. 216. 218f. 221. 226.284.299.308.335. 357ff. 375. 381. 394f. von Kathen, Gen. d. Inf., Komm. Gen. XXIII. R. K. 136 f. 163. 165f. 168. 195. 201 * 205.
Keller, Obstlt., Chef d. Genst. Hgr. Lin-singen 363.
Mustapha Kemal Pascha, türk. Gen., O.B. 2.Armee 422. 442.
Kerenski, russ. Kriegsminister, seit 21.7. 1917 gleichzeitig Ministerpräsident lf. 45. 150. 155. 158. 177. 206. 323. 335. 342. 402.
von Kessel, Oberst, Chefd. Genst.A.Abt. D 158.
Kiggel, brit. Gen., Chef d. Genst. d. brit.
Heeres in Frankreich 52.
Kirch, Obstlt., Chef d. Genst. 11. Armee 401.
von Kirchbach, Gen. Ob., O.B.A.Abt. D 363.
Graf von Kirchbach, Gen. d. Inf., seit 27.1.1918 Gen. Ob., O. B. A. Abt. D, später 8. Armee 158. 363. 369.
Graf von Kirchbach auf Lauterbach, ö.-u. Gen. Ob., O.B. 4.Armee 363. 379.
470
Personenverzeichnis.
Klembowski, russ. Gen., O. B. Nordfront
149.
Kletter, ö.-u. Feldmlt., Komm. Gen.
IX. Korps 149. von Klüber, Major, Chef b. Genst.
1. Armee 42. 110f. von Knoerzer, Gen.d. Kav., Kdr. 7. L. D., Führer eines Korps 376f.
Frhr. von König, Gen. d. Kav., Komm.
Gen. Gen. Kdo. z. b. D. 56 367. Köveh von Kövehhaza, ö.-u. Gen.Ob., seit 6. S. 1917 Feldm., O. B. 7. Armee, seit 15.1.1918 bish. Heeresfront Crzh. Joseph, seit 8.10.1918 Hgr. in Serbien u. Albanien 169. 356. 415.
Konopicki, ö.-u. Genmaj., Chef d. Genst.
Südwestsront 222.
Konstantin, König von Griechenland 400. Kornilow, russ. Gen., O. B. 8. Armee
150. 153 f. 177. 206.
Kosak, ö.-u. Feldmlt., Befehlshaber einer Gruppe 231. 266.
Kosch, Gen. d. Inf., Komm. Gen. Gen.
Kdo. -. b. D. 52 379.
Krafft von Dellmensingen, Genlt., Chef d. Genst. Hgr. Herzogs Albrecht, später 14. Armee 19. 43. 216fs. 250f. 258f. 265. 275. 298s. 301.
Kraliczek, ö.-u. Gen. d. Inf., Komm. Gen.
XVI. Korps 209.
Krahnow, russ. Gen., Ataman der Don-Kosaken 383.
Krauh, ö.-u. Feldmlt., dann Gen. d. Inf.. Komm. Gen. I. Korps, später ö.-u. Ostarmee 169. 223f. 231. 238. 240. 253. 267f. 272f. 293ff. 299 f. 306. 389. Frhr. Kreh von Kressenstein, Oberst, später Genmaj., Führer türk. 8.Armee, später Chef Deutsche Delegation im Kaukasus 420. 423ff. 434. 445. Kritek, ö.-u. Gen. Ob., O.B. 3. Armee, später 7. Armee 155. 169. 362.
Frhr. von Krobatin, ö.-u. Gen. Ob., O. B. 10. Armee 209. 231. 266.
Krug von Nidda, Gen. d. Kav., Komm.
Gen. XXVII. N. K. 169. 172. Krylenko, russ. bolschewist. Politiker, seit Nov. 1917 O. B. des Heeres 343.
von Kühlmann, Staatssekretär d. Ausm.
Amtes 16f. 325. 346f. 352. 354f. 358. von Kühl, Genlt., Chef d. Genst. Hgr. Kronprinz Ruprecht 16. 43. 54ff. 62. 71. 75. 77. 80. 86. 98. 133 f. 142. 320. 323. 325f. 328.
Lämmerhirt, Obstlt., Chef. d. Genst.
11. Armee 401.
Frhr. von Ledebur, Obstlt., ab 6.11.1917 Oberst, Chef d. Genst. A. Abt. C 43. Lenin, russ. bolschewist. Führer 207. 331. 393.
Lenz, Obstlt., Chef d. Genst. 6. Armee 42.
Leopold, Prinz von Bayem, Gen. Feldm., O.B. Ost 159. 161. 362. 393. Lequis, Genmaj., Kdr. 12. g. D. 272. Frhr. von Lersner, Leg.-Rat 16. von Lettow-Dorbeck, Oberst, seit 29.10. 1917 Genmaj., Stbr. d. Schutztruppe in Ostafrika 452 ff.
Liman von Sanders, Chef d. deutschen Mil.-Mission i. d. Türkei, türk. Gen. d. Kav., O.B. 5.Armee, später hgr. F 420. 429f. 436ff. 444f.
Limbourg, Genlt., Komm. Gen. Gen.Kto z. b. D. 53 367. von Linsingen, Gen.Ob., O.B. einer Hgr., seit 28.3. 1918 in den Marken u. Gouv. von Berlin 375. 381. Lihmann, Gen. d. Inf., Komm. Gen.
XXXX.R.K. 155. 168f. 173.
Lloyd George, brit. Premier-und Kriegsminister 44. 49. 314. 316f. 322. von Lossow, Genmaj., Mil.-Bevollm. in Konstantinopel 432f. von Lohberg, Oberst, seit 3.8.1917 Genmaj., Chef d. Genst. 4. Armee 42. 53 ff. 77. 93.
Ludendorff, Gen. d. Inf., Erster Generalquartiermeister 2. 7. lOff. 14. 16. 18f. 21. 35. 37ff. 54. 62. 77f. 80. 99ff. 107 f. 110. 112f. 122. 124. 134. 142. 159. 162. 167. 170.173.176.179.185f. 188 ff. 192.203.217.219.221.226.242. 250. 271. 276ff. 288f. 301.318ff. 328f. 331 f. 335. 337f. 347f. 359. 378. 381.
Personenverzeichnis.
471
383. 385f. 389f. 391. 393ff. 396. 400. 406. 429. 433ff. ppn Lukasz 5.-u. Gen. b. Ins., Komm.
Sen. XXIV. Korps 209.
Lukow, bulg. Gen., O.B. 2. Armee 401. Fürst Lwow, ruff. Ministerpräsident 152.
een Mackensen, Gen. Fewm., 0.25. einer 185. 356. 387. 393. 395. 397. 417.
419.
Maiftre, stanz. Gen., O. B. 6. Armee 51. Malinow, bulg. Ministerpräsibent 405.412. Baron Mannerheim, russ. Genlt., Führer bet „Weihen Garbe“ in Finnland 371 ff. Mangin, stanz. Gen., 0.23.6. Armee 116. Marghiloman, rumän. Ministerpräsibent 361.
Frhr. Marschall, Gen. b. Kav., Komm.
Gen. G. 9t. K. 73. 82. pon der Marwitz, Gen. b. Kav., 0.23.
2. Armee 124. 133. 138. 141 ff.
„en Massow, Oberst, Mil. 23evollmächt. in Sofia 413.
Melier, Genlt., Kbr. 92. I.D. 168. Mengelbier, Genlt., Komm. Gen. I. A. K. 385.
Ritter Mertz von Quirnheim, Obstlt., Chef b. Operations-Abt. B b. O. H. S. 19. 406.
Steurer, Konteradmiral 372. vr.Michaelis, Reichskanzler 11 f. 15. 21 f Micheler, stanz. Gen., 0.23.5. Armee 51. Graf von Mirbach-Harff, Gesanbter in Moskau 389f.
Monturri, ital. Gen., O. B. 2. Armee 247. vonMorgen, Genlt., Komm. Gen.I. R.K.
182ff. 356. von Moser, Genlt., Komm. Gen. XIV.
R. K. 135 f. 138. von Atubr a, Gen. b. gnf., 0.23. A. Abt. A 43.
von Müller (Mar), Genlt., Komm. Gen.
Gen.Kdo. z.b.V.54 114.
Frhr. Mumm von Schwarzenstein, Botschafter in Kiew 382.
Aicvlis bi Rvbilant, ital. Genlt., O.B. 4. Armee 208.
Rivelle, stanz. Gen., 0.23. bes Heeres in Frankreich 101.
Rorthey, brit. Genmaj. (Ostafrika) 454ff.
Frhr. von Olbershausen (Martin), Oberst, seit 30.11.1917 Genmaj., Chef b. Genst. 3. Armee 43. von Oppen, Oberst, Führer Asienkorps 439.
Pace Ui, päpstlicher Nuntius 9. 16f. Painlevä, stanz. Kriegsminister 47.
Palat, stanz. Gen., Kriegsgeschichtsschreiber 303.
von Pappritz, Genlt., Komm. Gen. Gen.
Kbo. z. b. 23.60 193. 368.
Parski, russ. Gen., O.B. 12.Armee 197 von Pawelsz, Obstlt., Chef b. Genst. 2. Armee, ab 27.8.1917 5. Armee 43. 108. 124. von Payer, Vizekanzler 22. 355. Pershing, amerik. Gen., 0.23. b. Expebi-tions-Armee 47.
Pätain, stanz. Gen., 0.23. b. Heeres in Frankreich 45. 49. 51. 87. 101. 116. 123. 315.
Petljura, Generalkommissar bet Ukraine 344. 374.
Frhr. von Pflanzer-Baltin, ö.-u. Gen.
Ob., Komm. Gen. XIX.. A. K. 406. Pilsubski, poln. Oberst, Führer bet polnischen Legion 20. von Plessen, Gen. Ob., Generalabjutant b. Kaisers unb 1. Kommandant bes Grohen Hauptquartiers 19. 326.
Sir H. Plumer, brit. Gen., O.B.
2. Armee 52. 59. 73.
Poincarä, Präfibent der franz. Republik 6. 317. 322.
Prager, Major, 1. Genst. Offz. Hgr. Krön-prinz Rupprecht 79.
von Quast, Gen. b. Inf., Komm. Gen. G. K., seit 9.9.1917 0.23. 6. Armee 42. 57. 73.
Raboslawow, bulg. Ministerpräsident 405. 418.
Ragosa, russ. Gen., 0.23. 4. Armee 181.
472
Pers onen Verzeichnis.
Ritter von Randa, ö.-u. Oberst 357. 395. Sir H. Rawlinson, brit. Gen., O. B.
4. Armee 52. 59. von Rebeur-Paschwih, Vizeadmiral, Chef deutsche Mittelmeer-Division u. türk. Flottenchef 384. 431. Reinhardt, Obstlt., Chef. d. Genst.
7. Armee 42. 110. 112f.
Ri bot, franz. Ministerpräsident 45. 49.322. Frhr. von Richthofen, Gen. d. Kav., Komm. Gen. Gen. Kdo. z. b. D. 53 158.
Frhr. von Richthofen, Legationsrat im Ausw. Amt 357.
Riemann, Gen. d. Inf., Komm. Gen.
VI. A. K. 195.
Sir W. Robertson, brit. Gen., Chef des Reichs-Genst. 49. 228. 316.
Frhr. von Rohr, ö.-u. Gen. Ob., O. B.
1. Armee 362.
Chevalier Ruiz de Roxas, ö.-u.Feldmlt., Befehlshaber einer Gruppe 181. Rupprecht Kronprinz von Bayern, Gen. Feldm., O. B. einer Hgr. 16f. 43. 62. 72. 85. 98. 133 f. 322 f. 325. 329 f.
Sarrail, franz. Gen., O. B. d. Verbündeten Armeen im Orient 401. von Sauberzweig, Genmaj., Chef. d.
Genst. 8. Armee 191.
Schariczer, ö.-u. Feldmlt., Komm. Gen.
VII. Korps 209.
Scheer, Admiral, Chef d. Admiralstabs 449. 451.
Frhr. von Scheffer-Boyadel, Gen. d. Inf., Komm. Gen. Gen. Kdo. z.b.V.67 365.
Edler von Schenk, ö.-u. Feldmlt., Komm.
Gen XIII. Korps 153. 169.
Grafvon Scheuchenstuel, ö.-u.Gen.Ob..
O. B. 11. Armee 287. 302.
Graf von Schmettow (Egon), Genlt., Komm. Gen. Gen. Kdo. z. b. V. 58 199. 368.
Schmidt (Erhardt), Vizeadmiral 201. 203. Frhr. Schmidt von Schmidtseck, Gen.-maj., Chef d. Genst. Hgr. Eichhorn 363. Schnee, Soup, von Dtsch. Ostafrika 452.
