3 7 6 Der Zusammenbruch des jüdischen Zentrums in Spanien Geschicke des Hauses Abravanel versinnbildlichen gleichsam die Ge schichte eines ganzen Jahrhunderts, das mit dem Gemetzel von Se villa im Jahre 1891 begann und mit der Verbannung des Jahres 1492 seinen Abschluß fand. Die Heimatstadt der Familie Abravanel war Sevilla. Dort mußte der Großvater des Isaak, der Würdenträger und Mäzen Samuel Abravanel, während des Gemetzels vom Tode bedroht, zum Christentum übertreten und den Namen Juan de Sevilla anneh men (oben, § 37), worauf er nach Lissabon flüchtete und zum Juden tum zurückkehrte. Der Sohn des Samuel, Juda Abravanel, wurde Fi nanzagent am portugiesischen Hofe und hinterließ sein Amt seinem Sohne Isaak, dessen übrigens viel höhere Aufgaben als die eines Hof- finanziers harrten. Mit tiefem Wissen auf dem Gebiete der Theologie, Philosophie und der Naturwissenschaften ausgerüstet, gab sich Isaak Abravanel schon in seiner Jugend dem literarischen Schaffen hin, das indessen erst gegen Ende seines Lebens zu voller Entfaltung ge langen sollte; zwischen dem Beginn und dem Abschluß seines geisti gen Lebenswerkes lag aber eine Zeitspanne, während der er im Kreise der höchsten Lissaboner Gesellschaft das Leben eines Weltmannes führen mußte. Unter Alfons V. zum Staatsschatzmeister ernannt, trat nämlich Abravanel in nahe Beziehungen zu vielen Hofwürdenträgern und schloß besonders enge Freundschaft mit dem Herzog de Bra- ganza, einem Mitgliede des königlichen Hauses. Nach dem in seinem Leben später erfolgten Schicksalswechsel schilderte Abravanel diese Jahre (i465—i48i) in folgenden Wendungen: „Sorglos lebte ich in meinem von den Vorfahren mit Schätzen angefüllten Hause in der ruhmreichen Stadt Lissabon, der Mutter aller portugiesischen Städte. Gott segnete mich mit Reichtum, Ehre und mit allen Freuden des menschlichen Daseins. Mein Haus war eine Sammelstätte der Weisen, wo man sich über Bücher und Schriftsteller, über feinen Geschmack, über das Wissen und über die Furcht Gottes zu unterhalten pflegte. Ich wirkte erfolgreich am Hofe des Königs Don Alfons, eines gerech ten Herrschers, unter dem die Juden frei und ungefährdet leben durften“. Die glückliche Zeit sollte indessen für Don Isaak mit dem Tode Alfons’ V. ein jähes Ende nehmen. Der neue König Juan II. (i48i — i495), ein grausamer Despot, bezichtigte den Herzog de Braganza verräterischer Beziehungen zu den kastilischen Herrschern und ließ ihn hinrichten; das gleiche Los drohte allen seinen gleich ihm des Verrats verdächtigten Verwandten und Freunden. Sie such