372 Der Zusammenbruch des jüdischen Zentrums in Spanien tikern, den Statthalter von seinem Vorhaben abzubringen. Der Ver trag kam nicht zustande, und so war es den Marranen nicht vergönnt, auf Gibraltar ein autonomes Asyl zu begründen. § 53. Portugal als Zufluchtsstätte der spanischen Juden Die Kolonie des jüdischen Spanien, Portugal, war hinter ihrer Metropole um ein ganzes Jahrhundert zurückgeblieben. Obwohl gute Katholiken und leidenschaftliche Glaubensschwärmer, hatten sich indessen die Portugiesen die neuesten Kunstgriffe des spanischen Kle rikalismus noch nicht zu eigen gemacht: „Helden“ vom Schlage eines Martinez oder Ferrer waren auf portugiesischem Boden noch nicht erstanden. Es blieb hier nach wie vor jene Toleranzpolitik den Juden gegenüber in Kraft, die vor der Krise des Jahres i3gi auch in Spa nien vorherrschend gewesen war. Das Wohnrecht der jüdischen Be völkerung war hier zwar auf die abgeschlossenen „Judarias“ be schränkt, doch wurde sie in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in keiner Weise behindert, und viele reiche Juden standen als königliche Fi nanzagenten oder Steuerpächter sogar dem Hofe nahe, was ihnen nicht selten zu politischem Einfluß verhalf. So konnte denn Portu gal den in Spanien verfolgten Juden und Marranen eine sichere Zu fluchtstätte bieten. Im Schreckensjahr i3gi ließen sich hier, wie erwähnt, viele Flüchtlinge aus Kastilien nieder, wobei die dort gewaltsam Getauften sich in Portugal von neuem zu ihrer angestammten Religion beken nen durften. Wohl stand auf den Abfall vom katholischen Glau ben nach portugiesischem Gesetz eine schwere Strafe, doch verstand es der Großrabbiner von Portugal Moses Navarro (oben, § 36), der zugleich als Leibarzt des Königs Juan I. wirkte, das Unheil abzu wenden. Er legte nämlich dem König zwei päpstliche Bullen vor, wo nach die gewaltsame Taufe der Juden untersagt war. Auf Grund die ser Bullen erließ der König ein Dekret, demzufolge die kastilischen Flüchtlinge an ihrer Religion ungehindert festhalten durften (1392). Zwanzig Jahre später untersagte Juan I. der „Judengeißel“ Vicente Ferrer, der auch die Portugiesen durch seine zündenden Predigten aufzuwühlen gedachte, die Einreise in das von ihm regierte Land. Als indessen der Missionsterror neue Scharen von „Anussim“ nach Por tugal trieb, die sich hier von der ihnen aufgezwungenen Religion in