Ritter von Schoch, Gen. d. Inf., Komm.
Gen. Gen. Kdo. z. b. V. 63 104. von Scholh, Gen. d. Art!., O.B. einer Hgr. 401. . 404. 408 ff. 415. Schtscherbatschew, rüst. Gen., O.B.
Rumän. Front 149. 344s. 350f. 356. Schubert, Maj., Mil. Att. in Moskau 390.
Graf von der Schulenburg, Oberst, Chef d. Genst. Hgr. Deutscher Kronprinz 42. 110. 112. 122.
Prinz von Schwarzenberg, ö.-u. Gen.-maj., Kdr. 55. F. D. 294.
Graf von Schwerin, Obstlt., Chef d.
Genst. Hgr. Scholtz 401. 406. Scotti, ö.-u. Feldmlt., Komm. Gen. XV.
Korps 209. 231.
Frhr. von Seckendorfs, Genlt., Gouv.
v. Ssel 368. von Seeckt, Genmaj., Chef d. Genst. ö.-u. Heeresfront Erzherzog Zosef, spater d. türk. Heeres 14. 174f. 323. 429. 433ff. 444s.
Sieger, Genlt., Kdr. 16. R. D. 176. Sixt von Armin, Gen. d. Inf., O.B. 4. Armee 42. 53. 62. 67. 77. 80. 86. 90. 94. 98 f.
Sixtus, Prinz von Bourbon-Parma 18. Skoropadski, rüst. Gen., Hetman der Ukraine 383. 386.
Smuts, Kriegsminister d. Südafr. Union, O. B. d. brit. Streitkräfte in Oftafrika 453 ff.
Baron Sonnino, ital. Außenminister 49. Souchon, Admiral, Chef deutsche Mittel-meer-Division u. türk. Flottenchef 431. Stapff, Maj., Chef d. Genst. 6.Armee, seit 27. 8.1917 2. Armee 42. 62. 124. 134.
Frhr. von Stein, Genlt., seit 25.5.1918 Gen. d. Artl., Befehlshaber einer Gruppe 63. 68. 231. 240. 245. 256. 292.
Ritter von Steinih, ö.-u. Genmaj., Chef d. Genst. 7. Armee, spater Heeresfront Köweß 170. 362. von Steuben, Gen. d. Inf., O.B.
11. Armee 401. 408. 415f.
Personenverzeichnis.
473
Steuber, Ob. Gen. Arzt, Armeearzt der Hgr. F (Palästina) 427.
Frhr. von Stoltzenberg, Oberst, Bevollmächtigter d. O. H. L. bei Hgr. Eichhorn-Kiew 382.
Stupin, russ. Gen., 0.93. 9. Armee 181. Surön, Genlt., Komm. Gen. Gen. Kdv. z. b. D. 61 410. 414.
Talaat Pascha, türk. Großwesir 441. Tassoni, ital. Genlt., O.B. Karnische Gruppe 208. von Tersztyanszky, ö.-u. Gen. Ob., O.B.
Z. Armee 153. 154ff. von Tirpitz, Großadmiral 22.
Graf Tis za, ungar. Ministerpräsident 15. Todorow, bulg. Gen., O.B. 3.Armee, später 2. Armee, O. B. d. Heeres 362, 401. 408. 411.
Tombeur, belg. Sen. 454.
Trollmann, ö.-u. Gen. d. Inf., Komm.
Gen. XIX. A. K. 400.
Trohki, russ. Volkskommissar 349ff.
von Valentini, Chef d. Zivilkabinetts d.
Kaisers 349.
Venizelos, griech. Ministerpräsident 400.
Frhr. von Waldstätten, ö.-u. Oberst, seit August 1917 Genmaj., Chef d. Operations-Abt. im Genst. 214. 216. 217ff. 222. 251 f. 279f. 283. 331.
Frhr. vonWatter (Theodor), Gen. d. Inf., Komm. Gen. XIII. A. K. 126.136f.
von Wedel, Genmaj., Kdr. 5. I. D. 262. Wehib Pascha, türk. Gen., O. B. 3.Armee 432.
Ritter von Wenninger, Genlt., Komm.
Gen. XVIII. R. K. 184ff.
Wehell, Maj., Chef Operations-Abt. I d.
0. H. L. 35 ff. 39. 113. 173. 176. 188 190.212ff. 216.291.297. 318.330.337,
Wichura, Gen. d. Ins., Komm. Gen.
VIII. R. K. 114. von Wieden, ö.-u. Genmaj., Kdr. Edel-weiß-Div. 240. 294.
Wilhelm II. Deutscher Kaiser, König von Preußen 10. 201. 216. 218s. 348s. 353ff. 358. 381. 388. 411.
Wilhelm Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen, Gen. d. Ins., O.B. einer Hgr. 17. 42. 321. Wilhelm!, Genlt., Kdr. 197. g. D. 163. Frhr. von Willisen, Maj., 1. Genst. Offz.
14. Armee 259. 270. 291. 297. von Winckler, Gen. d. Ins., Komm. Gen.
1. A. K. (Abschn. gloezow) 149. 159. 161 ff. 170s. 177.
Wilson, Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika 5. 17. 20. 441. 449. Wilson, brit. Gen., Mitglied d. Obersten Kriegsrates d. Entente 314.
Frhr. von Wurm, ö.-u. Gen.Ob., O.B.
1. gsonzo-Armee 221. 231.
Wyneken, Alexander, Verleger d. Königsberger Allgem. Zeitung 324.
Zurikow, russ. Gen., O.B. 6.Armee 181.
Truppenverzeichnis.
Deutschland.
Oberste KriegSleituug 168.171 ff. 178. 180. 184. 187. 243. 250. 269. 281. 290f. 299 f. 375. 377. 381. 400. 403f. 408. 411. 413. 418. 420. 422f. 426. 428f. 433f. 436f. 441. 443ff.
Oberste Heeresleitung lf. 4.7f. 8.10.15ff. 20 22. 32ff. 58. 62. 85. 89. 95ff. 102. 107f. llOff. 121 f. 124.133ff. 137.142. 144. 148. 153. 155. 159. 161 f. 166.
170. 178. 189f. 192. 197. 200. 202.
205. 207. 212. 214f. 221. 224. 253.
257. 260. 264. 268. 270. 279ff. 284.
288. 300f. 310. 318. 320. 322ff 326ff. 332 ff. 337ff. 357f. 361. 363 f. 366. 370. 374. 378f. 382ff. 386. 388. 390. 392ff. 404f. 421. 443. 449. 451 f.
Heer 1. 22ff. 340.
Wepheer 41 ff. 100. 143. 146. vstheer 202. 207.
Oberbefehlshaber Ost 34. 38. 148s. 153ff. 157f. 160 ff. 168 ff. 172. 174s. 178s. 189ff. 194. 199s. 200. 205. 219. 280. 323. 337. 342ff. 353s. 362ff. 366. 370. 375s. 378f. 382. 384. 386. 389. 392 ff. 396f.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz 34. 36.
39. 40ff. 55. 99. 100ff. 107s. 110s. 118. 122. 124. 309. 320. 324. 328.330. 338.
Heeresgruppe Eichhorn 148. 156.179. 190.
363f. 370. 383.
Heeresgruppe Eichhorn-Kiew (vorher Sin-singen) 381 ff. 389.
Heeresgruppe Herzog Albrecht 34. 36.42 f.
101. 216. 309.
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht 34.38. 41 f. 53. 71. 81. 95. 98ff. 124s. 130s. 133 ff. 137. 142. 324ff.
Heeresgruppe Kiew (vorher Eichhom-Kiew) 396.
Heeresgruppe Linsingen (später Eichhorn-Kiew) 148. 363ff. 375s. 378ff. Heeresgruppe Mackensen 148. 168. 173. 175s. 178 ff. 182 ff. 186 f. 215. 323. 344. 356. 358. 360. 362s. 378. 393. 395ff. 415.
Heeresgruppe Scholtz 395.401 ff. 406ff. 413. Heeresgruppe Wohrsch 148. Heeresgruppe F(gilderim) 421. 423. 437.
1. Armee 39. 42. 101. 109s. 115. 120.
2. Armee 42. 100.115.124f. 130.133.135.
138. 143. 311.
S. Armee 43. 101. 109 113.
4. Armee 38. 42. 53. 58. 63. 67. 68. 70.
71 ff. 76. 78. 81 f. 84ff. 89. 92.95.98f. 129.134.138.310.320.322.324.327ff.
5. Armee 38. 40. 43. 101. 106. 109. 339.
6. Armee 42. 67. 92. 100. 125. 130. 134.
138. 337.
7. Armee 39. 42. 100s. 109ff. 115. 118.
120. 122ff. 138. 339.
8. Armee 148. 190ff. 197; 200. 363. 368.
370. 385. 389.
».Armee 148. 180ff. 362.
10. Armee 148. 156. 194. 363. 365s. 368.
389.
11. Armee 401. 407ff. 413. 415ff.
14. Armee 221 ff. 230s. 236. 239ff. 249ff. 255. 257. 260f. 264ff. 267ff. 274ff. 282ff. 289ff. 295ff. 300ff. 306. Deutsche Siidarmee 148s. 152ff. 156. 159. 161. 163. 165ff. 169 ff.
Armee-Abteilung A 43.
Armee-Abteilung L 43.
Truppen Verzeichnis.
475
Armee-Abteilung C 40. 43. Armee-Abteilung D 148. 157 f. 194. 200.
363. 366ff. 389. 394.
Armee-Abteilung Gronau (seit 27.3.1918 xxxv. R. K.) 148. 363. 376ff. Armee-Abteilung Scheuer 148. 152. 157. Armee-Abteilung Woyrsch 148. 157. Armeegruppe s. Gruppen (hinter den Korps u. Gen. Kdos.).
Gardekorps (f. auch Gr. Dpern) 55. 57. 73. 82.
I. Armeekorps (s. auch Abschnitt Zloczow)
149. 159. 168. 378ff 384f.
VI.Armeekorps 195. 368ff.
VII. Armeekorps (s. auch Gr. Maas-West) 104.
IX. Armeekorps (s. auch Gr. Quentin) 125.
XI. Armeekorps (s. auch Abschnitt Ornes) 108.
XIII. Armeekorps (s. auch Gr.Caudry) 125.
XIV. Armeekorps (s. auch Gr. Dixmude) 53.
XVII. Armeekorps (s. auch Gr. Oise) 125.
XVIII. Armeekorps (s. auch Gr. Dixmude u. Gr. Lewarde) 87. 133.
II. bayer. Armeekorps (s. auch Gr. Lille) 53.
III. baher. Armeekorps (s. auch Gr. Ypern u. Gr. Stein) 53. 231.
Garde-Neservekorps (s. auch Gr. Dixmude und Staden) 73. 87.
I. Neservekorps (s. auch Gr. Morgen) 183. III. Neservekorps 157f. 365f.
V. Neservekorps (s. auch Gr. Maas-Ost) 104. IX. Neservekorps (s. auch Gr. Wytschaete) 53.
XII. Neservekorps (s. auch Gr. Gent) 53. XIV. Neservekorps (s. auch Gr. Arras) 125. XVIII. Neservekorps (s. auch Gr. Wennin-
ger) 183. 187.
XXIII. Neservekorps (s. auch Gr. Busigny, Armeegruppe Etreux u. Gr. Kathen) 133 f. 143. 163. 168. 195. 201.
XXIV. Neservekorps (s. auch Gr. Gerok) 180.
XXV. Neservekorps 149. 169.
XXVII. Neservekorps 169.
XXXVIII. Neservekorps (s. Beskidenkorps)
XXXIX. Neservekorps (s. auch Gr. Liesse) 415.
XXXX. Neservekorps (s.auchGr.Lihmann) 155. 169.
XXXXI. Neservekorps (s. auch A. Abt. Gronau) 380. 384ff.
Alpenkorps s. unter Ins. Div.
Asienkorps 421 ff. 427f. 430. 439. Beskidenkorps 163. 165. 167. 169. Karpatenkorps 169. 175. 291.
Korps Knoerzer (Stab 7. Ldw. Div.) 376.
378 ff. 384f.
Korps Kosch (Gen. Kdo. z.b.V. 52) 383 f. 386.
Marinekorps (s. auch Sr. Nord) 53f. 73. Nordkorps (Gouvn. Oesel) 368f. Generalkommando z. b. B. 51 (s. auch Gr. Berrer) 152. 163. 166. 168. 193. 195. 231.
Generalkommando z. b. B. 52 379f.
Generalkommando z. b. B. 53 158. 367 f.
