466
Osteuropa und der jüdische Orient
legen vermochten). Unter den beanstandeten Privilegien — schrieb
ferner der Kardinal — seien Artikel.anzutreffen, „die der christli
chen Religion zuwider sind“ und die, „wie dies schon der hochwürdige
Pater Johannes Capistranus auseinandergesetzt hat“, den Namen des
Königs mit Schimpf und Schmach bedecken würden. Der Brief des
Oiesnicki klingt in eine von Drohungen begleitete flehentliche Bitte
aus: „Glaube nicht, daß es dir in Sachen der christlichen Religion
frei steht, nach Gutdünken zu verfahren. Keiner ist so groß und
mächtig, daß man sich ihm nicht widersetzen dürfte, wenn der Glaube
auf dem Spiele steht. So flehe ich denn deine königliche Hoheit an,
die obenerwähnten Privilegien und Freiheiten zu widerrufen. Zeige,
daß du ein katholischer Herrscher bist und halte alles fern, was dei
nem Namen zur Unehre gereichen und zu noch viel verhängnisvolle
ren Anfechtungen führen könnte“. Kasimir kehrte sich indessen we
der an die Bitten noch kümmerte er sich um die Drohungen. Erst
durch eine plötzlich hereingebrochene Katastrophe sah er sich dazu
veranlaßt, ein rein formelles Zugeständnis zu machen. Polen lag näm
lich um jene Zeit im Kriege mit dem Deutschen Orden. Die erste Nie
derlage des polnischen Heeres in diesem Kriege (September i454)
gab der Geistlichkeit Anlaß, dem Volke einzureden, daß Gott das
Land wegen der vom König den Kircheninteressen gegenüber be
kundeten Indolenz heimsuche. Die Schlachta forderte ihrerseits die
Bestätigung ihrer ständischen Vorrechte und drohte widrigenfalls den
Kriegsschauplatz zu verlassen. Unter anderem verlangte sie die Er
neuerung des im Jahre 1420 in Warta angenommenen Statutes, das
die Rechte der jüdischen Geldgeber auf Grundbesitz einschränkte. Der
König sah sich nun genötigt, der mit dem Klerus verbundenen
Schlachtapartei nachzugeben. Im November i454 wurde das Statut
von Nieszawa veröffentlicht, in dem ein Punkt enthalten war, wonach
alle den Juden früher eingeräumten Privilegien, soweit sie „dem gött
lichen Rechte und den Landesstatuten“, d. h. den Kirchenkanons und
dem Statut von Warta widersprachen, für ungültig erklärt wurden.
Dieser Artikel der dem König vom Adel und dem Klerus aufgedräng
ten Verfassung wurde ihm vom Kardinal Oiesnicki unmittelbar in
die Feder diktiert 1 ). Auf diesen geht zweifellos auch der Zusatz zu-
U In der in den Kodex von Laski (i5o6) übernommenen Rezension des
Geschichtsschreibers Dlugosz ist die Einleitung zu diesem Artikel mit Stilblüten
judenfeindlicher Beredsamkeit geschmückt: „Da die Ungläubigen sich keiner grö-