die des heute rückschauenden Betrachters. Der Sonde zeitgeschichtlicher Kritik bietet sich also nicht bloß die Auffassung und Behandlung einzelner Geschehnisse durch den Kriegsgeschichtler an; sie wird bis auf die Wurzeln dieser Geschichtsschreibung geführt werden müssen. Dem politischen Histo¬ riker tut sich — wir sagten es schon — in der Veröffentlichung eine doppelte Forschungsmöglichkeit auf: die Geschichte des Weltkriegs selbst und ihre Spiegelung in der militäramtlichen Darstellung. Von solchem Standpunkt aus lassen sich zuweilen die nackten Tatsachen, die in den schildernden Par¬ tien der Bände objektiv aufgeführt werden, gegen die Beurteilung der Vor¬ gänge durch die Verfasser ausspielen. Der auf den letzten Bogen des XIV. Bandes zweimal, wenn auch in vorsichtiger Abschwächung gebrauchte Be¬ griff des Dolchstoßes findet beispielsweise nicht nur keine Rechtfertigung in den Darlegungen der vorausgehenden Kapitel, sondern wird u. E. von ihnen auch unmittelbar widerlegt. Es wäre aber abwegig, dem Werke der Kriegsgeschichtlichen Forschungs¬ anstalt eine bewußte Tendenz unterzuschieben, die sich gegen die Freiheit der Forschung und die (subjektive) Wahrheit der Darstellung auswirkte. In diesem Falle wäre die Herausgabe der beiden Bände durch das Bundesarchiv nicht in Frage gekommen. Ihre Bearbeiter und Redaktoren würden ohne Zweifel jede Verdächtigung, daß sie in ihren Formulierungen Zugeständnisse an ein politisches System gemacht oder absichtlich einer parteilichen Ein¬ stellung Raum gegeben hätten, weit von sich weisen. Sie würden für sich in Anspruch nehmen, daß die Darstellung nur ihre in langjähriger Forschung, methodisch einwandfrei und unbeeinflußt erarbeitete wissenschaftliche Über¬ zeugung von Ursachen und Hergang der Geschehnisse enthalte. In der Ausarbeitung des Herbstes 1944 über die im Weltkriegswerk angewandten Forschungsmethoden und gewonnenen Erfahrungen10) ist dies eingehend er¬ läutert worden. Das Problem ruht in tieferen Schichten. In jenen methodischen Erörte¬ rungen klingt an einigen wenigen Stellen ein Ton auf, der uns der Lösung näherzubringen vermag. „Es galt“ — so heißt es dort — „eine . . . dem Andenken unseres ehemaligen Heeres und seiner Taten in jeder Hinsicht würdige Darstellung zu schaffen.“ Sie hatte „dem Ansehen des alten Heeres in seiner Gesamtheit Rechnung zu tragen und seinen Ruhm der Nachwelt zu überliefern“. Das muß uns hellhörig machen für Gefahren, denen die Be¬ arbeiter des Weltkriegswerkes durch ihr Befangensein in der berufsständi¬ schen Tradition, durch das Fortwirken eines militärischen Korps- und Front¬ geistes ausgesetzt waren. Die Angehörigen der Forschungsanstalt haben die "») Vgl. Anm. 7.