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Osteuropa und der jüdische Orient
Kasimierz (Kasimir) anwies. Sn entstand vor den Toren der Reichs
hauptstadt ein abgeschlossenes jüdisches Städtchen, das Jahrhunderte
hindurch, bis in das XIX. Jahrhundert hinein, ein streng abgeschiede
nes Dasein führte und mit der „Außenwelt“ nur durch wirtschaft
liche Beziehungen verbunden war.
Im Gegensatz zu seinem Bruder zeigte sich der Großfürst von
Litauen, Alexander, den Juden gegenüber zunächst durchaus ent
gegenkommend. Im Jahre 1492 bestätigte er auf die Bitten der Ka-
räer von Troki hin den ihnen von Kasimir dem Jagellonen verliehe
nen Freibrief, dem er sogar manche neue Vergünstigungen hinzu
fügte. Den litauischen Juden wurden nach wie vor verschiedene groß
fürstliche Regale, insbesondere die Grenzzölle, bereitwillig in Pacht
gegeben. Alexander löste die von seinem Vater jüdischen Finanziers
gegenüber eingegangenen Verpflichtungen pünktlich ein und nahm
keinen Anstand, auch selbst bei ihnen Anleihen aufzunehmen. Um so
überraschender mußte angesichts eines solchen auf beiderseitigem
Nutzen sich gründenden Verhältnisses das im Jahre i495 vom Groß
fürsten erlassene Dekret wirken, das die Juden zum baldigsten Aus
zug aus dem gesamten litauischen Herrschaftsbereiche aufforderte. Es
bleibt unklar, ob die grausame Maßnahme durch den Einfluß der
klerikalen Partei oder aber dadurch hervorgerufen wurde, daß der
Fürst nebst den Magnaten, die bei den Juden stark verschuldet wa
ren, ihre lästigen Gläubiger loswerden und sich vielleicht gar, gleich
den französischen Königen der Vorzeit, an jüdischem Besitz be
reichern wollten. Auch mochte hierbei das drei Jahre früher von
Spanien gegebene Beispiel sowie die ständigen Ausweisungen aus ver
schiedenen Städten des benachbarten Deutschland nicht ohne Ein
wirkung geblieben sein. Wie dem auch sein mag, Tatsache ist, daß
Fürst Alexander den gesamten unbeweglichen Besitz der aus den Be
zirken von Grodno, Brest, Luzk und Troki ausgewiesenen Juden kur
zerhand einziehen ließ und mit einem Teil der Beute ihre christ
lichen Nachbarn beschenkte. Die Mehrzahl der Vertriebenen ließ sich
mit Genehmigung des Königs Jan-Albrecht in den benachbarten pol
nischen Städten nieder, während der Rest, namentlich die in Wol
hynien und in Kiew Beheimateten nach der Krim zogen, mit dessen
Handelszentrum Kaffa sie schon von früher her Beziehungen unter
hielten. Kaum waren jedoch einige Jahre vergangen, als Alexander
zusammen mit der ihm von seinem Bruder hinterlassenen polnischen