§ 65. Rußland unter der Tatarenherrschaft 471 Krone (i5oi) auch die erst vor kurzem aus Litauen vertriebenen Ju den wieder übernehmen mußte. Es hatte wenig Sinn, sie in den über völkerten Städten Polens zurückzuhalten, während ihrer die spärlich besiedelten Landschaften Litauens harrten. So gestattete denn Alexan der, nachdem er mit seinen Ratgebern Rücksprache genommen hatte, im Jahre i5o3 den litauischen Juden, in ihre früheren Wohnstätten zurückzukehren, wobei ihnen auch ihr gesamter Altbesitz an Häusern, Landgütern, Synagogen und Friedhöfen zurückerstattet wurde. Zu Reginn des XVI. Jahrhunderts tritt uns die polnische und li tauische Judenheit bereits als eine bedeutende wirtschaftliche und soziale Macht entgegen, der die Staatsgewalt wohl oder übel Rech nung tragen muß; nachdem sie in ihrer Kultur vier Jahrhunderte lang ganz von dem jüdischen Zentrum in Deutschland abhängig war, schwingt sie sich nunmehr auch in dieser Beziehung zu einer immer größer werdenden Selbständigkeit empor 1 ). § 65. Die Krim und Rußland unter der Tatarenherrschaft Seit dem XIII. Jahrhundert, als ganz Rußland für lange Zeit der Tatarenherrschaft verfallen war, war in einer winzigen Ecke des südrussischen Schwarzmeergebietes, auf jener Krim-Halbinsel, wo schon in den ersten Jahrhunderten der christlichen Ära die jüdisch hellenistischen Kolonien geblüht, wo später die in Byzanz verfolgten Juden ein Asyl gefunden hatten und wo dann das halb jüdische Cha- sarenreich festen Fuß zu fassen vermochte, für das kulturelle Leben eine Zeit neuer Entfaltung und Blüte angebrochen. Seit dieser Zeit ragte die Krimküste des Schwarzen Meeres am Rande des tatarisier- ten Osteuropa gleichsam als eine von der Natur selbst begünstigte Kulturoase hervor. In denselben Jahren, da Venedig sich die Herr schaft über die kleinasiatische Küste und den Archipel sicherte, setzte sich seine Rivalin, die Republik von Genua, an der Küste der Krim fest, um hier ihre Handelskolonien weiter auszudehnen (oben, § 3i). i) i) Das wenige, was uns über das innere Leben der jüdischen Gemeinden im Polen des ausgehenden XV. Jahrhunderts überliefert ist, ist unzertrennlich mit der Geschichte der „Neuzeit“ verbunden und kommt im folgenden Bande dieser „Geschichte“ zur Behandlung. Daß gegen Ende des XV. Jahrhunderts die Gemeinden bereits Gelehrte und Schriftsteller unter ihren Mitgliedern zählten, beweist das Beispiel des aus Kiew stammenden und nach der Krim übergesiedel ten R. Moses ha’Gola (unten, $ 65).