415.
Generalkommando z. b. B. 56 367.
Generalkommando z. b. B. 57 365.
Generalkommando z. b. B. 58 199 f. 368. Generalkommando z.b.B. 66 193. 368. Generalkommando z. b. B. 61 401. 407. 410.
Generalkommando z. b. B. 62 401. 407. 410.
Generalkommando z. b.B. 63b 104. Generalkommando z. b. B. 66 365. Generalkommando z.b.B. 67 365f.
Gruppe Arras (Gen. Kdo. XIV. R. K.)
125 f. 132. 134ff. 140 ff.
Gruppe Berrer, später tzosacker (Gen. Kdo. z.b.V.51) 163. 166f. 169. 195ff. 233ff. 237. 241. 244f. 246. 252. 254. 273.
Gruppe Busignh (Gen. Kdo. XXIII. N. K.) 1^4 ff.
Gruppe Caudrh (Gen. Kdo. XIII. A. K.)
125 f. 130 ff. 135 ff. 141 ff.
Gruppe Crsph (Gen. Kdo. VIII. R. K.) 114. 116f. 120. 123.
476
T ruppenverzeichnis.
Gruppe Lixmude (Gen. Kdo. XIV. A. K., später G. R. K., dann XVIII. A. K.) 53f. 60f. 64. 68. 70f. 73. 77. 79. 82. 84 f. 87. 89.
Gruppe (Armeegruppe) Streu; (Een. Kdo.
XXIII. R. K.) 143.
Groppe Grot (Gen. Kdo. XII. R. K.) 53. Groppe Gero» (Gen. Kdo. XXIV. R. K.) 180 ff.
Groppe tzofacker (Gen.Kdo. z.b.V.51, bis 27.10.1917 Gr. Berrer) 260. 264f. 270.286s. 289. 292.
Groppe Kathen (Gen. Kdo. XXIII. R. K.)
163 f. 167. 169. 195f.
Groppe Leivarde (Gen. Kdo. XVIII. A. K.) 134.
Groppe Liesse (Gen. Kdo. XXXIX..R. K.) 114. 118.
Groppe Lille (Gen. Kdo. II. bayer. A. K.)
53. 56. 92.
Groppe (Armeegruppe) Litzmann (Gen.
Kdo. XXXX. R. K.) 169. 174. Gruppe MaaS-Ost (Gen. Kdo. V. R. K.)
101 f. 105ff.
Gruppe MaaS-West (Gen. Kdo. VII. A. K.)
101 f. 104f. 107.
Gruppe Melior (92. F. D.) 169.
Gruppe Morgen (Gen. Kdo. I. R. K.) 185 f. Gruppe Rord (Marinekorps) 53 ff. 73. Gruppe Oise (Gen. Kdo. XVII. A. K.) 125. 129.
Gruppe ProsneS (Gen. Kdo. III. A. K.) 39. Gruppe Suenti» (Gen. Kdo. IX. A. K.) 125. 129.
Gruppe Rieuiaun (Een. Kdo. VI. A. K.) 195 f.
Gruppe Sieger (16. R. D.) 176.
Gruppe Stuben (E. R. K.) 84. 87ff. Gruppe Stein (Gen. Kdo. III. b. A. K.) 233ff. 244. 252. 254. 260. 264. 267s. 270. 275. 286f. 293. 296s.
Gruppe »stillt) (Gen. Kdo. z. b. V. 54) 113 f. 117. 120.
Gruppe Bau; (Gen. Kdo. z. b. V. 63 b) 101. Gruppe Wcnninger (Een. Kdo. XVIII.
R. K.) 186s.
Gruppe Wilhelmi (Stab 197. I. D.) 163 f. 166s. 169.
Gruppe Whtschaete (Gen. Kdo. IX. R. K.)
53 f. 58. 60f. 64ff. 68. 70. 73f. 77 ff. 82. 89. 93. 320.
Gruppe gpera (Gen. Kdo. III. b. A. K., später E. K.) 53 f. 60 f. 64. 66. 68. 70 f. 73. 77 ff. 82. 84s. 89 ff. 320.
Abschnitt Kowel 363. 376.
Abschnitt Lipst 363. 375.
Abschnitt OroeS (Gen. Kdo. XI. A. K.) 108. Abschnitt Slonim 363f. 366. 376. Abschnitt gloczow (Gen. Kdo. I. A. K.) 149. 163. 166. 168.
Gouv. Oesel (s. Nordkorpp).
1. Garde.Jns.Div. 163 f. 166. 168. 193. 195 ff.
2.«arde.Jns.Div. 114s. 117. 120. IbZf. 168. 193ff.
S.«arde.Jnf.Div. 63. 93. 132s. 136. 138. 141.
4. «arde.Jnf.Div. 78. 125.
5.Garde.Jnf.Div. 114. 117. 120ff. 133. 136s. 140.
1. Ins. Div. 169.
S. Inf. Div. 367.
4. Inf. Div. 93f.
5. Inf. Div. 163. 166ff. 231. 233. 235. 237. 239. 241. 246. 253ff. 258. 261 ff. 270. 274. 286 f. 289 f. 301 f.
6. Inf. Div. 120. 122. 163f. 166. 168.
7. Inf. Div. 93.
8. Inf. Div. 78.
».Inf. Div. 114. 118. 120.
11. Inf. Div. 93 f.
12. Inf. Div. 63. 231. 233f. 237ff. 245. 253. 255f. 267f. 272f. 284ff. 292ff. 296. 301.
IS. Inf. Div. 111. 114f. 117. 120.
14. Inf. Div. 114f. 117. 119f.
15. Inf. Div. 82. 89. 93.
16. Inf. Div. 63. 82. 84.
17. Inf. Div. 76.
18. Inf. Div. 82. 84.
2«. Inf. Div. 78. 82. 125. 136. 138. 141.
154f. 165. 168. 193. 195ff.
22. Inf. Div. 163. 166ff.
Tmppen Verzeichnis.
477
24.Jnf.Div. SSf.
25.Jnf.Div. 78. 82.
2«.Jnf.Div. 231. 233. 235. 237. 239. 241. 245f. 254ff. 259. 261 ff. 270. 274. 286s. 301.
27.Jnf.Div. 84. 87. 89.
28.Jnf.Div. 103s. 122. 133. 136s. 139s. 142s.
2S.Jnf.DiV. 102. 104.
SS.Jnf.DiV. 122. 130. 132s. 136s. 139. 142.
Z4.Inf.Div. 68. 133. 136s. 140. 142. 145.
zz. Inf. Div. 89.
SS. Inf. Div. 73. 125.
»7. Inf. Div. 114. 122.
28. Inf. Div. 63.
3S. Inf. Div. 91. 93.
40. Inf. Div. 63. 89. 365.
42. Inf. Div. 154. 163. 165. 167s. 193.
195s. 201. 203ff.
52. Inf. Div. 114. 120.
54. Inf. Div. 68. 125s. 129f.
55. Inf. Div. 104.
58. Inf. Div. 87. 89.
8S. Inf. Div. 153. 169. 174.
87. Inf. Div. 367.
89. Inf. Div. 183.
91. Inf. Div. 376. 378f. 385f.
92. Inf. Div. 163. 165. 168. 378f. 385. SS. Inf. Div. 365. 378f. 385s.
94. Inf. Div. 365.
SS. Inf. Div. 379. 385.
SS. Inf. Div. 151 f. 163. 169.
ISS. Inf. Div. 122 f.
195. Inf. Div. 199.
1S7.Jnf.Div. 125f. 129 ff. 136s. 139.
111. Inf. Div. 63. 87. 125.
115. Inf. Div. 183.
117. Inf. Div. 182. 184s. 231. 233. 235. 237. 239. 241. 253. 257. 261 f. 265. 267. 270. 286f. 301.
119. Inf. Div. 63. 68. 82. 89. 130ff. 136.
138. 141.
121. Inf. Div. 73.
18».Inf. Div. 68. 125. 136s. 140. 142. 185. Inf. Div. 136. 141 f.
187.tznf.Div. 78. 82. 84.
192. Inf. Div. 104.
ISS. Inf. Div. 82. 84. 291. 301. 1»7.J«f.Div. 152. 163. 166. 169.
ISS. Inf. Div. 94.
20«. Inf. Div. 169. 219. 231. 233. 235. 237ff. 241. 245s. 253s. 256. 259. 261 f. 265. 270. 274. 286s. 301 f. 2S2.Jnf.DiV. 193. 195.
2SS. Inf. Div. 193. 195s.
2SS.J«f.Div. 193. 368.
2SS.Jnf.Div. 104.
257.Jnf.Div. 63.
258.Jnf.Div. 73. 136s. 140. 142s.
212. Inf. Div. 183.
21». Inf. Div. 104.
214. Inf. Div. 68. 130ff. 136. 138. 141.
215.Jnf.DiV. 375s. 378f. 385. 21S.Jnf.Div. 183. 186f.
217. Inf. Div. 181. 184f. 187. 379. 384. 411 ff. 415.
218. Inf. Div. 181 f. 184.
21». Inf. Div. 368. 411. 415.
22«. Inf.Div. 82. 84. 133. 136s. 139. 142.
221. Inf. Div. 63. 136. 138. 141.
22». Inf. Div. 149. 151 f. 163. 166. 169.
224. Inf. Div. 376ff. 385.
225. Inf. Div. 157. 365.
227. Inf. Div. 82. 84.
228. Inf. Div. 104.
2SS.tznf.Div. 82. 84.
254.J«f.Div. 73. 76.
255.tznf.Div. 63.
23S.tznf.Div. 73. 76.
257.tznf.DiV. 163. 166. 169.
258.J«f.Div. 89. 91. 125.
2S». Inf. Div. 87. 89.
24«. Inf. Div. 82. 84. 125.
241. Inf. Div. 149. 151. 169.
S. daher. Inf. Div. 122.
4. daher. Inf. Div. 76. 78.
5. daher. Inf. Div. 68.
«. daher. Inf. Div. 78. 82.
1«. daher. Inf. Div. 63. 82. 89.
11. daher. Inf. Div. 89.
12. daher. Inf. Div. 183. 186.
14. daher. Inf. Div. 193 ff. 198s.
1«. daher. Inf. Div. 73.
478
Truppenverzeichnis.
AlhenkorpS 183 ff. 211. 215. 224. 231. 233ff. 237ff. 245. 253 f. 257. 287. 291. 297. 301 f. 411. 415.
Deutsche Jager-Div. 226. 231 ff. 237. 239f. 243ff. 253. 267ff. 272. 285ff. <291. 294f. 297f. 301.
2.«arde-Res.Div. 63. 73.
1. Res. Div. 193. 196.
5. Res. Div. 68. 76.
6. Res. Div. 104ff., neu aufgestellt: 415. S. Res.Div. 68. 73. 125. 129f. 132. 136f.
139. 142f.
12. Res. Div. 68.
14. Res. Ditz. 123.
15.Res.Div. 149. 151. 165. 169.
1«. Res.Div. 154 f. 169. 174. 176.
18. Res.Div. 63.
1S.Res.Div. 78. 113 ff.
21.Res.Div. 122. 132f. 136. 138. 141.
22. Res.Div. 63. 82.
23. Res.Div. 76. 365. 367.
24. Res.Div. 149. 151. 169.
25.Ref.Div. 104.
26.Res.Div. 87. 89.
28.Res.Div. 104.
SS.Res.Div. 378. 385.
4S.Res.Div. 114. 120.
44. Res.Div. 94.
45. Res.Div. 78. 82.
46. Res.Div. 104ff.
47. Res.Div. 114.
48. Res.Div. 104. 106,
4S. Res.Div. 136. 138. 141.
50. Res.Div. 63. 75s.
51. Res.Div. 105.
52. Res.Div. 63.
53. Res.Div. 169.
75. Res.Div. 157. 193. 195f.
76. Res.Div. 183. 186f.
7S.Res.Div. 63. 68. 125. 137. 141 f.
8V. Res.Div. 104f.
5.daher.Res.Div. 84. 87. 89. 91. 93.
6. daher. Res. Div. 63. 120. 122.
8.daher.Res.Div. 89. 154f. 169. 174.
176. 226. y. daher. Res. Div. 68. 136. 140ff.
«arde-Srs.Div. 157. 193. 195f. 4.Srs.Div. 169.
5.Srs.Div. 367.
1v.Srs.Div. 76. 78. 82. 84. 1S.Srs.Div. 104. daher. Srs. Div. 73.
2. Ldw.Div. 104. 368.
7. Ldw.Div. 376. 378ff. 385. 394.
11.Ldw.Div. 365. 380. 385.
