Die Fernauf klärung durch die Kavalleriedivisionen. 21 aus begründet. Die modernen Feuerwaffen haben jedoch die Verhältnisse so grundlegend geändert, daß jede rechtzeitig zum Feuergefecht absitzende Kaval¬ lerie einem attackierenden Feinde gegenüber wesentlich im Vorteil ist. Man hatte dies stellenweise im Frieden wohl geahnt, doch hätte niemand es auf sich nehmen können, mit einer festeingelebten Tradition zu brechen. Reiterkampf und Fußgefecht sind für jede Reitertruppe entgegen¬ stehende Probleme. Während die Truppe in einem Falle geschlossen und massiv wirkt, erfordert das Feuergefecht lockere, weit auseinandergezogene Kampfformen. Und das Pferd, welches im Reiterkampfe beinahe die Haupt¬ sache ist, wird im anderen Fall eher zum Hindernisse. Die eingelebte Dienstesroutine der Truppe war im Frieden fast aus¬ schließlich durch die so schwierige Ausbildung zum geschlossenen Reiterkampf absorbiert und stand deshalb jeder Änderung entgegen. Aber auch von den höchsten Stellen aus wollte man keine Experimente bezüglich unserer anerkannt vorzüglichen Kavallerie zulassen. So zogen unsere Kavalleriedivisionen, wie sie es gelernt hatten, ge¬ schlossen an den Feind, und in Konsequenz der eigenen Anschauungen erwar¬ teten sie Reiterkämpfe. Aber auf Grund der Erfahrungen des Mandschurischen Krieges traten die Russen beinahe ausschließlich nur in kleineren Gruppen, dafür aber in breiten Fronten gleichzeitig auf. Oft machten sie vom Feuer¬ gefechte Gebrauch, zumeist wichen sie aus, um bald an anderer Stelle wieder¬ zukehren. Dies führte bei uns sehr rasch zu einer gewissen Unsicherheit und zu dem immer mehr sich steigernden Ruf nach Infawterieunterstützung. Aber auch ein enormer Kräfteverbrauch war damit verbunden. Die stete Bereitschaft in Feindesnähe ließ zumeist nur Freilager, höchstens ge¬ drängte Notunterkünfte zu, dazu kamen auch noch Futterwechsel und Witte¬ rungseinflüsse, und so sank die Kondition der Pferde sehr rasch. Dadurch ent¬ standen immer mehr und mehr Druckschäden. Gleichzeitig zerrte der durch häufige Regen immer wieder aufgeweichte lehmige Boden an Hufbeschlägen und Sehnen. Am Ende der dritten Augustwoche waren nahezu die Hälfte der Pferde schon gänzlich dienstunfähig, die andere Hälfte nahe daran, es zu werden. Die Rolle der Kavallerie war zu diesem Zeitpunkte beinahe schon zu Ende. Seit der großen Entwicklung der Feuerwaffen in den letzten Jahrzehnten vor dem Kriege ist die Kavallerieaufklärung natürlich unverhältnismäßig schwieriger geworden, weil schon geringer Feuerwiderstand die Kavallerie fernhalten kann. Und doch sind durch Patrouillenaufklärung immer wieder gute Erfolge erzielt worden. Allerdings sind hiefür sehr sorgsame Methoden nötig, hauptsächlich ein Binden der Aufklärungsabteilungen und des Melde¬ dienstes an bestimmte Punkte und Linien. Auch hier wäre dies nötig gewesen, um die Aufklärung von den stets in Bewegung befindlichen Kavalleriegros unabhängig zu machen. Es lag sowohl an den- im Frieden großgezogenen Auffassungen als auch an den mehrfachen Befehlen, Schläge zu führen, daß sich unsere Kavallerie¬