Juni/Juli.
II. Lage und Absichten der Entente.
A. Die Gesamtlage.
Fm Frühjahr 1917 hatten Lähmung des russischen Heeres durch die
Revolution, Mißlingen der großen französisch-englischen Osfensivoperation
im Westen und anschließende gefährliche Zersetzungserscheinungen im
französischen Heere, dabei Festlausen der Angriffe an der italienischen
Front, am Balkan wie in der Türkei und nicht zuletzt die Wirkungen des
deutschen uneingeschränkten Unterseekrieges die großen Hoffnungen der
Entente zuschanden werden lassen. Der Mißerfolg hatte Kriegsmüdigkeit
und Unzufriedenheit gefördert und unter dem Eindruck der Vorgänge in
Rußland eine teilweise bedenkliche Unruhe in die Massen gebracht, vor
allem in Frankreich und in Italien. Mit Festigkeit suchten die Regierungen
demgegenüber ihre Kriegsziele aufrechtzuerhalten und fanden dafür in
den Volksvertretungen ausreichende Unterstützung. Besonders die Wil¬
lensstärke Lloyd Georges war es, die Zweifelnde und Widerstrebende in
ihrem Banne hielt. Dabei stützte sich die Hoffnung daraus, daß die wirt¬
schaftliche Rot der Mittelmächte bereits einen ernsten Grad erreicht hatte,
immer noch zunahm und eine Friedenssehnsucht bei ihnen erwachsen ließ,
die im deutschen Friedensangebot vom Dezember 1916 und erst recht in
den Friedensfühlern Kaiser Karls bereits deutlichen Ausdruck gefunden
hatte. Das Vorbild der russischen Revolution schien aus die Arbeitermassen
der Mittelmächte in erfreulicher Weise unruhestistend zu wirken. Aber
die wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten der Donaumonarchie
war man besonders genau unterrichtet. Die auf Loslösung der slawischen
Volksgruppen gerichteten Bestrebungen waren allerdings nicht im Sinne
von England und Frankreich. Diese sahen vielmehr in der Erhaltung
eines unter Beseitigung der deutschen und ungarischen Vormachtstellung
föderalistisch zusammengesetzten Habsburger Reiches ihren Vorteil, denn
damit blieben auch wesentliche deutsche Volksteile außerhalb des deutschen
Reiches gebunden. So unterstützten sie die slawische Emigrantenpolitik
keineswegs, sondern behielten nach wie vor die durch die Sixtus-Verhand¬
lungen angebahnte Möglichkeit eines Sonderfriedens mit Kaiser Karl im