3 97 § 56. Die Vertreibung der Juden aus Spanien (1492) sie einher, mit ausgelöschten Kerzen in den Händen. Eine Menge Volks strömte herbei, um dem Schauspiel zuzusehen und die Prozessions teilnehmer konnten sich vor Scham der Tränen nicht erwehren. Aber auch nachdem sie Buße getan und in die Kirche wieder aufgenommen worden waren, mußten sie eigens für sie angeordnete Fasten halten. Überdies schränkte man ihre bürgerlichen Rechte stark ein; sie durf ten keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden, keine Handelsunter nehmungen betreiben, nicht als Zeugen vor Gericht auftreten, keine prunkvollen Kleider und keinen Schmuck anlegen, nicht auf Pfer den reiten u. dgl. m. Zum zweiten Autodafe, das am 2. April des selben Jahres stattfand, erschienen etwa neunhundert Bußfertige, die unter den gleichen Bedingungen der Kirche zugeführt wurden. Das dritte Autodafe (am 16. August) war bereits von Menschenopfern be gleitet: es wurden zwanzig Männer und fünf Frauen, zumeist aus den höchsten gesellschaftlichen Kreisen, auf dem Scheiterhaufen ver brannt. Im darauffolgenden Jahre stieg die Zahl der durch die öffent lichen „Glaubensakte“ „mit der Kirche Versöhnten“ bis auf zwei tausend; viele von ihnen mußten zum Zeichen der Reue bis an ihr Lebensende das „Sanbenito“ tragen. Es kam hier nicht selten vor, daß man wegen Marranenketzerei sogar Priester und Mönche den Flammentod sterben ließ: so tief war bereits die „jüdische Seuche“ in das Innere der Kirche gedrungen. Es fehlte auch nicht an Bei spielen übermenschlichen Heldenmutes; so rief eine von den Flam men schon umfangene Frau noch im letzten Augenblick aus, daß sie glücklich sei, in der mosaischen Religion zu sterben, und mit dem Wort „Adonai“ auf den Lippen hauchte sie ihr Leben aus. § 56. Die Vertreibung der Juden aus Spanien (1492) Trotz des Ungestüms, mit dem die Inquisition die Marranen den Flammen preisgab oder sie zur „Aussöhnung“ mit der Kirche zwang, blieben im Lande noch immer viele unversöhnt und unversöhnlich. Je länger die Inquisition wütete, desto klarer wurde es, daß die Mar- ranenfrage aufs engste mit der jüdischen verbunden sei. Um die schlechten Neuchristen zu guten Katholiken machen zu können, galt es, sie von ihren Stammesgenossen im Lande völlig zu isolieren, und wenn dies sich als undurchführbar erweisen sollte, die Jucjn für immer des Landes zu verweisen. Das System der Absonderung betrieb