§ 39. Die Rückkehr der Exulanten 277 düng schenkte zunächst sogar König Philipp V. Glauben. Man stellte Nachforschungen an und bald wurden gefälschte Briefe vorgelegt, die angeblich im Namen der maurischen Herren von Granada und Tunis den Juden mitsamt einer beträchtlichen Geldsumme und Gift stoffen zugeschickt worden waren, welch letztere sie den Aussätzigen „für den bewußten Zweck“ weiter geben sollten. Dies sollte den Be weis dafür erbringen, daß sich die Juden mit den Muselmanen gegen die Christen verschworen hätten. Man behauptete, daß es gelungen wäre, Aussätzige der Verwahrung eines garstigen Giftes (einer Mi schung von Blut, Urin, Kräutern und Hostienbrocken) zu überführen. So wurden denn neben den Aussätzigen auch die Juden zur Folter bank und auf das Schafott geschleppt. Eine grausige Apotheose fand die Verfolgung im Sommer des Jahres 1821 in der Stadt Chinon, deren Gemeinde eben erst von dem Pastorellenzug heimgesucht wor den war: in einer Grube wurde ein Scheiterhaufen angezündet und als er lichterloh brannte, wurden hundertundsechzig Juden in die Flammen geworfen. Vereinzelte Hinrichtungen fanden auch an ande ren Orten, SO' auch in Paris statt. In Tours wurden die Juden bis zum Abschluß der vom König angeordneten Untersuchung im Gefängnis gehalten. Die Untersuchung vermochte jedoch nicht einmal die aber gläubischen Richter von der Stichhaltigkeit der gegen die Juden er hobenen Anschuldigung zu überzeugen, und die Hinrichtungen nah men bald ein Ende. Der König ließ sich indessen die Gelegenheit zu einer Ausplünderung der Juden nicht entgehen und legte den fran zösischen Gemeinden die ungeheure Geldstrafe von 15o 000 Livres auf. Damit war hinter die Katastrophe des Jahres i32i, die in den jüdischen Annalen unter der Bezeichnung „Die Drangsal wegen der Aussätzigen“ („Geserath ha’mezoraim“) bekannt ist, der Schlußpunkt gesetzt. Die Juden waren somit nach Frankreich gleichsam nur dazu zu rückgekehrt, um von dem Volke hingemordet und von der Regierung ausgeplündert zu werden. Die im Jahre i3i5 gegebenen Zusicherun gen erwiesen sich als leerer Schall. Und doch wollten die Könige trotz ihrer Ohnmacht gegenüber den Gewalttaten der Massen nicht darauf verzichten, den jüdischen Besitz als ihr Privateigentum zu betrachten. Karl IV., der Nachfolger Philipps V., ließ die von diesem den jüdischen Gemeinden auf erlegte Kontribution so rücksichtslos eintreiben, daß viele Juden es vorzogen, Frankreich von neuem zu