Was die französische Sprache unter den Diplomaten be¬ sorgte, das erreichte die französische Mode unter der reichen und einflußreichen Gesellschaft. Wer sich ä la frangaise kleidete, mußte sich notgedrungen auch zu französischen Manieren be¬ kennen. Moden sind ja im Grunde genommen nichts anderes als Stoff gewordene Manieren. In der Tat bedeuten „mode“ und „maniere“ im Französischen nahezu dasselbe. Nach der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, als in unserem Lande Sitte, An¬ stand und Geschmack aus den Fugen gegangen waren, da be¬ durfte es des französischen Kulturlehrmeisters. Leute können wir ihn entbehren. Es wäre ein Vergehen gegen unsere nationale Würde, wollten wir es weiterhin schweigend und mithelfend dulden, daß Frankreich uns auch in Zukunft zu Gefangenen und Be¬ fangenen seiner Kultur- und Geschäftsinteressen macht. Schon hat der Übermut eines ersten Pariser Schneiders verkünden lassen, er sei überzeugt, daß unsere vornehmen Damen nach dem gegenwärtigen Kriege wie ehedem ihre Kleidmodelle aus Paris holen würden. Das dürfte ein kleiner Rechenfehler fein. Der Staat müßte hier eingreifen, wenn ein gedankenloses Publikum sich nicht belehren ließe. Nicht allgemein, nicht tief genug kann die Erkenntnis Wurzel fassen, daß die Mode, das heißt: das Weltmonopol, die Weltmacht der Kleidung, mit allen Mitteln in unser Lager herübergezogen werden muß. Wir bewunderten einst England, das mit einer Äandvoll Menschen ein Riesenreich wie Indien im Zaume zu halten vermochte. Noch aufrichtiger dürfen wir Frankreich bestaunen, das in feiner Mode sich eine Kulturzange fchuf, womit es die gesamte gesittete Welt in seine Meinung preßte. Wo Ma¬ riannens Sympathien und Interessen gerade hinfielen, da holte sie eine besondere Trachteigentümlichkeit hervor und machte sie 13