12. Ldw. Div. 164.
13. LVW. Div. 125.
14.Ldw.Div. 157. 365.
15.Ldw.Div. 378f. 384.
16.Ldw.Div. 157. 365. 385f. 441.
17.Ldw.Div. 365.
18.Ldw.Div. 366. 376.
15.Ldw.Div. 368.
26.Ldw.Div. 125f. 130. 379.
21.Ldw.Div. 365.
22. Ldw. Div. 193. 196.
23.Ldw.Div. 367.
45.Ldw.Div. 376ff. 385.
46. Ldw.Div. 365.
47. Ldw. Div. 378. 385.
85. Ldw.Div. 367.
2. daher. Ldw. Div. 193. 195.
Ostsee^iv. 371 ff.
1. Kav. Div. 160. 193. 195ff. 368. 370. 385.
2. Kav.Div. 376ff. 385.
4. Kav. Div. 191. 368.
8.Kav.Div. 367.
daher. Kav. Div. 154f. 160f. 164. 169. 379. 384.
3. Marine- (Ins.) Div. 57. 87. 89.
22S. Inf. Brig. 379.
V5. Res.J«f.Brig. 365. 371. -.Ldw.Brig. 365.
2V. Ldw.Brig. 199.
5. Garde-Kav. Brig. 372.
Leib-Hns. Brig. 160. 163ff. 167. 169. 172.
193.
16. Kav. Brig. 365.
Truppenverzeichnis.
479
17. Kav.vrig. 193. 195.
4. b&tyct*Änb. örtg. 376. 378f. 385.
L.Radf.Brig. 201.
Ins. «tl. 701 427.
JSg.Btl.Rr. 27 (sinn. Freiwill.) 371. SaSwerfer-Btl. 225. 232.
«rmec-gemipr. Abt. 20 265.
Luftstreitkräfte 30. 32. 61 ff. 115. 125. 137.
193. 201. 231. 309. 320. Feldflieger-Abteilung 16 201. Kampfgeschwader 1 57. 310f. Kampfgeschwader 2 311.
Kampfgeschwader 3 310f.
Kampfgeschwader 4 310f. Bombengeschwader 311 f.
zlugabwehr» (Flak-) Artillerie 309.
Grenzschutz gegen Holland 53.
TeekriegSleitung (Admiralstab 11) 200.319. 322. 326. 328. 332. 449.
Decknamen für Stellungen, Untei
«lbion 200.
Blücher 110f.
Bunzelwitz-Bewegung 121 ff.
Faugstotz 393ff.
Faustschlag 363.
Gudrnn-Bewegung (-Stellung) 110. 114. 330.
Hage«»Süd 106f.
Leestreitkräfte 201 ff. 206. 448. Hochseeflotte 57. 449f.
Flottenverband für Sondernuternehmun-gen 201.
III.»eschwader 201.
IV. Geschwader 201.
II.«ufkl. «ruppe 201.
A«fkl.Streitkräste d. östl. Ostsee 201. Torpedoboot-Streitkräste 201. 450. A-vootSabwehr 201.
Mineu-Such- «. Räumverbände 201. 204. Schlachtkreuzer „Moltke" 201.
Gr. Kreuzer „Soeben" (Sultan Favus Seihn) 384. 432.
Kl. Kreuzer „Breslau" (MidilU) 432.
Kl. Kreuzer „Königsberg“ 453. Bermessuugssahrzeug „Möve" 453. Hilfskreuzer „Seeadler" 450.
HUfSkrenzer „Wolf" 450.
Luftstreitkräfte der Marine 201. Marineluftschiffe 201. 204. 312.
Luftschiff L 59 459.
Unterseekrieg lff. 6f. 11. 45. 316. 318f. 322. 325f. 329. 332f. 335. 341. 447ff.
ehmungen, Truppenbewegungen: Halali 359.
Herbstlese 112. 117. 121.
Zilderim 422.
Rordabwehr 189.
Siegfried-Stellung (-Bewegung) 36. 109.
122. 130. 334f.
Sonnnerreise 160.
Wotan Ill-Stellung 131.
Hsterreich-Ungarn.
Heeresleitung (Armee-Oberkommando) 174. 176. 178. 187. 190. 212. 214. 222. 239. 242f. 250f. 260. 266. 279. 281 f. 290f. 298f. 301. 303. 307. 323. 377. 411. 415.
HeereSfront Erzherzog Josef (später Köveh) 148. 153. 159. 163. 167ff. 173. 175ff. 280. 323. 344. 350. 356. 360. 362.
Südwestfrout 209. 221 f. 224. 242f. 252. 257. 260. 264. 269ff. 276ff. 283ff. 287f. 290ff. 299f. 301.
Heeresgruppe Böhm-Ermolli 148.150.155.
159f. 162. 170ff. 176. 280. Heeresgruppe Boroevie 221. 231. 263ff. 270f. 275. 278. 280f. 283ff. 289ff. 296ff. 301.
480
Truppen Verzeichnis.
Heeresgruppe Conrad 221.250f. 277.283ff.
288ff. 298f. 301 f. 306f.
Heeresgruppe Követz (vorher Scholtz) 415. 417.
1. Armee 148. 172. 175. 180. 182ff. 362.
2. Armee 148 f. 152. 154. 156. 159. 168.
362. 377f.
3. Armee 148f. 153f. 156. 161. 163. 165.
167ff. 179.
4. Armee 148. 363. 376.
5. (Jfouzo.)Armee 209ff. 220f.
7. Armee 148. 163. 167. 169ff. 362. 377.
10. Armee 221. 223f. 231 f. 236. 240. 243ff.
250. 253. 255. 266 f. 271 f. 277. 280. 282ff. 299.
11. Armee 209. 277. 287. 298f. 301 f.
1. Jsouzo-Armee 221 ff. 231.235.242.246.
250f. 255. 257f. 267ff. 272. 286ff. 292.
296. 300.
2. Jsouzo-Armee 221 ff. 226. 231. 235ff.
246. 251. 253. 255. 257ff. 261 ff. 270f. 282. 285ff. 292. 296. 300.
Oftarmee 389.
Armeegruppe Albanien (f. XIX. Korps).
I. Korps (f. auch Er. Krauß) 169. 222f. 231.
II. Korps (f. auch Er. Kaiser) 242. 265.285. V. Korps 163.
VII. Korps 209.
VIII. Korps 181. 184 f.
IX. Korps 149. 152.
XIII. Korps 153 ff. 169. 174ff.
XV. Korps (f. auch Gr. Scotti) 209. 231.
XVI. Korps 209.
XVII. Korps 169.
XIX. Korps 400. 406f.
XX.Korps 209. 283ff. 287f. 290.
XXIII. Korps 209.
XXIV. Korps 209. 235. 266.
XXV. Korps 149. 151. 169.
XXVI. Korps 153. 169.
Gruppe Hordt 285 ff.
Gruppe Kaiser (Gen. Kdo. II. Korps) 242.
247. 262ff.
Gruppe Kosak 235. 238. 241. 247.262.265.
| Gruppe Krautz (Gen. Kdo. I. Korps) 224. 227. 232f. 236f. 240. 243f. 252. 255.' 260. 264. 266f. 271. 275. 283f. 286f. 290ff. 300. 302.
Gruppe Nuiz 181.
Gruppe Seotti (Gen. Kdo. XV. Korps) 234ff. 241. 244. 246. 252. 254ff. 258ff. 270f. 285. 289. 292. 297. 300. 303. Gruppe Schwarzenberg (Kdo. 55. g.D.)294f. 303.
Gruppe Wiede» (Edelweiß-Div.) 244. 253. 255. 268. 294ff.
1. Inf. Div. 231. 233 ff. 238s. 241. 246. 253. 255ff. 262. 265s. 270. 286s. 289. 297.
3. Inf. Div. (Edelweiß-Div.) 231 f. 236. 239f. 243ff. 253. 267s. 271. 282s. 287. 290. 294. 297. 302.
4. Inf. Div. 231. 236. 239. 253. 257. 260. 270. 286f. 289. 292. 302.
5. Inf. Div. 153. 169. 173.
».Inf. Div. 242. 266. 411. 413ff.
13. Schütz. Div. 183. 187. 215. 231. 236. 239. 244. 253. 257. 267s. 287. 296
15. Inf. Div. 153 f.
16.Juf.Dib. 153. 169.
17. Inf. Div. 242.
18. Inf. Div. 302.
1». Inf. Div. 149. 151 f.
21. Schütz. Div. 251.
22. Schütz. Div. 231 f. 235ff. 239s. 245. 253f. 255. 267. 271. 282ff. 286ff. 294.
297.
24. Inf. Div. 235. 266. 285.
28. Inf. Div. 242. 285.
2». Inf. Div. 231. 242. 253. 257. 260.
3«. Inf. Div. 169. 411. 415.
32. Inf. Div. 149. 152. 163.
33. Inf. Div. 163. 165. 169. 231. 236.239. 253. 257. 260. 270. 286s. 289. 292.
34. Inf. Div. 169.
35. Inf.Div. 231. 235s. 246. 266s. 292.
36. Inf. Div. 153. 155. 169.
37. Inf. Div. 182. 184.
38.Juf.Div. 169.
4«. Inf. Div. 169.
42. Inf. Div. 153. 169.
Truppenverzeichnis.
481
so. Inf. Div. 231. 233. 238. 241 f. 244ff.
253f. 256. 267f. 285ff. 289. 297. 303. S1.Jnf.Div. 169.
54. Inf. Div. 149. 151. 169.
55. Inf. Div. 149. 151. 169. 231 f. 237.
239f. 245. 253. 256. 267f. 272. 284ff.
294ff. 297.
S7.Jnf.Div. 231. 235ff. 241. 246. 285. zg. Inf. Div. 169. 385. 415.
60.3nf.Div. 231. 235. 241. 246. 262. 266. «2. Inf. Div. 183 ff.
70.3nf.Div. 181. 184.
71.3nf.Div. 181. 184.
74.3ns. Di». 169.
94.3nf.Di». 287f. 292. 297. 302. 10S.Ldft.Div. 251.
1. Kav. Div. 181.
2. Kav. Div. 153. 169.
S. Kav. Div. 169.
tz. Kav. Div. 169.
7. Kav. Div. 182. 184.
8. Kav. Div. 169. 182. 184.
9. Kav. Div. 251.
11. Kav. Div. 169.
29.Geb.Brig. 287.
59.Geb.Brig. 231 f. 236. 244. 253. 287.
14S.Jnf.Brig. 379.
216.Jnf.Brig. 236.
Luftstreitkräfte 231.
Belgien.
Heer 46. 52. 59. 87.
Bulgarien.
Heer, Heeresleitung 183. 401. 403. 405ff. 408ff. 418s.
1.Armee 401. 407. 409s. 412s.
2.Armee 401. 407. 410. 412f.
3. Armee 148. 183. 362.
4. Armee 407. 412s.
2. Division 407ff.
5. Division 407 ff.
Türkei.
Heer, Heeresleitung 419f. 422. 432. 436.
438. 444ff.
Kaukasische Hgr. 419. 431 f.
Hgr.Sst 434. 437.
1. Armee 420.
2. Armee 419. 421. 432. 437. 440f. ».Armee 419. 432. 434.
4. Armee 420. 422f. 430f. 437ff.
5. Armee 420f. 437.
« Armee 419. 421. 423. 430. 434. 437. k.Armee 421. 423. 426. 430f. 437. 439 ff.
8. Armee (vorher Sinai-Gruppe) 420. 423.
426 ff. 430. 437ff.
9. Armee 434. 437.
VI. Korps 420.
XIII. Korps 423.
19. Div. 425.
37. Div. 437.
47. Div. 437.
Truppen in Galizien (XV. Korps) 149. 151. 169.
Truppen in Mazedonien 401. 404. Seekriegsleitung 431.
482
Lruppenverzeichms.
England.
Oberster Kriegsrat (s. unter Frankreich). Kriegskabinett, Kriegskomitee 48. 316. Reichsgeneralstab 48.
Heer, Heeresleitung 46. 48 f. 51. 116. 128. 132. 273. 315.
1. Armee 52.
2. Armee 52. 60. 63. 72 f. 76. 78. 82. 84.
89. 91. 94.
3. Armee 52. 127. 131.
4. Armee 52. 59.
5. Armee 52. 58. 59. 60. 63. 67. 68. 69. 73.
76. 78. 82. 84. 87. 89. 91.
Truppen in Italien 273. 276 f. 297. 300.
303. 305.
Truppen in Palästina 424. 439.
Truppen bei Saloniki 401 f. 407.
III. Korps 127.
IV. Korps 127.
Kanadisches Korps 67.
