Das spanische Zentrum im XIV. Jahrhundert
238
Pulgar u. a.) traten dem Renegaten in ihren polemischen Schriften in
schroffster Weise entgegen, was diesen noch mehr erbittern mußte.
Abner-Alfons unterbreitete schließlich dem König eine verleumde
rische Anzeige, in der er behauptete, daß die Juden in einem ihrer
Gebete die Verehrer Christi verfluchten. Aus diesem Anlaß kam es
in Valladolid im Beisein gelehrter Dominikaner zu einer Disputation
zwischen Abner und den dortigen Rabbinern. Die Rabbiner suchten
zu beweisen, daß das alte Gebet („Birchath ha’minim“, Band III,
§ io) sich nur auf die jüdischen Renegaten und Angeber, nicht aber
auf die Christen überhaupt bezöge; die jüdischen Wortführer nah
men wohl an, daß die Kirche, die ihre eigenen Ketzer zu verwünschen
pflegte, auch der Synagoge erlauben würde, die ihrigen zu verfluchen.
Trotzdem gelang es dem Renegaten, der sich durch das jüdische Ana
thema persönlich getroffen fühlte, den König und die Geistlichen
zu überzeugen, daß dieses zugleich auch eine Schmähung des Chri
stentums darstelle. Daraufhin untersagte Alfons XI. den jüdischen
Gemeinden durch ein besonderes Dekret, bei einer Geldstrafe von ioo
Maravedi das erwähnte Gebet beim Gottesdienst zu sprechen.
Alfons XI. sah sich auch sonst gezwungen, den Feinden des Juden
tums mancherlei Zugeständnisse zu machen. So erließ der König den
christlichen Schuldnern, die die jüdischen Gläubiger des Wuchers
bezichtigten, ein Viertel des geschuldeten Betrages, indem er zugleich
alle Wuchergeschäfte überhaupt untersagte. Andererseits begünstigte
er jedoch den jüdischen Grundbesitz, gegen den die Adelscortes so
scharf ankämpften, und gestattete den Juden, weitausgedehnte Grund
stücke an beiden Ufern des Duero bis zum Werte von 5o ooo Mara
vedi zu erwerben (i348).
§ 34. Die Juden im kastilischen Bürgerkrieg
Noch nie war das Los der Juden so eng mit den politischen und
dynastischen Umwälzungen in Spanien verknüpft, wie während der
Regierungen der Söhne Alfons XI., Pedro und Heinrich. Der König
Pedro IV., genannt „der Grausame“ (i35o—1369), verdient wohl
kaum diesen Beinamen, soweit man sein Verhalten den Juden gegen
über in Betracht zieht. So ernannte Pedro zu seinem Hauptschatz
meister (tesorero mayor) Samuel Halevi Abulafia, einen Vertreter der
jüdischen Aristokratie von Toledo, den er als Finanzfachmann in allen