§ 60. Süditalien. Die Verlreibung aus Sizilien außer den von den Juden an den Staatsschatz entrichteten Steuern und Gebühren auch die von ihnen für ihren Unterhalt verbrauchte Summe, etwa eine Million Florin, dem Lande entzogen werden. Über-* dies müßten die von den Juden in ihren Handelsgeschäften mit Chri sten eingegangenen Verpflichtungen uneingelöst bleiben. Und noch andere Übel würden die unausbleibliche Folge der angeordneten Maß nahme sein: fast alle Handwerker in unserem Lande sind Juden; sollten sie nun alle zur festgesetzten Frist (binnen drei Monaten) Sizilien verlassen, so würden die Christen vieler Arbeitskräfte ver lustig gehen, die Metallgeschirr, Eisengeräte, so namentlich Hufeisen, Ackerbaugeräte und alles für den Schiffbau Unentbehrliche produ zieren. Es würde uns nicht so bald gelingen, sie durch Christen zu ersetzen; die wenigen aber, die aufzutreiben wären, würden einen un vergleichlich höheren Arbeitslohn verlangen. So würde denn die Durchführung des ergangenen Befehls den Mangel an den allernot wendigsten Bedarfsartikeln zur Folge haben. Besonders schwer würde sich aber das Fehlen der jüdischen Bevölkerung in jener Notlage be merkbar machen, die im Falle eines Überfalles von seiten der Türken eintreten müßte. Obschon die Juden im Kriegshandwerk nicht aus gebildet sind, verstehen sie sich doch sehr wohl auf die für den Krieg unentbehrlichen Hilfsarbeiten: auf Straßen- und Wegebau, Schanz arbeiten und Befestigung der Mauern. Schließlich ist nicht außer acht zu lassen, daß die Zahl der reichen Juden nur gering ist und daß es unter ihnen nicht einmal viel Leute mit leidlichem Auskom men gibt, daß vielmehr die große Masse völlig unbemittelt ist und daher im Falle einer forcierten Ausweisung unweigerlich dem Hun gertode preisgegeben wäre“. Ein ähnliches Protestschreiben wurde dem Vizekönig von der Stadt Palermo überreicht (n. Juli). Es hieß darin, daß die „glückliche Stadt Palermo“ völlig ruiniert werden würde, falls die mit der christ lichen Bevölkerung auf dem Gebiete des Handels und des Kredit geschäftes in engster Verbindung stehenden Juden die Stadt binnen drei Monaten, wie vorgeschrieben, verlassen müßten. Alle Warnungen blieben indessen ungehört. Die Vertreibung der Juden aus allen spa nischen Besitzungen galt Ferdinand und Isabella nach der Eroberung von Granada als die Erfüllung eines heiligen Gelübdes, und so konnte von der Aufhebung des Ediktes keine Rede sein. Der katholische Gott wollte nach der Meinung des Königspaares auf das Dankopfer, 44i