Kav. Korps 127.
Tankkorps (Kampfwagen) 126ff. 139. Garde-Div. 142.
6. Inf. Div. 142.
12. Inf. Div. 142.
2V. Inf. Div. 142.
20. Inf. Div. 142.
36. Inf. Div. 125. 142.
51. Inf. Div. 142.
61. Ans. Div. 142.
Portugies. Div. 46.
Frankreich.
Oberster Kriegsrat der Verbündeten 314. Heer, Heeresleitung 46. 48 f. 50 f. 273. 314. Heeresgruppe Nord 111. 115.
1. Armee 52. 58 ff. 65. 67f. 82. 87. 89.
96. 314.
2. Armee 51. 103.
3. Armee 51.
4. Armee 51.
5. Armee 51.
6. Armee 51. 116.
7. Armee 51.
8. Armee 51.
10. Armee 51.
Orient-Armee (Saloniki) 401 f. 407. 416. Truppen in Italien 273. 277ff. 297. 300.
303. 305.
47. Alpenjäger-Div. 303.
Luftstreitkräfte 62. 104. 303.
Italien.
Heer 46. 208.
1. Armee 208. 304.
2. Armee 208f. 228f. 242. 247ff. 271. 273.
304.
3. Armee 208 f. 228 f. 242. 247.
4. Armee 208. 248f. 274. 283* 288. 304f.
6. Armee 208.
Karnische Gruppe 208. 249. 274. 303. Truppen in Albanien 406.
Truppen in Mazedonien 401 ff.
IV. Korps 229 f. 247.
VII. Korps 230. 247.
XXVII. Korps 229 f.
Spezialkorps 273. 304.
Rumänien.
Heer 47.
Rumänische Front (s. Rußland).
1. Armee 149. 181 f. 184. 186.
2. Armee 149. 181 f. 186.
4. Armee 149.
6. Armee 149.
Truppenverzeichnis.
483
Rußland.
Heer, Heeresleitung 47. 150. 181. 198. 206.
-iordfront 149. 156.
Rumänische Front 149. 156. 177. 181.
Eüdwestfront 149. 150. 156. 176.
Westfront 149. 156.
1. Armee 149. 177 f. z. Armee 149. z. Armee 149. 156. t. Armee 181. 186. z. Armee 149. 156. 158.
«.Armee 181.
7. Armee 149ff. 153. 168. 176f.
«.Armee 149 ff. 153. 168. 171. 176s.
-.Armee 149. 176. 181.
1». Armee 149. 156.
11. Armee 149 ff. 153. 168. 176f.
12. Armee 149. 192. 197. 206.
Besondere Armee 149. 150.
I. Gardekorps 150. 152. 177.
U. Gardekorps 150. 155.
VII. Korps 184.
XXI. Korps 198.
XXXXIII. Korps 198.
II. sibirisches Korps 197 f.
VI. sibirisches Korps 197f.
Truppe« bei Saloniki (s. Frankreich, Orient-Armee).
Tschechoslowakische Schützen-Brig. 388. Sstseeslotte 201. 205.
Schwarzmereflotte 383f. 386.
Linienschiff „Slowo“ 204.
Serbien.
Truppen bei Saloniki 47. 403. 407s. 414. I 1. Armee 414. 416. 41g | 2. Armee 416.
Vereinigte Staaken von Nordamerika. Heer 45. 47. 317f. Sonstiges.
Bulgarien 394. 441.
Ton-Kofakcn-Staat 388.
Ersatzlage 24. 97. 324.
Fliegertättgkeit 58.60f. 64.66.70.74.139. 195f. 204. 235. 238. 253. 255. 270. 309 ff. 438.
Friedensresolution des Reichstages 10ff.
45. 320. 335. 543. 348.
Gas 30. 39.
Griechenland 45. 400. 403.
Hilfsdienstgesetz 4. 22. 25. 333. Hindenburg-Programm 25. 27. 333. 339. Kampfvorschriften 30ff. Kriegszielerörterung 4. 15fs.
Luftkrieg (operativ) 6. 311 ff. Österreich-Ungarn (innere Haltung) 8s. 14s.
18s.
Papst 16.
Polen und pol«. Truppen 20. 364. 366.
375. 587.
Portugal 46. 454.
Rumänien 394s.
TankS 27. 126ff. 144f. 340. Transkaukasische Republik 388. 432s. Tschechen 152. 388.
Ukraine 344f. 350ff. 358f. 373ff. 380ff.
388. 397ff.
Vaterländischer Unterricht 22 f.
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Bar
Die Kriegsschauplätze der Mittelmächte
im Oktober 1917 und August 1918.
Die Kämpfe In Palästina.
SCHWARZES MEER
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Die Front gegen Frankreich
am 20. Juni 1917.
Beilage 2a.
Die Front gegen Frankreich am 20. Juni *917.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918, Dreizehnter Bänd.
Beilage 2a.
Armee-Reserven
Front
Div.
Franz. 1. Armee XXXVI. I I.
29. 133. I (ohne Truppen)
66.
Engl.
XV.
1.
32.
Belgier
(Sechs Znf.- und zwei Rav.-Div.)
VIII. (ohne Truppen) 11. 16.
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1. Ra».
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XIV. G.und38.
51. XVIII.
39.
XIX. 55.unb y, 15.
II. S.unb 30.
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1. tan.
XIII.
5.
31.
XVII.
17.
4.
185. 6c. 8»»»
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56. 11.9t 4,6. 6c. Sonchez (VI. 9t)
6.6. 5.6- 238. 6c. vimy (1.6.9t)
12.
VI. 56.
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VII. 33.
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2. auftr.
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1. Rav. 3. Rav. 5. Rav.
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62.
6. 81. 158. 166.
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XXI. 170.
43.
XXXIII. 129. u. 77.
III. 5.
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38.
XIV.
1.2.9. 17. 51.66. 162. XVIII.
(ohne Truppen)
18. IX.
28.
27.
164.
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47.
10.
XXXVIII. Maror. 152. 46.
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Z. Rav.
2. 4. 7. Rav.
40. 42.
XXXII.
69, 165.
8. 24. 71. 72. 74. 124. 128.
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3. II.
4.
Rorps mit Reserven
1. Mar. (Küste)
VIII.
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15.
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65.
64.
XVI.
97.
32.
31.
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20. XV.
16. 163. 73.
126.
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131.
34.
6c.
IV. Balagny
(Int)
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(ebne Truppen)
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3. Mar. 2. Mar.
6r. Nord
(Mar. R.)
20. L. 19. L. 49. R.
6c. Virmnde
(XIV.)
SO. R.
233.
17.
6c. Ypern
(III*)
119.
195.
24.
II.
207.
6c. Wytschaet«
(IX. 9t.)
22. R. 16.6. 9.9t.
6c. Lille
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OHL.-Reserven bei Armee Hgr.
2.
Rads. Br.
2. Rav.
zemtififmtx \ Hollanb I
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18. 9t.
16.
(XII. 9t.)
2. G. R.
38. L. 79.9t. 16. R.
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(XIX.)
26.
17.9t.
236.
220.
6c. Area»
(XIV. 9t.)
26. R. 3. ©.
6c. Quiawt
(©. 9t.)
121.
18.
6c. Eambrai
(IX.)
27.
3.9t.
111.
6c. Eandcy
(XIII.)
234. 12.9t.
235.
6c. Quentin
(XVIII)
208. 13. L.
6c. Oie«
(XVII.)
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6.6. R.
1.6.9t.
35.
25.
113.
211.
78.9t.
6c. EcLpy
(6kdo. 54)
50.
103. 6c. vailly
46.9t. (XI.)
10. 47.9t.
37.
13.
1.6.
14.
6c. Lie«»«
(XXXIX 9t.)
15.
41.
15.6.
9.
6c. Sivvonne
(6kdo. 65)
222.
5.6.
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5.9t.
52.
243.
227.
6c. Aivne
(S.)
39.
34.
239.
6c. Dclmont
(X. 9t.)
242. 13.9t. 14.9t. 4.
6c. Reim»
(VII. 9t.)
231.
19.
7.9t. 23.
6c. Pcosne»
(III)
30.
54.
54. R.
6c. P»
(XII.)
51.9t.
20.
214.
9.5. 2. 6.
1.6. 33.
2. L.
10.9t.
6.9t.
192.
19.6.
8. L.
45.9t.
44.9t.
5.6. 9t.
6.6.
5. r.
6.6. 10.6.
44. L.
31.5. Dr. 255.
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(XXVI. 9t.)
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(XVI.)
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28.9t. 228. 28.
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(XVIII. 9L)
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30.6. gt 9.6.9t.
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b = bayerisch; — in Ablösung; ...rsgrenzen siehe Beilage 2.
Die Front gegen Frankreich
Mitte November 1917.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Beilage 3.
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Grenze des Gen. Gouvernements Belgien am 11.1917.
Feind: Franz amtl. Werk, ß<7/?t/ V7,2und 10,
' ergänzt nach anderen Quellen.
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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
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Zusammendruck aus der Teoograph. Spezial-Karte.von Mittel-Europa 1:200000. Kargeste st vorn -Reichsamt für Landesaufnahme, Berlin 1938.
Alle Rechte vorbehalten.
Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn. Berlin.
Maßstab i .200 OOO der natiirf Länge
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Nar.hdruck und Vervielfältigung jeder Art, auch einzelner Teile, sowie die Anfertigung von Vergrößerungen oder Verkleinerungen sind verboten und weroen gerichtlich auf Grund des Urheberschutzgesetzes verfolgt.
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Undffahre Lage der deutschen vorderen Linien — .......
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Die Flandern-Schlacht 1917.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Die Lage am 30. Juli.
Beilage 4.
Der Angriff bei Lombartzyde am 10. Juli.
Die Flandern-Schlacht 1917.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnte» Band.
31. Juli bis 19. September.
Beilage 5.
6.bR.(j9.P * as"\ Lage am 31. Juli
39.MII., WS, u.s.J
ungefährer /er/aufder deutschen wordenen Linie am 75. August
ungefährer Verlauf der deutschen wordenen Linie nach dem Großkampf am 75. August ungefährer Vers auf der deutschen Hauptwider Stands//nie am Ende der F/andem-Sch/acht
äußerste Linie, Ais zu der ohne Gefährdung der ander be/gischen Küste besetzten Häfen ausge wichen werden konnte.
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Vergrößerung 1:150 000 eines Ausschnitte? aus der Topographischen Spezialkarte von Mitteleuropa 1:200000 mit Genehmigung des Reichsamts für Landesaufnahme, Berlin, 1939.
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Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
Die Flandern-Schlacht 1917.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band. 1 "
20.September bis 12.0ktober.
Beilage 6.
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Vergrößerung 1:150 000 eines Ausschnittes aus der Topographischen Spezialkarte von "Mitteleuropa 1:200 000 mit Genehmigung des Reichsamts für Landesaufnahme, Berlin, 1939.
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Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
Die Flandern-Schlacht 1917.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
22.0ktober bis 10.November.
Beilage 7.
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Ungefähre Lage der vorderen Linien ■
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feindliche Einbrüche am 22. Oktober.
Änderung der deutschen Hauptwiderstandslinie und Vorfeldzone nach dem 26. Oktober.
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Änderung der deutschen Hauptwiderstandslinie nach dem 30. Oktober.
" " " " " nachdem 6. November und der vom A. O^.K. befohlenen Abschrägung.
Grenze zwischen den Gruppen Dixmude und Staden am 22. Oktober.
44.R.£jl) deutsche Stellung-f Eingreif-Dizisionen und Armeereserzen am 10. November.
äußerste Linie, bis zu der ohne Gefährdung der an der belgischen Küste besetzten Häfen ausgewichen werden konnte.
Vergrößerung 1:150 000 eines Ausschnittes aus der Topographischen Spezialkarte von Mitteleuropa 1:200000 mit Genehmigung des Reichsamts für Landesaufnahme, Berlin, 1939.
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Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
Der Verlust der Laffaux-Ecke
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Beilage 8
Vergrößerung 1:150000 elnee Ausschnittes aus der Topographischen Spezialkarte von Mitteleuropa 1:200000 mit Genehmigung des Reichsamts für Landesaufnahme, Berlin, 1939.
Deutsche Frontlinie Eingreistruppe
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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlag E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
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Deutsche Franzosen
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Rückwärtige Linien
Geländegewinne
Vordere Linie nach Abschluß der Kämpfe
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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn, Berlin.
1=80000
Entwurf und Zeichnung In der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
Die Schlacht bei Cambrai im Herbst 1917.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Die Lage am 18. November.
Beilage 10.
