Osteuropa und der jüdische Orient 454 eingeschränkte Handelsfreiheit, das Recht, Waren ein- und auszufüh ren sowie gegen Verpfändung von beweglichem und unbeweglichem Gut Geld auf Zinsen auszuleihen. Das Gesetz wiederholt fast wörtlich die im Freibrief des Boleslaw enthaltenen und von Kasimir schon einmal bestätigten Bestimmungen über Unantastbarkeit von Leben und Be sitz der Juden. Ebenso sind in das neue Gesetz die in bezug auf die Gleichberechtigung von Juden und Christen im gerichtlichen Verfah ren festgesetzten Bestimmungen sowie die sonstigen den Juden ein geräumten Rechtsgarantien aus dem alten Statut mitübernommen. Für zwischen Juden und Christen entstehende Rechtsstreitigkeiten waren nicht die städtischen, sondern die königlichen Richter zuständig: der Woiwode oder sein Stellvertreter und als höchste Instanz der König selbst. Hingegen sollte bei Schlichtung inner jüdischer Streitigkeiten, so weit nicht das jüdische autonome Gericht angerufen wurde, nach wie vor der „Judex Judaeorum“, ein Stellvertreter des Woiwoden, als Rich ter erster Instanz Recht sprechen, und zwar an der Stätte, „wo die Ju den sonst ihre Rechtsstreitigkeiten auszutragen pflegen“. Auf diese Weise sollte das königliche Gericht bei der Rechtsprechung in zwi schen Juden und Christen schwebenden Streitsachen mit der rein jüdi schen Gerichtsbarkeit in ständiger Fühlung bleiben, wohl um neben dem Gewohnheitsrecht des Landes auch das jüdische Recht berück sichtigen zu können. — Wiewohl dieses im Jahre i364 von Kasimir dem Vertreter der Judenheit Großpolens, Falk aus Kalisch, ausgehän digte Privileg für das gesamte Reich Gültigkeit haben sollte, fand es der König für geboten, drei Jahre später (1867) in Krakau die Ju den Kleinpolens, anscheinend auf deren besonderes Ansuchen hin, mit einem ähnlichen Freibrief zu bedenken. In dem neuen Erlaß kam so wohl das Prinzip der Vollwertigkeit der Juden (auf die Verwundung eines Juden stand dieselbe Strafe wie auf die eines „Edelmannes“, eines sogenannten Schlachzizen) wie auch das Selbstverwaltungsprin zip (der königliche Richter durfte in Streitsachen unter Juden ohne Mitwirkung jüdischer Beisitzer kein Urteil fällen) mit noch größerer Bestimmtheit zum Ausdruck. Alle diese Rechte und Freiheiten wurden von Kasimir mit Zustim mung der im königlichen Rate vertretenen höchsten Spitzen des Adels verliehen. Hingegen erregten die von liberalem Geiste getragenen Ju denstatute bei manchen Vertretern des Kleinadels, der sogenannten Schlachta, nicht geringen Anstoß. Auf dem im Jahre i347 * n Wiß-