§ 52. Die Bewegung gegen die Marranen Frauen und Mädchen geschändet. Vielen Marranenfamilien gelang es nur dadurch dem Verderben zu entrinnen, daß sie in die benach barten Ortschaften flüchteten. Nach Toledo und Cordova kam die Reihe an einige andere kasti- lische Städte (Carmona, Jaen u. a.). Besonders grauenvoll waren die Exzesse in Segovia. Der Überfall auf Marranen und Juden wurde hier von langer Hand vorbereitet. Schon im Jahre 1471 setzten die Fanatiker das Gerücht in Umlauf, daß die jüdische Gemeinde in Sepulveda, in der Nähe von Segovia, unter Anleitung ihres Rabbiners einen Ritualmord verübt hätte, indem sie einen christlichen Knaben ans Kreuz schlug. An der Sache nahm unter anderen der Ortsbischof Johann Davila, der Sohn des oben erwähnten neuchristlichen Staats schatzmeisters, eifrigsten Anteil, wohl um durch die Verfolgung der Juden aller Welt seine christliche Rechtgläubigkeit vor Augen zu führen. Acht Mitglieder der Gemeinde von Sepulveda wurden hierauf nach Segovia gebracht, gefoltert und hingerichtet, und auch in Sepul veda selbst fielen einige Juden der Volksjustiz zum Opfer. Indessen blieben alle Bemühungen dieses dem Marranentum entstammenden Bischofs, durch solche Gewaltmittel zwischen Neuchristen und Juden einen scharfen Trennungsstrich zu ziehen, völlig erfolglos, und nach der Hetze in Cordova ereignete sich eine ähnliche Katastrophe auch in Segovia. Nur die zufällige Anwesenheit des Königs Heinrich be wahrte hier die Marranen vor restloser Ausrottung (1474)- Die aus Cordova vertriebenen Neuchristen beschlossen nun, an einem Orte Zuflucht zu suchen, wo sie ganz unter sich sein könnten und vor den Gewalttaten der Fanatiker gesichert wären. Zu diesem Zwecke wandte sich der Vertreter der Verbannten, Pedro de Herrera, an den Statthalter der Provinz von Sevilla, den Herzog Medina- Sidonia, mit dem Vorschlag, die von diesem kurz vorher den Mauren entrissene Festung Gibraltar den Marranen zu überlassen. Die Marra nen erboten sich ihrerseits, den militärischen Schutz der Festung zu übernehmen und dem Statthalter angemessene Steuern zu entrichten. Der Herzog willigte ein und der Vertrag sollte in Sevilla unterzeichnet werden. Mittlerweile begannen aber die Gegner der Marranen Alarm zu schlagen: die Neuchristen könnten, so sagten sie, in Gibraltar mit den afrikanischen Mauren in Verbindung treten und ihnen die Fe stung, den Schlüssel zum spanischen Lande, in die Hände spielen. Durch Überredung und Drohungen gelang es schließlich den Fana- 24* 371