458 Osteuropa und der jüdische Orient ten haben mochte, es sich mit den Juden endgültig zu verderben. Die polnischen Kleriker mochten versucht .haben, mit Beistand des Prin zen von Anjou die westlichen Gepflogenheiten auch in ihrem Heimat- lande heimisch zu machen, werden aber dabei kaum große Erfolge gehabt haben. Die Zeit für solche Experimente war noch nicht ge kommen: setzten sie doch einen viel weitergehenden Einfluß der Geistlichkeit auf die Staatsgeschäfte voraus, wie er erst später, in der folgenden Epoche, zur Geltung kommen sollte. § 63. Polen und Litauen unter Jagello und Witold An der Grenzscheide des XIV. und XV. Jahrhunderts wurden Polen und Litauen infolge der Vermählung des litauischen Fürsten Jagello mit der polnischen Thronerbin Jadwiga durch Personalunion zu einem einheitlichen großen Reiche verbunden (i386). Der litauische Fürst erkaufte das Recht auf die polnische Krone, die fast ein halbes Jahr hundert lang sein Haupt schmücken sollte (i386—i434), mit sei nem persönlichen Übertritt zum Katholizismus und mit der Taufe der gesamten heidnischen Bevölkerung seines Landes. Der königliche Neophyt, dem die Kirche zur höchsten politischen Macht verholfen hatte und den sie wegen der Bekehrung des letzten heidnischen Stam mes in Europa mit einem Glorienschein umgab, konnte nicht umhin, sich ihren Dienern mit Leib und Seele zu verschreiben. So stand denn die polnische Innenpolitik in der Regierungszeit Wladislaw Jagellos ganz unter dem Einfluß der katholischen Geistlichkeit. Trotz seiner finanziellen Abhängigkeit von den jüdischen Steuerpächtern und Ban kiers scheint Jagello nicht willens gewesen zu sein, das liberale Juden statut, das Privileg Kasimirs des Großen, erneut zu bestätigen 1 ). Zwar ging er nicht soweit, den Juden seinen Schutz gegen die ihnen drohen den Gewalttaten zu verweigern, doch begründete er dabei sein Ver halten in einer Weise, die über seine wahren Gefühle keinen Zwei fel ließ: „Wiewohl wir es einsehen, daß die von den Juden eingenom mene Stellung bei Vielen Haßgefühle erregt, erachten wir es dennoch als unsere Pflicht, denjenigen, die von der göttlichen Gerechtigkeit !) Der dem Hofe des Jagello und seiner Nachfolger nahestehende Krakauer Bischof Oiesnicki schrieb an Kasimir IV. den Jagellonen: „Euer Vater seligen Angedenkens weigerte sich sein Leben lang, ungeachtet der Vorstellungen und der Bestechungsversuche von seiten vieler Juden, den Privilegien (Kasimirs des Großen) seine Sanktion zu erteilen, was ich selbst als Zeuge bestätigen kann“.