§ 47. Der Niedergang der deutschen Gemeinden (1U50—1500)
die ganze Gemeinde scheinbar bloßgestellt war, befahl der Stadtrat
alle Ausgänge des jüdischen Viertels zu verrammeln und das ganze
Hab und Gut der Juden mit Beschlag zu belegen (1476). Einige Ju
den, denen es gelungen war, aus der Stadt zu entkommen, beeilten
sich indessen, vor dem Kaiser über die unerhörten Übergriffe der
Ortsbehörden Klage zu führen, worauf ein kaiserlicher Erlaß den
Stadtrat zur unverzüglichen Befreiung der Verhafteten aufforderte.
Der Rat erwiderte jedoch, daß die Jurisdiktion über die Juden in sol
chen Angelegenheiten der Stadt, dem bayerischen Herzog und dem
Klerus zustehe. Friedrich bestand aber energisch auf seiner Forde
rung, um so seine Rechtsstellung als Obervormund der Juden in de
monstrativer Weise zu betonen. Andererseits hatte der Kaiser für die
Ritualmordmärchen überhaupt wenig übrig und erblickte in solchen
Prozessen nichts als heimtückische Ränke der Judenhasser. Herzog
Ludwig und der Regensburger Bischof waren schon bereit, der kaiser
lichen Forderung Genüge zu tun, doch sollte sich der Stadtrat als
äußerst unnachgiebig erweisen. Er faßte sogar den Beschluß, einige
der Verhafteten den Henkern auszuliefern. Als der Kaiser dies er
fuhr, tat er die widerspenstige Stadt in Reichsacht und stellte ihr
noch schärfere Strafen in Aussicht. Durch diese Maßnahmen schließ
lich zur Nachgiebigkeit veranlaßt, begannen die Stadtväter ihre Po
sition Schritt für Schritt zu räumen: zunächst ließen sie die über
das jüdische Viertel verhängte Sperre wieder aufheben, behielten aber
nach wie vor siebzehn Angeklagte in Haft. Mittlerweile schickten sie
Abordnungen an Kaiser und Herzog, suchten auch den Papst zu be
einflussen und fingen gierig allerlei Gerüchte über an anderen Or
ten vorgekommene „Ritualverbrechen“ auf, um den Machthabern die
Verruchtheit der Juden vor Augen führen zu können. Aber auch die
Juden blieben nicht müßig: sie überreichten dem päpstlichen Legaten
eine Denkschrift über die Grundlosigkeit des Blutaberglaubens, die
ja von jeher durch päpstliche Bullen bezeugt worden sei; zugleich
richteten sie auch an Friedrich eine Eingabe, in der sie den Beweis
führten, daß ihre Vorfahren seit unvordenklichen Zeiten, noch vor
Christi Geburt, in Regensburg ihren Wohnsitz gehabt hätten und
folglich an seiner Kreuzigung keine Schuld tragen könnten. Im Jahre
1478 befahl schließlich der Kaiser dem Stadtrat, die Verhafteten bin
nen drei Wochen endgültig freizulassen, an den Reichsschatz die
Summe von 8000 Gulden zu entrichten und überdies die Gewähr da
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