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1:300 000
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Entwurf und Zeichnung In der Krlegsgeschlchtllchen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews &. Steiner), Berlin.
Die Schlacht bei Cambrai im Herbst 1917.
Der britische Tankangriff am 20. November morgens.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band
Beilage 11
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Vergrößerung 1:150 000 eines Ausschnittes aus der Topographischen Spezialkarte von Mitteleuropa 1:200 000 mit Genehmigung des Reichsamts für Landesaufnahme, Berlin, 1939.
Deutsche: Briten:
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Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
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Beilage 12.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918, Dreizehnter Band.
Die Schlacht bei Cambrai im Herbst 1917.
Der deutsche Gegenangriff am 30. November morgens.
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Vergrößerung 1:150 000 eines Ausschnittes aus der Topographischen Spezialkarte von Mittel-europa 1:200000 mit Genehmigung des Reichsamts für Landesaufnahme, Berlin, 1939.
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Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews &. Steiner), Berlin.
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Deutsche:
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Linie am30.November abends.
Linie am 6 Dezember Scheide - und Kanalbrücken.
Briten:
Üorders te L inie am 20. November morgens vordem Tankangriff.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Der Krieg im Osten.
Die Front Anfang Juli 1917.
Beilage 13.
Frontbesetzung am 1. Januar 1918.
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Entwurf und Zeichnung In der Krlegsgeschlchtliehen Forschungsanslalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
Der Krieg im Osten
Beilage 14
Die Kerenskl-Offenslve.
Lage am 1. Juli 1917. Ereignisse bis 16. Juli
Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Dreizehnter Band.
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Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn, Berlin. "1 i750 000
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Entwurf und Zeichnung In der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews &. Steiner), Berlin.
Der Krieg im Osten.
Der deutsche Durchbruch In Ostgallzlen 19. Juli bis 31. August 1917.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Beilage 15.
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Entwurf und Zeichnung In der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
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Der Krieg im Osten.
Der Aufmarsch zum Durchbruch der Gruppe Zloczow am 19. Juli 1917. D ..
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Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: [Dietrich Reimer (Andrews &. Steiner), Berlin.
Der Krieg im Osten.
Die Kämpfe an der rumänischen Front vom 22. Juli bis 3. September 1917.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Beilage 17.
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- i ■ i i — ■ - * i -i Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Der Krieg im Osten.
Die Einnahme von Riga. Die Lage am 1. September 1917.
Beilage 18.
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Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin. * 1:250000 Forschungsanstalt des Heeres.
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Der Krieg im Osten.
Die Eroberung von Jakobstadl am 21 ./22. September 1917.
Beilage 19.
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Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn, Berlin.
Forschungsanstalt des Heeres
Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner)
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Der Krieg im Osten.
Die Einnahme der baltischen Inseln vom 9. bis 21. Oktober 1917.
Beilage 20.
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Die Kämpfe an der italienischen Front im Sommer 1917.
Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Dreizehnter Band. Die 11. Isonzo-Schlacht 18. August bis 13. September. Beilage 21.
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Ö.u.Ste/Jung im August 1917zu Beginn der 11. Isonzo-Schlacht Ö.u. Stellung im September 1917 nach Abschluß der 11 Isonzo-Schlacht
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Entwurf und Zeichnung In der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck. Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
7u: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Beilage 22
Die Kämpfe an der italienischen Front im Herbst 1917.
Zu; Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Die Kämpfe an der italienischen Front im Herbst 1917.
Der Durchbruch durch die Julischen Alpen vom 24. bis 27. Oktober.
Beilage 23.
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Alle Rechte vorbehalten Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E S Mittler L Sohn, Berlin.
Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck; Dietrich Re-mer (Andrews & Steiner), Bert n.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Der Krieg im Osten
Im Jahre 1918.
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DieFronten bei Abschluß des Waffenstillstandes mit den Westmächten am Tl. November 7978.
Grenzen der Gen. Go uv. Warschau und Lublin.
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Abgrenzung zwischen Deutschen und Österreichern
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Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Der Feldzug in Finnland.
3. April bis 5. Mai 1918.
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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlag E. S. Mittler & Sohn, Berlin.
Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Die Kämpfe in Ostafrika 1916 bis 1918.
Beilage 26.
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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn, Berlin.
Entwurf und Zeichnung In der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.
Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.
8ur Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Beilage 27.
Gliederung des N)estheeres am 1. August 1917.
Aufgeführt sind die vorhandenen Divisionen. Von selbständigen Brigaden sind im allgemeinen je zwei als „Division" gerechnet. Einzelheiten der Gliederung an bestimmten Stichtagen siehe im Text Und auf den Karten.
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht, Beginn der Flandern-Schlacht (6572 Infanterie-Divisionen und 1 berittene Kavallerie-Division): Gen. Feldm. Rupprecht Kronprinz von Bayern, Chef d. Genst. Genlt. von Kühl.
4. Armee (17 Divisionen in der Front, 137, Divisionen*) und 1 berittene Kavallerie-Division dahinter, 1 Division in Antransport): Gen. d. Inf. Sixt von Armin, Chef d. Genst. Oberst (ab Z. August Genmaj.) von Loßberg.
6. Armee (15 Divisionen in der Front, 7 Divisionen dahinter): Gen. d. Inf. Otto von Below (ab 9. September Gen. d. Ins. von Quast), Chef d. Genst. Mas. Stapff (ab 27. August Obstlt. Lenz).
2. Armee (10 Divisionen in der Front, 2 Divisionen dahinter): Gen. d. Kav. von der Marwitz, Chef d. Genst. Obstlt. von Pawelsz (ab 27. Auaust Mas. Stapff).
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz (59 Infanterie-Divisionen): Gen. d. Ins. Wilhelm Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen, Chef d. Genst. Oberst Graf von der Schulenburg.
7. Armee (12 Divisionen in der Front, 6 Divisionen dahinter): Gen. d. Inf. von Boehn, Chef d. Genst. Obstlt. Reinhardt.
1. Armee (11 Divisionen in der Front, 3 Divisionen dahinter): Gen. d. Inf. Fritz von Below, Chef d. Genst. Mas. von Klüber.
3. Armee (9 Divisionen in der Front, 3 Divisionen dahinter): Gen.Ob. von Einem gen. von Rothmaler, Chef d. Genst. Oberst (ab 30. November Genmaj.) Freiherr von Oldershausen.
5. Armee (10 Divisionen in der Front, 5Divisionen dahinter): Gen. d. Artl. von Gallwih, Chef d. Genst. Oberst Bernhard Bronsart von Schellendorff (ab 27. August Obstlt. v. Pawelsz).
Heeresgruppe Herzog Albrecht (237, Infanterie- und 2 unberittene Kavallerie-Divisionen): Gen. Feldm. Abrecht Herzog von Württemberg, Chef d. Genst. Genlt. Krasst von Dellmensingen (ab 9. September Oberst Heye).
Davon I Infanterie-Division beim Gen. Gouv. Antwerpen, die bei Bedarf »um Einsatz bei der 4. Armee in Aussicht genommen war.
2
Gliederung des Westheeres.
Armee-Abteilung C(8 Divisionen in der Front): Genlt. Fuchs, Chef d. Genst. Obstlt. (ab 6. November Oberst) Freiherr von Ledebur.
Armee-Abteilung A (772 Infanterie-Divisionen und 1 unberittene Kavallerie-Division in der Front): Gen. d. Inf. von Mudra, Chef d. Genst. Mas. Freiherr von Esebeck.
Armee-Abteilung B (8 Infanterie-Divisionen und 1 unberittene Kavallerie-Division in der Front): Gen. d. Ins. von Gündell, Chef d. Genst. Obstlt. Drechsel.
3ur Ser Weltkrieg 1914—1918, Dreizehnter Land. Leilage 28a.
(Anschluß an Band XU. Beilage 26.)
Wechsel von Divisionen zwischen den Kriegsschauplätzen vom l.Juli J9J7 bis Kriegsende.
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Wechsel von Divisionen zwischen den Kriegsschauplätzen.
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i) Reste f. Nov. u. Dez. 1917. 2 Am 7. Nov. 1917 umbenannt in 64. Honv.-Divlsion. 8]: — eine Division.
Wechsel von Divisionen zwischen den Kriegsschauplätzen.
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Monat Westen Heimat Osten einschl. Rumänien Balkan Türkei Italien
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i) Reste s. August und November 1917. 2) = -jne Division.
Wechsel von Divisionen zwischen den Kriegsschauplätzen.
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1) Aus Teilen von G., s., 8., 9. K. D. gebUdet. 2) Bis 7. November 1917 = 71.3. S>. S) Im Westen aufgelöst, im Osten neu gebildet. *) Im Westen aufgelöst, in Rumänien neu gebildet. 5) Aus Osterr.-Ungarn.
Wechsel von Divisionen zwischen den Kriegsschauplätzen.
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i) In Stärke von 4 Batln. 2) Nach öjterr.-llngarn. 3) Aus Osterr.-Ungarn.
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Wechsel von Divisionen zwischen den Kriegsschauplätzen.
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1) Im Westen aufgelöst, im Osten neu gebildet. ^,2) = eine Division.
Wechsel von Divisionen zwischen den Kriegsschauplätzen.
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21.
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2) Aus Sfterr.-Ungarn.
3ur Ser Weltkrieg 1914—18, Dreizehnter Band. Beilage 28b.
(Anschluß an Band XII, Beilage 27.)
Wechsel von Divisionen innerhalb der Westfront vom J. Juli 1917 bis ZI. Januar 1918
(einschließlich Reserven der Obersten Heeresleitung).
Zeichenerklärung:
— „Schlacht in Flandern", 31. Juli bis 10.November 1917.
— „Abwehrkämpfe vor Verdun",
11. August bis Anfang September 1917.
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--„Verlust der Laffaux-Ecke", lö. Oktober bis 2.November 1917.
-- „Schlacht bei Cambrai", 20.November bis 10.Dezember 1917.
2
Wechsel von Divisionen innerhalb der Westfront.
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Armee Armee-Abteilung
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Osten
Juni 1917: Darstellung siehe Band XU, Beilage 27.
Genaue Truppenverteilung am 20. Juni 1917 siehe Beilage 2a.
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Wechsel von Divisionen innerhalb der Westfront.
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Wechsel von Divisionen innerhalb der Westfront.
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1) Mit ihrem Abschnitt infolge Grenzveränderung der Armeen.
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1) Mit ihrem Abschnitt infolge Neubildung der 18. Armee am 27. Dezember 1917.
2) Mit ihrem Abschnitt infolge Grenzveränderung der Armee-Abteilungen.
8) = eine Division.
I) Don Italien.
Jur 9er Weltkrieg 1914—1918, Dreizehnter Band.
Beilage 28 c.
Wechsel von Divisionen innerhalb der Ostfront (ausschließlich Rumänien) vom J. Juli bis ZI. Oktober 1y57.
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1) Die Unterteilung bet Heeresgruppen ist nur da erfolgt, wo ein besonderes Interesse vorliegt.
2) --- eine Division. 3) Mit ihrem Abschnitt infolge Änderung der Ärmeegrenzen.
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Wechsel von Divisionen innerhalb der Ostfront.
Heeresgruppen x)
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sen Joseph ö.-u.ZLl< Süd-A. 9.-U.2.A. gen
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i) Siehe Anmerkung aus der ersten Seite. 2) = eine Division. 3) Mit ihrem Abschnitt infolae Änderung der Armeegrenzen. 4) Am H. September trat die ö.-u. 3. Armee zur Hgr. Erzherzog Joseph.
Wechsel von Divisionen innerhalb der Ostfront.
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i) Siehe Anmerkung auf der ersten Seite. -> Mit ihrem Abschnitt infolge Änderung der Armeegrenzen.
8»r Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band. Beilagen 29a-g.
Gegenüberstellung deutscher und feindlicher Artilleriestärken von Juli bis Dezember J9J7.
a) Schlacht in Flandern 30. Juli 1917.
b) Kämpfe vor Verdun 20. August 1917.
c) Verlust der Lasfaux-Ecke 23. Oktober 1917.
d) Schlacht bei Cambrai 20. und 30. November 1917.
e) Durchbruchsschlacht bei Zloczow (Osten) 19. Juli 1917.
f) Einnahme von Riga (Osten) 1. September 1917.
g) 12. Isonzo-Schlacht (Italien) 24. Oktober 1917.
(Vorbemerkungen s. Rückseite!)
Vorbemerkungen.
