§ 54. Die Juden im kastilischen Bürgerkrieg Staatsangelegenheiten zu Rate zu ziehen pflegte. Abulafia rechtfertigte voll das in ihn gesetzte Vertrauen und trug durch eine Reorganisie rung des Steuerwesens zur Gesundung der Staatsfinanzen bei. Ein anderer Jude, Abraham Zarzal, versah das Amt eines königlichen Leibarztes und Astrologen. Die politischen Gegner des Königs und die Kircheneiferer tadelten ihn aufs schärfste wegen der Revorzugung der Ungläubigen und nannten seinen Hof voll Verachtung einen „Ju denhof“. Als die Cortes von Valladolid den König um die Aufhebung der autonomen jüdischen Gerichtsbarkeit angingen, erhielten sie einen abschlägigen Bescheid mit der folgenden Regründung: „Die Juden sind ein schwaches Volk. Wollte man sie der allgemeinen Gerichtsbar keit unterstellen, so müßten sie stets Unrecht leiden“. Neben den ge nannten Hofwürdenträgern stand Pedro auch noch der jüdische Dich ter Santob de Carrion nahe, der in seinen spanischen Versen dem König Belehrungen und Ratschläge erteilte. Hätte Pedro diesen ehr lich gemeinten Ratschlägen Gehör geschenkt, so wäre er vielleicht nicht in jene traurige Lage geraten, in die er sich infolge verhäng nisvoller Familienverhältnisse bald versetzt sah. Pedro war nämlich der einzige Sohn Alfons XI. von dessen recht mäßiger Gattin; doch besaß Alfons von seiner Mätresse Leonora de Guzman noch neun andere Söhne, von denen der älteste Heinrich de Trastamara hieß. Dieser ehrgeizige Prinz machte nun seinem Stief bruder Pedro den Thron streitig und verstand es, die im königlichen Hause herrschenden Zwistigkeiten im eigenen Interesse auszunützen. Die Familienzwistigkeiten gingen darauf zurück, daß der König Pedro seine junge Gattin Bianca, die ihm aus politischen Gründen auf ge drängte Tochter des Herzogs von Bourbon, verschmähte und seiner Geliebten, der schönen Spanierin Maria de Padilla, den Vorzug gab. Aus diesem Anlaß entbrannte bei Hofe ein Kampf, in dem die Partei gänger der Französin denen der Spanierin gegenüberstanden. Zu die sen letzteren gehörte auch der Schatzmeister Samuel Abulafia und mit ihm die gesamte kastilische Judenheit, die allen Grund zu der Be fürchtung hatte, daß die französische Prinzessin die spanische Re gierung mit dem in ihrer Heimat herrschenden judenfeindlichen Geist infizieren würde. Die franzosenfreundliche Hofpartei entschloß sich nun, den König gewaltsam zu beseitigen, wobei auch Abulafia einem der angezettelten Komplotte beinahe zum Opfer gefallen wäre: die Verschwörer lockten ihn mitsamt dem König in die Festung Toro