Anhang
gänzungen in den erhalten gebliebenen Einzelschilderungen. So beleuchtet
die im Jahre i5io abgefaßte kurze Chronik: „Sefer ha’Kabbala“ des
Ahraham von Torrutiel manche Einzelheiten der Vertreibung aus Spanien
und Portugal (in Neubauers „Chronicles“, I, ioi—n4 sowie im Anhang
zum Bande VI der Geschichte von Graetz in der hebräischen Ausgabe von
Schefer). Das von einem Zeitgenossen in jüdisch-deutscher Sprache ver
faßte Volksbuch „Die Wiener Gseire“ vermittelt uns den Eindruck, den
die im Jahre 1^21 erfolgte Austreibung aus Wien in der Volkspsyche
hinterlassen hat. Die Chronik des Elias Kapsali: „Debe Elijahu“ (in
„Likkutim schonim“ des M. Lattes, Padua 1869) bildet die einzige Quelle
für die Geschichte des in der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts neu
entstandenen Zentrums in der Türkei. Die Berichte über die zwei Dis
putationen, über die von Barcelona im Jahre 12 63 und die von Tortosa
in den Jahren i4i3—i4i4 („Wikkuach ha’Ramban“ in Wagenseils „Tela
ignea Satanae“, 1681; „Wikkuach Tortosa“ in „Jeschurun“ von Koback,
Band VI, 1868) stellen ein wertvolles Gegenstück zu den Berichten der
christlichen Zeitgenossen dar. Solcher kurzgefaßter Schilderungen von
Einzelepisoden ließe sich noch eine ganze Anzahl anführen; was will aber
dies alles der betrübenden Tatsache gegenüber bedeuten, daß das Mittel-
alter uns keine systematisch gepflegte Chronographie hinterlassen hat. Die
erschütternden geschichtlichen Tragödien wurden von keinem ihnen ge
wachsenen Annalisten festgehalten, und so müssen wir die Berichte über
die Erlebnisse unserer Vorfahren aus fremden, zumeist auch feindlichen
Händen in Empfang nehmen: aus den Chroniken und Streitschriften
der katholischen Mönche, aus tendenziös zugestutzten Berichten über
Ritualmordprozesse und aus ähnlichen trüben Quellen.
3. Monographien über einzelne Länder und Gemeinden
Von den uns zur Geschichte der Juden in den einzelnen Ländern oder
Provinzen sowie zur Geschichte der bedeutendsten Gemeinden des mittel
alterlichen Europa vorliegenden Monographien verdienen die folgenden
besondere Erwähnung:
Für die Pyrenäische Halbinsel kommen vor allem die zwei eingehenden
Monographien von M. Kayserling in Betracht: „Geschichte der Juden in
Navarra“, Berlin 1861, und „Geschichte der Juden in Portugal“, Berlin
1867, die zwar heute im wesentlichen veraltet sind, jedoch als Zusammen
stellung des aus alten spanischen und portugiesischen Chroniken geschöpf
ten Materials noch immer einen gewissen Wert behalten. Noch wertvoller
ist indessen in dieser Beziehung das dreibändige Werk des Amador de
Los Rios: „Historia social, politica i religiosa de los Judios de Espana“,
Madrid, 1875—1876. In wissenschaftlicher Hinsicht kommt freilich diesem
die ganze mittelalterliche Geschichte der Juden auf der Pyrenäischen Halb
insel umfassenden Werke keine allzu große Bedeutung zu, da sich der
katholische Verfasser, der sogar die Untaten der spanischen Inquisition zu