1. Die Angaben über die feindliche Artillerie sind entnommen:
a) für Flandern dem franz. amtl. Kriegswerk Bd. V Annexe 654 und den Angaben der Histor. Section des Commit. of Imp. Defence. Für die brit. 2. Armee waren, soweit in den Längsspalten der Übersicht Angaben fehlen, diese nur summarisch zu erhalten.
b) für Verdun: dem franz. amtl. Kriegsw. Bd. V2 Karte 24/25.
c) für Laffaux: dem franz. amtl. Kriegsw. Bd. V2 S. 950.
d) für Cambrai: den Mitteilungen der Histor. Section des Commit. of Imper. Defence.
2. Es bedeuten:
a) bei der deutschen Artillerie:
n/A — neuer Art; H. (F. H.) --- Haubitze (Feld-); K. (F. K., R. K.)
— Kanone (Feld-, Ring-); Mar. — Marine-; kz. — kurz; lg. — lang; s. — schwer; S. L. — Schirmlafette; Kst. — Küsten-; Krw. — Kraft-wagen-.
b) bei der französischen Artillerie:
cöte — Küste; c. — court (Steilfeuer); lg. — long (Flachfeuer); M. oder Mar. — Marine- (Küsten- bzw. Schisfsgeschütz); sur truc — Eisenbahngeschütz; Schn. — Schneider; St. Cham. — St. Chamond; T. R.
— tir rapide (Schnellfeuergeschütz).
c) bei der britischen Artillerie:
pdr. — Pfänder; inob. — Zoll — 2,54 cm; gun — Kanone; how.
— Haubitze.
d) * hinter Geschützart — Schnellfeuer-(Rohrrücklauf-)Geschüh.
3. Die Zahl der Schnellfeuer-(Rohrrücklaus-)Geschütze läßt sich mangels genauer Angabe der Konstruktion nicht mit Sicherheit feststellen.
4. Flugabwehr -(Sonder-)Geschütze und Minenwerfer (Grabenmörser) sind nicht mitgerechnet.
5. Den Zahlen sind die Stärken der Batterien nach der Kriegsgliederung zugrunde gelegt; wieweit die Geschütze tatsächlich feuerbereit waren, war meist nicht zu ermitteln.
Deutsche und feindliche Artillerie Ln Flandern am 30. Juli 19)7.
Beilage 29 a.
Kaliber 6,8—9,9 cm Kaliber 10—14,9 cm Kaliber 15—19,9 cm Kaliber über 20 cm
Flachfeuer Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer
Deutsch Fe ind Deutsch Feind Deutsch Feind Feind Deutsch Feind Deutsch Feind Deutsch Feind
Französisch Britisch Französisch Britisch Franz. Britisch Französisch Britisch Französisch Britisch Französisch Britisch Französisch Britisch
Deutsche 4. Armee (nur 40. u. 111. F.D. der Gruppe Dixmude, die Gruppen Ypern und Wy-tschaete). Französische 388 F. K. n/A.* 32 9 cm K. 144 can. de 75* 1248 18 pdr. (8,4 cm) guna* 48 10 cm K. 14* 52 10 cm K. 04* 4 can. de 14 cm * 24 can. de 105* 211 60 pdr. (12,7 cm) guna * 14 4,7 inch. (11,94cm) 192 l. F. H* 384 4,5 inch. (11,43 cm) how. * 16 s. 15 cm K. 4 15 cm K. 16 * 8 can. de 16 cm 8 can. de 155 lg. 22 6 inch. (15,24 cm) guna * 44 lg. s. S.S. 13* 112 s. F. S. 13* 4 can. de 155 c. 80 24 can. de 155 c. 1912 360 6 inch. (15,24 cm) how.* 2 21cm K.* 7 24 cm K.* 4 can. de 240 T. R.* 2 can. de 285 3 9,2 inch. (23,37 cm) guna* 1 12 inch. (30,48 cm) gun * 24 lg. Mrs.* 64Mrs.* 20 mortiera de 220 8 mortiera de 270 de aidge 138 8 inch. (20,32 cm) how.* 90 9,2 inch. (23,37 cm) how.*
1. Armee (nur I. Korps). 28 frz. 120 mm K.* 36 can. de 120 lg. 4 15 cm sr. K. 40 can. de 155 lg. M. 77 104 s. F. H. 02* 68 can. de 155 c. Schn.* 2 can. de 340 K.* 12 obuaiera de 52 cm 20 12 inch. (30,48 cm) how.*
Britische 5. Armee und X. Korps der 2. Armee, aber ohne deren IX. und II. austr. Korps (siehe unten). 8 13 cm K.* 8 can. de 145* 4 lg. 15 cm K. 4 17 cm K.* 24 s. F. H. 36 can. de 155 c. St. Cham.* 16 can. de 220 T. R.* 16 mortiera de 270 2 obuaiera de 370 2 obuaiera de 400 16 mortiera de 280 3 15 inch. (38,1 cm) how.* 16 8 inch. (20,32 cm) how.*
Summe — 144 1248 — 72 226 - — — — 56 22 — 132 360 - 24 4 - 76 265
420 13$ >2 136 29 7 192 — 384 32 78 284 492 9 28 89 341
Darunter Schnellseuer-(Rohrrücklaus-)Geschütze * 144 1248 — 36 225 — — — — 3) — — 104 360 — 20 4 — 3) —
388 1392 136 261 192 — 384 8 22 260 464 9 24 89 26>
Mithin auf feindlicher Seite: 177« Feldgeschütze, 1160 schwere, 76 schwerste Geschütz«, zusammen -- 3012 Geschütz« dazu vom IX. und II. austr. Korps
der 2. brit. Armee „ „ „ 336 „ 135 „ — „ „ „ -- 471
dazu Heeresartillerie „ „ — — „ 52 „ „ „ -- 52 „
Zusammen aus feindlicher Seite: 2112 Feldgeschütze, 1295 schwere, 128 schwerste Geschütze zusammen -- 3535 Geschütze „deutscher „ 612 ' „ 636 „ 14 „ „ „ -- 1162
(einschl. 9 cm K.)
Beilage 29 b.
Deutsche und feindliche Artillerie vor Verdun am 20. August
Kaliber 6,8—9,9 cm Kaliber 10—14,9 cm Kaliber 15—19,9 cm Kaliber über 20 cm
Flach feuer Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer
Deutsch Französisch Deutsch Französisch Deutsch Französisch Deutsch Französisch Deutsch Französisch Deutsch Französisch Deutsch Französisch
Derdun Aus deutscher Seite: Abschnitt Maas West, Oft, ferner Daux, soweit am Kampfe beteiligt. Auf französischer Seite: XIII., XVI. XV. und XXXII. Korps. 380 F. K. n/A.* 30 9 cm K. 1076 can, de 75* 40 can. de 95 76 10 cm K. 14 * bzw. 04* 36 10 cm K. 24 russ. 10 cm K. 20 s. 12 cm K. 15 13 cm K.* 72 can. de 105* 176 can. de 120 lg. 8 can. de 14 cm Mar. 40 can. de 145 188* l. F. H. 2 15 cm K. 16* 12 s. 15 cm K. 28 15 cm 9t K. bzw. 10. 15 cm 4 16 cm K. i.S.L.* 316 can. de 155 lg. 88 s. F. H. 13* 68 s. F. H. 02 * 48 s. F. H. 360 can. de 155 c. 1 21 cm K.* 2 24 cm K.* 2 38 cm K.* 5 can. de 240* 6 can. de 32 cm (trac.) 4 can. de 305 60 Mrs.* 16 21 cm Mrs. 4 s. Kst. Mrs.* 15 mortiers de 220 10 mortiers de 270 13 mortiers de 280 1 mortier de 370 1 obnsier de 370 2 obusiers de 400 7 mortiers de 270 de cöte
Summe 410 1116 171 296 188 — 46 316 204 360 6 15 80 49
Darunter Schnellseuer-(Rohrrücklauf-) Geschütze 380 1076 91 3) 188 — 6 3) 156 3) 5 3) 64 3)
Mithin aus feindlicher Seite: 1436 Feldgeschütze, 667 schwere, 49 schwerste Geschütze, zusammen -- 2168 Geschütze
,, deutscher „ 668 „ 627 „ 9 „ „ „ -- 1104
(einschl. 9 cm K.)
Beilage 29 c.
Deutsche und feindliche Artillerie bei Laffaux am 23. Oktober 1917,
Kaliber 6,8—9,9 cm Kaliber 10—14,9 cm Kaliber 15—19,9 cm Kaliber über 20 cm
Flach feuer Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer
Deutsch Französisch Deutsch Französisch Deutsch Deutsch Französisch Deutsch Französisch Deutsch Deutsch Französisch
Deutsche 7. Armee von Gruppe Tröpy und Dailly, 13., 14. F. D., 2. und 5. Garde-F. D., Teile der 37. F. D., 43. R. D. und 52. F. D. Französische 6. Armee XXXIX., XI., XXI. und XIV. Korps, ohne Armee-Artillerie. 240* F. K. n/A. 16 9 cm K. 768 can. de 75* 44 can. de 95 48 10 cm K. 04 bzw. 14* 12 s. 12 cm K. 80 can. de 120 lg. 32 can. de 105* 84* l. F. H. 8 lg. 51 cm K. 4 russ. lg. 15 cm K. 4 15 cm K. 16* 2 s. 15 cm K. 2 17 cm K.* 160 can. de 155 lg. 24 s. F. H. 24 s. F. H. 02* 84 s. F. H. 13* bzw. lg. s. F. H. 13* 420 can. de 155 c. 1 24 cm K.* 33* Mrs. bzw. lg. Mrs. 88 mortiers de 220 40 mortiers de 240* 56 mortiers de 270
Summe 256 812 60 112 84 20 160 132 420 1 33 184
Darunter Schnellfeuer-rohrrücklauf-) Geschütze* 240 766 48 32 64 6 3) 108 3) 1 33 3)
Mithin aus feindlicher Seite: 1188 Feldgeschütze, 316 schwere, 184 schwerste Geschütze, zusammen 1688 Geschütze Dazu schwere und schwerste Geschütze der französischen 6. Armee (Kaliber 140—500 cm): 105 „
Summe aus feindlicher Seite: 1188 Feldgeschütze, 606 schwere und schwerste Geschütze, zusammen 1793 Geschütze
„ „deutscher „ 324 ,. 228 „ 34 „ „ „ 686
Deutsche und feindliche Artillerie bei Cambrat.
A. Am 20. November 1917. — B. Am 30. November 1917.
Beilage 29 d.
Kaliber 6,8—9,9 cm Kaliber 10—14,9 cm Kaliber 15—19,9 cm Kaliber über 20 cm
Flachfeuer Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer
Deutsch Britisch Deutsch Britisch Deutsch Britisch Deutsch Britisch Deutsch Britisch Deutsch Britisch Deutsch Britisch
A. Teile der deutschen 2. Armee (5 Divisionen des XIV. R. K. und XIII. A. K.) Britische 3. Armee (7 Divisionen) 204 F. K. 96 n/A.* 4 9 cm K. 480 18 pdr. (8,4 cm) guns * 90 13 pdr. (7,6 cm) 20 10 cm K. 4 russ. 10 cm K. 20 s. 12 cm K. 32 belg. 12 cm K. 89 60 pdr. (12,7 cm) guns * 80 l. F. H.* 126 4,5 inch. (11,43 cm) how. * 24 15 cm R. K. 4 russ. lg. 15 cm K. 140 6 inch. (15,24 cm) guns * 4 lg. s. F. H. 13 * 4 s. F. H. 13 * 4 s. F. H. 02* 16 s. F. H. 12 6 inch. (15,24 cm) how.* 2 9,2 inch. (23,37 cm) guns * 6 Mrs.* 8 21 cm Mrs. 6 belg. 21 cm H. 30 8 inch. (20,32 cm) how.* 28 9,2 inch. (23,37 cm) how.* 10 12 inch. (30,48 cm) how.* 2 15 inch. (38,1 cm) how.*
Summe 208 570 76 89 80 126 28 140 28 12 2 20 70
Darunter Schnellfeuer-(Rohrrücklauf-) Geschütze * 204 570 — 89 80 126 — 140 12 12 2 6 70
Zusammen auf feindlicher Seite: 606 Feldgeschütze, 863 schwere, 40 schwerste Geschütze, zusammen 1009 Geschütze
„ „ deutscher „ 288 „ (einschl. 9 cm R.), 152 „ — „ „ „ 440 „
B. Deutsche 2. Armee (XIV. R. K., XIII. A. K. und XXIII. R. K.) Britische 3. Armee (11 Divisionen) a) 536 F. K. 96 n/A.» 612 18 pdr. (8,4 cm) guns * 90 13 pdr. (7,6 cm) guns * 16 10 cm K. 48 10 cm K. 04* 20 10 cm K. 14* 4 f. 12 cm K. 89 60 pdr. (12,7 cm) guns * 356 l. F. 154 4,5 inch. (11,43 cm) how.* 12 15 cm R. K. 8 s. 15 cm K. 10 15 cm K. 16* 140 6 inch. (15,24 cm) guns * 60 lg. s. F. H. 13 * 60 s. F. H. 13* 48 (s. F. H. 02)* 4 s. F. H. 12 6 inch. (15,24 cm) how.* 2 9,2 inch. (23.37 cm) guns * 36 Mrs.* 15 lg. Mrs.* 4 21 cm Mrs. 3 belg. 21 cm H. 30 8 inch. (20,32 cm) how.* 28 9,2 inch. (23.37 cm) how.* 10 12 inch. (30,48 cm) how.* 2 15 inch. (32,1 cm) how.*
Summe 636 702 88 89 356 164 30 140 172 12 2 58 70
Darunter Schnellfeuer-(Rohrrücklauf-) Geschütze 636 702 68 89 356 154 10 140 168 12 2 51 70
Zusammen auf feindlicher Seite a): 766 Feldgeschütze, 363 schwere, 40 schwerste Geschütze, zusammen 1169 Geschütze „ „ deutscher „ 892 „ 348 „ — „ „ „ 1240
a) Englische Angaben über die Artillerie am 30. November liegen nicht vor. Die hier angegebenen Zahlen sind unter Berücksichtigung der Zahl der Divisionen in vorderster Linie und in der Annahme errechnet, daß infolge der dauernden Kämpfe Batterien nicht fortgezogen worden sind.
Beilage 29 e.
Deutsche Artillerie für den Durchbruch bei Zloczow am J9. Juli
Angaben über russische Geschütze waren nicht zu ermitteln.
Kaliber 6,8—9,9 cm Kaliber 10—14,9 cm Kaliber 15—19,9 cm Kaliber über 20 cm
Flachfeuer Flachfeuer Steilfeuer Flac>feuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer
Deutsch Russisch Deutsch Russisch Deutsch Russisch Deutsch Russisch Deutsch Russisch Deutsch Deutsch Russisch
XXIII. R.K., 1. und 2. Garde sowie 6. F. D. und österr.-ung. 33. F. D., in 2. Linie 6. F. D. 204 F. K. 96 n/A bzw. 16* 24 öst. F. K.* ? 36 10 cm K. 04* bzw. 14* 4 öst. 10 cm K. ? 101 L F. H.* 40 öst. l. F. H.* ? ? 77 s. F. H. 13 * bzw. 02* 4 s. F. H. 32 öst. s. F. H. ? 18 Mrs.* ?
Summe 228 40 141 113 18
Darunter Schnellfeuer-(Rohrrücklauf-) Geschütze 228 36 141 77 18
Mithin auf deutscher Seite: 869 Feldgeschütze, 171 schwere Geschütze, zusarimen 640 Geschütze (Der ganze Abschnitt gloczow hatte: 678 „ 260 „ „ , 833 „ )
Beilage 29f.
Deutsche Artillerie bei Riga am September 1917.
Angaben über russische Geschütze waren nicht zu ermitteln.
Kaliber 6,8—9,9 cm Kaliber 10—14,9 cm Kaliber 15—19,9 cm Kaliber über 20cm
Flachfeuer Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer
Deutsch Russisch Deutsch Russisch Deutsch Russisch Deutsch Russisch Deutsch Russisch Deutsch Russisch Deutsch Russisch
Teile der deutschen 8. Armee (3 Divisionen in vorderster Linie) 240 F. K. 96 n/A.* ? 40 10 cm K. 14 * bzw. 04* 8 russ. 10 cm K. 4 10 cm K. 4 s. 12 cm K. ? 124 1. F. H.* ? 6 s. 15 cm K. 2 russ. 15 cm K.* ? 128 s. F. H. 13* bzw. 02 * 28 s. F. H. ? 1 24 cm K. * ? 30 lg. Mrs.* bzw. Mrs.* ?
Summe 240 56 124 8 156 1 30
Darunter Schnellfeuer-(Nohrrücklauf-) Geschütze * 240 40 124 6 128 1 30
Mithin auf deutscher Seite: 364 Feldgeschütze, 250 schwere Geschütze, 1 schwerstes Geschütz, zusammen 616 Geschütze
Deutsche, österreichisch-ungarische sowie feindliche Artillerie am Isonzo am Oktober J9J7.
Beilage 29 g.
Kaliber 6,8—9,9 cm Kaliber 10—14,9 cm Kaliber 15—19,9 cm Kaliber über 20 cm
Flachfeuer Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer
Deutsch Italienisch Deutsch Italienisch Deutsch Italienisch Deutsch Italienisch Deutsch Italienisch Deutsch Italienisch Deutsch Italienisch
14. Armee 7 deutscye, 8 österreichisch-ungarische Divisionen) Deutsche Artillerie 256 F. K. 96 n/A.* bzw. F. K. 16 * 24 10 cm K. 04 * bzw. 14 * 176 l. F. H.* bzw. l. F. H. 16* 8 15 cm K. 16* 48 s. F. H. 13 * bzw. lg. s. F. H. 13* 24 Mrs.* bzw. lg. Mrs.*
Summe 256 24 176 8 48 24
Darunter Schneilseuer-(Rohrrücklauf-) Geschütze 256 24 176 8 48 24
Österreichisch-ungarische Artillerie 179 7 cm Geb. K.* 24# 8 cm F. K.* 4 9 cm F. K. 74 10,4 cm K./15 * 8 12 cm K. S.M./80 2 13 cm K.* 499 10 cm F. H. 4 15 cm K. 4 15 cm Krw. K. M/15 * 1 15 cm M. K. 252 15 cm H. 10 15 cm Mrs. 8 15 cm Krw. H.* 4 24 cm Mrs.* 14 30,5 cm Mrs.* 3 38 cm Mrs.*
Deutsche und ö.-u. Art!. Summe 426 84 499 9 270 21
Darunter Schnellfeuer-(Rohrrücklauf-) Geschütze 422 76 3) 4 3) 3)
Summe 682 108 675 17 318 45
Darunter Schnellfeuer-(Rohrrücklauf-) Geschütze 678 100 3) 12 3) 3)
Mithin deutsche Artillerie: 432 leichte, 104 schwere, — schwerste Geschütze, zusammen = 536 Geschütze
und österr.-ung. „ S21 „ 367 „ 21 „__________„_„ -- 1309 „
Zusammen: 1353 leichte, 471 schwere, 21 schwerste Geschütze, zusammen' --- 1846 Geschütze
Italienisches IV. und XVII. Korps (je 4 Divisionen): Angaben fehlen; die italienische 2. Armee hatte im ganzen 1066 leichte, 1296 mittlere, 68 schwere Geschütze, zusammen 2480 Geschütze.
Zur Der Weltkrieg 1914—1918. Dreizehnter Band.
Zeittafel des Rriegsverlaufs von Zum J9J7 bis März J9J8.
Beilage 30.
1917
guni
FuLi
August
September
Oktober
November
Dezember
1918
Januar
Februar
März
Militärpolitische Vorgänge im Westen (einschließlich Italien und Amerika)
3. Italienisches Protektorat über Albanien.
30. Kriegserklärung Griechenland/Mittelmächte.
3. Erste amerikanische Truppen in Frankreich.
4. Kriegserklärung Liberia/Deutschland.
12. Französisches Kabinett Painleve.
21. Abbruch der Beziehungen Costa Rica/Mittelmächte.
7./8. Abbruch der Beziehungen Uruguay und Peru/Deutschland.
26. Kriegserklärung Brasilien/Deutschland.
17. Französisches Kabinett Clemenceau.
16.
KriegserklärungenUSA. (7.), Panama, Cuba/Österreich-Ungarn. Abbruch der Beziehungen Ecuador/Deutschland.
8. Botschaft Wilson (14 Punkte).
30. Entente-Kriegsrat in Versailles.
14. Entente-Konferenz in London.
26. Foch Oberbefehlshaber der gesamten Front gegen Deutschland.
Vorgänge auf den Kriegsschauplätzen Westfront |
Ita lien
1.
7. Verlust des Wytschaete-Bogens.
30.
Deutsche Teilangriffe am Chemin des Dames>
10. Deutscher Angriff bei Nieuport.
14. Franz. Angriffe in der Champagne.
31.
30.
Ende der 10. Ssonzo-Schlacht.
„Funi-Schlacht" in den Sieben Gemeinden.
10.
16.
22.
27.
20.
26.
4.
9.
12.
22.
26.
30.
11.
20.
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23. Verlust der Laffaux-Ecke.
Franz. Großangriff.
18.
13.
11. Isonzo-Schlacht.
8)
U-
E
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11. Erste O. H. L.-Besprechung über Offensive 1918.
20. Britischer Tankangriff. 30. Deutscher Gegenangriff.
15.
25.
<3 E <$>
24.
Offensive in Oberitalien (12. Isonzo-Schlacht.)
Militärpolitische Vorgänge bei den Mittelmächten und deren zwischenstaatliche Beziehungen
21. Österreichisches Kabinett Seidler.
29. Päpstliche Friedensbotschaft an Deutschland.
14. Michaelis Reichskanzler.
19. Friedensresolution im Reichstag.
1. Friedensnote des Papstes.
7. Umbildung der deutschen Regierung, v. Kühlmann Staatssekretär des Äußeren.
26. Österreich-Ungarn erbittet deutsche Hilfe gegen Italien.
2. Gründung der deutschen Vaterlandspartei.
11. Kronvertrag über Verzicht auf Belgien.
21. Päpstlicher Friedensschritt gescheitert.
1. Graf Hertling Reichskanzler.
26. Russisches Waffenstillstandsangebot.
Vorbereitung
der
deutschen
West-Offensive.
21. Beginn „Große Schlacht in Frankreich" (Michael-Angriff).
22.
9. Waffenstillstand mit Rumänien.
15. Waffenstillstand mit Rußland.
22. Beginn der Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk.
16. Massenstreiks in Wien.
28. Massenstreiks in Deutschland.
9. Friede mit der Ukraine.
10. Abbruch der Verhandlungen mit Sowjet-Rußland.
3. Friede mit Sowjet-Rußland in Drest-Litowsk.
5. Vorfriede mit Rumänien in Duftea.
Rußland
Vorgänge auf den Kriegsschauplätzen
Rumänien I Mazedonien
3. Gen.Brussilow Höchstkommandiecend.
29.
17.
19.
Kerenski-Offensive in Galizien.
27.
18.
26.
Abwehrkämpfe bei Dünaburg, Smorgon und Facobstadt.
Deutsche Gegenoffensive im Galizien.
;)
Eroberung von Riga.
" J Eroberung von Iacobstadt.
111 21.)
Eroberung der baltischen Inseln.
18.
22.
6.
Rumänischer Angriff.
L Deutsche Gegen-£ offensive.
ö-
I
Waffenruhe t m Osten
5.
Einmarsch in Sowjet-Rußland, Estland u. Livland.
Befreiung Finnlands (5. März bis 2. Mai)
18,
14,
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-3 -O
'L ** JE q
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Besetzung von Odessa.
Türkei
7. Franz. Angriff im Seengebiet.
19.1 Franz. Angriff 21. J im Seengebiet.
6. Verlust von Akaba.
29. Türkische Niederlage bei Ramadi.
27. Falkenhayn übernimmt Hgr. in Palästina.
31.
9.
28.
Verlust v. Birseba.
* Türken räumen | Gaza.
N-
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ss
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£ Verlust von geru-Sr salem.
£
12. Türkischer Vormarsch in Armenien.
26. Türkischer Einmarsch in Russ.-Kaukasien.
Militärpolitische Vorgänge im Osten (bis einschließlich Ostasien)
11./12. Franz. Truppen landen in Griechenland. König Konstantin dankt ab.
27. Griechenland (Venizelos) tritt zur Entente.
19. Proklamation der Unabhängigkeit Finnlands.
20. Kerenski russischer Ministerpräsident. 22. Kriegserklärung Siam/Deutschland.
14. Kriegserklärung China/Deutschland.
21. Kriegserklärung China/Österreich-Ungarn.
8. Kerenski russischer Oberbefehlshaber.
7./8. Zweite russische Revolution. Sieg der Dolschewiki unter Lenin.
Friedensverhandlungen und -ab-schlüsse siehe Mittelspalte (Militärpolitische Vorgänge bei den Mittelmächten u. deren zwischenstaatliche Beziehungen).
22. Selbständigkeitserklärung der Ukraine.
28. Abbruch der Beziehungen Rußland/ Rumänien.
M7
Funi
Juli
August
S eptember
Oktober
November
Dezember
1918
Januar
Februar
März